Kinder an der Uni:
Wir machen
uns schlau!
Vom Alphabet bis zum Zebrafisch: F체nf Jahre Kinderuniversit채t Duisburg-Essen
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Inhalt
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VORWORT
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„NEHMT DIE KINDER ERNST.“ Interview mit Prof. Bünting und Dr. Pospiech
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NRZ und WAZ im Januar 2004
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„WARUM GIBT ES KRIEGE?“ O-Ton der Einführung von Prof. Frie
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KLUGE MÄDCHEN HABEN ZIELE. Zum Beispiel Meike und Swantje aus Wesel „WERBEN FÜR KÜNFTIGE STUDENTEN.“ Antworten von Dr. Jochen Melchior
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„PROFESSOREN SIND AUCH NUR MENSCHEN.“ Interview mit Prof. Dr. Boese „WENN SO WAS IST, SIND WIR IMMER DABEI!“ Im Gespräch mit türkischen Müttern aus Altenessen
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„KINDER SIND EIN ANSPRUCHSVOLLES PUBLIKUM.“ Interview mit Prof. Schmitz
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„ES MACHT SPASS, JEDES MAL!“ Fragen an die studentischen Hilfskräfte Aldona und Björn
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AUS DEM SCHULALLTAG. Einblicke von Martina Neuer, Direktorin der Schule Gerschede, Essen
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„ES IST EIN GROSSES ERLEBNIS.“ Interview mit Prof. Backhaus
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LERNEN, EIN LEBEN LANG. Ein Essener Vater erzählt von seinen Erfahrungen
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„DIE NEUGIER UND DEN WISSENSDURST BEFLÜGELN.“ Antworten von Hans Martz, Sparkasse Essen
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ÜBER DAS KNACKWURST-KEKS-DIAGRAMM. Interview mit Prof. Menkenhagen
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„IHR GEHT DA JETZT ALLEINE REIN ...“ Eine Duisburger Schulklasse besucht die unikids
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MIT BEWEGUNG GEHT ALLES BESSER. Roxane sorgt für Ruhe und Ordnung
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„EIN SACK VOLLER FLÖHE.“ Prof'in Hefendehl-Hebecker im Interview
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„WIR STAUNEN, WIE VIEL HÄNGENBLEIBT.“ Eine Duisburger Eltern-Kinder-Gruppe am Campus Essen
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„EINE LANGFRISTIGE INVESTITION IN DIE ZUKUNFT.“ Im Gespräch mit Wilfried Fourné, RWE Rhein Ruhr AG
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„DIE ELTERN NEHMEN DIE UNIKIDS ERNST.“ Dirk Solbach, Uni Duisburg-Essen, blickt zurück
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GUTE KUMPELS. Vater und Sohn aus Duisburg als Dauergäste
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„EINMAL SEHEN IST BESSER ALS HUNDERTMAL HÖREN.“ Interview mit Dr. med. Hövel
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TECHNISCHE SPIELEREIEN. Jochen Ehlert vom Medienzentrum informiert
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„SICH HINEINVERSETZEN IN DIE KINDERWELT IST WICHTIG.“ Im Gespräch mit Prof. Schmidt
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FAMILIENBANDE. Eine Familie aus Oberhausen ist Fan der unikids EIN EUROPAWEITER BOOM. Ein Beitrag von Michael Seifert, Uni Tübingen
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ALLE UNIKIDS VORLESUNGEN AUF EINEN BLICK.
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WEITER IM PROGRAMM. Angebote für Schülerinnen und Schüler
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EIN DANKESCHÖN AN ALLE BETEILIGTEN.
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PROGRAMM 2010 /IMPRESSUM
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Vorwort
Fünf Jahre nachdem sich erstmals gestandene Professoren vor dem Ansturm der ersten unikids nervös die Hände rieben, gehören die Kinder im größten Hörsaal der Universität Duisburg-Essen einfach zum Alltag dazu. Unterstützt von der Stadt Essen haben wir 2003 die Idee der Universität Tübingen aufgegriffen und ein Vorlesungsangebot für acht- bis zwölfjährige Kinder entwickelt. Wir halten es nach wie vor für sehr wichtig, Schulkinder in jungen Jahren mit dem Lebensraum Universität in Kontakt zu bringen und an wissenschaftliche Fragestellungen heranzuführen. Unser Motto lautet: „unikids sind cool und clever“ Ja, sie sind aufmerksam und direkt, lebendig und kritisch. Hier begegnet uns eine Unvoreingenommenheit, die jenseits von aller Forschungspolitik, von Kennzahlenjagd oder Leistungszertifikaten „einfach“ nur Empathie und fröhlichen Fachsinn verlangt. Gut, es ist natürlich aufwändig und verlangt Einsatz, aber spontane Neugierde, lachende Gesichter und ein gewisser AhaEffekt ist die ganze Mühe wert.
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Es ist an der Zeit, einmal zurückzuschauen. Gemeinsam mit Andrea Riegel haben wir unsere Eindrücke und Erfahrungen in der vorliegenden Publikation zusammengefasst und laden Sie ein, mehr über das Drum und Dran der Kinder-Uni an unserer Hochschule zu erfahren. Viele wirken mit, es funktioniert nur im Team. Ein großes Lob und Dankeschön an alle, die den bisher gut 18.000 Kindern die Uni Duisburg-Essen nahe gebracht haben: mit Worten und Ideen, in Bild und Ton, durch Hilfe und Unterstützung, mit Energie und Freude. Und Dank auch an die unikids und ihre Eltern, die offen für das Themenangebot sind und sich bei jedem Wetter auf den Weg zu uns machen. Wir wollen mehr und machen weiter!
Dr. Sabine Zix und das unikids-Team Essen, im September 2009
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Dr. Sabine Zix bei der Begrüßung
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„Nehmt die Kinder ernst!“ Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting, Dr. Ulrike Pospiech: Was hat das A mit 'ner Kuh zu tun? Geschichten zur Geschichte des Alphabets. 28. Januar 2004 und 13. März 2009
___ AR: Welche persönlichen Erinnerungen haben Sie an jenen denkwürdigen Tag der ersten unikids Vorlesung? ___P: Wir haben gezittert, ob wir überhaupt Gäste haben, denn es gab Schneefall; bis zur letzten Sekunde haben wir noch überlegt, was wir den Kindern anschaulich machen können und wie wir die Technik nutzen. Und diese Frage hat uns jetzt wieder beschäftigt. ___B: Als wir dann reinkamen und das volle Audimax vor Augen hatten, das war toll. ___P: Wir hatten damals schon das Mitschreibheft, die Kinder saßen alle aufmerksam da und hatten es vor sich liegen, das war fast im Stil einer Vorlesung. ___ B: Ich meine, sie waren auch konzentrierter. ___ P: Sie merken schon, wir reden jetzt gerade über den Kontrast. Die Erwartung war eigentlich beim zweiten Mal, dass es genauso wäre wie bei der ersten Vorlesung. Meine kleine Kuh Elsa sollte eigentlich nur das Tüpfelchen auf dem i bringen, was wir gar nicht nötig gehabt hätten. Wir haben einfach die Erfahrung gemacht, dass diejenigen, die draußen standen, uns gefragt haben „Warum habt ihr so geschrieen?“, denn nach draußen wurde der permanente Lärmpegel, der da entstanden war, nicht mit übertragen, sondern nur unsere Notwendigkeit, darüber hinweg zu reden. Der zweite Termin war eine noch besser ausgestaltete Kinderuni mit viel mehr interessanten Angeboten, inklusive Donuts, aber es war von der ganzen Atmosphäre her weniger eine Vorlesung, als es das damals war. ___B: Ich würde zudem raten, nur noch mit einem Bild zu arbeiten, nicht mit dreien. ___ P: Es liegen nun fünf Jahre dazwischen, und man fragt sich schon, ob eine andere Generation Schüler kommt oder ob die Situation den teilnehmenden Kindern in gewisser Weise als „Event“ schon bekannt war und der Neuigkeitsfaktor fehlte. ___B: Es waren diesmal natürlich auch viele Kinder, die das nicht zum ersten Mal machten. Aber andererseits war es doch wieder knallvoll. ___ AR: Was hat Sie damals bewogen bei der Kinderuni mitzumachen? ___P: Es gab nichts, was dagegen sprach.
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___ B: Im Gegenteil. Der Grundgedanke ist doch toll. Und er hat viel damit zu tun, wohin diese Universität mal gebaut worden ist, das Gelände, die Verbindung zwischen der City, dem Süden und dem Norden, das ist ganz wichtig. Außerdem fügt es sich gut in das Konzept ein, was hier so läuft, z.B. der Förderunterricht, den wir aufgebaut haben. Das passt, dass wir das hier machen, wo es so gut erreichbar ist – auch für die Schulen aus dem Norden. ___P: Es ist auch unsere Art, mit Lehre umzugehen. Wir haben immer schon Konzepte erprobt, Neues umgesetzt und uns auf jede Zielgruppe eingestellt. Dann unser Thema „Sprache“: Es ist jedem klar, dass Kinder daran ein Interesse haben, und das zu wecken und zu zeigen, dass es um mehr geht als nur um „richtig oder falsch“, wenn man über das Alphabet nachdenkt, das war das, was wir machen wollten, und gleichzeitig auch eine echte Herausforderung. ___ AR: Auch mit dem Hintergrund, Herr Prof. Bünting, dass Sie mit dem Buch „Timo und der Tanz der Buchstaben“ Nähe zu den Kindern bewiesen haben. ___B: Ich habe Schulbücher für alle Schultypen entwickelt, wir haben aber auch Fortbildungsseminare für Siemensmanager gemacht, wir stellen uns auf jedes Publikum ein. Aber Sie (meint seine Kollegin) hatten ja auch immer Ihre Nichten vor Augen. ___ P: Ja, ich habe kleine Spracherlebnisse mitgeteilt bekommen. Diesmal hatten wir die größten Kritiker im Saal, meine beiden Nichten waren da und die Rückmeldung war gut: „Warum habt ihr schon aufgehört?“ ___ AR: Wie sind Sie die Aufgabe inhaltlich und konzeptionell angegangen? ___B: In das Heft (Skript zur unikids-Vorlesung) flossen die Erfahrungen ein, die ich in den Vorlesungen zum Erstlesen und Erstschreiben gemacht habe. Natürlich war der Ursprung des Alphabets ein Thema. Ich wollte den jungen Menschen, die später in die Grundschulen gehen und dort unterrichten, den Begriff „Schreiben“ mit Inhalten füllen, dass es nicht nur auf Technik beruht, sondern was es für eine kulturelle Errungenschaft ist, wenn eine Schriftkultur existiert. ___P: Die Beschäftigung mit dem Alphabet in Gestalt von Alphabeten erlaubt es auch, in einer Lehrveranstaltung denjenigen, die ja schreiben können, mal ganz schnell das Gefühl zu vermitteln, ein i-Männchen zu sein, wenn man ihnen ein anderes Alphabet vorlegt und sagt: „Jetzt schreibe zumindest deinen Namen mit diesen anderen Buchstaben.“ Dann stellt man fest, dass es nicht egal ist, ob man den Haken links oder rechts macht. Das sind Situationen, die künstlich geschaffen werden, die wir den Kindern so nicht vermitteln wollen, wo
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Prof. Bünting und Dr. Pospiech - Sprachwissenschaften
wir aber sagen: „Alle Sprachen sind gleich - nur ganz anders.“ Jeder fängt in einer anderen Sprache genauso von vorne an wie ein anderer hier, das ist das, was alle verbindet. In der Vorbereitung ist es wichtig, eine Vorstellung zu haben - was wollen wir zeigen, was muss bildhaft sein. Powerpoint wird nicht als Folienschleudermaschine genutzt, sondern um Bildmaterial zu zeigen, das man dann erklären kann, weil man sonst nicht sicher sein kann, ob jeder dasselbe Bild abruft, wenn er Schrift sieht. Wir haben also zunächst Bilder gesucht, und zwar so eifrig, dass wir viel zu viele hatten, deshalb entstand auch das Heft. ___B: Da wir auch Skripte für Lehrveranstaltungen machen, war klar, dass wir das auch für die unikids machen. Es kam nur darauf an, dass wir das auch kindgemäß gestalten. ___ AR: Auch ein Medium, das die Kinder in die Hand nehmen können, wo sie hineinschreiben und es mit nach Hause nehmen. ___B: Wenn man auf die Suche geht, dann stößt man irgendwann auf das Tieralphabet von Wilhelm Busch, und so beschlossen wir, für die Kinder selbst eines zu machen. Wir bringen den Antritt von Busch und lassen den Rest von den Kindern selbst gestalten. ___P: Wenn man Powerpoint-Präsentationen einsetzt, dann kann man nicht verlangen, dass die Kinder alles mitschreiben, sie wollen etwas sehen und mitdenken. So haben wir ein Zusammenspiel: Das Heft ist nicht Abbildung dessen, was in der Veranstaltung war, greift aber die wichtigsten Elemente auf und führt sie fort, so dass man weiter lernen kann. Das machen wir für unsere Studierenden ja auch so. ___ B: Ganz wichtig ist auch, dass wir dadurch die Möglichkeit der Differenzierung haben. Es ist ja gar nicht so einfach: man hat drittes, viertes, fünftes Schuljahr vor Ort, Grundschule und weiterbildende Schulen, also hat man z.B. für Grundschüler das Thema, wie aus den Grundformen die lateinischen Buchstaben entstehen, und für die Sekundarstufe 1 die Codiergeschichten. ___AR: Wie kam es zur Idee mit der Kuh Elsa? ___P: Sie sollte den Kindern die unterschiedlichen Rollen deutlicher machen. Elsa versucht das zu vermitteln, was man sich merken sollte oder was man noch fragen könnte. Trotz Mikro und aller technischer Möglichkeiten ist es schwer, die Kinder selbst einzubinden. Elsa war also das stellvertretende Kind, das sich eingeklinkt hat. Ich ging mit Elsa nach Veranstaltungsende durch die Reihen und die Kinder riefen „Tschüss Elsa!“ - es hat also funktioniert, obwohl ich mir mehr erwartet habe, ich dachte, sie könnte auch ein bisschen für Ruhe sorgen. ___B: Der Geräuschpegel war diesmal deutlich höher und ich führe es zum Teil auch da-
„Nehmt die Kinder ernst.“
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rauf zurück, dass drei Bilder auf der Projektionsfläche zu viel sind. Wir haben von Anfang an auf die Dialogsituation gesetzt, auch um mehr Abwechslung zu bieten, zwei Stimmen und darüber hinaus ein weibliches und ein männliches Wesen als Bezugspersonen. ___P: Und auch die Erfahrung, wenn man selber spricht, hat man etwas vor Augen und führt das aus - wobei etwas anderes vielleicht auch wichtig gewesen wäre. Das sieht der zweite im Hintergrund, kann es aufgreifen und sich einklinken und so bekommt man das, was rüberkommen sollte, auch wirklich rüber. Wichtig ist, dass, wenn es zwei Personen machen, sie auch zusammen an einem Strang ziehen. Wir haben da aus gemeinsamen Vorlesungen jahrelange Erfahrung. ___ AR: Wie groß war der Zeitaufwand? ___P: Wir sind Ganztagsarbeiter. Sagen wir mal, für den ersten Vortrag brauchten wir drei ganze Tage für die Vorbereitung, und auch das Skript hat viel Zeit in Anspruch genommen. Aber trotzdem haben wir für die zweite Variante auch nochmals drei Tage benötigt. ___B: Wir haben zudem auch das Heft und die Powerpoint-Präsentation überarbeitet. ___ AR: Was würden sie als „alte Hasen“ den Kolleginnen und Kollegen raten? ___B: Nehmt die Kinder ernst! Das ist das eine. Das andere ist, wir haben beide reichlich Erfahrung in großen Hörsälen, wer das nicht hat, wer nicht gewohnt ist, in so einem vollen Audimax zu arbeiten, der dürfte Probleme bekommen. ___ P: Und man muss es einfach lieben, vor Leuten zu stehen, und auch gelernt haben, sie zu sehen und nicht nur als Medium zu ihnen zu sprechen. Aber es gibt bei uns auch keine heruntergespulten Lehrveranstaltungen, Vorlesungen im Sinne von etwas vorlesen – das habe ich schon mal versucht, kann es aber gar nicht. Ich habe es gelernt, die Situation so zu nehmen, dass es interessant und interaktiv wird. Selbst wenn die Interaktion gering wahrnehmbar ist, so findet sie doch statt, weil man das, was man macht, anpasst auf denjenigen, der gegenüber sitzt. Und man darf nicht nur die erste Reihe sehen, sondern man muss alle Reihen sehen. Das Wesentliche ist, dass man gerne lehrt und dass man in dem Moment, wo man da steht, es einfach voll und ganz bringt. ___B: Das ist bei den Hochschullehrern nicht anders als bei den Lehrerinnen und Lehrern, man muss die Menschen mögen. ___ AR: Man muss sein Publikum lieben, sagte einst Pavarotti, dann bekommt man Liebe zurück. Was nehmen Sie persönlich aus dieser Aktion mit? ___P: Es war schön! (lacht) ___B: Beim ersten Mal kamen viele Kinder zu mir hoch auf die Bühne und wollten das
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Prof. Bünting und Dr. Pospiech - Sprachwissenschaften
Heft signiert haben, und ein kleiner Junge zupfte mich am Ärmel und sagte: „Danke, dass du das gemacht hast.“ ... Das allein ist es wert. Diesmal wollte nach der Veranstaltung ein Kind im Rollstuhl noch mal etwas zum Codierrad wissen und auch ein Vater kam und bedankte sich. Das genügt. ___ AR: Was ist für Sie der Nutzen einer Kinderuniversität? ___B: Dass in diesem Alter schon Schwellenangst genommen wird, das ist wichtig. Was die Kinder mit Migrationshintergrund betrifft, haben wir z.B. die Libanonzeder gezielt in den Vortrag eingebaut, da es in Essen eine große libanesische Gruppe gibt, wir hatten auch das kyrillische Alphabet in petto. Grundsätzlich gilt auch hier: Didaktik ist die Kunst der zielgruppengemäßen Vereinfachung ohne Verfälschung. ___ P: Das ist die eine Richtung. Die andere ist die Bodenhaftung für uns. Wenn man die hat, dann hat man ein Wissen zu vermitteln, das ein sinnvolles, wichtiges Wissen ist, weil es bewiesen hat, dass es brauchbar ist. Das ist schön, denn es ist auch der Beweis, dass man nicht am Leben vorbeilebt, wenn man an der Uni beschäftigt ist. ___AR: Und der Benefit für die Universität Duisburg-Essen, beziehungsweise für den Standort Essen im Besonderen? ___B: Es ist gut, dass diese Universität schon von den Kindern in den Grundschulen wahrgenommen wird, aber auch für die Eltern ist es gut, wahrzunehmen, dass es hier eine Universität gibt. ___P: Dazu zählt auch die Erkenntnis, dass das Studieren nicht unbedingt mit einem Ortswechsel verbunden sein muss, man sieht, dass es auch hier um die Ecke geht - genauso gut wie woanders auch. ___AR: Gibt es Visionen, wie eine Universität für die auch kulturelle Bildung der jüngsten, der nachwachsenden Generation tätig werden könnte? Was würden Sie sich – außer der Institution Kinderuni – sonst noch wünschen? ___B: Ich habe bereits auf den Förderunterricht hingewiesen, das war für mich ein ganz wichtiger, erster Schritt hier. Gerade wurde ich auf ein neues Projekt angesprochen, es gibt eine Ferienfreizeit hier für Kinder, gerade für die jüngeren. ___P: Ich vertrete hier das Sprachtelefon der Uni, das ist ein bürgernahes Serviceangebot, ähnlich wie die Dudensprachberatung – nur ohne den hohen Preis. Zu unseren Kunden gehören übrigens – und da schließt sich der Kreis – nicht nur Sekretärinnen oder Redakteure, sondern zum Beispiel auch die Autoren der Geschichten von „Wissen macht Ah“, die unsere Recherchekompetenz schätzen gelernt haben. Es ist wichtig, die Uni offen zu
„Nehmt die Kinder ernst.“
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machen und zu zeigen, dass es hier vieles gibt, was man brauchen kann, was nützlich ist – die Hochschule ist kein Elfenbeinturm. Wir haben etwas Praktisches zu bieten und für eine Stadt ist es attraktiv, eine solche Uni zu haben. ___ AR: Haben Sie vor, noch einmal eine unikids Vorlesung zu halten? ___B: Wenn die nächste Kohorte dran ist, also in fünf Jahren, und ich noch fit bin, dann mache ich wieder mit ... na klar!
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Elsa, Dr. Pospiech und Prof. B端nting live vor Ort
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Kinder, wie die Zeit vergeht. NRZ und WAZ Essen am 29.Januar 2004
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O-Ton Prof. Ewald Frie, Historiker, Vorlesung am 6.2.2004
„Warum gibt es Kriege?“ Schönen guten Tag! Wie hat euch die Musik gefallen? Was war das für Musik? Genau, das war Marschmusik. So wie sie vor 150 bis 200 Jahren gespielt wurde – auf der Flöte. Warum habe ich euch das vorgespielt? Genau, Musik diente dazu, dass die Soldaten darauf in Reih und Glied marschieren konnten. Aber, als wir vor einigen Wochen in ein paar Schulklassen gefragt haben, warum es Kriege gibt, da haben sie nicht an die Kriege gedacht, wo Soldaten zu Marschmusik marschiert sind. Sondern an die Kriege der letzten Jahre: den Golfkrieg, den Irakkrieg und so weiter. Historiker können nun etwas, was nicht alle Leute können. Sie können die Kriege, die jetzt sind, mit denen vergleichen, die früher einmal waren. Wenn ihr in den Urlaub fahrt, dann stellt ihr fest, dass in anderen Gegenden Menschen ganz anders leben als ihr. Das macht ihr vielleicht ein-, zweimal im Jahr, wenn ihr in Urlaub fahrt. Historiker haben den besten Beruf der Welt! Weil wir eigentlich das ganze Jahr in Urlaub fahren - nur nicht im Raum, sondern in der Zeit. Historiker gucken: Wie war das früher? Wie haben die Menschen früher gelebt, wie haben sie sich gemocht oder auch gehasst? Wie hat es Frieden und wie hat es Krieg gegeben? Und darüber reden wir heute in der Vorlesung. Also, was sind überhaupt Kriege?
