Margot Matschl wurde 1940 in Aachen geboren. Mit 17 fing sie an Kurzgeschichten zu schreiben. 1961 zog sie nach München, wo sie heiratete und 1975 einen Sohn bekam. 2010 veröffentlichte sie ihr erstes Kinderbuch. Die Interessensschwerpunkte von Margot Matschls liegen auf Psychologie, Philosophie, Gestalten mit Ton und Naturheilkunde. Kinder und alte Menschen sind ihr ein Herzensanliegen. Katharina Hanglberger wurde 1990 in Landshut geboren. Schon als Kind hat sie viel gezeichnet und gemalt und sich auch später für Kunst interessiert. Nach ihrem Abitur 2009 studierte sie Kommunikationsdesign in München. Sie arbeitet als Illustratorin und Graphikdesignerin. »Gucki, Fips und Babsi« ist ihr zweites veröffentlichtes Kinderbuch, das sie illustrierte.
Margot Matschl
Gucki, Fips und Babsi Die Geschichten der drei Sandm채nnchen
Illustrationen von Katharina Hanglberger
Weitere Informationen über den Verlag und sein Programm unter: www.allitera.de
Dezember 2012 Allitera Verlag Ein Verlag der Buch&media GmbH, München © 2012 Buch&media GmbH, München Illustrationen und Umschlaggestaltung: Katharina Hanglberger Printed in Europe · ISBN 978-3-86906-487-1
Inhalt Erste Geschichte Aufregende Tage
7
Zweite Geschichte Treffen mit dem Osterhasen
20
Dritte Geschichte Erfahrungen mit einem Stern
27
Vierte Geschichte Verh채ngnisvolle Pusteblumen
38
F체nfte Geschichte Gucki und der Regenbogen
48
Sechste Geschichte Begegnung mit dem Nikolaus
60
Siebte Geschichte Weihnachten 70
Erste Geschichte Aufregende Tage ie kleinen Sandmännchen Gucki, Fips und Babsi wohnten mit ihren Eltern in einem Zauberwald weit oben im Norden, dort, wo auch Zwerge, Hexen, Elfen und andere geheimnisvolle Märchenwesen zu Hause sind. Jeden Tag, wenn die kleinen Sandmännchen aufstanden, sahen sie als erstes die Sonne hinter den dunklen Tannenwipfeln untergehen, denn Sandmännchen schlafen tagsüber, damit sie in der Nacht ausgeruht sind und den Kindern und auch den Erwachsenen helfen können, schöne Träume zu haben. Weil die drei kleinen Sandmännchen das lernen sollten, bekamen sie seit ein paar Tagen von ihren Eltern Unterricht im Sandstreuen. Gucki war das jüngste und kleinste der drei Sandmännchen. Er konnte noch nicht so lange stillsitzen wie seine großen Geschwister. Das, was die Eltern über den Schlafsand erzählten, war ihm einfach zu langweilig. Also beschloss er eines Abends, den Unterricht zu schwänzen und stattdessen im Wald nach den Zwergen zu suchen, mit denen er gerne 7
spielte. Babsi und Fips wollten nicht, dass er alleine so weit von zu Hause fortging, und kamen mit. Es war ein milder Märzabend, und als sie durch den Wald streiften, hielten sie Ausschau nach den ersten Krokussen, die schon am Waldboden, zwischen Wurzeln, Laub und Moos, hervorblitzten. Als sie an den Zwergenhäusern ankamen, war dort kein einziger Zwerg zu sehen. Die Sandmännchen riefen und schauten durch die kleinen Fenster in die Häuschen, aber alle Zwerge schienen unterwegs zu sein. So liefen Gucki, Fips und Babsi eben weiter bis an den Waldrand, beobachteten Tiere und spielten Fangen. Die Dämmerung brach herein und es wurde kühler, eigentlich fing der Unterricht für die Sandmännchen bald an, aber sie hatten die Zeit vergessen … Am Waldrand stand ein großer Lastwagen, der verlassen aussah. Das Fahrerhäuschen war leer, die Scheinwerfer waren aus und hinten auf der Ladefläche standen nur ein paar verkümmerte Pflanzen, die wohl jemand vergessen hatte. In der kühlen, feuchten Luft roch es nach Erde. Gerade als die Sandmännchen auf die Ladefläche geklettert waren – Babsi und Fips hatten Gucki hinter sich hochgezogen –, knallte plötzlich die Tür vom Fahrerhaus zu, der Motor wurde angelassen und das Auto fuhr mit einem Ruck los, sodass Gucki bis in die hinterste Ecke rutschte und mitten in den alten Blumen landete. Der Fahrer war zurückgekommen und hatte nicht bemerkt, dass die Sandmännchen auf der Ladefläche standen! „Hilfe!“, schrie Fips und musste sich selber festhalten, um nicht wie Gucki in der Erde zu landen, die überall auf der Ladefläche verstreut war. Babsi hatte es gerade noch geschafft, sich an einem Haken seitlich an der Plane festzuhalten. 8
