Reihe mi 2016 museumspädagogik

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Hands-On im Technischen Museum Wien.

Band 3 der Reihe „Mediale Impulse“


MEDIALE IMPULSE Beiträge zur Medienpädagogik – Band 3 Herausgegeben von Alessandro Barberi Thomas Ballhausen Christian Berger Katharina Kaiser-Müller Ruth Sonderegger Christian Swertz

Impressum Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile stehen unter Creative Commons Licence BY-NC-ND 3.0 Österreich (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/at/) . Dies bedeutet, dass das Werk und Teile daraus unentgeltlich vervielfältigt und weitergegeben werden dürfen, sofern eine korrekte Namensnennung (inkl. Urheber- und Rechteangaben) angeführt wird, kein kommerzieller Nutzen daraus gezogen wird und keine Bearbeitungen erfolgen. Jede weitere Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urhebergesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung der AutorInnen und des Verlags. Das Werk ist online unter www.medienimpulse.at abrufbar. Lektorat: Sophie Zechmeister, Raffaela Rogy © 2016 by new academic press, Wien www.newacademicpress.at

ISBN 978-3-7003-1969-6 Covermotiv: Alexandra Schepelmann basierend auf Bildmaterial von freepik, Zak Thor/freeimages, unsplash/pixabay und Pezibaer/pixabay Druck: Primerate, Budapest

Gefördert vom


Bernadette Decristoforo • Stefan Hopmann • Tamara Katschnig Laurenz Seebauer • Christian Swertz (Hg.)

Hands-On im Technischen Museum Wien. Konzeption und Evaluation der Mitmachausstellung In Bewegung.

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new academic press


Inhalt

Einleitende Worte Gabriele Zuna-Kratky . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Gottfried Biewer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Bernadette Decristoforo, Stefan Hopmann, Tamara Katschnig, Laurenz Seebauer, Christian Swertz

Einleitung der HerausgeberInnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1. Teil: Konzeption einer Mitmachausstellung

Laurenz Seebauer und Bernadette Decristoforo

1.1.  Die Mitmachausstellung „In Bewegung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Bernadette Decristoforo und Laurenz Seebauer

1.2.  Evaluierungen im Technischen Museum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Monika Fiby und Hannah Bischof

1.3. Evaluierungsphasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2. Teil: Evaluationen

Christian Swertz

2.1  Museen aus medienpädagogischer Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Katschnig, Tamara, Geppert, Corinna und Hopmann, Stefan

2.2 Einige methodologische Vorbemerkungen zu den Beiträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Elisabeth Fink

2.3  Heute gehen wir ins Museum, Besuchserfahrungen von Familien . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Stephanie Trauner

2.4  „Komm, mach mit!“ Oder besser: „Bitte stör’ mich nicht!“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Sonja Cech

2.5  Subjektive Erfahrungen der MusuemsbesucherInnen im Vergleich zur Intention des Museums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Severin Tanzer

2.6  Klafkis Didaktik „In Bewegung“. Allgemeiner Bildungsgehalt als Spitze der museumsdidaktischen Inhaltspyramide.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Stephanie Schönberg

2.7  Drücken, Ziehen, Drehen – Staunen, Beobachten, Verstehen Das Kleinkind im Technischen Museum Wien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104


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Katharina Glaser

2.8  Soziales Lernen im Museum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Katrin Mad

2.9  „Hands-On – Minds-On!“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Karoline Peterseil

2.10  Exkurs: Die Professionalisierung von Wissensvermittlerinnen – am Beispiel des Kindermuseums „Schloss Schönbrunn erleben“ . . . . . . . . . . . . . . . 135 3. Abschließende Bemerkungen – Schlussfolgerungen aus den Beiträgen

Laurenz Seebauer, Bernadette Decristoforo

Ausblick seitens des Technischen Museums Wien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 Tamara Katschnig, Corinna Geppert

Ausblick seitens des Instituts für Bildungswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 AutorInnenprofile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146


Einleitende Worte Gabriele Zuna-Kratky Das Technische Museum Wien steht mit seiner international bedeutsamen Sammlung von Objekten zur Technikgeschichte der Vergangenheit, wie der Gegenwart und der Zukunft, für unterschiedlichste interaktive Erlebnisse. Um die Angebote der Wissensvermittlung und der Ausstellungsumsetzung punktgenau auf unsere komplexen Besucherschichten abzustimmen und somit unseren Bildungsauftrag immer besser zu erfüllen, führen wir regelmäßig Evaluierungen durch. Der Einsatz von vielseitigen Evaluierungsmethoden ist besonders bei interaktiven Ausstellungen langfristig sinnvoll. Die Mitmachausstellung „In Bewegung“ eignete sich aus mehreren Gründen hervorragend für ein umfangreiches Evaluierungsprojekt: Diese Ausstellung wurde für die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen zwischen 8 und 14 Jahren sowie für Familien konzipiert und weist ein hohes Maß an Interaktivität auf: 80 Prozent der Hands-On wurden im Museum geplant und umgesetzt. Ich freue mich sehr über die Zusammenarbeit mit dem Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien. Es war eine ganz besondere Kooperation, da die Professorin Dr.in Katschnig und die beiden Professoren Dr. Swertz und Dr. Hopmann sowie die Universitätsassistentin Dr.in Geppert intensiv an der Evaluierung beteiligt waren, sodass viele praxisrelevante Ergebnisse für das Museum erzielt werden konnten. Im Technischen Museum wurde die Arbeiten von MMag. Bernadette Decristoforo und DI Laurenz Seebauer betreut. Vielen Dank allen Beteiligten! Durch die positive Zusammenarbeit konnten beide Seiten profitieren: Das methodische Wissen kommt von der Universität Wien. Die erstellten Masterarbeiten bieten die Möglichkeit, die wissenschaftliche Methodik und State of the Art-Theorie mit angewandter Forschung für unsere Museumspraxis zu kombinieren. Für die StudentInnen hingegen ist es motivierend, ihre Masterarbeit über ein Thema zu schreiben, welches Praxisrelevanz hat. Die Sichtweise der StudentInnen bringt mit ihrer Außenperspektive neue Aspekte für unsere Arbeit. Die Ergebnisse der Evaluierung werden in die Planung zukünftiger Ausstellungsprojekte des Technischen Museums einfließen. Ich danke allen Beteiligten, besonders den StudentInnen, sowie der Universität Wien für diese Kooperation und den Output an interessanten, wissenschaftlichen Beiträgen. Dr.in Gabriele Zuna-Kratky Direktorin des Technischen Museums Wien

© Inge Prader

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Einleitende Worte Gottfried Biewer Mit großer Freude darf ich als Institutsvorstand des Instituts für Bildungswissenschaft der Universität Wien ein paar einleitende Worte zu diesem Kooperationsprojekt zwischen dem Technischen Museum Wien und unserem Institut verfassen. Ich finde es bemerkenswert und wichtig, dass Universitäten mit außeruniversitären Einrichtungen zusammenarbeiten, da sich hier oftmals neue Perspektiven, Denkrichtungen und Weiterentwicklungen ergeben, die innerhalb des eigenen Settings kaum mitgedacht werden. Deshalb ist die Initiative des Technischen Museums, WissenschaftlerInnen der Universität für das Evaluierungsprojekt einer Mitmachausstellung (In Bewegung) als KooperationspartnerInnen zu gewinnen, für beide Seiten besonders gewinnbringend gewesen. Praxisbezogenes Know-How seitens des Technischen Museums traf auf methodische und theoriegestütze Kompetenzen der BildungswissenschaftlerInnen und führte zu einem gegenseitigen Wissenstransfer. Die Theorie-Praxis-Verbindung ist nicht nur für die Museumslandschaft und die Evaluierung von Ausstellungen an sich, sondern vor allem auch für die Öffentlichkeit von großem Nutzen, da die Verbesserung von Ausstellungen letztlich zu einem gezielteren Angebot für Kinder, Jugendliche und Erwachsene führt. Es freut mich besonders, dass junge Leute (Studierende unseres Instituts) ihr an der Universität Wien erworbenes Know-How im bildungswissenschaftlichen Bereich in die Weiterentwicklung von Ausstellungen einbringen und somit einen wichtigen Beitrag für Kinder- und Jugendliche, aber auch Familien leisten konnten. Vom methodischen Gesichtspunkt ist dieser Band auch deshalb besonders lesenswert, da hier ein sehr gut gewählter Methodenmix in den Artikeln vorherrscht und somit ein breiter Einblick in die wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiet gegeben wird. Univ. Prof. Dr. Gottfried Biewer, Institutsvorstand, Institut für Bildungswissenschaft, Universität Wien


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Bernadette Decristoforo, Stefan Hopmann, Tamara Katschnig, Laurenz Seebauer, Christian Swertz

Einleitung der HerausgeberInnen Evaluierungen in Museen und Ausstellungen erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Nicht nur die Erfolgskontrolle steht im Mittelpunkt, auch der Trend zu Qualitätsmanagement, neuen Impulsen für Weiterentwicklungen, die Steigerung der Effizienz und das Interesse am Verhalten von BesucherInnen sind Gründe, weshalb Evaluierungen von Ausstellungen durchgeführt werden. Große Museen im angloamerikanischen Raum (Science Museum in London, Discovery Center Boston) haben mittlerweile eigene „Research Abteilungen“, die sich mit der Erforschung von Verhalten der NutzerInnen von Ausstellungen beschäftigen. Im deutschsprachigen Raum sind institutionelle Forschungsabteilungen für Besucherforschung in Museen noch eine Seltenheit. Durch die enge Zusammenarbeit mit Universitäten, die über das nötige methodische Wissen verfügen, wird angewandte Forschung mit dem Forschungsgegenstand der Nutzung von Hands-On und Ausstellungen möglich.

Herangehensweise Leitend für unsere Herangehensweise war, eine bilanzierende Wirkungsbetrachtung der Ausstellung durch eine summative Evaluierung zu ermöglichen. Ein abgeschlossenes Projekt wird von außen und durch unabhängige EvaluatorInnen untersucht und begutachtet. Dabei werden die NutzerInnen der Ausstellung beobachtet und befragt, was ihnen gefällt und wie sie die Interaktiva nutzen. Diese Form der Evaluation gibt zudem Anregungen, in welcher Form und wo es Weiterentwicklungsbedarf gibt. Das Ziel des Teams aus dem Technischen Museum Wien war es, eine unabhängige und wissenschaftlich fundierte summative Untersuchung der Mitmachausstellung „In Bewegung“ zu machen, als es auf das Institut für Bildungswissenschaften der Universität Wien zuging, um eine Kooperation in diesem Forschungsprojekt vorzuschlagen. Erfreulicherweise konnte das Institut für die Evaluierung der Ausstellung „In Bewegung“ gewonnen werden. Anhand bildungswissenschaftlicher Zugänge sollten für das Museum relevante Blickwinkel beleuchtet und fachgerecht beurteilt werden. Um zu einer möglichst breiten Anzahl von unterschiedlichen Themen und Fragestellungen in Bezug auf die Mitmachausstellung zu gelangen, wurden potentielle Themen für Masterarbeiten vorgeschlagen und an einen Pool interessierter Studierender des Masterstudiums der Bildungswissenschaft weitergeleitet. Sehr rasch konnte eine Gruppe von sieben (und zwei nachfolgend gewonnene) StudentInnen gefunden werden, die sich in jeweils einer praxisnahen Masterarbeit unterschiedlichen Aspekten der Ausstellung widmen wollten. Im ersten Schritt gab es unterschiedliche Wünsche zu den Themen seitens des Teams des Technischen Museums. Attraktivität und Verweilzeit bei ausgewählten Ausstellungsobjekten,


Einleitung der HerausgeberInnen

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der Wissenszuwachs durch die Beschäftigung mit den Objekten bzw. gruppendynamische Prozesse, die sich durch die Benutzung der Objekte ergeben, schienen interessant. Oberstes Ziel war es, das in diesem Rahmen erarbeitete Prozedere und die Methodiken von Masterarbeiten auch für künftige Evaluationen einsetzbar zu machen. Konkret sollten die Methoden der Beobachtung und Befragung eingesetzt werden. Die StudentInnen verfolgten in ihren Forschungsfragen letztendlich auch ihr eigenes Forschungsinteresse und passten daran die wissenschaftliche Herangehensweise an (siehe dazu einleitende Worte von Katschnig, Geppert und Hopmann in diesem Band). Es sind bis dato sieben ganz individuelle Arbeiten entstanden, die umfassende Ergebnisse gebracht haben und somit einen breiten Blick auf die Mitmachausstellung zulassen. Trotz der individuellen Zugänge konnten standardisierte Vorgehensweisen zu Beobachtungsprotokollen und die Grundlage für eine Evaluierungs-App gemeinsam mit den StudentInnen entwickelt werden. Drei weitere Arbeiten sind noch im Entstehen, eine davon konnte auch für einen Artikel in diesem Band gewonnen werden.

