3 minute read

MEHRWEG-VISION VON PACKAIR ÜBERZEUGT AUCH INTERNATIONAL

von Dominik Baum

Die Allgäuer Gründerbühne 2022 ist noch nicht lange her. Trotzdem ist beim Siegerteam packair seit November so einiges passiert. In der Gründerszene ticken die Uhren eben ein wenig anders. Wer den Durchbruch schaffen will, muss schnell sein. Bestenfalls schneller als alle anderen. packairMitgründer Martin Säckl erzählt im Interview, was seit der Gründerbühne bei ihnen los war, in welchen Bereichen ihr junges Start-up gegenüber Mitbewerbern schon jetzt die Nase vorn hat und welche Meilensteine das Team in einem Jahr feiern will.

Advertisement

Martin, im November habt ihr bei der Allgäuer Gründerbühne den 1. Platz abgeräumt – an dieser Stelle nochmals herzlichen Glückwunsch! Seitdem sind rund drei Monate vergangen. Wenn du an das Event in der kultBOX zurückdenkst: Was sind die ersten Bilder, die du vor Augen hast?

Prall gefüllte Ränge bis zur letzten Reihe. Da hat Allgäu Digital etwas ganz Großes auf die Beine gestellt. Vor so einem Publikum pitchen zu dürfen und vor über 500 Leuten unsere Weltpremiere zu feiern, war für uns etwas ganz Besonderes. Wir waren ziemlich aufgeregt, weil wir die Technologie von packair zuvor aus Patentschutzgründen noch nie öffentlich vorstellen konnten.

Mit dem Sieg habt ihr euch auch ein Preisgeld von 6.000 Euro gesichert. Große Party oder wie habt ihr das Geld verwendet?

Wir haben die 6.000 Euro zeitnah in die Weiterentwicklung der Technologie und eine neue Prototypen-Serie gesteckt – das war von Anfang an unser Ziel.

Ehemalige Gewinnerteams der Allgäuer Gründerbühne berichten, dass die – mediale – Aufmerksamkeit, die das Event mit sich bringt, für den nächsten Schritt ihres Startups noch essenzieller war als die monetäre Wertschätzung. Könnt ihr das bestätigen?

Wir wussten, dass es einen Netzwerkeffekt im Allgäu gibt, trotzdem waren wir positiv überrascht. Wir haben zahlreiche Bewerbungen von Leuten erhalten, die bei uns mitmachen wollen. Wir haben es in die Logistik-Fachpresse geschafft und uns haben viele Anfragen von nationalen und internationalen Onlinehändlern, Logistikern, Kunden und Sponsoren erreicht. Zwei Beispiele: Mit Tchibo und dem Avocadostore gibt es bereits Zusagen für gemeinsame Projekte. Schlussendlich kann man sagen: Ich würde es jedem Team empfehlen, im Allgäu mitzumachen. Das Allgäu ist der Startpunkt, aber die Region hat eine Reichweite in die ganze Welt.

Kommen wir zu eurem Produkt. Nachdem ihr ja im Pitchen inzwischen geübt seid: Erzähl mir bitte in drei Sätzen, welche Idee hinter Packair steckt.

Packair ist ein Mehrwegpaket – wie die Pfandflasche, nur eben als Paket. Unsere Technologie ermöglicht es Online-Händlern und Empfängern von Paketen, diese aufzublasen und gleichzeitig den Inhalt zu polstern. So sparen wir Polstermaterial und Einwegverpackungen.

Warum glaubst du, konntet ihr euch mit eurer Geschäftsidee gegenüber den anderen Teams durchsetzen?

Wir haben gegen sehr gute Teams gepitcht. Jede Idee hat ihren ‚Need‘. Ich glaube, dass wir uns gegen die anderen durchsetzen konnten, weil unser Thema für alle anwesenden Gäste relevant war. Jeder kennt das Problem und fühlt sich angesprochen. Ich denke, Menschen entscheiden sich eher für große Visionen, die einen Markt revolutionieren können, anstatt für Ideen, die das Leben ‚nur‘ noch komfortabler machen. Menschen kennen Start-ups, Menschen kennen nachhaltige Ideen und Menschen suchen große Lösungen.

Mit eurer Mehrweg-Verpackungslösung seid ihr nicht die einzigen Player auf dem Markt. Was ist euer Alleinstellungsmerkmal?

Glücklicherweise sind wir nicht die ersten und einzigen. Es gibt schon seit zehn Jahren Mehrweg-Verpackungslösungen. Was jetzt passiert, ist, dass der gesetzliche Druck enorm zunimmt. Die Onlinehändler sind fast gezwungen, sich nach Mehrweg-Alternativen umzuschauen. Was uns von anderen Anbietern absetzt, ist unser Hintergrund in Forschung und Entwicklung. Wir ersetzen beispielsweise keinen Einwegkarton durch eine Kunststofftüte und verwenden auch keine Klett- oder Reißverschlusslösungen, wie es unsere Mitbewerber tun. Unser Paket kann vollautomatisiert in zwei Sekunden aufgebaut werden, sodass wir die aktuellen Prozesse nicht verlangsamen. Und: Wir sind die Einzigen auf dem Markt, die Luft als Material nutzen und so Einweg-Polstermaterial ersetzen. Somit ist der Umstieg auf unser Produkt einfach und kostengünstig – darauf legen Onlinehändler wert.

Die drei größten Hürden, die ihr auf dem Weg zur Serienreife noch nehmen müsst, sind:

Erstens: Ohne die Bereitschaft des Endkunden geht es nicht. Wenn wir ein Mehrwegsystem etablieren wollen, müssen wir den Kunden miteinbeziehen und sensibilisieren. Dass es funktionieren kann, sehen wir an der Pfandflasche. Zweitens: die Finanzierung. Wir wollen nicht nur ein Produkt verkaufen, sondern ein ganzes ‚Betriebssystem‘ ändern – von Einweg auf Mehrweg. Das braucht viel Geld und einen langen Atem, weil man bei der Entwicklung Fehler machen dürfen muss. Drittens warten wir gespannt darauf, ob der Gesetzgeber Mehrweg im Versand – analog zum To-Go-Bereich in der Gastronomie – zur Pflicht macht.

Abschließend noch der Blick in die Zukunft: Was wollt ihr heute in einem Jahr von euch behaupten können?

Wir möchten heute in einem Jahr die ersten Pakete verschickt haben. Unser größtes Ziel ist, zu beweisen, dass Mehrweg funktioniert und wir eine coole Lösung haben. Und wir möchten unsere komplette Produktion aufbauen – da sind wir noch auf der Suche nach dem perfekten Produzenten. Außerdem wollen wir unsere Vision bei internationalen Ideenwettbewerben vorstellen. Hierzu abschließend eine gute Nachricht: Kurz nach der Allgäuer Gründerbühne haben wir es beim größten internationalen Wettbewerb für Logistik – der DHL Fast Forward Challenge – unter die besten fünf Ideen Europas geschafft. Derzeit warten wir gespannt, ob wir es ins Finale schaffen. Noch ein letztes Ziel: Wir möchten es in einem Jahr von der Allgäuer Gründerbühne zu ‚Die Höhle der Löwen‘ schaffen und so eine breite Masse mit unserer Vision erreichen.

Daumen sind gedrückt! Danke für den spannenden Einblick in euer Start-up.

This article is from: