7 minute read
Entspannte Saison?
A&W: Wie werden sich Verfügbarkeit und Preise im heurigen Jahr entwickeln?
Kilzer, Apollo Vredestein: Da sich die Rohstoff- und Energiepreise im Moment etwas eingependelt haben, gehe ich davon aus, dass die nächsten 6 Monate ohne große Preisveränderungen verstreichen werden. Bei der Verfügbarkeit sehe ich keine großen Probleme auf uns zukommen, auch wenn damit zu rechnen ist, dass gerade Premiumhersteller für Klein- und Mittelklasse-Fahrzeuge die Reifen nicht im Überfluss produzieren werden.
Bergmüller, Continental: Aus meiner Sicht wird die Verfügbarkeit bei den Industrien großteils gegeben sein; ob auch der Handel sich ausreichend bevorraten wird, gilt es abzuwarten. Gestiegene Preise, Zunahme der Dimensionsvielfalt und OE-Spezifikationen erschweren die ausreichende Bevorratung mit den richtigen Dimensionen und Ausführungen.
Riepl, Falken: Betreffend unserer Verfügbarkeit sehen wir uns heuer gut gerüstet, die Gründe für die teilweisen Engpässe, die wir im Vorjahr hatten, haben wir gelöst, die Preise werden sich – wenn nicht noch irgendetwas Unvorhersehbares passiert – auf dem derzeitigen Niveau einpendeln.
Krauss, Bridgestone: Angepasst an die aktuellen Entwicklungen planen wir langfristig und vorausschauend, um unseren Kunden immer die bestmögliche Verfügbarkeit und Flexibilität zu bieten.
Aufgrund der dynamischen Rahmenbedingungen im Markt lassen sich zukünftige Entwicklungen der Preise und Verfügbarkeiten derzeit nur schwer vorhersagen. Unsere Bemühungen richten sich daher verstärkt nach den Anforderungen unserer Partner im Handel, damit sie für ihre Kunden die Nummer eins sein können.
Münzker, Pirelli: Die Schwierigkeiten, die sich aus dem globalen Kontext ergeben, hatten erhebliche Auswirkungen auf die Lieferketten und Warenströme, nicht nur in der Reifenindustrie. Das Geschäftsmodell von Pirelli, das sich auf das HighEnd-Segment konzentriert, hat es uns ermöglicht, Kostensteigerungen unter anderem über die Preisgestaltung aufzufangen, aber natürlich behalten wir die Situation weiterhin im Auge.
Rodlauer, Goodyear: Die besondere wirtschaftliche Situation bringt auch für das Jahr 2023 wieder Herausforderungen hinsichtlich Verfügbarkeit unserer Produkte mit sich. Die durchaus spürbare Kaufzurückhaltung der Endverbraucher einerseits und die weiterhin sehr volatile Versorgungslage bei Bauteilen in der Automobilindustrie machen es deutlich schwieriger, die richtigen Reifen zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu haben. Was die Preisentwicklung angeht, ist es noch zu früh für Prognosen. Wir beobachten den Markt sehr genau und werden angesichts der weiter steigenden Inflation entsprechend sensibel agieren.
Eckhart, Kumho: Im Allgemeinen erwarten wir im Sommergeschäft eine gute Verfügbarkeit aller Massengrößen. Auch unser Lager ist gut sortiert, und wir sind bestens auf die Sommersaison vorbereitet. Bei den Preisen wird es höchstens leichte Anpassungen geben, aber die hohen Preiserhöhungen vom Vorjahr werden sich heuer nicht wiederholen.
Steinberger, Michelin: Wir sind bestrebt, unsere Kunden bestmöglich mit attraktiven Produkten zu wirtschaftlichen Preisen zu unterstützen. Eine generelle Tendenz in Bezug auf Preise und Verfügbarkeiten ist aufgrund der volatilen Rohstoffmärkte für die kommenden Monate noch nicht absehbar.
