Freitag, 13. November 2009 HoMovie "Wer tötete Victor Fox?" Broadway-Kino, Paulinstraße 18 Mittwoch, 18. November 2009 "Nächstenliebe für alle!(?) - Ein Vortrag über die Vereinbarkeit von Homosexualität und Kirche" SCHMIT-Z, Mustorstraße 4 Donnerstag, 19. November 2009 HoMovie "For the bible tells me so" Broadway-Kino, Paulinstraße 18 Montag, 23. November 2009 Vortrag "(Wider)natürlich?! Homosexualität im Lichte der Evolution" von Prof. Dr. Thomas Junker (Universität Tübingen) Universität Trier, Raum C10 Samstag, 28. November 2009 Schwuler Chor "Die Zauberflöten" ehem. Reichsabteikirche St. Maximin, Maximinstraße 18 b Samstag, 28. November 2009 Große HoMosella-Abschlussparty Ex-Haus, Zurmaiener Straße 114
Ka r t e n b e s t e l l u n g e n p e r E - M a i l a n k a r t e n @ h o m o s e l l a . de
Anstoss 35|inhaltsverzeichnis Leserbrief "Anders-Sein" verboten! Toleranz als Wahlkampfgetöse X Wort Rätsel Travestie oder: (M)Ein Mann ist verhindert. . . Schwule Zeitreise in die Fünfziger Tell it to my heart, tell me I'm the only one Lesbisches entertainment Das Letzte
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IMPRESSUM Anstoß - Triers neue unabhängige Zeitschrift für Lesben und Schwule Nr. 35, Winter 2009/2010 Herausgeber: Autonomes SchwulenReferat und Autonomes feministisches Frauen- und Lesbenreferat im AStA der Universität Trier Redaktion: Corinna Weiler (CW), Raphael Konietzny (RK), Verena Maser (VM), David Kötz (DK), Burkhard Vogel (BV), Tobias Overkämping (TO) Layout: Raphael Konietzny, Max Auerswald, Caspar Bauer Titelseite: Caspar Bauer Anschrift der Redaktion: Redaktion Anstoß c/o Autonomes SchwulenReferat im AStA der Uni Trier Universitätsring 12 b 54286 Trier Telefon: 0651/201 35 75 Anzeigen-Telefon: 0651/601 48 84 Fax: 0651/201 39 02 E-Mail: kontakt@anstoss-trier.de Auflage: 500 Exemplare Druck: Print In, Trier Der Anstoß erscheint zweimal pro Jahr und wird kostenlos in Trier und Umgebung verteilt. LeserInnenbriefe senden Sie bitte an die oben genannte Anschrift. Wenn Sie den Anstoß mit einer Anzeige oder als Redakteur unterstützen möchten, schreiben Sie uns bitte eine E-Mail.
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Leserbrief Zu den Statements der Spitzenkandidaten, Ausgabe 34
Liebe Redakteure von Anstoß, liebe Leserinnen und Leser,
in der letzten Ausgabe des Anstoß’ wurde es den Spitzenkandidaten ermöglicht, sich und ihre schwul-lesBischen Vorstellungen von Kommunalpolitik vorzustellen. Leider kam von uns keine Antwort. Höchstwahrscheinlich ist bei uns die Mail untergegangen oder im Datennirvana verschwunden. Uns als LINKE liegt jedoch queere Politik in der Kommune am Herzen. Denn die Arbeit, die von schwul-lesbischen Projekten in Trier geleistet wird, ist für unsere Stadt unersetzbar: Herausheben möchte ich hierbei die Beratungs- und Integrationsarbeit, die von der AIDS-Hilfe, den Gruppen des Schmit-Z (für jede Altersgruppe und Lebenslage) sowie dem Autonomen Schwulen-Referat geleistet wird; auch die Kulturarbeit, die von diesen Gruppen getragen wird, hat in Trier eine unvergleichbare Arbeit fürs Stadt- und Kulturbild bewirkt: So ist der CSD und die Kulturtage der Homosella zu einem wichtigen Bestandteil der Trierer Kulturszene geworden.
Diese beiden Bereiche – Beratung/Integration und Kultur – sind Bereiche der sozialen Arbeit, die Unterstützung von kommunaler Seite bedürfen. Während in anderen Städten mit Anlaufstellen und schwul-lesbischer Kulturarbeit geworben wird, findet in Trier noch nicht mal eine Vernetzung der Kulturarbeit statt. Diese Räume queerer Politik brauchen jedoch in der Kommunalpolitik Ansprechpartner und Unterstützung. Für DIE LINKE möchte ich für die Belange schwul-lesbischer Politik eine Stimme verleihen, dass heißt, jeder Form von Diskriminierung muss entgegengewirkt werden; gleichzeitig möchte ich mich auch als Ansprechpartnerin für DIE LINKE im Stadtrat für schwul-lesbische Politik anbieten und hoffe auf eine gute Zusammenarbeit.
Mit den besten Grüßen Katrin Werner (stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion im Trierer Stadtrat)
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"Anders-Sein" verboten! Evangelikale Christen in ihrem Kampf gegen Homosexualität (und alles, was ihnen sonst nicht in den Kram passt...) Marburg am 21. Mai 2009. Vor dem Hauptbahnhof versammelten sich am Morgen die TeilnehmerInnen für eine Demonstration gegen den Internationalen Kongress für Psychotherapie und Seelsorge, zu der das kurz zuvor gegründete Aktionsbündnis gegen Sexismus, Homophobie und religiösen Fundamentalismus, ein bunter Zusammenschluss verschiedener Gruppierungen, aufgerufen hatte. Grund für den Aufruf war zum Einen die Tatsache, dass an dem Kongress auch ReferentInnen teilnahmen, die Homosexualität für heilbar halten, darunter Christl Ruth Vonholdt vom Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft (DIJG) und Markus Hoffmann vom Wüstenstrom e.V.. Zum Anderen wurden der Bürgermeister der Stadt Marburg und der Universitätsdirektor dafür kritisiert, dem Kongress städtische, bzw. universitäre Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt zu haben und ihm somit einen seriösen Charakter verliehen zu haben. Sie wurden aufgefordert, ein Zeichen gegen Homophobie zu setzen und den Veranstaltern die Räumlichkeiten wieder zu entziehen. Aus dem ganzen Bundesgebiet reisten etwa 1.000 TeilnehmerInnen an, die schließlich friedlich durch die Innenstadt bis vor die Stadthalle zogen, in der der Kongress stattfand. Begleitet wurden sie bei ihrem Marsch von einem Großaufgebot an Polizei, das das Land Hessen vorsorglich an diesem Tag in Marburg bereitgestellt hatte. Von PolizistInnen zu Pferde bis zu Hundestaffeln war alles dabei, so dass auch die hessischen Steuerzahlenden ihre Freude an der Demo hatten. Vermutlich wäre dies ein sehr günstiger Tag gewesen, um in Frankfurt ein paar Juweliere und Banken zu überfallen – Einsatzkräfte dürften dort nur noch sehr wenige gewesen sein. An der Stadthalle angekommen, wurde die Abschlusskundgebung abgehalten, welche von einigen Teilnehmenden der Tagung vom Dach des Eingangsbereiches aus beobachtet wurde. Organisiert wurde der Kongress von der Akademie für Psychotherapie und Seelsorge (APS), einem im Jahre 2000 gegründeten evangelikalen
