Herzlich willkommen. Nicht ganz willkürlich habe ich diese eigenwillige und mittlerweile wohl auch reichlich ungewohnte Schrift für mein heutiges Editorial gewählt, soll sie doch meine Verbundenheit mit den Reiseschriftstellern des 19, und frühen 20. Jahrhunderts verdeutlichen, die bewaffnet mit einer sperrigen Schreibmaschine unterwegs waren, um ihre Erinnerungen vor Ort festzuhalten - und das in einer gleichermassen spannenden wie faszinierenden Welt voller Geheimnisse und weisser Flekken auf der Landkarte. Selbst Reisen in heute allseits beliebte Tourismusgebiete wie Nordafrika oder das Osmanische Reich standen nur einigen wenigen offen. Ihre spannenden, heute mitunter bizarr erscheinenden Reportagen wurden von den Daheimgebliebenen mit grossen Augen verschlungen ...wobei der Wahrheitsgehalt mitunter nur eine marginale Rolle spielte wie in den Erzählungen eines gewissen Karl May. An seinem literarischen Stil möchten wir uns gern orientieren; an seiner überaus üppigen Phantasie etwas weniger. Das BABYLON-Magazin wird zunächst alle drei Monate erscheinen und für Sie als Leser ein breites Spektrum an Reisegeschichten und -informationen bereithalten, wobei ein Hauptaugenmerk auf umfangreiche Berichterstattung und eine üppige Illustrierung gelegt werden soll, um so eine Brücke zwischen der traditionellen Reiseliteratur und den Sehgewohnheiten des 21. Jahrhunderts zu schlagen. Und nun viel Spassß und Start frei für die erste Ausgabe. Mögen ihr noch viele weitere folgen. Ihr
Die Themen in dieser Ausgabe Marrakesch Der Djema el Fnaa, der zentrale Marktplatz der marokkanischen Metropole, gilt als einer der größten Touristenmagnete des afrikanischen Kontinents
Seite 9
Färöer Inseln Nicht einmal 50.000 Menschen leben auf den Färöer Inseln im Nordatlantik. Unter SkandinavienInsidern gelten sie als letzter großer Geheimtipp – und das in jeder Hinsicht.
Seite 28 Siehe auch Seite 42
Jekaterinburg Zu Sowjetunion-Zeiten für Ausländer komplett gesperrt, steht die Großstadt an der Grenzlinie zwischen Europa und Asien Besuchern jetzt wieder offen.
Seite 50
Santo Domingo Die Hauptstadt der Dominikanischen Republik lädt mit einer Vielzahl an historischen Gebäuden zu spannenden Exkursionen auf den Spuren von Christoph Kolumbus ein.
Seite 76
Mostar Die Stari Most über die Neretva wurde nach ihrer Zerstörung zwar wieder aufgebaut, der Nationalitätenkonflikt schwelt unterschwellig aber immer noch weiter.
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BABYLON HEFT 1 FRÜHJAHR 2015 Editorial zur Frühjahrsausgabe
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Wir über uns Warum noch ein neues Tourismusmagazin?
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Marrakesch Die Perle des Maghreb: Der Spagat zwischen kulturhistorisch wertvollen Baudenkmälern und billigem Touristennepp.
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Tajine: Die faszinierende Welt der marokkanischen Küche
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Tajine mit Rindfleisch á la „Riad Tizguy“
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Färöer Inseln Rauhe Schönheit in der Abgeschiedenheit des Nordatlantik – eine vorbehaltlose Liebes erklärung an die stolzen Färinger
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Nationalstolz auf Postwertzeichen: Die Briefmarken der „Postverk Føroya“
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Jekaterinburg Der lange Schatten der letzten Zarenfamilie: Eine Stippvisite im Mekka der russischen Monarchisten
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Flughafen Kolzowo: Sprungbrett nach Asien
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Santo Domingo Historische Authentizität und morbider Charme Nicht nur die 1521 errichtete Basilica Santa María la Menor de la Virgen de la Anunciación als älteste erbischöfliche Kathedrale auf dem amerikanischen Kontinent erinnert an die wechselvolle Geschichte der Karibikmetropole
Mostar Einschußlöcher, Friedhöfe und Landminen: Noch immer sind die Spuren des blutigen Bürgerkrieges allgegenwärtig.
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Teutoburger Wald: „Ich Germanicus – Feldherr, Priester Superstar“. Ausstellung zum 2000. Jubiläum der Germanicus-Schlacht im „Museum und Park Kalkriese.
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New York: Zwei ambitionierte Projekte öffnen in diesen Tagen in der Millionenmetropole ihre Pforten: Vom „One World Observatory“ eröffnet sich ein atemberaubender Ausblick auf „Big Apple“, das „Whitney Museum of American Art“ zieht in sein neues Domizil im Meatpacking District“
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Airline News: Drei neue „Germania“-Flüge in den Iran
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„WOW air“: Für 169 Euro via Reykjavík über den großen Teich
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„Air Astana“: Preiswerte Liegemöglichkeiten in der „Economy Sleeper Class“
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„Icelandair“: „Aurora Borealis“-Lichteffekte
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„Azal Air“: Direkt von Berlin nach Baku
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Ostseeradeln: Mit dem ADFC bis nach Sankt Petersburg
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Sound of Music: Ausgewählte Musikempfehlungen zu den Reisethemen dieser Ausgabe: Marrakesch:
Page & Plant
Jekaterinburg:
Nautilus Pompilius
Färöer Inseln:
Eivør Pálsdóttir Týr Lena Anderssen
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Porzellanwelten Leuchtenburg: Scherben bringen Glück: Vom „Skywalk der Wünsche“ auf der Leuchtenburg bei Kahla können Besucher ein beschriftetes Porzellanstück in die Tiefe werfen
Impressum
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Wir über uns:
LO NDas B A BY BYLO N-Konzept Am Anfang stand die ganz grundsätzliche Frage: Braucht die Welt angesichts einer Vielzahl an Tourismuszeitschriften, Fachmagazinen und ähnlichen Publikationen für Urlaubsreisende, Globetrotter, Business-Traveller oder Partytouristen, angesichts einer Unmenge an Blogs, Websites und Facebook-Veröffentlichungen wirklich noch eine weitere Tourismuszeitschrift? Die Antwort ist so einfach wie naheliegend: Grundsätzlich nicht. Grundsätzlich brauchen wir Frieden, Völkerverständigung und Respekt voreinander, unseren verschiedenen Kulturen und der mannigfaltigen Geschichte, die uns alle mehr oder weniger verbindet…und für viele einen maßgeblichen Grund dafür darstellt, immer wieder auf Reisen zu gehen, mitunter in die abgelegensten Gegenden der Welt, um neue Erfahrungen zu sammeln und mit Menschen in Kontakt zu kommen, die wir niemals in der U-Bahn oder im Supermarkt treffen würden. Und genau deswegen, weil es so viele verschiedene Arten des Reisens gibt, weil wir alle andere Interessen haben und eben nicht alle den gleichen Lustgewinn verspüren, wenn wir uns zwei Wochen lang ohne
jegliche Betätigung auf dem Teutonengrill in Mallorca im eigenen Saft rollen, lautet die Antwort auf unsere Frage natürlich auch: Ja! Als Reisemagazin für Abenteurer und Weltenbummler wendet sich BABYLON insbesondere an jene Leser, die gern einmal ausgetretene Pfade verlassen und offen sind für neue Ziele – die wir in Europa genauso finden wie in Asien, Afrika, in der Südsee oder in Nordamerika. Was nicht bedeuten soll, daß wir nur Destinationen wie Afghanistan oder Somalia unter die Lupe nehmen – ganz im Gegenteil, wie auch die erste Ausgabe mit dem Titelthema „Marrakesch“ beweist, das ja nun sicherlich kein „Terra incognita“ im eigentlichen Sinne darstellt. Das umfangreiche Themenspektrum soll hier nicht noch einmal lang und breit erläutert werden, das finden Sie, liebe Leser, übersichtlich aufgegliedert in unserer Eigenanzeige auf der vorletzten Seite. Last but not least: Obwohl wir alle erfahrene Reisende und langjährige Journalisten sind, lernen wir natürlich nie aus. Deswegen sind wir fest davon überzeugt, daß jedes Heft ein bißchen besser als das vorhergehende wird. Halten Sie uns die Treue!
Nur in den Wintermonaten läßt sich von Marrakesch aus das schneebedeckte Atlasgebirge erkennen – im Sommer ist es selbst nach einem Platzregen zu staubig. Die komplette Altstadt wird von einer imposanten Mauer geschützt, die Eindringlinge abschrecken sollte (oben). Alles andere als geruhsam geht es im Souq der Millionenstadt zu (unten).
WEL TKUL TUR ERBE WELT ULTUR TURERBE Eine Zeitreise in die Märchen aus 1001 Nacht …mit viel Licht und ebenso viel Schatten
Spagat zwischen kulturhistorisch wertvollen Baudenkmälern und billigem Touristen-Nepp Es muss schon ein unglaublich morbides und blutrünstiges Spektakel gewesen sein, das die mittelalterlichen Wüstenherrscher ihren treuen Untertanen in regelmäßigem Abstand auf dem weitläufigen „Djemaa el Fna“ in unmittelbarer Nähe der imposanten Koutoubia-Moschee im Herzen der marokkanischen Königsstadt Marrakesch kredenzten. Um die Stärke und Unbesiegbarkeit ihrer martialischen Truppen unter Beweis zu stellen und ihre erfolgreichen Beutezüge zu feiern, ließen die Almohaden-Sultane einer großen Zahl von Gefangenen die Köpfe abschlagen und auf langen Stangen aufspießen, bis sie irgendwann von den hungrigen, überall auf dem Marktplatz und den Dächern des angrenzenden Souq herumlungernden Raubvögeln zerfleddert wurden. So zumindest besagen es die zahllosen, traditionell mit jeder Menge orientalischer Fantasie angereicherten und ausgeschmückten Überlieferungen über den „Platz der Geköpften“, wie der „Djemaa el Fna“ gern bezeichnet wird – auch wenn die eigentliche Übersetzung eher „Versammlung der Toten“ bedeuten würde. Obwohl sie bis heute nichts von ihrer maghrebinischen Exotik eingebüßt hat, geht es in der marokkanischen Berberstadt Marrakesch, die wegen ihrer Brückenfunktion zwischen dem Atlas-Gebirge und der Sahara weithin als „Tor nach Schwarzafrika“ gilt und früher eine wichtige Rolle beim Sklavenhandel spielte, mittlerweile deutlich gesitteter zu – wenngleich ein ausgiebiger Spaziergang durch den verwinkelten Souq durchaus zu klaustrophobischen Anfällen führen kann. Kilometerweit ziehen sich die 11
düsteren Gänge durch den zu allen Tagesund Nachtzeiten belebten Basar mit seinen unzähligen Souvenirständen, Gewürzläden, Schmuck- und Bekleidungsgeschäften oder kleinen Imbissbuden. Auch zahlreiche Handwerker gehen im Souq ihrem Beruf nach, um aus dünnem Blech die beliebten marokkanischen Lampen zu fertigen oder alte Autoreifen in grobschlächtige Gebrauchsgegenstände zu verwandeln. Mittendrin hämmern Schmiede auf ihren Ambossen herum und erzeugen einen ohrenbetäubenden Lärm, der nur noch vom Knattern der Motorroller übertönt wird, die sich in schier endloser Prozession durch die engen Gänge quetschen – ohne Rücksicht auf Verluste. Vor allem in den Abendstunden gibt es fast kein Durchkommen mehr. In langen Schlangen schieben sich Heerscharen von Touristen an den Auslagen entlang, um immer mehr die Orientierung zu verlieren – ein wahres Eldorado für Taschendiebe, die sich in dem beängstigenden Labyrinth bestens auskennen und innerhalb von Sekunden für immer im Nirwana verschwunden sind. Eine seltsame Metamorphose durchläuft auch der „Djemaa el Fna“, der wegen seiner Einzig-
artigkeit im Jahr 2001 in die UNESCO-Liste des „Mündlichen und immateriellen Welterbes“ aufgenommen wurde. Schon in den frühen Morgenstunden tummeln sich neben unzähligen Einheimischen und einer ständig zunehmenden Anzahl an Touristen aus Europa, Nordamerika und Fernost auch unzählige Händler und Gaukler auf dem „Djemaa el Fna“, die farbenfroh und lautstark um Aufmerksamkeit buhlen. Um die Musiker, Schlangenbeschwörer, Vorleser und Wahrsager bilden sich schnell große Zuschaueransammlungen – doch wer das bunte Treiben fotografieren möchte, sollte immer ausreichend Kleingeld in der Tasche haben. Sobald ein Tourist die Kamera auf die Darsteller richtet, wird die Hand aufgehalten. Wer nicht bezahlt oder einen zu geringen Obolus entrichtet, kann schnell erfahren, daß es mit der scheinbar überbordenden Gastfreundschaft der „Künstler“ mitunter nicht weit her ist. Auch die pittoresken, mit ihren schellenbehangenen Spitzhüten weithin erkennbaren Wasserverkäufer, die auf dem „Djemaa el Fna“ inmitten des Trubels herumwuseln, wachen mit Adleraugen darüber, daß niemand sie ohne Gegenleistung in Form klingender Münze ablichtet, weil es ihre einzige wirkliche Einnahmequelle darstellt. Daß sie aus ihren schmuddeligen Gefäßen wirklich Trinkwasser an ahnungslose Passanten ver-
Impressionen vom berühmtesten Platz Marrakeschs, dem Djemaa el Fna, auf dem vom frühen Morgen bis in die späten Nachtstunden Sänger, Gaukler, Wasserträger, Droschkenkutscher, Schlangenbeschwörer und Delikatessenhändler um die Gunst und finanziellen Zuwendungen der Touristen buhlen. Die romantische Abendstimmung täuscht allerdings etwas über das mehr als rührige Treiben auf dem Marktplatz hinweg. Auf das legendäre Café „Argana“ (unten rechts) wurde im Jahr 2011 ein Bombenanschlag verübt, der zahlreichen Menschen das Leben kostete, darunter auch ausländischen Touristen.
zehn oder hundert Kamele ob ihres scheinbar auffälligen Liebreizes auch noch freuen mag, spätestens bei der fünften diesbezüglichen Offerte reicht es dann aber auch der geduldigsten Seele. In den Abendstunden, unmittelbar nach Sonnenuntergang, verwandelt sich der „Platz der Gehenkten“ in eine riesige Freiluftgaststätte. Innerhalb von Minuten werden die Markstände abgebaut und durch Garküchen ersetzt, die nicht nur traditionelle marokkanische Tajine anbieten, sondern auch moderne europäische Gerichte auf ihrer Speisekarte haben. Das etwas schmuddelige Ambiente mit
kaufen, dürfte eher ins Reich der Legenden gehören. Vom „Djemaa el Fna“ sind sie aber ebenso wenig wegzudenken wie die marokkanischen Tourismuspolizisten, die wenigstens für ein Fünkchen Ordnung und Sicherheit sorgen und einen wichtigen Beitrag leisten, daß Taschendiebstähle, Handgreiflichkeiten und sexuelle Übergriffe nicht überhand nehmen. Und so sehr sich manche blonde Dame beim ersten Tauschangebot gegen
ungemütlichen Bierzelt-Bänken und kaltem Neonlicht ist allerdings nicht jedermanns Geschmack. Dafür bieten die umliegenden Restaurant wie das legendäre „Café Argana“ mit ihren Terrassen bis weit nach Mitternacht einen hervorragenden Ausblick auf den „Djemaa el Fna“. Allerdings war das „Argana“ im April 2011 Ziel eines Terroranschlags, der zunächst der Al-Qaida zugeschrieben wurde, bis heute aber als unaufgeklärt gilt. Unter den 17 Menschen, die bei der Explosion einer ferngezündeten Bombe ihr Leben verloren, befanden sich 14 Touristen. Das gern beschwo-
rene und durch die Präsenz der Tourismuspolizei verstärkte Gefühl der Sicherheit ist demnach ausgesprochen trügerisch. Allerdings ist es seither in Marokko im Vergleich zu anderen arabischen Staaten vergleichsweise ruhig geblieben, da es keine revolutionären Umstürze wie in Tunesien, Libyen oder Ägypten gab – König Mohammed VI. regiert mit starker Hand und läßt wenig Widerspruch zu.
