Auszug aus Seil- & Sicherungstechnik Canyoning

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Alexander Riml Autorisierter Canyoning-, Raftboot-, Berg- und Schif端hrer

Seil- und Sicherungstechnik

CanyoninG Lehrbuch mit DVD


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Sprung ins k端hle Nass - Auerklamm / Tirol (Foto: Riml Alexander)


Aktives Abseilen - Lodrino / Schweiz (Foto: Riml Alexander)

Dieses Buch wird von den unten angef체hrten Organisationen und Verb채nden unterst체tzt und empfohlen.

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Seil- und Sicherungstechnik für Canyoning

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 4 Vorworte 10 Dr. Christoph Höbenreich 10 Peter Veider 12 Rainer Gstrein 13 Alexander Riml 14

Ausrüstung 17 1.1. Canyoningseile – Speläoseile 18 1.2 Reißkraft für Statikseile 18 1.3 Anforderung an Canyoningseile 18 1.4 Seilmarkierung 19 1.5 Verstauen des Seiles 20 1.6 Seilpflege 21 2.1 Der Canyoninggurt 22 2.2 Wichtige Gegenstände am Gurt 23 3. Der Rucksack 24 4. Das Kappmesser oder die Kappschere 26 5. Die Signalpfeife 26 6. Der Karabiner 27 6.1. Der Schnappkarabiner 27 6.2. Die Expressschlinge 28 6.3. Der Schraubkarabiner 29 6.3.a Der Schraubkarabiner D – Form 29 6.3.b Der Schraubkarabiner HMS – Form 29 6.3.c Der Schraubkarabiner O – Form 30 6.3.d Der Twist Look Karabiner 30 7. Das Abseilgerät 31 8. Rapidglieder 31 9. Materialrollen 32 10. Seilrollen mit Rücklaufsperren 34 11. Seilklemme Tibloc 35 12. Steigklemmen 35 13.1. Hakensysteme 36 13.2. Felshaken 36 13.2.a. Längs- und Querhaken 38 13.2.b. Drehmomenthaken 38 13.2.c. Winkelhaken oder Messerhaken 40 13.2.d. Profilhaken 40 13.2.e. Bong Haken 40 13.2.f. Spachtelhaken 41 13.3. Setzen von Felshaken 41 13.4. Im Fels vorgefundene Felshaken 44 13.5. Klemmkeile 44

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Seil- und Sicherungstechnik für Canyoning

Inhaltsverzeichnis 13.6. Friend 48 13.6.a Setzen von Friends 48 13.7. Bohrhaken: 50 13.7.a. Petzl – Klebehaken 50 13.7.b. Topropehaken 50 13.7.c. Bohrhaken mit Spreizkeil von außen 51 13.7.d. Bohrhaken mit Spreizkeil von innen 51 13.7.e. Expansionshaken 52 13.7.f. AV-Klebehaken 52 13.8.g Klebebügel 52 14. Handbohrsysteme 54 14.1 Handbohrsystem alt 54 14.2. Handbohrsystem neu (Petzl Rocpec) 56 15. Klebehaken setzen mit der Bohrmaschine 57 16. Der Helm 60 17. Die Schuhe 61 18. Die Neoprenbekleidung 62 19. Isolationsbekleidung unter der Neoprenbekleidung 64 20. Schwimmweste 67 21. Der Wurfsack 68 22. Signalstift 68 23. Wasserdichte Transporttonnen 69 24. Tauch- oder Schwimmbrille 70 25. Notfallpaket 71

Seilknoten: 73 26.1. Mastwurf 74 26.2. Halbmastwurf 76 26.3. Vom Halbmastwurf zum Mastwurf 76 26.4. Der doppelte Halbmastwurf 78 26.5. Sackstich 80 26.6. Achterknoten 82 26.7. Doppelter Achterknoten 83 26.8. Steinknoten 84 26.9. Doppelter Bulinknoten: 85 26.10. Ankerstich 86 26.11. Prusikknoten 87 26.12. Karabinerklemmknoten 89 26.13. Kreuzklemmknoten 90 26.14. Bandklemmknoten 91 26.15. Schleifknoten 92 26.16. Spierenstich (einfach oder doppelt) 93 26.17. Weberknoten 94 26.18. Bandschlingenknoten (Bandknoten) 95 26.19. Schlauchbandknoten 96

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Seil- und Sicherungstechnik für Canyoning

Inhaltsverzeichnis 26.20. Schmetterlingsknoten 97 26.21. Gardaklemmknoten 98 26.22. Stuflesser – Sicherungsknoten 98 26.23. Boulderknoten 99 26.24. Makramee - Knoten 100