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Verein. Dessen Vorsitzender Martin Grabe nannte die Vorwürfe „weit enfernt von jeder Sachdiskussion“ und stellte heraus, dass es bei dem Kongress, wenn überhaupt, nur am Rande um Homosexualität gehe. Homophobe Äußerungen sind bei evangelikalen Gruppierungen an der Tagesordnung. Evangelikalismus ist eine Strömung innerhalb des Protestantismus, der die Bibel als zentrale Grundlage für den christlichen Glauben und das Leben ansieht und alles, was dem wörtlichen Sinn der Bibel widerspricht, ablehnt. In Deutschland hat sich ein Großteil der evangelikalen Christen in der Evangelischen Allianz zusammengeschlossen. Ihre Mitglieder decken ein Spektrum ab von Fundamentalisten, die sich dezidiert gegenüber allen Andersdenkenden abgrenzen und an der Irrtumslosigkeit der Bibel festhalten bis hin zu offeneren Evangelikalen, die teilweise sogar Ergebnisse der Bibelkritik übernehmen, obwohl diese für die meisten im krassen Widerspruch zum evangelikalen Bibelverständnis steht. Konsequenz aus der unkritischen und wörtlichen Bibelauslegung ist ein dichotomes Weltbild – es gibt Gut und Böse, Gott und Teufel, Gläubig und Nicht- bzw. Andersgläubige. Es wird alles abgelehnt, was in den Augen der Evangelikalen nicht mit der Bibel vereinbar ist: Homosexualität, Sex vor der Ehe, Abtreibung, die Evolutionstheorie. Da sie Jesus nicht nur als Erlöser der Christen, sondern aller Menschen ansehen, lehnen sie darüber hinaus andere Religionen ab und leiten aus der Bibel einen aktiven Missionierungsauftrag ab. Auch Deutschland wird dabei als ein Einsatzgebiet für Missionare gesehen. Während es die größten evangelikalen Gruppierungen in Ländern wie den USA, Brasilien und China gibt, stellen sie in Deutschland, mit gegenwärtig etwa 1,3 Millionen Mitgliedern eine noch relativ kleine, aber stetig wachsende Gruppe dar. In den USA war es auch, wo der Begriff „Fundamentalismus“ entstanden ist. Als Gegenentwurf zu den christlichen Gemeinden, die sich in Folge der Industrialisierung und wissenschaftlichen Errungenschaften des 19. Jahrhunderts liberalisierten, sahen die Anhänger der protestantischen Erwe-
ckungsbewegungen das Fundament ihres Glaubens, die unfehlbare Bibel, erschüttert. Sie stellten ihre Grundprinzipien („Fundamentals“) auf, zu denen u.a. die Anerkennung der Unfehlbarkeit der Bibel, die Jungfrauengeburt Jesu, sein stellvertretender Sühnetod und seine leibliche Auferstehung und Wiederkunft zählten. Mediale Kreuzzüge gegen Kritiker Eins ihrer Ziele heute ist es, auch in Deutschland, ihre religiösen Überzeugungen in Politik umzusetzen. Dabei setzen sie auch auf die Wirkung der Medien und wehren sich vehement gegen alles und jeden, der ihre Positionen in ein schlechtes Licht rückt. Das mussten beispielsweise die beiden 18-jährigen Schüler Hannes G. und Samuel L. am eigenen Leibe erfahren. Sie schrieben für die Schülerzeitschrift Q-Rage einen Beitrag zum „Christival“, einem Jugendfestival, das 2008 auf Einladung der Evangelischen Allianz in Bremen stattfand. Dabei setzten sie sich insbesondere mit den erzkonservativen und aus ihrer Sicht zum Teil verfassungsfeindlichen Ansichten der evangelikalen Bewegung auseinander. Sie erzählten u.a. von den Christival-Seminaren „Homosexualität verstehen – Chance zur Veränderung“ und „Sex ist Gottes Idee – Abtreibung auch?“, wovon ersteres wegen massiver Proteste im Vorfeld abgesagt wurde, während das zweite stattfand. Das ganze Festival stand übrigens unter der Schirmherrinnenschaft von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen. Sie bescheinigten den Veranstaltern eine „Weltsicht von vorgestern“. Kaum war der Artikel erschienen, riefen evangelikale Interessensverbände zum medialen Kreuzzug gegen die Schüler auf. In ihren Augen war es unerträglich, dass Evangelikale als Fundamentalisten bezeichnet wurden. Es fand eine regelrechte Hetzjagd im Internet statt und die beiden Schüler fanden plötzlich ihre Fotos, E-Mail Adressen und Telefonnumern in Blog- und Foreneinträgen wieder. Auf der Homepage von „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ (SORSMC), der Initiative, die die Zeitschrift Q-Rage publiziert, findet man zu dem Christival-Artikel Einträge
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wie „Der Tag wird kommen, an dem ihr alle hängen werdet, ihr Hochverräter!“ von Uwe G., oder „Etwas derart verfassungsfeindliches und christenfeindliches wie in ihrer Ausgabe der Q-rage habe ich schon lange nicht mehr gelesen.“ von Stefani S.. Sogar Morddrohungen haben die beiden erhalten. Doch davon möchte Wolfgang Baake von der Deutschen Evangelischen Allianz nichts wissen. Er bestätigt im NDR-Interview, dass seine Organisation darauf aufmerksam gemacht hat, dass in dem Artikel Falschaussagen über Evangelikale getroffen wurden – dass die Autoren jedoch an den Pranger gestellt worden seien, streitet er ab. Die Tatsache, dass ein Artikel aus einer Schülerzeitung überhaupt für so viel Wirbel sorgt, hängt damit zusammen, dass es sich bei SOR-SMC um Deutschlands größtes Schulnetzwerk handelt, dem ca. 530 Schulen angehören, auf die etwa 400.000 SchülerInnen gehen. Ihre Zeitschrift Q-Rage erscheint mit einer Auflage von 1 Mio. Exemplaren und wird u.a. von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) finanziell unterstützt. Und eben diese Tatsache, dass mit Hilfe von Steuergeldern solche Artikel veröffentlicht werden, wird von den Evangelikalen zum Anlass genommen, gegen die Veröffentlichung zu protestieren. Dieser Protest ist natürlich ihr gutes Recht – schließlich leben wir ein einer Demokratie. Alarmierend sind hingegen die Auswirkungen, die dieser Protest hatte. Thomas Krüger, der Präsident der bpb hatte nach Erscheinen der Q-Rage noch den Artikel über die Evangelikalen in einem Begleitbrief gelobt und vor den Gefahren gewarnt, die von Evangelikalen und Islamisten ausgehen, woraufhin auch er im Visier der evangelikalen Lobby stand. Wolfgang Baake forderte seinen Rücktritt. Der Protest zeigte Wirkung und Krüger knickte ein – er distanzierte sich von seinem Brief. Schlimmer noch: zur Wiedergutmachung wurde mit der DEA vereinbart, dass die bpb zwei Hefte „über christliche Verantwortung in der demokratischen Gesellschaft“ herausgeben würde. Eins davon ist im März 2009 mit dem Titel „Christen in der Demokratie“ erschienen. Neben Wolfgang Huber, dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, und Robert Zollitsch, dem Vorsitzenden der Deutschen
Bischofskonferenz, schrieb auch Thomas Schirrmacher ein Beitrag. Schirrmacher ist Sprecher für Menschenrechte der Weltweiten Evangelischen Allianz, die weltweit etwa 300 Mio. Christen vertritt und Direktor des 2006 gegründeten Internationalen Instituts für Religionsfreiheit. In seinem Beitrag nimmt er die evangelikalen Christen vor Kritik in Schutz und stellt heraus, dass es gerade ihre Theologen seien, die sich stark für die Demokratie einsetzen. Die evangelikalen Kirchen seien mithin ungefährlich und würden unter dem Problem leiden, dass sich ihre Anhänger zu wenig in die Politik einmischten und somit anderen das Gestalten überließen. Die Evangelikalen setzen sich für die Demokratie ein? War was? Wenn man sich dieses Heft der bpb anschaut, könnte man das durchaus glauben. Sein Beitrag bleibt nämlich gänzlich unkommentiert. Vermutlich wollte man nicht riskieren, wieder den Zorn der Lobby auf sich zu ziehen, oder es war vielmehr von vorne herein Teil der Wiedergutmachung für die Q-Rage-Geschichte. Ein zweites Heft zu dem Thema, das sich an SchülerInnen und StudentInnen richtet, soll bald folgen. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Evangelikalen ist wohl auch darin nicht zu erwarten. Interessant ist der ganze Vorgang auch deswegen, weil die bpb dem Bundesinnenministerium nachgeordnet ist. Dessen parlamentarischer Staatssekretär Christoph Bergner ist jüngst im Rahmen des Bundestagswahlkampfes durch seine Äußerung aufgefallen, dass bei homosexuellen Jugendlichen die Suizidrate viermal höher sei als bei heterosexuellen, da sie unter „massiven Persönlichkeitsstörungen“ litten. Es scheint, als stoße die evangelikale Lobby zumindest schonmal in Herrn Schäubles Behörde auf offene Ohren. Umpolung im Namen Gottes Viele hätten dabei ein ureigenes Interesse an einem kritischen Umgang mit der evangelikalen Bewegung. Schwule und Lesben beispielsweise werden abgelehnt, da sie nicht in das biblische Muster Mann/Frau hineinfallen und angeblich gegen Gottes Plan verstoßen. Sie brauchen deswegen