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Meike und Swantje aus Wesel, M채rz 2009
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Kluge Mädchen haben Ziele. Meike (10) und Swantje (11) wollten unbedingt einmal zu einer Kinderuniversität, nachdem Swantje von ihrer Mutter das Kinderuni-Buch geschenkt bekam. „Der Papa sagte, das gibt es auch wirklich“, erzählt sie. „Wir haben im Internet gesucht und die unikids entdeckt, dann habe ich meine Freundin Meike gefragt, ob sie Zeit hat.“ Keine Frage, der Vater hat gern den Weg von Wesel auf sich genommen, um die beiden wissensdurstigen Gymnasiastinnen zur Uni-Premiere zu fahren, auch weil er selbst einst in Essen studierte. „Ich hab den Papa gelöchert, wie es denn so an einer Uni ist“, erläutert Swantje, „denn das interessiert mich schon. Man sitzt in so einem Saal und vorne steht einer und erzählt dir was. Da gibt es bestimmt auch eine Powerpoint-Präsentation, das haben wir in der Schule auch schon ab und zu.“ Swantje will Pilotin werden, bereits seit ihrem fünften Lebensjahr hat sie erstaunlich konkrete Vorstellungen, wie sie diese hochfliegenden Pläne verwirklichen will, Lehrerin wäre die bodenständige Alternative. Ihre Lieblingsfächer sind Mathematik, Musik und Biologie, sie ist in der 7. Klasse - mit naturwissenschaftlicher Vertiefung. „Das fliegt mir mehr oder weniger alles zu, weil ich auch viel lese. Ich hab’ mal meine Bücher gezählt, die ich schon gelesen habe, das sind schon so 300“, verkündet sie stolz. „Ich brauche ein Ziel, sonst stellt sich ja die Frage, was soll ich eigentlich in der Schule, wozu brauche ich das eigentlich alles.“ Meike findet das Studieren auch gut, weil sie Kinderärztin werden möchte, alternativ wäre die Meeresbiologie ihr Fach, weil sie Bio ganz toll findet, vor allem die Meerestiere. Vielleicht werden die beiden ja mal ein Forschungsteam, das mit dem Flugzeug zu den Galapagos-Inseln aufbricht. „Dann kommen wir ganz groß in die Zeitung, weil
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Kluge Mädchen haben Ziele
Meike ein unbekanntes Tiefseetier entdeckt“, geht Swantjes Blick in eine aufregende Zukunft. Das Thema Alphabet, das von Professor Bünting vorgetragen wird, ist den Mädchen sofort „ins Auge gesprungen“. Nach der Vorlesung sind sie sehr angetan von dem Erlebnis und haben viel Neues gelernt. „Wie unsere Buchstaben entstanden sind, das waren Zeichen und die wurden gedreht, dann wurden Buchstaben draus, so konnte man sie auch leichter schreiben. Am Anfang war das mehr kunstvoll, so wie im Chinesischen, da konnte man das Pferd erkennen, heute sind es ja nur noch Striche. Manche Sachen wusste ich schon, z.B. das, was über die Phönizier und Ägypter gesagt wurde, aber das mit dem Kuhkopf, das wusste ich noch nicht.“ Meike fand die Vorlesung richtig aufregend: „Schulunterricht ist Pflicht, und das hier ist freiwillig. In der Schule sind auch weniger Leute, da arbeitet man mehr in der Gruppe, hier macht sich jeder seine eigenen Notizen. Wenn man Student ist, da werden ja nicht so Fragen gestellt wie in der Schule, ich glaube auch nicht, dass man an der Uni Hausaufgaben bekommt.“ Auf die Frage, ob sie nochmals eine unikids Veranstaltung besuchen möchten, antworten beide mit einem lauten und einhelligen „Ja“ - vorausgesetzt, der Papa fährt sie wieder. „Aber den kriegen wir schon dazu“, meint Swantje. „Zum Klimaclub, da wollen wir unbedingt hin. Und wir werden dann auch in der Schule erzählen, wie es war, denn aus meiner Klasse war noch keiner bei einer Kinderuniversität. Vielleicht könnte die Uni auch mal an die Schulen kommen und dort einen Vortrag halten“, schlägt sie vor. „Das hätte den Vorteil, dass wenn die Uni Essen zu dir als Kind kommt und dir einen total tollen Vortrag macht, dann studierst du vielleicht später auch mal da“. Ein kluges Kind, die Swantje.
UNI
KIDS
SIND
COOL
UND
CLEVER
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„Werben für künftige Studenten.“ Dr. Dr. h.c. Jochen Melchior ist ehemaliger Vorstand der STEAG AG, Vorsitzender des Aufsichtsrates des Universitätsklinikums Essen und unikids-Befürworter der ersten Stunde. ___AR: Wie kam es zum Kontakt mit den unikids? ___JM: In meiner seinerzeitigen Eigenschaft als Vorsitzender der Freunde und Förderer der Universität Duisburg-Essen wurde mir das Projekt von Frau Dr. Zix vorgestellt. Es hat mich auf Anhieb überzeugt und die Freunde und Förderer wurden als Sponsoren gewonnen. Übrigens bis heute, was ja allein für den nachhaltigen Erfolg des Projektes spricht. ___AR: Was hat Sie bewogen, die Kinderuniversität zu unterstützen? ___JM: Sich für die Zukunft von Kindern einzusetzen ist eine der schönsten Aufgaben der älteren Generation. ___AR: Was ist für Sie persönlich der Benefit einer Kinderuniversität? ___JM: Dadurch werden die Kinder frühzeitig auf die in der Bildung steckende Spannung und Herausforderung aufmerksam gemacht. Neben dem Punkt „Werben für künftige Studenten“ ist diese Aktivität auch ein Imagefaktor für die Universität und ein Zeichen für Bürgernähe. ___AR: Gibt es darüber hinaus Ideen, wie eine Universität für die Bildung der nachwachsenden Generation aktiv werden könnte? ___JM: Zum Beispiel durch Theater-, Diskussions- oder Besichtigungs-Veranstaltungen mit Studenten und Professoren für Kinder und Lehrer in der Uni. Oder auch eine normale Schulstunde in einem Hörsaal mit viel Technik! ___AR: Sind Sie persönlich involviert in das Thema? ___JM: Natürlich werden meine Enkel eines Tages daran teilnehmen!
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„Professoren sind auch nur Menschen.“ Prof. Dr. Roland Boese: Flamme, Feuer, Glut und Asche 30. Januar 2004 und Lange Nacht der Wissenschaften 2007
___AR: Was hat Sie bewogen bei den unikids mitzumachen? ___RB: Das ist schon ein ganz langes Engagement, auch dadurch, dass ich eigene Kinder habe und das Interesse in deren Schulzeit mitbekommen habe. Ich weiß, wie neugierig Kinder sein können und wie wichtig es ist, diese Neugier zu befriedigen. ___AR: Wie sind Sie die Aufgabe angegangen? ___RB: Inhaltlich habe ich mir überlegt, dass es keine reine Fun-Veranstaltung sein sollte, sondern dass überall ein Aha-Effekt dazu kommen muss. Was übrigens besonders gut ankam, war, dass wir auch Fragebögen ausgeteilt haben. Wenn alles stimmte und sie gut aufgepasst und sich Mühe gegeben haben, dann war das mit einem Preis verbunden: ein halber Tag bei der Feuerwehr Essen, wo man auch mit einer Drehleiter auf rund 30 Meter Höhe gefahren wurde. ___AR: Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit der Feuerwehr? ___RB: Für das Thema Flamme, Feuer, Glut und Asche haben wir Animationen gebracht, wo gezeigt wurde, wie man Feuer löscht, und da dachte ich, da müsste doch eigentlich ein Feuerwehrzug da stehen. Wir haben dann bei der Feuerwehr angefragt und die waren sofort dazu bereit. Dann kam der Gedanke, die Belohnung zum Fragebogen mit der Feuerwehr zu verbinden. ___AR: Wobei das Thema Feuer ja so elementar ist, dass sich die Frage gar nicht stellt, ob das die Kinder interessiert ... ___RB: Sie können sich gar nicht vorstellen, wie begeistert die waren (lacht). Ich habe z.B. so etwas gezeigt wie einen Fettbrand. Ein Teelicht wurde auf eine Heizplatte gestellt, bis es so heiß war, dass es brannte. Darauf wurde dann Wasser gespritzt und es kam zu einer drei Meter hohen Stichflamme. Das ist natürlich sehr beeindruckend für die Kinder. Die Versuchsanordnung ging nur mit einer sehr engagierten Schar von Mitarbeitern, die waren sämtlich dabei und haben das mit sehr viel Engagement mitgemacht. Das war für mich auch noch ein Highlight extra. ___AR: Welche Erfahrungen haben Ihnen bei der Vorbereitung geholfen?
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Prof. Boese – Chemie
___RB: Ich war eigentlich immer der Didaktik recht nahe, auch allein dadurch, dass meine Frau Lehrerin ist. Zum anderen bin ich ein begeisterter Experimentator, ich habe in der Chemie die Grundvorlesungen immer mit vielen Experimenten gehalten - wie es sonst wenige andere bis dahin getan haben oder vermutlich auch tun werden. ___AR: Sie lieben das große Spektakel ... ___RB: Naja (lacht), zumindest, was das Experimentieren betrifft. Das ist etwas, was ich liebe, aus Experimenten zu lernen. Sicherlich mache ich auch gelegentlich manch’ ein Spektakel dazu. ___AR: Im Rückblick: Wie groß war ungefähr der Zeitaufwand? ___RB: Ich würde sagen, mit allen Versuchen zusammen hat das rund eine volle Woche in Anspruch genommen. ___AR Was ist das Besondere bei einer Vorlesung vor diesem Publikum? ___RB: Ich weiß nicht, ob Sie sich das vorstellen können, aber während der Vorlesung war ich so ... also ich muss fast sagen, gerührt. Ich habe den Kindern erzählt, wie das ist, wenn etwas brennt und man die Flamme löscht. Dazu wurde ein großes, brennendes Streichholz hochgehalten und sie sagten „Auspusten!“, was ich getan habe. Dann brachten Mitarbeiter einen Grill rein, der nicht so richtig brannte. Da sagte ich „Was mache ich nur, das Feuer brennt nicht so richtig?“ Da riefen die Kinder „Reinpusten!“ Das tat ich, und es fing richtig an zu brennen. Schließlich stellte ich mich grübelnd hin und fragte was denn nun richtig ist – auspusten oder reinpusten? Dann habe ich sie zum Selbstversuch aufgefordert: „Jetzt macht doch mal so, also wolltet ihr eine Flamme auspusten. Und danach pustet in eure Hände, als wolltet ihr einen Grill entfachen. Dann überlegen wir mal, was ist der Unterschied und womit das zusammenhängt“. Ja, und jetzt stellen Sie sich vor, da saßen dann hunderte von Kindern und pusteten in ihre Hände, ich war so überwältigt von dieser Begeisterung und konnte in diesem Augenblick vor Rührung kaum weiterreden. Also, so engagierte und tolle Kinder, das war für mich umwerfend. ___AR: Da erübrigt sich die Frage, was Sie persönlich aus dieser Aktion mitnehmen. ___RB: Das ist richtig. Es ist zudem so, dass ich so etwas auch mit meinen eigenen Kindern gemacht habe. Während ihrer Grundschulzeit habe ich nachmittags für die Kinder in der Schule Versuche angeboten, unter dem Motto „Kochen in der Hexenküche“. Das Ganze hat also seine Vorgeschichte. ___AR: Was ist das Besondere in der Arbeit mit Kindern?
„Professoren sind auch nur Menschen.“
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___RB: Für mich persönlich ist das Besondere, sich in die Denkweise der Kinder hineinzudenken und selbst zurückzudenken, wie man seinerzeit die Dinge empfunden hat. Die Rolle, die ich mir damals von Eltern oder Großeltern gewünscht hätte, das sollte ich doch heute nach Möglichkeit erfüllen. Ich hätte mich gefreut, wenn ich Eltern oder Großeltern dieser Art gehabt hätte, deshalb fühle ich mich heute verpflichtet, das zu leben und zu tun. ___AR: Was ist für Sie der Benefit einer Kinderuni im Allgemeinen? ___RB: Ich glaube, dass es schon ganz früh Interessen weckt, die nicht so schnell vergessen werden. Ich habe schon früher derartige Veranstaltungen gemacht und es kamen viele Jahre später Studenten zu mir und sagten: „Also, Herr Boese, ich muss ihnen gestehen, Ihre Veranstaltung war damals der Grund für mich, das Chemiestudium zu wählen“ - was kann einem Besseres gesagt werden? Ich denke schon, dass bei manch einem eine Initialzündung geschehen kann. Außerdem geht es auch darum, zu vermitteln, dass Professoren auch Menschen sind, dass sie sich auch menschlich darstellen, dass sie sich amüsieren und freuen können. ___AR Und der Nutzen für den Standort Essen im Besonderen? ___RB: Allein schon die Tatsache, dass jemand an dieser Vorlesung teilgenommen hat, dass er die Uni schon von innen gesehen hat und der erste Schritt in eine Universität erfolgt ist, das ist ein wichtiger Anstoß, der dadurch vermittelt wird. Ich glaube, was die Universität komplett versäumt, ist immer wieder deutlich zu machen, dass es – nach meiner Kenntnis – die einzige Campus-Universität in Deutschland im Zentrum einer Stadt ist. Das sind Pfunde, mit denen müssen wir wuchern! ___AR: Gibt es Visionen oder Wunschvorstellungen Ihrerseits wie eine Uni für die Bildung der nachwachsenden Generation sonst noch aktiv werden könnte? ___RB: Ich glaube regelmäßige Veranstaltungen wären sinnvoll, wie es, soweit ich weiß, z.B. die Mathematik hier gemacht hat. Dort werden interessierte Kinder zu Vorlesungen eingeladen, das finde ich toll. Was zudem fehlt ist eine gewisse Anerkennung für derartige Aktivitäten. Einerseits von den Kollegen, die sagen, das ist ja eine „Kinderspielerei“ - das ist keine hehre Wissenschaft. Und das andere ist, dass die Universität es den Leuten, die sich da so engagieren, auch honorieren sollte. In dem Sinn, dass man die Menschen herausstellt und sagt: „Wir sind euch dankbar für das, was ihr da getan habt“. Schließlich tun sie es für unsere zukünftigen Studenten.
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Vorlesung in Flammen
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Die Jungs nach der ersten Vorlesung, März 2009
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„Wenn so was ist, sind wir immer dabei!“ Yilmaz (33) und Naziker (34) sind gute Freundinnen und mit ihren Söhnen Mert (12), Anil (8) und Eray (8) das erste Mal zu Gast in einer Universität.
___AR: Wie sind Sie auf die unikids aufmerksam geworden? ___N: Wir haben in der Schule die Postkarte dafür bekommen und es gab einen Aushang, auch in der Zeitung stand etwas davon zu lesen. Ich habe die Karte schon seit Januar und habe allen Bescheid gesagt. Mein Sohn ist jetzt 8 geworden im März, und da war es der richtige Zeitpunkt. Er fragt jetzt ganz viel, im Moment gibt es ganz viele Fragen. Ich bin gespannt, was er zu der Veranstaltung sagt. ___Y: Eigentlich wollten die Kinder erst nicht und waren dagegen: „Das ist bestimmt voll langweilig, da steht dann so ein Professor“ - aber wir haben sie sehr ermutigt und auch ein bisschen gelogen. Wir haben gesagt, dass wir einen Beitrag zahlen müssen und wenn die Kinder nicht erscheinen, wird das nicht zurückerstattet. Ja, und so sind sie jetzt mitgekommen. Das Thema Kinderuniversität ist für uns schon sehr interessant. ___AR: Kommen Sie aus Essen? ___Y: Ja, aus Altenessen. Wir sind mit der U-Bahn gekommen, die Verbindung war gut. ___AR Wie beurteilen Sie das Angebot der unikids? ___Y: Ich bin Türkin, meine Freundin auch, Wir wollen es unseren Kindern ermöglichen, dass sie die Universität einmal erleben und ein Stückchen Wissen nehmen sie immer mit. Auch wenn sie z.B. in der Schule erzählen, dass sie hier waren und was sie hier aufgeschnappt haben, das kommt vielleicht auch bei der Lehrerin gut an, vielleicht „klingelt“ es bei ihr. Es hängt natürlich auch von der Person ab: Wenn es eine Lehrerin ist, die für die Kinder da ist, dann gibt sie alles weiter. Aber es gibt natürlich auch Lehrer oder Lehrerinnen, denen ist alles egal. Viele sagen „80% Ausländeranteil, was soll ich denn da reißen?“ Das gibt es leider oft und gerade deswegen: Wenn so was ist, dann sind wir immer dabei! ___AR: Ich finde es gut, wie selbstverständlich Sie das sagen. Und Sie selbst lernen auch ganz nebenbei eine Universität von innen kennen ...
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„Wenn so was ist, sind wir immer dabei!“ Die Chance auf eine besondere Erfahrung
___Y: Wenn ich ehrlich sein darf, das hab ich meinem Großen gerade auch gesagt. Ich bin hier in Altenessen geboren und aufgewachsen und war bisher nicht einmal in der Uni drin. Das ist für mich auch eine Gelegenheit, hier mal reinzuschnuppern. Meine Mama konnte nicht lesen und schreiben, wir haben alle unseren Realabschluss und eine Lehre, aber es gab nie dieses Thema, dass es nach der Schule weitergeht auf eine Universität. Das war ein Unding für ein Mädchen, „bloß nicht“, heute ist alles lockerer und moderner. Wirklich, das ist heute für mich das erste Mal Uni! ___AR: Jeder nimmt hier etwas mit, nicht nur die Kinder. Für die Eltern ist es zudem das Gefühl, dass sie ihren Kindern die Chance geben, auch einmal diese Erfahrung zu machen. ___Y: Richtig. Wir haben uns schon sehr gut eingelebt, Glaube hin, Glaube her, das kann man alles schön machen in den eigenen vier Wänden, aber man muss sich eben auch einfügen, das ist so. ___AR: Schwieriger ist es, wenn man aus einem kulturellen Hintergrund kommt, wo die Frauen häufiger Zwängen unterworfen sind. ___Y: Meine Mutter musste mit 16 heiraten, damals war das eben so, sie wurde viel strenger erzogen, durfte nicht zur Schule. Mein Vater hätte uns auch so erziehen können, aber er hat gesagt: „Kopftuch hin, Kopftuch her, das müssen meine Mädchen nicht.“ Wir sind vier Schwestern und ein Bruder in der Familie. „Es reicht mir, wenn es vernünftige Mädchen werden, mit einem guten Herzen.“ Er hat uns nie mit dem Glauben unter Druck gesetzt, er hat uns alles beigebracht, unsere Sitten und Gebräuche, aber wir wurden nie zu etwas gezwungen, auch wenn es von Seiten der Verwandten und Bekannten oft Kritik gab. Da hat er immer gesagt: „Mischt euch nicht ein, das sind meine Kinder“. Da sind wir dem Vater alle sehr, sehr dankbar, er hat uns alles mitgegeben. ___AR: Und es ist schön, dass diese Haltung auf die Erziehung Ihrer Kinder übergeht. Mit dem Vorbild der Toleranz und Offenheit kann man die Kinder doch viel leichter erziehen. ___Y: Das stimmt. Vor allem der Respekt dem anderen gegenüber - auch wenn es ein Kind ist - das hat er uns gelehrt. Wenn ich das nicht habe, dann habe ich verloren, da kann ich zehn Sprachen sprechen, aber wenn ich das nicht habe, dann ist das kein Gewinn für mich. Das Miteinander, die Achtung vor dem Anderen, auch dem Älteren gegenüber, das ist für uns wichtig. ___AR: Würden Sie vielleicht auch noch andere unikids Vorlesungen besuchen? ___N: Auf jeden Fall. Das machen unsere Kinder dann schon von sich aus, auch im Freundeskreis werden sie bestimmt davon berichten!
Eltern verfolgen das Geschehen im Vorraum
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„Kinder sind ein anspruchsvolles Publikum.“ Prof. Dr. H. Walter Schmitz: Wie kommt das Meeresrauschen in die Muschel? 17. Juni 2004 und Lange Nacht der Wissenschaften 2007
___AR: Herr Prof. Schmitz, was hat Sie bewogen bei der Kinderuni mitzumachen? ___S: Für mich war das zunächst einmal eine ernste Herausforderung, verbunden mit der Überlegung, wie kann ich Themen meines Faches so präsentieren, so verständlich machen, dass auch Kinder unterschiedlichen Alters dem Ganzen etwas abgewinnen können. Als Kommunikationswissenschaftler ist man natürlich interessiert an solchen kommunikativen Problemstellungen. ___AR: Es ging hier nicht nur um das Hören, sondern auch darum, wie sich Menschen mit einer Behinderung verständigen können. Die Vorlesung wurde in Verbindung mit der Rheinischen Schule für Hörgeschädigte gestaltet. Wie sind Sie die Aufgabe inhaltlich und konzeptionell angegangen? ___S: Ich habe mir überlegt, bei welchem Thema die Kinder an ihre eigenen Erfahrungen direkt anschließen können und wo ich ihnen, wenn sie das noch nicht erlebt haben, diese Erfahrung im Hörsaal vermitteln kann - ohne jetzt ein großes, schwieriges, zeitaufwändiges Experiment zu machen. Da bin ich eben von den Sinnen ausgegangen und habe versucht, ganz systematisch herzuleiten, was denn nun passiert, wenn jemand eben nicht sowohl sehen als auch hören, fühlen, schmecken kann, und wie findet dann Kommunikation statt. Wenn man das Schritt für Schritt aufbaut, so war die Idee, würden die Kinder mir folgen können. Zumal es - das hatte ich bald im Blick - mit dem Extremfall einer Person, die weder sehen noch hören konnte und daher auch nicht sprechen konnte, nämlich Helen Keller, zumal ich dadurch wiederum ein Kind hatte, das ich ihnen dann vorstellen und zeigen konnte, wie dieses Kind zusammen mit Erzieherinnen diese Probleme überwunden hat. Also, ausgehend von den Erfahrungen der Kinder: welche anderen Erfahrungen kann ich ihnen im Hörsaal vermitteln, um dann Schritt für Schritt das Ganze herzuleiten und schließlich – und das war auch in der Vorlesung eine Art Höhepunkt – ihnen an einem Kind zu zeigen, wie es diese besondere Schwierigkeit aus unserer Sicht überwindet.
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___AR: Was gab den Ausschlag, mit der Lehrerin gemeinsam die Vorlesung zu praktizieren? ___S: Ich hatte früher schon einmal einen Kontakt mit der Schule für Hörgeschädigte und Gehörlose. Und ich wollte damit gleichzeitig den Zuhörern in der Vorlesung die Erfahrung verschaffen, wie es denn ist, wenn jemand eben nicht spricht, lautsprachlich spricht, sondern Zeichen macht, gestikuliert. Und gleichzeitig haben Kinder dieser Schule teilgenommen, die ihrerseits der Vorlesung folgen konnten, aber vermittelt durch die Übersetzung der Lehrerin. Also ich habe einen dieser Sonderfälle mit in den Hörsaal hereingeholt und den Kindern das vorgeführt. Manche kennen das schon aus dem Fernsehen, aber das einmal live zu erleben, zu hören und zu sehen, dass da vorne in der ersten Reihe Kinder sitzen, die nur auf diese Art und Weise, wie die Lehrerin sich mitteilt, der Vorlesung folgen können, das war etwas an Anschaulichkeit, was dem noch einen besonderen Kick gab. ___AR: Welche Erfahrungen haben Ihnen persönlich bei der Vorbereitung geholfen? ___S: Ich habe selbst einen Sohn und habe insofern ein wenig Erfahrung, wie man mit Kindern spricht und wo man ansetzen muss, um es für Kinder interessant zu machen. Das sind die eigenen Erfahrungen. Darüber hinaus habe ich während der Vorlesung selbst dazugelernt, denn ich habe irgendwann mein Konzept beiseite gelegt und nur noch frei gesprochen. Ich habe gemerkt, dass selbst die kurzen Momente, während derer ich auf das Blatt sah, um mich zu orientieren, dass die schon den Kontakt zu den Kindern wieder abbrechen ließen. Ich merkte aber, wie wichtig der Kontakt ist. Und wenn man das erste Mal vor hunderten von Kindern unterschiedlichsten Alters spricht, da ist mir das als Erfahrung während der Vorlesung aufgefallen, und ich habe mich darauf eingestellt. Ich könnte mir vorstellen, dass die Orientierung an den Kindern sich auch den Kindern selbst vermittelt hat und mit dazu beigetragen hat, sie nicht zu verlieren. ___AR: Was ist das Besondere an einer Vorlesung vor Kindern? ___S: Es ist nicht so wichtig, wie ich ursprünglich gedacht hatte, dass ständig etwas Neues passieren muss, so wie die Physiker oder Chemiker eine Explosion oder Feuer in petto haben, sondern es muss durch die Art des Vortrags geschehen, durch die Lebendigkeit und den Kontakt, den man auch visuell mit den Kindern hält oder durch die Bewegung, die Annäherung. Jedes Kind muss den Eindruck haben: es ist selbst gemeint, es wird direkt angesprochen. Das habe ich vorher so auch nicht erlebt. Zum Teil sind die Kinder sehr miteinander beschäftigt, das darf einen nicht irritieren, wenn man vorne steht, andererseits muss man die Möglichkeit haben, sie wieder zurückzugewinnen. Da spielt sich so viel ab, und das mit einer so großen Menge von Kindern, das ist schon eine ganz besondere Erfahrung.
