2013 biwak burgfeld

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Ein kleines Biwakabenteuer Oktober 2013 - G端ggisgrat - Burgfeldstand - Interlaken - Schweiz


2 | Der Weg ist das Ziel

– jeder hat so seine Orte, wo er sich entspannen kann – ein Loblied auf einen Kraftort. Wegbeschreibung: Von der Bushaltestelle „Waldegg“ (1200m) bis zur „Chuematte (1700m)“ zum „Oberberg“ (1800m) auf den Sattel zwischen Schafberg und Gemmenalphorn auf (2000m) - welcher sich im Übrigen auch für Starts bei ungünstigen Windbedingungen eignet - weiter dem norwestlichen Grat entlang zum Burgfeldstand, der mit 2063m der höchste Punkt des Güggisgrates bildet.

Der Aufstieg, den ich üblicherweise bei guten Bedingungen und nach kalorienhaltiger Nahrung in ca. 1 1/2 – 2 Stunden bewältige, dauert bei der heutigen „Expedition“ über 4 Stunden - klar, Fotosessions, Naturbeobachtung usw. inklusive und nicht ausser Acht zu lassen trägt das Zusatzgewicht der gesamten Biwakausrüstung zu den gesamthaft gut 18kg und zu einer gewissen Entschleunigung bei. Den Notschirm habe ich allerdings im Fahrzeug unten gelassen und die Gewichstersparnis mit der Spiegelreflex Kamera ausgeglichen. Dies bedeutet zwar nicht die logischste aller Überlegungen, doch überwiegt das Vertrauen in das neue Flugmaterial,


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welches mir freundlicherweise von der hiesigen Ikarus-FLugschule zur Verfügung gestellt wurde. Zudem würde der Gleitflug in den frühen Morgenstunden vermutlich nicht mit aussergewöhnlichen Turbulenzen verbunden sein. Ferner habe ich auch nicht vorgesehen das neue Testgerät mit erweiterten Flugkapriolen auszureizen. Mein eigener leichter Schirm für Hike & Fly wiegt zwar auch „nur“ 4.5kg, aber 2kg weniger sind schon ein erhebliches Argument sich ev. mit dem Kauf eines solchen Gerätes zu befassen. Für Biwaks ist der Gewichtsunterschied zwar nicht zwingend ausschlaggebend, für schnelle Hikes, Bergläufe oder Klettertouren ohne zusätzlichen Schnickschnack hingegegen kann einem ein Rucksack mit grad mal 3.5 - 4kg inkl. Gurt einiges an Neuem eröffnen. Kurz vor Erreichen der „Chuematte“ werde ich von einer aussergewöhnlich intensiven Abendstimmung überrascht. Die Bergzüge zwischen Schreckhorn, Eiger, Mönch und Jungfrau tauchen in ein tiefes Rot. Unterstützt wird die wunderbare Farborgie zusätzlich durch eine leichte Föhnstimmung, welche ein paar hohe Cirren am Himmel und Lenticularis über dem Jungfraugebiet erzeugt. Das Spektakel dauert allerdings nur wenige Minuten und es verbleibt

kaum Zeit einen geeigneten Standort zu finden um ein paar Aufnahmen zu schiessen bevor die Dämmerung einsetzt und die farbschwanger beleuchtete Landschaft einem eher trüben Grau weichen wird. Ein Genuss ist der Aufstieg über die „Chuematte“ zum Oberberg und weiter Richtung Gemmenalphorn alleweil. Die weitläufige Aussicht an diesem Berghang auf das Jungfraumassiv im Süden, den Hardergrat im Osten bis weit hin zum Titlis und Pilatus und im Westen gegen Niesen, Stockhorn und weiter nach Thun werden mir, obwohl schon oft gesehen, nie langweilig. Die absolute Ruhe, bei einem leichten und für diese Jahreszeit noch eher wenig kalten Südwind sind an diesem Spätherbstabend

während des Einnachtens genau, was ich brauche, um den Alltagsbalast abzuschütteln und in weite Ferne rücken zu lassen. Der Mond, der um diese Jahreszeit früh aufgeht wird noch ein wenig von dichteren Cirren bedeckt, doch es wird augenscheinlich, dass die Südströmung die Wolkenschichtungen bald einmal nach Nordosten verschieben und ein einigermassen klarer Himmel den silbernen Glanz des Mondlichtes durchscheinen lassen wird. So zumindest die Prognosen für das Datum des mittigen Oktobers, das bekannt ist für Mondscheinflüge, weil zu diesem Zeitpunkt der Mond am Abend sehr früh auf und erst am Morgen wieder unter geht.