Standplatz 103 27.1. Die Abseilstelle 104 27.2. Kettenstand 105 27.3. Die Ausgleichsverankerung (Kräftedreieck) 106 27.4. Die Sanduhr 107 27.5. Der Klemmblock und Klemmstein 108 27.6. Bäume und Sträucher 110 27.7. Felsnasen oder Felskopf 111 27.8. Der Baumverhau 113 27.9. Die gebohrte Sanduhr 114 27.10. Die Person 117

Abseilen 119 28.1. Abseiltechnik beim Canyoning 120 28.2. Abseiltechnik allgemein 121 28.3. Abseilen mit oder ohne Rucksack 124 28.3.a. Den Rucksack am Rücken 125 28.3.b. Abseilen mit dem Rucksack am Gurt 126 28.3.c Den Rucksack am Seil vorausschicken 127 28.4. Passives Abseilen 128 28.4.a. Passives Abseilen am Standplatz oben 130 28.4.b. Passives Abseilen mit dem schnellen Tiroler 132 28.4.c. Abbinden des schnellen Tirolers 133 28.4.d. Passives Abseilen lösbar fixiert 134 28.4.e. Passives Abseilen lösbar fixiert (Achter) 135 28.4.f. Passives Abseilen auf einen Zwischenstand 136 28.5. Vom passiven Abseilen zum aktiven Abseilen 139 28.6. Aktives Abseilen 140 28.7. Aktives Abseilen ohne Möglichkeit des optischen Ablängens 142 28.8. Aktives Abseilen mit Seilschutz 145 28.9. Seil abziehen und verstauen 146

Fixe Systeme 149 29.1. Was sind fixe Systeme? 150 29.2. Knoten gegen Kettenglied 150 29.3. Knoten gegen Kettenglied mit Seilverlängerung 152 29.4. Abseilachter gegen Kettenglied (lösbar) 154 29.5. System Guide 156

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Seil- und Sicherungstechnik für Canyoning

Inhaltsverzeichnis 29.6. System Guide verkürzt 157 29.7. Steigklemmen System 158 29.8. Steinknoten System 160 29.9. Achter verdreht 161

Lösbare Systeme 163 30.1. Was sind lösbare Systeme? 164 30.2. System HMS mit Schleifknoten 164 30.3. System HMS mit Schleifknoten am Hilfsseil 1 166 30.3.a. System HMS mit Schleifknoten am Hilfsseil 2 167 30.4. Achterbremse lösbar fixiert 169 30.5.a System Lose Rolle (Schritt 1) 170 30.5.b System Lose Rolle (Schritt 2) 171 30.5.c. System Lose Rolle (Schritt 3) 173 30.6. System Syndical 174 30.7. System Toprope 176 30.8. System des geschlossenen Kreises 178 30.8 a. System des geschlossenen Kreises als Seilbahn 181

Seilbahn 183 31.1. Wozu eine Seilbahn? 184 31.2. Der Treibanker 188 31.3. Seilbahn von oben 190 31.4. Seilbahn von unten (Lift) 193 31.5. Seilbahn Abbau 196

Sondertechniken 199 32. Die Seilumlenkung 200 32.a Die Seilumlenkung ohne Expressschlinge 202 33. Der Zwischenstand 204 34.1. Quergangseiltechnik 206 34.2. Spannen des Quergangseils mit dem Expressflaschenzug 206 34.3. Spannen des Quergangseils mit der Spezialmethode 207 34.4. Quergangseiltechnik ohne Zwischensicherungen 208 34.5. Quergangseiltechnik mit Zwischensicherungen 210 34.6. Quergangseiltechnik mit zu kurzem Seil 212 34.7. Benützung des Quergangseils 214 34.8. Einrichten von fixen Quergangseilen 216 34.8.a. Spannen von Feldern im Quergangseil mit einem Geflecht 216 34.8.b. Spannen von Feldern im Quergangseil mit einem Wickelknoten 217 34.8.c. Spannen von Feldern im Quergangseil mit einer Bandschlinge 217 35. Die Tyrolienne 218

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Seil- und Sicherungstechnik für Canyoning

Inhaltsverzeichnis 36.1. Überqueren eines Flusses 220 36.2. Überqueren eines Flusses mit geringer Strömung und Tiefe 220 36.3. Überqueren eines Flusses mit starker Strömung 222