Aufbau der Publikation In dieser Publikation werden nun die Ergebnisse dieser umfassenden summativen Evaluierung in einem Band zusammengefasst: Im ersten Teil wird einerseits die Ausstellung „In Bewegung“ und ihre Inhalte in Wort und Bild vorgestellt, sowie die konzeptionelle Herangehensweise erläutert. Auch der allgemeinen Intention und dem Nutzen von Ausstellungsevaluierungen im Technischen Museum Wien sowie der technischen Entwicklung einer Evaluierungs-App ist ein Beitrag gewidmet. Der zweite Teil stellt die einzelnen Arbeiten und Evaluationen der StudentInnen in den Mittelpunkt. Die Masterarbeiten und die Ergebnisse der empirischen Untersuchungen werden in den einzelnen Artikeln vorgestellt. Einleitende Kapiteln am Beginn der betreuten Masterarbeiten erläutern einerseits medienpädagogische Hintergründe (Christian Swertz) und werfen andererseits einen Blick auf die verwendeten Methoden in den Masterarbeiten (Katschnig, Geppert u. Hopmann). Im Folgenden werden die Masterarbeiten kurz vorgestellt, welche am Institut für Bildungswissenschaft in der Abteilung für Schule, Bildung und Gesellschaft von Stefan Hopmann und Tamara Katschnig unter der Mitbetreuung von Corinna Geppert sowie in der Abteilung Bildung, Biographie und Medien von Christian Swertz betreut wurden. Elisabeth Fink, „Heute gehen wir ins Museum: Erwartungen von und Erfahrungen in der Ausstellung“: Die Frage: „Welche kollektiven Orientierungsmuster lassen sich in den Erzählungen von Familien über deren Erfahrungen in der Mitmachausstellung In Bewegung im Technischen Museum Wien finden?” beschäftigt Elisabeth Fink in ihrem Beitrag. Mittels offener Leitfadeninterviews werden Familien vor und nach dem Besuch der Ausstellung „In Bewegung” befragt und in Anlehnung an die dokumentarische Methode nach Nohl (2009) ausgewertet. Als ein Hauptergebnis zeigt sich, dass Erwachsene und Kinder ihre Erfahrungen unterschiedlich beschreiben und die Orientierung der Kinder jene der Erwachsenen auch herausfordern kann. Stephanie Trauner beschäftigt sich in ihrem Beitrag , „Komm, mach mit!“ mit der Bedeutung der sozialen Interaktion zwischen einem Erwachsenen und einem Kind während des Besuchs der Mitmachausstellung „In Bewegung“. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Bedeutung dieser Interaktionen für den Umgang des Kindes mit ausgewählten Hands-On-Objekten. Die


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Daten wurden anhand von Beobachtungen generiert. Das Hauptergebnis der Arbeit legt den Schluss nahe, dass kein Zusammenhang zwischen der sozialen Interaktion eines Erwachsenen mit einem Kind besteht und Kinder somit unabhängig von der Anleitung durch Erwachsene Objekte erforschen. Sonja Cech evaluiert in ihrem Beitrag „Hands-On – Please, do touch and try it“ ebenfalls Hands-On-Objekte mit Fokus auf dem subjektiven Erfahrungsprozess der BenutzerInnen. Im Detail werden einerseits die Intentionen des Technischen Museum Wiens als gestaltende Instanz der Ausstellung „In Bewegung“ beschrieben und andererseits die subjektiven Erfahrungen der BesucherInnen der Ausstellung erfasst und analysiert. Zum Einsatz kamen Befragungsbögen, Beobachtungsbögen sowie Experteninterviews, wobei sowohl Gemeinsamkeiten, als auch Differenzen der Intentionen des Museums und den subjektiven Erfahrungen der BesucherInnen der Ausstellung „In Bewegung“ bestätigt werden konnten. Severin Tanzers Beitrag „Klafkis Didaktik ‘in Bewegung’: eine didaktische Analyse der HandsOn Ausstellung ‘In Bewegung’ im Technischen Museum Wien“ vollzieht eine theoretische Transformation der didaktischen Analyse von Wolfgang Klafki in den außerschulischen, musealen Kontext der Ausstellung „In Bewegung“. Im Zentrum dieser Transformation steht dabei Klafkis didaktische Auslegung seines Allgemeinbildungskonzepts, in dem davon ausgegangen wird, dass materiale Inhalte angeboten und formale Gehalte erschlossen werden. Dieses Verständnis wird mit den Bildungsfunktionen und -möglichkeiten in Zusammenhang gebracht, die den Museen in der museumspädagogischen Literatur zugesprochen werden. Im Zuge des Projekts wurde der Rahmen geschaffen, in dem durch Beobachtungen und Befragungen der BesucherInnen die Gehalte von Objekten ermittelt werden konnten. Stephanie Schönberg befasst sich im Beitrag „Frühkindliche Museumspädagogik (Kinder von 2–6 Jahren)“ mit den Möglichkeiten der frühkindlichen Bildung in der Museumspädagogik. Es wird untersucht, wie sich Kinder von zwei bis sechs Jahren bei einem Museumsbesuch verhalten und welche Konzeptionen in der frühkindlichen Museumspädagogik erforderlich sind. Das aktuelle Elementarpädagogikpaket der Bildungsreform wird ebenfalls in der Arbeit thematisiert. In diesem soll der Kindergarten in seiner Funktion als Bildungseinrichtung (wie auch das Museum) gestärkt werden, weil genau in diesem Alter die wesentlichen Grundlagen für die kindliche Entwicklung gelegt werden. Das Kind sollte daher im Museum dementsprechend begleitet und mit seinen Interessen und Bedürfnissen wahrgenommen werden. Am Beispiel der Ausstellung „In Bewegung“ wird mittels einer „Tracking-App“ untersucht, welche „HandsOn“ Kinder von zwei bis sechs Jahren bei einem Museumsbesuch motivieren und welche Aspekte des beobachtbaren Verhaltens Hinweise darauf geben, wie der Kleinkinderbereich „das Mini“ im Technischen Museum Wien optimal umgestaltet werden könnte. Katharina Glaser beschäftigt sich in ihrem Beitrag „Soziales Lernen im Museum” mit dem sozialen Lernen als kommunikativen Prozess und untersucht, inwiefern bildschirmunterstützte Hand-On im Kontrast zu mechanischen Hands-On soziale Lernprozesse anregen. Zudem wird die Attraktivität der unterschiedlichen Ausstellungselemente thematisiert. Kathrin Mad bezieht sich in ihrem Beitrag „Hands-On – Minds-On!” auf die Fragen, wie sich BesucherInnen durch die Mitmachausstellung „In Bewegung” bewegen und sich in Bezug auf museale Objekte verhalten und welche Hinweise darauf vorhanden sind, dass BesucherInnen während ihres Ausstellungsaufenthaltes lernen. Anhand von Tracking kommt sie zu dem Schluss, dass die Mitmachausstellung ein höchst pädagogischer Ort ist, an dem es kaum möglich ist, nicht zu lernen.


Einleitung der HerausgeberInnen

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Schließlich folgt noch ein Exkurs von Karoline Peterseil zu „WissensvermittlerInnen im Kindermuseum (Schönbrunn)“. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Professionalisierung von WissensvermittlerInnen im Kindermuseum und setzt sich mit der Frage auseinander, inwiefern es möglich ist, sich „pädagogisch professionelles Handeln“ in Hinblick auf die Durchführung einer Kinderführung anzueignen. In diesem Zusammenhang wird einerseits herausgearbeitet, welche Kompetenzen für die Ausübung museumspädagogischer Tätigkeiten vorausgesetzt werden können, und andererseits, auf welche Ressourcen die WissensvermittlerInnen in ihren pädagogischen Handlungsstrategien und -methoden zurückgreifen. Für die Bearbeitung des Forschungsvorhabens wurden qualitative Methoden herangezogen. Die Erhebung des Datenmaterials erfolgte zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten. Im ersten Schritt wurden mit den angehenden WissensvermittlerInnen Leitfadeninterviews über Vorerfahrungen und Erwartungen durchgeführt. Nach etwa drei Monaten fanden teilnehmende Beobachtungen sowie ExpertInneninterviews statt. Die „Grounded Theory“ diente als Grundlage für die Analyse und Auswertung des erhobenen Datenmaterials. Zur Theoriegenerierung wurden die empirischen Ergebnisse abschließend mit ausgewählten professionstheoretischen Ansätzen aus der Erziehungswissenschaft in Beziehung gesetzt.