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aber nicht traurig zu sein, denn: Homosexualität ist heilbar! Zumindest versprechen das Vertreter der evangelikalen Kirchen und werben für entsprechende „Therapien“, durch die die betroffenen Personen auf die rechte Bahn der einzig glückselig machenden Heterosexualität gebracht werden sollen. Für viele sind diese Therapieangebote ein Hoffnungsschimmer, endlich ein voll akzeptiertes Mitglied ihrer kirchlichen Gemeinschaft zu werden. In diesen Therapien soll nach Ursachen für die Homosexualität gesucht werden, die entweder bei psychischen Einflüssen in der Kindheit, manchmal auch in Verbindung mit Veranlagungen, vermutet werden. Dabei werden sämtliche wissenschaftliche Erkenntnisse in den Wind geschlagen, was für den „Patienten“ nicht ungefährlich ist. Er lernt vielleicht, seine Homosexualität zu unterdrücken, „geheilt“ wird er von ihr natürlich nicht. Der SWR berichtete im Mai 2008 von Andreas (Name geändert), der bei dem evangelikalen Verein Wüstenstrom an Seminaren teilnahm, um von seiner Homosexualität wegzukommen und „endlich zu sein wie alle anderen“. Drei Jahre später, psychisch wie physisch am Ende und um 4.000 Euro ärmer, brach er die Therapie ab und ging zu einem professionellen Psychotherapeuten, bei dem er lernte, seine Homosexualität zu akzeptieren. Ein anderer Mann ist nach einem Jahr Therapie bei Wüstenstrom psychisch total abgestürzt und war einmal sogar kurz davor, sich umzubringen. Die Vertreter von Wüstenstrom wehren sich entschieden dagegen „Umpoler“ genannt zu werden. Vor Gericht sind sie damit bereits unterlegen und müssen sich seitdem diese Bezeichnung gefallen lassen. Auf ihrer Homepage und zu jeder sich bietenden Gelegenheit betonen sie zwar, dass sie in keinem Fall jemanden umpolen möchten und ergebnisoffen beraten – die Betroffenen, die sich ihren „Therapien“ unterzogen haben, erzählen hingegen andere Geschichten. Auch das Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft (DIJG) setzt sich offensiv für die Umpolung von Schwulen und Lesben ein. Auf ihrer Homepage heißt es: „Diese Menschen [die Probleme mit ihrer Homosexualität haben, Anm. d. Red.] suchen Wege der Veränderung hin zu einer heterosexuel-
len Orientierung, die offen ist für eine Ehe oder ein sexuell abstinentes Leben.“ Sie fordern ein „Recht auf Therapie“ ein und das jeder, der sein „heterosexuelles Potential“ entwickeln möchte, dies auch tun kann. Ob Heterosexuellen, die gerne ihr „homosexuelles Potential“ ausbauen möchten, dort auch geholfen werden kann, geht leider aus dem Text nicht hervor. Dass die Möglichkeit, Homosexualität zu heilen, von der Wissenschaft ausgeschlossen wird, interessiert die Aktivisten der Ex-Gay-Bewegung (so werden diese Gruppierungen genannt, die eine Veränderung der homosexuellen Identität einer Person für möglich und erstrebenswert halten) wenig. Dabei veröffentlichte die American Psychological Association (APA) im August 2009 eine Erklärung, in der sie festhält, dass Homosexualität nicht wegtherapierbar oder auf andere Weise behandelbar sei. Dafür hatte die Vereinigung 83 Studien über Umpolungsversuche zwischen 1960 und 2007 un-
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tersucht. Danach stellte sie fest: "Im besten Fall zeigten gewisse Studien, dass einige individuelle Personen lernten, ihre homosexuellen Gefühle zu ignorieren oder sie nicht in die Tat umzusetzen.“ Ein Beweis dafür, dass eine Person ihre sexuelle Orientierung erfolgreich geändert hatte, konnte nicht gefunden werden. Auch die deutsche Bundesregierung antwortete auf eine kleine Anfrage von Volker Beck von Bündnis 90/Die Grünen: „Die Bundesregierung vertritt weder die Auffassung, dass Homosexualität einer Therapie bedarf, noch dass Homosexualität einer Therapie zugänglich ist.“ In den Augen der Ex-Gays sind diese Ergebnisse und Stellungnahmen alle dem Zeitgeist geschuldet, dessen Kritik das DIJG auf seiner Homepage eine eigene Rubrik widmet. Und: was sind schon wissenschaftliche Untersuchungen, wenn man selbst doch ohnehin schon im Besitz der Wahrheit ist? In Zeiten, in denen die Welt immer unübersichtlicher und komplizierter wird, suchen viele Menschen nach einfachen Antworten. Bei den Evangelikalen finden sie diese. Die wörtliche Bibelauslegung ist für jeden nachvollziehbar - erfordert sie doch kaum einen eigenen intellektuellen Aufwand. Alles was nicht in die vorgegebenen Schubladen hineinpasst, ist schlecht und Teufelszeug. Mögen sich die Evangelikalen auch als Verfechter der Demokratie sehen: wer so offen gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu Felde zieht, keine Kritik an den eigenen Positionen akzeptiert und sogar die Zensur von unliebsamen Berichterstattungen fordert, hat aber auch gar nichts verstanden. Denn, wie Oda Lambrecht und Christian Baars in ihrem Buch Mission Gottesreich – Fundamentalistische Christen in Deutschland, schließen: „[...] [A]uch die Meinungs- und Pressefreiheit sind neben der Religionsfreiheit wichtige Grundrechte. Intoleranz und Diskriminierung dürfen nicht geduldet werden. Und die Religionsfreiheit endet dort, wo andere in ihrer Freiheit eingeschränkt werden.“ Es bleib zu hoffen, dass sich der Staat in Zukunft an diese Grundpfeiler unserer Demokratie erinnert und nicht noch einmal, wie im Falle der Bundeszentrale für Politische Bildung, auf Druck fundamentalistischer Gruppierungen klein bei gibt.
Hinweis: Auch diese Zeitschrift wird mit öffentlichen Geldern bezuschusst! Im Folgenden eine Auflistung von Personen, deren Rücktritt in diesem Zusammenhang gefordert werden könnte: Burkhard Vogel – Autor des Artikels und Referent im Autonomen Schwulenreferat im AStA der Universität Trier Florian Kaiser – Koordinierendes Mitglied des AStA der Universität Trier (Gremium, das die Zeitschrift bezuschusst) Diana Feld – Präsidentin des Parlaments der Studierenden der Universität Trier (Gremium, das den AStA kontrolliert) Peter Schwenkmezger – Präsident der Universität Trier (prüft die Finanzen des AStA) Doris Ahnen – Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur in Rheinland-Pfalz (ist für die Hochschulgesetzgebung zuständig) Kurt Beck – Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz (ist Chef von Frau Ahnen) etc... (Wir empfehlen, jeden zum Rücktritt aufzufordern, dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass es jemand tatsächlich tut!)