4 | Ordnung ist das halbe Leben

Was immer du vorhast, tu es gleich es gibt nicht endlos viele Morgen Auf dem Sattel zwischen Schafberg und Gemmenalphorn angekommen blitzen unten in der hektischen dunklen Talschaft bereits tausende Lichter auf. Wie schön ist es den täglichen Gewohnheiten für wenige Stunden und eine Nacht entfliehen zu können! Ein kleines Abenteuer ist es allemal auf diese Weise unterwegs zu sein – und nicht nur Nachts. Zumindest für die eigene Seele und die innere Ruhe ist eine Hike & Fly Tour ein Entspannungselixier. Die Ausgesetztheit in der Natur und die Auseinandersetzung mit sich selbst und der eigene Psyche ergibt immer wieder neue Erfahrungswerte und Perspektiven. Es wäre zwar oft auch toll dies alles mit einem vertrauten Menschen teilen zu können, doch andererseits müsste da schon einiges harmonieren. Ein Mensch bei dem ständig das Mobiltelefon klingelt, oder einer der pausenlos sich selbst beim Reden zuhört würde nicht unbedingt zur Stimmung passen. Allerdings habe ich hier oben oft schon spannende Begegnungen erlebt und Kollegen angetroffen – zumindest tagsüber. Auf dem Grat selbst in Richtung Nordwesten wirkt die Landschaft mit dem vorgelagerten Sigriswilergrat und dem Justistal extrem schroff und abweisend, wo hingegegen die Südostseite gar lieblich anmutet aber der Startplatz oft von

Rückenwind angeblasen wird. Nicht wenige Malet bin ich bei Nordwest bis Nordostwind auf diese schroffe Seite hin gestartet, was allerdings mehr oder weniger erhöhte Anforderungen erfordert - je nach Windstärke und Richtung und nicht zuletzt des steilen Geländes wegen. Der Wind, der sich an einer Felsverschneidung neben dem Burgfeldstand bricht, faltet die hochgezogene Gleitschirmkappe nur zu oft zu sonderbaren Formen und man muss manchmal schon die nötige Ausdauer besitzen, um nicht aufzugeben und die ganze Übung abzubrechen, resp. erst sich selbst gestattet erst bei satter Kappe über die „Klippe“ zu springen. Schroff und lieblich - die Landschaft prägt - sie lässt durchaus Gedanken anbahnen, weshalb es einen immer wieder hierher zieht. Der Blick auf die durch den Mondschein zunehmend leuchtenden Berge ist hier oben in dieser Nacht besonders imposant. Es ist nun schon gegen 23h als sich auf halbem Weg auf dem Grat endlich auch der Blick in Richtung Thun, Thunersee und das weite Mittelland öffnet. Die Hoffnung allerdings, Gemsen oder Steinböcken zu begegnen, hat sich nicht bewahrheitet. Vermutlich bewegen sich die Tiere noch weiter unten oder schlafen bereits. An einigen geeigneten Stellen unterwegs installierte ich die schwere Kamera. Dabei wird meine

Unerfahrenheit im Umgang mit der Nachtfotografie zum zeitverzögernden Moment. Die Bedienung der Einstellungen und Langzeitbelichtungen gelingt nur widerspenstig und das leichte Gorilla-Stativ knickte nicht zu selten ein und wackelt unter der


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liche „Innenverspannung“ konstruieren muss, damit das Biwak genügend Volumen bekommt. Das dünne Zelt aus Rippstoppgewebe, wie man es beim Gleitschirmtuch kennt wiegt nur 550g und man kann es notfallmässig bei überraschenden Regengüssen auch mal gleich über den Kopf ziehen und von innen her aufbauen, da es einen trennbaren Boden aufweist. Zudem überkommt mich wieder mein Ordnungssinn. Jedes kleine Ding muss hier an seinem Platz sein sonst wäre an Schlaf nicht zu denken. Manchmal braucht es oft mehr Zeit eine ganze Ausrüstung hier draussen zu ordnen, als in einem Haushalt den ganzen, oft unnötigen Kram, irgendwo zu verstauen.