Dank Dieses Evaluationsprojekt stellte von Anfang an eine gut funktionierende Zusammenarbeit dar. Das gemeinsame Ziel, gute und brauchbare Ergebnisse zu bekommen, stand für alle Beteiligten im Vordergrund. Deswegen sind die Ergebnisse und die Publikation ein herzeigbares Endprodukt dieses erfolgreichen Projekts. Unser Dank gilt in erster Linie den acht StudentInnen, die ihre Arbeiten mit so viel Motivation und Ideenreichtum sowie Professionalität umgesetzt haben. Dr.in Corinna Geppert war als Assistentin in der methodischen Beratung beteiligt und hat die StudentInnen stets fachlich und organisatorisch im Hintergrund unterstützt – vielen Dank dafür! Ein weiterer Dank gilt der Evaluatorin DI Monika Fiby, die bereits Ausstellungsevaluationen im Technischen Museum Wien durchgeführt hat und das Projekt von Anfang an fachlich unterstützt hat. Für die operative Betreuung der Masterstudierenden war Mag. Hannah Bischof seitens des Technischen Museums zuständig. Sie hat unzählige Dinge koordiniert und praktische methodische Unterstützung geboten; so konnte das Projekt bis zum Ende problemlos laufen. Danken möchten wir auch Günter Vajde, MSc, der die App, mit welcher Studierende Tracking von BesucherInnen durchführen konnten, gemeinsam mit DI Laurenz Seebauer entwickelte. Nicht zuletzt gilt unser Dank den Institutionen, die durch ihre Mitfinanzierung diesen Band erst möglich machten: dem Bundesministerium für Familie und Jugend, dem Technischen Museum Wien sowie dem Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien.

Literatur Living Labratory® Discovery Center Boston: http://www.mos.org/living-laboratory (letzter Zugriff: 21.6.2016). Science Museum London: http://www.sciencemuseum.org.uk/about-us/collections-and-research/activities-and-projects/research-public-history/audience-research (letzter Zugriff: 21.6.2016).



1. Teil: Konzeption einer Mitmachausstellung


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Laurenz Seebauer und Bernadette Decristoforo

1.1.  Die Mitmachausstellung „In Bewegung“ Wir alle sind mobil. Vom ersten Krabbeln eines Kindes bis zum Flug um die Welt sind wir täglich in Kontakt mit den unterschiedlichsten Formen der Fortbewegung. Die Mitmachausstellung „In Bewegung“ erforscht seit Herbst 2014 spielerisch das Phänomen Mobilität. Der neue Ausstellungsbereich widmet sich auf interaktive Weise dem Thema Fortbewegen und den Möglichkeiten von Mensch und Tier, Distanzen zu überwinden. Bernadette Decristoforo, Laurenz Seebauer und Christian Stadelmann kuratierten die Ausstellung. Die architektonische Gestaltung stammt von Gerhard Abel, die Ausstellungsgrafik von Larissa Cerny.

Abb 1.1-1: Eingangsbereich der Ausstellung (TMW/kpic.at)

1.1.1.  Geschichte erleben – Kinder und Jugendliche im Museum Nahezu 60 Prozent der BesucherInnen des Technischen Museums Wien sind Familien und Schulgruppen. So viele junge Menschen in einem historischen Museum begrüßen zu dürfen, ist eine besonders schöne Herausforderung, da diese Zielgruppen besonders durch Interaktivität und Möglichkeiten etwas auszuprobieren für technische Themen begeistert werden können.


1.1.  Die Mitmachausstellung „In Bewegung“

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1.1.1.1.  Mitmachen und Sehen lernen – Das Format der Mitmachausstellung In den letzten Jahren entwickelte das Technische Museum Wien einige für junge Besuchergruppen und Familien ausgerichtete Ausstellungsformate. Dabei konnten bereits durch vergangene Evaluierungen viele Erkenntnisse gewonnen werden, die in die neue Ausstellung „In Bewegung“ eingebettet wurden. Das Format der Mitmachausstellung wurde in den letzten Jahren laufend weiterentwickelt und ist mittlerweile im Museum etabliert: Die „Mitmachausstellung IN ARBEIT“ und nun die Ausstellung „In Bewegung“ sind Ausstellungen, die individuell und ohne Buchung besucht werden können und jungen BesucherInnen spielerisch kulturhistorische und aktuelle Themen auf interaktive und gleichzeitig museologisch verankerte Art und Weise erzählen. Mitmachausstellungen können Erwachsene und Kinder gemeinsam erleben. Beim gemeinsamen Museumsbesuch kommen neugierige Augen und vielseitige Sichtweisen zusammen. So entsteht die Möglichkeit zur Diskussion, bei der Kinder sowie Erwachsene voneinander lernen. Bei Mitmachausstellungen steht die Interaktivität, das spielerische und informelle Lernen im Mittelpunkt. Wichtig ist es den Ausstellungsmachern auch, Kinder an das Medium „Ausstellung“ heranzuführen. Die jungen BesucherInnen werden mit dem Einsatz unterschiedlichster Ausstellungstypologien wie historischen Objekten, Texten, Grafiken, Bildern und Medien, vertraut gemacht und können erste Zugänge zu historischen Artefakten finden: Die Wahrnehmung wird geschärft, Verbindungen zwischen Objekt, Text, Bild und Bewegung hergestellt und Themen vernetzt gedacht. Hands-On sind bei interaktiven Ausstellungen sogenannte „Leitobjekte“ und geben die Inhalte vor. Als Hands-On werden im Rahmen der folgenden Ausführungen interaktive Ausstellungsstücke bezeichnet. Im Gegensatz zu Objekten, welche üblicherweise in Museen ausgestellt werden und von den BesucherInnen vorwiegend in einer eher passiven Art und Weise betrachtet werden, fordern Hands-On die BesucherInnen dazu auf, aktiv zu werden und zu interagieren. Objekte und andere Vermittlungsmedien unterstützen die Aussagen der interaktiven Stationen.

1.1.1.2.  Mobil sein – Das Thema Mobilität für Kinder Mobil und unabhängig zu sein, ist ein wichtiger Aspekt im Prozess des Heranwachsens. Mobilität hat immer mit Loslösung, Bewegungsfreiräumen und Unabhängigkeit zu tun – ein Motiv, das für Kinder schon früh elementar ist. Robben, Krabbeln und später das Gehen sind die ersten Möglichkeiten sich frei fortzubewegen – das Nutzen von individuellen Verkehrsmitteln wie Scooter, Roller oder Laufrad, Fahrrad und später Moped sind Symbole für Freiheit, Loslösen und Erwachsenwerden. Die Prinzipien der Fortbewegung als Ausstellungsthema für die Kernzielgruppe der 8- bis 14-Jährigen zu wählen, schien deshalb passend. Aus der Lebenswelt der Kinder heraus Mobilität zu erleben, ist ein spannender Zugang. Kinder sind nicht nur deswegen mobil, um Distanzen zu überwinden und von A nach B zu gelangen, sondern sie bewegen sich vielmehr fort, weil sie Freude an der Bewegung haben. Kinder haben zudem einen anderen Blick auf Mobilität und Verkehr. Anstatt reine Verkehrserziehung zu betreiben, war es dem Technischen Museum Wien ein Anliegen, sich dem vielseitigen Wesen von Fortbewegung zu widmen.