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Prof. Schmitz - Kommunikationswissenschaft
___AR: Wie haben Sie sich selbst vor dem Auditorium gefühlt? Viel Adrenalin? ___S: Ja! Vielleicht bis zur Hälfte der Vorlesung. Erst recht, nachdem ich dann das Konzept beiseite gelegt habe, da war ich ganz in Kontakt mit den Kindern, da spielte sich was zwischen uns ab. Letzlich habe ich dann auch die Uhr aus dem Blick verloren, ich schätze, dass ich ein wenig überzogen habe, was ich eigentlich nicht wollte. Aber es spielte sich alles zwischen uns ab, und es war dann nicht mehr das Abhaken der Punkte und Am-Konzeptentlang-Arbeiten. Es war plötzlich auch möglich, spontan auf das einzugehen, was ich gerade hörte oder sah. ___AR: Mit dem Film zu Helen Keller wurde auch ein Medium eingeführt, was die Aufmerksamkeit der Kinder neu gefesselt hat. ___S: Ja, und vor allem, es wurde da ein Kind gezeigt. Es war während der ganzen Vorlesung nie so ruhig wie in diesem kleinen Filmausschnitt. In den Filmszenen wird ja auch nicht gesprochen, sondern es wird gestikuliert. Soviel Aufmerksamkeit war selten. Der Film war mir schon wichtig, das Thema mit einzubringen, aber dass es um ein Kind ging, das hat noch zu ganz anderen Eindrücken beim Publikum geführt und zu einer hohen Konzentration. Wobei zwei Extreme von Aufmerksamkeit möglich waren. Ich hatte mehrere Mitarbeiter mit im Saal, die Mikrofone bewegten und später die Muscheln und Gläser verteilten. Einige berichteten mir, dass da schon etwas ältere Kinder saßen, die sehr viel und hochkonzentriert mitgeschrieben haben, und andere, ganz vorne, vorwiegend kleinere Kinder, waren zwischenzeitlich mit ganz anderen Dingen beschäftigt, aber dann immer wieder bei einzelnen Punkten ganz aufmerksam und hell dabei. Die nehmen einzelne, wenige Dinge mit, aber sie nehmen etwas mit, - und andere nehmen wirklich den ganzen Bogen auf. ___AR: Das ist auch ein Ziel der Kinderuni, dass die Kinder das mitnehmen, was sie mitnehmen können, ihrem Alter gemäß. Was nehmen Sie persönlich aus dieser Aktion mit? ___S: Ich glaube, ich bin mir der Schwierigkeiten noch sehr viel bewusster geworden, einem solchen Publikum von unterschiedlichen Kinder etwas zu vermitteln. Aber was mir wichtiger ist, als eigene Erfahrung gemacht zu haben, ist, dass es geht. Es zeigte sich, dass auch schwierige Probleme einem vollkommen unvorbereiteten Publikum durchaus verständlich zu vermitteln sind. Nur, es bedarf sehr viel Aufwands und Zeit, das auch so zu machen, dass es dem Publikum gerecht ist. Da sind wir doch als Wissenschaftler häufig auf ganz anderen Wegen, denn die Fachsprache und der Fachdiskurs erlauben es uns auch auf sehr kurze, knappe und präzise Weise etwas zu vermitteln, und dann kommen wir ganz aus der Übung, wenn es um solche einfachen Dinge geht.
„Kinder sind ein anspruchsvolles Publikum.“
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___AR: Wie groß war der Zeitaufwand? ___S: Das ist rückblickend schwer zu sagen, nach so langer Zeit, zumal auch andere mitgearbeitet haben, z. B. zu den Filmausschnitten hat mir das Medienzentrum geholfen. Man muss an so einer Sache schon 1,5 bis 2 Wochen arbeiten, sonst braucht man es nicht anzufangen. Außerdem sollte man nicht glauben, man könnte aus irgendeinem Vorrat schöpfen, das geht nicht. ___AR: Was würden Sie Kolleginnen und Kollegen für den Einstieg raten? ___S: Sie sollten in Gedanken versuchen, einem Kind unterschiedliche Themen zu erzählen und sich vorzustellen, was das Kind damit anfangen kann, wie es darauf reagieren wird. Das wird der erste Schritt sein, um überhaupt ein Thema auszuwählen, von dem man meint, dass es besonders geeignet sei, um auf so eine Weise vermittelt zu werden. Man braucht immer dieses Kind vor Augen und die Überlegung, was muss ich tun, um da einen Spannungsbogen aufzubauen, um das Kind bei der Stange zu halten, was kann das Kind davon verstehen, wo sind die Bezüge zu seiner Welt, zu seinen Gedanken. So wird sich das Thema entwickeln und der Rest kommt während der Vorlesung. Ich glaube, diese Offenheit, das habe ich wirklich daraus gelernt, die muss man haben, dass man zur Not auch das Konzept zur Seite schiebt und sich ganz auf dieses Publikum einlässt. Unsere eigenen Erwartungen, was Kinder interessieren könnte, die brauchen überhaupt nicht zuzutreffen. Außerdem: Kinder sind ein anspruchsvolles Publikum. Vor Studenten bestehen zu können, ist nicht halb so schwer (lacht). ___AR: Was ist für Sie der Benefit einer Kinderuni im Allgemeinen und welchen Nutzen haben die unikids für die Uni Duisburg-Essen im Besonderen? ___S: Ich glaube, es ist ein wichtiger Schritt zur Öffnung der Universität in die weitere Gesellschaft, denn über die Kinderuni erreichen wir nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern. Das ist das eine, und das andere ist, dass man Kindern frühzeitig zeigt, dass es keine unüberwindlichen Barrieren zwischen ihrer Welt und der Welt der Wissenschaft, der Universität, der hehren Elfenbeinturmwelt gibt. So dass diese Barrieren erst gar nicht im Kopf entstehen und später der Sprung von einer Schule in die Universität nicht als Sprung in eine andere Welt empfunden wird, sondern es ist etwas, was schon immer zur eigenen Welt dazugehörte und fast schon eine Selbstverständlichkeit ist. Solche Fremdheitsvorstellungen in den Köpfen abzubauen, damit kann man gar nicht früh genug beginnen. Gerade da, und das ist das Besondere im Ruhrgebiet, wo vielfach die Eltern keine akademische Karriere haben konnten, so dass es für die Kinder auch keine familiären Vorbilder für solche
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Lebenswege gibt. Wenn es das nicht gibt, dann braucht man andere Wege, um die Kinder zu erreichen und dies als Möglichkeit für ihre eigene Zukunft sichtbar und spürbar zu machen. Wenn uns so etwas hin und wieder gelingt, dann hat das Ganze seinen Zweck erfüllt. ___AR: Gibt es eine Vision oder Wunschvorstellung, wie eine Universität für die Bildung der nachwachsenden Generation aktiv werden könnte? ___S: Die Systeme durchlässiger zu machen. Ich habe im letzten Semester eine Gymnasiastin in der Grundvorlesung für den Master-Studiengang – wohlgemerkt - gehabt, die alle Sitzungen besucht hat, alle Hausarbeiten geschrieben und hervorragend abgeschlossen hat. Die besucht parallel zu ihrer Schule im dritten Semester Vorlesungen an der Uni. Das macht den Übergang von der Schule ins Studium viel leichter, die ist bestens informiert und orientiert. Ich glaube, dass es in vielen Fällen für Schüler überhaupt kein Problem ist, solchen Vorlesungen zu folgen. Es beweist ihnen auch, dass sie das alles auch selbst könnten, dass Studium nicht etwas ganz anderes ist, sondern dass es auch auf ihren Fähigkeiten aufbaut und Möglichkeiten eröffnet, die sie sonst nicht haben würden. Von den Schulen her könnte ich mir da mehr Engagement vorstellen, die Schüler zu ermuntern, das wahrzunehmen ich habe gesehen, es geht. ___AR: Wie bewerten Sie die Vorbereitung und Organisation der Kinderuni? ___S: Die Organisation ist wirklich hervorragend, ich bin auch sehr gut im Vorlauf betreut worden, auch was die Präsentation anbelangt. ___AR: Wenn man bei einer Kinderuni-Vorlesung erfolgreich ist, ist das auch sicher ein Erfolgserlebnis der besonderen Art.? ___S: Das hat mir auch gutgetan. Aber wissen Sie, viele von uns verschaffen sich ihre Erfolgserlebnisse lieber irgendwo anders, wo sich das vielleicht in der Reputation auf andere Weise niederschlägt als hier an der Universität. Ich weiß nicht, ob das Rektorat bei Gehaltsverhandlungen bei Kollegen – ich bin davon nicht betroffen – in irgendeiner Weise mit berücksichtigen würde, ob man nun Einsatz im Rahmen der Kinderuni gezeigt hat, oder ob die da nicht lieber Publikationen in bestimmten Fachzeitschriften vorziehen. Lehre wird unterbewertet an der Universität, und solange das der Fall ist, wird auch der Einsatz in der Kinderuniversität unterbewertet.
„Wie kommt Vorwort
das Meeresrauschen in die Muschel?“
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„Es macht Spaß, jedes Mal!“ Björn und Aldona sind studentische Hilfskräfte und betreuen die unikids in der vierten Saison.
___AR Stellt man Veränderungen im Lauf der Zeit fest? ___B Also was die Kinder betrifft, hat man das Gefühl, als ob jedes Jahr die gleichen kommen (lacht). ___A Viele erkennt man schon wieder! ___AR: Macht Ihnen die Arbeit hier Spaß? ___B: Ja, es macht Spaß, jedes Mal! ___A: Man nimmt hier sehr viel Freude mit nach Hause. ___AR: Wie ist es, wenn die Kinder aus den Vorlesungen rauskommen? ___B: Ich denke, dass die Kinder hier auf jeden Fall etwas lernen. Aber ich habe auch das Gefühl, dass sie schon sehr vorgebildet hier reingehen - mich überrascht es manchmal, wie gut sich die Kinder schon auskennen. Vor dem Einlass, wenn die Kinder hier anstehen, hört man schon vieles, erfährt schon selbst vieles, die Kinder wollen ihr Wissen erweitern. ___AR: Die Kinder haben sich schon schlau gemacht? ___A: Das Gefühl hat man schon, sie wissen oft bereits sehr genau, um was es geht. ___AR: Sind die Kinder, die hierher kommen, aufgeweckter? ___B: Ich vermute, dass viele Eltern Akademiker sind, es gibt aber auch Ausnahmen, wo die Eltern sehr neugierig sind, sie wollen z.B. selbst einmal einen Hörsaal sehen. Kinder mit Migrationshintergrund sehe ich seltener hier, das fällt mir schon auf. Allerdings, wenn sie dann hier vor Ort sind, erscheinen die Eltern besonders engagiert - sie wollen, dass die Kinder hier etwas lernen.
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Aus dem Schulalltag. Im Gespräch mit Martina Neuer, Schuldirektorin, Schule Gerschede, Essen-Borbeck, März 2009
___AR: Sie sind schon seit Beginn der Reihe mit Schülerinnen und Schülern zu Gast bei den unikids. Wie ist die Resonanz in diesem Jahr? ___MN: Dieses Mal reichlich wenig, das bin ich nicht gewohnt, dass nur so ein geringes Interesse vorlag. Seit es die unikids gibt, war das dritte und vierte Schuljahr zu einem Dreiviertel vertreten, dieses Jahr war aus der 3. Klasse kein Kind mit dabei und aus der 4. Klasse nur drei Kinder. ___AR: Liegt es eventuell an der mangelnden Unterstützung der Eltern? ___MN: Bis jetzt war es nie ein Thema, viele haben sich angemeldet, sind mit großer Begeisterung mitgekommen. Wir hatten bis jetzt auch immer mehr als einen Termin wahrgenommen, aber dieses Jahr ist es irgendwie mau. ___AR: Erkennen Sie Gründe? ___MN: Keine Ahnung, warum. Aber es ist im Moment auch bei allen anderen Angeboten sehr schwierig, Elternunterstützung zu bekommen. Es sind immer die gleichen, die mitmachen, und die selben Kinder, die interessiert sind. Der Prozentsatz nimmt ab, und das ist schon eine ganze Weile so. Es ist außerdem so, dass die Kinder erstens weniger erzogen sind und zweitens die Schule alleine stemmen sollen - man findet wenig Unterstützung bei Schwierigkeiten, das nimmt deutlich spürbar zu. ___AR: Andererseits ist ein Angebot wie die unikids eine Bemühung, so etwas wie eine Gegenbewegung zu schaffen. ___MN: Richtig. Deshalb informieren wir nicht nur, dass es das Angebot gibt, sondern wir kommen auch gerne mit, geben zwei oder drei Termine an, wo wir mitfahren würden, so dass die Kinder auch mit mir alleine fahren können. Selbst das zieht nicht. Vor vier Jahren sind wir mit 17 Kindern und 12 Eltern gefahren, jetzt sind es drei Kinder und zwei Eltern. Und es sind immer die selben Eltern, die mitmachen, egal was es ist – ob es um Vorlesemütter geht oder um andere Projekte – die sich auch mal freinehmen, wenn sie berufstätig sind. Diese Eltern gibt es natürlich auch. Aber ohne ihre engagierte Mithilfe wäre es kaum noch möglich.
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___AR: Sie haben die 3. und 4. Klasse erwähnt, gibt es für die 1. und 2. Klasse Hoffnung? ___MN: Nein, das sehe ich im Moment leider nicht. Gerade bin ich etwas demoralisiert, denn das, was ich so feststelle - da frage ich mich doch ernsthaft, wie ich das noch 20 Jahre bei geistiger Gesundheit aushalten soll. Ich bin nicht nur Lehrerin sondern auch Schulleiterin, und es ist eine schwierige Situation. ___AR: Es ist eine teilweise beängstigende Entwicklung, die mir bereits aus den Kitas bekannt ist. ___MN: Wir haben leider nicht die Ressourcen, um etwas dagegen zu unternehmen. Was die Schulentwicklung betrifft, wird vieles von Leuten gemacht, die am grünen Tisch sitzen und zum größten Teil die heutigen Kinder nie wirklich erlebt haben. ___AR: Aber es sind immerhin noch ein paar Kinder mit gekommen ... ___MN: Ja, bei den drei Kindern sind jetzt auch zwei dabei, wo ich es nicht unbedingt erwartet hätte, das ist zumindest positiv. ___AR: Könnte es nicht auch ein Ansporn sein, wenn diese Kinder morgen in der Schule erzählen, wie toll es hier war, quasi als Vorbildfunktion? ___MN: Sie dürfen morgen berichten, was wir heute erlebt haben, das ist sicher eine Strategie, die Wirkung zeigen könnte. ___AR: Allerdings gibt es mittlerweile auch ein breites Angebot für wissbegierige Kinder, ob TV-Sendungen, Lernsoftware oder entsprechende Bücher. Wissen ist heute leicht verfügbar, vielleicht gibt es fast schon eine Übersättigung? ___MN: Das Gefühl habe ich manches Mal, dass die Kinder der Meinung sind, „Ich muss es nicht wissen, ich muss es nicht behalten, weil es jederzeit verfügbar ist.“ Wirklich positiv finde ich das nicht. Weil ich auch merke, dass die Dinge unheimlich schnell vergessen sind. Wir sind vor einem Jahr auf Klassenfahrt gewesen und wenn ich jetzt frage, was haben wir denn damals gemacht, das wissen das vielleicht noch drei oder vier Kinder. Das geht so husch vorbei. ___AR: Gegenüber dem klassischen Bestreben, Wissen zu verankern, sich etwas „einzuprägen“ steht die Tendenz, das Wissen kurzfristig aus dem Internet zu besorgen, da wird eben schnell mal „gegoogelt“ ... ___MN: Das ist eine Forderung, die jetzt verstärkt in den Richtlinien kommt, es gilt den Kindern beizubringen, wie sie an Wissen gelangen, wie sie Wissen aufbereiten, es geht nicht mehr um das Behalten. Ich bin eine der wenigen, die noch Gedichte auswendig lernen lässt, jeden Monat ein Gedicht, das ist mir wichtig.
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Im Gespräch mit Martina Neuer, Direktorin Schule Geschede
___AR: Sie haben die unikids von Anfang an live miterlebt. Haben Sie eine Vorlesung besonders gut in Erinnerung? ___MN: Es gab im Verlauf der Zeit immer wieder Themen, die sich gut mit dem Unterricht verschränken lassen. Prof. Bünting schaue ich mir eigentlich immer an, weil ich selbst bei ihm studiert habe, von daher ist das allein schon den Besuch wert. Und dann hat es einmal bei der Chemie ziemlich geknallt, das war auch sehr beeindruckend. Das hat sich sehr gut in der Schule fortgesetzt, weil dann plötzlich ein sehr großes Interesse am Experimentieren da war. ___AR: Eine gute unikids Vorlesung hat also auch Auswirkungen auf den Unterricht? ___MN: Sie hat Auswirkungen auf den Alltag, wenn die entsprechende Lehrperson mit dabei war und das mit aufnimmt. Also ich denke, das ist schon wichtig. Wenn jetzt vom 3. Schuljahr Kinder mitgegangen wären, dann wäre auch eine Kollegin mit dabei, das ist bei uns Programm und ganz normal, denn wir wollen auch wissen, was die Kinder gesehen und gehört haben, wenn wir das anbieten. ___AR: Wenn die unikids eine positive Bestärkung sind, dann kann man auch im Schulalltag davon zehren? ___MN: Es geht nicht um Zeitvertreib, für mich muss da immer was rausspringen, sonst brauche ich es nicht zu machen. ___AR: Ich möchte Sie jetzt einmal ausdrücklich für Ihren Einsatz loben, das passiert wahrscheinlich viel zu selten. Wenn die Schulen ein Kanal sind, um für die unikids zu werben, dann ist das lobenswert, wenn sich die Lehrerinnen und Lehrer persönlich vor Ort engagieren. Vielen Dank für das Gespräch. ___MN: Danke, das tut gut!
Vorwort
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Prof. Backhaus - Didaktik der Physik
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„Es ist ein großes Erlebnis.“ Prof. Dr. Udo Backhaus: Der Mond, das unbekannte Wesen 11. Februar 2005
___AR: Sie haben zu Beginn der Kinderuniversität diese in Konzeption und Didaktik auch wissenschaftlich begleitet. Was hat Sie bewogen, bei den unikids mitzumachen? ___UB: Ich finde den Ansatz gut, erstens junge Menschen überhaupt an die Uni heranzuführen und damit schon früh ein wissenschaftliches Interesse zu wecken und zweitens die Lücke zwischen der Bevölkerung und der Uni zu verringern, denn wir bekommen damit nicht nur Kindern an diesen Ort, sondern auch die Eltern. ___AR: Was ist das Besondere an einer Vorlesung vor Kindern? ___UB: Für mich persönlich ist die Aufgabe nicht ganz so neu, da ich ja auch mit Grundschulstudierenden zu tun habe, die darauf vorbereitet werden, Kinder in der Grundschule für naturwissenschaftliche Inhalte zu interessieren, zu motivieren oder das Interesse aufrechtzuerhalten, das es bei Kindern ja schon gibt. Ab und an habe ich mit kleineren Kindern auch selbst zu tun, es war für mich also nicht so neu. Ich weiß aber, dass die Aufgabe für viele meiner Kollegen, die dort mitgemacht haben, eine echte Herausforderung war, weil sie mit so jungen Kindern noch nichts zu tun hatten. In den Vorgesprächen habe ich mich bemüht, dafür Sensibilität zu wecken, worauf es bei Kindern ankommt. ___AR: Was würden Sie Kolleginnen und Kollegen für den Einstieg raten? ___UB: Es ist eine schwierige Aufgabe, die Aufmerksamkeit von Kindern eine Dreiviertelstunde aufrechtzuerhalten. Man muss zwischendurch sowohl Themen- als auch Methodenwechsel einbauen, man muss die Kinder aktiv beteiligen an der Erarbeitung oder an der „Vorlesung“. Die Erklärungen dürfen nicht zu tiefgehend sein. Es ist häufig bei Kindern in diesem Alter wichtiger, dass sie zunächst auf Phänomene und auf Vorgänge aufmerksam gemacht werden. Das ist wichtiger, als detaillierte Erklärungen zu liefern. Ich glaube, dass der Anspruch an Erklärungen bei meinen Kollegen häufig zu hoch ist. Das ist generell ein Problem an der Grundschule. Es wird zu viel versucht, zu erklären und Erklärungen zu finden, anstatt erst mal zu sammeln und Phänomene bewusst zu machen. Also das bewusste Wahrnehmen der Umwelt im weitesten Sinne sollte bei Kindern viel stärker im Vordergrund stehen. Und dafür sind diese Vorlesungen sehr gut geeignet.