Last. Nächstes mal nehme ich den Fernauslöser hene Platz ist bei näherem Abtasten und ein solideres Stativ mit. noch von viel Schneewasser überschwemmt. Bald lässt sich aber eine Ein letzte steile Passage nordwestlich den Felsen gute und flache Alternative finden. Zum entlang bringen mich gegen Mitternacht zum Glück habe ich den Zeltaufbau zuvor zu Zielpunkt, auf das flache Teilstück des Burgfeld- Hause geübt gehabt. Da ich nur zwei stand, wo ich vorerst mal eine gute Stelle für das Wanderstöcke mit dabei, bemerkte ich neue Biwakzelt suche. Der in Gedanken vorgese- beim Testen, dass ich mir eine zusätz-

Bald haben auch die übrige Ausrüstungsgegenstäne ihren Platz gefunden und ich beginne den kühler werdenden Wind, die klare Luft und die Leichtigkeit nach erfolgter Anstrengung zu geniessen. Als ich den Blick zum Niederhorn, rund 2km weiter unten wende, erkenne ich plötzlich kleine Lichter, die sich lautlos vor dem schwarzen Hintergrund in Richtung Tal bewegen. Die „Leuchtkäferchen“ entpuppen sich nach kurzer Selbstreflexion als weitere Mondsüchtige, die sich mit der Bahn hoch und nun mit dem Gleitschirm in Richtung warme Stube tragen lassen. Toll dieses Schauspiel der langsam sich bewegenden Lichter. Manchmal scheint eine Kappe eines Gleitschirms erhellt, dann wieder ist nur ein kleiner Punkt des Lichtes zu erkennen aus dieser Distanz. Bei der nun langsam aufkommende Kälte nach Mitternacht ziehe ich es selbst auch vor ein etwas wärmerer Ort in meinem 25-jährigen Daunen-Schlafsack zu suchen. Erstaunlich wie lange ein gutes Produkt einem begleitet, wenn man es sorgfältig behandelt. Früh, sehr früh wache ich auf. Hell ist es ohnehin in die ganze Nacht gewesennicht zu beurteilen ob nun Morgen oder noch Nacht ist. Die Uhr auf dem Mobiltelefon gibt mir den nötigen Hinweis. Es isterst kurz nach 5. Naja, schliesslich bin ich nicht zum Schlafen hochgekommen, sondern des Erlebnisses wegen und um den bevorstehenden Tag mit einem Testflug mit dem neusten Leichtgerät im


6 | Sanft ist der Tag

Gleitschirmsport zu beginnen. Ich warte noch ein wenig ab bis sich Anzeichen am Himmel für Tageslicht zeigen, bevor ich endgültig der komfortablen Zone im Zelt entfliehe – und welch grandioses Schauspiel zeigt sich dann etwas später – noch gewaltiger als die Abendstimmung gestern, das Rot von heute im Osten überwiegt noch das Rot von gestern im Westen. Eine sanfte Schicht Cirren wird angestrahlt von der noch nicht sichtbaren Sonne hinter dem Horizont und die Weite des Himmels leuchtet in feinen Abstufungen von Rot und Orange. Es freut mich, dass mir die Flugschule am Vortag - noch ganz unerwartet - einen neuen Test-Gleitschirm in die Hand gedrückt hat und somit das Biwakerlebnis durch die Neugier auf ein angesagtes Hightech-Produkt noch zusätzlich spannend macht. Also schnell das kleine Paket ausgepackt und den dünnen Stoff und die an Zahnseide anmutenden Leinen überprüfen. Na, man muss schon Vertrauen haben in die Aussagen der Entwickler, der Testverfahren und der eigenen Erfahrung, damit man einem Aussenstehenden erklären könnte, weshalb man mit einem solch feinen Ding nicht abstürzt. Nun ist auch zu sehen weshalb das Gleitsegel so leicht ist. Der hauchdünne Stoff fühlt sich so geschmeidig an wie ein Seidenfoulard und will wohl auch so behandelt werden. Schroffe

