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Helmut Roth

PinKuin

auf Eis

menschlich-tierische lachdenkliche Verse

Mit Illustrationen von J端rgen Becker


November 2013 © 2013 Helmut Roth Satz und Layout: Carolin Pollack, München Umschlaggestaltung unter Verwendung eines Bilds von Jürgen Becker Printed in Germany · isbn 978-3-86520-494-3


Einleitendes oder Mensch sein ist einfach tierisch.


Liebe Leserin, lieber Leser, wie geht es Ihnen? Mir geht es gut. – So stand es früher schon auf vielen Ansichtskarten. Ich denke gerade daran, weil es mir heute sehr gut geht, anders ausgedrückt: »Ich fühle mich tierisch wohl!« Wer sich wohl fühlt, der singt auch gerne. Zum Beispiel: Uns ist ganz kannibalisch wohl, als wie fünfhundert Säuen.* Meine Großtante Elfriede pflegte zu sagen: »Ich bin heut’ so froh wie der Mops im Haferstroh.« Dazu summte oder trällerte sie irgendeine Melodie. Manch einer fühlt sich auch schon mal »pudelwohl«. Zugegeben, das sind alles etwas angestaubte Metaphern. Trotzdem versteht auch heute noch jeder sofort, wie sie gemeint sind. Jeder möchte auf seine Art sagen, dass er sich über das normale Maß hinaus wohlfühlt. Vorsicht ist jedoch angesagt. Wenn es dem Esel nämlich zu wohl ist, geht er aufs Eis. Was so viel bedeutet wie: Wenn es einem zu gut geht, wird man leicht übermütig. All diese Vergleiche mit Tieren lassen sich wörtlich nur schwer erklären. Wieso fühlen sich Tiere besonders wohl? Und dann auch noch so wohl wie 500 Mutterschweine? Welcher hochgezüchtet Mops liebt das stechende und piksende Haferstroh wirklich? Welches Grautier geht wohl bewusst auf einen zugefrorenen See? Wie kann ein armer Hund wie ein Pudel sich unbestritten wohl fühlen? Oder, wie in Goethes Faust zu lesen, sogar einen Kern haben? Ohne viel darüber zu sinnieren, sind Tiervergleiche 6


einfach Sprachgebrauch geworden. Wir bemühen sie, um uns genauer auszudrücken oder etwas Besonderes zu unterstreichen. Von »Affenhitze« über »bärenstark« und »lammfromm« bis hin zum »Zickenkrieg« werden unzählige Tiere genannt, um einen Ausdruck zu verstärken. Wenn dazu noch der Mensch das Tier »nachäfft«, oder umgekehrt, wird es lustig, zuweilen komisch. Unser Leben ist ja auch in Wirklichkeit mit der Tierwelt eng verbunden. Gut, die Menschenaffen sind zwar unsere nächsten Verwandten, aber wir stammen nicht von irgendeinem dieser heute lebenden Affenspezies ab. Diese sind im strengen Sinne auch nicht unsere Vorfahren, sondern bestenfalls unsere Vettern. Dass unser Verhalten dem der Affen manchmal ähnelt, oder deren Verhalten dem unseren, kann an der parallelen Entwicklung liegen, weiter nichts. Wir Menschen sind biologisch gesehen nur eine Seitenlinie von Großsäugern, wenn auch eine eigene. Betrachtet man den Effekt, besteht bekanntermaßen nur ein gradueller Unterschied zwischen Instinkt bei Tieren und Vernunft bei Menschen. Tiere »menscheln«, wenn sie sich so oder so ähnlich wie Menschen verhalten. Deren Denken wird vom Instinkt überlagert, nehmen wir an. Wie oft das auch bei uns Menschen der Fall ist, hat noch keiner wirklich untersucht.

* J. W. v. Goethe, Faust, Auerbachs Keller in Leipzig

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Nach der griechischen Mythologie »entlehnte Prometheus von den Tierseelen gute und böse Eigenschaften, um die von ihm geformten gottähnlichen Erdklumpen zu beleben, und schloss diese in die Brust der Menschen ein. Nachdem Athene, die Göttin der Weisheit, den halbbeseelten Ebenbildern der Götter ihren göttlichen Atem eingehaucht hatte, lehrte Prometheus diese alles, was sie zu ihrer Entwicklung brauchten und was sie von den Tieren unterscheidbar macht.« (Aus: »Sagen des klassischen Altertums«, Gustav Schwab, 1957) Diese sicher sehr einfache Erklärung wurde sogar in unsere Bibel aufgenommen und hat sich bis heute gehalten. Daraus abgeleitet hat ein bekannter Philosoph es ungefähr so formuliert: »Der menschliche Körper ist eine abgewandelte Tiergestalt, seine Seele aber eine potenzierte Tierseele.« Ich formuliere das folgendermaßen: »Wenn wir Menschen Tiere imitieren, dann gehen wir auf allen Vieren. Auch Tiere Menschen nachmachen. Beides ist zum Lachen. Unsere Seelen sind wohl doch verwandt. Das ist allerhand.« Wenn wir Menschen uns wie Tiere verhalten, bezeichnen wir das ganz genau. Dafür gibt es viele Umschreibungen im täglichen Sprachgebrauch. Wir – turteln wie die Tauben 8


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röhren wie ein Hirsch schnäbeln wie die Vögel bellen wie ein Hund meckern wie eine Ziege brummen wie ein Bär quaken wie eine Ente gackern wie ein Huhn kriechen wie ein Lurch heulen wie ein Wolf singen wie ein Zeisig saufen wie ein Stier stinken wie ein nasser Fuchs passen uns an wie ein Chamäleon schwimmen – wie ein Fisch schlafen wie ein Murmeltier sind ein hohes Tier haben nur ein Spatzenhirn sind arm wie eine Kirchenmaus und wir machen uns sogar selbst zum Affen … usw. usw. usw.

In den Gedichten dieses Buches findet vermutlich auch der skeptische Leser viele amüsante, fantastische, kurzweilige und vergnügliche Gedanken zu Mensch und Tier. Es geht eben alles, nur der Frosch hüpft. – Das Leben ist tierisch gut. Natürlich mit mopsfidelen Grüßen Ihr Helmut Johannes August Roth

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Hinf端hrendes Gedicht oder Von der Wichtigkeit einer Inspiration.


Die Forelle

oder Von der Wichtigkeit der richtigen Entscheidung Eine bunte Bachforelle schwamm angetrunken auf der Stelle und hatte riesig Spaß in dem kühlen Nass. Hundert Meter weiter unten hatte sie sich so betrunken, denn aus einem Lagerhaus lief ein alter Cognac aus. Soll ich noch mal einen heben? Vielleicht das letzte Mal im Leben? Zweimal hab’ ich nicht das Glück, dachte sie und schwamm zurück.

Verfasser: Werner Frei, genannt Teddi, Wehr / Baden

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Menschenstier oder Es geht alles, nur der Frosch h端pft.


Die Bache An einem schönen Vormittach saß die Bache an dem Bach. Die Sonne schien, das Wetter schön, da musst’ sie einfach raus mal gehn. Da kann die Hausarbeit mal warten und das Unkraut stehn im Garten. Die Haut ganz schlammig eingeölt suhlt sie in Wellness ganz beseelt. Sie genießt die Gunst der Stunde ganz ohne wilde Kinderrunde. An einem schönen Nachmittach saß die Bache an dem Bach. Oder ist die Bache in der Lache nur ’ne tolle Sache um des Reimes willen? Ich hoff’s im Stillen.

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