Wahres Eldorado für Architekturliebhaber Neben den – nicht zuletzt wegen preiswerter Flüge aus Mittel- und Nordeuropa – zunehmend in Marrakesch einfallenden Party-Touristen kommen vor allem Kenner der nordafrikanischen Architektur in der Altstadt von Marrakesch auf ihre Kosten. Zu den markantesten Sehenswürdigkeiten der „Perle des Südens“, wie die alte Oasenstadt gern bezeichnet wird, zählt die vom AlmohadenHerrscher Abd al-Mu’min errichtete und im Jahr 1158 eingeweihte Koutoubia-Moschee, die mit ihrem 77 Meter hohen Minarett alle anderen historischen Gebäude der Stadt weit überragt. Das bis zu 30 Kilometer weit sichtbare Wahrzeichen Marrakeschs wurde unmittelbar nach der Eroberung der damals noch dünn besiedelten Wüstenstadt auf dem Fundament eines früheren almoravidischen Palastes errichtet und liegt idyllisch zwischen Palmengärten und Orangenhainen. Als eine der ältesten Moscheen Marokkos war sie seit jeher ein Vorbild für viele islamische Sakralbauten in Nordafrika, so daß sich in ganz Marokko ähnlich gestaltete Minarette finden lassen. Der Zutritt ist für Nicht-Muslime allerdings ausnahmslos verboten – dies gilt übrigens für alle Moscheen in Marokko. Die Medina von Marrakesch, die bereits 1985 in ihrer Gesamtheit zum UNESCOWeltkulturerbe erhoben wurde, säumt eine imposante, zwölf Kilometer lange Stadtmauer, die von über 200 Türmen geziert wird. Durch 32 Tore fließt der Verkehr – eher be-
Das Minarett der 77 Meter hohen Koutoubia-Moschee gilt als Wahrzeichen Marrakeschs und ist bis zu 30 Kilometer weit sichtbar.
schaulich wie am kleinen Bab Ghemat im Norden des Souqs oder mit voller Wucht wie am Bab Nkob, durch das die Hauptschlagader der Stadt – die Avenue Mohammed V. – in die Medina strömt. Als schönstes Tor gilt das Bab Agnaou aus dem Jahr 1185 bis 1190, das den westlichen Zugang zur Kasbah bildet.
Das Bab Ghemat im Norden der Altstadt ist eines der 32 Tore der imposanten, zwölf Kilometer langen Stadtmauer mit ihren mehr als 200 Türmen, die das UNESCO-Weltkulturerbe umschließt.
Kulturhistorisch interessierte Marrakesch-Besucher sollten sich einen Besuch der alten Almohaden-Kasbah, die Ende des 12. Jahrhunderts durch Sultan Jussuf Jakub el Mansour errichtet wurde, der Saaditengräber aus dem 16. Jahrhundert sowie des Palais el Badi nicht entgehen lassen. Auch das Palais de la Bahia, in dem zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Großwesire des Sultans residierten, bietet sich für
eine Besichtigung an. Ebenfalls zum Weltkulturerbe zählen die Agdalund die Menara-Gärten. Demgegenüber hat der „Djemaa el Fnaa“ wenig an architektonischen Besonderheiten zu bieten – sein Bekanntheitsgrad resultiert vor allem aus dem orientalischen Flair der Schlangenbeschwörer und Wasserträger. Der nächtliche Trubel auf dem zentralen Marktplatz läßt diesen ursprünglichen Eindruck allerdings schnell verblassen… Wer Marrakesch bereisen möchte, sollte die Hochsommermonate unbedingt meiden – trotz der Höhenlage von etwa 450 Meter und dem kühlenden Einfluss der naheliegenden Bergketten wird es bis zu 37° Celsius heiß, darüber hinaus ist es ausgesprochen staubig. Wegen des permanent in der Luft schwebenden Feinstaubs ist das nahegelegene Atlasgebirge nicht zu sehen, nur im Winter, wenn in Marrakesch feuchte und kühle Klimabedingunge herrschen, thronen die schneebedeckten Berggipfel über dem Horizont und verzieren das Antlitz der maghrebinischen Perle mit alpinem Flair.
Etwas abseits des Djemaa el Fna läßt der geschäftige Touristenrummel deutlich nach. In den kleinen Altstadtstraßen finden sich komfortable Riads, in denen der Reisende Ruhe, Entspannung, und eine kühle Dusche findet.
Standesgemäße Übernachtung im tradtionellen Riad Hotels aller Kategorien können problem- und risikolos über gängige Internetportale gebucht werden – für eine wirklich standesgemäße Übernachtung sollte sich der Besucher allerdings unbedingt für ein „Riad“ in unmittelbarer Nähe des „Djemaa el Fna“ entscheiden. Diese kleinen privaten Paläste, die von außen völlig unscheinbar wirken, bieten mit ihren ruhigen, nach oben offenen Innenhöfen einen angeneh-
Typisch für die traditionellen Riads wie das gemütliche „Tizgui“ sind die nach oben offenen Innenhöfe – wahre Oasen der Ruhe und Beschaulichkeit, an die sich die traditionell eingerichteten Gästezimmer anschließen.
Von oben links im Uhrzeigersinn: Die Innenstadt von Marrakesch ist offiziell fĂźr Kraftfahrzeuge gesperrt. Kutsche an der Koutoubia. Alltagsleben abseits der Touristenpfade. Beliebte Souvenirs. StraĂ&#x;enschild an der Avenue Mohammed V.
jine“ – das in einem KeramikSchmorgefäß gegart wird – und diverser Vorspeisen an, der zumeist von der Dame des Hauses geleitet wird. Für die frischen Zutaten für sechs bis acht Personen sowie die Unterweisung durch eine erfahrene einheimische Köchin werden etwa 50 Euro fällig (siehe Seite 26).
men Kontrapunkt zum quirligen Leben in den Straßen der Medina. Gepflegte Doppelzimmer in historischen Riads wie dem „Tizgui“ sind – zumindest außerhalb der Hauptsaison – bereits ab 40 Euro pro Nacht zu bekommen, und das inklusive Frühstück. Auf Nachfrage bieten viele Riads auch einen Kochkurs zur Zubereitung des Nationalgerichts „Ta-
Ein weiterer idealer Ausgangspunkt, um die Exotik dieser zauberhaften, für ihre Düfte und Klänge weltweit bekannten Stadt zu erkunden, ist das „Riad Sable Chaud“ im Bab-Doukkala-Viertel in unmittelbarer Nachbarschaft des „MajorelleGarten und dem „Djemaa el Fna“. Das „Riad Sable Chaud“ in der Medina ist ein gehobenes Bed & Breakfast im Stile eines Boutique-Hotels und verfügt neben einem wunderschönen Innenhof auch über einen exklusiven Spa-Bereich. Gäste können bei der Unterkunft zwischen fünf verschiedenen Themen-Zimmern – und zwar Beduine, Berber, Touareg, Afrika und Oase – wählen. Auf An-
frage besteht die Möglichkeit, das „Riad Sable Chaud“ auch exklusiv, beispielsweise für eine unvergeßliche Hochzeitsreise oder eine ReiseGruppe, zu mieten. Eine weitere Besonderheit des „Riad Sable Chaud“ ist, daß sich der Gast jeden Morgen sein eigenes frisches Brot bakken lassen kann, befindet sich doch gleich in der Nähe des Riad der historische Stadt-Holzofen, wo bis heute vor den Augen der wartenden Kunden gebacken wird. Preislich scheint es weder nach unten noch nach oben Grenzen zu geben. So kann das Doppelzimmer im luxuriösen, allerdings etwas außerhalb liegenden Vier-Sterne-Hotel „Kasbah Chwiter“ mitunter für 19 Euro inklusive Frühstück gebucht werden, auf der anderen Seite schlagen Fünf-Sterne-Häuser wie das „Ksar Char Bagh“ oder „La Sultana Marrakech“ mit über 400 respektive fast 600 Euro pro Nacht und Doppelzimmer recht üppig zu Buche. Die teuersten Riads liegen
Das „Riad Sable Chaud“ in der Medina verfügt über fünf verschiedene Themenzimmer sowie einen SpaBereich. etwa in der Mitte bei 200 Euro. Als preiswertes FünfSterne-Hotel gilt das „Riad Mogador Agdal Hotel“ für etwa 75 Euro. Im Wachsen begriffen ist auch der ländliche Tourismus im Umfeld von Marrakesch. Bestes Beispiel dafür ist das „Dar Souihla Les Dars d’Orient Hotel“ etwas außerhalb des Vororts Menara. In einem ehemaligen Gestüt eingerichtet, wurden die ruhig gelegenen Hotelzimmer mit geschmackvollem, an der marokkanischen Tradition orientiertem Mobiliar ausgestaltet. Das Vier-Sterne-Hotel verfügt über einen Außen-Pool und bietet sich in den Sommermonaten für erholungssuchende Familien mit Kindern an. In den Wintermonaten ist es allerdings wenig zu empfehlen, nicht zuletzt durch die Entfernung zur Innenstadt – insbesondere, wenn kein Mietwagen zur Verfügung steht, zuNach Berber-Sitte gestaltete Sitzecke im „Dar Souihla Les Dars d’Orient Hotel“
mal die mehr als einstündige Fahrt im übervollen Linienbus möglichst nicht nach Sonnenuntergang unternommen werden sollte. Marrakesch – die „afrikanischste“ der vier marokkanischen Königsstädte – ist hervorragend über den internationalen Flughafen Menara zu erreichen, der sich nur vier Kilometer vom Stadtzentrum entfernt befindet und neben renommierten Carriern wie Lufthansa oder Royal Air Maroc auch von zahl-
reichen Low-Cost-Carriern angeflogen wird. Flüge sind bei rechtzeitiger Buchung schon für etwa 110 Euro zu bekommen, beispielsweise mit EasyJet; die Zeiten, in denen Billigflieger OneWay-Flüge für zehn Euro – und mitunter sogar weniger – anbieten konnten, scheinen allerdings der Vergangenheit anzugehören. Vom Flughafen Menara aus verkehren Linienbusse für wenige Dirham bis zur Koutoubia, die meisten Hotels bieten auch einen Shuttle-Service an.
Gern bereitet die Dame des Hauses wie hier im Riad „Tizgui“ mit ihren Gästen das gleichermaßen gesunde wie schmackhafte marokkanische Nationalgericht im irdenen Schmortopf zu. Die „Tajine“ sollte bei keinem Aufenthalt in Marrakesch fehlen. Der Begriff „Tajine“ steht dabei sowohl für das Kochgerät als auch für die darin zubereitete Speise.
Tajine: Die faszinierende Welt der marokkanischen Küche Der traditionelle Tajine-Gartopf wird von den Berbern seit Jahrhunderten verwendet und ist für die fettarme und aromaschonende Zubereitung der in ihm gekochten Speisen mittlerweile weit über die Grenzen Nordafrikas hinaus bekannt. In Marokko gibt es zwei Arten von Tajine-Schmorgefäßen, und zwar die einfachen, unglasierten und aus Lehm oder Ton gebrannten Kasserollen mit einer rauhen Oberfläche – wie sie zumeist von den Einheimischen verwendet werden – und solche mit einer glatten Glasur, die zumindest früher jedoch relativ hohen Bleibestandteile aufweisen konnten und vor allem in Restaurants zu finden sind. Die Deckel der Tajine-Töpfe sind halbrund und verfügen am oberen Ende über ein kleines offenes Schälchen, in das kaltes Wasser eingefüllt wird. Dadurch kondensiert der beim Schmoren aufsteigende Dampf und fließt am Rand in das Kochgefäß zurück; darüber hinaus kühlt das Wasser den Griff, so daß der Deckel ohne Topflappen abgenommen werden kann. Durch die massive Bau-
weise der Tajine-Gefäße wird die Wärme gut verteilt, so daß die Speisen bei entsprechender Flüssigkeitszugabe – sofern überhaupt erforderlich – nicht anbrennen können. Charakteristisch ist eine lange und daher schonende Zubereitungszeit bei vergleichsweise geringer Wäremezufuhr. Das Essen schmort mit den Gewürzen im eigenen Saft, wodurch ein überaus intensives Geschmackserlebnis erzielt wird. Um die Kochzeit zu verringern, werden heutzutage einige der Zutaten mitunter im Schnellkochtopf vorbereitet, bevor sie in der Tajine zusammengefügt und geschmort werden. Als „Tajine“ wird in Nordafrika nicht nur das traditionelle Dampfkochgefäß, sondern auch das darin zubereitete Gericht bezeichnet. Nach der Zubereitung werden die herzhaften Eintopfgerichte mit dem kompletten Gefäß serviert, jeder Gast bedient sich dann selbst.
Traditionelle Tajine-Schmortöpfe sind sowohl für offenes Feuer und den Holzkohlegrill als auch für Elektro- und Gasherde geeignet, wobei bei letzteren auf eine gleichmäßige Wärmeverteilung geachtet werden muß. Auch die Verwendung auf modernen Ceran-Feldern ist möglich, nicht jedoch die Nutzung von Induktionsplatten. Für vier Personen wird ein Tajine-Topf von etwa 30 bis 35 Zentimeter Durchmesser empfohlen. Über das Internet sind unglasierte Schmortöpfe dieser Größe ab etwa 25 Euro einschließlich Versand erhältlich, glasierte Kasserollen bereits ab etwa 45 Euro; die Preise variieren stark und können bis weit über 150 Euro reichen. Empfehlenswert ist auch der Erwerb eines passenden Tajine-Stövchens.
Tajine mit Rindfleisch á la „Riad Tizguy“ Empfehlung von BABYLON-Autorin und Hobbyköchin Barbara Pieper aus Berlin-Gatow, basierend auf dem bereits erwähnten Kochkurs im „Riad Tizgui“ in Marrakesch (für vier Personen): 2 bis 3 Eßlöffel Kurkuma (Gelbwurz), Marokkanisches Argan- oder ersatzweise Sonnenblumenöl 500 Gramm Rindfleisch
½ Ingwerwurzel, Salz, Pfeffer, Safran ½ Kürbis, Knoblauch, Petersilie ½ Kürbis, 2 Kartoffeln, 4 Zwiebeln 4 kleine Zucchini, 4 Möhren 200 Gramm Brechbohnen
Zunächst die Zwiebeln in kleine Würfel schneiden, mit Salz, Pfeffer, Ingwer, Kurkuma und Knoblauch vermischen und im Arganöl (erhältlich in arabischen Lebensmittelgeschäften) anbraten. Nebenher die Möhren schälen und in Viertelstreifen schneiden. Brechbohnen waschen und halbieren. Kürbis und Minizucchinis schälen und ebenfalls halbieren. Zwei Kartoffeln schälen und in Scheiben schneiden. Das Rindfleisch mit Petersilie, Salz und Pfeffer würzen und nach circa zehn Minuten zu den Zwiebeln geben. Das Ganze mit etwas Safran würzen. Nach etwa 20 bis 25 Minuten Öl zugeben und eventuell mit etwas Brühe auffüllen. Köcheln lassen bis das Fleisch weitgehend gar ist (dauert bis zu zwei Stunden). Um Zeit zu sparen, können die Zutaten für 30 Minuten im Schnellkochtopf gegart werden. Das Fleisch zusammen mit den Bohnen und den Möhren in die Tajine geben und mit darübergestülptem Deckel auf den Herd oder das Holzkohlenfeuer stellen. Etwa 20 Minuten später kommen der Kürbis, die Kartoffeln, die Zucchinistücke und die Tomaten hinzu. Alles zusammen köcheln lassen, bis sämtliche Zutaten gar sind. Im normalen Alltag legt die marokkanische Hausfrau gern etwas Alufolie – ähnlich wie einen Bratschlauch – über die Zutaten, ren, dadurch kocht die Tajine schneller durch. Im Schmortopf servieren, dazu wird Reis oder Fladenbrot gereicht.
Die Altstadt Tinganes in T贸rshavn
Kirkjub酶ur auf der Insel Streymoy
Walf盲nger-Fischerdorf N贸lsoy
NORD LAND FAHRT NORDLAND LANDF
Føroyar: Rauhe Schönheit in der Abgeschiedenheit des Nordatlantik Eine Liebeserklärung an die kleinen Färöer Inseln mit ihren traditionsbewussten Wikinger-Nachfahren und der stolzesten Fußball-Nationalmannschaft der Welt Ganz Fußball-Europa hatte sich krumm und scheckig gelacht, als die bis dato völlig unbekannte Nationalmannschaft der kleinen und aufgrund ihrer abgeschiedenen Lage nicht minder unbekannten Färöer Inseln im Herbst 1990 in ihrem allerersten offiziellen Europameisterschafts-Qualifikationsspiel auf die favorisierten Österreicher traf – und die Mannen um Bundesliga- und Primera-División-Stammspieler wie Toni Polster, Andreas Herzog und Peter Pacult vor gerade einmal 1265 Zuschauern mit 1:0 ins Tal der Tränen schickte. Da das Stadion in der färöischen Hauptstadt Tórshavn internationalen Ansprüchen nicht genügte, mußte das „Heimspiel“ noch dazu im schwedischen Landskrona ausgetragen werden – und die auf der gesamten nordatlantischen Inselgruppe mit knisternder Spannung erwartete Live-Übertragung des Färöischen Radios funktionierte auch nicht, weil die Leitung pünktlich zu Spielbeginn zusammengebrochen war. 10:0 würden sie gewinnen, hatten die Österreicher – immerhin Teilnehmer der Fußball-WM im gleichen Jahr in Italien – vor dem Spiel getönt. Daß es nicht so kam, dafür
konnten sich die färöischen Amateure vor allem bei ihrem Torschützen Torkil Nielsen (gleichzeitig einer der besten Schachspieler des Landes) und Torwart-Legende Jens Martin Knudsen von NSÍ Runavík bedanken. Der dreifache Meister im Turnen, Handball-Nationaltorhüter und Berufskraftfahrer einer Fischfabrik hatte mannhaft alle Schußversuche der Österreicher pariert und sie regelrecht zur Verzweiflung getrieben. Fast 20.000 Menschen feierten die Mannschaft nach ihrer Rückkehr in Tórshavn, und bis heute werden Nielsen und Knudsen von den etwa 48.000 Einwohnern von Føroyar –
wie die Inselgruppe in färöischer Sprache heißt – wie stolze Helden aus einer Wikingersage verehrt. Auch wenn damals alle weiteren Qualifikationsspiele verloren gingen (bis auf ein 1:1 in Nordirland) und auch später kaum noch einmal an das „Wunder von Landskrona“ angeknüpft werden konnte, so hatte die von Páll Guðlaugsson trainierte Nationalmannschaft der Färöer Inseln doch nachhaltig dafür gesorgt, daß zumindest Fußballfans in ganz Europa auf das kleine Land im Nordmeer aufmerksam wurden. Selbst die deutsche Fußballnationalmannschaft mußte sich ziemlich strecken, um die Färöer bei der Qualifikation zur Fußball-EM 2004 zu bezwingen. In Hannover wurde mit Mühe ein 2:1-Sieg erkämpft, im schmucken Tórsvøllur-Stadion von Tórshavn gelang schließlich ein 2:0Auswärtserfolg, nachdem es 89 Minuten lang 0:0 gestanden hatte. Da allerdings hatte sich der färöische Fußball schon deutlich weiterentwikkelt – denn mit Jens Martin Knudsen (IF Leiftur/Island und Airdrie United/ Schottland) oder Todi Jónsson (mehrfacher dänischer Meister mit dem FC Kopenhagen) spielten etliche Nationalspieler als Profis im Ausland, und das nicht einmal schlecht. Und von Jahr zu Jahr werden es mehr. So kühl und distanziert die harten Nordmänner der Schafinseln, wie die Färöer übersetzt heißen, auch auf den ersten Blick erscheinen mögen, beim Fußball kommt ihr Blut in Wallung. Wenn die beiden TórsHoch her geht es beim Lokalderby zwischen den beiden Tórshavner Mannschaften von HB und B36 im gemütlichen Tórsvøllur-Stadion der Hauptstadt.