Laurenz Seebauer und Bernadette Decristoforo

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Kinder brauchen Bewegung und haben Freude daran: Dieses Faktum hat bei der Konzeption der Ausstellung stets als Leitsatz gedient. Eine Ausstellung für Kinder zum Thema Mobilität zu machen, heißt auch, Bewegungsräume einzubauen und die Möglichkeit zu bieten, aktiv zu werden. Das Format der interaktiven Ausstellung bietet hier eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten – die Ausstellung soll aktiv entdeckt werden. Das spielende Lernen steht in der Ausstellung im Vordergrund: Spieltätigkeiten sind zweckund sinnvolle Handlungen und können Lehrmeister von Kenntnissen, Fertigkeiten und Haltungen sein, die innerhalb und außerhalb der Spielwelt für die Bildung des Menschen bedeutsam sind. Das Spiel fördert indem es fordert (Scheuerl 1990: 168).

1.1.1.3.  Nachhaltig denken Eine Ausstellung zum Thema Mobilität sollte auch den Umweltaspekt einbeziehen, sind doch das Automobil und der Verbrennungsmotor nach wie vor eine dominante Form und Ausprägung unserer Mobilität. Eine umweltfreundliche Verkehrsteilnahme zu erlernen und später im Erwachsenenalter zu praktizieren, kann sich besser einprägen, wenn Kinder und Jugendliche positive Einstellungen zur nachhaltigen Fortbewegung entwickeln und Erfahrungen damit machen (Limbourg/Flade/Schönharting 2000: 83). In der Kindheit viel zu Fuß zu gehen oder sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln vertraut zu machen, ist wichtig, um diese Art der Fortbewegung zu internalisieren und selbstverständlich zu nutzen. Der Zusammenhang von Umweltbewusstsein und Mobilität wird übergreifend behandelt. Deswegen werden die Themen der nachhaltigen Mobilität bei zwei Kapiteln als sogenannte „Emissionsrechner“ umgesetzt, die den Aspekt der CO2-Emissionen von Verkehrsmitteln thematisieren. Man erfährt, welche Faktoren Einfluss auf den CO2-Verbrauch haben und wie unterschiedliche Parameter (z. B. Auslastung und Geschwindigkeit) zusammenspielen. Die Emissionsrechner stehen für eigene Entscheidungen und die eigene Verantwortung, welches Verkehrsmittel gewählt wird.

1.1.1.4.  Der Weg ist das Ziel Ausstellungen verfolgen oft den Ansatz eines linearen Weges. Das hat sich auch bei dieser Ausstellung angeboten. Das Technische Museum Wien will seinen BesucherInnen die Vielfalt von Mobilität zeigen. Eine ungezwungene Atmosphäre ist wichtig, in der jede/r BesucherIn die Verweildauer bei den Themen und Stationen selbst bestimmt und die freie Wahl hat, welche Stationen er/sie ausprobiert oder auslässt. Auch gibt die Freiheit des Weges die Möglichkeit, dass alle BesucherInnen die Themen des eigenen Interessensgebietes erforschen können – ohne Zwang und ohne den großen Zusammenhang zu verlieren. Die Ausstellung ist daher nach einem Eingangskapitel in acht gleichwertige Themenbereiche gegliedert, die für sich stehen.


1.1.  Die Mitmachausstellung „In Bewegung“

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1.1.2.  Die Inhalte der Ausstellung „In Bewegung“

Abb 1.1-2: Blick auf die ersten zwei Kapitel der Ausstellung (TMW/kpic.at)

1.1.2.1.  Die Ziele der Ausstellung Die jungen BesucherInnen sollen in der Ausstellung das Wesen und die Besonderheiten von Fortbewegung an sich erfahren, physikalische Grundlagen dazu kennenlernen und erkennen, was Fortbewegung ausmacht. Zudem sollen sie sich über das Wesen von Fortbewegung Gedanken machen und in weiterer Folge für sich die vielen, miteinander zusammenhängenden Möglichkeiten erkennen, von A nach B zu kommen und Nachhaltigkeit in die Mobilitätsplanung einfließen lassen. Die BesucherInnen sollen sich der eigenen Emotionalität im mobilen Verhalten bewusst werden und sich eine Meinung zu Mobilitätsmöglichkeiten bilden. Außerdem will das Technische Museum Wien mit der Ausstellung über den technischen Tellerrand hinaus schauen und die Themen mit „Witz und Augenzwinkern” vermitteln.

1.1.2.2.  Die Storyline In acht Themenbereichen werden die BesucherInnen aufgefordert, herauszufinden, was es mit unserer Mobilität auf sich hat. Die Ausstellung „In Bewegung“ richtet sich in erster Linie an Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 14 Jahren, hat aber für jede/n Experimentierfreudige/n etwas zu bieten.


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Laurenz Seebauer und Bernadette Decristoforo

Als übergeordnete Leitlinie wird in jedem der Ausstellungs-Kapitel versucht, den Bogen zwischen zwei Enden einer Skala aufzuspannen. Es gibt zumeist zwei Seiten, wenn es um die Aspekte Fortbewegen geht: langsam & schnell, leicht & schwer, sicher & riskant usw. Innerhalb dieses Bogens sind die einzelnen Themen der Ausstellung verankert. Die Umsetzung der Themen bewegt sich auf der Skala zwischen diesen Polen, nicht nur in den extremen Gegensatzpaaren. Jedoch ist der Gegensatz nicht zwingend in allen Kapiteln vorhanden: In Themenbereichen, in denen es nicht sinnvoll erschien (z. B. beim Thema Vernetzung), lösten wir uns von dieser Grundidee.

1.1.2.3.  Ein Rundgang durch die Ausstellung Aufbrechen und ankommen – Vom Start ins Ziel Jeder Weg beginnt mit einem Aufbruch und endet mit einer Ankunft. In der Ausstellung werden diese grundlegenden Aspekte von Mobilität im Eingangs- und Ausgangsbereich mittels des Hands-On „Beschleunigen und Abbremsen“ gezeigt, in dem physikalische und technische Prinzipien von Beschleunigungs- und Bremsvorgängen von verschiedenen Verkehrsmitteln vermittelt werden. Der emotionale Aspekt, der beim Aufbrechen und Ankommen ins Spiel kommt, wird in einem Film thematisiert. Sinnlich oder technisch? Finde dich zurecht! Orientierung ist die Basis von Mobilität. Wie soll man mobil sein, wenn man nicht weiß, wo man hin möchte? In diesem Kapitel geht es um die Sinne, die es Menschen und Tieren erlauben, sich zu orientieren sowie um technische Hilfsmittel, die uns bei der Orientierung helfen. Der Mensch kann sich mit den eigenen Sinnen orientieren, dafür steht uns vor allem der Gesichts-(Seh)sinn oder der Orientierungssinn zur Verfügung. Die sehr ausgeprägten Möglichkeiten, sich sinnlich zu orientieren werden anhand von Beispielen aus dem Tierreich, dem Richtungshören oder dem Lesen des Sonnenstandes vorgestellt. Weiters werden technische Hilfsmittel zur Orientierung, wie Kompass, Sextant oder die Triangulation spielerisch erklärt. Kraftvoll oder effizient? Vom Gehen und Rollen Das dritte Kapitel handelt von der ersten Form der Mobilität jedes Menschen: dem Einsatz der eigenen Muskeln. Das klingt einfach, und doch ist es gleichzeitig ein hochkomplexer biomechanischer Vorgang, der in der Ausstellung mittels einer interaktiven Gehanalyse untersucht werden kann. Es geht in diesem Bereich auch um technische Hilfsmittel, die unsere eigene Kraft unterstützen. Der Mensch bemüht sich seit langer Zeit, mittels technischer Hilfsmittel, wie dem Rad, seine eigene Kraft besser zu nützen und damit Energie zu sparen. Für Menschen, die nicht mehr mobil sein können, gibt es Möglichkeiten wie den Rollstuhl, sich mit Technik und der eigenen Kraft und Koordination fortzubewegen. Der interaktive Rollstuhlsimulator zeigt, wie schwierig es sein kann, mit so einem Verkehrsmittel unterwegs zu sein.


