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Marie-Thérèse Schins, gebürtige Niederländerin, machte nach dem Abitur eine Ausbildung zur Kinderbibliothekarin. Später Leitung der Zentralen Kinder- und Jugendbibliotheken in Nijmegen und Hannover. Seit 1974 freie Autorin, Journalistin (unter anderem für „Die Zeit“, „Brigitte“, „Buchmarkt“) und Malerin in Hamburg mit Lehraufträgen für Kreatives Schreiben an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Sie hat inzwischen mehr als 20 Bücher veröffentlicht, in denen sie die Leser nicht nur mit auf ihre weiten Reisen durch die ganze Welt nimmt, sondern auch mal mit ihren Buchhelden in Hamburg-Blankenese bleibt. Daneben engagiert sie sich für verschiedene Projekte in Indien, wo sie in Waisenhäusern arbeitet und Schulen wie Bibliotheken aufbaut. In der Schatzkiste erschien 2009 „Marit, John und ein Traumschiff“ und 2012 „Robert und Frau Meyer“ mit Fotografien von Joachim M. Huber. In gekürzter Form wurde „Ich will aber ins Bett. Jetzt!“ im April 2013 bereits in der Sendung „Ohrenbär“ im RBB, WDR und NDR gesendet.


Marie-ThÊrèse Schins

Ich will aber ins Bett. Jetzt! Ein Lese- und Vorlesebuch


Oktober 2013 Allitera Verlag Ein Verlag der Buch&media GmbH, München © 2013 Buch&media GmbH, München Herstellung: Kay Fretwurst, Freienbrink Umschlaggestaltung: Birte Müller, Hamburg Printed in Germany · ISBN 978-3-86906-583-0


Inhalt 1. Ist es nicht ein bisschen früh für den Schlafanzug?

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2. Wo ist der Schlüssel geblieben? . . . . . . . . . . 17 3. Oma und Opa, Abendstern und abenteuerliches Abendbrot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4. Großes Indianergeheimnis und wieder eine Überraschung . . . . . . . . . . . . . . . . 37 5. Wie siehst du denn aus? . . . . . . . . . . . . . 43 6. Das ist doch doof und oberlangweilig! . . . . . . . 53 7. Katja, Emil und der Zaubergarten am Fluss . . . . 61



Jeden Nachmittag, spätestens um drei Uhr, will Klara im wuschelweichen Schlafanzug in ihr Wolkenschiffbett steigen. Und dort auf Kissenbergen unter dem großen Federbett zusammen mit Mama und Papa kuscheln, lesen und essen. Hase Hoppel und Kater Minusch sollen auch mit dabei sein. Erst dann ist Klara rundherum glücklich, weil sie nur dort mitten in ihrem Schönsten-aller-Schöngefühle sein kann. Mama und Papa sind davon nicht so begeistert wie Tochter Klara. Wenn sie fragen „Ist es nicht ein bisschen früh für den Schlafanz…“ oder sagen „Andere Kinder wollen nie so früh …“, lässt Klara sie erst gar nicht ausreden. Sofort schreit sie so laut, dass die ganze Straße mithören kann: „Ich will aber ins Bett. Jetzt!“ Warum möchte Klara so früh ins Bett? Warum spielt sie nach der Schule nicht mit anderen Kindern? Warum hat Klara keine Freundin? Dann passieren ein paar überraschende Dinge. Und Klara staunt über sich selbst und über das, was ganz neu für sie ist.