Morddrohungen bitte an: morddrohungen@anstoss-trier.de Diese werden dort in der Reihenfolge ihres Eingangs bearbeitet. Interessante Links: www.mission-gottesreich.de exgay-observer.blogspot.com Weiterführende Literatur: Lambrecht, Oda; Christian Baars. Mission Gottesreich. Fundamentalistische Christen in Deutschland. Ch. Links Verlag, 2009. 248 Seiten. 16,90 Euro Veranstaltungshinweis: „(Wider)natürlich!? Homosexualität im Lichte der Evolution“ - ein Vortrag von Prof. Thomas Junker im Rahmen der HoMosella – schwul-lesbische Kulturtage Trier. Montag, 23.11.2009, 19 Uhr c.t., Raum C 10, Universität Trier. BV
Anders lieben Anders leben
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Toleranz als Wahlkampfgetöse Eine neue Studie heizt die Diskussion über ein uneingeschränktes Adoptionsrecht für homosexuelle Paare wieder an – eine Debatte, die man eigentlich gar nicht mehr führen müsste. Am 23. Juli stellten in Berlin Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) und die Bamberger Wissenschaftlerin Dr. Marina Rupp die Studie "Die Situation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften" vor. Diese (vom Ministerium selber in Auftrag gegebene) Untersuchung beschäftigte sich vor allem mit der Frage, ob auch in den sog. "Regenbogenfamilien" das Kindeswohl gewahrt bleibt. Mehr als 700 Kinder mit homosexuellen Eltern wurden in die Studie miteinbezogen. Zentrales Ergebnis war, dass sich Kinder in Regenbogenfamilien genauso gut entwickeln wie Kinder in "normalen" Familien. Entscheidend für das Befinden des Kindes sei die Beziehung zu den Eltern, nicht deren sexuelle Orientierung. Die Mehrheit der Kinder hat außerdem (bisher) keine Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht. Zypries folgerte aus den Ergebnissen zweierlei. Zum einen würden die derzeitigen gesetzlichen Regelungen mit kleinem Sorgerecht und Stiefkindadoption (siehe Infokasten) gut angenommen. Zum anderen zeige die Studie, dass homosexuelle Paare sich genauso als Adoptiveltern eignen wie heterosexuelle. Der Gesetzgeber sollte dieser Tatsache Rechnung tragen. An sich könnte man jetzt aufspringen und ob dieser bahnbrechenden Einsicht laut Juhu schreien. Wäre nicht am 27. September Bundestagswahl. Denn plötzlich drängt sich ein Verdacht auf: Ist diese schöne tolerante Forderung von Frau Zypries möglicherweise nur Wahlkampftaktik? Der verzweifelte Versuch, doch noch Stimmen für die SPD aufzutreiben? Genützt hat es weder ihr selbst, noch ihrer Partei. Der Verdacht drängt sich vor allem deshalb auf, weil es schon vor dem 23.7.2009 etliche Studien zu Kindern in homosexuellen Partnerschaften gab – und alle kamen zu ähnlichen Ergebnissen. Bisher wurden sie vor allem mit dem Argument, sie seien nicht
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repräsentativ genug, ins Bücherregal verbannt. Hier treffen wir jedoch auf eine der Kernproblematiken bei der Untersuchung von Regenbogenfamilien: Was ist denn repräsentativ? Der Statistiker in uns ruft jetzt ganz laut "Grundgesamtheit bestimmen!" – aber wie soll das gehen? An sich ist die Grundgesamtheit in unserem Fall die Zahl der Regenbogenfamilien. Aber wie viele Regenbogenfamilien gibt es eigentlich? Die von Zypries in Auftrag gegebene Studie zitiert den Mikrozensus von 2006, nach dem es in Deutschland etwa 5000 Regenbogenfamilien mit etwa 6000 Kindern gibt. Allerdings zählen hier nur Paare, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Also gibt es wohl noch mehr Regenbogenfamilien – der Senat von Berlin schätzte beispielweise Anfang des Jahrtausends die Anzahl homosexueller Eltern auf eine Million. Wenn man aber die Grundgesamtheit nicht genau kennt, ist das Argument der nicht vorhandenen Repräsentativität natürlich fadenscheinig. Das trotz der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass homosexuelle Menschen genauso gute Eltern sind wie heterosexuelle nicht viel für die rechtliche Anerkennung der Regenbogenfamilien getan wurde, ist vor allem auf die tief sitzenden Ängste und Vorurteile vor allem in konservativen Kreisen zurückzuführen. Unangefochten an erster Stelle: die absurde Befürchtung, die Kinder von schwulen Vätern oder lesbischen Müttern könnten selber homosexuell werden, weil sie es sich von den Eltern so abschauen. Absurd ist dies schon deshalb, weil die zugrunde liegen Idee lautet, man könne sich seine sexuelle Orientierung aussuchen. Wenn dem so wäre, wäre aber sicher (fast) niemand homosexuell. Auch andere Argumente der Gegner des vollen Adoptionsrechts für homosexuelle Paare lassen sich auf ähnliche Weise widerlegen. Es drängt sich also eine Frage auf: Frau Zypries ist nun schon seit 2002 Bundesjustizministerin. All diese Jahre lagen viele Studien zum Thema Regenbogenfamilien vor (und auch einige Gesetzesvorlagen der Opposition). Und trotzdem hat sie es all die Jahre nicht geschafft, das Adoptionsrecht
vernünftig zu reformieren? Auch Cem Özdemir von den Grünen konnte da im Interview nur noch den Kopf schütteln. Frau Zypries entdeckte wenige Wochen später übrigens neue Fischgründe bei der Jagd nach Stimmen – diesmal sprach sie sich für die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft aus. Wie geht es nun nach der Wahl weiter? Vermutlich wird die FDP das Justizministerium besetzen. Aber hat die FDP die Kraft und das Rückgrat eine neue Gesetzgebung gegen ihren Koalitionspartner durchzudrücken? Im Wahlprogramm hat sie es zwar versprochen, man kann aber wohl davon ausgehen, dass die Reform des Adoptionsrechts nicht auf Platz eins ihrer politischen Agenda steht.
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Kleines Sorg
Aber vielleicht hatte die Studie doch ihr Gutes. So hat Bayern Mitte August seinen Widerstand gegen die Stiefkindadoption aufgegeben und eine Klage beim Bundesverfassungsgericht zurückgezogen. Vielleicht macht sich also auch in der Union die Erkenntnis breit, dass Kinder vor allem Liebe und Fürsorge brauchen – egal, ob die Eltern schwul, lesbisch, türkisch, deutsch, arm, reich oder Fans von Till Schweiger sind.
Das sog. kleine Sorgerecht erhält ein Mann/ eine Frau wenn er/sie eine eingetragene Lebenspartnerschaft mit einem Mann/ einer Frau eingeht, der/ die das alleinige Sorgerecht für ein Kind hat. Inhaber des kleinen Sorgerechts dürfen in alltäglichen Angelegenheiten des Kindes entscheiden. Darunter versteht man Entscheidungen, die oft anfallen und solche, die keine nur schwer zu ändernden Auswirkungen auf das Kind haben (Kornmacher 2004: 60f, LPartG §9). Zwei Schwule/ Lesben können zwar nicht als Paar Kinder adoptieren, als Einzelperson ist ihnen dies (nach strenger Prüfung durch die Behörden) allerdings möglich. Weitaus häufiger ist jedoch die Stiefkindadoption. Dabei adoptiert der Lebenspartner das/ die leiblich(en) Kind(er) seines Partners/ seiner Partnerin. Was müsste passieren, damit in Deutschland auch homosexuellen Paaren die Adoption von Kindern möglich wird? Dazu müsste das Europäische Übereinkommen über die Adoption von Kindern (SEV-Nr. 202) von 2008 ratifiziert werden. Andere Länder, wie zum Beispiel Armenien haben das schon geschafft (es sei allerdings die Anmerkung erlaubt, dass das Übereinkommen es den Unterzeichnern freistellt, das Gesetz auch auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu erweitern - wenn man seine Lebenspartnerschaft nicht eintragen kann, erübrigt sich die Adoption also sowieso).