Tórshavn Die kleinste Hauptstadt der Welt
Die gemütliche, Tinganes genannte Altstadt der kleinen Hafenmetropole beherbergt auch den Regierungssitz der Färöer Inseln. 27
T贸rshavn
Der Begriff Hektik scheint auf den Färöer Inseln ein Fremdwort zu sein, entsprechend geruhsam präsentiert sich der Hafen von Tórshavn den wenigen Besuchern. Von hier aus verkehren die Fähren zu den anderen Inseln des nordatlantischen Kleinstaates. Auch das moderne Hochsee-Passagierschiff „Nörönna“ sticht von Tórshavn aus in See nach Hanstholm in Dänemark .
Die Pagan-Metal-Band „Týr“ gastiert als musikalischer Botschafter der Färöer Inseln mit ihrer am traditionellen Kettengesang angelehnten Rockmusik in ganz Europa und Nordamerika, hier bei einem gefeierten Auftritt in der thüringischen Kurstadt Bad Salzungen.
havner Lokalrivalen B36 und HB aufeinandertreffen, ist das Stadion voll und die Emotionen kochen hoch – sowohl auf dem gepflegten Rasen als auch auf den Tribünen. Während sich die Spieler gegenseitig gepflegt die Gräten weghauen, tobt sich das Publikum auf den Rängen aus und legt sich lautstark mit dem Schiedsrichter an, die Spielerfrauen an vorderster Front. Hart wird um jeden Ball gekämpft, nur im Notfall zurückgezogen – bis zum Pausenpfiff, dann darf der Nachwuchs ran und nach Herzenslust bolzen, es gibt Kaffee, Kuchen oder ein kühles Føroya Bjór, die landestypische Hopfenkaltschale aus der Brauerei in Klaksvík. Ebenso schnell, wie die Stimmung explodiert, schwillt sie wieder ab.
Denn die Bewohner der Färöer sind eigentlich alles andere als heißblütige Choleriker – in der Ruhe liegt die Kraft. Und in der unberührten Natur, die sie über alles lieben, ebenso wie ihre uralte, tatsächlich noch auf die Wikinger zurückgehende Kultur, ihre Mythen und Legenden und nicht zuletzt ihre einzigartige, nur auf Føroyar gesprochene altnordische Sprache, eng mit dem Isländischen verwandt. Für deren weltweite Verbreitung sorgte nicht zuletzt die Viking-Metal-Band „Týr“ um Heri Joensen aus Runavík, die vor allem in den USA vor ausverkauften Hallen spielt und alte färöische Weisen mit Heavy Metal verbindet, um die uralten Sagen wieder zum Leben zu erwecken. Wäh-
rend „Týr“ auch in Deutschland auf eine ganz passable Zahl an treuen Fans verweisen kann, beschränkt sich der Bekanntheitsgrad anderer färöischer Musiker wie Eivør Pálsdóttir, Lena Anderssen, Høgni Lisberg, Kristian Blak, Kári Sverrisson, Teitur Lassen, Teenie-Star Brandur Ennie oder von Bands wie „Yggdrasil“, „Ennek“, „Clickhaze“ beziehungsweise „Tveyhundrað“ eher auf den färöisch- und dänischsprachigen Raum…wobei selbst diese Aufzählung nur die Spitze des färöischen Musikeisberges darstellt. Die heimischen Musiker treten in schöner Regelmäßigkeit mit ihrer am traditionellen färöischen Kettengesang orientierten Songs und Kompositionen im schmucken „Norðurlandahúsið“ auf, dem „Haus des Nordens“ in der Hauptstadt Tórshavn. Das geräumige, vom Nordischen Rat großzügig mitfinanzierte Kultur- und Kongreßzentrum mit seiner eigenwilligen Architektur und dem in die Landschaft integrierten Grasdach wurde von Färingern bei einer Abstimmung zu einem der sieben färöischen Wunder erkoren.
Lohnende Ausflugsziele: Kirkjubøur, Risin og Kellingin oder Slættaratindur Zwar erweist sich Tórshavn – angeblich die kleinste Hauptstadt der Welt – als moderne Kommune mit einem gut ausgestatteten Hafen, Schiffswerft, Universität, einem kleinen Parlamentsgebäude, etlichen urigen Kneipen und einer sehenswerten Altstadt, doch außerhalb der 12.000-Einwohner-Ansiedlung geht es bis heute sehr gemütlich zu. Auf der Hauptinsel Streymoy befindet sich nicht nur die kleine Metropole
mit ihrer pittoresken Altstadt, sondern auch der wildromantische frühere Bischofssitz Kirkjubøur, von dem heute noch die Ruine der Magnuskathedrale aus dem 13. Jahrhundert sowie der Kirkjubøurgarður, ein aus der Wikingerzeit stammender Bauernhof, kündet. 17 der 18 Inseln der Färöer sind bewohnt, manchmal nur von einer Familie. Während auf den beiden Hauptinseln Streymoy und Eysturoy über 32.000 Menschen wohnen, leben auf der Tórshavn vorgelagerten Insel Koltur gerade einmal zwei Leute, weitere sechs Inseln haben jeweils weniger als 100 Bewohner. Eine einzige, Lítla Dímun, ist gänzlich unbewohnt. Von der etwas anmaßenden Bezeichnung „Nabel der Welt“ für ihre Inselgruppe einmal abgesehen, sind die Färöer eher bescheidene, bodenständige Menschen, denen Superlative fremd zu sein scheinen – wenn auch ohne Grund. Zwar steht außer Frage, daß die höchste Erhebung der Inseln, der Slættaratindur, mit seinen 882 Metern Höhe dem Mount Everest nicht annähernd das Wasser reichen kann, doch mit dem Kap Enniberg können die Färöer Inseln auf das höchste senkrecht aus dem Meer ragende Kliff der Welt verweisen – 754 Meter sind es von der Felskante bis zur Wasseroberfläche, knapp zwölf Sekunden dauert der freie Fall, rein rechnerisch…eine kleine Ewigkeit. Fast 1300 Kilometer lang ist die Küstenlinie der Färöer, ein Großteil davon ist rauhe, brachiale Steilküste, deren Höhe einem erst so richtig bewusst wird, wenn man mit einem Kabeljau-Kutter unter den Felswänden entlangschippert oder sich zwischen den einzelnstehende Basaltsäulen an der Küste wie dem Naturdenkmal „Risin og Kellingin“ („Riese und Weib“) durch-
Kirkjubøur
Risin og Kellingin
schlängelt. Der Mensch verschmilzt mit der Natur, mit der urtümlichen Felslandschaft und dem eiskalten Nordmeer, das so vielen Seefahrern den nassen Tod gebracht hat. Immer wieder sind Boote, aber auch Ozeandampfer im Orkan an den Steilküsten zerschellt – meist fanden die Anwohner dann noch ein paar Bretter, selten mehr. Manche der rustikalen Häuser auf den Färöer Inseln sind komplett aus Strandgut errichtet, das Unwetter von Holzfrachtern gerissen hatten und dann an der Küste angeschwemmt wurde – bestes Bauholz auf einer fast baumleeren Inselgruppe. Die Bewohner der Färöer Inseln waren schon immer ein Volk, das eng mit dem Meer verbunden ist; kein Wunder, gibt es doch keinen Punkt, der weiter als fünf Kilometer
von der Küste entfernt liegt. Als Fischer trotzten sie Wind, Wetter und Wellengang, um Kabeljau zu fangen und Wale zu harpunieren. Davon zeugt beispielsweise das weiße Ortseinganstor am Hafen der Insel Nólsoy, das aus einer Walrippe gefertigt wurde. Angesichts ihrer Verbundenheit mit der Wikingertradition – allesamt große Jäger und Krieger – hält sich ihr Verständnis für das internationale Walfangverbot in Grenzen, zumal die Jagd auf die riesigen Meeressäuger den nordamerikanischen Inuit erlaubt worden ist. Was die Europäische Union dazu sagt, interessiert die Färinger herzlich wenig: Mit dem Mutterland Dänemark über ein Assoziationsabkommen verbunden, ansonsten aber weitgehend autonom mit eige-
Eine Kappe aus Wolken ziert die Insel Hestur, die wie die meisten Eilande der Faröer Inseln nur von wenigen Menschen bewohnt wird.
nem Regierungschef (den man auch mal mit Plastiktüte beim Bierholen im Supermarkt treffen kann), eigenem Parlament, Nationalhymne, Fahne und Banknoten, hatte das färöische Løgting – eines der ältesten Parlamente der Welt – sich für einen Austritt der Inselgruppe aus der Europäischen Union entschieden, als die Dänen EU-Mitglied wurden. Grönland übrigens auch. Trotz internationaler Proteste von Tierschützern wurde an 17 Strandabschnitten unter anderem in Sandur, Fuglafjørður und Hvalvík munter weiter blutige Jagd auf Grindwale gemacht, so denn welche gesichtet wurden und sich die Tiere vom Meer aus an das Ufer treiben ließen, wo sie dann allesamt abgeschlachtet wurden. Erst vor einigen Jahren schob die färöische Regierung dem
archaischen „Grindadráp“ einen Riegel vor – aber nur, weil im Walfleisch außerordentlich hohe Quecksilber- und PCB-Konzentrationen gefunden worden waren, die beim Menschen durch den Verzehr Auswirkungen auf das Nervensystem haben könnten. Vom „National Geographic Traveller“ als touristisch wertvollste Insel der Welt ausgezeichnet, erweisen sich die Färöer als wirklich interessantes und abwechslungsreiches Reiseziel – das unendlich viel zu bieten hat, trotz seiner geringen Größe. Sei es die uralte Wikinger-Geschichte, die in den Menschen weiterlebt, die unberührten Landschaften oder die einzigartige Fauna und Flora mit bunten Papageientauchern, quirligen Robben oder der
N贸lsoy
An die jahrhundertealte Geschichte als Walf盲ngergemeinde erinnert das Tor am Hafen von N贸lsoy, das aus einer einzigen Walrippe gefertigt wurde.
größten Sturmschwalbenkolonie der Welt weit über dem Meeresspiegel auf Nólsoy. Vom Hafen aus steht den Ornithologen, die von weither zum Beobachten der scheuen Vögel anreisen, ein gut zweistündiger Fußmarsch bevor, um das Hochplateau in 370 Metern zu erreichen – immer knapp am Abgrund entlang. Dann heißt es warten, bis tief in die Nacht. Es wird kühl, meistens zieht Nebel auf, es ist extrem still – und tief unter plätschern die riesigen Wellen an die Felsen. Im fahlen Licht der Mittsommernächte ziehen die Wolkenberge über die kleine Insel, bilden seltsame Figuren und Erscheinungen – riesige Gestalten, die sich permanent verändern und in Verbindung mit den eigenwilligen Geräuschen des aufund abwallenden Sturmes die heidnische Geschichte wieder aufleben lassen. Thor, der Beschützer von Midgard, erscheint mit seinem magischen Mjölnír in der Hand, um mit dem rotbärtigen Wikingerhäuptling Tróndur í Gøtu zu verschmelzen und dann wieder für einen kurzen Augenblick den Blick aufs offene Meer freizugeben…nur ein paar Kilometer weg von der Zivilisation mit ihren Handys und Computern und doch so weit entfernt wie der Mond, der das Geschehen mit seinem fahlen Licht illuminiert. In solchen seltenen Momenten, umgeben von Milliarden und Abermilliarden Litern eiskalten Nordpolar-Meerwassers, wird einem erst so richtig bewusst, welch unermeßlichen Schatz diese
kleinen Inseln mit ihren ständigen Wetterwechseln, den peitschenden Regenfällen und der unberechenbaren See in sich bergen, warum die Menschen ihre weltabgeschiedene Heimat so unendlich lieben…und soooo stolz sind auf ihre Nationalmannschaft mit all den Helden von nebenan wie Torkil Nielsen und Jens Martin Knudsen!
Anreise mit „Atlantic Airways“ oder der „Smyril Line“ Die Anreise auf die Färöer Inseln ist aufgrund deren Lage im Nordatlantik nicht ganz preiswert, wenngleich doch relativ unkompliziert. Der erst im vergangenen Jahr mit einem modernen Abfertigungsgebäude ausgestattete Flughafen in Vagár unweit der Gemeinde Sørvágur wird täglich von der dänischen Hauptstadt Kopenhagen aus durch die einzig noch existierende Fluggesellschaft der Färöer Inseln, die „Atlantic Airways“, bedient. Frühere Flugverbindungen durch die dänische „Mærsk Air“ sowie die färingische „FaroeJet“ mußten aus Rentabilitätsgründen eingestellt werden. Durch das Monopol ist die „Atlantic Airways“ allerdings sonderlich preiswert. Die Anreise per RoRo-Fähre ist zweimal wöchentlich vom dänischen Hafen Hanstholm als auch vom isländischen Seyðisfjörður möglich, letzteres allerdings nur in den Sommermonaten. In den Wintermonaten verkehrt die Fähre zwischen den Färöer Inseln und Island ausschließlich als Frachtfähre, nimmt also keine Passagiere mit. Die in Lübeck gebaute und 2003 in Dienst gestellte „Nörönna“ der Schiffahrtsgesellschaft „Smyril Line“ ist als Auto- und Personenfähre konzipiert.
FÄRÖER INSELN (FØROYAR) Fläche: Einwohner: Hauptstadt: Amtssprache: Kfz-K ennzeichen: Kfz-Kennzeichen: Internet Internet--TLD: Unabhängigkeit:
1395,74 km² 48.345 Tórshavn Färöisch und Dänisch FO .fo 1948
Färöische Fußball-Nationalmannschaft: FIF A-Rangliste: FIFA-Rangliste: Erstes offizielles Spiel: Höchster Sieg: Höchste Niederlage: Rekordnationalspieler: Rekordtorschütze:
105 1:0 gegen Österreich 6:0 gegen Grönland 0:10 gegen Island Óli Johannesen (TB Tvøroyri/83) Rógvi Jacobsen (ÍF FFuglafjørðu/10) uglafjørðu/10)
Beliebtes Spezialsammelgebiet für Philatelisten aus aller Welt Unter Briefmarkensammlern gleichermaßen beliebt wie begehrt sind die PPostwertzeichen ostwertzeichen des 1975 gegründeten Unternehmens „P ostverk F øroya “, die häufig die Geschichte der Inselgrup øroya“, Inselgrup-„Postverk Føroya pe thematisieren oder alte Vikingerlegenden illustrieren. Eine Vielzahl von Briefmarken zeigt darüber hinaus Motive aus FFauna auna und Flora, architektonisch oder historisch interessante Ge Ge-ischerei sowie der nordischen Mythologie. Auch W erke bäude sowie Szenen aus Schiffahrt und FFischerei Werke unst finden sich häufig auf den PPostwertzeichen ostwertzeichen wieder der bildenden K wieder.. Mittlerweile legendär Kunst sind die färöischen W eihnachtsmarken sowie Blöcke mit zusätzlichen Aufklebern im BriefmarkenWeihnachtsmarken format mit Advents Advents-- und Neujahrswünschen (folgende Seite). Um die nicht selten beschwerliche Zustellung der Post auf die entlegenen Inseln zu gewährleisten, hatte die dänische Verwaltung Mitte des 19. Jahrhunderts in den einzelnen Kommunen einen sogenannten Posthalter ernannt, der die Aufstellung einer Schiffsmannschaft zu befehligen hatte, die dann die Post, aber auch Personen und Pakete von Insel zu Insel transportierte. Alle gesunden Männer zwischen 15 und 50 Jahren waren per Gesetz verpflichtet, sich an der Postbeförderung zu beteiligen; jede Verweigerung hätte eine Strafe nach sich gezogen. 1974
beschloß das Parlament, eine nationale färöische Post aufzubauen, die ab 1975 ihre eigenen Briefmarken editierte. Der Nennwert der Marken wird in Färöischen Kronen angegeben, die jedoch identisch mit der dänischen Währung ist. Zu den namhaftesten Briefmarkengestaltern der Färöer Inseln zählen unter anderem der Maler, Grafiker und Kunstbuchautor Bárður Jákupsson, Edward Fuglø, Anker Eli Petersen oder der Photograph, Buchautor und Marathonläufer Absalon Hansen.