1.1.  Die Mitmachausstellung „In Bewegung“

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Abb 1.1-3: Themenbereich über Muskelkraft (TMW/kpic.at)

Schnell oder langsam? Affenzahn und Schneckentempo Mobilität hat immer mit Geschwindigkeit zu tun. Aber was ist schnell und was ist langsam? Was bedeutet Geschwindigkeit aus technischer Sicht? Und wie nehmen wir selbst Geschwindigkeiten wahr – von Schrittgeschwindigkeit bis Mach 2? Schnelle Verkehrsmittel haben spezielle Anforderungen an die Technik: Der Luftwiderstand spielt eine große Rolle. Das kann bei einer Station mit mehreren Windkanälen ausprobiert werden. Auch an den Menschen als Lenker eines Verkehrsmittels werden bei hoher Geschwindigkeit höhere Anforderungen gestellt. Hohe Geschwindigkeit ergibt aber nicht immer einen Sinn. Auch die bewusste Langsamkeit hält in unserem Mobilitätsverhalten Einzug. In der Speedbox werden Geschwindigkeit und Wahrnehmung einander gegenübergestellt. Massiv oder filigran? Tonnenschwer und Federleicht Ist man unterwegs, möchte man sich meist möglichst leicht und effizient bewegen. Andererseits muss man manchmal sehr große Lasten transportieren. Der Gegensatz zwischen schwer und leicht spielt in diesem Kapitel die Hauptrolle. Leichte und massive Bauteile von Rad und Auto können im Hands-on „Gewichtsvergleich“ getestet werden. Als Highlight können ein echter LKW- und Schienenradsatz in Bewegung gesetzt werden.


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Laurenz Seebauer und Bernadette Decristoforo

Abb 1.1-4: Wie bewegt man schwere Massen? Das Hands-On Rollvergleich (TMW/kpic.at)

Reden oder reisen? Die Qual der Wahl Kommunikation und Mobilität sind wie Geschwister. Sie haben sich in der Menschheitsgeschichte parallel entwickelt und immer gegenseitig beeinflusst. Kann man Mobilität durch Kommunikation ersetzen? Diese und weitere Fragen werden hier gestellt. Vernetzung tritt im Rahmen der Fortbewegung immer stärker in den Vordergrund. Glaubte man anfangs durch die Vernetzung mittels Kommunikationstechnologien die Mobilität von Menschen reduzieren zu können, hat sich in der Zwischenzeit das Bild gewandelt. Die Zahl der zurückgelegten Kilometer und die Zeit, die Menschen dafür aufwenden, ist nicht vermindert worden. Im Gegenteil, die Kommunikation und Vernetzung im Zusammenhang mit multimodalem Verkehr (Kombination von Verkehrsmitteln) sind zu einen entscheidenden Faktor geworden: Ohne Echtzeit-Informationssysteme wäre eine Vielzahl von Aspekten im kombinierten Verkehr nicht möglich. Ein überdimensionaler Routenplaner zeigt die Möglichkeiten der Wegeplanung. Als Highlight darf ein ungewöhnliches Kommunikationsmittel – eine echte Rohrpost – ausprobiert werden. Zusammenkommen und auseinandergehen – von Wegen und Zentren Infrastruktur macht in vielen Bereichen unsere Mobilität erst möglich. Durch ihre hohen Kosten und die langfristigen Auswirkungen bedarf es vorausschauender Planung. Beim HandsOn „Wege planen“ kann man selbst zum Straßenplaner werden. Wie verbindet man zwei Orte über Flüsse, unter Bergen und an Seen vorbei am besten? In diesem Kapitel stehen auch Verkehrszentren als Knotenpunkte im Mittelpunkt: Ein interaktives dreidimensionales Wimmel-


1.1.  Die Mitmachausstellung „In Bewegung“

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bild zeigt, wie ein Flughafen organisiert ist und erzählt spielerisch, welche Fehlerquellen wozu führen können.

Abb 1.1-5: Das Thema Infrastruktur beschäftigt sich mit Wegen und Zentren (TMW/kpic.at)

Sicher oder riskant? Es liegt bei dir! Wie wird Mobilität sicher? Im achten Kapitel der Ausstellung werden technische Möglichkeiten rund um Sicherheit gezeigt, aber auch das ganz persönliche Risikoverhalten ist ein wichtiges Thema. Welchen technischen Aufwand kann man betreiben und warum verhält sich der Mensch oft riskant? Warum ist die Sicherheit des Menschen bei der Fortbewegung so ein wichtiges Thema? Zwei interaktive Stationen wurden zum Thema Sicherheit konzipiert: Ein Quiz testet spielerisch, wie es um das Sicherheitswissen der BesucherInnen bestellt ist. Der Umgang mit dem eigenen Risiko bei der Mobilität wird im Risikospiel thematisiert: je höher die Sicherheit ist, desto größer ist tendenziell die Risikobereitschaft. Meine Meinung Bevor man die Ausstellung verlässt, gibt es noch die Möglichkeit, zu den Ausstellungsthemen seine eigene Grundhaltung im sogenannten „Meinungsdschungel“ kundzutun. Unser Mobilitätsverhalten ist durch unsere kulturellen Hintergründe geprägt, durch Gelerntes, bestehende Strukturen, soziokulturelle Praktiken, aber auch durch subjektive Empfindungen. Die Art der Mobilität ist eine sehr individuelle Entscheidung. Was der eine für eine optimale Lösung hält, kommt für den anderen nicht in Frage. Um diese sehr individuelle Einschätzung der


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Themen, die in der Ausstellung behandelt wurden, zu verdeutlichen, steht der Meinungsdschungel bereit. Man zieht an Meinungsseilen und erfährt, wie andere BesucherInnen zu dieser Aussage stehen.