Behelfsmäßige Rettungssysteme 225 37.1. Warum überhaupt Rettungssysteme (Kameradenrettung)? 226 37.2. Selbstrettung bei einer Blockierung 226 37.3. Kaperbergung am Standplatz 227 37.4. Abstieg zum Verletzten 230 37.5. Abstieg zum Verletzten durch Abseilen 231 37.6. Abstieg zum Verletzten mit Kreuzklemmknoten 234 37.7. Die Wippe und Lösen der Blockierung 236 38.1. Ausstieg aus der Canyoningtour 238 38.2. Ausstieg aus der Schlucht durch Ausklettern 238 38.2.a. Seil in die Expressschlinge einhängen 238 38.2.b. Seilführung in der Expressschlinge 239 38.3. Sichern des Kletterers 240 38.4. Ausstieg mit einem Wurfgeschoss 241 38.5. Aufstieg mit der Münchhausentechnik 243 38.6. Aufstieg mit den Steigklemmen 244 38.7. Standplätze mit dem Hauptseil (Kletterseile) 245 38.8. Standplätze nur mit einer Bandschlinge oder Reepschnur 247 38.9. Standplätze zum Weiterklettern 250 38.10. Die Seilrolle 252 38.10.a. Die Seilrolle mit Spezialgeräten 253 38.11. Der Flaschenzug 254 38.11.a. Der Flaschenzug mit Spezialgeräten 255 38.12. Der Seilrollenflaschenzug mit Tibloc und der Expressflaschenzug 256 39.1. Abseilen mit einem Verletzten 258 39.2. Passives Abseilen eines Verletzten 260 39.3. Abtransport eines Verletzten in der Schlucht 262 39.4. Versogen des Verletzten 266

Organisierte Rettung aus der Schlucht

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40.1. Organisierte Rettung aus der Schlucht 270 40.2. Mannschaftsseilrolle 271 40.3. Mannschaftsflaschenzug 272 40.4. Zweibein 274 40.5. Seilbahn 280 40.5.a. Abseilen des Retters bei Seilbahnsystemen 280 40.5.b. Rücklaufsperre beim Retten 281 40.6. Seilbahn mit Stahlseil 282

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Seil- und Sicherungstechnik f체r Canyoning

Inhaltsverzeichnis 40.6.a Spannen des Stahlseils mit der Stahlseilklemme 282 40.6.b Verankerung des Stahlseils auf der zweiten Seite 283 40.6.c Der Transportwagen 283 40.7. Seilbahn mit Dyneemaseil 284 40.7.a Spannen des Dyneemaseils 284 40.7.b Verankerung der Seile auf der zweiten Seite 285 40.7.c Der Transportwagen 285 40.8. Bergen in der Canyoningtour 286 40.8.a Fixpunkt 286 40.8.b Spannen des Seils 287 40.8.c Verankerung am Standplatz unten 287 40.8.d Der Transportwagen 289 40.9. Die Selbstseilrolle des Retters 290 40.10. Transport des Verletzten 291 40.11. Die Bergemannschaft am Schluchtenrand im Einsatz 292 40 12. Die Selbstsicherungsschlinge f체r die Retter 293

Verst채ndigung in der Schlucht 295 41.2. Akustische Signale 296 41.3. Zeichensprache 297

Impressum 306

Aktives Abseilen - Lodrino / Schweiz (Foto: Riml Alexander)

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Seil- und Sicherungstechnik für Canyoning

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Vorwort

Zum Geleit „Canyoning“, wie das Begehen alpiner Schluchten und Klammen üblicherweise genannt wird, ist eine spektakuläre Bergsportart, die einzigartige Natur- und Körpererlebniss bietet. Das Spektrum reicht vom einfachen Wandern in alpinen Bachbetten über Schwimmstrecken in glasklaren Pools und atemberaubende Sprünge bis hin zu schwindelerregenden Kletter- und Abseilstellen an steilen Felswänden. Das Begehen anspruchsvoller Wasserläufe im Gebirge erfordert ein sehr hohes Maß an körperlicher Fitness, Reaktionsvermögen und sowohl wassersportliche wie auch alpinistische Fertigkeiten und Kenntnisse.

Canyoning-Guides sind daher besonders gefordert. Denn bei aller Schönheit des Canyonings ist es mit besonderen Gefahren verbunden. Diesen gilt es durch spezielle Sicherungstechniken und Ausrüstung vorzubeugen. Die sichere Beherrschung der Seiltechnik beim Canyoning erfordert eine solide Ausbildung, einen umfassenden Lernprozess und für erfahrene Alpinisten sogar ein Umdenken von ihren gewohnten Sicherungstechniken. Die komplexe Seil- und Sicherungstechnik des Canyoning unterscheidet sich nämlich von der des alpinen Bergsteigens teilweise ganz erheblich. Eine falsch angewandte Technik kann beim Canyoning schnell fatale Folgen haben, da man, wenn überhaupt möglich, oft nur mehr sehr wenig Zeit hat, einen Fehler noch zu korrigieren.

