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Es ist wichtig, zunächst ein Grundverständnis zu erwerben

„Beim Rechtsstudium besteht die Gefahr, dass Studierende zwar Einzelheiten lernen, diese aber nicht richtig einordnen und verstehen, weil ihnen der erforderliche Überblick fehlt“, meint Kurt Schmoller. „Deshalb ist ein solides Grundwissen, wie es das aktuell erschienene Buch vermitteln soll, so wichtig.“

MANZ: Die letzten Semester werden wohl allen Studierenden noch lange in Erinnerung bleiben. Wie erleben Sie als Lehrender diese Zeit? Gibt es auch positive Erfahrungen, die Sie für die Zukunft nützen können? Schmoller: Die universitäre Lehre lebt vom kritischen Hinterfragen und vom Diskurs, am effi zientesten im direkten Gespräch. Die überraschende Umstellung auf Fernlehre und Home-Offi ce im Sommersemester 2020 hat zunächst dazu geführt, dass ein Großteil der Kommunikation mit den Studierenden schriftlich erfolgte. Das war sehr zeitaufwendig und eine Notlösung. Der umfassende Einsatz von Videolehre erfolgte dann in Salzburg – nach verbesserter technischer Ausstattung – ab dem Wintersemester 2020/21. Mir wurde bald klar, dass ich eine ertragreiche Videolehre nur mit einem diskursiven Konzept umsetzen könne; ein stundenlanger „Vorlesungsmonolog“ über den Bildschirm erschien mir – vor allem für die Zuhörenden – zu mühsam. Bewährt hat sich, den Studierenden wöchentlich eingegrenzte Stoffgebiete sowie konkrete Fragen oder Fälle zur Vorbereitung vorzugeben und über diese dann in der Videoveranstaltung zu diskutieren. Voraussetzung ist, dass sich eine Mindestzahl von Studierenden mit Video zuschaltet und an der Diskussion beteiligt. Dies funktionierte letztlich besser als erwartet. Durch die Wechselrede wurde die Lehrveranstaltung auch für jene Studierenden attraktiver, die sich selbst nicht aktiv beteiligten. Positiv war die Erfahrung, dass Videolehre –samt Onlineprüfung – funktionieren kann. Alle haben gelernt, diese Technik ohne Scheu zu nutzen. Dennoch handelt es sich weiterhin um eine Notlösung. Wir freuen uns darauf, unsere Studierenden wieder im Präsenzstudium zu treffen, kennenzulernen und direkt mit ihnen zu diskutieren – ganz abgesehen von der motivierenden Wirkung des gemeinsamen Studiums in der Gruppe einschließlich des gesellschaftlichen studentischen Lebens. MANZ: Im letzten Dezember ist Ihr neues Werk „Grundwissen im Strafrecht. Eine verständnisorientierte Einführung für das Studium und für Interessierte“ erschienen. Bitte erzählen Sie uns etwas zur Entstehungsgeschichte des Werks. Schmoller: Der Salzburger Studienplan sieht für den ersten Studienabschnitt eine zweistündige strafrechtliche Einführungslehrveranstaltung vor. Ein darauf zugeschnittenes Lehrbuch gab es bisher nicht. Um den Stoff trotz des Abbruchs der Präsenzlehrveranstaltungen gut vermitteln zu können, begann ich im April 2020, eine schriftliche Lernunterlage zu erstellen, die ich den Studierenden sukzessive mit dem Entstehen elektronisch zur Verfügung stellte. Gleichzeitig reifte die Idee, die Lernunterlage als Einführungslehrbuch

ZUR PERSON

Kurt Schmoller

ist Univ.-Prof. an der Paris Lodron Universität Salzburg und lehrt Strafrecht und Strafverfahrensrecht. Promotion sub auspiciis praesidentis, Humboldt-Stipendiat (Freiburg), ehemaliger Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Preis für hervorragende Lehre; internationale Lehr-, Vortrags- und Publikationstätigkeit. zu publizieren. Ich bin dem renommierten MANZ Verlag sehr dankbar, dass er spontan bereit war, das Buch zu publizieren, und dies dann so rasch und in gediegener Ausgestaltung umsetzte. Bereits in der neuerlichen Fernlehre während des Wintersemesters 2020/21 hat sich das Buch als Lernunterlage bewährt: Die Studierenden der Einführungslehrveranstaltung haben wöchentlich einzelne Kapitel vorbereitet, in den Videolehrveranstaltungen wurden diese dann anhand von „Kontrollfragen“ diskutiert. MANZ: Was sind die wichtigsten Inhalte des Werks, und welchen Anspruch verfolgen Sie damit? Schmoller: Beim Rechtsstudium besteht die Gefahr, dass Studierende zwar Einzelheiten lernen, diese aber nicht richtig einordnen und verstehen, weil ihnen der Überblick über das jeweilige Rechtsgebiet fehlt. Deshalb ist es auch im Strafrecht wichtig, zunächst ein Grundverständnis zu erwerben. Das Buch möchte in einfacher und verständlicher

Grundwissen im Strafrecht

Autor: Schmoller ISBN 978-3-214-14751-8 broschiert, XII, 192 Seiten, 2020

EUR 34,– inkl. MwSt.