Abb 1.1-6: Der Meinungsdschungel (TMW/kpic.at)

1.1.3.  Die konzeptionelle Herangehensweise zur Mitmachausstellung „Mobilität Interaktiv – Fortbewegen“ 1.1.3.1.  KURATIEREN – der konzeptionelle Zugang Eine Ausstellung für Kinder und Jugendliche wird nach anderen Gesichtspunkten kuratiert als eine Ausstellung für Erwachsene. Eine Mitmachausstellung soll junge BesucherInnen einladen, sich dem Medium Ausstellung auf spielerische Weise zu nähern und Berührungsängste mit Museen generell abzubauen. Im Vergleich zu klassischen Ausstellungen wurden die Rolle von Objekten und Hands-On vertauscht: Hands-On dienen als Leitobjekte, stehen für Themen und transportieren die grundsätzlichen Aussagen der Kapitel. Objekte dienen der Vertiefung und Illustration.


1.1.  Die Mitmachausstellung „In Bewegung“

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Als pädagogischer Ansatz wurde an der Logik von Kükelhaus angeknüpft, der für praktisches Erfahren und Lernen im Spiel und für die Erprobung der Sinne eintritt: „Die Hand ist das äußere Gehirn des Menschen.“ (Kükelhaus 2000: 50 ff). Für unsere Zielgruppen stehen das anschauliche Denken, die Konzentration auf das Greifbare und Wirkliche, das „Hier und Jetzt“ bei der Auswahl der Themen als Ausgangspunkt im Vordergrund (Hericks 2006: 29–32). Die Kombination aus historischen Objekten und interaktiven Erlebnissen dient dazu, neue Perspektiven zu eröffnen, vom Bekannten ins Historische abzuschweifen und neue Zusammenhänge zu entdecken.

1.1.3.2.  GESTALTEN – Der Raum Aktivzonen und interaktive Stationen werden von den stärkeren Informationsebenen abgekoppelt. Die Interaktiva sind vor allem in den Gehachsen des Raumes angeordnet, Objekte, Vitrinen und vertiefende Informationen befinden sich auf einem Informationsband, das sich durch den gesamten Raum an der Wand entlangzieht. Es gibt einerseits aktivere Zonen, wie eine Rutsche, eine Bewegungszone, in der die eigene Biomechanik getestet werden kann, eine Bewegungsanalyse und einen Krabbeltunnel, andererseits auch Hands-On, die mehr Konzentration und Ruhe benötigen, wie das Spiel zur Triangulation, der Sextant oder das Risikospiel zum Testen des eigenen Risikoverhaltens. Beide Formen der Intensität sollen die Kinder und Jugendlichen fordern. Es braucht Konzentrationsspiele bei denen man Ruhe findet, aber auch aktive, bewegungsfreudigere Bereiche. Beide Angebote sollten räumlich nicht zu sehr ineinandergreifen. Durch eine klare grafische Linie und eindeutige Farbgebung der Kapitel werden die BesucherInnen in ihrem Rundgang unterstützt.

1.1.3.3.  LERNEN und GEMEINSAM AKTIV WERDEN – Spiel, Körperlichkeit und Kooperation Bei der Konzeption der interaktiven Elemente („Hands-On“) waren uns folgende Aspekte wichtig: Nach Möglichkeit sollte die Interaktion eine körperliche Komponente beinhalten. Mobilität ist nichts Statisches und das soll sich auch in den Hands-On wiederfinden. Kooperation ist ebenfalls ein wichtiges Kriterium in der Entwicklung. Das gemeinsame Erforschen, Entdecken und Diskutieren ermöglicht eine viel tiefere Beschäftigung mit einem Thema als die alleinige Konsumation. Wenn Kinder und Jugendliche im Familienverband kommen, möchten wir auch den Austausch zwischen den Generationen ermöglichen und fördern. So können sich neue Betrachtungsweisen eröffnen. Neben Stationen, die gemeinsam mit Eltern oder mit anderen Kindern erlebt werden, gibt es auch interaktive Bereiche, die alleine ausprobiert werden können, um das individuelle Erfahren und Lernen zu fördern. Ein spielerischer Umgang mit Informationen ist grundlegend: Witzige Elemente wie bewegte Infografiken oder der Einsatz von Wundertrommeln spiegeln einerseits das Thema Mobilität wieder, andererseits werden erst durch das aktive Tun der jungen Besucherinnen und Besucher Aussagen aktiviert oder Informationen vermittelt. Wundertrommeln eignen sich hervorragend, um Bewegungsabläufe sowie Bewegungsmuster darzustellen. Diese runden, bewegbaren Kreise sind einfache optische Geräte, die auf mechanischem Wege bewegte Bilder, wie


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das Galoppieren eines Pferdes, erzeugen. Information und Bewegung werden so spielerisch zusammengeführt. Die Texte in der Ausstellung sind kindgerecht geschrieben und sollen die Kinder und Jugendlichen mit leicht verständlichen Informationen und Hinweisen versorgen, sind aber auch für die Begleitpersonen zum Vorlesen gedacht.

1.1.3.4.  STAUNEN – der Einsatz von Objekten Die ausgestellten Objekte kommen in der Mitmachausstellung neben den Hands-On unterstützend zum Einsatz. Sie können eine Geschichte erzählen, vermitteln dadurch eine besondere Aura, zeichnen sich aber auch durch Schauwert aus, können Fragen auslösen oder die Themenfelder erweitern. Ein Objekt regt zusätzlich die Fantasie an und kann eine frische Sichtweise auf Dinge zeigen. Damit die museale Präsentation vom interaktiven Erleben klar getrennt ist, werden Objekte immer in Vitrinen präsentiert und mit Kontext versehen. Alles was angegriffen und ausprobiert werden darf, wird ohne Glassturz gezeigt.

Abb 1.1-7: Vitrine mit historischen und rezenten Rollfahrzeugen (TMW/kpic.at)

1.1.3.5.  ÜBERWINDEN – Interdisziplinarität Neben übergeordneten Themen wie Orientierung oder Muskelkraft werden innerhalb der Kapitel Beispiele aus der Natur und dem Tierreich anhand von Objekten, Grafiken oder Wundertrommeln präsentiert. Die Verbindung von biologischen und technischen Fragestellungen


1.1.  Die Mitmachausstellung „In Bewegung“

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veranschaulicht die aufgegriffenen Themen. Die Natur findet oft überraschende Lösungen für Probleme, die sich auch dem Menschen stellen. So beschleunigt das Känguru in seinen Sprüngen mittels Energierückgewinnung, in dem es Energie aus der Landephase in der besonders ausgeprägten Achillessehne zwischenspeichert und für den nächsten Sprung wieder einsetzt.

Abb 1.1-8: Vitrinen mit Tierobjekten ermöglichen einen Blick ins Tierreich (TMW/kpic.at)

1.1.3.6.  BLINKEN – Einsatz digitaler Vermittlungsmedien Kinder und Jugendliche leben in einer vielfach digitalen Welt. Sie sind geprägt von medialem Überfluss, es gibt immer weniger reale Erlebnisse. Ein großer Medieneinsatz ist in einer Ausstellung zwar verlockend, hat aber zu Folge, dass Bewegung meist nur passiv integriert wird. Mediale Erlebnisse in einem Museum müssen sich klar von dem, was Kinder und Jugendliche daheim mit dem Smartphone oder dem Computer spielen können, abheben. Eine Ausstellung erzählt Geschichten idealerweise mit Hilfe von Objekten, Hands-On, Texten, Bildern, Medieneinsatz aber auch partizipativen Elementen. Wir wollen reale Erlebnisse schaffen, deswegen gibt es gezielten, aber vergleichsweise sparsamen Medieneinsatz in der Mitmachausstellung.