Ich habe Alexander Riml als umsichtigen und gewissenhaften Canyoning-Guide sowie Ausbildungsleiter und Prüfer in der Tiroler Schluchtenführerausbildung kennengelernt. Sein umfangreiches Wissen und Können als staatlich geprüfter Berg- und Skiführer und seine Erfahrungen von unzähligen Einsätzen als aktives Mitglied sowie als Canyoningausbildner des Österreichischen Bergrettungsdienstes haben ihn zu einem anerkannten Experten in Fragen der Sicherheit im Canyoningsport gemacht. Was aber noch viel wertvoller ist: Wie kaum ein anderer versteht er es, durch sein pädagogisches Geschick und seine selbst in kritischen Situationen ruhige und optimistische Art den angehenden Schluchtenführern das Canyoning nachhaltig näher zu bringen – und durch seine spürbare Liebe für den Canyoningsport (nicht nur) bei seinen Gästen Begeisterung zu wecken.

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Seil- und Sicherungstechnik für Canyoning

Vorwort

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Nun – ich bin geneigt zu sagen endlich – hat Alexander Riml all seine Kompetenz in einem Buch zusammengefasst und damit ein Standardwerk des modernen Canyoningsports geschaffen. Es beinhaltet nicht nur die jahrelang bewährten Führungs- und Sicherungstechniken sondern auch Methoden, an deren Entwicklung er selbst maßgeblich beteiligt war. Das fundierte Lehrbuch umfasst das für professionelle Schluchtenführer unentbehrliche Fachwissen in kompakter, übersichtlicher und leicht verständlicher Weise. Dazu tragen besonders die von ihm selbst angefertigten Farbskizzen bei, die die jeweiligen Techniken veranschaulichen und das Wesentliche betonen. Und die spektakulären Aufnahmen, die Alexander Riml als Bergsportfotografen unter den schwierigen äußeren Bedingungen gelungen sind, zeigen – zusammen mit den Filmen auf der beiliegenden DVD – nicht nur die Gefahren dieses Sports eindrucksvoll auf, sondern machen vor allem Lust auf das Abenteuer Canyoning. Von Tirol(ern) ausgehend wurde damit erneut ein wertvoller Beitrag zur Förderung der Sicherheit im Bergsport geleistet. Ich wünsche viel Freude bei der Lektüre und spannende und vor allem sichere Canyoning-Touren!

Dr. Christoph Höbenreich Amt der Tiroler Landesregierung - Abteilung Sport

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Vorwort

Bergrettung Tirol Ein tolles Buch - empfehlenswert für Profis und Anfänger. Nicht viele können solche Qualitäten für sich beanspruchen! Ein Fachbuch für Anfänger sowie für Profis auf den Markt zu bringen ist grundsätzlich eine sehr schwierige Aufgabe. Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass dieses Lehrbuch sehr gelungen ist und Protagonisten in allen Bereichen des Könnens beeindruckt. Auf mehr als 300 Seiten wurde von Alexander Riml eine Lehrschrift konzipiert, die Praxis, Theorie und konkrete Anwendungen mit detailgetreuen Skizzen und Beschreibungen vereint. Die tollen Bilder tun den Rest, und mit dieser Arbeit bekommen auch Anfänger einen richtigen Appetit auf Abenteuer in unseren Schluchten. Das klingt gefährlich. Doch wo könnte man das Leben und Genießen besser lernen als in den Bergen – bei entsprechender Vorbereitung und innerer Einstellung? Mein persönlicher Beitrag in diesem Buch beschränkt sich auf das Thema planmäßige Rettungstechnik. Hier durfte ich Alexander Riml, der seit Jahren ein aktiver Ausbildner bei der Tiroler Bergrettung ist, mit meiner ganzen Erfahrung und meinem Fachwissen unterstützen. Diese Kenntnisse sind dann von ihm in seinen Skizzen und Texten anschaulich verarbeitet worden. Die in diesem Buch angeführten und dargestellten Rettungstechniken wurden in den letzten Jahren vom Österreichischen und Tiroler Bergrettungsdienst entwickelt. Im Einsatzgebiet unserer Tiroler Landesleitung sind diese theoretischen und praktischen Erfahrungen größtenteils schon umgesetzt und gehören zum Standard der Ausbildung unserer Einsatzkräfte. Sinnvollerweise ist ein sehr wichtiger Teil des Buches aus der Sicht von Einsatzkräften weit vorne zu finden. Wer diese Sicherungstechniken studiert und in der freien Natur befolgt, dürfte die Bergrettung ohnehin nie benötigen. Unser besonderer Dank im Sinne der Bergrettung gilt daher Alexander Riml für die tolle Gestaltung und Konzeption des Lehrbuches. Seine Skizzen und Anregungen sind aus meiner Sicht bahnbrechend. Wir wünschen daher allen Canyoning-, Bergführern, Bergrettern, Bergsportlern und sonstigen Anwendern viel Spaß beim Lesen und praktischen Umsetzen der Ideen und Anregungen. Ein tolles Buch! Veider Peter Berg- und Schiführer, Canyoningführer und Ausbildungsleiter der Bergrettung in Tirol 12