Jetzt waren sie gefangen! Wie sollten sie wieder von dem fremden Lastwagen herunterkommen? Inzwischen war es stockdunkel geworden, sie konnten nicht sehen, in welche Richtung sie fuhren, und Gucki fing vor lauter Schreck und Angst an zu weinen. „Beruhig dich, Gucki“, sagte seine Schwester zu ihm. „Irgendwann muss der Fahrer anhalten und dann schauen wir, wo wir sind. Weit weg von zu Hause können wir nicht sein.“ Ein paar Stunden waren schon vergangen, das gleichmäßige Geräusch des Motors machte die drei Sandmännchen schläfrig. Gucki war in der hintersten Ecke geblieben, neben den eingetrockneten Blumenstöcken. Er hatte immer noch Angst und er fror. Noch waren sie auf der Autobahn, soviel hatten sie gesehen, aber wohin es ging, hatten sie nicht herausfinden können. Nach stundenlanger Fahrt hielt der Fahrer endlich einmal an, er machte wohl eine Pause. Es war eine klare, stockfinstere Nacht. Wenn die Sandmännchen ausatmeten, konnten sie den Hauch als kleine weiße Wölkchen sehen. Weit und breit war kein Wald zu entdecken – sie mussten weit vom Zauberwald entfernt sein und sie trauten sich nicht, von der Ladefläche herunterzusteigen. Eng aneinandergekuschelt, um sich zu wärmen, berieten sie eine ganze Stunde lang, was sie tun sollten, aber es fiel ihnen nichts Vernünftiges ein. Da kam auch schon wieder der Fahrer, seine Rast war zu Ende und er musste weiterfahren. Er stieg ein, ließ den Motor an und fuhr diesmal nicht so ruckartig los, aber wieder auf die Autobahn, in eine für die Sandmännchen unbekannte Richtung. 10
Die Morgendämmerung hatte begonnen, als der Fahrer abermals anhielt, direkt neben einem Wald. Babsi und Gucki waren auf der Fahrt eingeschlafen, sie hatten sich mit einer Plane zugedeckt, die sie in einer Ecke der Ladefläche gefunden hatten. Fips war zwar immer wieder eingenickt, war aber schon wach, als hinten aus dem Wagen durch ein Loch in der Plane hohe Berge zu sehen waren. Dann sah er ein Ortsschild, auf dem stand: „Berchtesgaden, Oberbayern“. Eine Weile später kam noch ein Schild, auf dem „Ramsau“ zu lesen war. Jetzt war die Gelegenheit günstig! Fips weckte Babsi und Gucki auf. Sie mussten sich beeilen, auszusteigen, bevor der Fahrer sie entdecken würde. Sie waren in Oberbayern gelandet, mitten in den Bergen. Überall, wo sie hinschauten, sahen sie nur Wald und hohe Gipfel. Am Ende der Straße schien ein Gasthof zu sein, das Metallschild über der Tür blinkte in der Morgensonne und schaukelte leicht hin und her. Obwohl es schon fast Ende März und nicht mehr lange bis Ostern war, hatten die Berge oben auf der Spitze noch eine große Schneehaube. Die Sandmännchen froren immer noch. In der Hektik hatten sie ihre Mützen auf dem Lastwagen liegengelassen, jetzt hätten sie sie dringend gebraucht. Schnell liefen sie in Richtung Wald, um Schutz zu suchen, und kamen an einen See. Dort stand eine Tafel mit der Aufschrift „Hintersee“. Auf dem Wasser waren schon die Enten und Haubentaucher, auch Wasservögel genannt, zu sehen. Sie nahmen ihr morgendliches Bad. Am Waldrand entdeckten die Sandmännchen eine weitere Tafel. Darauf waren große Buchstaben eingeritzt, die vom vielen Regen sehr verblichen waren. 11
12
Fips zwickte die Augen zusammen, um sie besser erkennen zu können, und las vor: „‚Hier beginnt der Zauberwald.‘ Zauberwald! Da kommen wir doch her! Aber es sieht hier ganz anders aus als zu Hause.“ Wie konnte das sein? Neugierig gingen die drei Sandmännchen weiter. Die Sonne lugte schon ein wenig über den noch schneebedeckten Bergkuppen hervor, sie mussten sich beeilen, denn sie hatten noch kaum geschlafen und mussten nachts erholt sein, weil sie ja Sand streuen müssen. Eine Weile gingen sie so durch den Wald, konnten sich aber nicht entscheiden, welche Richtung sie einschlagen sollten. Plötzlich sahen sie ein paar Zwerge, die ihnen entgegenkamen. Sie begrüßten die Sandmännchen und hießen sie willkommen. „Wo kommt ihr denn her?“, fragten sie. „Wir kennen euch nicht, ihr seid uns noch nie begegnet!“ Die Sandmännchen erzählten den Zwergen ihre abenteuerliche Geschichte und die Zwerge hatten gleich einen guten Vorschlag: „Ihr könnt hier bei uns wohnen, es ist genug Platz!“ Sie nahmen die Sandmännchen mit und zeigten ihnen ein paar gemütliche Stellen, wo sie bleiben konnten. Jetzt mussten sich die Sandmännchen erst einmal erholen. Sie waren auf dem Lastwagen ordentlich durchgeschüttelt worden und die Ungewissheit, wo es hinging, hatte sie sehr erschöpft. Nachdem sie ein paar Stunden geschlafen hatten, sahen sie auch die anderen Waldbewohner. Sie alle waren gekommen, um die Sandmännchen zu begrüßen. Gucki, Fips und Babsi staunten über so viele Zwerge und über die Tiere im Wald. Einige von 13
14