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Prof. Backhaus - Didaktik der Physik
___AR: Was ist der Benefit einer Kinderuni? Was ist die Nachhaltigkeit dieser Aktivitiät? ___UB: Die Frage nach der Nachhaltigkeit ist schwer zu beantworten, das weiß ich auch nicht genau. Die Nachhaltigkeit kann man eher über die Lehrer und Erwachsenen erreichen, indem sie für das Interesse, das die Kinder zeigen, eine Sensibilität entwickeln und da in Zukunft bewusster wahrnehmen, welche Interessen bei den Kindern vorhanden sind. Nachhaltigkeit würde ich da am ehesten erhoffen. Bei den Kindern gibt es eine Nachhaltigkeit nur dann, wenn es eine Kontinuität gibt, wenn das geweckte Interesse auch anschließend weiter gefördert wird, in der Schule oder zu Hause. Was die Naturwissenschaften betrifft, so wird z.B. an den Grundschulen viel zu wenig experimentiert, meine Erfahrung ist, dass Kinder daran großes Interesse haben, es wird nur zu selten befriedigt. Es gilt grundsätzlich, die Lücke zwischen Kindern, Erwachsenen und Universität zu verringern, die Schwellenangst abzubauen, das ist eine wesentliche Funktion. Und das gelingt, den Eindruck habe ich. Ich habe auch bei einigen meiner Kollegen gemerkt, dass da ein Funke übergesprungen ist, welches Potential dahinter steckt und wie viel Begeisterung es bei den Kindern für das Angebot gibt und wie viel Spaß es machen kann, sich darauf einzulassen. Es ist ein großes Erlebnis. ___AR: Der Nutzen speziell für den Standort Essen? ___UB: Ich hänge ein bisschen dem Leitbild der Gründung an, dass wir uns im Essener Norden befinden, einem nicht unbedingt bildungsnahen Umfeld, das wir auch ansprechen wollen. Wenn es auf diese Weise gelingt, eine engere Verknüpfung zwischen Umfeld und Universität zu schaffen, das würde ich mir wünschen. Teilweise hatte ich den Eindruck, dass wir da gute Chancen haben. ___AR: Was ist das Besondere bei einer Vorlesung vor diesem Publikum? ___UB: Ich halte viele Vorträge, aber den Adrenalinstoß zu Beginn und die notwendige Konzentrationsphase, die habe ich generell, das ist kein Spezifikum der Kinderuni. Wobei die Konzentration hier auch besonders wichtig ist, denn der Zuhörerkreis ist ein anderer, ein größerer, ein jüngerer als normalerweise. Das Einstellen auf die Atmosphäre, das fand ich da besonders wichtig. Noch ein Beispiel eines Kollegen aus der Physik, der das im Folgesemester gemacht hat. Er sagte hinterher, „mein Gott, das hab ich gar nicht gewusst, dass die so klein sind“. Er hat sich auf das Alter nicht richtig vorbereitet, weil er die Vorstellung gar nicht hatte. Er hat seine eigene Rolle hinterher sehr kritisch gesehen. ___AR: Was nehmen Sie persönlich aus dieser Aktion mit?
„Es ist ein großes Erlebnis.“
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___UB: Also ich habe persönlich mitgenommen, ich werde versuchen, insbesondere bei meinen Grundschulstudierenden, dieses Erlebnis erstens weiterzugeben und sie dafür zu motivieren, wie dankbar Kinder so etwas annehmen. Damit meine ich jetzt weniger die Kinderuni direkt, sondern das Eingehen auf ihre Bedürfnisse, auf das Experimentieren, das Phänomene-bewusst-Wahrnehmen und Daraufaufmerksam-Machen – das versuche ich seitdem noch intensiver meinen Studierenden zu vermitteln. ___AR: Gibt es Visionen, wie eine Universität für die Bildung der jüngsten, nachwachsenden Generation aktiv werden könnte? ___UB: Da kann ich natürlich am besten über mein eigenes Fach reden und da finde ich es letztlich noch wichtiger, dass wir uns an die halbwüchsigen Kinder wenden, jene im Alter zwischen der 7. Und 10. Klasse, weil da wichtige Entscheidungen für die Zukunft fallen. Wenn ich an das Gymnasium denke, Entscheidungen hinsichtlich der Fächerwahl in der Oberstufe, und wenn ich an jene denke, die die Schule verlassen, auch welche Aspekte sie weiterhin für wichtig halten. Ich glaube, eine Förderung gezielt auf Universität hin hat noch größere Chancen bei den Kindern und Jugendlichen in diesem Alter. ___AR: Das setzt voraus, dass die Schulen mitziehen ... ___UB: Aber so eine Anstrengung würde sich lohnen und die gibt es ja auch. In meinem Fach sind das z.B. die Schülerlabore, das ist einerseits gut, aber da ist mir die Gefahr noch deutlicher, dass das isolierte Ereignisse sind. Schülerlabore sind nur dann fruchtbar, wenn sie auch Rückwirkung auf den Unterricht haben, wenn es nur ein herausragendes Highlight ist, dann ist das schön, ich sehe aber auch die Gefahr, dass anschließend eine Frustration eintritt, wenn es nicht auch Folgen an der Schule hat. Wenn man nur erlebt, wie schön naturwissenschaftlicher Unterricht sein könnte, aber leider die Realität ganz anders ist, dann könnte der Effekt auch gegenteilig sein. ___AR: Das wäre also der Gedanke, nach der Kinderuniversität eine „Teenager-Universität“ einzuführen? ___UB: Ja, es lohnte sich sehr, darüber nachzudenken.
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Mondschattenspiele im Audimax
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Lernen, ein Leben lang. Julias Vater ist Stammgast bei den unikids. Das erste Mal war er mit seiner älteren Tochter Nathalie auf dem Campus, die mittlerweile 13 Jahre alt ist, im zweiten Jahr besuchten die Schwestern zusammen den Hörsaal und in dieser Saison ist Julia (9) mit Freude und Freundin Nina (9) dabei. „Wir haben damals von einer Bekannten gehört, dass so etwas hier stattfindet, und dann übers Internet nachgesehen, was für die Kinder interessant wäre“, blickt der Vater zurück. Der erste Anstoß kam von den Eltern, aber Julia hat dieses Jahr von sich aus gesagt, dass sie gerne wieder zur Kinderuniversität möchte und sich dann die Themen mit der Freundin gemeinsam ausgesucht. Ein Elternteil ist immer mit dabei, doch kommt der Vater mit zum Audimax, auch weil er sich selbst sehr für die Themen interessiert. „Ich muss ganz ehrlich sagen, seitdem ich hier hingehe, habe ich - bis auf ein, zwei Themen - eine ganze Menge gelernt. Das Thema Strom hatten die Mädchen z.B. gerade in der Schule bearbeitet und da war Julia Feuer und Flamme. Jetzt macht sie immer das Licht aus, was sie vorher nicht gemacht hat. Auch hinterher ist der Besuch an der Uni immer ein Thema. Wir setzen uns zusammen und schauen, was sie aus dem Fach mitgenommen und verinnerlicht hat. Sie ist stolz darauf und hat selbst großes Interesse, darüber zu reden, das kommt immer von ihr selbst.“ Beide Töchter sind gute Schülerinnen, Julia wird nächstes Jahr ebenfalls aufs Gymnasium gehen. Beiden macht das Lernen Spaß und beide haben das Glück, dass sie leicht lernen. „Das kann nur von der Mutter kommen, nicht von mir“, ergänzt
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der Vater lachend. Nicht umsonst spielt das Lesen und die Beschäftigung mit Büchern eine große Rolle in der Familie. „Bei uns wird sehr viel gelesen, auch weil meine Frau gerne liest, wir könnten gut und gerne anderthalb Räume mit Büchern vollstellen, die Hälfte mit Kinderbüchern. Die Mädchen sind zudem mindestens einmal die Woche in der Bücherei, um sich Bücher auszuleihen.“ Lesen bildet, fürwahr. Doch auch die Besuche an der Kinderuni bewertet er als eine sinnvolle Sache. Günstig ist für die Familie aus Altenessen natürlich auch der Standort, aber selbst wenn die Veranstaltung an einem anderen Ruhrgebietsort stattfinden würde, wäre das für den Vater kein Problem. Entscheidend ist für ihn zudem die Tatsache, dass die Kinder dadurch eine Universität von innen kennenlernen, und dass es einen Ort gibt, an dem es mit dem Lernen weitergeht. „Es ist schon was anderes als Schule, wo die Kinder feste Fächer wie Deutsch oder Mathematik erwarten. Hier sind es übergreifende Themen, wo sie erst gar nicht wissen, was auf sie zukommt, das ist sehr aufregend und weckt ihre Neugier. Nicht nur ich finde die unikids gut, entscheidend ist, dass die Kinder es wollen. Es macht keinen Sinn, wenn ich sie dazu zwinge.“ Ist ihm eine Vorlesung besonders gut in Erinnerung geblieben? „Gut gefallen hat mir der Vortrag zum Alphabet, was das A mit der Kuh zu tun hat, das war sehr schön rübergebracht. Auch das Thema Stadt ist sehr informativ und darüber hinaus ist es sehr interessant, wie sie es auf der Bühne präsentieren – mit all den Bildern, den beteiligten Personen im Rollenspiel und dem großen Modell. Das ist kindgerecht, so dass sich ein Kind etwas darunter vorstellen kann und das ist wichtig, sonst kommen sie nicht mehr.“
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Lernen, ein Leben lang.
Julia weiß noch nicht, was sie werden will, aber ihre Schwester Nathalie möchte in ferner Zunkunft unbedingt als Tierärztin tätig sein. Sie hat sich deshalb auch am Gymnasium entschieden, bewusst Latein als die zweite Fremdsprache zu wählen. „Latein brauche ich für meinen Beruf“, sagt sie wirklich, „mein Beruf“. Kinder mit klaren Vorstellungen tun sich offensichtlich leichter, weil sie ein Leitbild vor Augen haben und wissen, für welches Ziel man lernt. Nathalie und Julia können jedenfalls mit der engagierten und tatkräftigen Unterstützung der Eltern rechnen. „Ich habe nur einen Hauptschulabschluss und erst später angefangen wirklich zu lernen - aber besser spät als nie!“, erzählt der Vater mit einem Lachen. „Ich wusste schon früh, dass ich einen handwerklichen Beruf ergreifen möchte, über die Abendschule habe ich den Meister gemacht, habe Englisch- und Computerkurse besucht, woran ich früher kein Interesse hatte. Es ist mir auch wichtig, dass ich für meine Kinder dazulerne, denn es ist ja gar nicht so einfach - selbst in der Grundschule - den Kindern mit Wissen zu helfen und sie beim Lernen zu unterstützen. Und die unikids sind eben auch eine gute Sache, um ihren Horizont zu erweitern.“
Nina und Julia nach der unikids-Vorlesung, M채rz 2009 Vorwort
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„Die Neugier und den Wissensdurst beflügeln.“ Hans Martz, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Essen
___AR: Wann sind Sie erstmals mit dem Thema Kinderuniversität in Kontakt gekommen? ___HM: Die Sparkasse gehört zu den langjährigen Förderern des Projektes unikids – insofern ist mir das Thema „Kinderuniversität“ schon seit einiger Zeit ein Begriff. ___AR: Was hat die Sparkasse bewogen, diese Projektidee zu unterstützen? ___HM: Es war für uns nie eine Frage, dass dieses Projekt förderungswürdig ist. Und wer einmal die Begeisterung der Kinder gesehen hat, ist ohnehin Fan. Deswegen haben wir uns auch nicht nur materiell beteiligt, sondern Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben Vorlesungen mitgestaltet – einmal war sogar ein echter Geldautomat im Vorlesungssaal. ___AR: Was ist für Sie persönlich der Benefit einer Kinderuniversität? ___HM: Ich halte es für außerordentlich wichtig, die Neugier und den Wissensdurst der Kinder zu beflügeln und Hemmschwellen abzubauen. Es gibt Stadtteile in Essen, in denen das Studium für viele Kinder nur eine konsequente Fortsetzung der schulischen Ausbildung ist, die die Eltern natürlich unterstützen. Hier ist die Kinderuni sicherlich schön, um die Kinder früh und mit Freude an das Thema „Universität“ heranzuführen. Es gibt in Essen aber auch andere Regionen, die von der Struktur der Bevölkerung her nicht akademisch geprägt sind. Für solche Kinder stellt der unbefangene erste Kontakt zur Hochschule eine große Chance dar, bei entsprechender Begabung nicht aus falschen Gründen auf eine Hochschulausbildung zu verzichten. ___AR: Welchen Nutzen bieten die unikids für den Standort Essen? ___HM: Die Sparkasse Essen ist als öffentlich-rechtliches Kreditinstitut den Menschen sowie der Stadt Essen sehr verbunden und kümmert sich natürlich um die Perspektiven des Standorts. Insofern ist es nur konsequent, dass wir uns auch um möglichst gute Bildungsund Aufstiegschancen für die Kinder bemühen. Und nicht zuletzt brauchen wir als eine Gesellschaft in Zeiten schrumpfender Bevölkerungszahlen qualifizierten Nachwuchs.
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Die Kinderuni ist aus meiner Sicht ein hervorragender Ansatz, den Kindern und Jugendlichen die mögliche Scheu vor der Hochschulwelt zu nehmen und früh Interesse zu wecken. ___AR: Welche Bedeutung haben die Kinderunis für die Metropole Ruhr? ___HM: Unsere Kinder sollten möglichst clever sein und viele Fähigkeiten erwerben. Welcher Universitätsstandort den Kindern ein Angebot macht, ist aus meiner Sicht zweitrangig – je mehr Möglichkeiten, desto besser. Essen ohne Unikids wäre für mich dagegen nicht mehr vorstellbar. ___AR: Welche Form der „Nachhaltigkeit“ versprechen Sie sich von einer Kinderuni? ___HM: Ich verspreche mir viel davon, Kinder früh und ohne die Berührungsängste, die Erwachsene entwickeln, in Kontakt mit der Universität zu bringen. Entsprechend hoffe ich, dass viele junge Besucher der Kinderuni später als Studenten wiederkommen. Denn für unsere Gesellschaft sind potenzielle Absolventen ein kostbares Gut. ___AR: Gibt es Wünsche oder Visionen, wie eine moderne Universität für die Bildung der nachwachsenden Generation aktiv werden könnte? ___HM: Für mich ist eine Universität das jeweilige intellektuelle Zentrum der Stadt, das möglichst engen Kontakt zu den Bürgern vor Ort hat. So können z.B. bei öffentlichen Veranstaltungen oder Podiumsdiskussionen die Hochschullehrer ihr Know-how zum Nutzen aller Bürger einbringen. Wenn die Universität, studentisches Leben und der Dialog miteinander zur Erfahrungswelt der Kinder zählen, werden sie schon früh selbstverständlicher Bestandteil des täglichen Lebens und Baustein für die eigene Zukunft. ___AR: Sind Sie persönlich involviert in das Thema? Haben Sie Kinder oder Enkelkinder, denen Sie die unikids ans Herz legen würden? ___HM: Ganz so weit sind wir noch nicht – in bin sozusagen in der „Zwischenzeit“: Meine Kinder stecken mitten im Studium, die Hemmschwelle gilt somit als erfolgreich überwunden. Als sie jünger waren, gab es die Kinderuni leider noch nicht. Aber ich könnte mir gut vorstellen, in entfernter Zukunft einmal ein Enkelkind zur Vorlesung zu begleiten – vielleicht interessiert es sich ja schon sehr früh für Geld- und Finanzierungsfragen (lacht).
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Wie funktioniert eine Bank und was haben Computer damit zu tun? Vorf端hrung zur Vorlesung, Februar 2008
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Über das Knackwurst-Keks-Diagramm und andere Einsichten. Prof. Dr.-Ing. Jochen Menkenhagen: Wie funktioniert Glas? 1. März 2006 und Lange Nacht der Wissenschaften 2007
___AR: Sie haben zwei unikids Vorlesungen gehalten, unterstützt von diversen „special effects“: zum Beispiel war ein Glasbläser mit auf der Bühne oder die Kinder durften auf eine Glasplatte einschlagen. ___JM: Ja, jeder konnte dreimal schlagen, wir waren noch Stunden danach im Hörsaal
(lacht). Wir wollten zeigen, warum Glas so fest sein kann, und das war richtig gut. Dann hatten wir noch zwei größere Scheiben stehen, da durften die Kinder mit einem Fußball draufzielen, und tatsächlich das machen, was man sonst nicht darf, nämlich sie kaputt schießen. Sie trugen dabei einen Bauhelm, Schutzbrille und Handschuhe, falls die Glasscheibe splitterte. Dann gab es eine „Glasmachmaschine“, ein Holzmodell, dass ich zu Hause nachgebaut hatte und mit dem gezeigt wurde, wie ein richtiger Ofen im Floatglasverfahren funktioniert. Kinder aus dem Publikum haben die Bestandteile, aus denen Glas besteht, in einen Trichter geschüttet, irgendwann ging eine blaue Lampe an, und ich habe aus der Maschine mit etwas Zauberei tatsächlich eine fertige Glasscheibe gezogen, die vorher darin versteckt war. Die Kinder fanden es total cool, dass man aus dieser Maschine tatsächlich Glas machen konnte. Für die Veranstaltung hat das mächtig für Furore gesorgt. Anlässlich der Langen Nacht der Wissenschaften hatte ich noch eine weitere Besonderheit. Im Werkstoffbereich gibt es Spannungs-Dehnungslinien - nichts Kompliziertes, aber wenn man das noch nie gehört hat, sind die Werkstoffeigenschaften von Glas und Stahl schwierig zu erklären: Stahl ist elastisch und kann sich verformen, Glas ist spröde und geht sofort kaputt. Dafür habe ich ein „Knackwurst-Keks-Diagramm“ entwickelt. Einen Keks zu biegen, das geht natürlich nicht, das weiß jeder, der bricht und zerbröselt, aber mit der Knackwurst kann man das machen, die konnte ich biegen, bevor sie zerbrach. Das genau ist der Unterschied zwischen Glas und Stahl. Und der Gag war, dass die Kinder hinterher die Wurst und die Kekse aufessen durften. ___AR: Wie kam es zum Thema Glas? ___JM: Ich beschäftige mich in meiner Forschung mit Glas, da tut sich eine ganze Menge.
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Gerade bauen wir gemeinsam mit der Uni Dresden einen Doppel-T-Träger aus Glas. Es mir ein Anliegen, den Jugendlichen zu zeigen, dass Physik und Mathematik nicht dazu da sind, um Schüler zu ärgern, sondern dass man es tatsächlich spannend vermitteln kann. Der Vorteil, den ein Bauingenieur hat, ist, dass er hinterher sieht, was er mit seiner Physik und Mathematik gemacht hat, nämlich Bauwerke errichten. ___AR: Glas hat auch den Vorteil, dass Kinder einen direkten, alltäglichen Bezug dazu haben, ob ich nun beim Essen zum Trinkglas greife oder durch das Fenster schaue. ___JM: Glas sieht man nicht, aber man merkt doch, dass es da ist. Und es hat auch eine lange Geschichte, ich habe in der Veranstaltung erzählt, dass Glas ganz zufällig entstanden ist oder dass die Pharaonen Glasaugen hatten. Glas ist aber auch gefährlich, man kann sich daran schneiden. Der Glasbläser hat ganz dünne Kugeln gemacht, die konnte man zwischen die Hände nehmen und das Glas wie eine Seifenblase zerdrücken - das war natürlich eine vollkommen neue Erfahrung - und darin habe ich die Themen Vorspannung und Mechanik verpackt. Es war schon eine spaßige und spannende Sache. ___AR: Was hat Sie bewogen, bei der Kinderuni mitzumachen? ___JM: Mit Kindern etwas zu tun und mich gleichzeitig zu testen, ob ich die Dinge so weit herunter brechen kann, dass sie auch Nicht-Experten verstehen. Schaffe ich es, diese komplizierten Vorgänge so zu übermitteln, dass ich nicht nach fünf Minuten mit Papierkügelchen beschossen werde? (lacht). Wie kann ich es für den, der keine Ahnung davon hat, so darstellen, dass er Spaß an komplizierten Dingen hat? Oder: Wie kann man Kinder für Technik und Mathematik begeistern? ___AR: Es geht nicht nur darum, die Inhalte kindgerecht zu vermitteln, sondern eine Begeisterung für das Thema zu transportieren, die Kinder mit einer Geschichte zu fesseln. ___JM: Richtig. Man muss auch einen Spannungsbogen aufbauen, so dass man immer noch einen draufsetzt, aber trotzdem Wissen dabei vermittelt. Am besten wäre es, wenn sie gar nicht mitbekommen, dass man ihnen Wissen vermittelt hat und sie nach Hause gehen und sagen: „Ich weiß jetzt, warum die Scheibe nicht kaputtgeht.“ ___AR: Wie sind Sie die Aufgabe inhaltlich angegangen? ___JM: Ich habe über die Geschichte von Glas erzählt, über Vor- und Nachteile, wo es eingesetzt wird, und dass man in der Entwicklung Glas so aufbereitet, dass es unseren Anforderungen entspricht. Wichtig war, dass es quasi keinen Unterschied zwischen Glas und Beton gibt - wobei man durch das eine durchgucken kann und durch das andere eben nicht. Die Bestandteile sind fast die gleichen, deshalb sind Glas und Beton auch gleich schwer.
