Pädagogiktipps für Freiwillige der WI e.V. Dieses Dokument wurde vom JAK Pädagogik & Spiele 2011 für die Weltweite Initiative e.V. erstellt. Anregungen & Verbesserungsvorschläge bitte an alexander.mueller@wi-ev.de. Logos von www.mes-english.com
"Der Pädagoge [Freiwillige] hat die Aufgabe, eine Wandergruppe mit Spitzensportlern und Behinderten bei Nebel durch unwegsames Gelände zu führen und zwar so, dass alle bei bester Laune und möglichst gleichzeitig an drei verschiedenen Zielorten ankommen..."
Inhalt Top Tipps..............................................................................................................................................1 Die Lerngruppe.....................................................................................................................................2 Crashkurs Lernen & Lehren.................................................................................................................3 Organisation, Planung & Durchführung ..............................................................................................4
Top Tipps Kenne dich: Um mit anderen zu arbeiten, musst du dich selbst kennen. Was nervt dich? Was kannst du aushalten, was sind deine Grenzen? Kenne deine Rolle: Was ist deine Rolle? (Nicht Kumpel sondern Pädagoge) Welche Ziele verfolgst du mit deiner Arbeit? Kenne deine Gründe: Warum machst du das alles überhaupt? Nur wenn du selbst von deiner Arbeit überzeugt bist, wirst du erfolgreich sein. Kenne deine Wirkung: Werde dir deiner Körpersprache und deiner Stimme bewusst. Sie vermitteln genausoviel wie deine Worte! Übung: Übe selbstsichere Gesten vorm Spiegel und sprich dabei laut und deutlich ‒ baut nebenbei auch das eigene Selbstbewusstsein auf!
Kontrolliere deine Gedanken, denk positiv: "Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen. Achte auf deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten. Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter. Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal." – Talmud
Pädagogiktipps des JAK Pädagogik für Weltweite Initiative e.V. 2011
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Ein guter Freiwilliger/Pädagoge ist: • geduldig • flexibel • konsequent • klar in seinen Ansagen, Erwartungen & Regeln • zuverlässig & berechenbar • sachlich, greift nie persönlich an • authentisch (z.B. auch mal wütend) • menschlich (gesteht sich Fehler & Schwächen ein) • emotional erreichbar Kenne deine Kinder: Was sind ihre Bedürfnisse? Reflektiere deine eigene Schulzeit, Freizeit, Ferienlager: • • •
Was hat dich genervt? Überlege, warum es die Lehrer gemacht haben und wie man es anders machen könnte. Was fandest du gut? Was hättest du gern gesehen, wie hättest du es gern gehabt?
Reflektiere deine Arbeit: Tauscht euch über eure Arbeit aus! Umso mehr umso besser, am besten regelmäßig, mit Ritualen (talking stick).
Die Lerngruppe Keine Erziehung ohne Beziehung. Wie bekomme ich eine Beziehung? 1. Ich sehe dich, ich nehme dich wahr 2. Du bist ok 3. Du gehörst dazu 4. Ich bleibe/komme wieder Gemeinschaft / Gruppengefühl: Die Gruppenmitglieder müssen sich kennen: Namen, Äußerlichkeiten und persönliches (Familie, Hobbies, ...). Jeder muss sich sicher und wohl fühlen. Auch wir müssen uns am Anfang vorstellen und ein stückweit öffnen. Name für die Gruppe suchen. Vertrauen schaffen. Gemeinsame Ziele setzen, Gefühl, etwas erreicht zu haben → siehe „Lernziele“ Rituale! Kinder lieben Rituale. Am besten beginnt ihr jeden Workshop/Stunde mit einem Ritual. (Rituale geben Orientierung, Sicherheit & Gemeinschaftsgefühl) Regeln und Regelbrüche: Es ist ganz normal, das Kinder Grenzen austesten. Gerade deshalb brauchen Kinder Regeln als Orientierung. Störungen haben Vorrang! Nicht anfangen bevor die Störung geklärt ist. Besonders Jungs stellen anfangs gern die Machtfrage – die wir bestehen müssen. Pädagogiktipps des JAK Pädagogik für Weltweite Initiative e.V. 2011