Blockausgaben wie hier zum Ersten Weltkrieg, dem Bootsbau oder zum Fischfang gehören bei Postverk Føroya eher zur Regel als zur Ausnahme. Zur Zeit ist der Block über den englischen Reiseberichterstatter George Clayton Atkinson an den Postschaltern erhältlich (unten)
Hochkarätiges Ausstellungs-Event zum 2000. Jubiläum der Germanicus-Schlacht im „Museum und Park Kalkriese“ Obwohl er sich den rauhbeinigen germanischen Völkern weit überlegen fühlte, mußte der römische Senator und Historiker Publius Cornelius Tacitus in seinem legendären Geschichtswerk „Germania“ als auch in den wesentlich umfangreicheren „Annalen“ unumwunden einräumen, daß die Truppen des Varus in der mit großer List und Tücke geführten „Schlacht im Teutoburger Wald“ dem Heer von Armin dem Cherusker hilflos unterlegen waren – eine Schande, die Tacitus mit Spott, Häme und harscher Kritik kommentierte. Geschickt die topographischen Bedingungen der dicht bewaldeten und von tiefen, unzugänglichen Tälern durchzogenen Landschaft für sich nutzend, hatten die Brukterer, Cherusker, Marser und Kämpfer anderer germanischer Stämme die Streitmacht des Publius Quinctilius Varus in eine Falle gelockt.
Fotos: Heinz Hoppe | Varusschlacht im Osnabrücker Land GmbH
Die römischen Kohorten bei der Nachstellung der Varusschlacht vermitteln einen Eindruck von der ausgefeilten Waffentechnik der damaligen Zeit – doch die schweren Rüstungen gerieten den Söldnern beim Angriff der Germanen eher zum Nachteil.
Dadurch ihre waffentechnische Unterlegenheit ausgleichend, konnten die Germanen in einer frühen asymmetrischen Attacke nahezu die gesamte – zwar gut gerüstete, aber dennoch weitgehend unbewegliche – römische Streitmacht besiegen. Drei komplette römische Legionen sowie einheimische Hilfskämpfer – die sogenannten Auxiliartruppen – wurden nahezu ausgelöscht; bis zu 20.000 Legionäre und Kombattanten, also etwa ein Achtel der gesamten römischen Streitmacht, verloren bei der „Clades Variana“ ihr Leben. »Quintilius Varus, gib die Legionen zurück!«, soll Kaiser Augustus ausgerufen haben, als er die Nachricht von der Niederlage seines Statthalters in Germanien erhielt…dieser Wunsch blieb ihm aber verwehrt. Im Jahr 15 nach Christus wurde schließlich der Feldherr Nero Claudius Germanicus in Marsch gesetzt, um die Niederlage in der „Varusschlacht“ vergessen zu machen. Doch auch der Adoptivsohn von Kaiser Tiberius scheitere bei seinem Rachefeldzug am zähen Widerstand der Germanen. Dem ersten Sieg der germanischen Krieger unter „Hermann dem Cherusker“ hatte das Museum und Park Kalkriese vor sechs Jahren zum 2000. Jahrestag der Schlacht eine international viel beachtete Ausstellung gewidmet. Nun erfahren Besucher zwischen dem 20. Juni und dem 1. November dieses Jahres, warum auch Germanicus scheiterte, obwohl ein Drittel der römischen Streitkräfte unter seinem Befehl stand. Wer zudem erleben will, wie der Alltag von Römern und Germanen vor 2000 Jahren aussah, sollte etwas Zeit mitbringen, denn auch
dazu bieten Museum und Park Kalkriese Gelegenheit. Das archäologische Museum im Bramscher Stadtteil Kalkriese, wo Historiker den Schauplatz der Varusschlacht anhand zahlreicher Fundstücke vermuten, verfügt über eine weitläufige Freiluftanlage, in der unter anderem auch die Ausgrabung historischer Artefakte gezeigt wird. kalkriese -varusschlacht.de kalkriese-varusschlacht.de
Literaturtip: Die „Germania“ von Tacitus ist als antiquarische Ausgabe bereits für weniger als fünf Euro erhältlich.
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BUSINESS TRAVELLER
Stippvisite im Mekka der russischen Monarchisten Nur etwa 20 Kilometer östlich des Urals liegend und damit die erste Großstadt der Russischen Föderation auf dem asiatischen Teil des Vielvölkerstaates, hat die Stadt Jekaterinburg trotz ihrer Größe von mehr als 1,3 Millionen Einwohnern außerhalb Rußlands bis heute kaum einen nennenswerten Bekanntheitsgrad erlangen können. Und das, obwohl sie in der jüngeren Geschichte der Sowjetunion gleich in mehrfacher Hinsicht eine nicht unbedeutende Rolle spielte. Allerdings war sie bis 1991 komplett für Ausländer gesperrt. Seit einigen Jahren öffnet sich die quirlige Stadt an der Ostflanke des Urals – eine der Hochburgen der russischen Monarchisten – sowohl internationalen Investoren als auch Reisenden aus aller Welt.
Vom Dach des 198 Meter hohen „Wyssozki-Turms“ – dem nördlichsten Wolkenkratzer der Welt – bietet sich ein atemberaubender Ausblick auf Jekaterinburg (Seite 52). Die Kathedrale auf dem Blut wurde über jenem Keller errichtet, in dem die Zarenfamilie erschossen wurde. Im Winter schmücken Eisfiguren mit religiösen Motiven die Außenanlage des orthodoxen Gotteshauses.
kriegsentscheidenden T-34-Panzer und dessen Nachfolger hier gefertigt wurden. Eine große Rolle spielt darüber hinaus die Metallverhüttung und -verarbeitung. Der zweite Grund ist unmittelbar mit der Geschichte der damals noch jungen Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken verknüpft. An der Stelle, an der seit 2003 die stattliche Kathedrale auf dem Blut über der Innenstadt thront, war in der Nacht vom 16. zum 17. Juli 1918 durch die Bolschewiki die letzte Zarenfamilie ermordet und damit das Haus Romanow ausgelöscht worden. Nach seiner Abdankung im März 1917 – und damit noch ein gutes halbes Jahr vor der Oktoberrevolution – inhaftierte die nach der Februarrevolution ausgerufene provisorische Regierung sowohl Zar Nikolaus II. als auch einige der engeren Familienmitglieder, um sie im Alexanderpalast in der Kleinstadt Zarskoje Selo unter Hausarrest zu stellen…nicht zuletzt, um sie vor aufgebrachten Revolutionären zu beschützen, die mehrfach Anschläge angekündigt hatten. Im August 1917 nach Tobolsk in Sibirien deportiert, sollte der Zar im Jahr 1918 von den gerade erst an die Macht gekommenen Kommunisten um Wladimir Iljitsch Lenin ursprünglich vor Gericht gestellt werden, um ihn in der neuen Hauptstadt Moskau in einem Schauprozeß für vermeintliche Verbrechen am russischen Volk zu verurteilen. Aufgrund des angegriffenen Gesundheitszustands des schwächlichen Thronfolgers Alexej, der an einer ausgeprägten Bluterkrankheit litt, mußte der mit der Überführung beauftrage Volkskommissar mit Zar Nikolaus II., seiner Ehefrau Alexan-
Foto: Archiv der Stadtverwaltung Jekaterinburg.
Wenn nach den größten Städten Rußlands gefragt wird, kommt die Antwort für Platz eins und zwei meist wie aus der Pistole geschossen. Moskau, Sankt Petersburg. Und dann? Platz drei nimmt Nowosibirsk ein, auf Platz vier folgt schon Jekaterinburg und damit eine bis heute im westlichen Ausland weitgehend unbekannte Millionenstadt, die nicht zuletzt deshalb „Terra incognita“ geblieben ist, weil sie zu Sowjetzeiten für Ausländer, aber auch für einen Großteil der Staatsbürger der UdSSR gesperrt und daher völlig unzugänglich war. Die Sperrung der 1723 von Wassili Tatischtschew und dem deutschstämmigen Offizier Georg Wilhelm Henning (russisch: Gennin) gegründeten, nach Zargemahlin Katharina I. benannten und von 1924 bis 1991 zu Ehren des gleichnamigen Bolschewiken-Revolutionäres in Swerdlowsk umgewidmeten Stadt hatte zwei gewichtige Gründe: Zum einen stellt Jekaterinburg bis heute eine der größten Rüstungsschmieden des Landes dar, nicht zuletzt weil erhebliche Stückzahlen der welt-
dra Fjodorowna sowie Tochter Maria in Jekaterinburg Station machen, wo sie bereits von einer wütenden Menge am Bahnhof erwartet wurden, bevor sie im sogenannten Ipatjew-Haus – dem enteigneten und militärisch abgesicherten Anwesen eines Ingenieurs, das vom tschekistischen Sicherheitsdienst als „Haus zur besonderen Verwendung“ bezeichnet wurde – einquartiert werden konnten. Erst einige Wochen später wurde der Rest der Familie mit der verbliebenen Dienerschaft in die ursprünglich ausgesprochen attraktive, von den Sicherheitskräften jedoch massiv veränderte Villa in Jekaterinburg überstellt, um dort in der festen Überzeugung auszuharren, in Bälde nach Moskau deportiert zu werden.
Foto: Wikipedia
Hinrichtung im Keller des Ipatjew-Hauses Dazu allerdings sollte es nicht mehr kommen: Da Lenin und seinem Mitstreiter Swerdlow die Durchführung eines Prozesses gegen den Zaren als zu riskant erschien, weil sie an einem Schuldspruch zweifelten, beschloß der Rat der Volkskommissare im Hochsommer 1918 die Exekution der gesamten Familie. Zudem hatten die Weißgardisten, die den Bolschewiki 1918 noch erheblichen Widerstand leisteten und zumindest zum Teil monarchistisch gesinnt waren, die Stadt Jekaterinburg weitgehend eingekesselt; ihnen im Fall einer Niederlage den Zaren und seine Familie als triumphales Beutegut zu überlassen, hätte für die damals noch ausgesprochen instabile Lenin’sche Regierung einen herben Gesichtsverlust bedeutet. Von der Tscheka in der Nacht aus dem Schlaf gerissen und unter ei-
In diesem Kellerraum des Ipatjew-Hauses wurde 1918 der letzte russische Zar mit seiner Familie durch ein Erschießungskommando hingerichtet. Das Gebäude wurde in den 70er Jahren auf Weisung Moskaus dem Erdboden gleichgemacht.
nem Vorwand in einen eigens dafür hergerichteten Kellerraum des Ipatjew-Hauses verbracht, wo sich die Zarenfamilie für ein vermeintliches Foto in zwei Reihen aufstellen sollte. Unmittelbar nachdem der verantwortliche Kommandeur Jakow Michailowitsch Jurowski den Anwesenden das Todesurteil verlesen hatte, betrat ein aus vier Bolschewiken und sieben ungarischen Kriegsgefangenen bestehendes Erschießungskommando den kleinen Raum. Nach Augenzeugenberichten soll Jurowski eigenhändig Nikolaus II. hingerichtet haben, während das Feuer auf die anderen Delinquenten eröffnet wurde. Aufgrund der Tatsache, daß die Zarenkinder einen Teil ihres wertvollen Schmuckes in die Mieder und
Im notdürftig militärisch gesicherten Haus des Ingenieurs Ipatjew hatten die Bolschewiken die Zaren-Familie interniert. Um den Kontakt zur Außenwelt weitgehend einzuschränken, wurden sogar die Fenster weiß angestrichen. Das Gebäude wurde 1977 von Boris Jelzin, dem damaligen Sekretär des Gebietssowjets der KPdSU, abgerissen. Foto Seite 57: Die Kathedrale auf dem Blut.
Noch am gleichen Tag wurden die sterblichen Überreste der Zarenfamilie, ihres Leibarztes sowie der Diener entkleidet und in einem Bergwerksschacht bei Jekaterinburg verscharrt. Doch damit nicht genug: Um buchstäblich Gras über die leidige Angelegenheit wachsen zu lassen, wurden die Leichen am Folgetag erneut geborgen, der Zar und
seine Gemahlin verbrannt und die anderen Körper mit Schwefelsäure übergossen, bevor sie in einer mehrfach abgedeckten Grube ihre vorerst letzte Ruhestätte fanden. Obwohl die Erschießung des Zaren – nicht jedoch seiner Familie – in einer offiziellen Todesanzeige der Bolschewiken bestätigt wurde, kursierten im Nachgang zahlreiche Gerüchte über den Verbleib der Romanows, die erst nach der Einnahme Jekaterinburgs und der Einsetzung einer offiziellen Untersuchungskommission der Weißgardisten abflauten. Zu Zeiten der Sowjetunion wurde dann absolutes Stillschweigen über die Ereignisse verordnet.
Foto: Wikipedia.
Unterwäsche eingenäht hatten und ihn so auch während der Hinrichtung am Körper trugen, prallten etliche Schüsse ab. Alexej und seine drei Schwestern sollen den Kugelhagel um etwa 20 Minuten überlebt haben, bevor sie schließlich durch Bajonettstöße getötet wurden.
Bis 1977 stand das als Museum genutzte Ipatjew-Haus noch, bis es auf Weisung aus Moskau abgerissen. Federführend vor Ort war ein KPdSU-Funktionär, der später noch Geschichte schreiben sollte…Gebietssowjet-Sekretär Boris Jelzin, der wohl bedeutendste, wenn auch alles andere als vorbehaltlos geliebte Sohn der Stadt Swerdlowsk respektive Jekaterinburg. Erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war eine Würdigung der Ereignisse des Sommers 1918 und der ermordeten Zarenfamilie wieder möglich. Bereits Ende der siebziger Jahren hatten ein Geologe und ein Filmemacher anhand alter Fotografien das Grab der Romanows entdeckt, sogar einige der Gebeine für Untersuchungen entnommen, ihr Wissen aber für sich behalten, weil die eine Einebnung des Geländes durch den KGB befürchteten. Erst 1991 wurde die Zarenfamilie schließlich exhumiert und nach Jekaterinburg überführt. An der Stelle, an der ursprünglich das Ipatjew-Haus stand, errichtete die Russisch-Orthodoxe Kirche die monumentale, in sakralem Weiß erstrahlende Kathedrale auf dem Blut, in der heute die Gebeine der in den 90er Jahren heiliggesprochenen Zarenfamilie aufbewahrt und vor allem von monarchistischen Russen – von denen es gar nicht so wenige gibt – als Reliquien verehrt. Der Hauptaltar der fast 2800 Quadratmeter großen Kathedrale befindet sich direkt über dem ehemaligen Keller des Ipatjew-Hauses, vom dem allerdings keine Relikte mehr existieren. In den Wintermonaten zieren Skulpturen aus Eis mit religiösen Darstellungen die Außenanlage der Kathedrale auf dem Blut, die sich mittlerweile zum größten Touristen-
magnet in Jekaterinburg entwickelt hat. Beim Betreten der ausgesprochen traditionell eingerichteten Heilig-Blut-Kathedrale, bei deren Errichtung auf moderne Gestaltungselemente weitgehend verzichtet wurde, ist auf angemessene Kleidung zu achten, weibliche Besucher jeden Alters müssen der russischen Tradition folgend unbedingt ein Kopftuch tragen. Die opulente Ikonostase der Kathedrale auf dem Blut ist neu und besteht zu einem beträchtlichen Teil aus Geschenken anderer RussischOrthodoxer Kirchen. Gegenüber
Fotos: Stadtverwaltung Jekaterinburg.
Der Fluß Isset trennt die Jekaterinburger Altstadt vom modernen Geschäftsviertel, das in den letzten Jahren entstanden ist. Bei der Fertigstellung des Gebäudes der Stadtverwaltung (unten) im stalinistischen Zuckerbäckerstil wurden deutsche Kriegsgefangene eingesetzt.
Fotos: Stadtverwaltung Jekaterinburg.
