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Passau, schöne Barockperle

Passau, schöne Barockperle!

Drei Flüsse aus drei Himmelsrichtungen fließen in Passau zusammen – aus dem Westen die Donau, dem Süden der Inn und dem Norden die Ilz. Das macht die Stadt im Dreiländereck zwischen Deutschland, Österreich und Tschechien schon in ihrer Lage zu etwas ganz Besonderem. Und mittendrin in diesem niederbayrischen Barockjuwel, das so italienisch anmutet wie keine andere deutsche Stadt, hat man sich gleich ein bisschen verliebt. Ganz einheitlich mutet die Architektur der Altstadt an: Vieles hier wurde von italienischen Baumeistern in den Jahren nach dem großen Brand von 1662 neu errichtet. Wenn dann noch die Sonne scheint und alles zum Leuchten bringt, ist es um einen geschehen: Passau, schöne Barockperle!

Passau. Das ist der von Carlo Lurago geplante Dom St. Stephan mit der größten Domorgel der Welt. Das ist das Museum am Dom in der neuen bischöflichen Residenz, erbaut vermutlich von den Architekten Domenico d’Angeli und Antonio Beduzzi in schönstem Spätbarock und Rokoko. Das ist die Veste Oberhaus, eine der mächtigsten Burganlagen der Welt mit einem sehr sehenswerten Museum. Das sind das Dreiflüsseeck und das fürstbischöfliche Opernhaus.

Passau, das ist viel Baukunst und viel Kultur: Das ist das Römermuseum Kastell Boiotro, das Museum Moderner Kunst Wörlen, das mitten in der Altstadt direkt an der Donau liegt. Aber besuchen Sie auch unbedingt das Glasmuseum, das die Geschichte des böhmischen Glases darstellt. Das „schönste Glashaus der Welt“ hat Friedrich Dürrenmatt diese Sammlung genannt, die in dem feinen Hotel „Wilder Mann“ residiert.

Alois Brunner, Kunstreferent der Diözese und Leiter des Museums am Dom, Passau, Foto: Dionys Asenkerschbaumer, Kellberg

links: Blick auf Passau, Foto: Herbert Stolz

Passau ist eine Stadt der Kunst, der K irchen und des Genusses. Passau, das ist das grüne Alpenwasser des Inns, das sind die braune Donau und die schwarze Ilz, die sich hier vereinigen. Passau, das sind viele Farben: Hier leuchten die Häuserfassaden in den schönsten Pastelltönen, alles dicht zusammengedrängt auf einer Landzunge. Passau hat eine besondere Geschichte und eine besondere Ausstrahlung.

ARTMAPP sprach mit zwei Kulturschaffenden über diese sehr besondere Stadt und darüber, wie es sich anfühlt, in Passau zu leben. Alois Brunner ist Kunstreferent der Diözese und Leiter des Museums am Dom, Eva Riesinger betreibt die Fotogalerie Soiz und ist zugleich Ausstellungsleiterin des Kunstvereins Passau. Die Interviews führte Marc Peschke.

ARTMAPP: Lieber Herr Brunner, wie fühlt es sich an, in Passau zu leben?

Alois Brunner: Ich bin 1978 als Schüler nach Passau gekommen, habe hier studiert und arbeite seit 30 Jahren auf dem Domberg. Und noch immer bereitet es mir große Freude, durch die historische Altstadt mit ihrem italienischen Flair zu schlendern.

ARTMAPP: Das Museum am Dom in Passau ist bekannt für seine Meisterwerke romanischen bis barocken Kunstschaffens. Was sind die Höhepunkte der Sammlung und welches Exponat ist für Sie persönlich das bedeutendste?

AB: Höhepunkte der Sammlung sind die ausgewählten prachtvollen liturgischen Geräte aus dem Domschatz, etwa die Monstranz in Herzform, die Hans Franz Fesenmayr um 1670 in Augsburg schuf. Als bedeutendstes Exponat zeigen wir die um 1733 geschaffene Modellreplik des Grabmals des Johannes von Nepomuk in Prag von Antonio Corradini, die auch schon in bedeutenden Ausstellungen in Tschechien und Österreich zu sehen war. Mein persönliches Lieblingsstück ist das um 1480 entstandene Standkreuz der Passauer Bäckerzunft, dessen aus Silber getriebene, vollplastische Figuren mich sehr beeindrucken.

oben: Eva Riesinger, Inhaberin der Soiz Galerie und Ausstellungsleiterin des Kunstvereins Passau, Foto: Christian Kropfmüller

ARTMAPP: Sie beschäftigen sich als Kunstreferent der Diözese aber auch mit zeitgenössischer Kunst in Kirchen, etwa mit dem Werk des 1968 geborenen Kirchenkünstlers Tobias Kammerer. Können Sie uns das Engagement der Diözese im Bereich der zeitgenössischen Kunst am Beispiel Kammerers beschreiben?