Steine, spitze Äste mag es nicht, aber das ist wie mit dem eigenen Körper – man geht sorgsam damit um – er ist das einzige was einen transportiert, so wie dieses Tuch mich sicher ins Tal transportieren wird. Im morgentlichen Norwestwind und bei Sonnenaufgang mache ich einige Aufziehübungen in Richtung Felskante, um mich etwas mit dem Schirmverhalten bekannt zu machen. Das gelingt spontan hervorragend. Leider, oder auch zum Glück, nimmt der Norwestwind ab und vermutlich wird schon bald der „lieblichere“ Teil der Bergflanke vom Südwind angeströmt sein und ich bin nicht gezwungen auf die „schroffe“ Seite zu starten, zumal ich dabei den rund 50m tieferliegenden Sattel queren muss, um auf die Südseite und das Tal zu gelangen. Ich weiss ja noch nichts genaues über das Sinkverhalten des Geräts. Vorerst gilt es aber den Haushalt zu besorgen und alles wieder in den Rucksack zu verstauen, der abgesehen von 3kg Flugausrüstung immer noch mit 15kg auf den Rücken drückt. Zum Glück hatte ich dies Tags zuvor getestet und dabei festgestellt, dass mir der schwere Rucksack die Brust einschnürt, mich nach hinten zieht und mir kaum Luft zum atmen lässt. Als ich deswegen am Startplatz „notfallmässig“ einlandete bekam ich einen regelrechte harsche Zurechtweisung eines bekannten Piloten, den ich hier jedoch höchst selten antreffe. Ein etwas kollegialer gesinnter Pilot gab mir hingegen den Tip Schlaufen der Tragriemen


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des Rucksacks direkt an der Hauptaufhängung des Gurtzeugs mit einzuhängen damit das Gewicht nicht am Körper, sondern an den Karabinern belastet wird. Auf diese Weise montiert fühle ich mich heute komfortabel, um einen schnellen Spurt bei Null -oder Rückenwind hinzulegen. Manchmal ist es schade so früh am Morgen abzugleiten und nicht noch etwas in der Sonne zu liegen oder gar womöglich eine erste Thermik zu erwischen. Aber – wenn die Bedingungen gut sind – sollte man fliegen, denn das ganze Erlebnis als Gesamtpaket zählt mehr als allfällige zusätzliche Optionen, die vielleicht - vielleicht aber auch nicht - eintreten können. Nach einem kurzen Spurt spüre ich schon die Trag- und und Drehfreudigkeit des Geräts. Ich folge den mir hier bekannten Pfaden in der Luft, die ich eingehend kenne und geniesse das spätherbstliche Morgenlicht welches immer noch tiefe Schatten über das Tal breitet, dabei aber die Bergkämme bereits leuchtend hervorhebt. Das Gerät wird mir in der Luft gleich zum vertrauten „Körperteil“. In seinem agilen Verhalten, der erhöhten Geschwindigkeit und der Gleitleistung entspricht es sicher den hochgehaltenen Ankündigungen des Herstellers.

Befriedigt über das bisher erlebte ziehe ich noch ein paar letzte Kurven und setze froh und leicht beschwingt auf dem Talboden auf. Schön ist alles wie geplant verlaufen. Nun kann ich mich während der Heimfahrt an das Erlebt erinnern und damit die Gedanken an die Gefährlichkeit des Strassenverkehrs zerstreuen. Pi Hofman

see also >> testbericht: paralpin.de pics: pi-hofman.tumblr.com (or FB)


Pi Hofman ArtDigit Dorfstrasse 8 Postfach 114 http://pi-hofman.tumblr.com/


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