Blick über den Fluß Isset zur Kathedrale auf dem Blut (oben). Das filigran verzierte Haus des Kaufmanns Sewastjanow wurde mit großer Liebe zum Detail restauriert und erstrahlt nun wieder in alter Schönheit (unten).
dem Hauptaltar befindet sich eine Wand mit den Portraits der Zarenfamilie und biographischen Angaben, die die Romanows in einem ausgesprochen positiven Licht darstellen und keinerlei Kritik zulassen – was allerdings an einer Wallfahrtsstätte zur Huldigung der russischen Monarchie auch kaum anders zu erwarten sein dürfte. Inbrünstig werden Zar Nikolaus II. und seine Familienangehörigen von den Führerinnen der Kirche als Heilige verklärt, die frei von Fehl und Tadel kein Wässerchen trüben konnten; auf die nicht unbedeutende Rolle, die der russische Alleinherrscher beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs einnahm und hunderttausenden von Söhnen des Volkes das Leben kostete, wird mit keiner Silbe eingegangen, auch auf Nachfrage nicht. Zwar bekreuzigt sich die Dolmetscherin wiederholt auf demonstrative Weise beim Betreten und Verlassen der Kathedrale, um dann aber ebenso deutlich klarzustellen, daß ihr die Heiligsprechung der Monarchenfamilie ziemlich gegen den Strich gehe – in der Schule habe sie die russische Historie ganz anders gelernt und eigentlich sehe sie keinen Grund, daran zu zweifeln. Die gleichermaßen bedrückende wie verworrene Geschichte, die sich vor dem interessierten Betrachter in der opulent ausgestatteten Kathedrale ausbreitet, dokumentiert nicht zuletzt die tiefen Gräben, die sich durch die lange Jahre allein auf atheistische Werte fokussierte Gesellschaft ziehen. Angesichts der Beliebtheit der Monarchie in Rußland, die sich nicht zuletzt in der starken Zustimmung zur straffen Regierung von Präsident Wladimir Putin und der immer wieder geäußerten Meinung, die Rus-
sen würden eine starke Hand benötigen, wenn das Land halbwegs funktionieren soll, festmachen läßt, bildet die Kathedrale auf dem Blut den Dreh- und Angelpunkt des Tourismus in Jekaterinburg. Weitere sehenswerte Russisch-Orthodoxe Gotteshäuser wie die Swjato-Wosnjesenski-Kathedrale gehen daneben weitgehend unter, anders die Heilige Dreifaltigkeits-Kathedrale, die wiederum vor allem für Russen eine wichtige Erinnerungskultstätte darstellt, hatte hier doch in seinen Jugendjahren der später als enger Vertrauter des Zarenhofes geltende Wunderheiler und Wanderprediger Grigori Jefimowitsch Rasputin als Mönch gewirkt.
Zahlreiche Relikte aus der Epoche vor dem Zusammenbruch der UdSSR Die im stalinistischen „Zuckerbäkkerstil“ errichtete Oper und das Rathaus stellen darüber hinaus herausragende Beispiele des in der gesamten Sowjetunion weitverbreiteten „Sozialistischen Klassizismus“ und des in den 30er Jahren daraus abgeleiteten „Konstruktivismus“ dar. Bis in die 50er Jahre bestanden in Jekaterinburg zwei große Gefangenenlager für inhaftierte Wehrmachtssoldaten, die vorrangig im Bauwesen eingesetzt wurden. Sowohl das Zentralstadion als auch zahlreiche Regierungsgebäude in der Innenstadt wie die imposante Stadtverwaltung mit ihrem dem Kreml nachempfundenen Turm waren damals von deutschen Kriegsgefangenen errichtet worden. Mit dem „Dom Kontor“ oder dem „Prombank“-Gebäude in der Stra-
ße des 8. März lassen sich zudem markante Beispiele der BauhausArchitektur im Stadtbild entdecken. In der eigentlichen Altstadt wurden zahlreiche im traditionellen russischen Stil erbaute Wohnhäuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert wie das filigran verzierte SewastjanowHaus am Platz der Arbeit, das ehemalige „Amerikanische Hotel“ oder das Backsteingebäude des Mädchengymnasiums – beide in der Karl-Liebknecht-Straße – aufwendig saniert. Für eine postsowjetische Industrie- und Bergbaumetropole erweist sich Jekaterinburg ohnehin als überaus gepflegte, saubere und gut strukturierte Stadt, die eine überraschende Vielfalt an architektonisch interessanten Profanbauten und sakralen Bauwerken aufweist, von de-
nen viele vor dem Zerfall der Sowjetunion allerdings zweckentfremdet genutzt und zuweilen genau deswegen vor dem allgegenwärtigen Verfall geschützt wurden. Unweit des historischen und gut erhaltenen Stadtkerns am Fluß Isset entsteht das neue, moderne Geschäftszentrum Jekaterinburgs, wohin auch die Teile der Stadtverwaltung ausgelagert wurden. Inmitten der gläsernen Hochhäuser findet sich – wenngleich relativ versteckt und bescheiden – das etwa zehn Meter hohe Denkmal zur Erinnerung an Boris Jelzin. Wenn auch nicht direkt in Jekaterinburg, sondern im kleinen Dorf Budka geboren, genießt Jelzin als Sohn der Stadt und Retter der Sowjetunion beim Armee-
In den eiskalten Wintermonaten mit Tageshöchsttemperaturen von minus 20 Grad erstarrt nicht nur der Isset unter einem dicken Eispanzer. Auch das öffentliche Leben findet weitgehend hinter verschlossenen Türen statt. Das große Chaos bricht allerdings nicht aus, selbst der öffentliche Personennahverkehr funktioniert reibungslos.
putsch vom August 1991 hohe Wertschätzung, auf der anderen Seite wird ihm unterschwellig sein Vergehen beim Abriß des Ipatjew-Hauses und – ebenso wie Generalsekretär Michail Gorbatschow, der bis heute bei seinen Landsleuten einen schweren Stand hat – die tatkräftige Mitwirkung am Zerfall der glorreichen UdSSR angekreidet. Auch an das Abdriften der Russischen Föderation auf Drittwelt-Niveau zu Regierungszeiten von Boris Jelzin, insbesondere in Bezug auf die militärische Stärke des Landes, die unzureichende weltwirtschaftliche Schlagkraft und die ausufernde Kriminalität auf allen Ebenen der Gesellschaft, möchte heute in Jekaterinburg niemand mehr erinnert werden, nicht zuletzt, weil die Stadt in den letzten 15 Jahren einen stürmischen Aufschwung genommen hat. Eine der maßgeblichen Ursachen dafür ist die beachtliche Aufrüstung der russischen Streitkräfte unter den Regierungen von Wladimir Putin und Dimitri Medwedjew, die für gut gefüllte Auftragsbücher der in und um Jekaterinburg angesiedelten Rüstungsbetriebe geführt hat…und zu einer offiziellen Arbeitslosenquote von sage und schreibe 0,47 Prozent. Da der Umschwung in der früheren Sowjetunion wesentlich schleichender stattgefunden hat und nicht mit einem drastischen Schnitt mit der eigenen Vergangenheit einhergegangen ist, wie in der ehemaligen DDR, finden sich in Jekaterinburg heute noch zahlreiche Relikte aus der kommunistischen Periode. Vor dem Militärhauptquartier in der Leninallee grüßt Weltkriegsmarschall, Generalstabschef und Verteidigungsminister Georgi Schukow – der 1945 die bedingungslose Kapitulation der nationalsozialistischen
Rumpfregierung in Empfang genommen hatte – als Sieger der Schlacht um Berlin hoch zu Roß die Vorübergehenden, am OboronyPlatz wird an die Heldentaten der Soldaten aus dem Ural bei der Verteidigung der UdSSR erinnert und am Platz der Komsomolzen an die sozialistische Jugendorganisation. Selbstverständlich darf auch ein stattliches Lenindenkmal nicht fehlen; das 1933 unweit davon errichtete Stalin-Monument aus Granit fiel jedoch den Säuberungen nach seinem Tod zum Opfer. Überragt wird die Silhouette der „Hauptstadt des Ural“ seit einigen Jahren vom 198 Meter hohen „Wyssozki“-Turm, einem modernen Geschäftsgebäude, das als „nördlichster Wolkenkratzer der Welt“ gefeiert wird. In den oberen Stockwerken des Turms befindet sich ein gepflegtes Restaurant, in dem sich auch gern die Schickeria von Jekaterinburg und manchmal die Halbwelt trifft, um nach guter russischer Sitte die Puppen tanzen zu lassen. Sowohl vom Restaurant als auch vom Dach des nach dem populären sowjetischen Dichter und Liedermacher Wladimir Wyssozki benannten Hochhauses bietet sich eine exzellente Panoramasicht auf das gesamte Stadtgebiet, den Fluß Isset, die großen Parkanlagen und natürlich auf das stolze Wahrzeichen Jekaterinburgs, die Kathedrale auf dem Blut. Um ihren Bekanntheitsgrad zu steigern, hatte sich Jekaterinburg neben Dubai, Izmir (Türkei) und São Paulo (Brasilien) als Ausrichter der Weltausstellung im Jahr 2020 beworben, war aber gnadenlos an der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate gescheitert. Dafür wird zumindest das knapp 45.000
Zuschauer fassende Zentralstadion von Jekaterinburg, in dem der Fußballverein „Ural“ seine Heimspiele austrägt, im Sommer 2018 im Fokus des internationalen Interesses stehen, finden hier doch einige Vorrundenspiele der Fußball-Weltmeisterschaft in Rußland statt.
Schwelle zwischen Europa und Asien Ein beliebtes Ausflugsziel von Jekaterinburg aus ist die Grenze zwischen Europa und Asien, die über eine gut ausgebaute Hauptstraße in etwa einer halben Stunde zu erreichen ist. Gleich neben der Straße weist ein 2004 errichtetes Denkmal aus Stahl auf die ominöse Grenzlinie zwischen den beiden Kontinenten hin. Wer möchte, kann sich also
mit einem Bein auf den europäischen Teil stellen und mit dem anderen auf den asiatischen…kaum ein Tourist, der sich diese Chance entgehen läßt. Am Denkmal wurden zwei Felsen aufgestellt, die vom portugiesischen Cabo da Roca – dem westlichsten Punkt Europas – und dem Kap Deschnew als östlichstem Punkt Asiens stammen und die enge Verbindung der beiden Erdteile symbolisieren sollen. Viele Hochzeitspaare kommen an das Denkmal, um im angrenzenden Wald ein buntes Bändchen an einen Baum zu knüpfen, was Glück bringen soll. Begrüßt werden die Besucher mit Brot, Salz und reichlich Wodka von der singenden „Königin der Kupferberge“ und erhalten später ein Zertifikat, das das Überschreiten der Grenze bestätigt. Im Winter werden Hundeschlittenfahrten angeboten.
Angesichts der Entfernung von Deutschland und der Dominanz Moskaus und Sankt Petersburgs als die Destinationen für Städtereisen in Rußland dürfte Jekaterinburg bei allen Initiativen, aus dem Schatten der beiden Schwergewichte herauszutreten, auch zukünftig hauptsächlich ein Ziel für Geschäftsreisende sowie für Fahrgäste der Transsibirischen Eisenbahn bleiben, die auf ihrem 8998 Kilometer langen Weg von Moskau nach Wladiwostok am Kilometer 1769 in Jekaterinburg eintrifft. Einmal wöchentlich gibt es sogar einen durchgehenden Kurswagen der Russischen Staatsbahn von Berlin nach Jekaterinburg. Wesentlich einfacher ist Jekaterinburg über den modernen internationalen Flughafen Kolzowo (etwa vier Millionen Passagiere pro Jahr, Tendenz steigend) zu erreichen, der Hauptsitz und Ausbildungszentrum der hier ansässigen Fluggesellschaft „Ural Airlines“ ist (siehe nächste Sei-
te). Eine direkte Flugverbindung besteht von München. Erschwerend für Individualreisen sind die restriktiven Visaregelungen der Russischen Föderation, die für die Erteilung eines kostenpflichtigen Einreisevisums die Einladung eines Gastgebers oder Reiseunternehmens sowie die Einreichung zahlreicher Dokumente wie Arbeitsplatz- oder Einkommensbescheinigung verlangt. russische -botschaft.de russische-botschaft.de Der Zeitraum für Reisen nach Jekaterinburg und in den Ural bleibt wegen des trockenen Kontinentalklimas weitgehend auf die Monate Mai bis September beschränkt. Im kurzen Hochsommer kann es jedoch in der Westsibirischen Tiefebene ausgesprochen heiß werden. Der Winter dauert etwa sechs Monate, dann herrschen nicht selten Temperaturen von minus 25° Celsius, die nachts auf deutlich unter 40 Grad absinken können.
Drehkreuz zwischen Europa und Asien: Flughafen Jekaterinburg-Kolzowo Nicht zuletzt durch die Zunahme des Flugverkehrs vom europäischen Teil Rußlands nach Asien konnte sich der Flughafen Kolzowo als wichtiges Drehkreuz und Premium-Airport etablieren. Seit seiner Gründung vor 22 Jahren hat die „Ural Airlines“ als sechstgrößte russische Linienfluggesellschaft – hinter dem Branchenprimus Aeroflot sowie Transaero, UtAir, S7 und Rossiya – in Jekaterinburg ihren Sitz.
Das historische Empfangsgebäude des Flughafens Kolzowo wurde ebenfalls im typisch sowjetischen Baustil errichtet.
Dank der modernen Flotte, die ausschließlich aus Maschinen der A320-Familie besteht, genießt die am 28. Dezember 1993 aus der „Swerdlovsk Air“ ausgegründete „Ural Airlines“ innerhalb des Landes hohes Ansehen, worauf auf die starke Steigerung der Passagierzahlen auf mehr als 3,5 Millionen schließen lässt. Derzeit umfasst die Flotte mehr als 30 Maschinen, weitere sechs sind bereits geordert, um die Zahl der Flugziele in Europa und Asien weiter zu erhöhen. Von München und saisonal auch Österreich aus direkt zu erreichen, bietet sich vom Flughafen Kolzowo aus die Gelegenheit, acht der ehemaligen So-
wjetrepubliken sowie Ziele in China und der Mongolei mit nur einem Zwischenstop zu erreichen. Über ostasiatische Partner wie Hainan Airlines, Air China und China Southern werden auch nahezu alle chinesischen Metropolen angeboten. Die 28 Inlandsflugziele reichen von Norilsk und Jakutsk im Norden, Petropawlowsk-Kamtschatky und Wladiwostok im Osten bis hin zu Moskau (sieben Flüge pro Tag) und Sankt Petersburg im Westen. Codeshare-Partner in Mitteleuropa ist die Czech Airlines.
Preiswerte Flüge bietet Ural Airlines insbesondere auf der Route von München nach Moskau-Domodjedowo an. One-Way-Tickets sind über die Website uralairlines.ru bereits ab 40 Euro erhältlich. Die Lufthansa hat ihre Direktflüge von Frankfurt nach Jekaterinburg aus Kostengründen eingestellt. Als eine der wenigen russischen Airlines verfügt Ural Airlines am Unternehmensstandort am Flughafen Kolzowo über ein modernes Ausbildungszentrum mit einem Airbus-Simulator, auf dem die Piloten regelmäßig bei der Bewältigung diverser Gefahrensituationen geschult werden. Zudem stellt „Ural Airlines“ den 2012 in Betrieb genommenen Simulator anderen Fluggesellschaften für deren Ausbildung zur Verfügung. Auch ein Trainingszentrum für die Kabinencrews wurde eingerichtet. uralairlines.ru
Leuchttürme moderner Architektur
in „Big Apple“
„One World Observatory“, das sehnlichst erwartete Ausflugsziel und „Kronjuwel“ des 541 Meter hohen „One World Trade Centers“, wird nach seiner Fertigstellung im späten Frühjahr dieses Jahres eröffnet. Unterhalb der Spitze des architektonischen Wunderwerks gelegen, und zwar vom 100. bis zum 102. Stockwerk, bietet die dreistöckige Aussichtsplattform einen unvergleichlichen PanoramaAusblick auf New York City, Lower Manhatten und die die Millionenmetropole umgebenden Gewässer. Insgesamt fünf Aufzüge, die sogenannten „Sky Pods“, bringen die Besucher in weniger als 60 Sekunden an die Spitze des Wolkenkratzers, der wie seine Vorgänger die Skyline der Stadt dominiert und von seinen Erbauern als „Leuchtfeuer der Hoffnung sowie als monumentales Symbol der Erneuerung und Wiedergeburt“ gepriesen wird.
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Hoch über Manhatten öffnet das „One World Observatory“ seine Pforten, im Meatpacking District wird das neunstöckige Gebäude des „Whitney Museum of American Art“ seiner Bestimmung übergeben.
Foto: NYC & Company | nycgo.com
Das mit innovativen Technologien ausgestattete „One World Observatory“ wird sich über insgesamt 11000 Quadratmeter erstrecken und unter anderem mehrere Restaurants beherbergen, aber auch über die Architektur des Gebäudes und die am Bau beteiligten Arbeiter aus aller Welt informieren. Der „City Pulse“ in der 100. Etage soll als „Interaktiver Botschafter“ fungieren, der die Sehenswürdigkeiten der Stadt erklärt und auf Fragen der Besucher eingeht. In der untersten Etage des „One World Observatory“ befindet sich auch das „Sky Portal“, ein etwa fünf Meter großer Glasboden, durch den sich ein einzigartiger Blick auf
die Straßen unter den Füßen des Betrachters werfen läßt – allerdings in Echtzeit und HD auf die Scheibe projiziert. Eintrittskarten für das „One World Observatory“ können bereits jetzt online gebucht werden. Ganz billig ist das Vergnügen allerdings nicht: Der Eintrittspreis beträgt für Erwachsene ab 13 Jahre 32 Dollar, Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren bezahlen 26 Dollar, Senioren im Alter über 65 immerhin noch 30 Dollar. Für Kinder unter sechs Jahren ist der Eintritt frei. oneworldobservatory.com
Fotos: NYC & Company | nycgo.com
Auch das neue Gebäude des „Whitney Museum of American Art“ im Meatpacking District – eines der ambitioniertesten Kulturprojekte in New York in diesem Jahrzehnt – öffnet seine Pforten am 1. Mai. Das von Stararchitekt Renzo Piano entworfene Gebäude befindet sich an der Gansevoort Street zwischen High Line und Hudson River und beherbergt einen Großteil der umfangreichen Whitney-Sammlung an moderner und zeitgenössischer amerikanischer Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Das neunstöckige Gebäude ermöglicht eine enorme Erweiterung der bislang eingeschränkten Ausstellungs- und Arbeitsmöglichkeiten, bietet es doch mit einer Fläche von 20.500 Quadratmetern eine etwa doppelt so große Platzkapazität wie sein Vorgänger. Das Gebäude verfügt neben einem Ausbildungszentrum auch über ein Mehrzweck-Theater, eine Galerie für Film- und Video-Performances, ein Restaurierungslabor sowie eine umfangreiche Bibliothek.
