Ärzte der Welt - Jahresbericht 2011

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Médecins du monde - Identité visuelle ALLEMAGNE

JahresBERICHT

DIE WELT VERGISST SCHNELL. WIR HELFEN WEITER.

08/07/2009


C : 100 M : 60 J:0 N:0

Ärzte der Welt e.V. Augustenstraße 62 D-80333 München Telefon + 49 ( 0 ) 89 45 23 081- 0 info@aerztederwelt.org Médecins du monde - Identité visuelle ALLEMAGNE

08/07/2009

www.aerztederwelt.org www.mdm-international.org

Impressum © Ärzte der Welt e.V., V. i. S. d. P.: Prof. Dr. H.- J. Zenker ( Vorstandsvorsitzender ) Redaktion Ute Zurmühl Damien Perrot Katharina Radmüller Sabrina Schmitt Mit Unterstützung von Rosa Gaube und Angelika Braune-Radmüller Stand Juni 2012 Quellen World Health Organization (WHO): World Health Statistics 2011; Human Development Reports 2011 Weltbank: data.worldbank.org Titelbild Sara Farid Rückseite Lam Duc Hiên Gestaltung Media Company GmbH, Bonn Druck Mit freundlicher Unterstützung von: Bosch-Druck GmbH

Ärzte der Welt e.V. ist als gemeinnützige ­Organisation anerkannt. Spenden sind s­ teuerlich abzugsfähig. Seit April 2006 erhält „Ärzte der Welt“ jährlich das DZI-Spendensiegel als Zeichen für Vertrauens­ würdigkeit und erfüllt so die strengen Kriterien des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen. Sie können unsere Arbeit auch dauerhaft ­unterstützen. Mehr Infos unter aerztederwelt.org Mit Ihrer Spende hilft „Ärzte der Welt“ weiter. Stichwort: Hilfe weltweit Deutsche Kreditbank (DKB) Kontonummer: 1004333660 BLZ: 120 300 00 IBAN: DE06 1203 0000 1004 3336 60 SWIFT BIC: BYLADEM1001

Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI)

Zeichen für Vertrauen

Mitgliedschaften VENRO, Nord-Süd-Forum M ­ ünchen, Aktions­ bündnis gegen AIDS. Außerdem ist „Ärzte der Welt“ Mitglied im Koordinierungsausschuss ­„Humanitäre Hilfe“ des Auswärtigen Amtes und beim Arbeitskreis Medizin in Entwicklungsländern ( AKME ).

www.bosch-druck.de

Die Verbesserung der Gesundheit von Frauen und Kindern liegt dem „Ärzte der Welt“-Netzwerkes besonders am Herzen. ( Hier bei einer Fortbildung in Nepal ). © Benoit Guenot


3 Vorwort

Vorwort

© Ärzte der Welt Archiv

Liebe Freundinnen und Freunde von „Ärzte der Welt“, die Arbeit unserer Organisation wurde im Jahr 2011 vor allem von zwei Katastrophen geprägt: Im März 2011 traf Japan ein Schicksalsschlag unvorstellbaren Ausmaßes. Zum ersten Mal in der Geschichte unserer Organisation war eine Sektion des „Ärzte der Welt“-Netzwerkes unmittelbar im eigenen Land von einer Katas­ trophe betroffen ( S. 16 – 17 ).

Soforthilfe: Horn von Afrika

Europa: Gesundheitsversorgung für alle

Eine Ernährungskrise bedrohte dann im Sommer 2011 das Leben von Millionen Menschen am Horn von Afrika ( S. 12 – 15 ). Das Netzwerk „Ärzte der Welt“ organisierte einen umfassenden Soforthilfe-Einsatz und leistete humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge sowie für die von der Dürrekrise betroffene lokale Bevölkerung in Dadaab (Kenia) und Bossaso (Somalia).

Aber auch in Europa setzen wir uns für diejenigen ein, die am Rande der Gesellschaft stehen. Ausgelöst durch die ökonomische Krise haben viele Regierungen Europas drastische Sparmaßnahmen im Gesundheitssektor eingeführt, die besonders verletzliche Bevölkerungsgruppen treffen. Dies spiegelt sich vor allem in den nationalen Projekten unserer Kollegen in Griechenland und ­Spanien wieder. Dass Hilfe nicht nur im EU-Ausland benötigt wird, zeigen auch die Patientenzahlen unserer Münchner Anlaufstelle für Nichtversicherte „open.med“: Im Vergleich zu 2010 haben sich die Patientenzahlen dort verdoppelt ( S. 28 – 33 ).

„Vergessene Krisen“ 2011 setzten wir unser Engagement in Krisenregionen fort, die zunehmend in Vergessenheit geraten. Zum Beispiel in Pakistan, in der Grenzregion zu Afghanistan, wo „Ärzte der Welt“ ein Gesundheitsprogramm für intern Vertriebene und Betroffene der Flutkatastrophe von 2010 durchführt und beim Wiederaufbau hilft ( S. 22 – 23 ). In Haiti, das im Januar 2010 von einem verheerenden Erdbeben verwüstet und danach von einer Cholera-Epidemie heimgesucht wurde, bleiben die Teams von „Ärzte der Welt“ weiterhin im Einsatz und engagieren sich beim Wiederaufbau des Gesundheitswesens ( S. 10 – 11 ). Dies ist nur dank der Hilfe der vielen SpenderInnen und Förderer möglich, die unsere Projekte unterstützen: Das gesamte „Ärzte der Welt“-Netzwerk erhielt infolge des Erdbebens 24,1 Millionen Euro für Hilfsprojekte in Haiti. Von Anfang 2010 bis Ende 2011 setzte unsere Organisation fast 19 Millionen Euro ein. Die restlichen Hilfsgelder werden im Jahr 2012 für die Stabilisierung unserer dortigen Gesundheitsprogramme verwendet.

Ausblick 2012: Verstärkung des Engagements Die Anzahl von Krisen, ob als Folge von Naturkatastrophen, Armut oder Krieg, nimmt nicht ab. Als humanitäre, medizinische Hilfsorganisation stellen wir uns dieser Herausforderung und werden auch in Zukunft – unabhängig und neutral – überall dort helfen, wo Menschen in Not medizinische Hilfe und Unterstützung benötigen. Neben Soforthilfe-Einsätzen wollen wir uns vor allem mit nachhaltigen Langzeitprojekten engagieren und Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Hierfür verstärkten wir 2011 unsere Münchner Geschäfts­stelle. Doch unsere Arbeit ist nur durch Sie möglich! Ich möchte dies zum Anlass nehmen und mich ganz herzlich bei allen Förderern, SpenderInnen und den vielen engagierten Helfern in unseren Projekten bedanken ! Herzlichst, Prof. Dr. med Heinz-Jochen Zenker MPH Präsident Ärzte der Welt Deutschland


4 Ärzte der Welt

DAS INTERNATIONALE NETZWERK „Ärzte der Welt“ „Ärzte der Welt“ ist die deutsche Sektion der internationalen humanitären Organisation „Médecins du Monde“ / „Doctors of the World“. Das Netzwerk „Ärzte der Welt“ arbeitet im Verbund und führte 2011 über 350 Gesundheitsprogramme in fast 80 Ländern ( internationale & nationale Projekte ) durch. „Ärzte der Welt“ leistet medizinische Hilfe für benachteiligte Bevölkerungsgruppen, die von Krisen oder Ausgrenzung betroffen sind: weltweit und unabhängig von ethnischer, sozialer, religiöser und politischer Herkunft. Wir verstehen den Zugang zu Gesundheitsversorgung als universelles Menschenrecht.

Internationale Projekte: ­Not­hilfe & langfristiges ­Engagement

den können. Daher werden unsere lokalen Partner in alle Projektvorhaben von Anfang an eng eingebunden.

Inlands-Projekte Neben den internationalen Projekten setzen sich die Sektionen des „Ärzte der Welt“-Netzwerkes auch in ihren eigenen Ländern für den Zugang zu medizinischer Versorgung als humanitäres Grundrecht ein. 2011 führten 13 Netzwerk-Mitglieder 190 nationale Gesundheitsprogramme in ihren jeweiligen Heimatländern durch. In Deutschland ermöglichen unsere Inlands-Projekte „open.med“ in München und „Med.Mobil“ in Stuttgart medizinische Versorgung für Menschen ohne Zugang zu Gesundheitsversorgung.

„Ärzte der Welt“ ist vor Ort, wenn bei Katastrophen oder Krisen schnell medizinische Hilfe benötigt wird. In der Folge von Krisen hilft das internationale Netzwerk beim Wiederaufbau, berät die örtlichen Gesundheitsinstitutionen oder engagiert sich in der Krisenprävention. Wir führen aber auch langfristige Projekte in Entwicklungsländern durch, um vor allem die dortigen Ge- Menschenrechtsverletzungen sundheitssysteme zu stärken, hier vorrangig in öffentlich machen strukturschwachen Regionen oder bei anhalten- Neben unserer Projektarbeit sehen wir es als ­unsere Aufgabe, Augenzeugenberichte und Verden Krisen. Unser Ziel ist es dabei immer, nachhalti- stöße gegen das humanitäre Völkerrecht zu ge Lösungen zu finden, damit die Aktivitäten ­dokumentieren. Wir machen Gesellschaft und nach dem Weggang von „Ärzte der Welt“ von Verantwortliche in Politik und Wirtschaft auf die den einheimischen Akteuren weitergeführt wer- erschwerten Lebensbedingungen unserer Pa­ tientengruppen aufmerksam und engagieren uns auf europäischer und internationaler Ebene für eine allgemein zugängliche Gesundheitsversorgung als Menschenrecht für alle.

Den Zugang zu Gesundheits­ver­ sorgung ­verstehen wir als universelles ­Menschenrecht. © Olivier Dubuquoy


5 JahresBERICHT 2011

Das „Ärzte der Welt“-Netzwerk hat Sektionen in folgenden ­Ländern:

Argentinien / Belgien / Kanada / Deutschland / England / Frankreich / Griechenland / Italien / Japan / ­Niederlande / Portugal / Schweden / Schweiz / Spanien


6 DAS INTERNATIONALE NETZWERK „Ärzte der Welt“

Ärzte der Welt

Schwerpunkte der Aufgaben 2011

Sofort und / oder langfristig Die Soforthilfe war 2011 einer der Schwerpunkte der Arbeit des „Ärzte der Welt“-Netzwerkes, sowohl nach dem Erdbeben in Japan als auch während der Nahrungsmittelkrise in Ostafrika. Unsere Teams konnten dort jeweils schnell und engagiert helfen. Und auch über die akuten Krisen hinaus unterstützten wir die Betroffenen weiterhin. So wurde 2011 die Hilfe in Pakistan und Haiti bis heute kontinuierlich fortgeführt. Hierbei kooperierte das Netzwerk eng mit lokalen Partner-Institutionen, um nachhaltige Strukturen im Gesundheitswesen aufbauen und übergeben zu können.

auch armen Frauen den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen zu gewährleisten, und Frauen müssten gleichberechtigt in Entscheidungen über das Gesundheitswesen einbezogen werden. Die Millenniums-Entwicklungsziele 4 und 5 der Vereinten Nationen wollen die Mütterund Kindersterblichkeitsrate bis 2015 drastisch senken und allgemein den Zugang von Frauen und Mädchen zu reproduktiver Gesundheit verbessern. Noch ist die Weltgemeinschaft weit von diesen Zielen entfernt. „Ärzte der Welt“ begreift es als eine seiner Kernaufgaben, Müttern und Kindern Zugang zu Gesundheitsversorgung zu gewähren und ­ öffentlich für eine verbesserte Mutter-Kind-­Gesundheit einzustehen.

Alle 90 Sekunden stirbt eine Frau an Komplikationen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt. Immer noch sterben 21 000 Kinder unter fünf Jahren an „vermeidbaren Ursachen“. Hier versuchen wir einzuwirken.

Frauen und Kinder zuerst

© Benoit Guenot

Alle 90 Sekunden stirbt eine Frau an Komplikati- MigrantInnen weltweit onen im Zusammenhang mit Schwangerschaft „Ärzte der Welt“ sieht einen weiteren wichtigen und Geburt. Ihr Tod ist nicht Schicksal, sondern Auftrag in der Gesundheitsversorgung von Mi­ die Folge von mangelndem Zugang zu Gesund- grantInnen weltweit. Mit Gesundheitsprojekten heitsdiensten, Frauendiskriminierung und Armut. in den Herkunftsregionen ( 2011 z. B. in Kenia Immer noch sterben täglich 21.000 Kinder unter und Somalia ), in EU Transitländern (wie Griefünf Jahren an „vermeidbaren Ursachen“. Der chenland und der Ukraine) oder in den anderen weitaus größte Teil dieser Todesfälle könnte ver- EU-Ländern ( in Deutschland in Stuttgart und mieden werden. Dazu müssen mehr Mittel in ein München ) steht „Ärzte der Welt“ dieser verletzlifunktionierendes Gesundheitswesen investiert chen Bevölkerungsgruppe bei und tritt öffentlich werden, es müsste der politische Wille bestehen, für eine Verbesserung ihrer Lage ein.