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X Wort Rätsel Liebe Rätselfreunde, auch diesmal verlosen wir unter allen, die uns das richtige Lösungswort zusenden, tolle Preise. Was könnte zu dieser sehr HoMosellaesquen Ausgabe besser passen als 2 HoMosella Access all Areas Pakete?!?! So ein Paket enthält 2 Freikarten für die Filme „Wer tötete Victor Fox“ am 13.11. und „For the Bible tells me so“ am 19.11. im Broadway Filmtheater. Des Weiteren erhaltet ihr freien Eintritt bei dem Auftritt der „Zauberflöten“ und der großen Abschlussfete im ExHaus, beides am 28.11. Sende einfach das richtige Lösungswort an: kontakt@anstoss-trier.de
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RÜBER 3. 10. 11. 13. 15. 17. 18. 20. 23. 26. 28. 30. 32. 33. 34. 36. 39. 41. 42. 44. 46. 48. 49. 50.
Musikalisches Highlight der diesjährigen HoMosella Abkürzung für „Emotional Hardcore“ Wortspiele gehören dazu - auch bei den cineastischen Highlights der HoMosella ...very, very much *sing* Lenken oder Benachteiligung von gleichgeschlechtlichen Paaren Fördert mit ihrer Show nicht gerade die Emanzipation, dennoch beliebt als Quelle piepsiger Zitate Wort mit drei Buchstaben??? Wo findet unser CSD noch gleich statt? Zusammenschluss Trierer Organisationen, die sich mit HIV Prävention befassen (Abk.) CSD auf dem Kanal Cremes und altes Geld Deutscher Verband Schwuler und Lesben. Halt umgedreht „The revolution is my boyfriend“. Filmemacher, Kommunist, Pornograph Bisexuelle Sängerin, die in einem ihrer neuen Songs darüber philosophiert, ob man sich auch “nüchtern” gut fühlen kann Römische Göttin der Intimrasur Queer as... Hat dich jemand angekotzt? - Ach nein: du trägst... Sexsüchtige Puppen auf MTV Mißbraucht unseren Titel für Sportbeilage Preis bei der Berlinale Klischeebrause Zweitbekanntester österreicherischer Export CSD international Sexualforscher und Mitbegründer einer der ersten Homosexuellen-Bewegungen in Deutschland
Runter 1. 2. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 12. 14. 16. 19. 21. 22. 24. 25. 27. 29. 31. 35. 37. 38. 40. 43. 45. 47.
Die Frau, die schwule Männer liebt Schwuler Zombie oder ein deutscher Komiker Dort feiern wir am 28.11. die beste Party des Winters! Fussballer mit Schleife Als würde man Glasscherben pinkeln... Hausnummer 39, Paulinstrasse Französischer Philosoph, der 1984 an Aids starb Vorname des „Weinhauses“(engl.) Habt Sex, Schwestern! Abkürzung für die Kampagne der Aidshilfe, die sich ausschließlich auf schwule Männer konzentriert Schwulen- und Lesbenreferat befinden sich auf der .... im Studihaus der Uni Wird auch nach Jahrzehnten noch immer gerne buchstabiert Pipi - prickelnd erotisiert Stadt mit dem größten lesbisch schwulen Filmfestival Deutschlands Las auf der letzten HoMosella „Mit seinen Augen“ Regisseur des Films „Anders als die Anderen“, der sich 1919 zum ersten mal auf der Kinoleinwand mit dem Thema Homosexualität auseinandersetzte. Richard ... Oscar für ein tierisches Produkt Aussenministerin? Konserve, passiv Weltbekannte Londoner Bar. Sehr simpler Name für eine schwullesbische Location, nur halt mit Bindestrichen. Der eine ausgebrannt, die andere immer moppeliger. Das Ende für...? Oma und der verjüngende Weißzeichner Männerdomäne - dabei sind unsere Mädels doch noch viel erfolgreicher Oberhaupt schwuler Bildgeschichten Lesben und Schwule wollen auch in diesen Artikel Homo- und Abtreibungspartei....laut Kreuznet.de
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Travestie oder:
(M)Ein Mann ist verhindert. . . Die Eingangsmusik beginnt zu spielen. Perücke sitzt, ein letzter Blick in den Spiegel, tief durchatmen, einen Fuß behutsam vor den anderen, bloß nicht fallen. Der Vorhang öffnet sich langsam, gleißendes Licht auf einer Silhouette, wie ein heller Stern aus einer anderen Welt steht sie da oben, ganz alleine…schöne Tunte! Zunächst einmal gilt es, im Dickicht der vielen Begriffe zu klären, was Travestie eigentlich ist. Abstammend von dem lateinischen Wort „trans“ (hinüber) und dem italienischen „vestire“ (kleiden), wird ersichtlich, dass es zunächst um eine äußerliche Verwandlung geht. Es geht – genauer gesagt – darum, eine Rolle durch eine Person des jeweils anderen Geschlechtes darzustellen. Allerdings hat diese Ableitung bei genauerer Betrachtung ihre Schwächen. Denn der/die TravestiekünstlerIn ist wohl nicht gleichzusetzen mit dem/ der Transvestiten/In, der/die seine/ihre Benennung demselben Ursprung verdankt. Jene/r spielt (auf der Bühne) eine Rolle, wohingegen diese/r auch im Alltag die Kleider des anderen Geschlechts trägt; sie haben also unterschiedliche Absichten. Aber selbst diese Unterscheidungen sind nicht fest zementiert, da der gesamte Themenkomplex ständigen Neu- oder Umbezeichnungen unterliegt. Zu weiterer Verwirrung trägt die Bezeichnung eines Mannes als Tunte bei, da es sehr schwer ist, ihr eine allgemeingültige Bedeutung beizumessen. Aber darum geht es auch nicht. Eine generelle Definition soll und kann der Artikel im Folgenden nicht liefern. Wer das sucht, sollte lieber erst gar nicht weiter lesen, denn er/sie wird nichts Derartiges finden. Entgegen eines Teiles der Überschrift, wird es daher nicht nur um Travestie im engen Sinne gehen. Im Übrigen soll nicht unterschlagen werden, dass es auch das umgedrehte Phänomen gibt, also Frauen, die Travestie betreiben oder – ganz allgemein – als Mann verkleidet auftreten. Ob man sie auch als Tunten bezeichnen kann, ist streitbar, aber meines Erachtens gut vertretbar, wenn man sich das Folgende vor Augen führt. Allen gemein dürfte nämlich sein – und da zeigt sich eben, dass es um mehr als um Äußeres geht – dass
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sie das klassische Schema der Geschlechterrollen unterwandern und (je nach Stöckelhöhe) ins Wanken bringen. Wie schwierig das ist, zeigt die Tatsache, dass zwischen der Anerkennung als Kunst und der Ablehnung als pathologische Neigung in der Gesellschaft oft nur eine relativ schmale Grenzlinie existiert; sicherlich nicht zuletzt abhängig vom Kreis der Befragten. Des Weiteren ist zu erwähnen, dass es viele Nuancen und Ausprägungen des Tuntendaseins gibt. Nicht immer geht es um die perfekte Verkörperung des jeweils anderen Geschlechtes. Möglich sind auch „Mischwesen“. Gemeint sind damit Erscheinungen, die weder die „perfekte“ Frau, noch den „perfekten“ Mann darstellen (wollen), zum Beispiel ein Mann im Fummel, der aber schlecht bis ungeschminkt und unrasiert durch die Lande (zum Beispiel Göttingens Altstadt) huscht. Das dürfte dann die Geschlechterrolle um ein Weiteres erschüttern, was man auch an den Gesichtern derer sieht, die dem ganzen Geschehen beiwohnen dürfen. Und das wären dann auch die nächsten Fragen, die zu stellen sind: Wie reagieren BeobachterInnen und wie fühlt man sich selbst in der Verkleidung? Es kommt natürlich – wie immer – darauf an, wen man fragt. Sind es beispielsweise diejenigen, die im Publikum einer Show von Mary (alias Georg Preuße) sitzen, wird wohl kaum eine/r sich über die „Tunte da oben“ beschweren oder zu homophoben Äußerungen tendieren. Wenn doch, hat er/ sie womöglich nicht ganz verstanden, dass er/sie sich gerade von einem als Frau zurechtgetrimmten Mann verzaubern lässt. Fragt man allerdings die Passanten/Innen, die zufällig Zeugen/Innen einer „Mannschaft“ aufgehetzter Fummeltrinen, die auf dem Weg zum nachmittäglichen Kaffee mit Kuchen in einer deutschen Innenstadt sind, dann kann die Reaktion anders aussehen. Ja, sogar mit schwulenfeindlichen Gewaltandrohungen sollte vereinzelt gerechnet werden. Aber dem/der AngreiferIn sei gesagt: Handtaschen können unschöne Spuren im Gesicht hinterlassen! Zugegebenermaßen gibt es jedoch auch in dieser Situation nur ablehnende Kommentare und Blicke. Welche gute Tunte lässt sich nicht gerne zu einem Foto komplimentieren?
