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Israel-Bericht von Amnesty: Keine einfache Lektüre
Keine einfache Lektüre
Der neue Israel-Bericht von Amnesty kritisiert die israelische Regierung. Er kritisiert nicht die israelische Bevölkerung oder jüdische Menschen. Von Agnès Callamard, Internationale Generalsekretärin von Amnesty International.
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Anfang Februar habe ich in OstJerusalem gemeinsam mit Kolleg_innen unseren Bericht über Apartheid in Israel vorgestellt, der eine historische Wende in unserer Arbeit zu Israel und Palästina markiert. Jahrzehntelange vorsätzliche und diskriminierende Handlungen, Gesetze und politische Maßnahmen haben dazu geführt, dass Palästinenser_innen an den Rand gedrängt werden, verarmen und in Angst und Unsicherheit leben. Sie werden aus ihren Häusern vertrieben, von ihren Familien getrennt und hinter Checkpoints und Mauern eingesperrt. In Gebieten wie der Negev-Wüste sind beduinische Palästinenser_innen, die die israelische Staatsbürgerschaft besitzen, gezwungen, im Elend zu leben, ohne Zugang zu ihren landwirtschaftlichen Flächen zu haben.
Unser Bericht »Israel’s Apartheid against Palestinians: Cruel System of Domination and Crime against Humanity« argumentiert, dass Israels Apartheidsystem die Ursache für die Menschenrechtsverletzungen und das Leid ist, denen Millionen von Palästinenser_innen täglich ausgesetzt sind. Der Bericht ist das Ergebnis von vier Jahren Recherchen sowie der Zusammenarbeit mit Expert_innen und der gesamten Amnesty-Bewegung. Er legt dar, wie die massive Beschlagnahmung von palästinensischem Land und Eigentum, rechtswidrige Tötungen, Zwangsumsiedlungen, drastische Bewegungseinschränkungen und die Verweigerung der Staatsbürgerschaft für Palästinenser_innen Bestandteile eines Systems sind, das nach internationalem Recht auf Apartheid hinausläuft.
Ich weiß, dass dieser Bericht für viele Menschen keine einfache Lektüre ist. Das Verbrechen der Apartheid ruft tiefe und starke Emotionen hervor, sowohl innerhalb der Amnesty-Bewegung als auch in der breiten Öffentlichkeit. Aber Amnesty hat sich noch nie gescheut, schwierige Diskussionen zu führen. Wir sind eine antirassistische Organisation. Wir lehnen Diskriminierung, Rassismus und Hassverbrechen in all ihren Formen gegen alle Menschen entschieden ab, einschließlich Antisemitismus gegen jüdische Menschen und solche, die als jüdisch wahrgenommen werden.
Einige behaupten, der Bericht sei antisemitisch. Andere vermuten, dass der Bericht von antisemitischen Gruppen und Einzelpersonen instrumentalisiert werden könnte. Die Antwort von Amnesty ist, dass wir an unseren Prinzipien festhalten. Wenn jüdische Menschen ausgegrenzt, beleidigt oder angegriffen werden, weil sie fälschlicherweise für die Handlungen des israelischen Staates verantwortlich gemacht werden, müssen wir dagegen Stellung beziehen. Wir lehnen Antisemitismus ab und müssen auf der Unterscheidung zwischen jüdischen Menschen und dem Staat Israel bestehen. Wir müssen antisemitische Handlungen und die Aufstachelung zum Hass, auch durch Vertreter_innen der Behörden, anprangern. Wir müssen die Staaten auffordern, entschieden gegen solche Handlungen vorzugehen. Wir müssen die Menschen daran erinnern, dass unsere Kritik an der israelischen Regierung auf internationalem Recht basiert, dass keine Regierung gegen Kritik immun ist, dass der Bericht die israelische Regierung kritisiert, nicht die israelische Bevölkerung, nicht jüdische Menschen.
Wir können nicht die Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen gegen eine Gruppe bekämpfen, indem wir die Augen vor der Diskriminierung und den Menschenrechtsverletzungen gegen eine andere Gruppe verschließen. In der heutigen Welt gibt es keinen Platz für Apart heid. Sie ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, und das muss auf hören.
Ich bin stolz darauf, dass Amnesty International den Mut hat, diese schwere Menschenrechtsverletzung als das zu erkennen, was sie ist, nämlich Apartheid, und ihre Abschaffung zu fordern. Unsere Bewegung – bestehend aus ganz normalen Menschen aus der ganzen Welt – setzt sich dafür ein, Druck auf die israelische Regierung auszuüben, damit sie ihr Apart heidsystem beendet und die Palästinenser_innen als Menschen mit gleichen Rechten und gleicher Würde behandelt. ◆