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Vorwort

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Tiroler Bergsportführerverband „Faszination Canyoning“ Schluchten strahlen eine besondere Anziehungskraft aus: wegen ihrer Unberührtheit, ihrer Echtheit und ihrer Ruhe. Sich in die Wildheit der Natur einfinden. Der Ursprünglichkeit ohne Kritik und Moral begegnen. Körperliche Fitness, Mut, Kraft und Beharrlichkeit sowie wassersportliche und alpinistische Fertigkeiten erfordern das Begehen von Wasserläufen und Canyons im Gebirge. Das Wasser von einer anderen Seite kennen lernen! Die Schlucht als Gegenwelt, als Projektionfläche. Wir suchen nach Abenteuern, nach sportlichen Herausforderungen, nach Grenzerfahrungen im extremen Gelände. In der Schlucht finden wir die Konfrontation mit den Elementen. Da ist es gut, immer ein Sicherheitsnetz um sich zu wissen. Dieses Sicherheitsnetz sind wir, Ihre Canyoning-Guides. Riml Alexander, Berg- und Schiführer, Canyoning-Guide und Ausbildungsleiter des Tiroler Bergsportführerverbandes trägt mit seinem Buch wesentlich dazu bei, die Sicherheit im Canyoning-Sport zu fördern und zu erhöhen. Auf mehr als 300 Seiten ist ein Standartwerk geschaffen worden, das Theorie, Praxis und Rettungstechniken vereint. Professionelle Bilder, einfach konzipierte Beschreibungen und Farbskizzen veranschaulichen Methoden und Sicherungstechniken zu einem professionellen, fundierten Lehrbuch. Der Tiroler Bergsportführerverband, Tiroler Bergrettung und andere Verbände verwenden dieses Standartwerk als Lehrbuch in ihren Ausbildungen. Durch die Vielfalt der einzelnen Tiroler Schluchten ist Canyoning längst schon zu einer wirtschaftlichen Säule im Sommertourismus und Sport-Business geworden. Der Tiroler Bergsportführerverband dankt Riml Alexander für die Gestaltung dieses Lehrbuches, wünscht allen Lesern und Anwendern viel Freude bei der Lektüre und vor allem sichere Canyoning-Touren.