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___AR: Konzeptionell haben Sie viele Experimente in die Vorlesung eingebaut. ___JM: Das muss sein, eine Dreiviertelstunde nur mit Vortrag - da würde ich mich schwer tun. Bei uns hat mal ein Assistent gesagt „es muss knallen“ - es muss etwas passieren, damit man Begeisterung schaffen kann. Den drögen Mathematik- und Physik-Stoff aus den Schulen kann man anders darstellen, das ist meine Theorie. Ich glaube, dass ich in der Lage wäre, fast jeden davon zu überzeugen, dass es wirklich Spaß machen kann. ___AR: Sie sind Vater, hat das bei der Vorbereitung geholfen? ___JM: Es hat geholfen, mich zu motivieren, weil bei uns das Internet aus dem Rechner und der Strom aus Steckdose kommt, aber keiner meiner Söhne hat bis vor kurzem hinterfragt, wo das tatsächlich herkommt. Das ärgert mich. Ich war früher vom Schuco-Spielzeug begeistert, ich hatte einen Wagen mit Differential und eine Dampfmaschine. Das haben die Kinder heute nicht und das regt mich auf. Sie haben Game Boys und Computer, das ist nicht schlecht, ohne das geht es nicht mehr, aber mich würde freuen, wenn man mehr Interesse wecken würde, wie es funktioniert. ___AR: Bei einer Mechanik kann ich die Funktion allerdings leichter nachvollziehen, gegenüber einer Blackbox in der Elektronik oder beim binären Code. ___JM: Man kann durch Glas schauen, aber was da drin passiert, ist auch nichts anderes als eine Blackbox, das kann ich aber aufdröseln. Wenn man weiß, dass manche Dinge bestimmte Kinder und soziale Schichten motivieren, wenn man weiß, dass Kinder gerne mit Computerspielen spielen, dass sie gerne im Internet surfen, dann stellt sich die Frage, warum man diese Dinge nicht benutzt, um Wissen zu transportieren. Also: Ich mache ein Strategiespiel - ein Projekt von dem ich immer noch träume – und in diesem Spiel nutze ich all das, was sie gerne tun: sie spielen, kommen weiter, lösen Aufgaben, die etwas mit meinem Fach zu tun haben. Warum nutze ich solche Instrumente nicht an der Schule? Wir kommen ohne die neuen Medien nicht weiter, also muss man das ausnutzen. Ich verpacke Wissen in Spiel und Spaß, und sie bekommen gar nicht mit, dass sie Wissen vermittelt bekommen. ___AR: Was ist das Besondere bei einer Vorlesung vor diesem speziellen Publikum? ___JM: Ich habe noch nie so geschwitzt bei einer Vorlesung (lacht). Die Kinder sitzen da schließlich freiwillig, es gibt keine Abhängigkeit zwischen dem Vortragenden und den Zuhörern. Sie sind aus Neugier da, weil sie etwas wissen wollen. Wenn die Veranstaltung schlecht ist, dann bekommt man das auch gezeigt, das trauen sich andere Zuhörer nicht immer. Kinder haben zwar Benimm und Anstand, aber man kann nicht von ihnen verlangen, dass sie höflich sind. Wenn sie sich langweilen, dann langweilen sie sich. Also muss man
Glaseigenschaften im Selbstversuch, M채rz 2006
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gut sein, damit man nicht nach einer halben Stunde vor einem Haufen steht, wo alles drüber und drunter geht. ___AR: Der Vortragende spürt in diesem Fall sein Scheitern direkt. ___JM: Das ist gut (lacht) ... das ist genau richtig. ___AR: Was nehmen Sie persönlich aus dieser Aktion mit? ___JM: Viel Spaß und viel Freude. Und ich nehme mit, dass unsere Kinder und Jugendlichen - auch aus den anderen Aktionen, die ich mache - nicht so dumm sind, wie immer getan wird. Sie lassen sich auch für scheinbar komplizierte Dinge faszinieren, wenn man sie richtig aufbereitet und kundtut. Die Sache mit den Pisa-Studien glaube ich nicht so ganz. Es liegt nicht nur an den Kindern und Jugendlichen, sondern auch daran, dass diejenigen, die es vermitteln sollen, teilweise nicht motiviert genug sind. ___AR: Was würden Sie Kolleginnen und Kollegen für den Einstieg raten? ___JM: Schwierig. Natürlich sollte man versuchen, die komplizierten Dinge herunterzubrechen, und für den Einstieg möchte ich raten, die persönlichen Eitelkeiten vor dem Hörsaal zu lassen, weil die da drin keinen interessieren. Ich muss mich nicht beweisen, indem ich hochgradig wissenschaftlich mit vielen Fremdwörtern gespickt rede, um meine Klasse herauszustellen, das brauche ich da nicht. Eher das Gegenteil ist hier eigentlich der Fall. Und ich glaube, die, die es richtig können, die können es auch runterbrechen. Ich glaube, dass einer, der sein Handwerk nicht versteht, das nicht kann. Ich bin Baustatiker, und da gibt es beispielsweise den Ausdruck eines Momentgelenkes, das ist eine Stelle im System, wo man keine Biegungen übertragen kann. Also ihre Hüfte ist ein Momentgelenk, wenn das nicht funktioniert, dann tut das Bein weh. Ich sage in den Vorlesungen ganz abfällig, das ist 'ne Murmel, da machen wir 'ne Murmel rein. Und das mache ich, weil sie sich über die Murmel amüsieren, aber sie vergessen nie mehr, was ein Momentgelenk ist. ___AR: Was ist für Sie der Benefit einer Kinderuniversität? ___JM: Ich glaube, dass es wichtig ist, dass sich die Universitäten - gerade auch hier in diesem Ballungsraum - nach außen präsentieren und öffnen. Und durch die Kinder erreicht man die Eltern. Ich bin danach auch von Nachbarn und von vielen Eltern angesprochen worden, die das gut fanden. Man hat dadurch also eine Möglichkeit, sich nach außen zu präsentieren, über die Kinder an die Eltern heranzukommen, und zu zeigen: “Wir sind da und wir taugen auch zu was.“ Den Kindern sollte dadurch einfach die Angst vor solchen Institutionen genommen werden. Es ist ganz normal hier, dass man neugierig ist, dass
„Da machen wir 'ne Murmel rein“
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man versucht, Dinge zu entdecken, dass man forscht – es geht darum, diesen hochtrabenden Nimbus runterzubrechen. Wir sind ganz normale Menschen an den Universitäten, die ganz normal reden können und spannende Dinge machen. ___AR: Und speziell der Standort Essen? ___JM: Dazu möchte ich etwas ausholen: Ich verfolge derzeit die Idee, so etwas wie ein „Teilzeitstudium“ zu initiieren, einen Teilzeitstudiengang, wo die Studierenden, Mütter oder Studenten, die arbeiten, das 1,5-fache der normalen Regelstudienzeit verwenden dürfen. Ich glaube, dass wir hier in Essen eine ganz besondere Klientel haben, anders als z.B. in München oder Berlin. Unsere Studierenden gehen oft arbeiten oder müssen arbeiten gehen, viele haben Probleme, die Studienbeiträge zusammenzubekommen, und das müsste man eigentlich unterstützen. Ich glaube, dass wir hier ein großes Potential im Ruhrgebiet haben. Wenn man über solche Veranstaltungen schon frühzeitig auf sich aufmerksam macht, damit das Potential, das da heranwächst, auch wirklich hier bleiben könnte, dann glaube ich, dass die Universität eine ganze Menge davon haben würde. Unter anderem auch mit solchen Projekten, wo man sagt, wir machen genau das, was wir hier in der Region brauchen und gehen auf die Menschen in dieser Region ein. Denn hier studieren nicht viele von außerhalb, die kommen alle aus der Ecke und aus dem Rheinland. Wir brauchen die Leute hier in der Universität. Und das, glaube ich, ist eine gute Sache: den Nachwuchs rekrutieren und an die Uni binden. ___AR: Durch solche Veranstaltungen wie die unikids erzeugt man auch eine Bürgernähe, die für den Standort Universität wichtig ist. ___JM: Es kommt keiner von draußen zu irgendwelchen wissenschaftlichen Vorträgen. Es hört sich keiner einen Vortrag an über die Vorspannung im Glasbau im Speziellen und bei Dingenskirchen im Allgemeinen, das interessiert herzlich wenig, das muss man entsprechend verpacken. Und man kommt nirgends so gut an die Eltern heran wie über die Kinder. Ich sage „öffnen, öffnen, öffnen“ - das mystische Konstrukt Universität ist gar nicht so mystisch. Ich komme aus einer Arbeiterfamilie und ich hätte mich zu meiner Zeit in eine Universität nie reingetraut. Sich öffnen, dem Nachwuchs zeigen, dass die Steuergelder, die wir dafür verwenden, gar nicht so dumm ausgegeben sind und die Leute, die an einer Uni arbeiten, gar nicht so arrogant sind, wie man vielleicht vermutet. ___AR: Gibt es Visionen, wie die Uni für die Bildung der jüngeren, der nachwachsenden Generation aktiv werden könnte? ___JM: Ein schwieriges Thema. Ich glaube, dass eine Universität ihre Studierenden so aus-
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Prof. Menkenhagen hält den Faktor Spaß für immens wichtig
bilden sollte, dass das nicht erforderlich ist, sonst hängen wir uns noch in die Schulbildung. Ich bin auch in Beiräten in Gymnasien. Ich glaube nicht, dass wir an der Uni für die Bildung unserer Kinder verantwortlich werden sollten, denn wir haben hier eine Aufgabe und das sind die Lehre und die Forschung. Im Moment wird immer mehr auf die Lehrenden abgewälzt, das ist leider so. Wobei die Randbedingungen meiner Meinung nach nur unvollkommen oder gar nicht geändert werden. Es kann eine Aufgabe einer Universität sein, auf das Universitätsleben, das ja nicht nur aus Forschen, Lehren und Lernen besteht, neugierig zu machen, aber ich glaube, dass wir uns in die Bildung der Schüler nicht einmischen sollten. ___AR: Klare Worte. Oft heißt es ja auch, dass die Universität schon viel früher in der Schule präsent sein sollte, dass sie Angebote macht, wobei es in diesem Bereich ja bereits Aktivitäten gibt. ___JM: Wir hatten gestern ein langes Gespräch, warum unsere Studierenden momentan so träge sind. Wir bieten Exkursionen an und keiner geht hin, wir bieten Praktika im außereuropäischen Ausland - warum meldet sich da keiner dafür? Ich glaube, dass der Faktor Spaß eine wesentliche Rolle in Bezug auf Erfolg spielt. Durch das neue System ist Spaß nicht mehr so gegeben, wie zu meiner Zeit, als ich studieren durfte. Das heißt, es ist verschult, sie müssen ihre credits machen, ihre workloads abliefern, sie haben Prüfungen im Semester. Einmal ein Jahr ins Ausland zu gehen kann man sich gar nicht erlauben, weil man dann den Prüfungsrhythmus unterbrechen muss. Den Faktor Spaß halte ich für unglaublich wichtig, und wenn ich jetzt schon im Vorschulalter mit Universität, Lehre und Bildung komme und das nicht richtig mache, dann koche ich die Kinder mürbe und sie haben hinterher keine Lust mehr. Zu einer guten Entwicklung gehört auch Freizeit und deshalb denke ich, man sollte Kinder auch ein bisschen in Ruhe lassen. Nur wer gute Soft Skills beherrscht und auch mal über den Tellerrand blickt, der wird wirklich gut. ___AR: Würden Sie nochmals eine unikids Vorlesung gestalten? ___JM: Ja, aber mit einem anderen Thema, denn für mich ist jetzt der Spannungsbogen raus. Mit einem neuen Thema könnte ich mir das gut vorstellen.
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Die 5.Klasse der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Schule aus Duisburg zu Gast in Essen
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„Ihr geht da jetzt alleine rein ... ... denn Eltern und Lehrer sind hier nicht erlaubt. Wenn die Vorlesung zu Ende ist, dann stehen wir hier vorne und wir warten, bis der letzte von euch herausgekommen ist, wir laufen euch nicht weg ... ist das klar? Wir verlassen uns drauf, dass ihr euch ordentlich benehmt, ihr wisst, ihr seid gut erzogene Kinder! Und wenn nicht, dann mach’ ich so was nie wieder mit euch!“ So lautet die klare Ansage, die Gabriele Frericks ihren Schülerinnen und Schülern mit auf den Weg gibt, bevor sie im Hörsaal des Audimax ihre erste unikids-Vorlesung erleben dürfen - 26 Jahre Schuldienst Duisburg-Nord sprechen für sich. Zusammen mit ihrer Kollegin Annette Diederich hat die Lehrerin der Gesamtschule mit ihren Zöglingen der 5.Klasse einen Ausflug zur Kinderuni gemacht. „Ja, das ist uns wichtig hier“, betont Gabriele Frericks. „Gerade im Duisburger Norden ist es schwierig, Schüler an bestimmte Angebote heranzuführen, die Eltern machen das meistens nicht. Es geht darum, den Schülerinnen und Schülern die Sinne zu schärfen für das, was um sie herum in ihrem Leben passiert und was rund um sie organisiert wird, ob das Museumsbesuche sind oder auch die Oper, wo sie sonst auch nicht hinkommen würden. Ich habe hier eine nette Kollegin, die das unterstützt und einfach mitkommt. Eigentlich hätten wir schon Feierabend.“ Der Besuch solcher Orte des außerschulischen Lernens verlangt immer den persönlichen Einsatz von Einzelnen, was an dieser Stelle lobend erwähnt werden soll. Gut, dass das Duisburger Exkursionsbeispiel kein Einzelfall ist, viele Schulen aus der Gegend nutzen das Angebot der Kinderuni, um mit einer kleineren Gruppe zu den Vorlesungen aufzubrechen.
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Der Weg ist das Ziel
Mit elf Schülern ist die Gruppe aus Duisburg mit der Bahn gekommen, wobei viele der Kinder überhaupt zum allerersten Mal mit dem Zug gefahren sind, sie konnten sogar einen Blick in den Führerstand werfen, das war ein richtiges Abenteuer. Mit dem Schoko-Ticket sind die Fahrtkosten umsonst, Essen und Trinken wird mitgebracht, der Eintritt ist frei, so entstehen keine Unkosten, das ist den beiden Lehrerinnen sehr wichtig alles, wenn überhaupt, darf nur ganz kleines Geld kosten. Das Thema Universität trifft bei den jungen Besuchern auf großes Interesse. Zuvor gab es nur eine vage Vorstellung, manche hatten von älteren Verwandten oder Freunden vielleicht einmal davon gehört. In der NRZ erschien im Vorfeld auf der Seite für Kinder ein Artikel über die unikids, daraufhin hat Annette Diederich das Thema spontan für den Deutsch-Unterricht aufgegriffen und auch ein Aufgabenblatt dazu erstellt. „Wir haben uns über die Universität informiert“, erzählt die Lehrerin. „Was ist das überhaupt ‚eine Hochschule’, seit wann gibt es Unis, wer geht da normalerweise hin, wer sind da die Lehrer, wie sieht es dort aus? Sie haben nun ein Bild davon und sind sehr gespannt, was jetzt alles passiert, auch im Vergleich zur Schule.“ Die Lehrerinnen begrüßen die angenehme Atmosphäre im Audimax, sie haben mit viel mehr Andrang gerechnet und sind beeindruckt von der reibungslosen Organisation, inklusive dem Hörsaal für die Erwachsenen, wo parallel die Vorlesung übertragen wird. „Da steckt viel Arbeit dahinter“, sagt Frau Fredericks, „und es ist gute und wichtige Arbeit - gerade für jene, die das von zu Hause her nicht kennen. So lange ich es von den Kräften her noch kann, machen wir das wieder - nicht wahr Annette?“ „Bestimmt“, unterstreicht Frau Diederich. „Ich bin auch ganz neugierig und würde jetzt am liebsten selbst da drin sitzen“.
Eine Duisburger Schulklasse zu Gast in Essen
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PS: Nach der Vorlesung befragt, ob es den jungen Gästen aus Duisburg denn gefallen hat, wurde mit einem lauten, einstimmigen „Jaaaa“ geantwortet. „War zu kurz“ meldete sogar eine Stimme aus der Mitte. „Nee, war genau passend“ kam eine andere Meldung. Und, dass sie unbedingt wiederkommen möchten ... Willkommen auf dem Campus. Ihr wisst ja jetzt, was das ist.
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Mit Bewegung geht alles besser. Roxane sorgt mit einem Lächeln für Ruhe und Ordnung
___AR: Wann werden die Kinder üblicherweise unruhig? ___R: Am Anfang sind sie zu neugierig, um laut zu sein, zu gespannt darauf, was jetzt passiert. Nach den ersten zwanzig bis dreißig Minuten kommen dann die ersten Konzentrationsschwächen, und wenn dann einer laut ist, stört das die anderen sehr. Da heißt es dann schnell eingreifen. Wenn zwischendurch z.B. Musik kommt oder alle gemeinsam antworten oder auch mal laut schreien dürfen, dann lockert das die Kinder wieder auf. Es ist belegt, dass Bewegung, die mit den Sinnen gekoppelt ist, effizient wirkt. Lockerungsspiele wären hilfreich, denn die Kinder müssen ja auch die ganze Zeit sitzen. ___AR: Wie reagiert das ordnende Team auf Störquellen? ___R: Unterschiedlich. Man sieht schon, wenn Kinder total desinteressiert sind, weil sie z.B. eher zum Besuch gezwungen wurden. Dann geht man hin und ermahnt die Kinder mit einem freundlichen, aber bestimmten Ton. Das wirkt in den meisten Fällen, weil sie das nicht erwarten und sich eher erschrecken, wenn sie zurechtgewiesen werden. Dann reißen sie sich meistens zusammen. Wenn sie mehrmals stören, muss der Ton schärfer werden. Heute ist es übrigens zum ersten Mal passiert, dass vier Jungs den Hörsaal verlassen mussten, aber das ist echt ein Einzelfall. ___AR: Macht die Arbeit Spaß? ___R: Ja, das macht super viel Spaß. Man steht sich zwar zwischendurch die Beine in den Bauch, aber die Arbeit mit Kindern ist generell einfach ein Vergnügen.
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„Ein Sack voller Flöhe.“ Prof‘in Dr. Lisa Hefendehl-Hebecker: Als die Null ins Zahlenreich kam. 14. März 2007
___AR: Was hat Sie bewogen, bei der Kinderuni mitzumachen? ___HH: Ich wurde gefragt, ob ich das machen möchte. Als Fachdidaktikerin hat man von Natur aus eher mit Kindern zu tun. Es war in der Performance nachher anstrengend, einen Sack voll Flöhe vor sich zu haben, aber es ist doch sehr schön. Kinder kann man oft mehr begeistern als Erwachsene. ___AR: Wie sind Sie die Aufgabe inhaltlich und konzeptionell angegangen? ___HH: Ich hatte diesen Stoff - das Theaterstück - bereits als „Nebenprodukt“ eines Forschungsprojektes vorliegen, wo ich untersucht habe, warum die Zahl Null für Lernende etwas problematisch ist, jedenfalls auf den ersten Blick. Und weil ich immer schon gern fabuliert habe, entstand aus den Forschungsergebnissen eine Geschichte. Dieses Theaterstück wurde mit Schülerinnen und Schülern entwickelt, ich habe gesehen, wie unkompliziert und ideenreich sie mit der vorgegebenen Prosa umgegangen sind. Weil das mit Kindern entstanden ist und von Kindern für Kinder weiterentwickelt wurde, müsste das den Kindern Spaß machen, wenn man es ihnen präsentiert – so der Grundgedanke. ___AR: Welche Erfahrungen haben Ihnen bei der Vorbereitung geholfen? ___HH: Ich habe in der Ausführung von Unterrichtserfahrung in der Schule profitiert. Es hat allerdings meine volle Konzentration gefordert und war ziemlich anstrengend, mit dem ganzen Lärm und dem Gebrodel umzugehen. Zudem hatte ich den Vortrag so vorbereitet, dass die anderen nur ihre Sätze auswendig lernen mussten und auf das Stichwort für den Einsatz warteten, um für die anderen den Vorbereitungsaufwand minimal zu halten und uns die Generalprobe zu ersparen - das wäre mir etwas albern vorgekommen. Ich hatte mir also zugemutet, sozusagen die ganzen Fäden in der Hand zu haben. ___AR: Was ist das Besondere bei einer Vorlesung vor diesem Publikum? ___HH: Diese Altergruppe ist ein anderes Publikum, als wenn man Erwachsene vor sich hat, die diszipliniert dasitzen und die man über das Zuhören fesseln kann. Bei Kindern muss man ein Stück „Miterleben“ inszenieren, das gibt der Sache eine andere Dynamik. Man kann sich nicht so leicht auf den Kanal der verbal transportierten, intellektuellen Vermittlung
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beschränken, sondern muss die Kinder anders ansprechen. Ich habe deshalb auch versucht, die Kinder aktiv zu beteiligen, sie auf die Bühne zu holen, so dass nachher ein Wettstreit entstand, wer jetzt mitmachen darf. Damit sie eine Stunde bei der Stange bleiben, muss insgesamt mehr Bewegung rein. ___AR: Was nehmen Sie persönlich aus dieser Aktion mit? ___HH: Es war eine ganz interessante Erfahrung, aber doch auch sehr anstrengend. ___AR: Was würden Sie Kolleginnen und Kollegen für den Einstieg raten? ___HH: Da kann ich keine allgemeinen Ratschläge geben. Ich habe immer gerne mit Kindern etwas gemacht, ihnen vorgelesen oder mit ihnen zusammen etwas geschrieben oder gespielt. Man muss versuchen, einen unmittelbaren Draht zu den Kindern zu kriegen, manchmal macht man so etwas auch rein intuitiv. ___AR: Was ist für Sie der Benefit einer Kinderuniversität? ___HH: Das ist eine Frage mit verschiedenen Facetten. Es ist inzwischen modern geworden, dass Universitäten Public-Relations-Aktionen veranstalten, da sind die unikids eine von möglichen Aktivitäten. Die Kinder selbst haben die Gelegenheit, Dinge zu erleben, die ganz anders sind, als das, was sie in der Schule erleben. Und sie bekommen den Eindruck, die Uni ist nicht so etwas Entrücktes - das ist ja häufig das Image von Wissenschaft in der Bevölkerung – sondern die Universität ist etwas, was sich spannend mitteilen kann, auch bereits für uns Kinder. ___AR: Und speziell für den Standort Essen? ___HH: Ich weiß nicht, ob man das standortspezifisch formulieren kann. Bei jenen Universitätsstandorten, die keine Traditionsstandorte sind, ist es gut, wenn Dinge passieren, die dazu beitragen, dass die Bevölkerung ein Verhältnis zu ihrer Universität bekommt. Ich habe Folgendes erlebt: Als der Sturm Kyrill herrschte, waren die Bahnen nicht intakt, und da bin ich auf abenteuerliche Weise nach Essen gekommen, über die Straßenbahnen von Duisburg aus, und über diese Sondersituation kamen die Leute ins Gespräch. Da fragte mich eine Frau, wo ich denn jetzt hinwill, wo ich arbeite. Ich antwortete: „Ich arbeite an der Uni Duisburg-Essen.“ Und da sagte sie: „Ach, die ist da, wo Ikea ist.“ Das zitiere ich seitdem immer scherzhaft, die Uni ist neben Ikea. Hier ist die Uni ein Zweig unter vielen anderen, sie gehört nicht zur angestammten Identifikation dieser Stadt, möchte ich mal vermuten, ich kann es nicht sagen, ich bin hier noch nicht so lange. Dann ist es sicher auch richtig, dass etwas passiert, dass die Bevölkerung ein Verhältnis dazu bekommt, dass sie erleben kann – „was wird da gemacht, was passiert da“ – kann sich die Uni auch uns mitteilen?