Durch erhöhten Verschleiß und größere Dimensionen bietet die Elektromobilität gute Chancen für die Reifenbranche. Gleichzeitig wird der Zielkonflikt zwischen Rollwiderstand und Haftungsanforderungen bei den (schweren) E-Autos sowohl in der Entwicklung als auch in der Kunden-Empfehlung noch größer. Wie geht Ihre Marke damit um?
Gibt es Empfehlungen für den Handel?
Bergmüller, Continental: Der Reifenverschleiß hängt nicht nur von Fahrzeuggewicht, Schwerpunktlage und Reifendruck, sondern auch von der jeweiligen Fahrweise des Nutzers ab. Die Laufflächenmischung muss der Umgebungs- und Fahrbahntemperatur entsprechen. Ergo empfehlen wir Premium-Sommerreifen im Sommer und Premium-Winterreifen bei winterlichen Fahrbedingungen. Dies schont Umwelt und Geldbörse bei höchstmöglicher Sicherheit, da Brems- und Antriebsmomente sowie Kurvenkräfte bestmöglich übertragen werden.
Eckhart, Kumho: Durch das Gewicht der Batterie sind Elektrofahrzeuge deutlich schwerer als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, was häufig zu einem ungleichmäßigen Verschleiß der Reifen führt. Mit dem Ecsta PS71 EV offerieren wir eine Spezifikation für Elektrofahrzeuge, bei der eine besondere Gummimischung zum Einsatz kommt, die in Verbindung mit einer optimierten Reifenkontur die Last auf der Straße gleichmäßiger verteilen soll. Das Ergebnis ist ein verbesserter Rollwiderstand sowie eine deutlich verlängerte Lebensdauer des Reifens.
Rodlauer, Goodyear: Tatsächlich nehmen E-Fahrzeuge und SUVs einen immer größeren Anteil am Fahrzeugpark ein. Der neueste Goodyear UHPSommerreifen Eagle F1 Asymmetric 6 entspricht den aktuellen Fahrzeugtrends, denn er bietet einen geringen Rollwiderstand und eine hohe Leistung auf nasser und trockener Fahrbahn. Besonders stolz sind wir auf unseren Efficient Grip Performance 2, der mit der Bestnote bei der Laufleistung und sehr ausgewogenen Fahreigenschaften als Bester im ADAC/ÖAMTC-Sommerreifentest punkten konnte. Da unsere gesamte Produktpalette auf Elektrofahrzeuge und deren Anforderungen ausgelegt ist (wir sagen EV-ready dazu), empfiehlt sich Goodyear dem Handel von selbst. Denn er muss nicht zwei Produktlinien parallel auf Lager halten.
Krauss, Bridgestone: Wir richten unsere Geschäftsstrategie und damit auch unsere Premiumreifen dahingehend aus, immer fortschrittlicher und nachhaltiger zu werden. Mithilfe modernster Technologien können wir den Rollwiderstand unserer Produkte reduzieren und die Laufleistung erhöhen, sodass wir für alle Antriebsarten die ideale Bereifung anbieten. Unsere Highlight-Produkte sind heute schon für verschiedene Antriebskonzepte geeignet. Speziell für die besonderen Herausforderungen der E-Mobilität bleibt eine professionelle Empfehlung und Beratung der Profis im Reifenhandel unersetzlich. Eine klare Positionierung schafft hier Vertrauen und langfristige Kundenbindungen.