Des Weiteren ist es eine nicht zu unterschätzende Erfahrung, dass man selbst als verkleidete Tunte sehr viel selbstbewusster agieren kann und agiert, als man es für möglich halten sollte. Es mag zwar zunächst gewöhnungsbedürftig sein, aber, wenn man erst einmal Blut geleckt hat, ist meist schon die nächste Haute-Couture-Kreation in der Einkaufstüte. Es ist natürlich noch einmal etwas anderes, wenn man tatsächlich auf der Bühne steht und mehr als nur Playbacksingen und theatralische Gesten vorbereitet hat, ohne diese Art der Unterhaltung abwerten zu wollen. In beiden Fällen, jedoch mehr noch im ersteren, ist die Kleidung und ist das Make-up eine gute Maske, hinter der man sich verstecken kann. Nicht in der Art, dass man die eigene Person komplett ausblendet, sondern eher in dem Sinne, dass man eventuelle Schwächen oder Ängste kaschiert, oder aber auf der Bühne so gelassen auslebt, dass sie sich zu Stärken aufschwingen. Alles in Allem ist jede Tunte sicherlich ein Kunstwerk auf seine/ihre eigene Weise. Seht sie euch an und staunt oder nicht, aber vergesst nie: das Weiteratmen! DK
Die Krise Kurz gesagt: Ich habe eine Krise, Sie liegt vor mir wie eine ungemähte Wiese. Ich sehe an kein Ende und mir fehlt das Messer des Lebens Dickicht zu durchdringen; wird’s denn besser? Fühl mich wie der menschgeword’ne leise Abklang dessen, was kurz davor zu sein doch schließlich keinen Rang besessen. Ich seh’ wie alles rennt und rinnt, jedoch vorbei an diesem mir, Fühle die Zeit, aber nicht wann sie soweit und auch wofür. Kann ich mich wehren, dass es so nicht weiter geht? Ich will endlich wissen, wer im Spiegel vor mir steht. Ist es die Frage nach der menschlichen Identität? Wobei mir dies auch der Krise Namen nur verrät. Der Rest jedoch bleibt ungeklärt: Da ist die Krise, Da ist die große weite ungemähte Wiese… David de Marasque
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Schwule Zeitreise in die Fünfziger In seinem Roman „Mit seinen Augen“ nimmt Jan Stressenreuter seine Leser mit auf eine Zeitreise in das Deutschland der Fünfziger Jahre. Eindrucksvoll erzählt er von der Suche eines schwulen Mannes nach sich selbst unter den Bedingungen einer intoleranten und vom Krieg gezeichneten Gesellschaft – und von derselben Suche seines Sohnes ein halbes Jahrhundert später, nur unter anderen Vorzeichen.
Jan Stressenreuter Mit seinen Augen. Querverlag 14,90 € Das Buch ist in der Bibliothek des SchwulenReferats ausleihbar. Im Internet www.stressenreuter.de
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gab (erinnert wird an den Paragraf 175), zu ertragen hatte. Der Roman besticht auf dreifache Weise: Zum Einen durch den flüssigen und packenden Schreibstil Stressenreuters, weshalb man das Buch auch nur sehr schwer aus der Hand legen mag. Zum Zweiten durch den Aufbau des Textes. Der Autor springt geschickt zwischen der Perspektive des Vaters und des Sohnes hin und her, sodass die beim Leser neu gewonnenen Eindrücke aus dem Felix’ Mutter, die den Kontakt zur ihrem Sohn nach Nachkriegsdeutschland erstmal „sacken“ können. dessen Coming-Out abbrach, liegt im Sterben und In diesen Pausen, wenn also wieder der Sohn Felix Felix macht sich deshalb zu seinem Elternhaus auf. an der Reihe ist, entwickelt Stressenreuter dessen Er nimmt sich vor, eine Antwort von seiner Mutter Geschichte, denn Felix stellt durch das Lesen des zu fordern: Warum hat sie ihn damals verstoßen, Tagebuchs seines Vaters seinen eigenen Lebensals er sich zu seiner Homosexualität bekannte? entwurf mehr und mehr in Frage. Drittens überDoch sie stirbt, bevor er den Versuch eines klä- zeugt der Roman dadurch, dass Jan Stressenreurenden Gesprächs unternehmen kann. Die Antter das (schwule) Leben wort auf seine Frage in den Fünfzigern sehr findet er zufällig auf gut recherchiert hat. "Manchmal denke ich, dass ich dem Dachboden des Das hebt ihn von der ihn sehe. Wenn ich morgens beim Elternhauses, als ihm gewöhnlichen schwulen Rasieren in den Spiegel schaue, das Tagebuch seines Unterhaltungsliteratur glaube ich, seine Konturen zu verstorbenen Vaters ab. Zusätzlich findet erkennen. Verborgen unter den Herbert in die Hände der interessierte Leser ersten kleinen Falten um meine fällt: Felix findet herim Anhang des Buches Augen oder neben den Mundaus, dass sein Vater in noch Informationen zum winkeln starrt er mir ins Gesicht den Fünfziger Jahren mein Vater." - Die ersten drei Sätze berühmt-berüchtigten eine Liebesbeziehung Paragrafen 175, sowie aus "Mit seinen Augen" zu einem anderen ein Interview mit Jan Mann hatte – und fast Stressenreuter. daran zerbrach. Die schwule Literatur mag man zuweilen als etwas Fazit: „Mit seinen Augen“ regt zum Nachdenoberflächlich bezeichnen – von diesem Vorwurf ist ken an. Der Einblick in den schweren Alltag von „Mit seinen Augen“ aber unbedingt auszuschlie- Schwulen in der damals noch jungen Bundesrepußen. Jan Stressenreuter gelingt es auf spannende, blik lässt einen nachdenklich, aber auch glücklich, interessante, anrührende und teilweise auch hu- in der heutigen freien und offenen Gesellschaft zu morvolle Art und Weise dem Leser, der wohl in den leben, zurück. allermeisten Fällen diese Zeit, wie der Autor selbst, nicht miterlebt hat, einen Einblick in das Leben eiRK nes Schwulen zu geben, der in den Fünfziger Jahren zusätzlich zu den damals „normalen“ Nöten wie Armut, Hunger und Wohnungsnot, noch die Ängste vor Entdeckung und daraus folgenden Repressalien, die es besonders auch von staatlicher Seite
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Tell it to my heart, tell me I'm the only one
In „Mehr als eine Liebe“ werden alternative Konzepte von PartnerInnenschaft auf's Tablett gebracht. Na endlich, mehr davon!
Laura Meritt Traude Bührmann Nadja Boris Schefzig (Hg.): Mehr als eine Liebe. Polyamouröse Beziehungen. Orlanda-Verlag 17,50€ Das Buch ist in der Bibliothek des AStA-Frauenreferats ausleihbar.