Das internationale Netzwerk in Zahlen

342

77

Programme in

190 64

Ländern • Davon Inlands-Projekte:

Internationale Projekte:

152

internationale Programme in

13

nationale Projekte in

Ländern

Ländern


Hier werden Die Programme durchgeführt: Maghreb / Naher Osten 17 Programme in 8 Ländern (11%)

Afrika 68 Programme in 24 Ländern (45%)

Asien 23 Programme in 13 Ländern (15%) Osteuropa 7 Programme in 5 Ländern (5%)

Gesamtbudget:  2011 betrug das Gesamtbudget des Netzwerkes 113 Millionen Euro.

Lateinamerika 37 Programme in 14 Ländern (24%)


8 Ärzte der Welt

Projekte International

Deutschland

Tunesien Algerien Haiti Dominikanische Republik

Mexiko Guatemala

Honduras

El Salvador

Mali Mauretanien Senegal Guinea-Bissau

Nicaragua

Guinea

Kolumbien

Sierra-Leone Liberia Elfenbeinküste Burkina Faso Togo Benin Brasilien

Ecuador

Ärzte der WeltNetzwerk Projekte 2011 Peru

Bolivien Paraguay

Uruguay

Sao Tome und Principe

Niger Angola


9 JahresBERICHT 2011

Moldawien

Ukraine Serbien

Projekte International

Rumänien

Russland

Bulgarien Georgien Afghanistan Türkei Palästin. Gebiete

Tschad

Libanon Syrien Ägypten Sudan

Pakistan Jemen Nepal

Bangladesch Indien

Äthiopien

Somalia

Myanmar

Laos Vietnam Kambodscha

Kenia Uganda Ruanda Demokratische Republik Kongo Tansania Madagaskar Mosambik Simbabwe

Die kräftigen Farben sind Projektländer des „Ärzte der Welt“-Netzwerkes.

Indonesien Timor-Leste


10

HAITI: Wiederaufbau als Chance

Projekte International: KARIBIK

Ein verheerendes Erdbeben in Haiti verwüstete 2010 die Hauptstadt Port-auPrince und die um­ liegenden Gebiete. Das „Ärzte der Welt“Netzwerk ist seither vor Ort und unterstützt den schrittweisen (Wieder-)Aufbau der Gesundheitsversorgung.

H

eute kann man, trotz des Ausmaßes der Katastrophe und des damit verbundenen Leids, die Situation vor Ort auch als Chance betrachten – als Chance, Haiti neu und besser aufzubauen. „Ärzte der Welt“ hat bereits vor dem Erdbeben mit lokalen Partnern zusammengearbeitet und führt auch heute alle Aktivitäten in enger Kooperation mit den nationalen und örtlichen Gesundheitsbehörden durch.

Ärzte der Welt

Mütter und Kinder zuerst 2011 wurden in Kooperation mit den staatlichen Stellen sowohl in der Hauptstadt Port-au-Prince als auch in abgelegenen ländlichen Gebieten über 250 000 Konsultationen durchgeführt. In der Hauptstadt Port-au-Prince – unter anderem in Elendsvierteln wie der Cité Soleil – sowie in den südwestlichen Landesteilen Grande Anse, Nippes und Goâve werden insbesondere Ernährungsprogramme für Kinder und Angebote für Schwangere und Kleinkinder gefördert.


11 JahresBERICHT 2011

Für eine kostenlose Behandlung der Schwächsten Viele Menschen können auf Grund ihrer Armut die kostspieligen staatlichen Gesundheitsleistungen nicht in Anspruch nehmen. Die Folge ist eine unverhältnismäßig hohe Säuglings- und Müttersterblichkeit in Haiti. Bei den staatlichen Gesundheitsbehörden setzte sich „Ärzte der Welt“ daher dafür ein, dass schwangere Frauen und Kinder unter fünf Jahren auch langfristig kostenlos medizinisch versorgt werden können.

Bekämpfung der Cholera Nach dem Erdbeben brach in Haiti im Oktober 2010 aufgrund der schlechten Hygienesituation überdies die Cholera aus. Und obwohl die Krankheit Anfang 2011 eingedämmt werden konnte, traten gegen Mitte des Jahres – besonders in abgelegenen Gebieten – wieder vermehrt Todesfälle auf. In Zusammenarbeit mit den örtli-

„Ärzte der Welt“ setzt sich dafür ein, dass Frauen und Kinder unter fünf Jahren kostenlos medizinisch versorgt werden können.

Projekte International: KARIBIK

chen Gesundheitsbehörden behandelten die „Ärzte der Welt“-Teams Cholerakranke in 15 mobilen Einheiten, in drei größeren Zentren und in 28 Anlaufstellen für orale Rehydratation. Neben der Versorgung der Kranken ist die Prävention entscheidend, um die Krankheit zu bekämpfen. Mehrere mobile „Ärzte der Welt“Teams erläuterten daher auf Gemeindeversammlungen, in Seminaren und bei Hausbesuchen, wie man die Krankheit erkennen und wie man sich schützen kann. Auch klärten sie die Menschen über Maßnahmen auf, die im Ansteckungsfall zu ergreifen wären. Dafür verteilten sie Schutz- und Hygienekits. Die Erfahrungen dieses Projektes flossen im September 2011 in eine Strategie des haitianischen Gesundheitsministeriums ein. Jetzt ist eine qualitätsgesicherte Prävention und Behandlung von Cholera im gesamten haitianischen Gesundheitssystem als übergreifende Aufgabe inte­griert. In Haiti arbeiteten 2011 für „Ärzte der Welt“ 712 haitianische und 36 internationale MitarbeiterInnen.

© Pierre-W. Henry

„Der Bedarf vor Ort ist immens und unsere Präsenz ist noch ­immer notwendig, aber die Hauptaufgabe einer medizinischen Nichtregierungs-Organisation ist es nicht, reguläre Strukturen mit einem großen Team ausländischer Helfer zu ersetzen. Um zur Stärkung des lokalen Gesundheitssystems beizutragen, muss man vor allem mit nationalen Teams zusammenarbeiten, sie ausbilden, unser Know-How und unsere Kompetenz weitergeben, damit wir uns wieder zurückziehen, die Verantwortung weitergeben können und unser Projekt fortbestehen kann.“ Dr. Marc Paquette, Koordinator „Ärzte der Welt“ Haiti

Republik Haiti Kuba

Nordatlantischer Ozean

Mirebalais

GrandeLes Anse Nippes

Cité Soleil

Dom. Republik

Port-ouPrince

PetitGoave Grand- Léogâne Goâve Karibisches Meer

Projektorte Port-au-Prince, Region Goâve und in Léogâne, Mirebalais und ­Lascahobas, Grande Anse, N ­ ippes Projektziele • Zugang zu medizinischer ­Grundversorgung speziell für Mütter und Kinder • Früherkennung von ­Erkrankungen und Behandlung bei Mangelernährung • Cholerabehandlung und ­Präventionsmaßnahmen Finanzierung Das Projekt wurde durch private Spenden und durch ­Sternstunden e.V. u. a. unterstützt.

Statistik Republik Haiti: Kindersterblichkeit

87

von 1000 ­Lebendgeburten Müttersterblichkeit:

300

bei 100 000 ­Lebendgeburten Lebenserwartung:

62 Jahre Brutto-Jahreseinkommen pro Kopf: keine Angabe


12 Projekte International: AFRIKA

Flüchtlinge als auch die lokale Bevölkerung werden versorgt.

PinoGonzalesScreening nut FFH en Disp Badasa.tif

© Pino Gonzales

Statistik Kenia: Kindersterblichkeit

84

von 1000 L ­ ebendgeburten Müttersterblichkeit:

530

bei 100 000 L ­ ebendgeburten

Lebenserwartung:

60 Jahre Brutto-Jahreseinkommen pro Einwohner

790 $

KENIA: Krankenhaus in der Stadt ­Dadaab wird saniert Dadaab ist als das „größte Flüchtlingslager der Welt“ immer wieder in den Schlagzeilen. Das „Ärzte der Welt“-Netzwerk hat 2011 in Zu­sammenarbeit mit dem Gesundheits­ ministerium beschlossen, nicht im Flüchtlingslager direkt aktiv zu werden, sondern in der Stadt Dadaab das lokale Krankenhaus zu sanieren und aus­zubauen.


13 Projekte International: AFRIKA

„Sternstunden e.V. unterstützt die Sanierung des Referenzkrankenhauses in der Stadt Dadaab. Überzeugt hat uns die Tatsache, dass ‚Ärzte der Welt‘ nicht im Flüchtlingslager selbst, in dem schon viele andere Organisationen tätig sind, die Hilfe leistet, sondern die Angebote auch für die lokale Bevölkerung – besonders auch für Mütter und Kinder – erweitert. Wir sind froh, in ‚Ärzte der Welt‘ einen vertrauensvollen Partner gefunden zu haben.“

Kenia Sudan

Äthiopien

Uganda

Kenia Dadaab Nairobi

Marianne Lüddeckens, Sternstunden e.V., Büroleitung / Projektmanagement Tansania

O

stafrika wurde 2011 von der schlimmsten Dürrekatastrophe seit 60 Jahren getroffen. Immer noch leiden neun Millionen Menschen akute Not und können ihre Grundbedürfnisse nicht mehr befriedigen. Tausende von Somaliern sind nach Kenia geflohen und haben in den bereits überfüllten Flüchtlingslagern von Dadaab Zuflucht gesucht.

Unterstützung des ­Krankenhausbetriebes Verschiedene internationale Hilfsorganisationen haben in dieser Notsituation schnell geholfen und auch die medizinische Versorgung in den Flüchtlingslagern übernommen. Das „Ärzte der Welt“-Netzwerk wurde explizit nicht in dem Flüchtlingslager selbst aktiv, sondern in der Stadt Dadaab. In Kooperation mit dem Gesundheitsministerium begann das Team vor Ort die Sanierung des lokalen Krankenhauses. Langfristig sollen besonders die Angebote für Schwangere, Mütter und Kinder unter fünf Jahren erweitert werden. Während der Umbauarbeiten werden einige der PatientInnen in Zelten auf dem Krankenhausgelände versorgt. Das „Ärzte der Welt“-Team begleitete das einheimische Perso-

nal und bildete sie während ihrer Arbeit fort. 2011 konnten Mütter ihre Kinder erstmalig in speziellen Kindersprechstunden untersuchen lassen. Für 2012 stehen die komplette Renovierung der restlichen bestehenden Bauten sowie die Reparatur des Wasser- und Abwassersystems an. Neugebaut werden die Entbindungsstation, die Kinderstation, die Männerstation und die Notaufnahme. Der gesamte Plan beinhaltet außerdem einen Umzug von Müllverbrennung und Stromgenerator, um mehr Platz zur Verfügung zu haben. „Ärzte der Welt“ wird das Krankenhaus ferner mit Materialien und medizinischer Ausrüstung versorgen.

Indischer Ozean

Projektorte Stadt Dadaab und Distrikt Garissa Projektziele Verbesserung der medizinischen Versorgung im Krankenhaus von Dadaab und der Basisgesundheitsversorgung im Distrikt von Garissa Finanzierung Das Projekt wird von ­Sternstunden e.V. unterstützt.

Die Region ist nicht mehr sicher Obwohl anfangs neben der Sanierung des Krankenhauses medizinische Aktivitäten in neun Krankenstationen im Distrikt Garissa geplant waren, mussten diese aus Sicherheitsgründen leider unterbrochen werden. Trotz der verschlechterten Sicherheitslage führt das „Ärzte der Welt“-Netzwerk die Aktivitäten im Krankenhaus von Dadaab weiterhin durch, beobachtet aber sehr genau die Lage, um seine Mitarbeiter­ Innen nicht zu gefährden.

Somalia

Langfristig sollen die ­Angebote für Frauen und Kinder erweitert werden. © Pino Gonzales


14 Projekte International: AFRIKA

Ärzte der Welt

SOMALIA: Mütter und Babys besser versorgt in Bossaso In Bossaso, am Horn von Afrika, erweiterte „Ärzte der Welt“ die Angebote für die Versorgung von Müttern und Kindern. In enger Kooperation mit einer nationalen Nichtregierungs-Organisation werden Schwangere vor der Geburt untersucht und beraten, Mütter und Babys nach der Entbindung medizinisch versorgt und wichtige Medikamente bereitgestellt.

Die Zahl der intern ­Vertriebenen in Bossaso ist um 25 % gestiegen. © Ärzte der Welt Archiv

Statistik Somalia: Kindersterblichkeit

180

von 1000 L ­ ebendgeburten Müttersterblichkeit:

1200

bei 100 000 L ­ ebendgeburten

Lebenserwartung:

51 Jahre Brutto-Jahreseinkommen pro Kopf: keine Angabe

B

ossaso ist eine lebendige Hafenstadt in der autonomen Region Puntland, und im Gegensatz zu Süd- und Zentral-Somalia gibt es hier keine bewaffneten Auseinandersetzungen. Durch die relativ ruhige politische Lage ist Bossaso ein Magnet für Menschen, die innerhalb von Somalia fliehen müssen und auch für Flüchtlinge, die aus den Nachbarstaaten kommend in Puntland Unterschlupf suchen. Exper-

ten gehen davon aus, dass die Zahl der intern Vertriebenen, die heute in der Stadt leben, in den letzten Jahren um 25 % auf 50 000 gestiegen ist.

Dramatische Mütterund ­Kindersterblichkeit Schon für die einheimische Bevölkerung war das Angebot an medizinischer Versorgung bei weitem nicht ausreichend. Mit der ansteigenden


15 JahresBERICHT 2011

Bevölkerungszahl wurde es noch problematischer. Sowohl die Mütter- als auch die Kindersterblichkeit ist in den letzten Jahren dramatisch gestiegen. „Ärzte der Welt“ arbeitet bereits seit 20 Jahren am Horn von Afrika und unterstützt jetzt in Bossaso insgesamt fünf Mutter-KindZentren. Die Nichtregierungs-Organisation ISDP (Integrated Services for Displaced Population) betreibt mehrere Gesundheitsstationen, um Müttern und Kleinkindern medizinische Versorgung anzubieten. Der Andrang auf die Zentren, sei es in „Tuur“, in „Jalle“ oder in „100 Bush“, wie die Orte heißen, ist groß. Täglich kommen sowohl einheimische Mütter mit ihren Neugeborenen als auch Schwangere aus den Flüchtlingslagern zu den Behandlungsstellen.

Schulungen für das ­einheimische Personal „Ärzte der Welt“ hat die Kliniken neu ausgestattet und Trainings für das einheimische Personal organisiert. Themen waren hier die SchwangerenNachsorge und Kontrolluntersuchungen, Ge-

Projekte International: AFRIKA

sundheitserziehung und die Verwendung der Patienten-Register. Wie kann man den wöchentlichen Arzneimittelverbrauch überwachen ? Wie für den regelmäßigen Nachschub der wichtigsten Medikamente sorgen ? Dies sind weitere wichtige Fragen, die in den Fortbildungen behandelt wurden.

Somalia Dschibuti

Somalia Äthiopien

Erfolge erkennbar Obwohl das Projekt erst im Juli 2011 begonnen wurde, können erste Erfolge verzeichnet werden. So ist die Zahl der Konsultationen von Müttern und von Kindern unter fünf Jahren im letzten halben Jahr erheblich gestiegen. Ferner lernen heute alle Frauen, die die Gesundheitszentren aufsuchen, was sie tun können, damit sie selbst und ihre Kinder gesund bleiben. So üben sie z.B. auch Hygienemaßnahmen ein. Ein breitgefächertes Impfprogramm für Schwangere und Neugeborene verbessert zudem die Gesundheit der Frauen und Kinder. Die Angebote werden in den nächsten Monaten noch ausgebaut, und mehr Frauen werden in den Kliniken ihre Kinder unter besseren Bedingungen gebären können.

Bossaso

Mogadischu Kenia

Projektort Bossaso / Somalia Projektziele Verbesserung der Mutter-Kind-Gesundheit Finanzierung Das Projekt wird von ­Sternstunden e.V. und dem ­Auswärtigen Amt ­unterstützt.

„In Bossaso gibt es kaum eine andere internationale Organisation, die die medizinische Versorgung von Frauen und Kindern unterstützt. Daher haben wir als ‚Ärzte der Welt‘Netzwerk begonnen, eine nationale Organisation, nämlich ISDP (Integrated Services for Displaced Population) zu fördern. Unser ‚Ärzte der Welt‘-Team begleitet zusammen mit den ISDP-Mitarbeitern das lokale Gesundheitspersonal bei seiner Arbeit: So arbeitet z.B. eine Hebamme von ‚Ärzte der Welt‘ Hand in Hand mit einer Hebamme von ISDP; die wiederum gibt ihr Wissen an die Hebammen des Gesundheitsministeriums weiter. Das ISDP-Team wird außerdem in den Bereichen Logistik und Medikamentenverwaltung unterstützt. So fördern wir die nachhaltige Existenz der mittlerweile fünf Kliniken.“ Ewelina Gasiorowska, Verantwortliche des Nothilfe Referates / „Ärzte der Welt“-Netzwerk

Indischer Ozean


16 Projekte International: ASIEN

Den Menschen wieder die Hoffnung geben – das möchte das Projekt NicoNico. © Eric Reichsteiner

JAPAN: NicoNico – ­Lächeln aus dem Herzen Am 11. März 2011 erschütterte ein Erdbeben den Nord­ osten Japans. Ein durch das Beben ausgelöster Tsunami verwüstete nicht nur mehrere hundert Kilometer Küste, sondern verursachte auch die Atomkatastrophe von Fukushima. Das „Ärzte der Welt“-Netzwerk unterstützt die Bewohner der Stadt Otsuchi im Nordosten Japans.

N

ach Beratungen mit den japanischen Gesundheitsbehörden startete das „Ärzte der Welt“-Netzwerk im April 2011 einen Soforthilfe-Einsatz, um die Bevölkerung medizinisch zu versorgen und psychologisch zu betreuen. Infolge der „Dreifachkatastrophe“ hatte Japan umfangreiche und schwere strukturelle Schäden erlitten. Knapp 125 000 Gebäude wurden landesweit zerstört und die von den Behörden bestätigten Opferzahlen sind dramatisch: 15 650 Tote und 5 329 Vermisste. Auch die kleine Küstenstadt Otsuchi im Nordosten Japans in der Präfektur Iwate steht bis heute vor großen Herausforderungen: Nahezu die gesamte Infrastruktur wurde infolge des Erdbebens und des Tsunami zerstört. Circa


17

„Viele Menschen leiden bis heute unter Schlaflosigkeit oder schrecklichen Depressionen, sie erleben die Katastrophe ständig wieder neu oder trauern um ihre Lieben, die sie bei der Katas­trophe verloren haben. Wir helfen, wo wir können.“

Japan Russland

Ayumi Amada, freiwillige Krankenschwester, Nothilfeprogramm in Otsuchi Nordkorea

Otsuchi

Japan

Fukushima Südkorea

zehn Prozent der ursprünglichen Gesamtbevölkerung von 16 000 Menschen verloren durch die Katastrophe ihr Leben. Die meisten Menschen mussten Zuflucht bei Familienmitgliedern, Freunden oder in einer der 44 provisorischen Unterkünfte suchen. Glücklicherweise konnten letztere im August 2011 geschlossen werden und alle Betroffenen konnten in eigene Unterkünfte umziehen.

Psychologischer Beistand Das „Ärzte der Welt“-Netzwerk engagierte sich nach der Katastrophe in Otsuchi mit dem Programm NicoNico, das übersetzt „Lächeln aus dem Herzen“ bedeutet. Neben medizinischer Basisversorgung bieten die Teams, bestehend aus Psychiatern, Psychologen, Ärzten, Krankenschwestern, Sozialarbeitern und Logistikern, den Menschen vor allem auch psychologische Beratung und Therapien zur post-traumatischen Stressbewältigung an.

2011 unterstützten insgesamt 188 Mitarbeiter­ Innen von „Ärzte der Welt“, davon 151 Ehrenamtliche, die Menschen in Krankenhäusern und anderen Gesundheitsstationen. Darüber hinaus suchten die Teams zweimal wöchentlich Schulen der Stadt auf, um Kindern und Jugendlichen zu helfen, mit dem Erlebten umzugehen.

Die Wunden sitzen tief Die Stadt leidet noch immer. Obwohl die Armee die meisten Trümmer bereits entfernt hat und viele Straßen wieder instandgesetzt wurden, bleibt der Stadtkern menschenleer. Auch ein Jahr nach der Katastrophe leiden noch viele Bewohner, die vom Erdbeben betroffen waren, unter post-traumatischen Beschwerden.

Ausweitung des Engagements ­geplant 2011 wurden im Projekt 959 Konsultationen durchgeführt. Neben der Fortsetzung des Programms in Otsuchi wird sich das „Ärzte der Welt“-Netzwerk 2012 auch am Wiederaufbau des lokalen psychiatrischen Versorgungssystems sowie beim Aufbau verschiedener Gesundheitsstrukturen in anderen Regionen beteiligen.

Tokyo

Pazifischer Ozean

Projektort Otsuchi Projektziel Medizinische Basisversorgung und psychologische Beratung und Therapien zur Bewältigung von post-traumatischen ­Beschwerden Finanzierung Das Projekt wurde durch private Spenden unterstützt.

Statistik Japan Kindersterblichkeit

3

von 1000 ­Lebendgeburten Müttersterblichkeit:

6

bei 100 000 ­Lebendgeburten Lebenserwartung:

83 Jahre Auch bei der psychologischen Bewältigung der Katastrophe wird geholfen. © Ärzte der Welt Archiv

Brutto-Jahreseinkommen pro Einwohner

41 850 $


18 Projekte International: ASIEN

Ärzte der Welt

„Es ist schön zu sehen, dass man mit diesen Operationen die Menschen quasi ins Leben zurückholt. Normalerweise sehen die Menschen bereits am nächsten Tag wieder 60 %, am darauffolgenden Tag haben sie ihre normale Sehfähigkeit wieder. Das wunderbare Lächeln eines älteren Mannes, der zum ersten Mal seine Enkel bestaunen konnte, die ihn zur Klinik begleitet hatten, ist mir besonders im Gedächtnis geblieben.“ Prof. Dr. Volker Klauß, ehrenamtlicher Augenarzt des Augenprojektes in Myanmar

MYANMAR: Das ­Augen­licht ­ zurück­gewinnen In der Provinz Rakhine im Thandwe Public Hospital startete 2011 ein neues Projekt der Augenheilkunde. Ein ehrenamtliches „Ärzte der Welt“-Team operierte dort erstmalig Menschen, die durch den grauen Star ihr Augenlicht verloren hatten.

Die Augenheilkunde in Myanmar ist noch wenig ausgebaut. © Prof. Dr. Volker Klauß


19 JahresBERICHT 2011

Projekte International: ASIEN

Myanmar China

I

m Rahmen einer Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium soll langfristig die Augenheilkunde in der Provinz Rakhine verbessert werden. Das deutsche „Ärzte der Welt“Team arbeitete in dem lokalen Krankenhaus von Thandwe von Anfang an eng mit lokalen Ärzten und medizinischem Personal zusammen.

Hohe Anzahl Blinder in Myanmar Myanmar hat eine der höchsten Blindenraten in ganz Asien. Viele Menschen leiden am grauen Star und müssten nicht blind sein. Ambulante Operationen könnten ein Blindsein verhindern, aber es gibt in Myanmar weder genug ausgebildete Augenärzte, noch ein ausreichend funktionierendes Gesundheitssystem. Blinde Menschen sind in Myanmar oft besonders isoliert, da kein Rehabilitationssystem sie in ihrer Situation unterstützt. So bleiben sie meist im Haus und sind auf die Unterstützung ihrer Familien angewiesen.

Operationen bringen Augenlicht zurück Bei seinem ersten Einsatz in Myanmar versorgte das deutsche Team zusammen mit einem burmesischen Mediziner Menschen mit verschiedenen Augenkrankheiten: Manche Augen waren von Entzündungen verklebt, andere PatientInnen konnten kaum mehr sehen, viele waren völlig erblindet. Die Ärzte gaben Brillen aus, behandelten die entzündeten Augen mit Salben und Tropfen und führten 60 Operationen durch. Um den grauen Star zu behandeln, setzten die Ärzte Kunstlinsen in das kranke Auge ein. In den OPSaal kamen die PatientInnen noch geführt von einem Verwandten, verlassen konnten sie das Krankenhaus nach zwei Tagen normalerweise sehenden Auges und wieder selbstständig laufend.

Bangladesh Indien

Myanmar Rakhine

Vietnam Laos

Naypyidaw Golf von Bengalen Thailand Kambodscha

Projektorte Provinz Rakhine Projektziele Langfristige Verbesserung der Augenheilkunde Finanzierung Das Projekt wird von der ­Olympus Stiftung unterstützt.

Langfristiges Engagement Eine burmesische Augenärztin wird in Zukunft die Arbeit fortführen, wenn das deutsche Team nicht vor Ort ist. Sie kann damit die Kontinuität des Projektes vor Ort gewährleisten. Größere Operationen werden aber zumindest jetzt noch zusammen mit den deutschen Augenärzten durchgeführt. Dazu wird das „Ärzte der Welt“Team regelmäßig nach Myanmar reisen. Langfristig wird das Team dabei helfen, ein Behandlungssystem aufzubauen, das eine nachhaltige Wirkung zeigt.

Statistik Myanmar: Kindersterblichkeit

71

von 1000 ­Lebendgeburten Müttersterblichkeit:

240

bei 100 000 ­Lebendgeburten Lebenserwartung:

64 Jahre Eine burmesische Augenärztin wird dauerhaft die Arbeit des „Ärzte der Welt“-Teams fortführen. © Prof. Dr. Volker Klauß

Brutto-Jahreseinkommen pro Kopf: keine Angabe


20 Projekte International: ASIEN

Ärzte der Welt

KAMBODSCHA: Das Lächeln ­zurückgeben Die Aktion Lächeln von „Ärzte der Welt“ hilft Kindern mit angeborenen Fehlbildungen. In den Krankenhäusern von Kampong Cham und O Reang Ov operieren ehrenamtlich arbeitende ­Spezialisten aus Europa. So haben in den letzten Jahren vielen Kindern geholfen, ein normales Leben zu führen.

E

ine der häufigsten angeborenen Fehl­ bildungen weltweit ist die Lippen-KieferGaumenspalte. Einfache Dinge wie Essen und Trinken können besonders für Kinder im Säuglingsalter zu einer potentiell lebensbedrohlichen Herausforderung werden. Je nach Art der Fehlbildung sind auch die Atmung, das Sprechen oder das Hören beeinträchtigt. Häufig

Noch immer gibt es in ländlichen Gebieten in Kambodscha viel zu wenig medizinisches Personal. © Fabian Fiechter

kommt jedoch zu diesen Schwierigkeiten noch die soziale Isolation. Ehrenamtliche Teams von „Ärzte der Welt“ operieren die Fehlbildungen von Kindern seit vielen Jahren. Inzwischen behandeln die Ärzte auch Verbrennungsopfer, Menschen, die einen Verkehrsunfall erlitten haben oder an einem Tumor leiden.

Lokale Kooperation Statistisch gesehen kommt auf 4 000 Kambodschaner gerade einmal ein Arzt. Ein Grund dafür liegt in der Vergangenheit des Landes: Als die Roten Khmer 1975 an die Macht kamen, wurden innerhalb von drei Jahren rund zwei Millionen


21 Projekte International: ASIEN

Kambodscha

Sarm Tha hat eine Zyste am Hals, die so groß geworden ist, dass sie Schwierigkeiten beim Essen und große Schmerzen hatte. Durch eine Nachricht im Radio erfuhr sie, dass ein Team von „Ärzte der Welt“ in Kampong Cham kostenlose Operationen durchführen würde. „Jetzt kann ich zwar noch nicht richtig essen, aber es geht mir schon viel besser. Der Druck am Hals ist weg“, erzählt Sarm Tha am Tag nach der Operation. Nach drei Tagen kann sie noch ­geschwächt, aber glücklich wieder nach Hause fahren.

Menschen systematisch ermordet. Ziel waren neben Regimegegnern vor allem Intellektuelle wie Ärzte oder Lehrer. Noch immer gibt es vor allem in ländlichen Gebieten viel zu wenig ärztliches Personal. Für die Patienten sind die Wege oft weit und die Gebühren für eine Behandlung oder gar eine Operation unerschwinglich.

Den Teams von „Ärzte der Welt“ ist es daher ein besonderes Anliegen, nicht nur den Patienten zu helfen, sondern auch ihr Wissen weiterzugeben. Die lokalen Kollegen werden in die Operationen einbezogen und in Notfallversorgung oder Anästhesie geschult. Auch werden Angehörige von Verbrennungsopfern in die Wundversorgung eingewiesen. Im Jahre 2011 führten ehrenamtlich ­arbeitende Mediziner von „Ärzte der Welt“ 200 Operationen hauptsächlich an Kindern mit Fehlbildungen, Verletzungen und Verbrennun­ gen im Bereich des Gesichtes und der Hände durch. Auch bildeten sie über 75 Kambodschaner fort.

Thailand

Laos Vietnam

Kambodscha Kampong Cham Phnom Penh Golf von Thailand

Projektorte Kampong Cham, O Reang Ov Projektziele Rekonstruktive Chirurgie und Fortbildung der lokalen ­Gesundheitskräfte Finanzierung Das Projekt wurde durch die L’Oréal Foundation und private Spenden unterstützt.

Statistik Kambodscha: Kindersterblichkeit

19

von 1000 ­Lebendgeburten Müttersterblichkeit:

290

bei 100 000 ­Lebendgeburten Gerade Kindern mit Fehlbildungen kann durch den Einsatz der „Ärzte der Welt“-Teams geholfen werden. © Fabian Fiechter

Lebenserwartung:

61 Jahre Brutto-Jahreseinkommen pro Kopf:

759 $


22 Projekte International: ASIEN

Ärzte der Welt

PAKISTAN: Gesundheit verbessern und Frauen schützen In Pakistan unterstützt „Ärzte der Welt“ drei Programme: Neben einem Basisgesundheitsprogramm für intern Vertriebene und Betroffene der Flutkatastrophe von 2010 in der Nordwestprovinz versorgt „Ärzte der Welt“ speziell Frauen in ländlichen Gebieten und setzt sich in der Provinz Punjab für Frauen, die Opfer von Gewalt wurden, ein.

S

Statistik Pakistan: Kindersterblichkeit

87

von 1000 L ­ ebendgeburten Müttersterblichkeit:

290

bei 100 000 L ­ ebendgeburten

Lebenserwartung:

63 Jahre Brutto-Jahreseinkommen pro Kopf:

1050 $

eit August 2009 ist „Ärzte der Welt“ in der Grenzregion zu Afghanistan im Einsatz und leistet basismedizinische Versorgung für die Menschen, die aufgrund von Kämpfen zwischen den Taliban und dem pakistanischen Militär fliehen mussten. Infolge der verheerenden Flutkatastrophe, die im Jahr 2010 große Teile des Landes verwüstete, erweiterte „Ärzte der Welt“ seine Hilfsprogramme in Pakistan. In insgesamt sieben Gesundheitseinrichtungen behandeln die „Ärzte der Welt“-Teams die Menschen und führen Impfungen durch. Die Konstitution von Personen mit Mangelernährung wird durch spezielle Ernährungsprogramme langsam wieder aufgebaut. In diesem Programm wurden 2011 knapp 98  000 medizinische Konsultationen, 3 045 Schwangerschaftsvorsorgen und 3 699 Impfungen durchgeführt.

Gesundheitsversorgung für Frauen Im südlichen Punjab und in ländlichen Gebieten entlang des Indus unterstützt „Ärzte der Welt“ schon seit 1996 die lokale Partnerorganisation Maternity and Child Association Khanpur (MCWAK). Die lokale Organisation engagiert ­ sich dafür, dass speziell Frauen und Kinder besser medizinisch versorgt werden. Dafür schult MCWAK das Gesundheitspersonal: Die Mitarbeiterinnen lernen, wie sie in Notsituationen, z.B. bei Komplikationen während der Geburt, qualifizierter eingreifen, wie sie lebensbedrohliche Krankheiten bei Neugeborenen erkennen und wie sie Patientinnen beraten können. 2011 stattete M ­ CWAK in Kooperation mit „Ärzte der Welt“ mehrere Gesundheitszentren mit medizinischen Geräten aus und installierte ein Notfall-Referenzsystem. 2011 wurden von MCWAK 4 900 MutterKind-Konsultationen durchgeführt. Qualifiziertes medizinisches Personal sorgte für mehr als 200 sichere Entbindungen.


23 JahresBERICHT 2011

Projekte International: ASIEN

Hilfe bei Gewalt gegen Frauen Mehr als 80 % der Frauen in Pakistan werden im Laufe ihres Lebens Opfer von häuslicher Gewalt. Zuflucht, Schutz und Unterkunft erhalten die betroffenen Frauen in „Häusern des Friedens“, sogenannten Dar-ul-Aman-Frauenhäusern. „Ärzte der Welt“ ist in der Provinz Punjab in 34 Dar-ulAman präsent, koordiniert die Aktivitäten von beteiligten Nichtregierungsorganisationen und

hilft, die medizinische Versorgung der Frauen zu organisieren. Unsere Teams arbeiten eng mit Anwälten und Juristen zusammen und geben Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, eine Stimme. 2011 fanden über 10 000 Frauen und 2 800 Kinder für einige Tage, Wochen oder Monate Zuflucht in einem der 34 Dar-ul-Aman.

Pakistan China

Afghanistan

Pakistan Iran Karachi

Indien

Arabisches Meer

Projektorte Nordwestprovinz, Südliches Punjab und ländliche Gebiete entlang des Indus, Provinz Punjab Projektziele • Zugang zu medizinischer Grundversorgung • Gesundheitsversorgung für Frauen in ländlichen Gebieten • Hilfen für Frauen mit ­Gewalterfahrung Finanzierung Die Projekte wurden durch ­ private Spenden, u.a. von ECHO unterstützt Dar-ul-Aman ( Häuser des Friedens ) bieten Frauen Schutz vor häuslicher Gewalt. © Lam Duc Hiên

„Am Anfang war mein Mann zärtlich, aber dann, ohne ersichtlichen Grund änderte er sich. Auf einmal fing er an mich zu schlagen. Doch nicht nur er, auch meine Schwiegermutter schlug mich. Sie erlaubten mir nicht, das Haus zu verlassen. Tagelang gaben sie mir nichts zu essen. Ich hatte genug von diesem Leben. Deshalb bin ich ins Dar-ul-Aman (Frauenhaus für Opfer häuslicher Gewalt) gekommen. Hier bin ich sicher. Nach der ­Scheidung gehe ich vielleicht zurück zu meinen ­Eltern.“ Narguis S., 20 Jahre alt, aus Hafizabad


24 Projekte International: ASIEN

Ärzte der Welt

BULGARIEN: Gesundheits­aufklärung für Roma Gesundheitsprojekte für benachteiligte Bevölkerungsgruppen sind Schwerpunkt der Arbeit in Bulgarien. Trotz des Beitritts zur EU werden Roma dort nach wie vor häufig diskriminiert, vielfach wird ihnen der Zugang zu Bildung, Wohnraum, Arbeit sowie zur Gesundheitsversorgung verwehrt.

O

bwohl in Bulgarien formal alle Bürger­ Innen Zugang zu einem freiwilligen Krankenversicherungssystem haben, werden viele Roma durch administrative Barrieren, mangelnde Kenntnisse über ihre Rechte, Diskriminierungen oder fehlende finanzielle Ressourcen daran gehindert, sich im Krankheitsfall behandeln zu lassen.

Nadezhda ist ein Teil von Sliven, hier wohnen vorrangig Roma, die Wohnverhältnisse sind katastrophal, das Viertel kann man nur durch eine Unterführung erreichen. Der Gesundheitszustand vieler BewohnerInnen ist schlecht. Das „Ärzte der Welt“-Team in Sliven versucht unter anderem durch Prävention und gesundheitliche Aufklärung Barrieren abzubauen, die Menschen zu informieren und ihnen eine Basisgesundheitsversorgung zu ermöglichen. Dazu wurden MediatorInnen in Themen wie Hygiene, Schwangerschaft und Kinderkrankheiten ausgebildet. Die GesundheitsmediatorInnen des Projektes bieten mehrmals wöchentlich Trainingsseminare für Menschen aus der RomaGemeinschaft an.


25 Projekte International: Europa

„Die Ambulanz will nicht in unsere Gegend fahren. Als bei mir die Wehen einsetzten, kam der Krankenwagen nur, nachdem ein Gesundheitsmediator des ‚Ärzte der Welt‘-Projekts zum dritten Mal im Krankenhaus angerufen hat. Leider war es dann schon zu spät und ich hatte mein Kind auf der Toilette zur Welt gebracht. Aber die Leute von ‚Ärzte der Welt‘ haben mir dann weitergeholfen.“

Bulgarien Rumänien Serbien Mont.

Bulgarien Kos.

Sofia

Sliven

Schwarzes Meer

Mazed. Alb.

© Nadejda Gaelle Girbes

Renata T., 27 Jahre alt

Insgesamt nahmen 2011 über 196 junge Männer und Frauen an verschiedenen Seminaren teil, sie lernten Kinderkrankheiten kennen, informierten sich über Impfungen und erhielten speziell entwickelte Informationsmaterialien. In einer längeren Fortbildung über Fragen rund um Geburt und Nachsorge informierten sich im Jahr 2011 über 60 junge Frauen und können jetzt mit diesem Wissen ihr Umfeld beraten. Das „Ärzte der Welt“-Team bot auch spezielle Kurse für Schwiegermütter an, da sie in den Familien eine entscheidende Rolle innehaben.

Ansprechpartner vor Ort Die Gesundheitsmediatoren halten aber nicht nur Seminare ab, sondern sind auch persönliche Ansprechpartner. Dazu gehen sie aktiv in die

Griechenland

Roma-Gemeinschaft und informieren Menschen in Kirchen, Schulen oder an der Haustür über gesundheitsrelevante Themen. Um den Präventionseffekt zu verstärken, übergeben sie den Familien Materialien, wie Impfkalender und Schwangerschaftskits. Beim Ausbruch der Masern 2011 konnten die lokalen Gesundheitseinrichtungen dabei unterstützt werden, Impfstoffe für die Roma-Gemeinde zur Verfügung zu stellen und damit die Krankheit einzudämmen. Insgesamt informierte unser Team in ­Bulgarien durch diese Form der aufsuchenden Sozialarbeit im Jahr 2011 über 2 400 Menschen aus der Roma-Gemeinschaft über Krankheiten, Impfungen und Ernährung und beriet sie, wie sie Zugang zur Gesundheitsversorgung erhalten können. „Ärzte der Welt“ setzt sich weiterhin dafür ein, dass Roma in Bulgarien ihr Recht auf Gesundheitsversorgung verwirklichen können und dass sie Zugang zu Basisversorgung, Prävention und Notfallversorgung erhalten.

Türkei

Projektort Sliven Projektziel Zugang zu medizinischer ­Grundversorgung speziell für die Roma-Gemeinschaft Finanzierung Das Projekt wird von Renovabis und privaten Spenden ­unterstützt.

Statistik Bulgarien: Kindersterblichkeit

11

von 1000 ­Lebendgeburten Müttersterblichkeit:

13

bei 100 000 ­Lebendgeburten

Unser Team informiert über ­Krankheiten, Impfungen und Zugang zu Gesundheitsversorgung. © Ärzte der Welt Archiv

Lebenserwartung:

74 Jahre Brutto-Jahreseinkommen pro Kopf:

6270 $


26 Projekte International: EUROPA

Ärzte der Welt

Seit 2011 unterstützt „Ärzte der Welt“ in der Ukraine die lokale Partnerorganisation „Komitee der Medizinischen Hilfe in Transkarpatien“ (CAMZ), die benachteiligten Bevölkerungsgruppen psychosoziale Hilfe und medizinische Versorgung anbietet.

UKRAINE: Medizinische Hilfe für Flüchtlinge

Viele Flüchtlinge ­kommen aus Ländern, in denen Konflikte oder Krieg herrschen. © CAMZ / Ärzte der Welt Archiv

„Wir hatten 2011 viel mehr Möglichkeiten, Migranten und Flüchtlinge, die in der Ukraine gestrandet waren, zu unterstützen, wenn sie mit Schmerzen und Erkrankung zu uns kamen. Eine Ärztin, die gut Englisch spricht, arbeitet jetzt regelmäßig bei uns und kann die Flüchtlinge ­behandeln. Sie hat gute Verbindungen zu Ärzten in den umliegenden Kliniken. Dorthin können wir unsere Patienten weitervermitteln, wenn es nötig wird. Als CAMZ übernehmen wir notfalls die Kosten für die ­Medikamente, die Ärzte behandeln die Flüchtlinge aber oft umsonst.“ Lesya Levko, Projektkoordinatorin CAMZ


27 JahresBERICHT 2011

CAMZ setzt sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in sozialen und medizinischen Einrichtungen Transkarpatiens ein, fördert den Erfahrungsaustausch zwischen Fachkräften und leistet Aufklärungsarbeit gegenüber der Öffentlichkeit. Die Organisation realisiert Projekte zugunsten sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen: Kranke, Mittellose, Waisenkinder, behinderte Jugendliche und junge Erwachsene stehen dabei im Mittelpunkt der Arbeit von CAMZ. Seit 2009 arbeitet die Organisation insbesondere mit Flüchtlingen und MigrantInnen.

Ukraine als Transitland Die Ukraine ist traditionell ein Transitland für MigrantInnen auf dem Weg nach Europa, da sie an den Schengen-Raum grenzt. Menschen verschiedenster Herkunft halten sich heute in der Ukraine auf, wollen aber eigentlich in ein Land der Europäischen Union. Sie stammen unter anderem aus anderen GUS-Ländern, aus Afghanistan, China, Vietnam, Pakistan, Kongo, Nigeria, Somalia, Irak, Sudan oder aus Indien. CAMZ unterstützt die MigrantInnen und Flüchtlinge in Transkarpatien und bietet ihnen Hilfestellung in ihrem Alltag: So erhalten die Menschen bei CAMZ eine allgemeinmedizinische Versorgung und werden von einer Ärztin betreut. Wenn nötig werden die PatientInnen zu entsprechenden Fachärzten begleitet. Neben sozialer Beratung unterstützt das Team von CAMZ die Menschen auch in ihrem täglichen Leben (Einkauf von benötigten Arzneimitteln oder Lebensmitteln, Zugang zum Internet, Behördenkommunikation etc.). Im Mittelpunkt der Arbeit der Organisation stehen besonders gefährdete Gruppen, wie z.B. jugendliche MigrantInnen ohne Begleitung, Unsere Partnerorganisation CAMZ wurde mit dem Schweizer Menschenrechtspreis „Offene Grenzen“ ausgezeichnet. © CAMZ / Ärzte der Welt Archiv

Projekte International: EUROPA

Personen, die keinen regulären Aufenthaltsstatus für die Ukraine haben, schwangere Frauen oder Frauen, die Opfer von Menschenhandel wurden. Viele MigrantInnen kommen aus sehr schwierigen Verhältnissen, aus Ländern, in denen Konflikte oder Kriege herrschen. Während der Migrationsreise mussten einige unter brutalen Misshandlungen (auch sexueller Gewalt) leiden. Einige Zuwanderer mussten in ihren Heimatländern Folter ertragen, andere haben chronische Erkrankungen. Auch psychische Probleme (Traumata, Depressionen) sind daher keine Seltenheit. Diese werden durch den Umstand verstärkt, dass viele MigrantInnen und Flüchtlinge in der Ukraine über längere Zeit in schlechten Wohnverhältnissen leben, ohne zu wissen wie es weitergeht. Erschwerend kommt hinzu, dass Flüchtlinge und MigrantInnen in der Ukraine oftmals diskriminiert werden.

Ukraine Weissrussland

Polen Sl.

Russland

Kiew

Transkarpatien

Ukraine

Un. Moldawien Rumänien

Schwarzes Meer Bulgarien

Projektort Transkarpatien Projektziele Basis-Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge Finanzierung Das Projekt wurde durch private Spenden unterstützt.

Auszeichnung für ihr Engagement Im Frühjahr 2012 wurde CAMZ mit dem Schweizer Menschenrechtspreis „Offene Grenzen“ ausgezeichnet. Dieser Preis wird an Personen und Gruppen verliehen, die sich aktiv für die Rechte von Flüchtlingen, MigrantInnen und von anderen sozial benachteiligten Menschen und bedrohten Minderheiten in Europa einsetzen.

Statistik Ukraine: Kindersterblichkeit

15

von 1000 ­Lebendgeburten Müttersterblichkeit:

26

bei 100 000 ­Lebendgeburten

Lebenserwartung:

68 Jahre Brutto-Jahreseinkommen pro Kopf:

3000 $


28 Projekte national: DEUTSCHLAND

Ärzte der Welt

Auch in Deutschland gibt es Menschen, die keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung haben. „Ärzte der Welt“ bietet ihnen kostenlos und anonym in ­Stuttgart und München basismedizinische Versorgung an.

DEUTSCHLAND: Medizinische Versorgung für alle

© Nikolaus Teixeira

B

etroffen sind Menschen, weil sie beispielsweise aus der privaten Krankenversicherung ausgegliedert wurden, der Basistarif für sie zu teuer ist oder weil sie keinen regulären Aufenthaltsstatus in Deutschland haben. Auch für Menschen, die krankenversichert sind, ist die Inanspruchnahme von medizinischer Versorgung beispielsweise auf Grund von Zuzahlungen oftmals schwierig. Seit 2006 ist „­ Ärzte der Welt“ deswegen auch hier in Deutschland aktiv und bietet in Projekten in München und Stuttgart medizinische Hilfe für Menschen in prekären Lebenslagen an.


29 JahresBERICHT 2011

Versorgung, Betreuung, ­Prävention Im Jahr 2011 wurden in beiden Projekten mehr als 1 300 Patienten und Patientinnen medizinisch versorgt, sozialrechtlich betreut und mit präventiven Angeboten unterstützt. Die Betroffenen kommen aus unterschiedlichen kulturellen Zusammenhängen zu uns, viele sind EU-BürgerInnen ohne Krankenversicherung aus neuen Beitrittsländern, wie z.B. Bulgarien. Für sie ist der Zugang zu medizinischer Versorgung oftmals nur unter schwierigen administrativen Bedingungen oder auf der Grundlage hoher Beitragszahlungen möglich. Aber auch Menschen ohne regulären Aufenthaltsstatus, die faktisch keine Möglichkeit haben, ambulante Versorgung in Anspruch zu nehmen und deutsche StaatsbürgerInnen, die auf Grund administrativer Hürden nicht zum Arzt gehen konnten, mussten im vergangenen Jahr auf unsere Unterstützung zurückgreifen.

Angebot speziell für Frauen Sowohl in Stuttgart als auch in München wendet sich ein konstant hoher Anteil von Frauen an unsere Projekte. 2011 entwickelte „Ärzte der Welt“ deshalb konkrete Angebote zum Thema Frauengesundheit. Die Erfahrungen dort zeigen, dass Frauen in schwierigen Lebenslagen mitunter nur sehr eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsversorgung haben und von allgemeinen Präventionsangeboten oft nicht umfangreich profitieren können. Frauen in der Sexarbeit, die wir mit un-

Projekte national: DEUTSCHLAND

serem mobilen Angebot im Stuttgarter Rotlichtmilieu aufgesucht haben, hatten beispielsweise aufgrund von Sprachbarrieren oft keinerlei Zugang zu niedergelassenen Ärzten und Ärztinnen und Gesundheitsstellen. In München hatten viele der betreuten schwangeren Frauen keine Vorsorgeuntersuchungen besucht, sie wussten selbst kurz vor der Geburt nicht, in welchem Krankenhaus sie ihr Kind zur Welt bringen sollten. Auch waren sie völlig unsicher, wie die Geburt bezahlt werden könnte. Ebenso war die psychosoziale Belastung der Frauen, die unsere Projekte aufsuchten, sehr hoch. Viele mussten auf Grund von Gewalterfahrungen an psychosoziale Beratungsstellen weitervermittelt werden.

Auch in Deutschland gibt es Menschen ohne Zugang zu Gesundheitsversorgung. © Manfred E. Neumann

Barrieren senken Unsere Arbeit in den Projekten zeigt, dass – obwohl seit 2007 eine Versicherungspflicht in Deutschland besteht – auch im Jahr 2011 Menschen, die in Deutschland leben, keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsversorgung haben. Betroffen sind dabei meist Menschen, die sich in prekären Lebenslagen befinden und hohe administrative und finanzielle Barrieren nicht überwinden können. Die Projekte open.med in München und MedMobil in Stuttgart können diese Barrieren senken und so zumindest mittelfristig Menschen Zugang zu basismedizinischer Versorgung ermöglichen.

Statistik Deutschland: Kindersterblichkeit

4

von 1000 ­Lebendgeburten Müttersterblichkeit:

7

bei 100 000 ­Lebendgeburten

Lebenserwartung:

80 Jahre Brutto-Jahreseinkommen pro Kopf:

43 110 $


30 Projekte national: DEUTSCHLAND

Ärzte der Welt

DEUTSCHLAND: Kostenfrei und anonym – open.med Den Zugang zu medizinischer Versorgung, Prävention und Gesundheitsaufklärung für ­ diejenigen Menschen zu verbessern, die ohne Krankenversicherungsschutz in München leben – das ist das Hauptziel von open.med.

S

eit über fünf Jahren führt „Ärzte der Welt“ das Projekt open.med in Kooperation mit dem „Café 104“, einer Initiative des Bayerischen Flüchtlingsrats, in München durch. Zweimal wöchentlich für jeweils drei Stunden hält die Anlaufstelle im Zentrum Münchens eine öffentliche allgemeinärztliche Sprechstunde ab. Zusätzlich bietet ein Team von KinderärztInnen eine Sprechstunde an zwei Terminen im Monat für Kinder und Jugendliche an. Seit Ende 2011 wurden außerdem erste Schritte für eine Sprechstunde zum Thema Frauengesundheit eingeleitet. Auch sozialrechtliche und psychosoziale Unterstützung finden die KlientInnen bei

open.med. Besteht Klärungsbedarf hinsichtlich des Aufenthaltsstatus, stehen die MitarbeiterInnen von unserem Partner „Café 104“ als Ansprechpartner zur Verfügung. Darüber hinaus kooperiert open.med mit knapp 70 FachärztInnen, die eine Weiterbehandlung der PatientInnen bei komplexeren medizinischen Fragestellungen ermöglichen.

Hohes ehrenamtliches ­Engagement Alle Beratungen und Behandlungen sind sowohl in der Anlaufstelle als auch in den Facharzt­ praxen kostenfrei und anonym, und das Projekt

„Ich habe hier in Deutschland viele Jahre gearbeitet, aber meine Chefs haben mich nie angemeldet. Jetzt habe ich schwere Herzprobleme und keine Versicherung. Ich sollte ­eigentlich Medikamente nehmen, aber wie soll ich die bezahlen? Auf dem Bau kann ich nicht mehr arbeiten, manchmal mache ich Musik auf der Straße und verdiene etwas. Auf Dauer reicht das aber kaum zum Leben.“ Karam K., 64, aus Bulgarien


31 JahresBERICHT 2011

Deutschland Dänemark

Nordsee

Polen

Niederlande Belgien

Berlin

Deutschland Tschechische Republik

Lux. München Frankreich

Österreich

Schweiz

© Stephan Minx

Italien

basiert vor allem auf dem Engagement von zahlreichen ehrenamtlichen HelferInnen. Diese investieren ihr Wissen, ihre Arbeitskraft und Zeit in die Unterstützung von Menschen ohne Krankenversicherung. Insgesamt kamen 2011 über 800 Menschen ohne Krankenversicherung in unsere medizinische Anlaufstelle, davon 55,5 % Frauen. In 1 200 Konsultationen wurden diese Menschen sozialrechtlich beraten und medizinisch versorgt, in 320 Fällen wurde eine Weitervermittlung an niedergelassene Fachärzte notwendig.

ben, während die drittgrößte Patientengruppe aus sogenannten Drittstaaten, wie Afghanistan und Äthiopien ( jeweils 3,1% ) kamen. Unsere PatientInnen suchten unsere Anlaufstelle mit unterschiedlichen medizinischen Anliegen auf, wie Grafik 1 deutlich macht. Neben der medizinischen Unterstützung war der Bedarf an psychosozialer und sozialrechtlicher Beratung sehr hoch. 2011 wurden über 150 soziale bzw. so­ zialrechtliche Konsultationen durchgeführt.

Schwerpunkt Prävention

Auch in Zukunft wird das Team von open.med Patienten aus 45 ländern Menschen, die ohne Krankenversicherung in Die 2011 befragten PatientInnen stammen aus München leben, dabei unterstützen, Zugang zu 45 Ländern der Welt. Über die Hälfte der erfass- Gesundheitsversorgung zu erhalten. Schwerten PatientInnen ( 51,4 % ) stammen aus den punkte unserer Arbeit werden – neben der basis­ sogenannten neuen EU-Mitgliedstaaten wie medizinischen Versorgung unserer PatientInnen ­ ­Bul­garien und Rumänien. Auch die Anzahl von – Prävention und Frauengesundheit sein. Deutschen ohne Krankenversicherung, die unser Unterstützungsangebot in Anspruch nehmen, ist 2011 mit 10,4 % konstant hoch geblie-

Projektort München Projektziel Medizinische Basisversorgung für Menschen ohne ­Krankenversicherung Finanzierung Das Projekt wurde durch die Stadt München, durch ­Sternstunden e.V. und private Spenden unterstützt.

Grafik 1 Medizinische Anliegen der Patienten 28,9 % Herz-KreislaufErkrankungen

25,7 % Erkrankungen des Bewegungs­ apparats

13,1 % Psychische Probleme

20,9 % Probleme mit der Verdauung

11,4 % Schwangerschaft, Geburt, ­Familienplanung


32 Projekte national: DEUTSCHLAND

Um die Gesundheitsversorgung von Menschen in Stuttgart, die von Armut und Ausgrenzung betroffen sind, zu verbessern und ihnen ­Zugang zum regulären Gesundheitssystem zu ermöglichen, wurde 2009 das Projekt ­MedMobil eingerichtet – ein kostenloses und mobiles medizinisches Angebot.

M

edMobil wird mit Hilfe des Nachlasses eines Stuttgarter Ärzte-Ehepaars finanziert und ist ein Kooperationsprojekt zwischen „Ärzte der Welt“, der Landeshauptstadt Stuttgart, der Ambulanten Hilfe und anderen freien Trägern der Wohnungsnotfallhilfe. Ziel der Arbeit ist es, Menschen in sozialen Schwierigkeiten in die Regelversorgung zu reintegrieren und Barrieren beim Zugang zur Gesundheitsversorgung abzubauen.

© Manfred E. Neumann

Mobil und nah an den Menschen Das MedMobil ist ein ehemaliger umgebauter Rettungswagen, ausgestattet mit einer Liege und Sitzgelegenheiten für die Beratung. Außerdem verfügt das Fahrzeug über eine Basisausrüstung an medizinischen Instrumenten, Verbandsmaterial und verschreibungsfreien Medi-

DEUTSCHLAND: MedMobil – wenn der Krankenwagen zur Praxis wird


33 Projekte national: DEUTSCHLAND

„Ich schlafe seit zwei Jahren auf einer Friedhofstoilette, auf Kosten des Staates will ich nicht untergebracht werden. Meistens schlafe ich im Sitzen, jetzt haben sich meine ­Beine entzündet, und ich habe mir den Knöchel gebrochen. Eigentlich sollte ich zumindest auf ­einer Isomatte schlafen, aber die habe ich nicht.“

Deutschland Dänemark

Nordsee

Polen

Niederlande Belgien

Berlin

Deutschland

Lux.

Peter T., 68 Jahre alt

Stuttgart Frankreich

Tschechische Republik Österreich

Schweiz Italien

kamenten. Mit dem Fahrzeug steuern ehrenamtliche ÄrztInnen, medizinisches Personal und SozialarbeiterInnen öffentliche Plätze und Orte an, an denen sich Menschen in prekären Lebenssituationen aufhalten. Die PatientInnen sind Wohnungslose, von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen, Drogenabhängige oder andere an den Rand der Gesellschaft gedrängte Bevölkerungsgruppen. Vor Ort bietet MedMobil niedrigschwellig soziale Beratung, medizinische Basisversorgung und Prävention an. 2011 wurden von MedMobil an den unterschiedlichen Einsatzorten 219 Sprechstunden durchgeführt, bei denen in insgesamt 1 238 Konsultationen Menschen in prekären Lebenssituationen sozialarbeiterisch betreut und medizinisch versorgt wurden. Die PatientInnen nutzten insgesamt über 1 500 Mal präventive Angebote wie Spritzentausch und Kondomausgabe. Wie im Vorjahr waren zwar über zwei Drittel der Menschen, die das MedMobil aufsuchten, krankenversichert, aber nahmen aus unterschiedlichen Gründen medizinische Versorgung nicht in Anspruch. Oft hatten sie kein Geld für die Praxisgebühren oder scheuten die administrativen Hürden. Die PatientInnen gaben auch an, wegen erlebter Diskriminierungen jetzt nicht mehr zum Arzt zu gehen, wenn sie krank sind. Zu beobach-

ten war aber auch, dass 2011 immer mehr EUBürgerInnen, die ohne Krankenversicherung in Deutschland leben, das MedMobil aufsuchten.

Kooperation mit FachärztInnen Bei den medizinischen Anliegen der MedMobilPatientInnen handelte es sich meist um Erkrankungen der Haut und des Bewegungsapparates; oftmals wurden allerdings auch seelische Erkrankungen (ca. 10 %  ) geschildert. Ca. 44 % dieser Erkrankungen wurden von den Ärzten und Ärztinnen des MedMobils als akut eingestuft, sodass die betreffenden Personen zeitnah an mit uns kooperierende niedergelassene Fachärzte und Fachärztinnen vermittelt werden mussten. Das MedMobil wird auch im nächsten Jahr an öffentlichen Orten Menschen in prekären Lebenslagen aufsuchen, deren Zugang zu Gesundheitsversorgung eingeschränkt ist. Dieser aufsuchende Ansatz und die sozialarbeiterischen Tätigkeiten werden weiterhin eine zentrale Rolle in der Arbeit mit Menschen sein, deren Lebenssituation sich negativ auf ihren Gesundheitszustand auswirkt.

Projektort Stuttgart Projektziel Abbau von Barrieren beim Zugang zur Gesundheitsversorgung für Menschen in schwierigen ­Lebenslagen und Re-Integration in das Gesundheitssystem Finanzierung Das Projekt wird von der Stadt Stuttgart (als Verwalterin des Nachlasses eines Ärzte-­ Ehe­paares) unterstützt.

MedMobil bietet eine mobile Krankenversorgung. © Manfred E. Neumann


34 AKTIONEN UND VERANSTALTUNGEN

Ärzte der Welt

unSCHLAGbar – Eine Ausstellung ­ gegen Gewalt an Frauen zieht in München 10 000 BesucherInnen und besucher an

G

ewalt gegen Frauen kann viele verschiedene Formen annehmen: Ob körperlich, psychisch oder strukturell, für Millionen von Frauen weltweit ist Gewalt eine traurige Realität. Vor diesem Hintergrund präsentierte „Ärzte der Welt“ im Dezember 2011 die Foto- und Videoausstellung unSCHLAGbar auf dem Tollwood Winterfestival in München. In den Bildern und Video­interviews des Fotografen Lâm Duc Hiên erzählen sieben Frauen aus Asien, Lateinamerika, A ­ frika und Eu-

Den Schicksalen von Frauen weltweit eine Stimme geben – das war das Anliegen der Ausstellung unSCHLAGbar.

ropa von ihrer Erfahrung mit Gewalt. Sie gaben somit vielen Frauen, deren Schicksale anonym und unsichtbar bleiben, eine Stimme.

Sich informieren, staunen und aufhorchen Bei der Ausstellungseröffnung am 25. November 2011 sprachen die Menschenrechtsaktivistin Fadumo Korn sowie Anneliese Coury, „Ärzte der Welt“-Koordinatorin des Schutzprogramms für Frauen in Pakistan über die Situation vor Ort. Für große Aufmerksamkeit bei den BersucherInnen sorgte auch eine Gruppe von Schauspielerinnen mit ihrer Theaterperformance „Den Atem verschlagen“. Die freche und lebendige Inszenierung spielte mit Klischees und forschte nach dem Ursprung der Gewalt gegen Frauen. Aufbauend auf Erkenntnisse aus der Projektarbeit trat „Ärzte der Welt“ mit der Ausstellung unSCHLAGbar dezidiert für einen gleichberechtigten Zugang zu medizinischer Versorgung und zu psychosozialer Betreuung für alle Frauen weltweit ein.

© Ärzte der Welt Archiv

„Die Ausstellung unSCHLAGbar macht deutlich, dass sich die verschiedenartigen Formen der Gewalt gegen Frauen durch alle Kulturen und alle Gesellschaftsschichten ziehen. Das Problem betrifft also uns alle ! Mich hat die Reaktion der Zuschauenden sehr beeindruckt. Manche zeigten sich sehr berührt, und ich glaube schon, dass das Thema dadurch in den Köpfen bleiben wird. Es war ein sehr aufregendes Gefühl für mich, dabei mitzuwirken.“ Dr. Maria Baumeister, ehrenamtliche Helferin


35 JahresBERICHT 2011

AKTIONEN UND VERANSTALTUNGEN

Die Europäische Erklärung: Freier Zugang zu medizinischer Versorgung für Menschen ohne Papiere Drei Millionen Unterzeichner

Die Europäische Erklärung fand auf dem Tollwood Festival reges Interesse. © Ärzte der Welt Archiv

I

n Europa ist ein freier Zugang zu medizinischer Versorgung nicht für alle Menschen möglich. Betroffen sind vor allem Flüchtlinge und „Menschen ohne Papiere“ mit ihren Kindern. Diese Menschen werden durch administrative Hürden oder einschränkende Gesetze von einer Basis-Gesundheitsversorgung ausgeschlossen und leiden häufig unter diskriminierenden Praktiken. Um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen, verabschiedeten ‚Ärzte der Welt‘ und das HUMA-Netzwerk (ein Bündnis von Organisationen aus 14 europäischen Ländern) eine „Europäische Erklärung“ mit dem Titel: „Freier Zugang zur medizinischen Versorgung für Menschen ohne Papiere“. Mit der Petition wurde das Europäische Parlament aufgefordert, sich politisch dafür einzusetzen, dass alle Menschen in Europa, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, einen gleichberechtigten Zugang zu Gesundheitsversorgung erhalten.

In Deutschland wurde die Petition neben der Bundesärztekammer von zahlreichen anderen Verbänden, Organisationen und Einzelpersonen unterzeichnet. Europaweit unterstützen 141 Verbände und Organisationen, die über drei Millionen Beschäftigte des Gesundheitswesens repräsentieren, mit ihrer Unterschrift die „Europäische Erklärung“. Kurz vor der offiziellen Übergabe der Petition im Europäischen Parlament am 22. März 2011 gab es bereits einen ersten Etappensieg: Das Europaparlament verabschiedete eine Resolution, die die Mitgliedsstaaten anhält „sicherzustellen, dass die am meisten benachteiligten Bevölkerungsgruppen, einschließlich Mi­granten ohne Papiere, einen Anspruch auf gleichberechtigte Gesundheitsversorgung erhalten.“

Europaweit wurden Unterschriften für die Erklärung gesammelt und an „Ärzte der Welt“ übergeben. © Ärzte der Welt Archiv

„ … sicherstellen, dass die am meisten benach­teiligten Bevölkerungsgruppen, einschließlich ­Migranten ohne Papiere, einen Anspruch auf gleichberechtigte Gesundheitsversorgung erhalten.“ Resolution zum Abbau gesundheitlicher Ungleichheit in der EU/2010/2089 ( INI )


36 AKTIONEN UND VERANSTALTUNGEN

Ärzte der Welt

Ideale, Realitäten und Kompromisse – ­geben wir Antworten auf die ­ humanitären Herausforderungen? Der XIII. Humani­täre Kongress in Berlin

Der Direktor von ­„Ärzte der Welt“ Deutschland, Dr. Andreas Schultz, gab eine Einführung in die humanitäre ­Hilfe. © Ärzte der Welt Archiv

Der Humanitäre Kongress, eine gemeinsame Veranstaltung von „Ärzte der Welt“, „Ärzte ohne Grenzen“, dem „Deutschen Roten Kreuz“, der „Ärztekammer Berlin“ und der „Charité-Universitätsmedizin Berlin“ bietet jedes Jahr lebhafte, kontroverse Debatten zu aktuellen Themen und Fragestellungen der internationalen humanitären Hilfe. Am 28. und 29. Oktober 2011 berichteten mehr als 70 ExpertInnen über ihre Arbeit und ihre Erfahrungen, und fast 600 Interessierte aus Wissenschaft und Praxis nahmen an dem Kongress teil. Das „Ärzte der Welt“-Netzwerk gestaltete den Kongress mit vielen Beiträgen aktiv mit. So gab der Direktor der deutschen Delegation von „Ärzte der Welt“, Dr. Andreas Schultz, eine Einführung in das Thema der humanitären Hilfe und beantwortete zusammen mit Vertretern anderer Organisationen die Fragen, die Neulinge in der humanitären Hilfe beschäftigen. Ferner berichtete der Präsident von „Ärzte der Welt“ in Griechenland, Dr. Nikitas Kanakis, in der

Veranstaltung „Festung Europa – die humanitäre Antwort auf die europäische Migrationspolitik“ über die fortschreitende Verarmung der griechischen Bevölkerung angesichts der Schulden­ krise. Dies sind nur zwei Beiträge aus den zahlreichen Aktivitäten von „Ärzte der Welt“ auf dem Kongress. Das internationale Symposium bietet jedes Jahr wieder eine gute Gelegenheit, Menschen aus der ganzen Welt, die in der humanitären Hilfe tätig sind, zusammenzubringen, interessante Fachvorträge zu hören, sich thematisch auszutauschen und Allianzen für die gemeinsame Arbeit zu schließen. Die jährlich steigenden Besucherzahlen bestätigen die zunehmende Bedeutung dieses Kongresses. Der nächste „Humanitäre Kongress“ findet vom 12. – 13. Oktober 2012 in Berlin statt. Mehr Informationen finden Sie unter: http://www.humanitaererkongress.de

© Ärzte der Welt Archiv

Der Kongress wurde von der GIZ (  Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit ) und dem Evangelischen Krankenhaus Hubertus / Berlin unterstützt.

„In den letzten Monaten konnten wir einen dramatischen ­Anstieg der griechischen Patienten in unseren Anlaufstellen, die ursprünglich für Flüchtlinge und/oder Asylsuchende gedacht waren, beobachten. Die Anzahl griechischer Staats­ bürger u ­ nter unseren Patienten ist auf 30 Prozent gestiegen.“ Nikitas Kanakis, Präsident von „Ärzte der Welt“ Griechenland

Das „Ärzte der Welt“Team gestaltete den Kongress aktiv mit.


37 AKTIONEN UND VERANSTALTUNGEN

JahresBERICHT 2011

Fünf Jahre medizinische Versorgung von Menschen ohne Krankenversicherung in München

I

m September 2006 hatte „Ärzte der Welt“ in Kooperation mit dem Café 104 im Zentrum Münchens das Projekt open.med eröffnet: eine medizinische Anlaufstelle für Menschen ohne Krankenversicherung. 2011 wurde das fünfjährige Bestehen gebührend gefeiert, und „Ärzte der Welt“ organisierte zusammen mit der Malteser Migranten Medizin eine Podiumsdiskussion im Münchner Eine-Welt-Haus. Vor circa 70 Gästen diskutierten VertreterInnen der Zivilgesellschaft, der Münchner Stadtverwaltung und der Stadtpolitik über die Grenzen und Perspektiven des sogenannten „Münchner Modells“. Innerhalb dieses Modells war eine enge Zusammenarbeit vereinbart worden, und zwar zwischen der Stadtverwaltung und den Münchner Initiativen, die sich für Menschen ohne Krankenversicherungsschutz engagieren. Die Auswirkungen dieser in Deutschland einmaligen Kooperation wurden auf der Veranstaltung analysiert, und alle waren sich einig, dass sie eine große Hilfe ist, um die Betroffenen wieder in das reguläre Gesundheitssystem zu (re)integrieren. Auf der Jubiläumsveranstaltung in München wurden aber auch bundesweite gesetzliche Regelungen lebhaft erörtert; so zum Beispiel die im April 2007 deutschlandweit eingeführte gesetzliche Versicherungspflicht oder der Umgang mit den PatientInnen aus den neuen EU-Ländern.

In einer lebendigen ­Diskussion wurde die ­Bedeutung von open.med bekräftigt. © Ärzte der Welt Archiv

Zum Ende der Veranstaltung ehrte Rudolf Stummvoll, Leiter der Fachstelle Migration und Gesundheit der Stadt München, das Engagement der zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeiter­ Innen beider Anlaufstellen und überreichte ihnen die Urkunde „München dankt !“.

„Hohe Krankenversicherungsgebühren und ­insbesondere die hohen Nachforderungen, um Regel-Krankenkassenleistungen zu erhalten, übersteigen oft die finanziellen Möglichkeiten unserer Patientengruppen der open.med­Ambulanz. Viele dieser ­Menschen haben keinen Zugang zu unserem ­Gesundheitssystem, wie wir Versicherten dies ­erfahren dürfen.“ Dr. Maria Heinzlmann, Vorstandsmitglied von „Ärzte der Welt“


38 Ärzte der Welt

Finanzbericht 2011: unsere Arbeit IN ZAHLEN

Bilanz zum 31. Dezember 2011 Aktiva

Passiva 31.12.2011 €

31.12.2010 €

A. Anlagevermögen I. Sachanlagen Betriebs- und Geschäftsausstattung

A. Eigenkapital

30.971,00

6.763,00

31.12.2011 €

31.12.2010 €

848.258,56

742.284,75

611.274,62

937.663,88

B. Rückstellungen sonstige ­Rückstellungen

B. Umlaufvermögen C. Verbindlichkeiten

I. Vorräte

1. unfertige Leistungen

2. Waren

54.140,60

67.362,96

0,00

1. V erbindlichkeiten gegenüber ­Kreditinstituten

0,74

0,00

0,00

2. V erbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

39.639,54

14.066,11

3. sonstige ­Verbindlichkeiten

36.949,93

4.304,45

1.536.123,39

1.698.319,19

II. F orderungen und sonstige Vermögensgegenstände sonstige ­Vermögensgegenstände III. Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten C. Rechnungsabgrenzungsposten

209.816,27

41.947,34

1.171.835,56

1.647.728,85

1.997,00

1.880,00

1.536.123,39

1.698.319,19

Bilanz: Die Bilanz erfasst die Vermögenssituation des Vereins zum 31.12.2011. Das Anlagevermögen umfasst im Wesentlichen EDV-Ausstattung und Telefonanlagen. Das Umlaufvermögen umfasst die Vorräte, vor allem Zuschüsse des Ärzte der Welt-Netzwerks für Administration und satzungsgemäße Ausgaben sowie, die sich im Lager zum Bilanzstichtag befindlichen Sachspenden. Die Forderungen und sonstigen Vermögensgegenstände enthalten im Wesentlichen Forderungen aus Projektmitteln gegenüber verschiedenen Institutionen. Der Kassenbestand und die Guthaben bei Kreditinstituten spiegeln den Geld­ bestand des Vereins zum Bilanzstichtag wieder. Bei den Rechnungsabgrenzungsposten handelt es sich im Wesentlichen um Versicherungsprämien für das

Folgejahr. Das Eigenkapital umfasst das Vereinsmögen, das u.a. als Rücklage und Sicherheit dienen soll. Die Rückstellungen betreffen im Wesentlichen Verwendungsverpflichtungen für Projektausgaben. Die Verbindlichkeiten resultieren aus ausstehenden Zahlungsverpflichtungen. Wirtschaftsprüfer: Der Jahresabschluss von Ärzte der Welt e.V. 2011 wurde von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer, Dipl.-Kaufmann Andreas Köhl, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, geprüft. Er kontrolliert die Einhaltung der buchhalterischen Normen sowie die Gewinn- und Verlustrechnung. Ausführliche Informationen zum Prüfungsbericht erhalten Sie unter 089 - 452 30 81- 0 oder info@aerztederwelt.org.


39 JahresBERICHT 2011

Finanzbericht 2011: unsere Arbeit IN ZAHLEN

Erträge

1. Spenden und Zuschüsse 1.1. Spenden von Privatpersonen und ­Unternehmen: Diverse Privatpersonen / Institutionen L’Oreal Deutschland GmbH / Vichy Daimler AG Olympus Europa Stiftung L’Oreal Foundation Geistlich Pharma AG Georg Thieme Verlag VR Gewinnsparverein Bayern e.V. Umicore AG

439.987,38 100.000,00 63.240,00 60.000,00 17.970,00 12.000,00 10.000,00 10.000,00 5.000,00

1.2. Spenden von ­Nichtregierungsorganisationen: Sternstunden e.V. für Somalia Sternstunden e.V. für Haiti Aktion Renovabis e.V. für Bulgarien Sternstunden e.V. für open.med

200.000,00 65.000,00 25.000,00 16.044,18

1.3. Öffentliche Zuschüsse: Auswärtiges Amt für Somalia Landeshauptstadt Stuttgart für MedMobil Landeshauptstadt München für open.med

154.439,45 58.406,81 12.248,22

1.4. Bußgelder: 1.5. Sachspenden: Siemens AG / Health Care Sector Sonstige Sachspenden

2011

2010

1.386.753,08

2.931.696,99

718.197,38

2.392.537,89

306.044,18

231.950,05

225.094,48

197.993,78

20.125,00

101.645,00

117.292,04

7.570,27

110.475,14 6.816,90

2. Sonstige Erträge Ärzte der Welt Frankreich (Médecins du Monde) Mitgliedsbeiträge Auflösung von Rückstellungen

273.112,57 1.190,00 975,70

275.278,27

217.272,81

19.811,04

16.822,61

1.681.842,39

3.165.792,41

275.278,27

3. Zins- und ähnliche Erträge

Gesamte Erträge


40 Ärzte der Welt

Finanzbericht 2011: unsere Arbeit IN ZAHLEN

Aufwendungen

4. Aufwendungen für Projekte / ­Hilfsaktionen Afrika Asien Diverse Projekte Europa Lateinamerika Auflösung von Projektrückstellungen Zuführung zu Projektrückstellungen 5. Satzungsgemäße Aufwendungen davon Personalkosten davon Abschreibungen davon Sach- und sonstige Aufwendungen

7. Allgemeine Verwaltungsaufwendungen davon Personalkosten davon Abschreibungen davon Sach- und sonstige Aufwendungen

44.840,37 284,11 65.007,58

Erläuterung der Gewinn- und Verlustrechnung: Erträge: Die Spenden und Zuschüsse in Höhe von TEUR 1.386 resultieren aus zweckgebundenen und freien Spenden, Spenden von Nichtregierungsorganisationen, Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln, Bußgeldern sowie Sachspenden. Die sonstigen Erträge resultieren im Wesentlichen aus Zuschüssen von Ärzte der Welt Frankreich für Administration und satzungsgemäße Ausgaben. Die im Vergleich zu 2010 niedrigeren Erträge lassen sich durch die zwei Katastrophen in Haiti und Pakistan erklären. Aufwendungen: Die Aufwendungen für Projekte / Hilfsaktionen betragen für 2011 TEUR 1.101. Rückstellungen wurden aufgelöst und für die vorgesehenen Projekte verausgabt, neue Rückstellungen für zukünftige Projektausgaben wurden gebildet. Die satzungsgemäßen Aufwendungen umfassen unter anderem Ausgaben für Kampagnen zur Information der Öffentlichkeit und die Anwerbung von medizinisch ausgebildetem Personal für die Durchführung der humanitären

1.101.074,47

2.192.324,08

287.010,02

204.504,28

77.652,03

59.114,21

110.132,06

79.865,29

105.973,81

629.984,55

1.681.842,39

3.165.792,41

209.255,03 1.325,96 76.429,13

44.840,37 284,11 32.527,55

Gesamtaufwendungen

2010

293.024,96 769.411,35 548,78 241.454,90 146.033,74 – 823.224,38 473.825,12

6. Aufwendungen Selbstdarstellung & Mittelbeschaffung davon Personalkosten davon Abschreibungen davon Sach- und sonstige Aufwendungen

8. Jahresergebnis

2011

Projekte. Die Aufwendungen für Selbstdarstellung & Mittelbeschaffung umfassten im Wesentlichen die Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins und das Fundraising. Die allgemeinen Verwaltungsaufwendungen resultieren aus den laufenden Kosten zum Unterhalt der Geschäftsstelle. Aus dem Jahresergebnis werden TEUR 100 Gewinnrücklagen generiert. Es handelt sich um Rücklagen gemäß § 58 Nr. 7a AO, die in die freien Rücklagen überführt werden und für satzungsgemäße Aufwendungen, Projekte oder sonstige Ausgaben verwendet werden können. Der vom DZI bestimmte Werbe- und Verwaltungs­ kostenanteil belief sich in 2010 auf 8,29 %. Zur Drucklegung dieses Berichtes lag der Prüfbericht des DZI noch nicht vor. Die Projektausgaben werden im Verbund mit dem Ärzte der Welt-Netzwerk durchgeführt.

Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI)

Zeichen für Vertrauen


41 JahresBERICHT 2011

Finanzbericht 2011: unsere Arbeit IN ZAHLEN

Verteilung der Ausgaben nach Arbeitsschwerpunkte

Langzeitprojekte (Mutter-Kind-Gesundheit, HIV; Harm Reduction und Gewaltprävention) 20,10 %

Zugang zu Gesundheistvorsorge in Europa 16,65 %

Chirurgische Projekte 6,45 %

Soforthilfe / Krisenprojekte 56,80 %

Ausgaben für Projekte

Europa 241.454,90 €

Asien (Schwerpunkt Pakistan) 769.411,35 €

Lateinamerika (Schwerpunkt Haiti) 146.033,74 €

Diverse Projekte 548,78 €

Afrika 293.024,96 €


42 verein und Werte

Ärzte der Welt

Der Verein „Ärzte der Welt“ e. V. „Ärzte der Welt“ e.V. Deutschland ist eine gemeinnützige, politisch und konfessionell unabhängig ­arbeitende Nichtregierungs-Organisation. Finanzielle Ungebundenheit und Flexibilität bei der ­Projektfinanzierung sind wichtige Grundlagen unserer Arbeit und werden durch überwiegend private Spenden ermöglicht. Notfallprojekte finanzieren wir zunächst mit eigenen Mitteln vor. Zugleich ­beantragt „Ärzte der Welt“ Förderungen bei staatlichen, internationalen und privaten Institutionen. Der Verein hat 35 Mitglieder. Etwa 200 Ehrenamtliche ­unterstützen unsere Arbeit regelmäßig.

Vorstand

Die Geschäftsstelle

Geleitet wird der Verein durch den alle zwei Jahre neu gewählten Vorstand, der sich aufteilt in ein Präsidium und einen erweiterten ­Vorstand.

Dr. Andreas Schultz: Direktor Marc Gemeiner M. A.: CFO / Finanzen / Organisation Dr. Lecia Feszczak: Gesundheit und Entwicklung Gabriele Jüttner: Spendenmanagement Katharina Radmüller: Fundraising Sabrina Schmitt: Koordination Projekte Deutschland Suzanne Bruins: open.med München Iris Scherrenbacher: MedMobil Stuttgart Ute Zurmühl: Leitung Öffentlichkeitsarbeit Damien Perrot: Öffentlichkeitsarbeit / Veranstaltungen Michael Prestele: Recruitment (Stand: Dezember 2011)

Präsidium Prof. Dr. med. Heinz-Jochen Zenker: ­Vorstandsvorsitzender Dr. Klaus Wieners: Schatzmeister Dr. Pierre Rosenstiel

Erweiterter Vorstand Prof. Dr. Dr. Günter Lauer PD Dr. Dr. Katja Schwenzer-Zimmerer Dr. Peter Schwick Dr. Maria Heinzlmann Dr. Hilke Schneider Nicole Schmitt

Ehren-Vorstandmitglied

© Suzanne Bruins

Prof. Dr. med. Wilfried Schilli (Stand: Dezember 2011)


43 JahresBERICHT 2011

Würde- und ­respektvoll Wir respektieren die Menschenrechte und behandeln alle ­Personen würdevoll und gleich, unabhängig von Herkunft, ­Geschlecht, Hautfarbe, kulturellen und religiösen Werten.

Demokratisch-partizipativ

© Ärzte der Welt Archiv

Unsere Werte Demokratisch-legitimierte Entscheidungsprozesse sind die Grundlage unserer Arbeit. Das bedeutet zum einen eine lebendig-partizipative Vereinsstruktur innerhalb des internationalen Netzwerkes von „Ärzte der Welt“ zu verwirklichen, zum anderen auch Projekte in enger Kooperation „auf Augenhöhe“ mit ­unseren Partnern in allen Projektländern zu realisieren.

Wir handeln anwaltschaftlich-solidarisch, indem wir im Sinne des Grundprinzips friedlich-menschlichen Zusammenlebens für die Interessen der verletzlichsten Bevölkerungsgruppen eintreten und Menschenrechtsverletzungen öffentlich anprangern.

Unabhängig

© Yianna Kopoullos

Anwaltschaftlich-­solidarisch

Unsere Motive und unser Handeln in der Projektarbeit sind ­bedürfnisorientiert zugunsten gefährdeter Bevölkerungsgruppen und dabei unabhängig von politischen, sozialen und militärischen Interessen Dritter.

Transparent Im Team gehen wir ehrlich und offen miteinander um, nach außen vermitteln wir unser Leitbild und unsere Aktivitäten ­transparent, anschaulich und unmissverständlich.

Wir arbeiten fachübergreifend an der Umsetzung zukunfts­ weisender Lösungen, um die gesundheitlichen Kapazitäten der jeweiligen Länder zu stärken und die Gesundheitssituation der Menschen langfristig zu verbessern.

© David Delaporte

Nachhaltig


44 Jahresbericht 2011

Ärzte der Welt

Dankeschön Ehrenamtliche Alle Projekte von „Ärzte der Welt“ sind auf die Unterstützung von ehrenamtlichen HelferInnen angewiesen. Ohne sie wäre eine sinnvolle D ­ urchführung nicht möglich. Fast 8 000 Mitwirkende – davon über die Hälfte ehrenamtlich tätig – weltweit unterstützen die Arbeit des „Ärzte der Welt“Netzwerkes. Jährlich entsendet „Ärzte der Welt“ über 300 internationale MitarbeiterInnen in Auslandsprojekte, wo sie eng mit ihren derzeit 2 445 nationalen K ­ ollegInnen zusammen­ arbeiten. Wir sind stolz darauf, dass „Ärzte der Welt“ auch in Deutschland auf ein großes Netzwerk von Freiwilligen zurückgreifen kann und dass das Interesse sowie der Wille zur Unterstützung von „Ärzte der Welt“ immer weiter wachsen. An dieser Stelle möchten wir uns von ganzem Herzen bei ­allen ehrenamtlichen MitarbeiterInnen, die sich 2011 für ­„Ärzte der Welt“ engagierte haben, bedanken.

Im Projekt MedMobil / Stuttgart Dr. Peter Bansbach, Margot Dorn, Dr. Monika Doufrain, Dr. Ursula Endress-Wach, Suky-Diane Gentner, Dr. Thomas Geyer, Dr. Verena Geyer, Edeltraud Haug-Hiegemann, Dr. Barbara Holzbaur, Dr. Hansmartin Killguss, Dr. Rita Kren, Dr. Walther Kren, Dr. Hannes Macholz, Armin Packe, Dr. Peter Pahl, Inge Rist, Dr. Elisabeth Schmid, Carmen Schnurr, Heidi Seibold, Lilian Siebenlist, Dr. Verena Wilhelm, Monika Wudi. Ein besonderer Dank gilt auch allen Facharztpraxen, die MedMobil 2011 unterstützt haben.

Im Projekt open.med / München Meryem Altuntas, Lukas Arenz, Hakan Cankaya, Eva Clemenz, Inge Dorn, Elisabeth Fässler, Sören Frahm, Madlen Fröhlich, Erik Gaitzsch, Dr. Karl Groos, Dr. Helmut Grumbach, Dorothee Harmsen, Dr. Evelyn Hauenstein, Dr. Maria Heinzlmann, Dr. Brigitte Herborg, Neva Ivanova, Cevat Kara, Filipa Kaymakanova, Jenny Keiser, Anna Kirchhofer, Teresa Kloning, Jonas König, Agnes Kupka, Indra Lopez Velasco, Irmi Luhmann, Dr. Friedmann Maier, Dr. Sarah Mannfeld, Dr. Silvia Mara Corso, Marlene Mohn, Johannes Molz, Maria Mutzel, Jun Natinda, Melanie Nordman, Katharina Pawlak, Birgit Poppert, Alina Potyka, Anna Ritzinger, Claudia Rokkita, Laura Romberg, Dr. Stefanie Sammet, Antje Sanogo, Dr. Peter Schwick, Dr. Florian Sepp, Dr. Christoph Steidle, Dr. Hans Stohrer, Dr. Barbara Theml, Andreja Tomic, Dr. Susanne Vogel, Dr. Joachim Werner, Klaus West­ enthanner, Kathrin Weyh, Anna Wittkowski, Eva Z ­ aenkert, Dr. Ludwig Zwack. Ein besonderer Dank gilt auch dem „Medizinerorchester und Chor München“ sowie allen Facharztpraxen, die open.med 2011 unterstützt haben.

Möchten auch Sie in Zukunft Teil des ehrenamtlichen ­Netzwerks von „Ärzte der Welt“ werden ? Wenden Sie sich an unser Team: 089 45 23 081-0 recruitment@aerztederwelt.org


45

Das open.medTeam behandelt PatientInnen ­ehrenamtlich. © Michael Santifaller

In Kambodscha ( Aktion Lächeln ) Prof. Dr. Jozsef Barabás, Peter Dekoleadenu, Fabian Fiechter, Dr. Walter Heindl, Jürgen Heinzmann, Christine Hofer, Dr. Irina Jung, Dr. Ersin Kocaoglu, Denise Krattiger, Lyda Lo, Dr. Dr. Steffen Müller, Dr. Arno Mutschler, Dr. Jean Rapidel, Yolande Sandorfi, Dr. Miodrag Savic, Sabine Scharenberg, Dr. Thomas Schuster, Dr. Katja Schwenzer-Zimmerer, Dr. Florian Thieringer, Dr. Nikolaus Wachter, Dr. Stephan Zimmerer.

In Myanmar / Burma Karin Driessler, Dr. Claudia Klauß, Prof. Volker Klauß, Dr. Sven Stefan Schaal, Dr. Carl-Ludwig Schönfeld.

In der Münchner Geschäfts­ stelle von „Ärzte der Welt“ und bei der Veranstaltung ­„unSCHLAGbar“ Uche Akpulu, Nancy Ageorges , Dr. Maria Baumeister, Claudia Becker, Barbara Burkardt, Brigitte Fandrich und das KiS Team vom Fremdspracheninstitut der Landeshauptstadt München, Alice Fertig, Johannes Fischer, Peter Frank, Tanja Fuchs, Elfi Gaigl, Rosa Gaube, Doris Herrmann, Paul Ignace, Monika Kerkeler, Isabel Kerssenbrock, Susanne Knorr, Jonas König, Alexandra Krombholz, Stefan Lauterbach, Sigrid Leiss, Nina Ludewig, Petra Lutz, Emilia Pereira, Isabel Praun, Claudia Rees, Lisa Reiter, Irmelin Ritzert, Georg Robens, Orsika Robl, Michael Santifaller, Eva-Maria Schretzmeier, Rita Schwarz, Karine Steinhage, Dr. Peter Strache, Susann Triebswetter, Susanne Tuschter, Barbara Uhl, Sonja Weinbuch.


46 Ärzte der Welt

Dankeschön Partner & Förderer Spendenaktion mit Siemens – Ultraschallgeräte für „Ärzte der Welt“ Einen erfolgreichen Abschluss fand 2011 eine Spenden-Aktion in Kooperation mit Siemens: Insgesamt acht Ultraschallgeräte konnten bis Anfang 2012 an „Ärzte der Welt“ für ausgewählte Hilfsprojekte übergeben werden. Siemens hatte in ihrer Aktion zugesichert, für jedes fünfzigste zwischen dem 1. Oktober und dem 31. Dezember 2011 verkaufte Siemens-Ultraschallgerät jeweils ein Gerät an „Ärzte der Welt“ zu spenden. Die gespendeten Geräte gingen an Gesundheitsprojekte des „Ärzte der Welt“-Netzwerkes in Deutschland, Frankreich, Griechenland, Kambodscha, Tunesien und in die Ukraine. Wir danken Siemens für diese großzügige ­Spende  !

Ehrenamtliche Mediziner von „Ärzte der Welt“ wurden von Siemens geschult. © Siemens AG


47 JahresBERICHT 2011

Diese Unternehmen, Institutionen und ­Organisationen engagieren sich mit „Ärzte der Welt“ für einen verbesserten Zugang zur medizinischen Versorgung: Drive Experience der Daimler AG unterstützt lokale Projekte Jedes Jahr richtet die Daimler AG verschiedene Fahrveranstaltungen und Neuvorstellungen von Fahrzeugen in verschiedenen Ländern aus. Hierbei wurden in den letzten Jahren Kosten eingespart und diese zugunsten lokaler medizinischer Projekte von „Ärzte der Welt“ gespendet. Ein Dank an die Daimler AG, die es ermöglicht, dass wir uns auch weiterhin in unseren nationalen Projekten für einen verbesserten Zugang zur Gesundheitsversorgung für benachteiligte Bevölkerungsgruppen engagieren können.

Olympus Stiftung finanziert ­ ugenprojekt in Myanmar A Für das 2011 neu begonnene und zunächst auf drei Jahre angelegte Projekt zur Augenheilkunde in Myanmar hat die Olympus Stiftung die Projektkosten, wie zum Beispiel die gesamte Ausstattung mit medizinischen Geräten, übernommen. Dies ermöglicht es unseren ehrenamtlich tätigen Teams, vor Ort zu arbeiten.

123Map GmbH & Co. KG Aidshilfe Stuttgart e.V. Alpha e.V. Ambulante Hilfe Stuttgart e.V. BINZ GmbH & Co. KG BörseGO AG Büttner-Frank GmbH Café 104 CAMZ („Komitee der M ­ edizinischen Hilfe in ­Transkarpatien“) Caritasverband für Stuttgart e.V. ConSol* GmbH Daimler AG Auswärtiges Amt Dr. Ausbüttel & Co. GmbH Einhornapotheke Stuttgart Gaisburg Evangelische Gesellschaft Stuttgart e.V. Goethe Apotheke München Fernandus Stiftung Französiches Institut M ­ ünchen Geistlich Pharma AG Georg Thieme Verlag & Co. KG HEUSSEN Rechtanwalts­gesellschaft mbH Laboratoires Vichy / L’Oréal Deutschland GmbH Landeshauptstadt München, das Sozialreferat und das Referat Gesundheit und Umwelt Landeshauptstadt Stuttgart, das Gesundheitsamt und die A ­ bteilung Wohnungs­notfallhilfe Landwehr Apotheke München L’Oréal Foundation LX-Systems Medizinerorchester & Chor München Olympus Europa Holding GmbH Olympus Europa Stiftung Paul Hartmann AG Heidenheim SDK Stiftung Siemens AG Sozialberatung Stuttgart e.V. Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Sternstunden e.V. synlab Labor München Z ­ entrum GbR Mathes & Fischbacher, WP / Steuerberater Freiwilligenagentur ­Tatendrang Tollwood GmbH Umicore AG Unicredit Group VR Gewinnsparverein Bayern e.V. Willy Richter Stiftung


C : 100 M : 60 J:0 N:0 Médecins du monde - Identité visuelle ALLEMAGNE

DIE WELT VERGISST SCHNELL. WIR HELFEN WEITER.

08/07/2009


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