»Rechtliches Grundwissen soll möglichst verständnisorientiert und damit auch interessant vermittelt werden.«

KURT SCHMOLLER

Universitätsprofessor in Salzburg Sprache sowie anhand konkreter und hoffentlich auch einigermaßen interessanter Beispiele ein solches Grundverständnis vermitteln. Angesprochen werden: • Rechtsquellen, Begriff der „Strafe“, verfassungsrechtliche Vorgaben; • Systematik der Strafbarkeitsvoraussetzungen; • wichtigste Delikte gegen Leib und Leben,

Freiheit und Vermögen; • Grundstrukturen des Strafverfahrens (anhand einprägsamer Schaubilder); • internationale Bezüge des Strafrechts. Zum Wiederholen und Nachschlagen ist ein detailliertes Sachregister angefügt. Zudem können auf der Homepage des Salzburger Fachbereichs Strafrecht und Strafverfahrensrecht bei der Lehrveranstaltung „Grundlagen und Methoden des Strafrechts“ zahlreiche „Kontrollfragen“ zum Stoff des Buchs abgerufen werden. Wichtig war mir das innovative didaktische Konzept, mit dem das notwendige „Grundwissen im Strafrecht“ möglichst verständnisorientiert und damit auch interessant vermittelt werden soll. MANZ: Wie beurteilt jemand, der seit fast 40 Jahren Strafrecht unterrichtet, die aktuelle Strafrechtsentwicklung? Schmoller: Das Strafrecht erfüllt seine Aufgabe am besten, wenn es zurückhaltend eingesetzt, nämlich auf die Verletzung fundamentaler Verhaltensregeln begrenzt, wird; dies gewährleistet auch Stabilität, weil sich fundamentale Verhaltensregeln nicht kurzfristig ändern. Kritisch ist deshalb zu sehen, dass das Strafrecht seit den 1980er-Jahren permanent erweitert und verschärft wird, und zwar in immer kürzeren Abständen. Zu begrüßen sind jedoch die Entwicklung des internationalen Strafrechts und die Strafrechtsharmonisierung in der EU, wenngleich auch diese nicht nur in Richtung Strafverschärfung gehen sollte. Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung aller Lebensbereiche sollte sowohl im Strafrecht als auch im Strafverfahren vermehrt auf den Schutz der Privatsphäre geachtet werden. Spannend wird – als Folge des jüngsten VfGH-Erkenntnisses zur Mitwirkung am Selbstmord – die künftige strafrechtliche Regelung der Sterbehilfe.

SHEconomy lädt erfolgreiche Frauen und Männer im Rechtswesen zum Diskurs ein

Im männerdominierten Rechtsberuf zeichnet sich eine Wende ab. Frauen sind auf dem Vormarsch. Das Wirtschaftsmagazin SHEconomy widmet diesem Thema im Juni 2021 einen eigenen Schwerpunkt.

In Kooperation mit SHElaw Es ist kein ausschließlich österreichisches Phänomen, dass in der Rechtsbranche deutlich mehr Männer tätig sind als Frauen. Nur 38 % der weltweit zur Anwaltsprüfung zugelassenen Personen sind Frauen. Doch selbst im internationalen Vergleich fällt Österreich ab. In Griechenland besteht die Anwaltschaft zu 62 % aus Frauen, während der Frauenanteil in Österreich Ende 2020 bei 23 % lag.

HOHE ANZAHL WEIBLICHER STUDIERENDER

Obwohl Männer den Anwalts- und Notarberuf häufi ger ausüben, ist Pessimismus fehl am Platz. Mit einem Frauenanteil von 54 % ist das Geschlechterverhältnis in der Berufsgruppe der RichterInnen und Staatsanwältinnen und -anwälte annähernd ausgewogen. Längst schließen mehr Frauen das Studium der Rechtswissenschaften ab als Männer, sowohl in Österreich (57 %) als auch in Deutschland (58 %).

DIE ZUKUNFT IST WEIBLICH

Das Wirtschaftsmagazin SHEconomy weist auf geschlechtsspezifi sche Schiefl agen in der Gesellschaft hin und hebt weibliches Talent hervor. Im Juni 2021 setzt SHEconomy auf einen crossmedialen Schwerpunkt zum Thema SHElaw. Im Fokus stehen Women Empowerment und Diversity. Wie wichtig ist die Sichtbarkeit von Expertinnen auf Social Media? Welche Vorteile bringen gemischte Teams im Rechtsberuf? SHEconomy lädt Frauen und Männer zum Diskurs über diese Fragen ein. Gemeinsam mit Partnern wie dem MANZ Verlag und dem Univie Postgraduate Center erörtert SHEconomy Lösungsansätze, stellt Best-Practice-Beispiele vor und teilt Erfolgsstorys.

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