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1. Ist es nicht ein bisschen früh für den Schlafanzug? Heute steht Klara in ihrem wuschelweichen, kuscheligen Schlafanzug aus hellblauem Frotteestoff, auf dem mindestens 300 Schäfchen auf und ab hüpfen, mitten im Wohnzimmer. Dort steht sie schon lange, mindestens einen halben Tag oder so ähnlich. Ungefähr eine Viertelstunde aber mindestens. Die Viertelstunde fühlt sich an wie ein halber Tag. Gleich nach der Schule ist Klara holterdiepolter nach oben auf ihr Zimmer gerannt, hat sich husch-husch ausgezogen. Jeans und T-Shirt sind in die Ecke geflogen, die Turnschuhe hinterher. Unter dem Kopfkissen nachgesehen, und genau: Dort liegt er. Ihr wunderbar weicher, hellblauer Schäfchenschlafanzug! Mit den 300 hoppelnden weißen Schäfchen. Ratz-fatz hat Klara den Schlafanzug angezogen. Schnell noch die vielen weichen Kissen zu Wolkenbergen aufgestapelt, das Federbett mit Nachthimmel, Sternen und Mondbezug aufgeklappt. Fertig ist ihr Wolkenschiffbett, damit sie nachher sofort hineinspringen kann. 9


Danach ist Klara rums-bums die Treppe runtergeflitzt und hat seitdem gewartet. Mitten im Wohnzimmer. Mama soll sie sofort in ihrem Schlafanzug entdecken, wenn sie von ihrer Arbeit beim Zahnarzt nach Hause kommt. Meistens ist Mama nach dem halben Tag in der Praxis pünktlich um drei Uhr zu Hause. Was sie heute wohl antwortet, wenn Klara mal wieder ihren großen Wunsch aufsagt? So wie gestern, vorgestern und jeden Tag davor. Klaras Wunsch ist es, immer und gleich nach der Schule ins Bett zu gehen. Samstags und sonntags möchte sie am liebsten gar nicht aufstehen. Höchstens ein bisschen. Die Gardinen und die Terrassentür sind weit geöffnet. Die Sonne scheint, die Vögel pfeifen fröhlich und Kater Minusch fiept dazu. Kater Minusch darf immer mit ins Wolkenschiffbett. Hase Hoppel nicht immer, weil er seine braunen Köttel überall fallen lässt. Minusch und Hoppel gucken schon aus dem rosa Rucksack, in dem Klara sie in einem Handtuch verpackt hat. Für nachher. Erst hat Klara auf beiden Beinen ziemlich ruhig gestanden, dann auf dem einen Bein, danach auf dem anderen. Wie langweilig. Schließlich ist sie ein bisschen hin- und hergehüpft, hat sich im Kreis gedreht und dabei immerzu gestöhnt: „Wann kommt denn die Mama endlich? Wann kommt denn der 10


Papa endlich? Das dauert aber heute entsetzlich-schrecklich-furchtbar lange.“ Plötzlich hört sie, wie ein Schlüssel ins Schloss der Wohnungstür gesteckt wird. Kkkrrr macht der Schlüssel. Und klack. Die Tür geht auf und wieder zu. Klara ist ganz aufgeregt. Bald ist es soweit, ganz bald. Sie hört, wie Mama raschel-raschel ihren Mantel auszieht und aufhängt, die Schlüssel klingeling in die kleine, grüne Glasschale im Flur legt und … die Tür zum Wohnzimmer öffnet. Oh, wie Klara diese Geräusche liebt. Endlich, endlich kann sie Mama sagen, was sie will. Erwartungsvoll steht sie wieder auf beiden Beinen, den rosa Rucksack mit Minusch und Hoppel daneben. Mama lehnt gegen die offene Wohnzimmertür und seufzt und lächelt gleichzeitig. „Hallo Mama …“ säuselt Klara und lächelt unglaublich lieb. Lieber geht es gar nicht mehr. Klara findet, dass sie außerdem seufzen darf. Schließlich hat sie schon ungefähr einen halben Tag Geduld gehabt und durchgehalten. „Seufz!“, macht Klara und zittert vor Erwartung. „Tag, mein Liebes“, sagt Mama und gibt der aufgeregten Klara zwei Küsschen. Eins links und eins rechts. Sie streichelt über Klaras Locken.

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