Münzker, Pirelli: Aufgrund der stark unterschiedlichen Krafteinwirkungen in E-Fahrzeugen haben wir uns auf die Entwicklung von Reifen mit Elect-Technologie spezialisiert. Diese Reifen sind so konzipiert, dass sie die spezifischen Anforderungen von E-Autos erfüllen, ohne dabei Kompromisse bei der Performance, insbesondere bei der Sicherheitsleistung, einzugehen. Sie haben einen geringen Rollwiderstand, ein hohes Gripniveau sowie eine verstärkte Struktur. Die Gummimischungen dieser Reifen sind besonders abriebfest, bieten sofortigen Grip und ermöglichen eine hohe Laufleistung. Schließlich haben die Elect-Reifen ein Profildesign und eine Karkassenkonstruktion, deren akustische Eigenschaften eine geringe Geräuschemission im Fahrzeug ermöglichen. Wir empfehlen dringend, diese Reifen auf die entsprechenden Fahrzeuge zu montieren, um das Beste aus den EVs herauszuholen. Steinberger, Michelin: Die Elektromobilität bietet eine große Chance für den Handel, das Geschäft mit den passenden Reifen und guter Beratung weiter auszubauen. Natürlich stellt diese Antriebsart besondere Anforderungen an die Reifen. Deshalb haben wir Reifen speziell für Elektrofahrzeuge im Programm: Sie bieten einen geringeren Rollwiderstand, was sich positiv auf die Reichweite auswirkt, tragen das höhere Gewicht und sind besonders leise. Wichtig ist, dass die Endkunden von den Händlern umfassend beraten werden, um dann gemeinsam die Entscheidung für den richtigen Reifen zu treffen. Riepl, Falken: Wir haben uns rechtzeitig auf die Herausforderungen, welche die Elektromobilität in puncto Reifen mit sich bringt, vorbereitet, da wir ja mit vielen Fahrzeugherstellern in engem Kontakt stehen. Wir sind mit unserem Neuzugang, dem Falken e. ZIEX, gut aufgestellt und bieten hier ein erstklassiges Produkt mit äußerst niedrigem Rollwiederstand zur Reichweitenmaximierung, ohne Kompromisse bei der Fahrsicherheit, und perfekter Geräuschemission.
Kilzer, Apollo Vredestein: Die sogenannten EVReifen (Electric Vehicle) sind in der Tat in unserem Hause – und in der gesamten Branche – ein großes Thema. Um das bestmögliche Gesamtergebnis aller wichtigen Qualitäts-Parameter für EV-Reifen zu optimieren, haben wir den ersten speziellen AllSeason-Reifen für Elektrofahrzeuge auf den Markt gebracht: den Vredestein Quatrac Pro EV! Der Reifen wurde so konzipiert, dass die Sicherheit nach wie vor im Vordergrund steht und trotz des höheren Gewichtes und des starken Drehmoments die Lebensdauer und der Rollwiderstand auf einem akzeptablen Niveau bleiben.
Was sind aus Ihrer Sicht aktuell die größten Herausforderungen für den Reifenhandel, und wie kann Ihr Unternehmen die Betriebe dabei unterstützen?
Eckhart, Kumho: In Zeiten hoher Inflation, steigender Betriebskosten und stagnierenden Marktes untersützen wir den Handel mit unseren erhöhten und gut sortierten Lagerkapazitäten. So haben auch kleinere Händler ohne ein eigenes Lager die Reifen rasch verfügbar.
Krauss, Bridgestone: Wie alle Unternehmen in unserer Branche erlebt auch der Reifenhandel den Wandel der Mobilität. Hier gilt es für jedes Unternehmen, sich auf die verändernden Anforderungen des Marktes und die damit verbundenen veränderten Ansprüche der Endkunden agil und optimal einzustellen. Die Herausforderung für den Reifenhandel besteht sicherlich darin, seine Kernkompetenz, die professionelle Beratung der Endkunden, immer weiter zu verbessern und sie so bei der Reifenwahl kompetent und optimal zu unterstützen.
Münzker, Pirelli: Eine der größten Herausforderungen ist das schnelle Wachstum des Reifenportfolios mit einer rasant steigenden Anzahl von Spezifikationen für verschiedene Fahrzeugsegmente. Wir unterstützen unsere Partner in Bezug auf die Beratung zur Produktpalette und die technische Anleitung durch häufigere Besuche von Pirelli- Außendienstmitarbeitern sowie durch Schulungen, individuelle Bedarfsdeckung und flexible Lösungen in einem volatilen Szenario.
Steinberger, Michelin: Eine Herausforderung ist sicherlich, den Bedarf an Reifen richtig abzuschätzen. So sollte der Bedarf für die Wechselsaison rechtzeitig geplant werden. Aufgrund der aktuellen Lage, der kontinuierlichen Verbreiterung des Portfolios sowie der Zunahme der Reifendimensionen empfehlen wir unseren Händlern, Reifen frühzeitig zu bestellen und einzulagern.