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Prof‘in Hefendehl-Hebecker - Didaktik der Mathematik
Als die Null ins Zahlenreich kam, war die B端hne nicht leer
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Duisburger Dauergäste: Eine Gruppe hat was zu erzählen
„Wir staunen, wie viel hängenbleibt.“ Luisa ist nur eines von sechs Kindern einer bunten Gruppe aus der 3. Klasse der Duisburger Hebbelschule, die in diesem Jahr das erste Mal die Kinderuni besucht hat. Gemeinsam mit drei Müttern sind sie, Joel, Johanna, Martina, Hendrik und Mascha teils mit dem Auto, teils mit der Bahn nach Essen gekommen. Wiewohl der Draht nach Duisburg gut funktioniert und viele Schulen dort die Einladungskarten verteilen, kam der erste Hinweis durch eine befreundete Lehrerin, die in einer Schule in Essen-Katernberg arbeitet. „Das hat sich unter den Eltern herumgesprochen“, erzählt Luisas Mutter, „und dann haben wir das organisiert - auch wenn es schon ein Aufwand ist, zweimal die Woche über drei Wochen hinweg nach Essen zu fahren, denn einige der Kinder waren bei allen Vorstellungen. Wir wollten eigentlich nur zwei Mal hierher kommen und jetzt bin ich heute schon das sechste Mal da.“ Ein Vorzug der Gruppenreise ist die Interaktion, denn die Kinder unterhalten sich untereinander ganz engagiert über das Erlebnis, geben die individuellen Eindrücke wieder und verarbeiten die neuen Erkenntnisse gemeinsam. Die Truppe trifft meist schon um 16 Uhr ein, dann können sich die Mädchen und Jungen draußen noch ein bisschen austoben, aber sobald mehr Publikum eintrifft, stellen sich die Kinder schnell vor dem Eingang auf und warten so lange, bis sie einen Sitzplatz in der ersten Reihe ergattern können. „Wir staunen, wie viel hängenbleibt - viel mehr als wir erwartet haben“, erzählt Luisas Mutter. „Es ist noch eine ganze Zeit lang ein Thema, zum Beispiel die Sache mit dem Strom. Als es ins Bett ging, forderte Luisa, dass wir vorher alle Lichter
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ausmachen müssen, das ist nämlich sonst Stromverbrauch und das ist dann CO2 - und das geht gar nicht. Jetzt achtet sie immer darauf, dass ja alles aus ist, wenn sie den Raum verlässt, solche Sachen kommen immer wieder.“ Am besten hat Luisa die Vorlesung über Nemo und seine Freunde gefallen. Sie ist ein sehr aufmerksames unikid und macht sich während der Vorlesungen fleißig Notizen, kein Wunder übrigens, dass Luisa den Berufswunsch „Autorin“ vor Augen hat, sie ist schon dabei, eine kleine Geschichte zu schreiben. Am nächsten Tag konnte sie sogar ein spontanes Referat vor der Klasse halten, da hat sie eine Seeanemone an die Tafel gemalt und einen Clownfisch reingesetzt. „Ich habe das vor der Klasse vorgelesen mit meiner Freundin, wir haben zusammen davon erzählt“, verkündet Luisa stolz. Die Nachwirkungen der Kinderuni können sich auch in dieser Form multiplizieren: so durfte Hendrik seine Kenntnisse zum Thema Geld ebenfalls vor der Klasse zum Besten gegeben. Überhaupt sind die Kinder alle sehr wissbegierig und vielleicht auch deshalb gute Schülerinnen und Schüler, denen das Lernen große Freude bereitet. Johanna fand den Klimaclub ganz toll, weil man lernt, dass man nicht so viel Strom verbrauchen soll. „Das macht ganz viel Spaß bei der Kinderuni“, betont sie begeistert. „Ich finde auch das Bild der unikids sehr gut, weil da ein kleines, ein großes und ein größeres Kind zu sehen ist, und dass es auch etwas für kleinere Kinder ist oder für Behinderte eben auch.“ Yoel haben eigentlich alle Vorträge gleich gut gefallen. „Nur beim Vortrag ‚Wie kommt die Banane in den Supermarkt?“ hat eine Frau gesprochen, da hat man nichts verstanden“, merkt er kritisch an. „Aber ich komme nächstes Jahr wieder, ganz bestimmt, denn hier kann man viel lernen.“ Mascha mochte ebenfalls den Klimaclub. „Das war total schön! Aber das Doofe war,
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„Wir staunen, wie viel hängenbleibt.“ Duisburger Dauergäste erzählen
am Ende haben ein paar Kinder einen Luftballon bekommen, aber ein paar andere nicht - da muss man allen einen geben oder gar keinen.“ Recht hat sie. Nebenbei bemerkt sind die Taschen und Taschenlampen, die es für die treuen unikids zum Schluss der Veranstaltungsreihe gibt, der große Renner. Das Geräusch ihrer klackenden Dynamos reicht bis zur Universitätsstraße. Was das Themenspektrum der unikids betrifft, sind die Eltern mit der Auswahl sehr zufrieden. „Ich finde es sehr schön, dass Themen angesprochen werden, auf die ich vielleicht gar nicht gekommen wäre“, meint Joel’s Mutter, „und gleichzeitig werden die verschiedenen Fachbereiche einer Uni vorgestellt. Doch, das ist insgesamt immer eine sehr gute Mischung - und wir lernen selbst auch noch was dazu.“ Wunschthemen wären zum Beispiel Geschichten zur Entstehung und Entwicklung des Menschen, die Facetten der Entwicklungspsychologie oder auch erste Einblicke in die Philosophie. Oder etwas über Wasser und Technik, über die Schifffahrtstechnik im Besonderen, wo der Duisburger Binnenhafen eine Rolle spielt. Duisburg ist auch ein Thema unter den Müttern, was den Standort der Kinderuniversität betrifft. „Es ist ja nunmal die Uni Duisburg-Essen, und es wäre schon angenehm, wenn auch ein paar Veranstaltungen bei uns stattfinden würden. Da müssen wir wohl ein wenig Druck machen - über die Schulformsprecher, Schulleiter oder an die Uni direkt - denn es gibt genügend Schulen und Eltern in Duisburg, die das Angebot sehr begrüßen würden. Wir lassen uns überraschen, ob wir nächstes Jahr wieder nach Essen fahren müssen oder ob wir auch mal in Duisburg eine Chance bekommen. Der Termin für nächstes Jahr ist jedenfalls schon im Kalender eingetragen“, sagt Luisas Mutter. „Wenn man einmal da war, und die Kinder Spaß daran haben, dann ist das so eine Art Selbstläufer, der einfach zum Pflichtprogramm wird.“
Joel und Mascha: Leuchten mit ihrer Leuchte, M채rz 2009
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„Eine langfristige Investition in die Zukunft.“ Wilfried Fourné, Personalmarketing RWE Rhein-Ruhr AG
___AR: Waren Sie schon einmal live bei einer unikids-Veranstaltung? ___WF: Ja, mehrfach. Es war sehr schön, sehr voll und sehr lebhaft, die Kinder waren höchst interessiert bei der Sache. Bei einer der unikids-Veranstaltungen hat ein Kollege einen Vortrag zum Thema „Wie kommt der Strom ins Haus“ gehalten. ___AR: Sind Sie persönlich involviert in das Thema? ___WF: Meine Kinder sind mittlerweile etwas älter, aber als sie in diesem Alter waren, hatte ich mich in ähnlicher Form an deren Schule engagiert - ich bin von Hause aus Lehrer. ___AR: Wann und wie sind Sie zum ersten Mal mit den unikids in Kontakt gekommen? ___WF: Es kam über einen simplen Anruf von Frau Dr. Zix. Wir haben über andere Kanäle öfters mit der Uni zu tun, sei es, dass wir auf Veranstaltungen sind oder durch den Lehrstuhl von Herrn Prof. Weber. Sie rief uns an und fragte, ob wir uns vorstellen könnten, diese Idee zu unterstützen. Da wir insgesamt im Bereich Schule und Nachwuchsförderung sehr aktiv sind, konnten wir das Projekt gut in unser Programm aufnehmen. Seitdem begleiten wir die unikids in den letzten fünf Jahren. ___AR: Was hat Sie bewogen, diese Projektidee zu unterstützen? ___WF: Unter www.rwe.com/schulforum finden Sie unser ganzes Spektrum, was wir in Richtung Schule und Weiterbildung für Jugendliche tun, angefangen von der Grundschule bis zur Uni. Das fügte sich in diese Reihe natürlich gut ein. Wichtig war uns in diesem Zusammenhang, Kinder und Jugendliche für Technik zu begeistern. So uneigennützig ist das natürlich nicht. Einerseits stellt es eine soziale Komponente und öffentliche Aufgabe dar, andererseits sind Industrie und Wirtschaft stets an potentiellen Nachwuchskräften interessiert – sei es im Ingenieurbereich oder in anderen akademischen Disziplinen. Deswegen haben wir uns gesagt, wir können nicht nur oben abschöpfen, sondern wir müssen auch unten einen Input leisten, und deswegen unterstützen wir dieses Projekt. ___AR: Welchen „Gegenwert“ sehen Sie für Ihr Unternehmen? ___WF: Es ist eine langfristige Investition in die Zukunft, so muss man das sehen.
www.rwe.com/schulforum
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Es geht nicht darum, dass wir eine Summe X investieren und dafür einen Kandidaten pro Jahr bekommen, hier zeigt sich eine langfristige Perspektive. Wir fördern beispielsweise den Landeswettbewerb NRW „Schüler experimentieren“, den Junior-Wettbewerb von „Jugend forscht“. Weiterhin bieten wir Lehrern und Schülern verschiedene Unterrichtsmaterialien zum Thema Energie. Zurzeit läuft unser bundesweiter Wettbewerb zur Energieeffizienz, den wir im nächsten Schuljahr fortführen. Wir bieten auch Lehrerfortbildungen an, die gut angenommen werden. ___AR: Strom ist für Kinder eine spannende Sache. Es erzielt natürlich eine andere Wirkung, wenn über die Kinderuni die technischen Zusammenhänge vermittelt werden. ___WF: Mit Sicherheit, es ist ein ganz anderer Ort und sie kommen sich auch ganz anders vor, als wenn sie in der Schule sitzen. Doch es ist nicht nur das Thema Strom, ich möchte uns da gar nicht so in den Vordergrund rücken. Ich sehe das bei all den anderen Themen genauso, die von den Professorinnen und Professoren vorgetragen werden. ___AR: Was ist für Sie persönlich der Benefit einer Kinderuniversität? ___WF: Ich freue mich, wenn die Kinder Spaß an der Sache haben. Für mich ist es wichtig, die Begeisterung von den Kindern zu erleben, das ist für mich eine ganz persönliche Freude, das muss ich ganz klar so sagen. Wenn ich sehe, wie begeistert sie hier an Dinge herangehen, das ist einfach toll. ___AR: Das kann man nur sagen, wenn man selbst schon einmal vor Ort war. ___WF: Ja, das ist es eben, deshalb muss man selbst einmal anwesend sein. Und was sie alles fragen, da ist man „echt von den Socken“. Was mich vor allem überzeugt hat, war die Resonanz nach der Vorlesung, denn viele Kinder sind von sich aus nach vorne gekommen – keineswegs im Schlepptau der Mutter - und haben unseren Kollegen mit Fragen gelöchert. ___AR: Welchen Nutzen bieten die unikids für die Universität Duisburg-Essen? ___WF: Die Universität kann sich dadurch von anderen Universitäten abheben - auch wenn es inzwischen an einigen Standorten hier in der Region Kinderunis gibt - um dadurch auch Werbung für sich zu machen, um die Klientel, die im weiteren Ruhrgebiet wohnt, später an die Universität zu holen. Manche werden dadurch vielleicht initiiert, ein Studium aufzunehmen. Eine legitime und gute Werbemaßnahme, wie ich finde, wovon beide etwas haben, sowohl die Uni als auch die Schüler beziehungsweise potenziellen Studenten. Und letztlich hat es nicht nur für die Universität Duisburg-Essen selbst eine große Bedeutung, sondern auch für die Stadt Essen.
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___AR: Gibt es Wünsche oder Visionen, wie eine moderne Universität für die Bildung der nachwachsenden Generation aktiv werden könnte? ___WF: Das ist eine schwere Frage. Die Uni könnte stärker an die Schulen gehen, wobei das Problem herrscht, dass die Schulen mittlerweile von allen Seiten überfrachtet werden. Andererseits halte ich es schon für wichtig, dass die Universitäten den Übergang SchuleUniversität stärker unterstützen, die Beratung intensivieren und die Betreuung individualisieren. Das ist insofern wichtig, weil auch die Schulen an dieser Stelle oft wenig tun. Einige machen das zwar vorbildlich, aber sie sind eher die Ausnahme. Meist ist die Lehrerschaft nicht richtig informiert, was alles machbar ist, auch wenn es um die Studienreform, bzw. die Bachelor- und Masterstudiengänge geht. Für diesen Übergang bzw. für diese Schnittstelle sollte man eine bessere Informationsbasis schaffen, denn der Bedarf ist mit Sicherheit da.
Prof. Treitz mit dem Schaltermodell, M채rz 2008
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Bernhard Slomka, RWE, mit einem Klassiker: die Dampfmaschine
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„Die Eltern nehmen die unikids ernst.“ Dirk Solbach begleitet die unikids von Seiten der Koordination und Organisation fast von Anfang an.
___AR: Welche Entwicklungen sind Ihnen aufgefallen? ___DS: Alle sind professioneller geworden, vor allem im Gebrauch der Medien und auch im Sinne der Einstellung auf die Kinder. Zu Anfang war es ein wenig ein Vabanque-Spiel aber im Verlauf wussten die Leute sehr gut, auf was sie sich einlassen. Wir legen Wert darauf, es entsprechend zu vermitteln, andererseits arbeiten sie auch selbst sehr gut darauf hin. Was die Kinder betrifft, gibt es einen Trend zur Verjüngung. Und wir haben eine großes Stammpublikum, manche kennen wir schon mit Namen (lacht). ___AR: Und wie ist das Feed-back der Eltern? ___DS: Es gibt ein ungebrochenes Interesse, der Hörsaal ist regelmäßig voll besetzt, viele bleiben da und sind nicht nur der Bringdienst. Es gibt auch konstruktive Kritik, direkt im Gespräch nach der Veranstaltung oder per Mail, viele Verbesserungsvorschläge, doch das Lob überwiegt. Die Eltern nehmen die unikids sehr ernst. ___AR: Wie haben sich die Besucherzahlen entwickelt? ___DS: Die ersten beiden Veranstaltungsreihen waren rappelvoll, es war neu und es gab großes Interesse. Dann ist es durch den Gewöhnungseffekt etwas gekippt, zudem hatten wir Veranstaltungen an zwei Orten, das haben einige Eltern nicht mitgemacht, sie sind nur noch zur Hälfte der Veranstaltungen gekommen – das hat man gemerkt. In den letzten beiden Vortragsreihen gab es eine Stabilisierung, der Hörsaal ist zwar nicht ganz auf den letzten Platz besetzt, aber die Bänke sind sehr gut gefüllt, der Elternhörsaal ist immer proppenvoll. Es ist eine Größe, die man auch von der Organisation her gut in den Griff bekommt. ___AR: Wie hat sich das Angebot im Audimax über die unikids hinaus erweitert? ___DS: Das Studentenwerk ist sehr engagiert, was das kulinarische Angebot von Getränken und kleinen Snacks betrifft. Der Büchertisch im Eingangsbereich ist neu, und die Buchhandlung Schmitz Junior aus Essen-Werden war so zufrieden, dass sie sich für das nächste Mal schon wieder angemeldet haben. Sehr gut angenommen wurde vor allem die Buchauswahl zum halben Preis, ein Angebot, für das sich diese Buchhandlung z.B. auch in Kitas stark macht.
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___AR: Gab es besondere Erlebnisse, die Ihnen in Erinnerung geblieben sind? ___DS: Es gab viele schöne und beeindruckende Veranstaltungen, z.B. die Vorlesung von Prof. Boese, das war toll. Aber auch, wie ergreifend Prof. Frie oder Prof. Schmitz ihre Themen aufbereitet und vorgetragen haben – Themen, die man erst mal gar nicht greifen kann - und wie gut die Kinder dabei waren. Was mich besonders fasziniert hat, war der Vortrag von Prof. Peetz, obwohl ich erst gemutmaßt habe, dass das nicht geht, da drehte es sich um das Thema Design und das war eine super Vorlesung. Er hat die Kinder mit diesen Kleinigkeiten gefesselt, z.B. wie man Punkte, Striche oder Figuren als Kind lernt. Auch die beiden Mediziner, die über die Niere referiert haben, das war sehr beeindruckend. Da war auch hinterher an der Bühne der Teufel los, da hat man gemerkt, dass in der kurzen Zeit eine Bindung aufgebaut wurde. ___AR: Was ist für Sie persönlich der Nutzen der unikids? ___DS: Es ist eine Veranstaltung, die die Hochschule bekannter und beliebter macht. Sinn und Zweck ist natürlich die Bekanntmachung und die Bindung der jungen Klientel. Dann ist es eine Plattform auf der sich unsere Professoren gerne austoben, denn bisher war es nie so, dass wir großartig nach den Vortragenden gesucht haben. Meist war es so, dass genügend Menschen gerne bereit waren, die Veranstaltungen durchzuführen. Daran merkt man gut, wie groß das Interesse von Seiten des Hochschulpersonals ist. Es ist schon bemerkenswert, dass immer wieder Ideen da sind, wie so etwas aufbereitet werden kann. ___AR: Der Themenfluss ist also gesichert. ___DS: Ja, das kann man so sagen. Abgesehen davon, dass es einige Veranstaltungen gab, die ein wenig zu entfernt waren von der Umgebung der Kinder, gab es doch jede Menge Vorlesungen, die sehr lebensnah waren und mit denen die Kinder wirklich etwas anfangen konnten. Das ist eigentlich das Schöne, dass die meisten der Vortragenden es tatsächlich geschafft haben, das Thema so herunterzubrechen, dass jeder es verstanden hat und alle gut mit dabei waren.
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Gute Kumpels. Maurice (9) aus Duisburg übt sich im Trampolinspringen, liest gern, spielt Playstation oder Blockflöte und will später einmal Chemie studieren. Sein Opa hat schon im Chemiewerk gearbeitet, der Papa ist Vorarbeiter, kein Wunder also, dass Maurice in diese Fußstapfen treten will. „Letztes Jahr hat er in der Bücherei ein unikids-Plakat gesehen“, erzählt der Vater, „da war klar, da will er hin. Er hat sich bewusst Themen ausgesucht, die ihm zusagen, letztes Jahr war er bei vier Veranstaltungen. Chemie, Physik, Medizin, das interessiert ihn, Naturwissenschaften, Fakten. Er hat einfach Spaß dran!“ Für den Vater ist es selbstverständlich, mit dem Jungen nach Essen zu fahren, obwohl ihn am selben Tag oft noch die Nachtschicht erwartet. Maurice ist im 4. Schuljahr, er hat eine Klasse übersprungen und wird aufs Gymnasium gehen. Die Lehrer sagen, er macht seinen Weg, er ist sehr ehrgeizig und man muss ihn nicht antreiben, seine Kopfnote ist eine 1, im Zeugnis gibt es nur eine einzige 3 in Rechtschreibung, da kann man dran arbeiten. Sein Zwillingsbruder Marcel ist übrigens das genaue Gegenteil, Sport steht für ihn an erster Stelle. Unikids? Kein Interesse. Dafür ist Maurice doppelt begeistert. Er hat dort zum Beispiel gelernt, wie das Geld überhaupt entstanden ist, dass man früher Sachen einfach getauscht hat oder mit Steinen und Muscheln bezahlte, dass es seit 2002 den Euro gibt und dass der besser ist als die Mark. „Ganz toll“ gefallen hat ihm die Vorlesung zum Alphabet: „Jetzt weiß ich, was das A mit der Kuh zu tun hat“, erzählt er in sachlichem Ton. „Die haben einfach die Kuh ein bisschen
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gedreht und dann immer wieder ein Zeichen gemacht und aus dem Zeichen ist der Buchstabe entstanden. Und die Chinesen hatten ein Pferd und daraus ist dann irgendwann ein chinesisches Zeichen entstanden. Und Julius Cäsar hatte zwei Geheimschriften.“ Die kann Maurice übrigens ganz genau erklären, das hat Eindruck hinterlassen. Auch in der Schule wird er vor der Klasse berichten, was er bei den unikids erlebt hat, die Lehrerin zeigt großes Interesse an der Veranstaltung und die Klasse soll auch davon profitieren. „Er hat auf jeden Fall viel Wissen mitgenommen“, bestätigt der Vater. Nach dem Besuch im Audimax wird immer angeregt über die unikids gesprochen, beim Abendessen bekommen die Mama und der Bruder einen ausführlichen Bericht. Das kleine Arbeitsheft zum Alphabet ist übrigens ein praktisches Mitbringsel für den Zwillingsbruder, da Marcel das Thema gerade in der Schule durchnimmt. „Für das nächste Jahr ist die Kinderuni wieder fest eingeplant“, sagt der Vater zum Abchluss. Maurice ist also garantiert wieder dabei und wird keine Vorlesung verpassen. Er hat schließlich Spaß dran.
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„Einmal sehen ist besser als hundertmal hören.“ Dr. med. Matthias Hövel: Warum nicht jeder richtig gehen kann. Gangstörungen und ihre Ursachen. 27. Februar 2008
___AR: Wie ich gehört habe, sind Sie bei Ihrer unikids-Vorlesung mit familiärer Unterstützung angetreten. ___MH: Ich wollte die Hinktypen zeigen, da habe ich die älteste Tochter gefragt, ob sie mitmacht, und so hat sich das dann ergeben. Es war ein besonderes Erlebnis, das alles mit der Familie zu gestalten, Frau Zix meinte, dass wir ja ein richtiges Familienprojekt daraus entwickelt haben. Henriette hat die Hinktypen vorgeführt, Eleonore hat den Computer bedient und assistiert, und Konrad hat ebenfalls mitgeholfen und saß dann in der ersten Reihe. ___AR: Auch andere Kinder haben auf der Bühne mitgewirkt ... ___MH: Am Ende der Veranstaltung kamen die Kinder mit erstaunlich guten und interessierten Fragen, ich hatte zum Beispiel einen Verlängerungsapparat gezeigt, das war anscheinend für die Jungs sehr eindrucksvoll. Sie wirkten so motiviert, dass einige sogar nach vorne kamen und spontan zeigen wollten, was sie alles können. Zwei haben auf der Bühne dann Verrenkungen gemacht: hyperlaxe bzw. überbewegliche Kinder, die den Yogasitz vorführten oder die Beine hinter den Kopf brachten. Es war erstaunlich, dass sie so mutig waren, das in diesem vollbesetzten Saal zu zeigen. ___AR: Was hat Sie bewogen, bei der Kinderuni mitzumachen? ___MH: Frau Zix hat mich gefragt. Es war eigentlich ihre Idee, Kinder zum Thema zu machen, die in Bezug auf ihre Orthopädie im täglichen Leben auffällig sind. Ich finde es gut, das den Kindern nahezubringen. Ich hatte eigentlich an Spastiker gedacht, weil ich auch viele Cerebralparetiker betreue, aber wir haben uns dann auf das Hinken bzw. die Ursachen von auffälligem Gehen geeinigt. Ich kannte die unikids ja nicht und Frau Zix meinte, man muss die Kindern fesseln - sie gab mir noch einige gute Ideen mit und dann wuchs das alles so zusammen. ___AR: Als Kinderorthopäde habe Sie einen Draht zu Kindern. Welche Erfahrungen haben Ihnen bei der Vorbereitung geholfen? ___MH: Die eigenen Kinder. Ich hatte den Vortrag vorbereitet und dann meinen Kinder
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gezeigt, aber sie fanden alles sehr langweilig. Daraufhin habe ich das Ganze umgestrickt und mich noch ein paar Tage hingesetzt und bei der Gelegenheit auch den Lego-Computer mit eingebracht - unter dem Aspekt „Was braucht man, um normal zu gehen?“. Das fanden meine Kinder dann doch spannender. Sie haben dann auch den Lego-Computer zusammengebaut und programmiert. ___AR: Wie sind Sie die Aufgabe inhaltlich und konzeptionell angegangen? ___MH: Den Vortrag „Hinktypen“ hatte ich bereits bei einer Kinderorthopädie-Tagung in Graz gehalten, den fanden damals alle ganz spannend - wobei das Thema schwierig unterzubringen ist. Darauf habe ich aufgebaut und versucht, es kindgerecht darzubieten. Warum hinkt der Mensch? Zum Beispiel, weil er einen Stein im Schuh hat, Henriette hat darauf hin ein Schonhinken gezeigt. Oder das Versteifungshinken, bei dem man ein Gelenk nicht bewegen kann, dazu haben wir ihr eine Holzlatte ans Bein gebunden, und sie musste eine Umschwenkbewegung machen. Der bereits existierenden Vortrag war mit Laufbildern angelegt, aber ich hatte mit Frau Zix überlegt, dass das nicht so günstig wäre, den Kindern ein anderes Kind auf einem Bild zu präsentieren, das nicht richtig läuft, sondern dass man besser jemanden auf der Bühne direkt zeigt. Das war sehr sinnvoll, denn man konnte dadurch die Merkmale besser herausarbeiten. ___AR: Wie hoch war im Rückblick der Zeitaufwand? ___MH: Zwei, drei Tage habe ich schon gebraucht, plus den Zeitaufwand für die PowerpointPräsentation. ___AR: Was ist das Besondere bei einer Vorlesung vor diesem Publikum? ___MH: Die Unruhe. Wenn ich eine Vorlesung vor Studenten halte, die natürlich morgens um acht ist, dann muss man die eher wecken (lacht). Hier gilt es eher, den gegenteiligen Effekt zu erreichen, man muss sie fesseln und ihre Aufmerksamkeit richten, das ist etwas ganz anderes. Es war auch sehr anstrengend, weil man die ganze Zeit aktiv sein muss und es keine Pausen gibt. Bei den Studenten ist man mehr im Stoff, bei den Kindern muss man es kindgerecht vorbringen, das fällt einem manchmal schon schwer. Ich war richtig platt, das muss ich sagen. ___AR: Was nehmen Sie persönlich aus dieser Aktion mit? ___MH: Es ist eine lohnenswerte Veranstaltung, weil die Kinder so unglaublich interessiert waren. Ich denke auch, dass man sie prägt, sie werden sich sicher noch nach Jahren an einige Sachen erinnern. ___AR: Was würden Sie Kolleginnen und Kollegen für den Einstieg raten?
