Tworek, literarisches bayern kalender 2014 leseprobe

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2014

Literarisches

Bayern Herausgegeben von Elisabeth Tworek


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Oscar A. H. Schmitz: Neujahrsnacht in München 2. Januar 1897 In München herrscht die Sitte, um 12 Uhr in der Neujahrsnacht in allen Restaurants die Lichter zu löschen. Die paar Minuten der Dunkelheit werden allgemein mit Küssen ausgefüllt. Jeder stürzt sich auf seine Nachbarinnen. Das ist charakteristisch für München.


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Lena Christ: Winter in Bayerischzell Ringsum leuchteten die schneebedeckten Berge in der Sonn, feine Eisstäublein flogen in der kalten, klaren Luft, und der festgefrorne Schnee gurrte und knarzte unter unsern Tritten. Bald lag das Dorf mit seinen niedern Holzhäusern, Schnee­ dächern und leise rauchenden Kaminen weit hinter uns, das Glockengeläute drang nur noch wie ein Hauch im Wind ganz verloren in das Waldtal herüber, und endlich waren wir einsam und weit weg von allem und stiegen langsam empor zum Ursprung der Leizach.


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Ödön von Horváth: Der Schneemann Der Nebel fällt ein – – Es ist der Nebel der Zukunft, denke ich. Es wird so kalt, sie zwickt mich, als kröchen Ameisen über mich und errichten eine Burg – was tra­ gen die Ameisen? Sie bauen, sie bauen – – Es schneit immer mehr. Und mit dem Schnee kommt der Gedanke – – Es fällt in weichen Flocken und deckt alles zu – – Es wird alles weiß. Eine große Hand nimmt mich in die Hand und hebt mich auf.


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Der Glaube der Bayern, 1790 Überhaupt ist Religionsdumheit und Aberglaube ein herrschender Zug in dem Bilde von München und ganz Bayern. (...) Das Volk ist hier mehr, als irgendwo ein Lastthier, dem vom Fürsten, von Pfaffen und Weibern Bürden aufgehalftet werden, worunter es fast erliegt. Ihre natürliche Trägheit ist glücklicher Weise Ursache, daß sie diese Bürden nicht abwerfen. Keuchend schleppen sie sich drunter fort; und alles, was sie thun, ist, daß sie manchmal wie Bären brummen, und sich schütteln (...).


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Otto Julius Bierbaum: Schwabing um 1900 Die Villa Hauart lag in der Fortsetzung der breiten, zumeist nach Florenzer Mustern von König Ludwig dem Ersten erbauten, biedermaierisch renaissancehaft wirkenden Ludwigstraße, jenseits des Siegestors, ziemlich nahe dem ehemaligen Dörfchen Schwabing, das aber nun bereits zum Münchner Vororte zu werden sich anschickte. Immerhin gab es damals in dieser Gegend noch ein paar landhausartige Herrschafts­häuser, die, inmitten großer Gärten mit altem Baumbestand gelegen, von der Straße her kaum zu sehen waren. Eines dieser Häuser war dem alten Hauart zum Buen-Retiro geworden.


Februar 6. Woche

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Frank Wedekind: Im Hofbräukeller Um acht gehe ich in den Hofbräukeller zu einer Maß und einem Geräucherten. Ich fürchte beinahe, daß ich vor lauter Gemütlichkeit nicht werde arbeiten können. Ich fühle mich angesichts dieses Bierlebens in ein früheres Jahrhundert versetzt. (...) Bis 12 im Café Luitpolt. Abends in meiner Nähe in der Nordendstraße eine fürchterliche Rauferei in einem Wirtshaus.


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Marianne von Werefkin: Liebe Ich liebe die Liebe, die es nicht gibt, die euch wie eine unsichtbare Stadt umf채ngt, wie ein unbeschreibbarer Duft. Eine Liebe, die die Sehnsucht nach verzauberten Landschaften weckt.


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Thomas Wolfe: München München war nicht nur das deutsche Himmelreich, es war überhaupt ein sagenhaftes Schlaraffenland, in dem man ununterbrochen aß und trank und doch nie satt wurde. Es war ein Schlaraffenland wie auf dem Bild von Pieter Brueghel, auf dem die gebratenen Schweinchen mit schon angeschnittenem Hinterteil herumlaufen, so daß man sich nur zu bedienen braucht, mit saftig-zarter, knuspriger Schwarte, aus der Messer und Gabel herausragen (...). Vielleicht war die reine, lebenskräftige Alpenluft mit an seinem ewigen Hunger schuld, vielleicht bekam er auch nicht das zu essen, was sein Körper brauchte.


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