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Belohnung & Strafe • Belohnungssystem ist nachhaltiger als Strafsystem! • Belohnung/Strafe muss vorhersehbar sein und unmittelbar nach Verhalten erfolgen • klare Signale z.B. „Gelbe Karte“ • Sanktionen bei Regelbruch am Anfang gemeinsam festlegen, z.B. schrittweiser Ausschluss aus Gruppe (darfst nächstes Spiel/heute/garnicht mehr mitmachen) • Störungen in Gruppe zurückspiegeln • Störenfrieden Verantwortung übertragen: „eine besondere Aufgabe für dich: du darfst die Bälle tragen“ • Helfer ernennen: effektiver wenn Kinder Kinder ermahnen • schwierige Kinder: immer eine Aufgabe parat haben, für die sie sich begeistern können • „einen Deal machen“ z.B. am Anfang ein Spiel, dann Ansage: „Wir arbeiten jetzt, wenn's gut klappt, spielen wir am Ende nochmal 10 Min“ • BSP Schulausflug: Vorher besprechen was passieren könnte/darf/nicht darf, wer verantwortlich ist... z.B. wie laut wollen wir sein? (selbst Normen geben, damit Kindern klar ist, wer sie gerade übertritt) • Tipp bei Störungen: Gib den Kindern Einblick in deine Perspektive, sie werden dann besser verstehen, warum ihr Verhalten ein Problem darstellt. Streitschlichtung: Projektleitung einbeziehen (um Hintergründe der Kinder besser beachten zu können)
Crashkurs Lernen & Lehren 1. Wir konstruieren unser Wissen aktiv: Wissen kann nicht übertragen werden (weder von Mensch zu Mensch noch von Buch zu Mensch), sondern von jedem Einzelnen aktiv konstruiert. Wissen wird nur dann behalten, wenn es mit etwas Bekanntem verknüpft wird: Wenn du Katja etwas beibringen möchtest, finde heraus, was sie schon weiß und baue mit ihr darauf auf.
„Tell me and I will forget, show me and I will remember, let me do it and I will understand.“ – Konfuzius
2. Wir behalten besser, wenn wir Wissen mit Bewegung verknüpfen oder über verschiedene Sinneskanäle aufnehmen und erfahren. 3. Nimm Schülern nicht ihre Arbeit ab, mache nicht ihre Hausaufgaben. Begleite sie stattdessen und hilf ihnen, selbst zum Ergebnis zu kommen. Die Schüler sollten mit der Zeit immer selbständiger werden, nicht abhängiger von eurer Hilfe.
4. Fehler macht man nicht, weil man es nicht verstanden hat, sondern weil man es anders verstanden hat. Versuche herauszufinden, was der Schüler sich dabei gedacht hat und helfe ihm, seine Vorstellung vom Lernstoff zu verändern (z.B. Widerspruch in seiner Vorstellung aufzeigen). 5. Lernen ist kein Spaziergang, es kann nur außerhalb unseres Schneckenhauses und unserer Gewohnheiten passieren: [Komfortzone | Lernzone | Krisenzone] Pädagogiktipps des JAK Pädagogik für Weltweite Initiative e.V. 2011
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Organisation, Planung & Durchführung Lernziele Wenn man etwas erreichen will, muss man sich Ziele setzen. • Lernziele sollten SMART formuliert sein: spezifisch (so genau wie möglich), messbar, attraktiv, realistisch, terminiert (Angabe eines Zeitpunktes, zu dem das Ziel erreicht sein soll). • Es gibt 3 Dimensionen, von denen keine außenvorgelassen werden sollte: ◦ kognitive Lernziele: Die Kinder können 10 verschiedene Länder aufzählen. ◦ affektive Lernziele: Die Kinder interessieren sich für Zauberei und schauen bei Vorführungen gespannt zu. ◦ psycho-motorische Lernziele: Die Kinder können 1 Minute mit 3 Bällen jonglieren.
Phasen Alles, was eine runde Sache ist, besteht aus Einleitung-Hauptteil-Schluss. Für die Unterrichtsstunde (oder einen mehrwöchigen Lernbereich) heißt das z.B. Einstieg-Erarbeitung-Ergebnissicherung. Aber auch längerfristig sollte man diese Dreiteilung beachten, z.B.Hinführung zum Thema, Bearbeitung, Reflektion. Stelle dir einen Jahres- oder Halbjahresplan auf! Puffer: Plane flexibel! Man muss etwas in der Hinterhand haben, wenn die Schüler "zu schnell" sind, aber man muss auch wissen, wo man den Unterricht sinnvoll eher abschließen kann. Kontinuität: Immer die aktuelle Stunde in Gesamtkontext einbetten: Was war letzte Stunde? Was machen wir nächste Stunde? Was ist das große Thema für das Halbjahr?