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„Einmal sehen ist besser als hundertmal hören.“
___MH: Dass man Versuche und Aktionen vorbereitet, die einleuchtend sind, wo die Kinder nicht unbedingt mitmachen, aber die sie logisch nachvollziehen können. Wir hatten z.B. auch so ein Detektivspiel - warum macht man dies, warum macht man jenes - da war die Beteiligung doch sehr groß, ich war erstaunt, wie viele Kinder sich da meldeten. ___AR: Es geht um die Beispielhaftigkeit und Anschaulichkeit des Vortrags. Es geht nicht nur um eine Vorlesung, sondern darum, den Kindern sehr viel zu zeigen. ___MH: Genau so ist es. Es gibt ein chinesisches Sprichwort: „Einmal sehen ist besser als hundertmal hören“ - da ist was Wahres dran. Die Studenten sind ja oft nicht da und meinen, sie könnten zuhause alles lesen, das stimmt aber nicht. Man kann nur dann ein Krankheitsbild diagnostizieren, wenn man es einmal richtig gesehen hat. ___AR: Im Idealfall kommt noch das „begreifen“ dazu, wenn man etwas anfassen kann, was bei der Kinderuni schwer zu realisieren ist, in Anbetracht der vielen Kinder. ___MH: Auch die Masse ist natürlich ein großer Unterschied zum Alltag, in einer Vorlesung hat man höchstens 200 Studenten, in der Regel sind es gerade mal 50, und das eben bei der Kinderuni mal zehn. Da habe ich mich so ein bisschen wie Gottschalk bei „Wetten, dass ...“ gefühlt, mit der Übertragung in den anderen Raum, da musste man immer darauf achten, dass man von der Kamera richtig erfasst wird. Das Medien-Team hat das ja exzellent gemacht, unglaublich gut, das muss man sagen. Diese Hinkbilder waren auch so aufgebaut, dass meine Tochter auf der Bühne unterwegs war, gleichzeitig war der Computer aufgebaut, der marschierte. Wir hatten auch im Vorfeld den Bewegungsablauf geprobt, damit es von der Kamera richtig aufgenommen werden konnte, das war schon spannend. Gab es nach der Vorlesung noch ein Feed-back? ___MH: Zwei Kinder haben sich später bei uns in der Röntgenabteilung gemeldet und wollten unbedingt mal geröntgt werden, weil sie den Vortrag über das Hinken erlebt hatten. Man sieht, wie groß das Interesse ist und wie weit es geht. AR: Was ist für Sie der Benefit einer Kinderuniversität? ___MH: Die frühe Prägung und Interessengebung. Ich kann mich noch erinnern, als ich mit meinem Vater mit neun das erste Mal zu einem Bundesligaspiel ging, das hat mich auch geprägt (lacht). Und so ist das eine Prägung in eine andere Richtung. Außerdem ist es eine erste Chance, zu lernen, was eine Universität überhaupt ist. ___AR: Welchen Nutzen haben die unikids für die Uni Duisburg-Essen im Besonderen? ___MH: Es zeigt, dass wir eine gute Lehre machen. Wir haben immer schlechte Ergebnisse mit Umfragenww bei den Studierenden, aber ich glaube nicht, dass wir in der Vielfalt, die
Dr. med. Hövel - Kinderorthopädie
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wir anbieten, schlecht lehren, ganz bestimmt nicht. Dass die Uni Duisburg-Essen immer an zweitletzter Stelle landet, das ist im Grunde frustrierend. ___AR: Gibt es Ideen, wie eine Universität für die Bildung der nachwachsenden Generation aktiv werden könnte? ___MH: Das ist eine schwere Frage. Die Kinderuniversität ist natürlich immens aufwändig, aber vielleicht könnte man den Bogen erweitern und mehr solcher Veranstaltungen anbieten. Wir haben ja tolle Sachen zu zeigen und Kinder sind schließlich hochinteressiert, das muss man nutzen. ___AR: Würden Sie denn noch einmal eine unikids Vorlesung gestalten? ___MH: Ja klar, die Zeit würde ich mir immer nehmen.
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„Einmal sehen ist besser als hundertmal hören.“
Dr. Hรถvel demonstriert am lebenden Modell, Februar 2008
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Technische Spielereien. Jochen Ehlert ist Videotechniker, der Mann am Mischer und bei den unikids-Vorlesungen von Anfang an dabei. ___AR: Wie sieht der technische Aufbau aus? ___JE: Rechts und links neben dem Monitor steht je eine Kamera. Die Führungskamera zeigt den Dozenten, damit die Eltern im Hörsaal nebenan auch mitbekommen, was hier passiert, die zweite Kamera illustriert bestimmte Elemente, z.B. einen Versuch. Wir haben zudem die Möglichkeit, eine weitere Kamera zu nutzen, z.B. für einen speziellen Versuchsaufbau. Der Tonmischer sorgt dafür, dass der Ton stimmt und alle Mikrofone gleich laut sind. Wir sind immer mindestens zu dritt im Saal und kommen alle aus dem Zentrum für Informations- und Mediendienste. ___AR: Was muss die Technik während der Vorstellung beachten? ___JE: Dass man immer ein vernünftiges Bild zeigt (lacht). Deshalb haben wir auch zwei Kameras, wovon eine immer auf ein sicheres Bild eingestellt ist. Und der Ton ist natürlich sehr wichtig, dass man sich in einem Hörsaal mit fast 500 Kindern gut verständigen kann. ___AR: Ein Renner sind die verzerrten Bilder vor der Vorlesung. Wie kam es dazu? ___JE: Es war eine spontane Eingebung. Wir machen immer vorab ein Warm-up, ob alles funktioniert. Beim ersten Mal wurde das fortgesetzt, als die Kinder schon reinkamen, da haben der Mann an der Kamera und ich am Mischer einfach Spaß an diesen Effekten bekommen. Es lag uns auch daran, die Eltern aus dem Saal zu treiben, indem wir sie ganz besonders entstellt haben (lacht). Wir machen das mittlerweile regelmäßig, um den Kindern die halbe Stunde Wartezeit zu verkürzen. ___AR: Gab es Ihrerseits eine persönliche „Lieblingsvorlesung“? ___JE: Ja, der Historiker Dr. Frie mit „Warum gibt es Krieg?“. Er hat ein für Kinder sehr abstraktes Thema unheimlich gut vermittelt. Ich habe im Vorfeld gedacht, das schafft er nie, zudem war es eine sehr volle Vorlesung, und man muss die Begeisterung rüberbringen, damit die Kinder die Aufmerksamkeit halten. Doch, das hat er super hingekriegt, mit ganz wenigen Mitteln, nur mit historischen Landkarten, an denen er die Zusammenhänge erklärt hat. Ausserdem konnte er auch viel Begeisterung für den Beruf des Historikers wecken. Das wichtige ist das Fingerspitzengefühl für die Kinder, das muss man einfach mitbringen.
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„Sich hineinversetzen in die Kinderwelt ist wichtig.“ Prof. Dr.-Ing. J. Alexander Schmidt: Warum baut man so in der Stadt? 27. März 2009
___AR: Prof. Schmidt, Kompliment, Sie sind bei den jungen Zuhörern gut angekommen. ___S: „Wir“ müssen Sie sagen bitte, wir gestalten das als Team, allein kann man so eine Kindervorlesung nicht so gut machen, das Kompliment werde ich aber gerne weiterleiten. ___AR: Was hat Sie bewogen, bei der Kinderuni mitzumachen? ___S: Ich habe die Veranstaltungen immer wieder beobachtet und als Frau Dr. Zix uns im November ansprach, ob wir nicht Lust hätten, habe ich für dieses Jahr gerne zugesagt, denn wir sind gut aufgestellt mit hochmotivierten Mitarbeitern. ___AR: Wie sind Sie die Aufgabe inhaltlich und konzeptionell angegangen? ___S: Wir haben erstmal drüber geredet, und mir war schnell klar, das geht nur mit einem Rollenspiel. Ich habe dann ein Drehbuch entworfen mit Zeichnungen und Regieanweisungen. Jeder hat ein paar Texte geschrieben und einige Studenten haben dafür die Modellhäuser gebaut. Und dann haben wir richtig geübt, das können Sie sich vorstellen (lacht). Es gab auch die passende Verkleidung, die Bilder im Hintergrund und die Geräusche zwischendrin - das alles gehört zum Vermitteln dazu, denn sonst wäre es ja recht langweilig. ___AR: Wie hoch war der Zeitaufwand? ___S: Ein paar Tage waren das schon, um Dialoge zu schreiben, Bilder zu suchen, das alles abzustimmen, den Modelltest zu machen. Wenn man alle Stunden zusammenzählt, war das sicher eine Woche. ___AR: Was ist das Besondere bei einer Vorlesung vor diesem speziellen Publikum? ___S: Kinder sind ein sehr kritisches Publikum. Wir haben uns vorab ein einige der unikids Vorlesungen angehört und haben die Bruchstellen bemerkt, die sich ergeben können und die wir vermeiden wollten. Das Besondere ist, dass die Kinder an den Lippen hängen, im Vergleich zu den anderen Vorlesungen, die wir sonst halten. Und witzig ist, dass sie am liebsten ganz vorn in der ersten Reihe sitzen und die Studenten vorzugsweise lieber in der letzten Reihe - das ist ein Bild, das man auch als Metapher verwenden könnte. Ein bisschen aufgeregt waren wir schon, weil wir zwar Modelle oder Bilder hatten, aber
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die Komplexität des Stadt-Bauens auch noch im Rollenspiel und mit sprachlichen Mitteln überzeugend rüberbringen mussten. ___AR: Welche persönlichen Erfahrungen haben Sie mit eingebracht? ___S: Ich habe natürlich meine Frau gefragt, um mit ihr das didaktische Konzept durchzusprechen. Manchmal sollte man da schon richtige Pädagogen fragen, das muss ich hier ehrlicherweise sagen. ___AR: Wie waren Sie zufrieden mit Vorbereitung und Organisation? ___S: Perfekt. Das war gut. Das lief ohne Probleme, auch wenn wir im Dezember und Februar bedrängt wurden mit der Frage „Wie weit seid ihr denn?“ – aber wie üblich macht man eine solche Vorbereitung ja erst kurz vorher. ___AR: Was würden Sie Kolleginnen und Kollegen für den Einstieg raten? ___S: Sich hineinversetzen in die Kinderwelt, das ist ganz wichtig. Man muss sich die möglichen Fragen der Kinder immer vorstellen, deshalb war die Einleitung von Bedeutung: „Was ist Stadt, wie alt ist Stadt, wie groß ist Stadt, warum ist Stadt wichtig“ - all das ist essentiell. Natürlich ist in der Stadtplanung im Alltag wichtig, dass man am Schluss auf den Punkt kommt, „auch ihr müsst mitwirken, wir alle müssen mitwirken beim Städte-Bauen, ob alt oder jung“. ___AR: Was nehmen Sie persönlich mit? ___S: Einer solchen Herausforderung sollte man sich viel öfter stellen, würde ich jetzt ganz spontan sagen: Sich nicht auf die fertigen Konserven stützen, sondern sich mit Kindern auch wieder selbst testen. Wir hatten überlegt, dass das auch eine Vorlesung sein könnte, die man sinngemäß auch den Studenten hier vortragen könnte. Der Ansatz und die Sichtweise ergeben auf jeden Fall eine neue Perspektive auf Stadt, wenn man in einer Dreiviertelstunde anschaulich auf den Punkt kommen muss. Das war für uns schon eine große Motivation. ___AR: Welchen Benefit sehen Sie in der Kinderuniversität? ___S: Für die Region ist der Nutzen, dass die Stadtplanung mündigere Bürger bekommt, und wenn man das den Kindern frühzeitig beibringt und ihnen die Botschaft hinterlässt „ihr könnt hier auch mitbestimmen“, vielleicht gelangt das auch über den Küchentisch in die Familie. Das hat sicher auch etwas mit der notwendigen Qualifizierung der Region zu tun, die nicht wirklich besonders schön ist, sondern eher „eine etwas frugale Schönheit“ hat, wie ich es gern beschreibe. Aber bei vielen Menschen im Ruhrgebiet ist der Bildungsdruck von innen heraus viel natürlicher, sie wissen, wo es langgeht - gegenüber den Saturier-
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„Sich hineinversetzen in die Kinderwelt ist wichtig.“
ten, die nicht mehr lernen wollen. Das andere ist, dass der Nutzen an die Hochschule zurückläuft, entweder über Studenten, die sich für etwas Neues interessieren. Und auch die derzeitigen Studenten profitieren davon, weil wir da auch ein Feed-back für unsere normalen Vorlesungen haben, wie ich es eingangs sagte. Schließlich wird die Hochschule über ihre engen Grenzen bei den Bürgern bekannt, auch wenn ich anmerken sollte, dass diese Hochschule sich selbst noch nicht erkannt hat – und das ist ganz schade. Wir müssen stärker und aktiv in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangen und nicht hier in unserem Kämmerchen hinterm Bahndamm versauern. ___AR: Würden Sie noch mal bei den unikds mitmachen? ___S: Ja, das kann ich mir immer wieder vorstellen. Da muss man sich dann sicher was anderes einfallen lassen, außerdem gibt noch vieles zum Thema Stadt, das für Kinder von Interesse ist.
Prof. Schmidt, Stadtplanung und St채dtebau, und sein Team im Rollenspiel, M채rz 2009
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Was bei Prof. Schmidt schlieĂ&#x;lich zählt, ist die Mitbestimmung
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Familienbande. Noah und Felix sind beide 9 Jahre alt, kommen aus Oberhausen, sie sind Cousins und dicke Freunde und kennen sich laut der eigenen Aussage schon seit der Krabbelgruppe. Natürlich haben sie auch zusammen die Kinderuni in Essen besucht. Felix war bei allen Terminen im Frühjahr 2009 dabei, er ist ein echter Fan der unikids und die letzte Vorlesung „Warum baut man so in der Stadt?“ fand er bisher am schönsten. „Ich finde toll, dass das gemacht wird, dass man da umsonst rein kann, die Kinder lernen was dabei, die Vorlesungen machen viel Spaß, und sie sind einfach schön“, so fasst er seine Eindrücke kurz und prägnant zusammen. „Ich fand das Thema Stadt, das wir gerade gehört haben, sehr gut, sie haben sich viel Mühe gegeben, viel Text geschrieben, ganz viel aufgebaut und richtig was für die Kinder gemacht“, ergänzt Noah. Natürlich wird die Vorlesung, die so viel Eindruck bei den Jungs hinterlassen hat, auch zu Hause noch in weiteren Gesprächen am Familientisch eine große Rolle spielen. Die Freunde haben etwas erlebt, sie haben etwas zu erzählen und sind ganz eifrig dabei, es auch allen kundzutun. Dass es die unikids gibt, haben sie durch die Schule erfahren. „In der Grundschule wurden die Postkarten beim Elternsprechtag verteilt“, erzählt die Mutter von Felix. „Ich war sofort total begeistert von dieser Idee, habe sie alle überredet und noch ganz viele Menschen hierher geschickt.“ Danach hat sich das Angebot in der Familie quasi zum erfolgreichen Selbstläufer entwickelt, und die Termine für das nächste Jahr sind bereits fest eingeplant. „An manchen Tagen hatte ich auch mal keine Lust, aber dann hat meine Mutter gesagt, ‚komm schon’, und dann hatte ich hier wieder total viel Spaß“, sagt Felix.
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„Das ist immer klasse, das würde ich jedem empfehlen!“ Beide Jungs sind übrigens recht gut in der Schule und sie werden ganz bestimmt wiederkommen, mindestens einmal - wenn es geht, auch noch öfter. „Ich denke mal, er wird hier studieren“, sagt die Mutter von Felix, obwohl er - nach seinem Berufswunsch befragt - gerne Handwerker werden möchte, denn der Vater hat ein Bauunternehmen, das vom Großvater gegründet wurde, und er möchte die Familientradition fortsetzen. Aber man kann auch im technischen Bereich an der Uni studieren, da hat er sich schon schlau gemacht. Noah würde später gern einmal Hubschrauber fliegen, es wenigstens einmal ausprobieren, das ist sein großer Traum. Übrigens hat die Mutter einst bei Prof. Bünting studiert, die Schwester von Felix ist aktuell am Campus Essen eingeschrieben und hat die Kinderuniversität ebenfalls empfohlen und sogar die Oma war beim Besuch der unikids mit von der Partie. „Es war ganz toll, ein sehr interessanter Vortrag und spannend gemacht, das muss ich sagen, wir haben auch eine Menge gelernt“, lautet das freudige Fazit der Großmutter - verbunden mit einem harmonischen Schlussbild für die engen Familienbande, die es zum Essener Campus geben kann.
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Ein europaweiter Boom. Warum Hochschulen die neue Zielgruppe Kinder entdeckt haben. Ein Beitrag von Michael Seifert, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Eberhard Karls Universität Tübingen
2002 gab es an zwei Universitäten eine Kinder-Uni, mit der sie sich in radikaler Weise gegenüber der neuen Zielgruppe Kinder öffneten: in Tübingen und Innsbruck. 2009 wissen wir von mindestens 200 solcher Angebote europaweit. Warum gab es diesen „Boom“, warum halten es Universitäten heute für selbstverständlich, sich der Zielgruppe Kinder zuzuwenden? Klar ist, dass Hochschulen gegenüber Kindern keinen Bildungsauftrag haben, dass eine Kinder-Uni nicht zu ihren gesetzlich festgelegten Aufgaben gehört. Hochschulen tragen ohnehin eine allseits beklagte Überlast. Dennoch bieten sie die Kinder-Uni an, weil – sie gegenüber der Gesellschaft eine Bringschuld haben, ihre Arbeit öffentlich zu
präsentieren;
– es ihr zentrales Anliegen sein muss, sich als offene, dialogbereite Institutionen zu
präsentieren und Berührungsängste abzubauen;
– sie sich in sonst nicht erreichbarer Weise Sympathien erwerben sowie neue
Freunde und potenzielle Förderer;
– sie so schon Kinder mit wissenschaftlichen Fragestellungen, wissenschaftlicher
Arbeitsweise, dem Berufsstand „Wissenschaftler“ und der Lebensform „Wissenschaft“
vertraut machen können, Kinder, die einmal den wissenschaftlichen Nachwuchs der
Zukunft bilden werden;
– sie dadurch schon sehr früh potenzielles Studentenmarketing betreiben können, indem
sie Schwellenängste im Hinblick auf ein künftiges Studium abbauen und den Zugang zur Hochschule schon auf Erfahrungen in der Schülerzeit verankern können.
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Außerdem: „Mit der Kinder-Uni erzielt eine Universität die größte Breitenwirkung“, wie es Petra Giegerich, Pressesprecherin der Universität Mainz, einmal formuliert hat, da diese Veranstaltungen Generationen überspannend sind und Großeltern, Eltern und Kinder gleichzeitig erreichen. Und warum finden sich immer wieder Professoren bereit, die als Dozenten tätig werden, obwohl eine Kinder-Uni-Vorlesung um ein Vielfaches mehr an Vorbereitung benötigt als normale Vorlesungen? Fast alle heben hervor, – dass es eine einmalige, nie zuvor erlebte Erfahrung war, vor einem derart begeisterten
Publikum zu sprechen;
– dass auf die ungeheuerliche Herausforderung im Erfolgsfall auch ein hohes Glücks
gefühl folgt;
– dass die Überlegungen, wie Wissenschaft einem ganz anderen Publikum zu vermitteln
ist, auch zu einem völlig neuen Nachdenken über die alltägliche Lehre und didaktische
Praxis führt und Kinder-Uni frischen Wind in die Universität bringt.
Ein nachhaltiger Effekt der Kinder-Uni ist - das zeigen einige Wirkungsanalysen -, dass der Berufsstand „Professor“ ein ganz neues und positiveres Image erhalten hat – denn hier leisten Professoren etwas, was ihnen eine breite Öffentlichkeit so offenbar nicht zugetraut hat. Man kann die Kinder-Uni also nicht nur als Marketing für die Universität, sondern auch für den Berufsstand Professor sehen – der Professor wird zum Vorbild. Auch die Politik betrachtet Kinder-Unis schon lange als wichtigen Bestandteil der deutschen Bildungsszene. Politiker treten selbst ans Rednerpult - wie die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin in Tübingen oder der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt in Dresden. In Rheinland-Pfalz wurden auf Initiative des damaligen Wissenschaftsministers Jürgen Zöllner flächendeckend an allen Hochschulen Kinder-Unis eingeführt. Bundespräsident Horst Köhler schließlich äußerte sich in einem Brief: „Ich finde es sehr gut, dass Kinder-Unis inzwischen in Deutschland eine feste Größe im akademischem Leben sind. Sie führen Kinder an die Faszination von Wissenschaft heran, bringen Hochschullehrer dazu, sich auf neue Zielgruppen und Vermittlungsformen einzustellen, und helfen den Universitäten, sich dem gesellschaftlichen Umfeld zu öffnen.“
Ein europaweiter Boom
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Zu fragen ist dann auch, warum die Kinder-Uni bei Kindern überhaupt ankommt. Die Kinder lassen sich immer wieder begeistern, – weil die Professoren schier Übermenschliches leisten und alle Register an Kreativität,
Einfallsreichtum und Überraschungseffekten ziehen;
– weil sie an einer Art Rollenspiel teilnehmen: Sie bekommen etwas geboten, zu dem
sonst nur Erwachsene Zugang haben. Und diese sind ausgeschlossen, die Veranstaltung
ist stattdessen exklusiv für Kinder. Se werden ernst genommen wie erwachsene
Studierende;
– weil sie (das gehört dazu) an sonderbaren und faszinierenden akademischen Ritualen
teilhaben wie, dass die Vorlesungen 15 Minuten „zu spät“ beginnen, eben „cum tem-
pore“; dass man zur Verabschiedung klopft (oder besser trommelt), statt zu klatschen;
dass sie einen Studentenausweis und ein Studienbuch erhalten; dass sie in der Mensa
essen dürfen usw.