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Sei es in „Harry & Sally“ oder in kitschigen Liebesromanen à la „Für immer vielleicht“, allerorten wird serielle Monogamie als alternativloser Lebensentwurf präsentiert. Monogamie meint, dass nur einE PartnerIn geliebt/begehrt werden kann, seriell ist die Beziehungsform, da nach jedem Scheitern einer monogamen Beziehung (schnellstmöglich) einE neueR PartnerIn gesucht wird, da eine Liebesbeziehung als integraler Bestandteil eines glücklichen Lebens gewertet wird. Werden in der Mainstreamkultur Abweichungen von monogamer Lebensweise thematisiert, dann, um deren Scheitern aufzuzeigen. So ist das Fremdgehen stets der Beginn schwerwiegender Beziehungsprobleme.
hungen zur Sprache gebracht. Wissenschaftliche Aufsätze beleuchten die Geschichte der Polyamourybewegung und deren theoretische Hintergründe in der Queer Theory. Satirisch-prosaische Beiträge ermöglichen eine unbelasteten Zugang zum Thema.
Zu kritisieren ist, dass sich dem Konzept hauptsächlich aus lesBischer/weiblicher Perspektive genähert wird. Auch wenn durchaus queere Perspektiven, z.B. von Transsexuellen, Raum haben, würden hetero-/intersexuelle Berichte eine Textsammlung wie diese bereichern. Einschränkend lässt sich sagen, dass sich in den vorliegenden Beschreibungen von in der Mehrzahl lesbischen Beziehungen jedeR, ob lesbisch oder nicht, gut wiederfinden kann, da Hoffnungen und Sorgen nicht auf Basis sexueller Orientierung differieren. Nun ist die serielle MoKritik an patriarchalen "Denn du wirfst mir vor, ich wäre nogamie keinesfalls Mustern in heteronorniemandem treu. Aber das ist alternativlos. In „Mehr mativen Beziehungen nicht wahr. Ich denke, ich bin als eine Liebe“ wird findet sich im Buch, treuer als die meisten anderen: eine Alternative thenämlich mir. Wahre Treue sitzt im entgegen der Absicht matisiert: Polyamoury, und Aussage der HerKopf, nicht im Körper." wörtlich übersetzt Vielausgeberinnen, jedoch liebe. Worum geht es bestenfalls implizit. bei diesem Konzept? Abzugrenzen ist zunächst Polygamie, die auf eine Vielzahl sexueller Ein wesentlicher Vorzug des Buches liegt Beziehungen jenseits monogamem Exklusivitäts- darin, dass Polyamourie als lebbare Alternative jendenken abzielt. Polyamoury meint mehr. Hier liegt seits der heteronormativen Matrix, jedoch nicht als die Annahme zu Grunde, dass Beziehungen viel- Ideal präsentiert wird. Das, wenn auch nur auf thefältig und nicht anhand von -mit/ohne Sex- zu ka- oretischer Ebene, Nachvollziehen dieses Entwurfs tegorisieren sind. Verbindliche Beziehungen könne ermöglicht, unabhängiger von geltenden Konvenauch ohne gemeinsam gelebte Sexualität gedacht tionen und damit selbstbestimmter, die individuell werden. Wichtig ist, allen Menschen loyal, ehrlich passende Lebensweise für sich zu entdecken. Das und respektvoll zu begegnen. Somit schließt Po- Definieren eines Konzeptes wie diesem ermöglicht lyamoury serielle Monogamie nicht aus, sondern eine strukturierte Diskussion über Alternativen, die sieht sie als eine unter vielen möglichen Lebens- bisher nicht (zu Ende) gedacht wurden. weisen. So hofft die Rezensentin, dass das besprochene In „Mehr als eine Liebe“ wird sich Polyamoury auf Buch viele LeserInnen finden und nachdenklich vielfältige Art und Weise in 28 kurzen Texten ge- stimmen wird. nähert. In Erfahrungsberichten werden Vorzüge, jedoch auch Schwierigkeiten polyamorer BezieCW
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Lesbisches entertainment Lesbische Comics – also Comics über Lesben und auch noch von Lesben selbst geschrieben – waren bisher eher rar gesät. Wer sich mit Alyson Bechdel und Co. nicht anfreunden kann, sollte einen Blick ins Internet werfen – zu Megan Rose Gedris.
Liebe unter Beobachtung: Lia (unten links) und Fiona (unten rechts)
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Wie schreibt man einen Artikel über einen Web Comic, den man so gut findet, dass jeder Tag ohne Update irgendwie farblos erscheint? Vielleicht sollte man erst mal bei den Basics anfangen: Die Rede ist von "YU+ME: dream", Megan Rose Gedris' erster und daher bisher auch längster Webcomic. Dann sollte man die Story beschreiben. Und da gibt's auch schon das erste Problem. Nicht, dass der Comic keine Story hätte, ganz im Gegenteil. Aber weil ja alle Leserinnen dieses Artikels den Comic lesen werden, darf man nicht zu viel verraten. Also darf man über den großartigen zweiten Teil kein einziges Wort verlieren und muss sich auf Teil eins beschränken. Der ist zwar nicht minder toll, mutet aber auf den ersten Blick ein wenig stereotyp an: Eine christliche Highschool, irgendwo in Amerika. Fiona Thompson ist eine Außenseiterin: keine Freunde und die Mutter Oberin verdonnert sie in regelmäßigen Abständen zum Putzen der Mädchentoiletten. Ihr Leben erscheint ihr ziemlich düster, bis eines Tages Lia Riolu im Nachbarhaus einzieht – und eine Liebesgeschichte mit vielen Hürden ihren Lauf nimmt. Als kritischer Geist muss man an dieser Stelle dann natürlich auch darauf eingehen, dass die Geschichte an einigen Stellen ein wenig überladen wirkt. So viele Probleme kann ein Mensch eigentlich gar nicht haben. Und die guten Männer sind alle schwul – die bösen hingegen hetero. Als dezenten Hinweis könnte man noch anmerken, dass sich ähnliche Muster in japanischen Comics über Mädchenliebe finden. Auch wenn Gedris in einem Interview per E-Mail zugibt, dass zumindest der Anfang von "YU+ME: dream" von japanischen Comics (auch über Mädchenliebe) inspiriert war. Die fand sie aber irgendwann sehr
monoton, daher wollte sie eine Serie schaffen, die nicht vorhersehbar ist. Das ist ihr gelungen was man aber erst in Teil zwei voll durchschlägt. Über den Zeichenstil muss man natürlich auch etwas sagen, auch wenn die Bebilderung dieses Artikels eigentlich für sich sprechen sollte. Zu Anfang merkt man noch stark die Inspirationsquelle Japan. Je weiter die Story voranschreitet umso mehr findet Gedris aber zu ihrem eigenen Stil, der äußerst abwechslungsreich ist. Und auch die Qualität der Zeichnungen steigert sich im Verlauf der Geschichte merklich. Vermutlich sollte man auch darauf hinweisen, dass der ganze Comic natürlich auf Englisch ist. Andererseits – wer würde ernsthaft annehmen, so ein tolles Werk könnte aus Deutschland stammen? (Ich würde mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen lassen.) Englisch sollte aber nun wirklich kein Problem sein für gestandene Studentinnen – und Gedris benutzt auch wirklich kein kompliziertes Englisch. Erwähnen könnte man auch noch, dass die Serie noch mindestens bis Frühjahr 2010 laufen wird, also auch Späteinsteigerinnen noch auf ihre Kosten kommen werden. Und man sollte alle Leserinnen dazu auffordern, kräftig in Gedris' Web-Shop einzukaufen, und dem grauen Trierer Winter ein paar Farbflecken entgegenzusetzen. Vermutlich ist jetzt immer noch Platz, um etwas über Gedris zu schreiben. Eine gute Gelegenheit, um ihren zweiten Web-Comic vorzustellen: "I was kidnapped by Lesbian Pirates from Outer Space" (LPFOS). Wie der Titel schon sagt, hat dieser mit "YU+ME: dream" nicht nur inhaltlich rein gar nichts zu tun. Erkennbar ist das schon am Zeichenstil, der eher in Richtung Popart à la Roy Lichtenstein geht. Auch hier gibt es im zweiten Teil Änderungen, aber ich will nichts darüber verraten. Die Geschichte von LPFOS geht in etwa so: Susan Bell ist Sekretärin und eines Nachts wird sie auf dem Weg nach Hause entführt. Von Piraten. Aus dem All. Und die sind auch noch lesbisch! Hört sich ziemlich verrückt an, aber die Crew um den Captain ist viel sympathischer als der
stereotype "Predator"-Alien. Und sieht auch viel besser aus als E.T. Die Piratinnen sind auf der Suche nach ihrer Prinzessin – aber zwischendurch gehen sie natürlich auch ihrer Arbeit nach und rauben Banken aus. Wozu sie das ganze Geld brauchen? Das lest ihr besser selber. Immer dicht auf den Fersen ist ihnen dabei Male Man, der trottelige (heterosexuelle) Superheld. Auch die Geschichte von Susie und den Piratinnen ist noch nicht vorbei, Neueinsteigerinnen sind also auch hier herzlich willkommen. Und
auch zu LPFOS gibt es T-Shirts, Kalender und Taschen im Internet zu kaufen – denn nicht nur Weihnachten kommt immer früher als man denkt! VM Zum Weiterlesen (jeweils die erste Seite): http://rosalarian.com/yume/?p=1 http://rosalarian.com/lesbianpirates/?p=1 alle Bilder © Megan Rose Gedris
Lesben existieren nur in Schundromanen? Kann denn Liebe Sünde sein?