Gstrein Rainer Präsident Tiroler Bergsportführerverband

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Vorwort

Canyoning - eine atemberaubende Sportart Canyoning oder Schluchtenwandern wie man bei uns sagt, was ist das eigentlich? Das Wort umschreibt eine neuartige, faszinierende Tätigkeit in einer teilweise unberührten und zauberhaften Landschaft. Beim Canyoning werden Wasserläufe im Abstieg durch Abseilen, Klettern, Schwimmen, wenn möglich sogar durch Springen und Rutschen begangen. Hier wird die sportliche Vielfalt mit der Herausforderung von Fels und Wasser in einer Urlandschaft verbunden. Diese Sportart hat mich schon sehr früh fasziniert und in ihren Bann gezogen, allerdings kann man Canyoning nur schwer beschreiben, man muss es einfach selbst erleben. Da ich seit vielen Jahren die Ausbildung zum gesetzlich geprüften und autorisierten Canyoningführer in Tirol leite und als Ausbildner beim Österreichischen Bergführerverband tätig bin, habe ich die Erfahrung gemacht, dass viele Kandidaten mit der speziellen Seiltechnik einige Probleme haben. Die Sicherungs- und Seiltechnik beim Canyoning ist ein sehr wichtiges und heikles Thema für alle Tourenbegeher, besonders aber für die ausgebildeten Führer. Da die Seil- und Sicherungstechnik aber nicht die Gleiche ist, wie die des alpinen Bergsteigens habe ich versucht, dies anhand meiner Zeichnungen und Texte aufzuzeigen. Eine falsch angewandte Technik kann beim Canyoning fatale Folgen haben, da man nur sehr wenig Zeit hat, diesen Fehler zu korrigieren. Dieses Buch richtet sich an alle, die diesen Sport kennen lernen und die Natur von einer anderen Seite erleben wollen, ganz besonders aber an Profiführer und Bergretter, denen dieses spezielle Fachbuch als Nachschlagewerk in der Praxis dienen soll. Ich möchte aber auch hier alle Anfänger darauf hinweisen, dass die teilweise komplizierten und umfangreichen Techniken eine fundierte Ausbildung und Anleitung erfordern. Daher würde ich jedem „Neuling“ im Sinne seiner eigenen Sicherheit zu einer speziellen Ausbildung raten, wie sie viele Bergführerverbände und Profiführer anbieten. Als Autor gebührt mein Dank meinen Canyoning- und Bergführerkollegen Walter Wille, Gerald Senn, Thomas Kracker und Florian Schranz, die mit ihren wertvollen Ideen und Tipps zum Aufbau dieses Fachbuches beigetragen haben. Sie haben mich immer wieder gebeten und aufgefordert, meine Skizzen in einem Fachbuch einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Darüber hinaus möchte ich auch Peter Veider, dem Ausbildungsleiter der Tiroler Bergrettung danken, der mich beim Thema organisierte Rettung fachlich beraten hat. Mein ganz besonderer Dank gilt aber meiner Frau Susi und meinen drei Kindern, die mich während der intensiven Zeit der Vorbereitung viele Stunden entbehren mussten. 14


Seil- und Sicherungstechnik für Canyoning

Vorwort

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Die Ausführungen und Zeichnungen wurden mit bestem Wissen und Gewissen erarbeitet und sollen alle interessierten und aufmerksamen Leser über die risikobewusste Ausübung des Canyoningsports informieren. In diesem Sinne wünsche ich allen Canyoningbegeisterten viel Spaß beim Schmökern und außerdem eine unfallfreie Ausübung ihres Sports. Ein gutes Maß an Sicherheit verringert bestimmt noch lange nicht den Wert der kleinen und großen Abenteuer in unseren einzigartigen Schluchten.

Alexander Riml IVBV - Canyoningführer Berg- und Schiführer Canyoningreferent und Ausbildungsleiter von Tirol

Abseilen mit Wassergefahr - Auerklamm / Tirol (Foto: Riml Alexander)

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Traumabseiler - Ri Bordione / Schweiz (Foto: Riml Alexander)


Ausr端stung 17


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Aktives Abseilen - Lodrino / Schweiz (Foto: Riml Alexander)


Seilknoten 19


Seil- und Sicherungstechnik für Canyoning

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Seilknoten

26. Seilknoten: Wie bei allen alpinen Sportarten (z.B. Klettern, Eisklettern, Bergsteigen usw.) sind auch beim Canyoning die Seilknoten wichtige und unumgängliche Grundvoraussetzungen um diesen Sport überhaupt sicher ausüben zu können. Die hier aufgelisteten Beispiele zeigen eine Vielzahl an möglichen Knoten, die während der Tour zum Einsatz kommen können. Ein Canyoningführer oder Gruppenleiter sollte in jeder noch so extremen Situation die wichtigsten Grundknoten sicher beherrschen, damit er im Notfall richtig eingreifen kann. 26.1. Mastwurf: Der Mastwurf wird wegen seiner leichten Verstellbarkeit und guten Lösbarkeit als Selbstsicherungsknoten beim Bergsteigen häufig verwendet. Er ist eigentlich kein Knoten, sondern eine Zug- und Würgeschlinge. Beim Canyoning verwendet man ihn auch als Anseilknoten beim passiven Abseilen. Der Vorteil dabei ist, dass beim Aushängen das Seilende sofort frei ist. Eine zweite Verwendungsmöglichkeit gibt es auch beim System Knoten gegen Kettenglied. Achtung: Bei sehr steifen Seilen kann sich der Mastwurf leicht lösen! Seilende immer festhalten oder zusätzlich fixieren!

Mastwurf 20


Seil- und Sicherungstechnik f체r Canyoning

Seilknoten

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Mastwurf gef채delter (gesteckter)

Schwimmen im Naturpool - Val Cresciano / Schweiz (Foto: Riml Alexander)

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Aktives Abseilen mit Rucksacktransport am Gurt - Lodrino / Schweiz (Foto: Riml Alexander)


Standplatz 23


Seil- und Sicherungstechnik für Canyoning

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27.1.