AB: Wie in anderen Diözesen wurden in Passau vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren in zahlreichen Kirchen die damals wenig geschätzten historistischen Kirchenausstattungen entfernt mit dem Ergebnis, dass die dann entstandenen Räume auf den heutigen Betrachter vielfach sehr kahl und nüchtern wirken. Entsprechend wünschen die Kirchengemeinden, solchen Räumen wieder eine ansprechende sakrale Ausstrahlung zu geben. Tobias Kammerer ist ein Künstler, der sich sehr gut in Sakralräume hineindenken kann. Mit seinen farbenfrohen und schwungvollen Gestaltungen gelingt es ihm, die vorhandenen Ausstattungsstücke optisch und ästhetisch zusammenzuführen und den Kirchenräumen einen spannungsreichen und einladenden Charakter zu verleihen. Als Beispiele nenne ich die Pfarrkirchen St. Gertraud in Passau und in Eichendorf sowie ganz aktuell die Farbgestaltung der Hauskapelle im Passauer Bildungshaus „Spectrum Kirche“.

rechte Seite: Farbgestaltung der Hauskapelle im Passauer Bildungshaus „Spectrum Kirche“, Foto: Tobias Kammerer

ARTMAPP: Haben Sie einen persönlichen Passau-Tipp für unsere Leser?

AB: Als Kunsthistoriker und Freund der klassischen Musik empfehle ich einen Besuch der beeindruckenden barocken Kathedrale, verbunden mit einem Konzert auf der größten Domorgel der Welt.

ARTMAPP: Lieber Frau Riesinger, auch an Sie die Frage: Wie fühlt es sich an, in Passau zu leben?

Eva Riesinger: Da bin ich ganz bei Neil Finn von Crowded House: „Everywhere you go, always take the weather with you“. Der sang das Anfang der 1990er-Jahre und es war ein großer Hit.

ARTMAPP: Sie betreiben die Soiz Galerie seit 2015 in der Schustergasse in der Altstadt von Passau. Eine Galerie für Fotokunst, die unter anderem bekannte Fotografen wie Andreas Herzau oder Andrew Phelps vertritt. Ist Passau ein guter Standort für eine ambitionierte Fotokunstgalerie?

ER: Vielleicht wird man stärker wahrgenommen, weil das Angebot an Galerien und speziell an Fotokunst kleiner ist als in den Metropolen. Aber ehrlich gesagt fehlt mir der Vergleich.

ARTMAPP: Sie stammen selbst aus dem Bayerischen Wald, haben aber lange in München gelebt. Was unterscheidet den Niederbayern vom Oberbayern?

ER: In München trifft man ja nicht viele Oberbayern. Die meisten können sich München nämlich nicht leisten. Eins weiß ich aber sicher: Der Niederbayer interessiert sich sehr für Niederbayern. Vielleicht, weil sich andere Leute nicht so sehr dafür interessieren.

ARTMAPP: Sie sind ebenfalls als neue Ausstellungsleiterin im Kunstverein Passau engagiert. Was sind hier Ihre Pläne?

ER: Pläne könnten sich gerade am Anfang als zu starr erweisen. Ich glaube, man muss erst mal mit den richtigen Leuten reden. Nämlich mit solchen, die für gute Kunst stehen und sie unterstützen wollen – in welcher Form auch immer. Wenn man solche Menschen gewinnen kann, entwickeln sich die Dinge meiner Erfahrung nach von selbst.

ARTMAPP: Haben Sie einen persönlichen Passau-Tipp für unsere Leser?

ER: Bei der Soiz Galerie um die Ecke zur Bräugasse 17 gehen: Dort erst oben die Ausstellungen im Museum Moderner Kunst Wörlen besuchen, dann runter ins „Café Museum“ zu Kaffee mit Kuchen und abends dann zum Jazzkonzert in den Keller. Dort kann man berühmten Musikern noch richtig nahe kommen.

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