4 minute read

Mensch, Sylt!

AUF EIN PRICKELNDES GLAS WASSER MIT DIETMAR PRIEWE

SPITZENKOCH UND SCHARFER TYP

Advertisement

FOTOS: MAIKE HÜLS-GRAENING für proKampen

Wenn es auf der Welt mehr Kerle wie Dietmar Priewe gäbe, wäre sie ein besserer Ort. Sylt kann jedenfalls froh sein, dass sich der emphatische Mann, geniale Koch und gebürtige Usedomer vor 20 Jahren für die Insel in der Nordsee entschied, und er seine Frau Anja gleich mitbegeistern konnte. Dietmar bereichert das Spektrum der Insel-Locals um ein wertvolles Exemplar.

Was vor Sylt passierte?

Dietmar Priewe wurde irgendwann in den 70er Jahren als DDR-Bürger auf Usedom geboren. Das fand er – wie die meisten Kinder im Arbeiter- und Bauernstaat – nicht besonders schlimm, denn er hatte ja auch keinen Vergleich. Zudem bescherte die Insellage und die Tatsache, dass in seiner Familie vom Fischfang gelebt wurde, ihm eine grandios freie Kindheit in der Natur. Er fand die Zubereitung der Schuppentiere allerdings spannender als den Fang – und fokussierte sich früh auf sein Lebensthema »Moderne Nahrungszubereitung zum Vergnügen aller«.

Die Qualität der Küchen seiner Heimat überzeugt ihn unterm Strich bis heute nicht besonders. „Da ist noch reichlich Luft nach oben. Es gibt doch so großartige Ressourcen, auf die man zurückgreifen kann. Gemacht wird daraus leider viel zu wenig.“

Nicht zuletzt darum entschied er sich, Ost- gegen Nordsee einzutauschen und erlernte so das Einmaleins seines Handwerks auf Föhr. Eine im Verlauf beflügelnde Ausbildungssituation, sein Ehrgeiz und Talent waren Faktoren, die dem jungen Priewe sehr entgegenkamen. Sein Wechsel von Föhr in die damals wirklich noch junge und wilde Küchenszene der Hauptstadt tat ihr Übriges. Dietmar arbeitete bei Johannes King im „Grand Slam“, wirkte bei vielen genialen und ambitionierten Restaurantprojekten mit und überführte all das mit Freude in seinen Erfahrungsschatz. Schon mit Anfang 20 lernte er die entzückende Bankerin Anja kennen. Die beiden führen seitdem eine Vorzeigebeziehung.

Und dann?

Sein großes Vorbild Johannes King wechselte nach Sylt und machte ihn irgendwann darauf aufmerksam, dass die schon damals legendäre „Sansibar“ einen neuen Küchenchef suchte. »Du bist verrückt genug, den Job zu machen«, heißt das Kingsche Originalzitat. Obwohl Dietmar sich geschworen hatte, niemals wieder auf eine Insel zu gehen, war er machtlos, als er sich an einem tiefblauen Sylt-Himmel-Tag mit Herbert Seckler traf und in Folge dem verwegenen Charme der „Sansibar“ erlag. Auch Anja fand die Option Sylt attraktiv und dann begann für die zwei das Abenteuer Nordsee, was auch jetzt noch längst nicht vorbei ist. Der wilde Koch an einem ebensolchen Ort – das passte brillant. Dietmar führte die Küche im Dünenlokal mit den bis zu 50 Kollegen mit Leidenschaft und Enthusiasmus. So sammelte er in fast 20 Jahren unzählige Erfahrungen und Impressionen. Zu den ebenfalls grandiosen Momenten dieser Jahre gehört ohne Frage das Erscheinen seines Sohnes Tim auf der Bildfläche – vor fast 13 Jahren.

Der „POINT of NO RETURN"

Das, was dann nicht so schön war: Vor ein paar Jahren hatte Dietmar Priewe einen Motorradunfall und verletzte vor allem seine Schulter nachhaltig. Zudem hatte er sich an einen Lebenswandel angewöhnt, der typisch ist für die Gastro, aber darum immer noch nicht vorbildlich: Krasser Stress, zu wenig Sport und den ganzen Tag irgendetwas zwischen den Zähnen, was es zu naschen oder zu probieren gibt. Dietmar fühlte sich damit lange nicht wirklich wohl in seiner Haut. Fahler Teint, zu viel Speck auf den Rippen, seelisch und körperlich nicht in Balance. Dass das nun so ganz anders ist und Dietmar heute – mit Mitte 40 – der Vorzeigemann für alles ist, was schön, sportlich und gesund anmutet, lag nicht zuletzt an der Begegnung mit „Sansibar“-Stammgast Dieter Müller, der in der Nähe von Köln eine Klinik leitet, die eine innovative Form ganzheitlicher Medizin betreibt. Nach anfänglicher Skepsis begeisterte sich Dietmar für das Konzept und stellte sein Leben nach einer intensiven Fastenkur und einer Darmsanierung für immer um: auf viel Sport, Intervallfasten, auf seinen Organismus abgestimmte und wertvolle Lebensmittel, auf ein durch und durch positives Mind-Setting.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wenn es nicht gerade Kontakt- und Distanzregeln gibt, ist er begeisterter Mitstreiter bei Marathonläufen und Triathlonwettbewerben in der ganzen Welt und an Heiterkeit und positiver Weltsicht unerreicht.

Die Stille zwischen März und Mitte Mai hat viele von uns zentriert und dazu geführt, dass man aufgeräumter ist und wieder weiss, was wichtig ist im Leben.

Was Corona verändert hat?

Im Frühling 2020 entschied Dietmar Priewe in Abstimmung mit seinen Liebsten, das Leben nochmal neu zu mischen und verabschiedete sich von seiner langen »Sansibar«-Ära. Im Frieden und im Guten, wie er glaubhaft versichert. Zeit für einen neuen Schritt… was genau, verrät der Superkoch allerdings noch nicht. Er steht „in Verhandlungen mit einem spannenden neuen Auftraggeber“. Auch nicht ausgeschlossen: Seine Kenntnis und seine Liebe zu gesunder und ayurvedischer Küche in einem eigenen Konzept umzusetzen. Die Zeit der Quarantäne auf Sylt konnte Dietmar, wen wird es wundern, aus vollen Zügen genießen… er hat auch seinen Sohn Tim zu sportlichen Aktivitäten aller Art inspiriert, auf Sylt ganz neue zauberhafte Plätze entdeckt und natürlich gesund und köstlich für seine Familie gekocht. Bevor er wieder einen festen Job beginnt, möchte er bei Kollegen in der Welt Neues lernen und Freunden helfen, ihr Traumkonzept umzusetzen. Auch in Zukunft auf Sylt zu bleiben, steht für ihn außer Frage: »Es ist unser Zuhause«.

Dietmar Priewe wird wie Johannes King und etliche renommierte Mediziner Referent sein beim nächsten Kampeneum zum vielsagenden Thema »Alter, Du kriegst mich nicht!« (verlegt auf den 1. Mai 2021) www.kampen.de

This article is from: