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Motorensymposium: Wandlungsprozess

Wandlungsprozess

Was sind die wichtigsten Trends des Wiener Motorensymposiums? Gibt es noch Verbrennungsmotoren?

Von Maria Brandl

Vom 27. bis 29. April fand das 43. Internationale Wiener Motorensymposium wieder in der Wiener Hofburg statt, nachdem zuletzt coronabedingt nur eine Online-Tagung möglich war. Mehr als 70 hochrangige Vortragende gewährten den mehr als 900 anwesenden Teilnehmern aus 26 Ländern einen Ausblick auf die CO2-neutrale Mobilität. Unter den Ehrengästen befand sich unter anderem Hans Dieter Pötsch, VW-Aufsichtsratsvorsitzender. Die 76 Vorträge wurden in zwei Sälen sowie als „Video on demand“ präsentiert.

„Fußabdruck über das gesamte Fahrzeugleben“

Veranstaltet wird das Motorensymposium vom Österreichischen Verein für Kraftfahrzeugtechnik (ÖVK). Dessen Vorsitzender, Univ.-Prof. Bernhard Geringer von der TU Wien, sprach in seiner Eröffnungsrede von einem „kolossalen Wandlungsprozess“, vor dem die Branche stehe. Doch während oft das Verbot von Verbrennungsmotoren die öffentliche Diskussion prägt, zeigten die Redner ein anderes Bild. Gefordert sei ein gesamtheitlicher Ansatz für die Dekarbonisierung des Verkehrs, der den CO2-Fußabdruck über das gesamte Fahrzeugleben und nicht bloß zwischen Tank und Rad wie jetzt betrachtet. Auf dem Symposium stellten Abgas-, Motoren- und Getriebespezialisten, Experten alternativer Kraftstoffe und diverser Energiespeicher sowie IT-Profis mögliche Lösungen vor.

Eine Erkenntnis kristallisierte sich heraus: „Der Weg zur E-Mobilität wird relativ lang sein“, sagte Luca de Meo, Geschäftsführer (CEO) der Renault-Gruppe. 2030 werden weltweit noch immer rund 90 Prozent der Fahrzeuge mit Verbrenner unterwegs sein. Renault will in den kommenden Jahren zwar 23 Milliarden Euro in die E-Mobilität investieren, aber auch weiter konventionelle und Hybridantriebe verbessern und für verschiedenste Kraftstoffe vorbereiten. Selbst einen Dieselmotor werde es weiterhin geben – solange es die Abgasnormen erlauben. Euro7 wird gerade diskutiert.

Nur noch emissionsfreie Autos

Eine andere Strategie verfolgt VW, wie Thomas Ulbrich, Mitglied des Markenvorstands VW, betonte. Für VW sei als Volumenhersteller der batterieelektrische Ansatz der einzige Weg zur CO2-freien Mobilität. Aber auch Ulbrich ging davon aus, dass die Elektrifizierung in gewissen Weltgegenden noch Jahrzehnte dauern wird. Daimler will laut Markus Schäfer, Vorstandsmitglied der Daimler AG, ab 2030 nur mehr emissionsfreie Pkws anbieten. Deutlich länger werde die Elektrifizierung im Nutzfahrzeug- und Offroad-Bereich dauern, sagten Andreas Gorbach, Mitglied der Geschäftsführung der Daimler Truck AG, sowie Markus Müller, Mitglied der Geschäftsführung der Deutz AG. Beide setzen für gewisse Bereiche auch auf Wasserstoff sowohl in Kombination mit Brennstoffzellen wie im Verbrennungsmotor. Deutz will 2024 mit der Serienproduktion eines Wasserstoffmotors beginnen, der auch Züge, die heute mit Diesel fahren, CO2-frei machen kann.

ZF: „Ab 2040 keine Getriebe mehr bauen“

Welch gewaltigen Umbruch die Energiewende für einen automobilen Zulieferer bedeutet, zeigte Wolf-Henning Scheider, Vorstandsvorsitzender der ZF-Gruppe: „ZF wird ab 2040 keine Getriebe mehr bauen.“ Derzeit macht ZF mit Getrieben noch 10 Milliarden Euro Umsatz. Künftig will sich ZF auf Kernkomponenten der E-Mobilität wie Leistungselektronik und E-Motoren, aber auch für das autonome Fahren konzentrieren. •

Keba auf Wachstumskurs

Die oberösterreichische Keba Group AG, die u.a. ganzheitliche Ladelösungen für E-Mobilität herstellt, hat die Marke von 2.000 Mitarbeitern überschritten und will in den kommenden Monaten 130 weitere einstellen. „Den Menschen zu sagen, was sie zu tun haben, ist ein antiquiertes Konzept. Vielmehr ist es heute wichtig und dienlicher, sich an einem Zweck auszurichten“, erläutert Gerhard Luftensteiner, CEO der Gruppe (l.).

Shell setzt stärker auf Ladeinfrastruktur

Shell Austria baut an den hiesigen Tankstellen weitere Schnelllader für E-Autos auf. Im Zuge ihrer Sanierung wurde die Tankstelle an der Pyhrnautobahn bei Gralla West mit PV-Anlage und zwei High-Power-Chargern mit 300 kW ausgestattet.

Liqui Moly erweitert Abfüllkapazitäten

Liqui Moly baut in Ulm ein neues Produktionsgebäude, um Platz für zusätzliche Abfüllanlagen zu schaffen. Im März erreichte die Produktion den höchsten Ausstoß in der 65-jährigen Firmengeschichte.

Eder baut aus

Eder Fahrzeugbau (Marken Algema und Fit-Zel) erweitert sein Betriebsgelände am bestehenden Standort um 4.000 m². Vorgesehen ist die Erstellung einer 800 m² großen Lagerhalle sowie von Ausstellungsflächen. Die Erweiterung des Betriebsgeländes sei notwendig, da die Zahl der Aufträge in den letzten Jahren stetig gestiegen sei. Auf der deutlich vergrößerten Ausstellungsfläche sollen zukünftig Neufahrzeuge präsentiert sowie Kundenfahrzeuge für die Produktion zwischengelagert werden. Die Lagerhalle diene dem Schutz hochwertiger Komponenten vor Wind und Wetter. Mag. Heinz Müller

Feind des Geldes

2021 sei, so hört man von den meisten Gesprächspartnern, ein sehr gutes Jahr für die allermeisten Autohäuser gewesen. Das sagt die Mehrzahl der Importeure, die ja in der Regel ganz genau wissen, wo einem Partner in der Provinz eine mögliche Schieflage droht. Und das sagen die meisten Autohäuser selbst.

Die Zulassungszahlen weisen zwar ein Minus bei den Neuwagen aus. Doch die Verkäufe waren bei den meisten Marken durchaus okay, und dementsprechend hoch sind auch die Auftragsbestände. Dass der eine oder andere Importeur seinen Händlern finanzielle Hilfe geleistet hat, um die schwierige Situation bis zur Auslieferung zu überbrücken, soll nicht unerwähnt bleiben. Und dann wären da noch die finanziellen Beihilfen seitens des Bundes, also die Nachwirkungen des Corona-Virus, die auch für gewisse Erträge gesorgt haben.

Daher geht es offenbar manchen Autohäusern wieder (oder noch immer?) so gut, dass sie auf neue Kunden verzichten können (oder zumindest glauben, es tun zu können): Ein sehr guter Bekannter hat mir erzählt, dass er im April wegen eines Dacia Jogger bei einem Händler in Niederösterreich angerufen hat. Sein Trauzeuge hatte dort in den vergangenen 15 Jahren schon 3 Dacia gekauft und war laut eigener Aussage stets zufrieden.

Der Dacia-Verkäufer war an diesem Nachmittag (so seine Aussage) gerade mit Kunden beschäftigt, notierte sich die Nummer des potenziellen Neukunden und versprach einen Rückruf. Das war kurz vor Ostern. Anfang Mai entschloss sich der Kunde, nicht in besagtem Autohaus zu kaufen. Sein Motto: „Wer auf mein Geld nicht angewiesen ist, bekommt es auch nicht!“

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