Standplatz Die Abseilstelle:

Beim Canyoning kommt der Abseilstelle (Standplatz) eine sehr große Bedeutung zu. Es sollte daher mindestens ein ausreichender, solider Fixpunkt (Haken) an der Abseilstelle vorhanden sein. Besser wäre, wenn man zwei Klebe- oder Bohrhaken vorfinden würde. Findet man bei Touren nur einen Fixpunkt vor, so muss dieser besonders sorgfältig geprüft und begutachtet werden (ausreichend dimensioniert, einwandfreie Qualität usw.). Sollten auch nur geringe Mängel an einem Fixpunkt festgestellt werden, so sind diese vor dem Benützen dieser Stellen unbedingt zu verbessern.

Geprüft werden sollten: ● Rostansätze ● Verbogene Haken ● Beschädigungen von Schlingen / Knoten ● Lage der Schlingen (Felskanten) ● Risse im Gestein durch den Haken ● Eingebaute Fabrikate (Eigenbau) ● Fragliche Stabilität der natürlichen Verankerungen ● Kettenstände und all ihre Kettenglieder ● Abzugmöglichkeit des Seiles testen ● Achtung bei einer Vielzahl an Schlingen (Überblick)

Sorgfältige Prüfung aller Fixpunkte, an denen abgeseilt (gesichert) wird, hat oberste Priorität für jeden Führer. Blindes Vertrauen auf die Haltbarkeit kann lebensgefährlich für den Führer und seine Gäste (Kunden) sein. Andere Abseilstellen: Beim Canyoning werden nicht nur gebohrte Hakensysteme verwendet sondern auch natürliche Fixpunkte. Der große Vorteil dieser Standplätze ist, dass man sie mit relativ wenig Material- und Zeitaufwand einrichten kann. Zum Einrichten dieser Stellen verwendet man sehr häufig Bandmaterial, Reepschnüre (ca. 7 mm Durchmesser) oder alte Seilstücke. Diese werden oft mittels Ankerstich fixiert. Um das Abziehen des Seiles (Seilreibung) und die Lebensdauer dieser Verankerungen zu erhöhen, sollte man zusätzlich immer Schraubglieder oder Abseilringe einsetzen. 24

Einige natürliche Fixpunkte: ● Sanduhren ● Verklemmte Felsblöcke und Steine ● Bäume / Sträucher ● Felszacken


Seil- und Sicherungstechnik für Canyoning

Standplatz

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27.2. Kettenstand: Bei häufig begangenen Canyoningtouren, die auch kommerziell genutzt werden, verwendet man oft Kettenstände als Standplatzsicherung. Diese Art der Standplätze ist sehr kostspielig, wenn man geprüftes Material verwendet. Der Vorteil ist aber, dass dann das Material auch gegen Erosion und Korrosion beinahe unempfindlich ist. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass auch größere Gruppen ihre Selbstsicherungskarabiner von einander unabhängig voneinander in den verschiedenen Kettengliedern einhängen können, und somit am Standplatz gesichert sind. Bei technisch schwierigen Seilmanövern (Bsp. Seilbahnaufbau) haben sich Kettenstände besonders bewährt, da man zur Ausführung der Technik viel Platz hat. Wichtig:

● Zugrichtung beim Einbohren und Einrichten beachten ● 60° Winkel der Kettenschenkel beachten ● Geprüfte Stahlkette verwenden (keinen Baustahl verwenden) ● Kettenglieder mit möglichst großem Durchmesser verwenden ● Schraubglieder mit Materialdurchmesser von 8mm

Der Kettenstand 25


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Traumtag - Auerklamm / Tirol (Foto: Riml Alexander)


Abseilen 27


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Aktives Abseilen - Val Iragna / Schweiz (Foto: Riml Alexander)


Fixe Systeme 29


Seil- und Sicherungstechnik für Canyoning

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29.3.

Fixe Systeme Knoten gegen Kettenglied mit Seilverlängerung:

Die aus Topos oder anderen Quellen stammenden Informationen bezüglich Abseilhöhen sind entscheidend für die richtige Auswahl der mitzuführenden Seillänge. Um die höchste Abseilstelle einer Tour zu überwinden muss das längste Seil verwendet werden. Dies wird ganz normal abgelängt und mit einen Knoten hinter dem Haken gesichert. Zum Abziehen des Seiles müssen jetzt bei nicht ausreichender Länge auf der unbelasteten Seite verschieden lange Seilstücke zusammengeknotet werden. Dazu verwendet man am besten den Sackstichknoten, da er sich am leichtesten über Hindernisse ziehen lässt.