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Das Letzte Unsere neue Kuriositätenrubrik „Das Letzte“ wirft heute einen kleinen Blick auf die Lebenswelt „Internet“, dort wo der durchschnittliche Homosexuelle laut Fresenius-Institut 95% seiner Wachzeit verbringt. Dieses, schnell am Tage des Redaktionsschluss zusammen gezimmerte Füllmaterial, versteht sich als Anregung zum Weiterlesen und reflektieren. Denn wer das gesamte Spektrum an Input aus dem Netz abdecken möchte, braucht mindestens noch eine zweite DIN A4 Seite...aber die musste leider zugunsten stichfest recherchierter Fließtexte weichen. Die Wahrheit liegt im Detail Viele von uns lieben es, sich in billigen Tratsch- und Klatschpublikationen via Horoskop über ihre Zukunft zu informieren. Wissenschaftlich fundiert sind diese per Zufallsgenerator zusammen gewürfelten Fünfzeiler in der Regel nicht. Abhilfe schafft hier die Seite „www.astrogenital.de“ der Biologie- und Religionslehrerin Martha Olschefski: „Wie schon ihre Mutter, brachte meine Mutter mich mit 12 mit dem Genitallesen in Kontakt. Vielleicht aufgrund dieses frühen ersten Kontakts mit der Materie, empfand ich das Genitallesen nie als etwas Anrüchiges oder Schmutziges. Ich beschäftigte mich eingehend mit dem Wissen meiner Vorfahren, und lernte unter der kundigen Anleitung meiner Mutter und Großmutter die Kunst des Lesens der Zusammenhänge unter den vielfältigen Merkmalen.“ Im Realschulunterricht ein offensichtliches Opfer pubertärer Pennäler, hat sie im Laufe ihrer Karriere vielen Menschen durch das Lesen ihrer primären Geschlechtsorgane geholfen. Auf ihrer Internetpräsenz finden sich auch ausführliche Anleitungen zum selber lesen. Beim Penislesen sollte man zunächst zwischen „Fleisch-“, „Blut-,“ oder „Fettpenis“ (mit Bild!) unterscheiden. Letztere sind beispielsweise „fast immer vielseitig hochbegabt und sehr erfolgreich“ (vgl. Westerwelle). Das Hängeverhalten der Hoden („Männer mit tiefer hängendem linken Hodensack neigen z.B. eher zu psychischen Problemen“) muss bei der Erstellung eines vollständigen psychologischen Profils ebenso berücksichtigt werden, wie die Ausrichtung („linksausgerichtete Blutpenisse [...] sind häufig sensibeler als rechtsausgerichtete“) und die Hodennaht in Bezug auf die berufliche Laufbahn. Bei der Frau bestimmt die Anordnung ihrer Schamlippen das Temperament: „Der leidenschaftliche Typ zeichnet sich durch ein deutliches Ungleichgewicht zu Gunsten der inneren Schamlippen aus“, wohingegen bei dem verschlossenen Typ Frau logischer Weise „die inneren Schamlippen von den äußeren völlig verdeckt werden“. Zeige mir dein Genital und ich sage dir, wer du bist. Viel Spass beim intensiven Lesen!
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Trümmerfrauen und Aufbauhelfer fordern: "Nie wieder!" In dieser Anstoss-Ausgabe wurde bereits ausführlich über die Beziehungen zwischen Homosexuellen und Kirche berichtet. Das, nach eigenen Angaben, größte katholische Onlineportal „Kreuz.net“ setzt sich auch regelmäßig mit dem Thema Homosexualität auseinander. In der homosexuellen Community stoßen die wissenschaftlichen, kritischen Beiträge nicht immer auf Gegenliebe. „Menschen, die an Homo-Versuchungen leiden, würden „generell“ als „Homo-Ideologen“, „Unzüchtige“ oder „degenerierte Menschen“ bezeichnet, diffamiert ‘queer.de’“. Die Kritik an der Recherche von „queer.de“ scheint berechtigt, denn ganz offensichtlich ist das am häufigsten verwendete Synomym „der Homo-Perverse“. Sachlich und fundiert informiert Kreuz.net im Auftrag der Nächstenliebe seine Leser, dass Homo-Aufmärsche (CSD) vergleichbar sind mit den SA-Aufmärschen von NS-Faschisten (nachzulesen in „Die Homo-Sturmabteiung marschiert“). „In Stuttgart behaupteten Widernatürliche im Vorfeld ihres Homo-Aufmarsches, daß in der Stadt 60.000 Widernatürliche lebten. Seit dem Tag der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Stuttgart am 15./16. März 1933 ist diese Stadt nie mehr so beleidigt worden.“ Strurmtruppenführer Volker Beck verfolgt mit diesen Aufmärschen einen perfiden Plan: „Nach der gesellschaftlichen Durchsetzung der Homosexualität möchte er nämlich herangehen und als nächstes die Kinderschänderei legalisieren.“ Die Zusammenhänge sind wissenschaftlich belegt...schreiben die halt. Wer einen unfehlbaren Führer hat, der genießt nun einmal gewisse journalistische Freiheiten. Es ist kaum verwunderlich, dass streng katholische Redakteure im politischen Spektrum vor allzu linken Parteien und damit der Kirche fernstehenden Parteien wie beispielsweise der „Homo- und Abtreibungspartei CDU“ warnen. Kreuz.net aber einseitige Berichterstattung vorzuwerfen, wäre falsch. Nicht nur gottlosem, linkem Gesindel kommt Kreuz.net auf die Schliche, sondern auch mit den eigenen Reihen wird kritisch umgegangen. So wurde ein offensichtlich geistig verwirrter Pfarrer entlarvt, der sich um Aidswaisen in Afrika kümmert und in einem kuriosen Verständnis von Nächstenliebe, Kondome als Mittel gegen sexuell übertragbare Krankheiten vorschlug. Hölle! Hölle! Hölle! Zum Schluss bleibt mir nur noch, Euch, liebe Leserinnen und Leser, zu warnen: zu der in dem Artikel „Perverse Studenten warnen vor ‘kreuz. net’“ beschriebenen Gruppierung, gehören auch Teile der AnstoßRedaktion. Ich hoffe, ihr habt unser Homo-Perversen-Blättchen mit kritischem Abstand zur Kenntnis genommen! In diesem Sinne: Bis zur nächsten Ausgabe und bleibt pervers!
TO
MARLENE reloaded
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Live im VarietĂŠ Chat Noir Trier, Kornmarkt Mittwoch, 21. Oktober 2009 zur Pianobar ab 21 Uhr
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