Methoden Die Methoden sollten variiert werden, aber sie müssen in der jeweiligen Situation auch Sinn machen. Sinnvoll ist eine Abwechslung von lehrergesteuerten und schülergesteuerten Methoden. Grundsätzlich werden sich die Kinder umso mehr merken, desto aktiver sie sich mit dem Gegenstand auseinandersetzen (auch über Bewegung, Wahrnehmung mit allen Sinnen). Wenn man etwas selbst macht, lernt man viel mehr als wenn man nur darüber redet (Selber essen macht satt!). Hier einige Methoden, lose sortiert nach Schüleraktivität/Verarbeitungstiefe: ➢ Lehrervortrag ➢ Frontalunterricht/gelenktes Unterrichtsgespräch (Lehrer fragt, Schüler antworten) ➢ Kreisgespräch (jeder Schüler sagt der Reihe nach etwas zu einem Thema) ➢ Gruppenarbeit ➢ Partnerarbeit ➢ Einzelarbeit ("Stillarbeit") ➢ Schülerexperiment ➢ Schülervortrag ➢ Schülerdiskussion (Lehrer sagt wenig bis nichts) ➢ Rollenspiel/Theaterstück ➢ Film/Radiobeitrag/Schülerzeitungsartikel produzieren (z.B. Interview mit Zeitzeugen) Pädagogiktipps des JAK Pädagogik für Weltweite Initiative e.V. 2011
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Aufmerksamkeit Es ist wichtig, dass du zu Beginn deines Kurses die ungeteilte Aufmerksamkeit aller hast. Wenn du den Kursort betrittst, bewege dich selbstsicher, stelle Augenkontakt her und sprich laut und deutlich. Vermittle, warum es toll ist, hier und jetzt dabei zu sein. Wenn nötig, verschaffe dir Aufmerksamkeit ‒ das ist sehr vom eigenen Stil abhängig! Ein paar Möglichkeiten: • • • •
ein lautes Geräusch machen: in die Hände klatschen, pfeifen, … einzelne Schüler mit Namen ansprechen und fragen, ob sie bereit sind notfalls einige Schüler ermahnen, nach zweimaliger Ermahnung vor die Tür schicken Punktesystem einführen (Abzug für Störung etc, Pluspunkte für gute Mitarbeit etc.)
Arbeitsaufträge Wenn du eine Phase beginnst, in der die Kinder selbständig oder in Gruppen arbeiten sollen, ist der Arbeitsauftrag das wichtigste. Er sollte möglichst schriftlich verfügbar sein, so dass die Kinder während der Arbeit nachlesen können. Der Arbeitsauftrag muss enthalten: 1. Was sollen die Schüler tun, welches Ergebnis wird erwartet? 2. Wie soll gearbeitet werden? (Einzeln, in Gruppen? Wer mit wem? Welche Hilfsmittel dürfen verwendet werden?) 3. Wie soll das Ergebnis präsentiert werden, von wem? 4. Wieviel Zeit steht zur Verfügung?
Völliger Freiraum überfordert die Kinder, lieber Rahmen vorgeben. z.B.: „Malt ein Bild“ → „Malt ein Bild von einem Pferd auf der Weide“
Nachdem du den Arbeitsauftrag vorgestellt hast musst du sicherstellen, dass er auch angekommen ist: Frage einen Schüler ob er den Auftrag mit eigenen Worten wiedergeben kann.
Spiele • • • •
Von Kindern erklären lassen Es sollte keine Verlierer/Gewinner geben, alle sollten danach ein gutes Gefühl haben: „Wir haben es geschafft!“ danach immer Reflektion! Was hat dir Spaß gemacht? Warum? Wir FW spielen natürlich mit!
Fragen Fragen sind eine der wichtigsten Instrumente. Sie ermöglichen uns, Schüler zu eigenen Einsichten zu führen (s. Konstruktivismus). Es gibt geschlossene Fragen (Ja-Nein-Fragen “Magst du rot?”, Entscheidungsfragen “Magst du rot oder grün?”) und offene Fragen (“Welche Farben magst du?”, “Was machst du in deiner Freizeit?”) • Stellt Fragen so, dass Schüler sich direkt angesprochen fühlen und positiv antwor-
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ten können (“Ja” oder “Ich”) ◦ Nicht “Habt ihr eure Malsachen dabei?” sondern “Wer hat keine Malsachen dabei?” oder noch besser “Wer braucht noch Malsachen?” ◦ Nicht “Habt ihr alles verstanden?” sondern “Wer hat noch eine Frage?” oder “Wer möchte, dass ich es nochmal erkläre?”, Fremdsprachenunterricht: “Wer hat ein neues Wort gefunden?” Zeit zum Nachdenken lassen, nicht gleich 3 Fragen hinterherschieben wenn keiner antwortet! Erst die Frage stellen und dann Schüler aufrufen (nicht andersrum)
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