Für die eigentliche Ausstellung stehen 4600 Quadratmeter zur Verfügung, darunter die größte stützenfreie Museumsgalerie in New York mit etwa 1200 Quadratmetern. Das 1931 von Gertrude Vanderbilt Whitney gegründete Museum verzeichnet in seiner Sammlung etwa 20.000 Kunstwerke von über 2800 Künstlern, darunter neben Gemälden, Zeichnungen und Drucken auch Skulpturen, Fotografien, Installationen und Videokunst. Ausgestellt werden unter anderem Arbeiten von Edward Hopper, Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Keith Haring, Joan Mitchell und Robert Rauschenberg. whitney.org
WELTKULTURERBE Bei einer Entdeckungsreise auf den Spuren von Christoph Kolumbus erweist sich die pulsierende Millionenstadt als architektonische Schatzkammer Nur sechs Jahre nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus’ jüngeren Bruder Bartolomeo gegründet, gilt Santo Domingo de Guzmán, die Hauptstadt der Dominikanischen Republik, als eine der geschichtsträchtigsten, vor allem aber neben Havanna authentischsten Karibik-Metropolen. An der Mündung des Rio Ozama errichtet, strahlen die bulligen Trutzburgen aus dem frühen 16. Jahrhundert bis heute eine einzigartige Faszination aus und vermitteln einen Eindruck von jener legendenumwobenen Epoche, als der genuesisch-spanische Seefahrer erstmals in der „Neuen Welt“ seinen Anker warf – und damit die bis weit ins 20. Jahrhundert andauernde Versklavung und Ausrottung zahlloser indigener Völker zwischen Alaska und Feuerland in Gang setzte.
Während sich am Tag zahllose, mit klimatisierten Reisebussen aus ihren gepflegten Urlaubsressorts an der Küste herangekarrte Touristengruppen aus Europa und den USA durch die engen Straßen der Altstadt von Santo Domingo kämpfen, um einen Blick auf die 500 Jahre alten Sehenswürdigkeiten aus der Zeit der Kolumbus-Brüder zu werfen, schwillt das pulsierende karibische Treiben in den Abendstunden merklich ab. Nach Sonnenuntergang schlendern nur noch wenige Menschen über die Plaza de la Hispanidad, die vom stattlichen Alcázar de Cólon, dem früheren Palast des spanischen Vizekönigs, gesäumt wird – dafür stöbern wahre Heerscharen von streunenden Hunden auf der immerwährenden Suche nach etwas Nahrung durch die angrenzenden Grünanlagen. Der Anfang des 16. Jahrhunderts von Diego Kolumbus, dem ältesten Sohn des Seefahrers, erbaute Palast diente der spanischen Kro-
ne ein paar Jahrzehnte lang als Residenz und rottete dann vor sich hin; erst Mitte des vergangenen Jahrhunderts liebevoll restauriert, beherbergt er heute eines der besten Museen des Landes.
denschlaf zu verfallen, der fast beängstigend wirkt, bevor die unerschütterliche Lebensfreude der Einwohner von Santo Domingo dieser scheinbaren Stagnation ein Ende bereitet.
Nach Sonnenuntergang versammeln sich die Bewohner der angrenzenden Viertel an den seewärts zeigenden Kanonen, um ein bißchen Baseball zu spielen, zu flirten oder einfach nur zeitungslesend die letzten Strahlen zu genießen, bevor sich die abendliche Kühle über die quirlige Karibik-Millionenstadt senkt. Dafür pulsiert in den kleinen Kneipen das pralle dominikanische Alltagsleben. Ausgelassen und unbeobachtet von ausländischen HandyKameras und verrückt grinsenden Selfie-Profilneurotikern schwingen die jungen Tänzer zu schwülstigen Merengue- und Bachata-Klängen ihre Hüften und lassen lautstark bis in die frühen Morgenstunden die Flaschen kreisen. Nur im morgendlichen Dämmerlicht, unmittelbar vor dem Sonnenaufgang, scheint die riesige Stadt in einen kurzen Sekun-
Weltkulturerbe der UNESCO seit mehr als zwei Jahrzehnten Von der UNESCO schon vor über 20 Jahren zum Weltkulturerbe erhoben, vermittelt die koloniale Altstadt von Santo Domingo de Guzmán – wie die Metropole der República Dominicana mit ihren schätzungsweise drei Millionen Einwohnern offiziell heißt – mit ihren wehrhaften Mauern und Festungsanlagen einen beredten Eindruck davon, mit welcher Vehemenz die spanischen Eroberer den neuen Kolonien ihren Stempel aufdrückten. Bereits 1502, also nur weitere sechs Jahre nach der Gründung von Santo Domingo, wurde das massive Fortaleza Ozama errichtet, das heute als älteste noch existierende Verteidigungsanlage der Spanier in Amerika gilt und ausgesprochen gut erhalten ist. Vom Torre del Homenaje, dem imposanten Turm der Festung, bietet sich ein hervorragender Ausblick über den namensgebenden Rio Ozama, der in Santo Domingo in das karibische Meer mündet, sowie große Teile der Altstadt. Nur ein paar Minuten entfernt befindet sich mit der zwischen 1521 und 1540 errichteten Basilica Santa María la Menor de la Virgen de la Anunciación die älteste erzbischöfliche Kathedrale der Neuen Welt. Daß sie für ein katholisches Gotteshaus vergleichsweise spartanisch ausgestattet ist, liegt nicht zuletzt
Die 1521 errichtete Basilica Santa María la Menor de la Virgen de la Anunciación in Santo Domingo ist die älteste erzbischöfliche Kathedrale auf dem amerikanischen Kontinent (auch Seite 82). Die Fotos auf den vorherigen Seiten zeigen verrostete Kanonen im Fortaleza Ozama (Seite 80) und die Silhouette des Kolumbus-Denkmals (Seite 79). Gelegentlich musiziert vor der Kathedrale ein Ensemble des Militärs. Fernab der Touristenströme findet das Leben in Santo Domingo auch heute noch mehr oder weniger auf der Straße statt (Seite 77).
daran, daß Santo Domingo immer wieder von Piraten und Freibeutern besetzt und ausgeplündert wurde. Auch der berühmt-berüchtigte Francis Drake stattete der Stadt im Jahr 1586 einen zweifelhaften Besuch ab und gab sie erst wieder frei, als die Einwohner ihr Hab und Gut abgeliefert hatten. Bis zum 500. Jahrestag der Entdeckung Amerikas im Jahr 1992 beherbergte die Basilika auch die Gebeine von Christoph
Kolumbus. Dann wurden sie in den modernen Faro a Colón – den sogenannten „Kolumbus-Leuchtturm“ – in Santo Domingo Este überführt, der an die Christianisierung Amerikas erinnern soll. Vor dem Eingang des überdimensionalen Betonbauwerks steht das „Papamobil“, mit dem Papst Johannes Paul II. die Dominikanische Republik bereiste. Gegenüber der Kathedrale Santa María la Menor überragt das Kolumbus-
Daß die Basilica Santa María la Menor de la Virgen de la Anunciación vergleichsweise spartanisch wirkt, liegt daran, daß sie in der Vergangenheit immer wieder von Seeräubern überfallen und geplündert wurde. In den Mittagsstunden warten Souvenirverkäufer im Schatten der tropischen Laubbäume vor der Kathedrale auf ausländische Kunden, während die meisten Bewohner Santo Domingos um diese Zeit ihre Siesta genießen.
Denkmal die tropischen Bäume am Parque de Cólon, in deren erholsamen Schatten die wartenden Fremdenführer in den glühendheißen Mittagsstunden ihre Siesta genießen und nicht ohne Mitleid die durch die drückende Hitze marschierenden Touristen beobachten. Ungeachtet der iberischen Tradition der Mittagsruhe kennt die wichtigste Fußgängerzone und Einkaufsmeile der Stadt, die direkt am Parque de Colón beginnende Calle El Conde, mit ihren unzähligen Souvenirund Textilläden, Cafés und Restaurants keinen Stillstand. Bis tief in die Nacht bieten Händler ihre Waren oder zwielichtige Gesellen ihre Mädchen an. In einigen der Tabakwarenläden drehen die fingerfertigen „Tor-
quedors“ vor den Augen der Kundschaft auf traditionelle Weise ihre würzigen Zigarren, die seit jeher zu den beliebtesten Mitbringseln aus der Dominikanischen Republik zählen und sich weltweit wachsender Beliebtheit erfreuen – nicht zuletzt als adäquater Ersatz für die in den Vereinigten Staaten bislang nur unter der Hand erhältlichen HavannaGlimmstengel. Wie nah Licht und Schatten in Santo Domingo beieinander liegen, zeigt sich bei einem kurzen Spaziergang über eine der Brücken über den Rio Ozama. Auf dem Weg zum Faro a Colón schweift der Blick über eines der vielen Elendsviertel, die sich wie ein Krebsgeschwür durch ganz Santo Domingo Este ziehen.
mido“, der bekannteste Hip-Hopund Reggaeton-Musiker der Dominikanischen Republik, mehr als nur ein Lied zu singen. Schon als achtjähriger Junge in den Sumpf des Drogenhandels geraten, mußte er miterleben, wie drei seiner Brüder dem brutalen Bandenkrieg zum Opfer fielen – und sich wenig später auch noch seine Mutter das Leben nahm. Zum Christentum bekehrt, fing „Redimido“ schließlich an, eigene Texte zu vertonen und dem Elend eine musikalische Stimme zu verleihen.
Eingangsportal zum Fortaleza Ozama (oben). Das von Kolumbus’ Bruder Bartololmeo errichtete Alcázar de Cólon an der Plaza de la Hispanidad (Seite 87 oben) diente einstmals als Palast des spanischen Vizekönigs und drohte im späten 20. Jahrhundert komplett zu verrotten, bevor die dominikanische Regierung es sanieren ließ. Es beherbergt heute eines der besten Museen Mittelamerikas. Junge Straßenmusiker hoffen auf eine kleine finanzielle Zuwendung der Touristen (Seite 86 unten).
Ein Abstecher in die rauhe Welt der Wellblechhütten ist alles andere als ratsam, in den Slums regiert das Gesetz der Straße, vor allem nachts trauen sich selbst dominikanische Polizisten nur mit kugelsicheren Westen in das Labyrinth. Wie blutig und gnadenlos es in den verwinkelten Gassen zugeht, davon weiß „Redi-
Selbst von Armut geplagt, blicken viele Dominikaner auf der anderen Seite überaus arrogant und rassistisch auf die Armutsflüchtlinge aus dem Nachbarland Haïti herab, die vor allem in der Hauptstadt eine beachtliche Minderheit bilden und von den Einheimischen mitunter wie Zukkerrohrsklaven behandelt werden. Gern und mit zornigem Selbstbewußtsein betrachtet sich der durchschnittliche Einwohner der Dominikanischen Republik ungeachtet seiner wahren Hautfarbe als Abkömmling der Spanier, also als Weißer, während die Haïtianer als vermeintliche Schwarzen froh sein können, überhaupt geduldet zu werden. Auch wenn Santo Domingo direkt am Karibischen Meer liegt, gibt es in der Stadt kaum nennenswerte Strände – ein Großteil des Ufers ist felsig, die wenigen Sandstrände werden von den Nobelhotels beansprucht. Dafür lohnt sich ein Ausflug zum Badeort Boca Chica, etwa 30 Kilometer von Santo Domingo entfernt und preiswert mit dem Linienbus zu erreichen. Ursprünglich diente Boca Chica mit seinem feinen Sandstrand wohlhabenden einheimischen Zuckerrohrfarmern sowie dem früheren Diktator Raffael
Wilde tropische Blütenpracht im Fortaleza Ozama (oben). Das mittlerweile ausrangierte Papamobil nutze Papst Johannes Paul II. bei seinem umjubelten Besuch in der Dominikanischen Republik (unten). Es steht heute vor dem Haupteingang zum Faro a Cólon, einem 1992 anläßlich des 500. Jahrestags der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus errichteten kreuzförmigen Monumentalbau außerhalb des Stadtzentrums von Santo Domingo. In dem pompösen Denkmal im Inneren (Seite 89) sollen die Gebeine des Seefahrers liegen.
Trujillo – der die Hauptstadt von 1936 bis 1961 selbstherrlich in „Ciudad Trujillo“ umbenennen ließ, bevor er von verzweifelten Verschwörern durch einen MaschinengewehrKugelhagel ins Jenseits befördert wurde – als noble Sommerresidenz, die nur über eine Privatstraße zu erreichen war. Nach Fidel Castros Revolution auf Kuba hatte Trujillo dem abgesetzten Diktatoren-Freund Fulgencio Batista in seinem Hotel in Boca Chica Asyl gewährt. Die Dominikanische Republik ist von Deutschland aus relativ gut und preiswert zu erreichen, zumal seit etlichen Jahren neben den Touristenairports in Punta Cana und Puerto Plata auch der „Aeropuerto Internacional de Las Américas“ in Santo Domingo regelmäßig angeflogen
wird. Darüber hinaus verfügt die Dominikanische Republik über ein gut ausgebautes Linienbusnetz, so daß Individualreisende aus den Touristenzentren im Norden und Westen des Landes bequem für ein paar Euro in die Hauptstadt reisen können. Von Santo Domingo aus lassen sich Ausflüge in die tropischen Nationalparks des Landes wie den Parque Nacional Jaragua (Foto unten) mit seinen riesigen FlamingoKolonien organisieren. Auch nach Haïti verkehren Linienbusse – ein Abstecher in das vom Erdbeben gezeichnete Land sollte bei aller Entdeckerfreude derzeit allerdings nicht einmal ansatzweise in Erwägung gezogen werden, die Sicherheitslage insbesondere in der Hauptstadt Portau-Prince ist seit Jahrzehnten absolut katastrophal!
TERRA INCOGNITA
Aufkeimende Hoffnung zwischen blutigen Spuren eines unbewältigten Bürgerkrieges Denkmalschützern und Kulturhistorikern auf der ganzen Welt dürfte am 9. November 1993 vor Entsetzen die Kinnlade heruntergeklappt sein, als sie die Fernsehbilder aus dem damals vollkommen unzugänglichen Bürgerkriegsgebiet Bosnien-Herzegowina betrachteten. Um den wichtigsten und symbolträchtigsten Zugang vom kroatischen zum bosniakischen Teil der 75.000-Einwohner-Provinzhauptstadt Mostar zu unterbrechen, hatten kroatische Truppen die 1556 bis 1566 durch den osmanischen Baumeister Mimar Hajrudin im Auftrag von Sultan Süleyman I. errichtete Stari Most mit Granaten beschossen und schließlich zum Einsturz gebracht.
1892
Mittlerweile wurde die imposante Bogenbrücke mit Unterstützung von UNESCO und Weltbank neu aufgebaut und vor elf Jahren mit einer feierlichen Zeremonie ihrer Bestimmung übergeben. Seither pilgern wieder tausende Touristen pro Tag über das historische Bauwerk, um von einem Teil der Altstadt in den anderen zu gelangen oder den Brükkenspringern zuzuschauen, die sich todesmutig von der Stari Most in die Tiefe stürzen, um ins eiskalte Wasser der wildromantischen Neretva abzutauchen und auf diese Weise ihren Mut und ihre Männlichkeit zu beweisen – gegen einen angemessenen Obolus der Zuschauer, versteht sich. Um die zwölf Meter hohe Brücke ranken sich unzählige Legenden.
Weil Hajrudin angedroht worden war, daß ihm bei einem Einsturz der unter anderem aus Schafwolle, Eiern und Honig errichteten Stari Most der Kopf abgeschlagen würde, hatte er erst ein kleines Modell – die Kriva Cuprija – errichten lassen, die heute noch begangen werden kann und den Neretva-Zufluß Radobolja überspannt. Als seine Handwerker das stützende Gerüst entfernten, hatte sich der Architekt ins sichere Hinterland begeben und war nach Überbringung der Nachricht, daß sich seine Konstruktion als stabil erwiesen hatte, sofort in Richtung Türkei losgeritten, die er aber nie erreichte. Während der beschwerlichen Reise an einer Gelbsucht erkrankt, starb der Baumeister, ohne sein fertiggestelltes Meisterwerk jemals gesehen zu haben.