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Seil- und Sicherungstechnik f端r Canyoning

Fixe Systeme

Aktives Abseilen - Ri Nala / Schweiz (Foto: Kracker Thomas)

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Extreme Bedingungen beim aktiven Abseilen Auerklamm / Tirol (Foto: Riml Alexander)


Lรถsbare Systeme 33


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Seilbahnsystem - Auerklamm / Tirol (Foto: Riml Alexander)


Seilbahn Systeme 35


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Der Sprung - Valle Bodengo / Italien (Foto: Riml Alexander)


Sondertechniken 37


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Kaperbergung - Val Cresciano / Schweiz (Foto: Riml Alexander)


BehelfsmäĂ&#x;ige Rettungstechniken 39


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Organisierte Rettung mit Seilbahn Auerklamm / Tirol (Foto: Riml Alexander)


Organisierte Rettungstechniken 41


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Aktives Abseilen ohne Wassergefahr Val Cresciano / Schweiz (Foto: Riml Alexander)


Verst채ndigung in der Schlucht 43


Impressum Auflage: 1. Auflage Mai 2008 Herausgeber: Alexander Riml und Peter Veider Tumpen 101 a A-6441 Umhausen ISBN-Nummer: ISBN 978-3-9502384-1-9 Verleger: Alexander Riml (alle Rechte vorbehalten) Autor: Alexander Riml Layout: Alexander Riml Skizzen: Alexander Riml Lektorat: Susanne Riml und Mag. Christa Hofer Fotos: Peter Veider, Anton Thaler, Thomas Kracker und Alexander Riml Foto Titelseite: Thomas Kracker (Ri Nala / Schweiz) DVD: Pepi Blattl Druckerei Pircher GmbH, A-6430 Ötztal-Bahnhof Mein Dank gilt: Peter Veider; Walter Wille, Gerald Senn, Thomas Kracker, Mag. Christa Hofer, Pepi Blattl, Anton Thaler. Weiters möchte ich auch allen Sponsoren danken, die durch Ihre Werbeeinschaltungen die Druckkosten mitfinanziert haben. Mein ganz besonderer Dank gilt aber meiner Frau Susi, die mich bei den Skizzen und den Korrekturen der Texte sehr unterstützt hat. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, sind dem Autor vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Autors reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Es wird darauf verwiesen, dass alle Angaben in diesem Fachbuch trotz sorgfältigster Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung des Autors oder des Verlages ausgeschlossen ist. Achtung: Die Techniken und Texte in diesem Fachbuch sind vom Autor und Verleger sorgfältig erstellt und geprüft worden. Dennoch kann keine Gewähr über die einzelnen Techniken und Texte übernommen werden. Eine Haftung des Autors, des Verlegers und seiner Beauftragten für Personen- und Sachschäden ist ausgeschlossen. Der Autor empfiehlt allen Benützern dieses Buches, sich für diesen interessanten Alpinsport von Profis ausbilden zu lassen.

ISBN 978-3-9502384-1-9 44


Der Autor Alexander Riml, geboren am 21. November 1969 in Innsbruck, Tirol, lebt heute mit seiner Frau Susanne und seinen drei Kindern in Tumpen. Er ist im Ötztal aufgewachsen und hat dort in seiner Kindheit mit dem Klettern und Schifahren begonnen. Dies kam ihm für seine spätere Ausbildung zum staatlich autorisierten Berg- und Schiführer sehr zugute. Als er dann in den 90er Jahren mit dem Canyoning in Tirol begonnen hat war er einer der ersten, der sich von dieser faszinierenden Sportart begeistern ließ. Um ein besseres Verständnis für das Wildwasser zu erlangen absolvierte er zusätzlich die Raftbootführerausbildung in Tirol, was Ihm für seine Laufbahn als Ausbildner und Canyoningführer nützte. Es war ihm aber immer schon wichtig, dass alle Personen, die sich für das Canyoning interessieren, eine fundierte und praxisbezogene Ausbildung erhalten. Er war es auch, der wesentlich an den heutigen Standards der einzelnen Ausbildungen in Tirol mitgearbeitet hat. Daher leitet er im Auftrag des Tiroler Bergsportführerverbandes seit einigen Jahren die Ausbildung zum autorisierten Canyoning- und Schluchtenführer und arbeitet als Ausbildner für die Tiroler Bergrettung und den Österreichischen Bergführerverband.

Ein Buch zu erstellen ist Schwerstarbeit für einen Bergführer! 45


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ISBN 978-3-9502384-1-9 978-3-9502384-1-9 ISBN


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