Riepl, Falken: Der Reifenfachhandel bzw. die Branche steht weiter vor Herausforderungen insbesondere in puncto Personalgewinnung. Wir hören immer wieder, dass es momentan schwierig ist, Mitarbeiter zu finden, speziell für Montage und Service. Auch die Finanzierung von Ware und Lager bleibt ein Thema, da sich die Werte erhöhen, teils durch Preiserhöhungen und auch größere werdende Dimensionen, die mehr Lagerfläche benötigen (mehr 17-Zolland-up-Reifen). Wir unterstützen unsere Kunden, indem wir weiter in eine gute Verfügbarkeit in unseren Warehouses investieren und so den Druck auf überhöhte Einlagerungsmengen für den Händler reduzieren. Dank unserer hervorragend aufgestellten Logistik sind wir in der Lage, in Europa Reifen innerhalb von 24 oder maximal 48 Stunden zu unseren Kunden zu liefern. Allein im Jahr 2021 haben wir drei Lager im EU-Raum eröffnet und damit unsere Lagerkapazitäten um 600.000 Reifen erhöht.
Bergmüller, Continental: Eine fachkundige Beratung am POS, nämlich dem Bedarf des Konsumenten entsprechend ein wichtiger Faktor, setzt die ständige Weiterbildung und Entwicklung der Mitarbeiter voraus. Genau das richtige Produkt mit dem korrekten Speed- und Load-Index passend zu den Fahrgewohnheiten des Kunden auszusuchen, sind die Unterscheidungsmerkmale des Fachhandels gegenüber dem Onlinekauf. Die von der Erstausrüstung getriebene Vielfalt an Dimensionen und OE-Kennungen macht die Auswahl nicht einfacher. Neben Produkt- und Technikschulungen bieten wir unseren Kunden auch ein neu entwickeltes, online-basiertes Planungstool an, das neben dem Lagerbestand und Dimensionstrends sogar die Präferenz der OE-Markierungen berücksichtigt.
Kilzer, Apollo Vredestein: Die Herausforderungen haben sich zum vergangenen Jahr kaum verändert. Die hohe Inflation wird vorerst anhalten und beim Konsumenten das Thema „Bewusst Einkaufen“ noch weiter schärfen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis eines Reifens wird eine noch wichtigere Rolle für den Endverbraucher einnehmen. Ich sehe im laufenden Jahr allerdings auch gute Möglichkeiten. Der Fahrzeugbestand wird durch die rückläufigen Neuzulassungen „altern“, was wiederum das Ersatzgeschäft ankurbeln wird. Weiter wird sich die durchschnittliche Kilometerfahrleistung in Österreich erhöhen, was ebenfalls für mehr Bedarf sorgen wird. Wir von unserer Seite werden den Handel mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln weiter unterstützen und werden unsere Logistik weiter verbessern. Eine faire und gute Verfügbarkeit wird auch in 2023 der Schlüssel zum Erfolg sein! Rodlauer, Goodyear: Aufgrund der bereits eingangs erwähnten wirtschaftlich schwierigen Situation tendieren Konsumenten vermehrt zu günstigen Reifen oder gar Billigprodukten. Das ist grundsätzlich verständlich, aber leider wird dabei allzu oft übersehen, dass Premiumprodukte im Vergleich wichtige Sicherheits- und Effizienzvorteile bieten. Im Ernstfall stehen die Kosten eines auch noch so kleinen Blechschadens in keiner Relation zur eingesparten Differenz zwischen Premium- und Billigreifen. Wir bieten dem Reifenhandel dazu umfassendes Informations- und Schulungsmaterial an und versuchen auch durch Argumentationshilfen für Premium-Reifen sowie persönliche Schulungen zu unterstützen. •
Alle Antworten auf insgesamt 4 Fragen finden Sie unter www.autoundwirtschaft.at/reifen