2005 in die Welterbeliste aufgenommen, gilt die Stari Most heute offiziell als Symbol für die friedliche Koexistenz der Völker von BosnienHerzegowina. Dank der bereits abgeschlossenen beziehungsweise in abgespeckter Form nach wie vor andauernden militärischen Präsenz der SFOR- und später EUFOR-Truppen, die seit dem Ende des vierjährigen Bosnienkrieges im Vielvölker-Balkanstaat präsent sind, scheint sich langsam aber sicher so etwas wie eine vorsichtige Annäherung der unterschiedlichen Nationalitäten zu entwickeln – was bleibt, ist der immer wieder aufschwelende Religionskonflikt, der momentan allerdings nur auf schwacher Flamme zu köcheln scheint. Nicht zuletzt, weil muslimische Bosniaken, katholische Kroaten und die wenigen verbliebe-
nen orthodoxen Serben gleichermaßen vom wachsenden, aber noch deutlich entwicklungsfähigen Fremdenverkehr profitieren, wobei ein Großteil der Besucher als Tagestouristen von der kroatischen Adriaküste anreist und nicht in Mostar übernachtet, so daß viele Hotels, Pensionen und Restaurants am Rande des Existenzminimums oder weit darunter vegetieren. Allerdings: Normalität wird in Mostar ebenso wenig wie in ganz Bosnien-Herzegowina einziehen, so lange bewaffnete Soldaten zwischen den Touristen patrouillieren, die gemütlich durch die Altstadt pilgern oder im gemütlichen Restaurant „Kriva Cuprija“ am Flüßchen Radobolja ein kühles „Sarajevsko Pivo“ zischen. Zumal die Wunden, die der
blutige und durch unübersichtliche Frontverläufe geprägte Bürgerkrieg in der früheren jugoslawischen Teilrepublik, die 1991 ihre Unabhängigkeit erklärte, hinterlassen hat, bis heute noch deutlich zu sehen sind. Sowohl im kroatischen Teil auf dem westlichen Neretva-Ufer als auch in der bosniakischen Altstadt finden sich unzählige Ruinen, die durch schweren Beschuß zerstört wurden und das Stadtbild prägen – durchzogen von meterhohen Bäumen und Sträuchern, die in den Schuttbergen prächtig gedeihen.
„Smrt Faschismu“, Einschußlöcher und Landminen
ze auf frühere Nachbarn angelegt hatte, während an anderen Hausfassaden der kyrillische Schriftzug „Smrt Faschismu“ (Tod dem Faschismus) prangt. Durch die Belagerung und Einkesselung der Innenstadt konnten viele der im Bosnienkrieg gefallenen Männer, Frauen und Kinder nicht beerdigt werden, weil es einfach keinen Zugang zu den Friedhöfen mehr gab. Als einziger Ausweg blieb der Bevölkerung, die kleinen Parks in der Altstadt umzupflügen und enge, überfüllte Gräber anzulegen. Liebevoll gepflegt, werden sie auch dann noch auf einen sinnlosen Bürgerkrieg hinweisen, wenn der Rest der Stadt irgendwann einmal in ferner Zukunft wieder völlig aufgebaut ist…vorausgesetzt, es bleibt friedlich.
Rund um die Fenster bewohnter Häuser reihen sich unverputzte Einschußlöcher, die darauf hinweisen, daß von hier aus ein Heckenschüt-
Die Kämpfe haben einen extrem hohen Blutzoll gekostet: 250.000 Todesopfer, davon 40 Prozent Zivilisten, sind zu beklagen; 2,2 Millio-
nen Menschen wurden durch die ethnischen Säuberungen aus ihren Heimatorten vertrieben, 50.000 vor allem bosniakische Frauen systematisch vergewaltigt – genaue Zahlen gibt es nicht, weil viele der Betroffenen aus Scham schweigen. Die Hälfte der Gebäude des Landes fiel dem Beschuß zum Opfer, darunter viele Kirchen, Moscheen und Kulturdenkmäler. Ganz Bosnien-Herzegowina ist ein großes Minenfeld, überall warnen Schilder davor, die befestigten Straßen zu verlassen. Jedes Jahr sterben immer noch zwischen zehn und zwanzig Menschen durch Landminen – wie sie jemals beseitigt werden sollen, weiß auch zwei Jahrzehnte nach dem Friedensschluß von Daytona niemand. Denn die ethnischen Spannungen, die den Zerfall Jugoslawiens in die sechs heute unabhängigen Teilrepubliken Kroatien, Slowenien, Serbien, Mazedonien, Montenegro und eben Bosnien-Herzegowina beschleunigt hatten, schwelen weiter und werden von ausländischen Interessengruppen befeuert. Nachdem die frühere autonome Region Kosovë ihre Unabhängigkeit von Serbien erklärt hat und international anerkannt wurde, überlegt in schöner Regelmäßigkeit auch die Regierung der bosnischen Teilrepublik Srpska, die 49 Prozent des Territoriums einnimmt, über eine Abspaltung nach. Ruhe wird so bald in Bosnien-Herzegowina nicht einkeh-
Sämtliche Parks in der Innenstadt mußten während des Bürgerkrieges in Friedhöfe verwandelt werden, um die Gefallenen der Häuserkämpfe begraben zu können (links). Die Spuren des Krieges sind bis heute deutlich sichtbar (rechts). Die Fotos auf den vorigen Seiten zeigen sie Stari Most, wie sie sich heute den Besuchern zeigt.
ren – schon allein, weil auch die wirtschaftliche Lage alles andere als zukunftsweisend ist. Geschätzt 40 Prozent der Einwohner sind arbeitslos, die wirtschaftliche Entwicklung nimmt sich auf dem Papier zwar positiv aus, stagniert aber auf niedrigem Niveau. Positiv wirkt sich für die Wirtschaft aus, daß BosnienHerzegowina seine Währung in den 90er Jahren auf die D-Mark umgestellt hat. Nach der Euro-Umstellung ist es dabei geblieben, auch heute noch wird in Bosnien mit der „Marka“ bezahlt. Doch von Depression ist in Mostar nicht viel zu verspüren: Abend für Abend flanieren die Einwohner und wenigen Touristen, die über Nacht in der im 15. Jahrhundert gegründeten Stadt bleiben, durch die romantisch beleuchteten Altstadtstraßen und über die schmucke Stari Most, über die ein kühler Hauch aus den tiefen Gebirgsschluchten hinweg zieht, von denen Mostar umgeben ist. Sehen und gesehen werden, lautet das
Motto…und manchmal bringen die stundenlangen nächtlichen Spaziergänge der jungen Leute auch die eine oder andere pfiffige Idee zutage, deren Umsetzung weltweit für Aufmerksamkeit sorgt wie die Enthüllung einer Bruce-Lee-Statue durch die Mostarer Jugendgruppe „Städtische Bewegung“. Die Wahl war auf den verstorbenen Kung-FuHelden aus dem fernen Hongkong gefallen, weil er eine jener wenigen Figuren sei, mit denen sich alle Völker Bosnien-Herzegowinas gleichermaßen identifizieren können. Und wenn Bruce Lee nun sicher auch nicht der Inbegriff von Frieden und Pazifismus ist: Wenn das Bekenntnis der bosnischen Jugend zum fernöstlichen Handkanten-Virtuosen dazu beiträgt, auch zukünftig kriegerische Handlungen zu verhindern, dann ist sicher allen geholfen. Zumindest bislang scheint es funktioniert zu haben, die Waffen schweigen.
Stari Most
Nur im Touristenviertel sind die Spuren des Krieges weitgehend beseitigt (oben), während das Land nach wie vor von Armut und Arbeitslosigkeit geprägt ist (unten). Die Stari Most verbindet den bosniakischen Teil Mostars, ber sie trennt die beiden so unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen auch voneinander – nach wie vor hegen sie ein gehöriges Maß an Mißtrauen gegeneinander. Die Originalsteine liegen noch am Ufer der Neretva (Seite 105).
Bosnien und Herzegowina (Bosna i Hercegovina) Hauptstadt: Fläche: Einwohner: Unabhängigkeit: Amtsprachen: Währung: Kfz-Kennzeichen: Internet: Größte Städte: Nachbarstaaten: Amtierender FußballMeister: Pokalsieger:
Sarajevo 51.129 km² 3.791.000 (48% Bosniaken, 37% Serben, 14% Kroaten) 15. Oktober 1991 Bosnisch, serbisch und kroatisch 1 Konvertible Mark = 100 Fenninga BiH ba Sarajevo, Banja Luka, Tuzla, Zenica, Mostar Serbien, Kroatien, Montenegro Zrijnski Mostar FK Sarajevo
Mostar Fläche: Einwohner: Visafreie Einreise nach Bosnien-Herzegowina mit Reisepaß der Europäischen Union, beispielsweise über den bosnisch-kroatischen Grenzübergang Gradiška.
1175 km² 111.200
Innenhof einer kleinen Moschee im muslimischen Teil von Mostar (oben) Restaurant an der Kriva Cuprija, dem Modell der Stari Most.
Blick von der Stari Most auf den muslimischen Stadtteil von Mostar. Die Neretva bildete im B체rgerkrieg den hart umk채mpften Frontverlauf.
„Germania“ nimmt drei neue Direktverbindungen in den Iran auf Oneway-Tickets nach Teheran und in die Pilgerstadt Stadt Mashhad bereits ab 99 Euro
»Mit der Aufnahme der neuen Flugverbindung nach Teheran stärken wir nicht nur unseren Heimatflughafen, sondern leisten auch ein weiteres Bekenntnis zum Standort Berlin«, so Karsten Balke, Chief Executive Officer von „Germania“. Ergänzt wird das Angebot durch einen Germania-Direktflug von Düsseldorf nach Teheran. Die Strecke von Düsseldorf zum ImamKhomeini-Airport wird künftig zweimal wöchentlich – und zwar montags und donnerstags – bedient. Teheran ist ein idealer Ausgangspunkt zur Besichtigung der zahlreichen iranischen UNESCO-Welterbestätten wie dem antiken Persepolis, durch die das touristisch überaus kontrastreiche und wirtschaftlich aufstrebende zentralasiatische Land immer stärker in den Fokus von Studien- und Individualreisenden sowie von Geschäftsreisenden rückt. Ebenfalls seit Ende Februar fliegt „Germania“ auch von Hamburg in die heilige Stadt Mashhad im nordöstlichen Bundesstaat Razavi-Chorasan, und zwar einmal pro Woche. Flüge für alle drei Strecken sind oneway bereits ab 99 Euro inklusive Steuern und Gebühren über flygermania.de buchbar. Das Foto zeigt die Maschine des Hamburger Erstfluges.
Fotos: Flughafen Hamburg
Neue Verbindung von Hauptstadt zu Hauptstadt: Die Fluggesellschaft „Germania“ fliegt ab sofort zweimal wöchentlich immer mittwochs und sonntags von Berlin nonstop nach Teheran. Der Erstflug startete Ende Februar vom Flughafen Schönefeld zum Imam-Khomeini-Airport unweit der iranischen Hauptstadt.
„Azal“: Ab Mai nonstop von Baku nach Berlin Der aserbaidschanische National-Carrier verbindet die beiden Hauptstädte reisenden, die auf Entdeckungstour entlang der alten Seidenstraße gehen und sich vom Mix aus Tradition und Moderne in Baku begeistern lassen. Auch Teile der faszinierenden Bergwelt werden touristisch erschlossen. Am Shahdag, dem zweithöchsten Berg des Landes, ist in den letzten Jahren ein Skiresort entstanden, das sich in den kommenden Jahren als Alternative zu herkömmlichen Skigebieten etablieren soll.
Foto: Wikipedia
Aserbaidschan wächst noch näher mit Europa zusammen: Die aserbaidschanische Airline „„Azal“ Azal“ verbindet Baku ab 2. Mai zweimal wöchentlich nonstop mit Berlin und bie bie-tet damit erstmals Direktflüge nach Deutschland an. Jeweils mittwochs und samstags bedient die Airline die Strecke von Hauptstadt zu Haupt Haupt-stadt mit einem Airbus A 319. Nicht nur Geschäftsreisende zieht es verstärkt ans Kaspische Meer: Die Südkaukasusrepublik wird auch als Urlaubsziel von immer mehr Touristen entdeckt, vor allem von Studien-
Die Flugverbindungen starten pünktlich zu den Europaspielen in Baku. Vom 12. bis 28. Juni 2015 rückt die aserbaidschanische Hauptstadt als Austragungsort der ersten Edition der Multisport-Veranstaltung ins Rampenlicht. Über 6.000 Athleten aus 49 Nationen werden Wettkämpfe in 20 olympischen wie auch nicht-olympischen Disziplinen austragen. In elf Sportarten geht es dabei auch um die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro, darunter Ringen, Boxen oder Schwimmen. azerbaijan.travel
Mit „WOW air“ für 169 Euro über den großen Teich Erstmals Flüge ab Berlin nach Boston und Washington D.C.
Vom 4. Juni an fliegt Islands Low Cost-Airline WOW air erstmals von Berlin-Schönefeld über das Drehkreuz Reykjavík nach Boston und Washington D.C. Die Flüge sind bereits jetzt auf der online buchbar. Mit den beiden neuen Reisezielen nimmt WOW air erstmals Verbindungen von Deutschland in die USA auf. Berlin und Boston verbindet WOW air zwischen 4. Juni bis Ende August fünf Mal pro Woche mit einem bequemen Umstieg auf Island; von September bis März 2016 vier Mal wöchentlich. Nach Washington D.C. via der isländischen Hauptstadt fliegt die Airline ab dem 4. Juni vier Mal pro Woche ab Berlin-Schönefeld.
Flughafen Keflavík
Fotos: WOW Air
Auf der ersten Etappe der Reise von Berlin zum Drehkreuz Reykjavík setzt WOW air den Flugzeugtyp Airbus A320 ein. Die Flüge von der Inselhauptstadt in die Vereinigten Staaten werden mit dem Flugzeugtyp Airbus A321 Extended Range betrieben, die von Islands einzigem Low-Cost-Carrier speziell für die neu ins Programm genommenen Atlantiküberquerung angeschafft und Mitte März ausgeliefert wurden. »Wir sind sehr stolz darauf, unsere Flotte um zwei brandneue Airbus A321-Jets zu erweitern«, sagt WOW air CEO und Gründer Skúli Mogensen. »Mit dem niedrigen Kraftstoffverbrauch und der modernen Kabinenausstattung mit 200 Sitzplätzen können wir unseren Passagieren eine sehr komfortable Reise zu einem unschlagbaren Preis bieten.« Die neuen Jets vom Typ Airbus A321 sind mit Winglets ausgestattet. Diese speziellen Flügelelemente verringern den Luftwiderstand der Tragflächen und
senken den Treibstoffverbrauch auf 2,2 Liter pro Person auf 100 Kilometer. »Unsere neuen Flüge ab Deutschland in die Vereinigten Staaten sind ein wichtiger Meilenstein für uns«, kommentiert Skúli Mogensen, Gründer und CEO von WOW air. »Wir freuen uns, den Flughafen Keflavík für WOW air mehr und mehr zu einem internationalen Drehkreuz auszubauen und Reisenden nun auch transatlantische Flüge zu einem günstigen Preis anbieten zu können.« Derzeit bietet WOW air Verbindungen ab Berlin-Schönefeld, Stuttgart, Düsseldorf und Salzburg sowie 14 weiteren Destinationen in Europa zur isländischen Hauptstadt Reykjavík. Ab Berlin startet der isländische Low Cost-Carrier ganzjährig drei bis vier Mal pro Woche und in den Sommermonaten von Juni bis August sechs Mal wöchentlich nach Reykjavík. wow -air.de
„Economy Sleeper Class“ bei „Air Astana“ Preiswerte Liegemöglichkeiten auf Strecken von Europa nach Kasachstan und Ausbau des Stop-Over-Programms
Air Astana, die mehrfach ausgezeichnete Fluglinie Kasachstans, hat die neue Beförderungsklasse Economy Sleeper Class auf Flügen von Frankfurt, Paris und London zum Astana International Airport mit der Boeing 757 eingeführt. Die Economy Sleeper Class ermöglicht es Passagieren, sich auf drei Economy-Class-Sitzen nebeneinander in Liegeposition zu entspannen und zu schlafen. Die von den Business- und Economy-Class-Kabinen abgetrennte Economy-ClassSleeper-Kabine verfügt über bis zu zwölf Plätze pro Flug. Den Passagieren wird dazu ein Economy-Sleeper-Class-Kit mit spezieller Matratze sowie Kissen und Decke aus der Business-Class bereitgestellt, darüber hinaus genießen sie weitere Annehmlichkeiten wie Priority-Check-In und -Boarding, zusätzliches Freigepäck oder Zugang zur Business-Class-Lounge im Airport.