Eine immer wieder diskutierte Streitfrage ist, ob eine Kinder-Uni auch Bildung vermittelt, ob Kinder dort wirklich etwas lernen. An diesem Punkt setzt auch die einzige substantielle Kritik an der Kinder-Uni an, mit der Behauptung, sie sei bloße Unterhaltung, ein reines Spaß-Event. Ein Schweizer Erziehungswissenschaftler und früher Kritiker, der nicht allein dasteht, hält das ganze für eine PR-Aktion: „Die Universität sichert sich damit wichtige Bonuspunkte in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung: Kinder sind ideale Werbeträger, sie sind stets gute Argumente, und wer etwas für Kinder tut, steht von vornherein auf der richtigen Seite.“ Entscheidend sei die Verwertung in den Medien: „Hier werden Kinder so dargestellt, wie wir sie uns wünschen – und diese niedlichen Kinder bestätigen damit ihrerseits die Idee der Kinder-Uni.“ Weiter: „Die Symbolik des Ortes wird zur Hauptsache, der Event das Ziel“; die Professoren fühlten sich als „Popstars“. Es finde „Frontalunterricht statt vielfältiger Formen des Lehrens und Lernens“ statt, die Professoren als „Lehrpersonen sind Experten des Wissens und keine Erzieher“ (Peter Tremp, Fachhochschule Aargau, in der Neuen Zürcher Zeitung vom 24.3.2004).
Michael Seifert, Uni Tübingen
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Die ersten Studien, die in Tübingen, Münster und Basel durchgeführt wurden, geben zu dieser Frage nicht viel her. Ich selbst war jahrelang der Meinung, dass eine Kinder-Uni Bildung gar nicht leisten kann und will, weil dies Aufgabe der Schule ist . Es geht gerade nicht um Wissenserwerb und es kann auch kein systematisches Wissen geben. Denn jede einzelne Kinder-Uni Vorlesung ist eine völlig selbständige Einheit, die Vorlesungen bauen nicht aufeinander auf. Sie ist im Wesentlichen eine einseitige Kommunikation und daher unter didaktischen Gesichtspunkten veraltet. Alle didaktischen Mechanismen, die systematischen Wissenserwerb überhaupt erst möglich machen, wie Wiederholung, Festigung, Überprüfung oder Wissenstransfer, fehlen. Kindern Wissen zu vermitteln, ist und bleibt die Aufgabe der Schule und nicht der Universität. Von daher ist Kinder-Uni auch kein Konkurrenz- oder Ergänzungsunternehmen zur Schule. Kinder-Uni sehe ich als Appetithäppchen, um einen Impuls zu erreichen wie: „Ich will mehr wissen!“, um die Neugier von Kindern zu aktivieren und sie zu eigenem Nachforschen anzuregen. Eine neue Studie von Claudia Richardt über die Kinder-Uni an der TU Braunschweig liefert neues empirisches Material zur Thematik Bildung und Wissen: „Was bewirken Kinderuniversitäten? Ziele, Erwartungen und Effekte am Beispiel der Kinder-Uni Braunschweig-Wolfsburg“ (Braunschweig 2008). Richardt ermittelt bezüglich der Intentionen der Handelnden, dass laut einer bundesweiten Umfrage die Organisatoren zu 87% glauben, dass Kinder-Uni Bildung und Wissen vermittelt. 74% der befragten Kinder in der Braunschweiger Kinder-Uni gaben an, daran teilzunehmen, um etwas zu lernen. Hierzu ein paar Vergleichszahlen: 90% weil es interessant ist; 78% weil es Spaß macht; 77%, weil sie auch einmal studieren wollen. 74% der Eltern geben an, durch den Besuch der Kinder-Uni „die Bildung ihrer Kinder fördern zu wollen.“ Auf Fragen zu den Auswirkungen sagen 42% der Kinder, sie machten Experimente (zu Hause) nach, die ihnen an der Kinder-Uni gezeigt wurden. 49% der Kinder möchten mehr über die vorgestellten Themen wissen. Die Eltern sagen auf die Frage: „Was bewirkt Kinder-Uni bei den Kindern?“ zu 84% „Bildung und Wissen“ (das ist der höchste Wert überhaupt), zu 67% „Interesse am Thema geweckt“, zu 44% „mehr Spaß am Lernen“, zu 14% sogar „bessere Schulleistungen“. Die Antwort bleibt dabei freilich offen. Die Studie liefert interessante Einschätzungen der beteiligten Agenten, aber keine wirklich objektiven Beweise. Es bleibt also ein Forschungsdesiderat, Lerneffekte wirklich nachzuweisen.
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Auch die Uni Duisburg-Essen ist vertreten:
EUCUNET Konferenz, T端bingen, Februar 2009
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Ein europaweiter Boom – Michael Seifert
Kinder-Uni ist überall anders, das zeigt der Erfahrungsaustausch unter den Organisatoren, der in den letzten Jahren auf Treffen stattgefunden hat. Es gibt die sogenannte Massenvorlesung nach dem Vorbild der Tübinger Kinder-Uni, das so bei vielen Neugründungen imitiert wurde. Es gibt Workshops, in denen Kinder selbst aktiv und forschend in kleinen Gruppen tätig werden. Hier werden museumspädagogische Erfahrungen und das erfolgreiche Konzept der Schülerlabore auf Kinder übertragen. In Tübingen wird ergänzend zu den großen Vorlesungen ein „Kinder-Uni-Forschertag“ durchgeführt. Die Zweigleisigkeit der Veranstaltungstypen wird inzwischen an vielen Hochschulen praktiziert. Es gibt die Kinder-Uni als Außenstelle auf dem Lande. Sogar in Orten, in denen es keine Hochschule gibt, lässt sich das Konzept verwirklichen. Tübinger Außenstellen gibt es mittlerweile in Weil der Stadt, Schramberg (je 20 000 Einwohner) und Haiterbach (8000). Erfolgreiche Kinder-Uni-Vorlesungen und ihre Dozenten werden exportiert, wobei sich lokale Organisationsteams mit hohem Engagement in der Regel ehrenamtlich in Vereinen, Bildungsinitiativen oder Stadtverwaltungen um die Veranstaltungen kümmern. Ein ganz anderes Konzept liegt der Wiener Kinder-Uni zugrunde, die im Sommer 2003 startete, aber auch der Jungen Uni an der Universität Innsbruck: Hier funktioniert die Kinder-Uni gleichsam als „Summerschool“: Es gibt ein umfangreiches Programm von Veranstaltungen als Ferienprogramm oder es finden zusätzlich Aktionstage für Familien statt wie in Innsbruck. An portugiesischen Universitäten wie in Porto oder Aveiro wird dieses Modell noch um eine College-Komponente erweitert: Die Kinder verbringen die ganze Woche in der Uni und schlafen dort auch. Die Vielfalt von Modellen, die hier nur ganz grob angedeutet wird, kam erst durch die neue europäische Dimension und das von der Europäischen Kommission im 7. Rahmenprogramm unter „Science und Society“ geförderte Projekt EUCU.NET (European Children’s Universities Network) zustande. Konsortiumspartner des seit 2008 bestehenden Projekts sind außer der Universität Tübingen die Universitäten Basel und Straßburg, das Arena-Theater in Bratislava sowie das Kinderbüro der Uni Wien (Koordinator). Hauptziel ist es, auf der Basis einer Erhebung aller Aktivitäten ein Netzwerk aller Kinder-Universitäten in Europa und darüber hinaus zu schaffen. Es soll einen lebhaften Erfahrungs- und Know-how-Austausch über ein interaktives Webportal und die Organisation von internationalen Konferenzen ermöglichen. Darüber hinaus sollen neue Kinder-Universitäten in weiteren Ländern durch sogenannte
Mehr Informationen: www.eucu.net
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„Mentoring Partnerships“ geschaffen werden, in denen bereits etablierte Kinder-Unis die Standorte im Aufbau beratend unterstützen. Schließlich wird in dem Projekt die bestehende wissenschaftliche Literatur aufgearbeitet, es werden praktische Richtlinien zur Organisation von Kinder-Unis erarbeitet und ein Rahmen für Selbstevaluationen von Kinder-Uni-Organisatoren und die Stimulation zukünftiger Forschungs-Szenarios abgesteckt werden. An der Universität Tübingen hat Patricia Götz mit Hilfe der Projektpartner etwa 200 Standorte von Kinder-Uni-Aktivitäten in 25 Ländern ermittelt von denen etwa 120 in deutschsprachigen Ländern angesiedelt sind. Das Spektrum der Standorte reicht von Großbritannien über die Beneluxländer bis nach Portugal, von Skandinavien über die baltischen Länder, umfangreiche Aktivitäten in Polen und der Slowakei bis in die Türkei. 120 dieser Kinder-Unis sind inzwischen Mitglieder im EUCUNET-Netzwerk. Eine erste internationale Konferenz fand am 12. und 13. Februar 2009 in Tübingen statt. 111 Teilnehmer aus 18 Ländern machten diese Tagung zu einer wirklich internationalen, bei der entgegen unseren Erwartungen nur ein Drittel der Teilnehmer aus Deutschland kamen. Die Netzwerkidee ging auf: Zahlreiche informelle Kontakte wurden hergestellt, teilweise auch innerhalb eines Landes, in dem die Akteure bislang nicht von ihren jeweiligen Aktivitäten wussten. Eine Vertiefung dieser Zusammenarbeit auf allen Ebenen wird die Folge sein. Angeboten wurden beispielsweise Workshops zu Sinn und Zweck von Kinder-Unis, zu Gender-Aspekten, zum Einbezug sozial benachteiligter Schichten, zum Übergang zur Altersgruppe der Teenager. Außerdem wurden die vorläufigen Projektergebnisse von EUCUNET vorgestellt. In der einleitenden „Key Note Lecture“ von Prof. Ulrike Felt von der Universität Wien gab es auch durchaus kritische Töne. Dieser Vortrag stand unter dem Titel „Kinderuniversitäten: Wissenschaftskommunikation, Rollenspiel oder der erste Schritt, gezähmt zu werden?“ Alle Zusammenfassungen und Präsentationen sind zugänglich unter http://eucu.net/events/conferences/tuebingen Im Dezember 2009 wird eine Folgekonferenz in Wien und Bratislava stattfinden. Ein wichtiges Ergebnis der ersten Befragung von EUCU.NET war auch, dass Kinderuniversitäten bislang praktisch nicht zusammenarbeiten. Dies wird sich durch EUCUNET ändern. Eine beglückende Form der Zusammenarbeit, in der alle Partner erheblich voneinander lernen können und Anregungen direkt in die eigene Tätigkeit umsetzen können, erleben wir in einer „Mentoring Partnership“ mit den Universitäten Vilnius und Kaunas in Litauen.
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Zielgruppenbefragung danach:
Interview mit einer zukünftigen Führungspersönlichkeit
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Die Vorlesungen der vergangenen Jahre
Alle auf einen Blick:
Wintersemester 2003/04 Prof. Dr. Karl-Dieter Bünting/Dr. Ulrike Pospiech - Germanistik: Vom Rinderkopf zum Buchstaben A Prof. Dr. Roland Boese - Chemie: Flamme, Feuer, Glut und Asche Dr. med. Thomas Buck – Kardiologie: Warum klopft mein Herz? Dr. Ewald Frie – Geschichte: Warum gibt es Kriege?
Sommersemester 2004 Prof. Dr. Volker Buck – Physik: Ich sehe was, was du nicht siehst Prof. Dr. H. Walter Schmitz – Kommunikationswissenschaft: Wie kommt das Meeresrauschen in die Muschel? Prof‘in Dr. Ilse Storb – Musik: Musik bewegt! Afrika trifft Europa Prof. Dr. med. Norbert Scherbaum – Klinik für Psychiatrie: Jeder hat Angst – auch Kinder. Prof. Dr. Lothar Zechlin – Rektor: Was heißt eigentlich Recht haben? Prof. Dr. Horst Grunz – Zoophysiologie: Die Drachen von Galapagos
Wintersemester 2004/05 Dr. Jutta Nowosatdko – Geschichte: Wurden Vampire entdeckt oder erfunden? Prof. Dr. Udo Backhaus – Physik: Der Mond – das unbekannte Wesen. Prof. Dr. med. Markus Fischer – HNO-Arzt: Mein Kind will nicht hören. Prof‘in Dr. Cordula Meier – Kunst & Design: Was ist eigentlich Design?
Wintersemester 2005/06 Prof. Dr. Dieter Kelletat, Dr. Anja Scheffers – Geografie: Wer macht die größten Wellen? Prof‘in Dr. Angelika Eggert, Dr. Rainer Büscher – Medizin: Unsere Nieren im Einsatz. Prof. Dr. Georg Peez – Kunstpädagogik: Schmieren, kritzeln, zeichnen. Prof‘in Dr. Ursula Boos-Nünning – Interkulturelle Pädagogik:
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Kinder mit vielen Sprachen und Kulturen in unserer Stadt. Prof. Dr. Ing. Jochen Menkenhagen – Bauwissenschaften: Wie funktioniert Glas? Prof. Dr. Rainer Elschen – Wirtschaftswissenschaften: Ohne Moos nix los. Oder: Warum bekomme ich keine Muscheln als Taschengeld?
Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Michael Schreckenberg – Physik: Warum stehen wir sooft im Stau? Prof. Martin Hölscher – Landschaftsachitektur: Unser Haus, unsere Stadt. Leben im Ruhrgebiet. Dr. Marc D. Jedamzik – Maschinenbau/Schiffstechnik: Vom Einbaum zum Ozeanriesen und warum Schiffe schwimmen können. Prof. Dr. Daniel Hoffmann – Bioinformatik: Du bist Moleküle! Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte – Politikwissenschaften: Wie werde ich Bundeskanzler? Prof‘in Dr. Lisa Hefendehl-Hebecker – Mathematik: Als die Null in das Zahlenreich kam.
Wintersemester 2007/08 Prof. Dr. Ulrich Schreiber – Geologie: Unsere unruhige Erde Prof. Dr. Reinhard Jung – Wirtschaftsinformatik: Wie funktioniert eine Bank und was haben Computer damit zu tun? Dr. Georg Kamp – Philosophie: Warum streiten wir uns und wer hat Recht? Dr. med. Matthias Hövel – Kinderorthopädie: Warum kann Gehen schwierig sein? Prof. Dr. Ralf Miggelbrink - Theologie: Schöpfung oder Evolution? Prof. Dr. Norbert Treitz - Physik, Bernhard Slomka, RWE: Wie kommt der Strom in die Steckdose?
Wintersemester 2008/09 Prof. Dr. Ansgar Belke – Wirtschaftwissenschaften: Warum gibt es Geld? Prof. Dr. Bünting/Dr. Pospiech - Germanistik: Was hat das A mit ‘ner Kuh zu tun? Prof. Dr.-Ing. Bernd Noche – Logistik: Wie kommt die Banane in den Supermarkt? Prof. Dr. Horst Grunz – Biologie: Wer rettet Nemo und seine Freunde? Prof. Dr. Wilhelm Kuttler/Dr. Andreas Barlag – Klimatologie: Wir im Klimaklub. Prof. Dr. Alexander Schmidt – Architektur/Stadtplanung: Warum baut man so in der Stadt?
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Vorlesung am Campus Duisburg, Februar 2007
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Weiter im Programm. Angebote der Universität für Schülerinnen und Schüler Akademisches Beratungszentrum Studium und Beruf (ABZ) –
Infotag für Schülerinnen und Schüler
–
Schnuppertage: Mit der Stufe an die Hochschule
–
Projekt „Schülerinnen und Schüler an der Uni“: Besuch von Lehrveranstaltungen
–
Probestudium für Schüler/innen der Jahrgangsstufe 11-13
–
Seminare zur Studienorientierung für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe
–
DOP Duales Orientierungspraktikum
–
Genderangebot für MINT-Studiengänge:
Girls Day
S.U.N.I.: Bundesweite Sommeruniversität für junge Frauen in MINT-Studiengängen
tasteMINT (ab 2010)
–
Uni-Trainees; acht Module zur Studienwahlorientierung und Studienvorbereitung
für Lehrerinnen und Lehrer
Infos unter: www.uni-due.de/abz/studieninteressierte.shtml
Probestudium - Studiengänge am Campus Essen: Bauing., BWL und VWL, Chemie, Informatik und Wirtschaftsinformatik und Mathematik
Probestudium - Studiengänge am Campus Duisburg: Elektro- und Informationstechnik, Maschinenbau und Physik
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Fakultät für Geisteswissenschaften Förderunterricht für ausländische Schülerinnen und Schüler Infos unter: www.uni-due.de/foerderunterricht/projekt.shtml
Fakultät für Mathematik „Mathematische Schülerzirkel“ ab der 6. Jahrgangsstufe „Mathe für schlaue Füchse“ für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 3–5 Infos unter: www.uni-due.de/mathematik/mathematik_schueler.shtml
Fakultät für Physik „Trau Dich“: Probestudium Physik für Schülerinnen der Klasse 12 und 13 Schülerpraktika und Schüler-Betriebspraktika Freestyle Physics – Schülerwettbewerb für Schülerinnen und Schüler Jahrgangsstufe 5–13 Infos unter: www.uni-due.de/physik/fbphysik/Schueler/INFO/index.html
Fakultät für Chemie Probestudium Chemie für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 11-13 Infos unter: www.uni-due.de/imperia/md/content/fb9/chemie_in_essen.pdf5
Schreibwerkstatt Infotag Facharbeit für Schülerinnen und Schüler der Klasse 12 Infos unter: www.uni-due.de/schreibwerkstatt/projekte_infotage.shtml
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Danke an alle, die bisher mitgemacht haben: Phillipp Aarse + Nana Kwesi Ansong + Roxane Authorsen Aminollah Ayyubi + Udo Backhaus + Valeria Backmann Hannah Baltes + Andreas Barlag + Roman Barski + Anett Baumann Thomas Baumeister + Sarah Becker + Henricke Becklas Ansgar Belke + Michael Beul + Janice Bland Dieter Bläser + Dominique Bock + Roland Boese Sissy Bojarzin + Karola Bongartz + Ursula Boos-Nünning Jamila Borda + Björn Born + Elisa Brindl + Volker Buck Thomas Buck + Martina Buiting + Karl-Dieter Bünting Rainer Büscher + Sebastian Cirkel + Thorsten Czechanowski Frank Derkowski + Thomas Diederichs + Sabine Drobek Aldona Dziadek + Herr Ebeler + Angelika Eggert Jochen Ehlert + Rainer Elschen + Thomas Elschen Alexandra Epgert + Thomas Falk + Markus Fischer Frau Fischer + Ewald Frie + Michaela Gerber Claudia Gleede + Anna Glicner + Tim Gottschalk + Anke Grams Horst Grunz + Nancy Guderjan + Jürgen Gündel-Graber Ute Günther + Martin Gutzmann + Sven Haferkamp Sepideh Haghighat + Lisa Hefendehl-Hebeker + Erik Heimann Katja Hickstein + Michael Hirt + Daniel Hoffmann Martin Hölscher + Sascha Holzberg + Matthias Hövel Henriette Hövel + Konrad Hövel + Eleonore Hövel Philipp Hülsmann + Marc D.Jedamzik + Christina Jerig Markus Joepen + Reinhard Jung + Edge Kahveci + Georg Kamp Jana Kärcher + Annette Kareev + Thomas Keller Dieter Kelletat + Kevin Kerber + Herr Kersting
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Sebastian Kirf + Nicole Klaffki + Richter Koch + Janet Korte Karl-Rudolf Korte + Kai Koschecknick + Darius Kotzur Rudolf Krämer + Helmut Kretschmann + Stephie Kruse Wilhelm Kuttler + Christeane Ladwig + Eike Lange Rüdiger Latz + Alice Lechleitner + Stefan Lemansky Frank Lühring + Dhana Lukat + Nils Macher + Jan Malberger Claudia Mann + Cordula Meier + Dagmar Melzig Jochen Menkenhagen + Ralf Miggelbrink + Hildegard Mihm Mezid Mihosilovic + Sabrina Mons + Wilfried Munsch Annett Nagel + Markus Nekes + Birgit Neumann + Bernd Noche Yvonne Noldus + Jutta Nowosadtko + Thorsten Omlor Alexander Pawlak + Georg Peez + Katrin Piciw + Ulrike Pospiech Thomas Radtke + Susanne Rauschen + Sascha Redder Gerolf Reichenthaler + Anke Ribitzki + Andrea Riegel Melissa Robles + Carsten Schauerte + Anja Scheffers Norbert Scherbaum + Sarah Schiemesz + Andreas Schmidt J. Alexander Schmidt + Raimund Schmidt + Walter H. Schmitz Michael Schreckenberg Ulrich Schreiber + Marco Schuhmann J.Peter M.Schuler + Marco Tobias Schulz + Günter Sehnert Leila Sheikh-Ali + Bernhard Slomka + Carsten Sohn Dirk Solbach + Jessica Sonnberger + Axel Steurich + Ilse Storb Nadja Tajnsek + Eva Thesing + Nandi Thusi + Minh-Chau Tran Norbert Treitz + Nele Veddeler + Frederick von Zedlitz Frau Wahl + Fabienne Wahl + Ralph Wassermann + Jochen Weiler Stefan Weiser + Björn Wesner + Björn Wilhelmi Jana Wißing + Tanja Zastrow + Lothar Zechlin + Sabine Zix
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2010 – nur nicht zu spät kommen.
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Unikids sind cool. Und clever!
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Immer in Bewegung: Das Programm f체r 2010. > unikids im M채rz, der Klassiker.
> unikids im Sommer. > unikids bei Nacht.
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Credits:
Impressum Herausgeberin Universit채t Duisburg-Essen Konzeption Andrea Riegel, Dr. Sabine Zix Texte und Interviews Andrea Riegel Lektorat Dr. Ulrike Pospiech Schlussredaktion Dr. Sabine Zix Gestaltung Riegel + Reichenthaler D체sseldorf Druck Druckpartner Essen Fotos/Bildquellen Thomas Kersting Knierim, Uni T체bingen Andrea Riegel unikids Team Illustration Frauke Berg
Wie schreibt man das nochmal/noch Mal richtig? Das Spr@chtelefon weiĂ&#x;/weiss Bescheid oder bescheid:
0201.183.3405 sprachtelefon @ uni-due.de
Vielen Dank fĂźr das Lektorat.
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Vorwort
„Wir werden geboren mit dem Gedächtnis unserer Art und einem Gespür für kommende Möglichkeiten. Solange diese Möglichkeiten lebendig sind und am Leben erhalten werden, ist die Kindheit wie eine lange, fast ewige Morgendämmerung.“ Yehudi Menuhin
Vorwort
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Warum klopft mein Herz? Warum gibt es Kriege? Wie kommt das Meeresrauschen in die Muschel? Wurden Vampire entdeckt oder erfunden? Was ist eigentlich Design? Wer macht die größten Wellen? Wie funktioniert Glas? Warum bekomme ich keine Muscheln als Taschengeld? Warum stehen wir so oft im Stau? Wie werde ich Bundeskanzler? Warum streiten wir uns und wer hat Recht? Warum kann Gehen schwierig sein? Schöpfung oder Evolution? Wie kommt der Strom in die Steckdose? Warum gibt es Geld? Was hat das „A“ mit 'ner Kuh zu tun? Wie kommt die Banane in den Supermarkt? Warum baut man so in der Stadt? Wer rettet Nemo und seine Freunde?