»Als Teil der stetigen Weiterentwicklung von Produkt und Service freut sich „Air Astana“ darüber, die neue Economy Sleeper Class einzuführen, die viele Annehmlichkeiten der Business Class bietet, jedoch preislich dem Tarifgefüge der Economy Class entspricht«, so Richard Ledger, Vice President Worldwide Sales bei „Air Astana“. »Ich bin zuversichtlich, daß unsere anspruchsvollen Passagiere, die zwischen europäischen Destinationen und Astana fliegen, dieses neue Reiseerlebnis sowie unseren mit vier Sternen ausgezeichneten Service genießen werden.« Zwischenzeitlich hat „Air Astana“ begonnen, das Stopover-Programm seiner Tochtergesellschaft „Air Astana Holidays“ deutlich auszubauen. Statt zuvor acht enthält das Programm nunmehr 19 Hotels in der hochmodernen Hauptstadt Astana sowie in der Millionenmetropole Almaty (ehemals Alma Ata). Das er-
weiterte Programm bietet Passagieren einen zusätzlichen Anreiz zu einem Kurzaufenthalt in den beiden Städten, bevor sie mit „Air Astana“ zu anderen Destinationen weiterfliegen, und schließt Hotelaufenthalte in den beiden Städten, Transfers vom und zum Flughafen im Privatwagen sowie optional eine halbtägige geführte City-Tour ein. Das Programm ist jeden Tag verfügbar und kann von allen „Air Astana“-Passagieren, die in Astana oder Almaty ankommen, in Anspruch genommen werden. Die Package-Preise beginnen bei 100 US-Dollar pro Person in der Drei-Sterne-Hotelkategorie. Wintersportlern hält die Stadt Almaty ein eintägiges kostenloses Ski-Paket bereit, das in die stadtnahe Olympia-Region Shymbulak führt, die Miete für Skiausrüstung und einen Paß für die Skilifte einschließt. airastana.com
„Icelandair“: Nordlichter das ganze Jahr erleben Transatlantik-Flüge mit stylischem Aurora-Borealis-Flugzeug
Mit ihrem offiziellen Erstflug am 4. Februar wurde eine ganz besondere Maschine Teil der „Icelandair“-Flotte: Die auf Transatlantikflügen eingesetzte „Hekla Aurora“ verzaubert künftig den Himmel mit ihrer einzigartigen Nordlichter-Sonderlackierung. Doch nicht nur ihr Äußeres ist sommers wie winters Zeuge dieses einmaligen Lichtertanzes: Dank ausgeklügelter Beleuchtung huschen auch im Inneren Nordlichter durch die Boeing 757-200. Ein LED-System läßt statt der üblichen Beleuchtung auf einzigartige und zugleich realistische Weise bunte Lichter durch das Flugzeug tanzen. Der Inititationsflug der „Hekla Aurora“ führte am Wahrzeichen Reykjavik vorbei, der im Rahmen des „Winter Light Festivals“ ebenfalls kunstvoll illuminierten Hallgrimskirkja. Mit an Bord war Birta Lif Kristindottir, eine be-
Mit der Wahl des Nordlicht-Themas betont „Icelandair“ nach eigenen Angaben die starke Verbindung zum Heimatflughafen. Die Kampagne ist Teil der erweiterten StopoverAngebotes von „Icelandair“: Auf sämtlichen USA- und Kanadaflügen können Reisende einen bis zu siebentägigen Stopover-Aufenthalt in Island einlegen, ohne dass sich der icelandair .de icelandair.de Flugpreis erhöht.
Fotos: Icelandair
Das einzigartige Naturschauspiel der tanzenden Nordlichter konnte bisher nur an klaren und kalten Nächten im hohen Norden beobachtet werden. Mit „Icelandair“, der nationalen Airline Islands, können Reisende ab sofort den magischen Reigen der Nordlichter nun auch dann bestaunen, wenn die äußeren Bedingungen es eigentlich nicht zulassen.
kannte isländische Meteorologin und frühere „Icelandair“-Pilotin, die den Passagieren die Hintergründe zum berühmten Naturphänomen erläuterte. Ab sofort wird die Nordlicht-Maschine auf sämtlichen Transatlantikstrecken zwischen Europa und Nordamerika eingesetzt.
1700 Kilometer Radvergnügen entlang der europäischen Ostsee erwartet wieder die Teilnehmer der geführten Reise „Von Hamburg nach St. Petersburg“, die bereits im vierten Jahr vom ADFC Hamburg und der „Landpartie Radeln und Reisen“ angeboten wird. Die mit der Goldenen Palme ausgezeichnete Tour, die im Juli startet, verbindet die reiche Kultur und die schönsten OstseeStrände von sechs Ländern Europas auf einzigartige Weise.
Deutschland, Estland, Lettland, Litauen, Polen und Rußland verfügen alle über einzigartige Naturräume, eine reiche Kultur und die schönsten Ostsee-Strände. Das war Grund genug für den ADFC Hamburg und den Oldenburger Veranstalter „Die Landpartie Radeln und Reisen“, diese sechs Länder in einer Radtour zusammenzuführen. »Unsere Reiseidee ist seit dem Start 2011 zu einem Bestseller geworden«, freut sich „Landpartie“-Geschäftsführer Thorsten Haase.
Weiter als das Auge reicht: Europas Ostseeküste (oben links). Unberührte Natur zwischen Danzig und Riga (rechts). Ankunft einer Gruppe in Sankt Petersburg (unten).
Die Radreise Hamburg – Sankt Petersburg ist in drei Etappen eingeteilt, die über drei Jahre hinweg bereist werden können: Der erste Teil der Reiseroute führt von Hamburg nach Danzig. Im zweiten Teil radeln die Teilnehmer von Danzig nach Riga, im dritten bieten sich von Riga nach St. Petersburg weitere außergewöhnliche Erlebnisse. Damit es allen Radlern möglich ist, die ganze Strecke zu radeln, erhalten alle Teilnehmer ein Vorreservierungsrecht für die nächste Etappe. Die einzelnen Streckenabschnitte sind zwischen 37 und 75 Kilometer lang. Übernachtet wird in Komforthotels. dielandpartie.de/radreisen-adfc
Fotos: Landpartie Radeln und Reisen
Bis nach Sankt Petersburg: Ostsee-Radeln mit ADFC Hamburg und „Die Landpartie“
Passend zu den Themen dieser Frühjahrsausgabe möchte das Reisemagazin BABYLON einige markante Musikproduktionen aus den betreffenden Ländern vorstellen. Bei allen Alben handelt es sich nicht um aktuelle Neuerscheinungen, sondern um Veröffentlichungen aus den Jahren 1994 bis 2011.
Marrakesch: Fast schien es nach der Auflösung der legendären Rockband „Led Zeppelin“ unmöglich, die Musiker wieder zusammen auf die Bühne zu bringen. Dies gelang MTV mit dem „No Quarter“-Projekt, bei dem Sänger Jimmy Page und Gitarrist Roger Plant eine Reihe von Songs aufnahmen, die deutlich maghrebinische Einflüsse erkennen lassen. Unter tatkräftiger Mitwirkung nordafrikanischer Gnawa-Musiker, die Songs wie „Wah Wah“ oder „Yallah“ mit ihren traditionellen Instrumenten bereichern, entstand dabei ein atemberaubendes Akustik-Album, das sowohl in England und Wales als auch in Marokko eingespielt wurde. Bis heute unvergessen sind die Live-Aufnahmen von „City Don’t Cry“, bereits erwähntem „Wah Wah“ oder „Yallah“ auf dem nächtlichen Djemaa el Fna in Marrakesch. Das Album „No Quarter“ von Jimmy Page und Robert Plant erschien 1994 bei Atlantic Records und zählt bis heute zu den wegweisendsten Einspielungen im Spannungsfeld von Rock- und Weltmusik, die DVD wurde erst im Jahr 2004 nachgeschoben.
Jekaterinburg: Zu den Rockmusik-Urgesteinen der Sowjetunion dürfen zweifelsohne die vier Herren von „Nautilus Pompilius“ zählen. Die wohl bekanntesten Vertreter des „Swerdlowsker Rocks“ genossen wegen ihrer gleichermaßen melancholischen wie kraftvollen Songs, die mitunter an eine rockige Variante von Gilbert Bécaud erinnern und dann wieder aus der Feder von Nina Hagen stammen könnten, bereits lange vor dem Zusammenbruch der UdSSR unerschütterlichen Kultstatus im gesamten Land. Mit ihren „Glasnost-Hymnen“ konnten sich „Nautilus Pompilius“ den überdurchschnittlich hohen Bekanntheitsgrad auch noch ein paar Jahre darüber hinaus bewahren, bis letztendlich das Lesen zwischen den Zeilen, das die Popmusik der Ostblockstaaten über Jahrzehnte hinweg geprägt hatte, angesichts der über Rußland hinwegschwappenden westlichen Einflüsse kaum noch gefragt war. Nach 15 Jahren und 13 Alben löste sich die Band um Wjatscheslaw Butussow im Jahr 1997 auf, Nachfolgeprojekt ist das Quartett „Ju-Piter“. Das letzte Album von „Nautilus Pompilius“ mit dem Titel „Jablokitai“ erschien ebenfalls 1997. 91
Färöer Inseln: Eigentlich ist es erstaunlich, welche Bandbreite an Musik die kleinen Färöer Inseln in den letzten Jahren hervorgebracht haben. Auch wenn die filigrane Liedermacherin Eivør Pálsdóttir gern als färöische Björk bezeichnet wird, hat die Sängerin und Gitarristin einen ganz eigenen Stil entwickelt, der sich am historischen Kettengesang der Färinger orientiert, aber auch moderne Pop- und Jazzeinsprengsel erkennen lässt. Anders als bei ihrer isländischen Kollegin strahlen die in färöischer Sprache gesungenen Lieder von Eivør Pálsdóttir – die auch als Sängerin in der Band „Clickhaze“
mitwirkte – eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit aus, die mitunter fast zum Stillstand zu kommen scheint. Deutlich robuster und handgreiflicher geht es bei der färöischen Pagan- und Viking-Metal-Band „Týr“ zu, die mittlerweile sechs Alben auf den Markt gebracht hat und deren Songs ebenfalls vom Kettengesang inspiriert sind. Vor allem auf den früheren Werke wie „Eric the Red“ und „Ragnarok“ finden sich neben englischen Stücken auch etliche Songs in ihrer Heimatsprache, aber auch in Isländisch und Gøtudanskt. Als letztes Album veröffentlichte die
1998 in Kopenhagen gegründete Band um Sänger Heri Joensen das Album „Valkyria“ (2013 bei „Metalblade“). Ausschließlich in englischer Sprache singt hingegen die Pop-Songwriterin Lena Anderssen, nicht zuletzt, weil sie in Kanada aufgewachsen und erst im Alter von 17 Jahren auf die Färöer Inseln zurückgekehrt ist. Ihre jüngste, im Jahr 2011 erschienene CD „Letters from the Faroes“ wurde damals zum „Album des Jahres“ gewählt. Bekannt wurde Lena Anderssen nicht zuletzt dadurch, daß sie zahlreiche Songs zu amerikanischen Erfolgsfernsehserien wie „90 210“ oder „Scrubs“ beisteuerte. Alle hier genannten Alben sind über den Versandhandel erhältlich.
Auf dem „Skywalk der Wünsche“ können die Besucher der „Porzellanwelten Leuchtenburg“ über dem Saaletal schweben
Am internationalen Tag des Glücks eröffneten mit „Prolog“ und „Archiv der Wünsche“ die letzten zwei von insgesamt sieben Porzellanwelten auf der mittelalterlichen Leuchtenburg bei Kahla und mit ihnen gleich drei neue Besuchermagnete: die größte Vase der Welt mit einer Höhe von acht Metern, das kleinste, nur wenige Millimeter große Porzellangefäß sowie als besonderer Höhepunkt der „Skywalk der Wünsche“. »Wir präsentieren auf unserer Leuchtenburg in sieben Erlebnisräumen die Geschichte des Porzellans auf innovative Weise. Zugleich zeigen wir mit unseren neuen spektakulären Attraktionen, zu welchen Höhenflügen der Werkstoff Porzellan fähig ist und wie modern, vielfältig und faszinierend das Material ist«, erläutert Stiftungsvorstand und Ideengeber Sven-Erik Hitzer.
Foto: Porzellanwelten Leuchtenburg
Scherben bringen Glück
Der 20 Meter über die mittelalterlichen Burgmauern hinausragende „Skywalk der Wünsche“ aus Glas und Stahl ist ein neuer spektakulärer Aussichtspunkt in Thüringen. Über der Landschaft schwebend, können Besucher nach der Devise „Scherben bringen Glück“ ein Stück Porzellan in die Tiefe werfen, auf das sie vorher ihre Wünsche geschrieben haben. Die spektakuläre Installation ist Teil der neueröffneten Porzellanwelt „Archiv der Wünsche“.
Foto: Porzellanwelten Leuchtenburg
Eine bislang einmalige Verbindung von Kunst, Technik und Statik präsentiert die Leuchtenburg mit der größten Vase der Welt. Die acht Meter hohe, säulenförmige Vase besteht aus 360 Waben, die in der nahegelegenen Porzellanmanufaktur Reichenbach hergestellt wurden. Diese wurden vom mehrfach
Lucas Cranach d.Ä.: Katharina von Bora, 1526. Unten: Wartburg. preisgekrönten, aus dem russischen Nordkaukasus stammenden Künstler Alim Pasht-Han mit kobaltblauen Motiven bemalt und teilweise mit Gold dekoriert. »Porzellan ist zart, zerbrechlich und irgendwie zickig«, so Pasht-Han. »Mich hat es fasziniert, aus diesem besonderen Stoff etwas Großes und bislang Einmaliges zu schaffen, das die Stärke dieses über Jahrtausende verwendeten Werkstoffs zum Ausdruck bringt«. Technik und Porzellan verbinden sich auch beim kleinsten Porzellan der Welt. Die nur wenige Millimeter große Maßanfertigung entstand in Kooperation mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT). »Hier gab es eine zweifache Herausforderung: Wo liegt im Mikrobereich die Grenze für die Herstellung von Porzellan, und was ist mit moderner Technik trotzdem möglich«, so Sven-Erik Hitzer.
Alchemistenlabor
Foto: Porzellanwelten Leuchtenburg
Foto: Porzellanwelten Leuchtenburg
Am Brennofen (oben) entscheidet sich, ob ein kostbares Exponat entsteht‌oder AusschuĂ&#x;. Im schummrigen Alchemistenlabor kann sich jeder selbst an der richtigen Porzellanmischung probieren.
Mit der vollständigen Eröffnung der sieben „Porzellanwelten Leuchtenburg“ können Erlebnis- und Kulturbegeisterte aller Altersklassen eine spannende Zeitreise durch die faszinierende Welt des „weißen Goldes“ erleben.
Foto: Porzellanwelten Leuchtenburg
Die von renommierten Ausstellungsgestaltern wie Libeskind-Schüler Michel J. Brown erschaffenen Erlebnisräume laden zum Staunen, Begreifen und Mitmachen ein – vom Herkunftsland des Porzellans („Das Fremde“), über die Entdeckung seiner Rezeptur in Europa („Das Rätsel“), dem weißen Gold als Status und Machtsymbol an den europäischen Höfen („Das Kostbare“) bis hin zum Einzug des Porzellans in das Alltagsleben („Das Alltägliche“).
Den Schwerpunkt der Porzellanwelten bildet die über 250jährige Geschichte des Thüringer Porzellans: Was mit Georg Heinrich Macheleid, dem Gründer der „Aeltesten Volkstedter Porzellanmanufaktur“ begann, wandelte sich vom exklusiven Einzelstück zum bezahlbaren Produkt für alle. Ende des 19. Jahrhunderts waren Thüringer Hersteller führend auf dem Markt; ihre Produkte wie Tischporzellan oder Isolatoren wurden in alle Welt geliefert. Bis 1902 entstanden über 300 Porzellanmanufakturen. Am 11. und 12. April feiert der Freistaat seine Porzellantradition mit dem zweiten „Tag des Thüringer Porzellans“. leuchtenburg.de
Prominenter Besuch: Hollywood-Star Kevin Costner (rechts) schenkte den „Porzellanwelten Leuchtenburg“ im vergangenen Jahr eine wertvolle Ming-Vase.
Kultur.•Tourismus. Geschichte.
Themenschwerpunkte:
Akribisch recherchierte Reportagen aus Deutschland, Europa und Übersee.
Weltkulturerbe und Weltnaturerbe Kulturhauptstädte in Europa, Amerika und Arabien National Landmarks • National- und Naturparks Historische Ereignisse und Jubiläen Internationale Sportereignisse Grenzüberschreitende Tourismusprojekte Exotische Destinationen und Newcomer Tourismus in Kriegs- und Krisengebieten Weltraumtourismus Reisesicherheit und Reiserecht Aktuelle Informationen von Fremdenverkehrsämtern und Unternehmen
Kompakt und anspruchsvoll, auf hohem journalistischen Niveau. Vier Ausgaben pro Jahr, illustriert mit authentischen Fotos. Das deutschsprachige Informationsmagazin für anspruchsvolle und gebildete Individualreisende.
BABYLON erscheint zunächst viermal jährlich jeweils zum Beginn der kalendarischen Jahreszeiten. Alle namentlich gekennzeichneten Beiträge stellen die Meinung des Autors dar, die nicht mit der der Redaktion übereinstimmen muß. Fotocredits und Urheberrechtsangaben befinden sich – sofern erforderlich – auf der jeweiligen Magazinseite. Sämtliche Texte werden aus Gründen der sprachlichen Logik in der traditionellen deutschen Rechtschreibung von vor 1996 verfaßt. Die abgebildeten Anzeigen in dieser Ausgabe Nummer 1•2015 dienen ausschließlich gestalterischen Zwekken und verkörpern keine aktuellen Angebote. Die nächste Ausgabe erscheint am 21. Juni 2015.
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