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1.1.4  Verzeichnis der Hands-On „In Bewegung“ Abb 1.1-9 (TMW/kpic.at)

I00-H1 Rutsche Kein Hands-On-Text

Abb 1.1-10 (TMW/kpic.at)

I0-H2 Beschleunigen und abbremsen Was ist zu tun? Benütze die Kurbel, um den Antrieb zu beschleunigen. Auf der gegenüberliegenden Seite hast du die Möglichkeit, den Motor auf drei Arten abzubremsen. Erkennst du den Unterschied bei diesen drei Bremsarten? Was wird gezeigt? Die drei Bremsarten gegenüber zeigen dir, was mit der Bremsenergie passieren kann. Bei der Scheibenbremse eines Rennautos entsteht Wärme, die sogleich verpufft. Der Generator einer Lok kann Bremsenergie zurückgewinnen und nutzt diese wieder für den Antrieb. Der Bremsfallschirm bremst mithilfe des Luftstroms, das kann man sogar hören.


1.1.  Die Mitmachausstellung „In Bewegung“

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Abb 1.1-11 (TMW)

I1-H2 Bestimme deinen Standort Was ist zu tun? Auf den Bildern an der Wand siehst du Orientierungspunkte in der Landschaft: jeweils zwei für Wanderer, Seefahrer und Flugzeugpiloten. Indem du die Landkarten vor dir drehst, kannst du dir aussuchen, wie du unterwegs bist. Drücke nun den Startknopf und peile mithilfe der Laserstrahlen über die Stäbe deine zwei Orientierungspunkte an. Dein Standort ist dort, wo sich die Linien auf der Karte kreuzen. Was wird gezeigt? Wenn man nicht genau weiß, wo man sich befindet, aber in der Landschaft zwei Orientierungspunkte kennt, kann man diese anpeilen und so seinen Standort bestimmen. „Triangulation“ nennt man diese Methode. Abb 1.1-12 (TMW)

I1-H3 Richtungshören Was ist zu tun? Setze die Kopfhörer auf. Du hörst nun Umgebungsgeräusche, wie sie dir auf der Straße oder in der freien Natur auch begegnen können, und mitten hinein eine Stimme, die dir „Hallo!“ zuruft. Die blinkenden Knöpfe zeigen verschiedene Richtungen an. Drücke den, von dem du glaubst, dass von dort der Ruf gekommen ist. Wenn die grüne Lampe vor dir aufleuchtet, hast du richtig gehört. Was wird gezeigt? Blinde Menschen können Geräusche weit besser zuordnen als sehende. Ihr Gehör ist darin geschult. Nicht nur die Richtung, aus der ein Laut kommt, sondern auch die Entfernung und der Hall helfen ihnen bei der Orientierung.


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Laurenz Seebauer und Bernadette Decristoforo Abb 1.1-13 (TMW/kpic.at)

I1-H4 Sextant Was ist zu tun? Wähle mit einem der Knöpfe eine Stadt als deinen Standort. Es ist Mittag. Die Sonne steht jetzt im Zenit. Nun visierst du durch das Guckrohr des Stextanten die blaue Markierung an der gegenüberliegenden Wand an. Sie stellt den Horizont dar. Mit dem beweglichen Hebel richtest du die Spiegelung der Sonne auf den Horizont aus. Ihr unterer Rand muss in eine Linie zum Horizont übergehen. Was wird gezeigt? Auf der Digitalanzeige kannst du nun den Breitengrad ablesen, auf dem du dich befindest. Wenn er mit der Stadt übereinstimmt, die du ausgewählt hast, dann hast du ihn richtig ermittelt. Früher war das die Methode der Seefahrer, ihre Position auf dem Meer zu bestimmen. Abb 1.1-14 (TMW)

I2-H1 Der digitale Walker Was ist zu tun? Auf dem senkrecht hängenden Bildschirm wird das Gangbild eines Menschen gezeigt. Du kannst nun die Einstellungen für den menschlichen Gang in unterschiedlichen Lebenslagen verändern und beobachten, wie der Gang jeweils anders aussieht. Was wird gezeigt? Unser Gang ist einzigartig. Menschen gehen unterschiedlich, wenn sie jung oder alt sind, männlich oder weiblich, schwer oder leicht, traurig oder froh. Unser Gang hängt also neben den angeborenen Merkmalen auch von unserer Laune, vom Alter, Geschlecht und Gewicht und anderen körperlichen Voraussetzungen ab. Beobachte doch einmal die Menschen in deinem Umfeld, ob du solche Merkmale auch bei anderen erkennst.


1.1.  Die Mitmachausstellung „In Bewegung“

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Abb 1.1-15 (Daniel Zupanc)

I2-H3 Rollstuhlsimulator RoSi Was ist zu tun? Setz dich in den Rollstuhl und fahre los. Nun kannst du virtuell durch die Gegend und über einige Hindernisse rollen. Was fällt dir auf? Wie gut kommst du mit dem virtuellen Rollstuhl zurecht? Was wird gezeigt? Wenn man nicht mehr gehen kann, hilft oft ein Rollstuhl weiter. Mit diesem Simulator kann man sich gut in die Situation eines Rollstuhlfahrers versetzen. Auf der Fahrt müssen Kanten und andere Hindernisse überwunden werden. Einen Rollstuhl zu bewegen ist gar nicht so einfach. Es erfordert Geschicklichkeit und Kraft: Um die Räder anzutreiben, braucht man entweder gute Armmuskeln oder einen Elektroantrieb. Abb 1.1-16 (TMW/kpic.at)

I3-H1 Windkanal Was ist zu tun? Drücke den Startknopf und beobachte, wie die Luft entlang des Gegenstandes fließt. Bewegt sie sich gleichmäßig oder wird sie verwirbelt? Was wird gezeigt? Fließt die Luft gleichmäßig am Gegenstand entlang, braucht es weniger Kraft, um ihn zu bewegen. Wird sie verwirbelt, so muss man mehr Kraft für die Bewegung aufwenden. Je schneller sich die Luft bewegt, desto stärker sind die Verwirbelungen. Es ist deshalb besonders bei sehr schnellen Fahrzeugen wichtig, dass sie windschlüpfrig sind. Sie würden sonst zu viel Treibstoff verbrauchen oder könnten überhaupt nicht so schnell unterwegs sein.


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Abb 1.1-17 (TMW)

I3-H2 Speedbox Was ist zu tun? Nimm auf einem Klappsitz Platz, setz die 3D-Brille auf und lass dich auf die Tour durch den Schlossgarten Belvedere mitnehmen. Mit dem Hebel kannst du die Geschwindigkeit ändern. Was wird gezeigt? Je schneller man unterwegs ist, desto mehr Informationen prasseln auf einen ein. Das Gehirn des Menschen ist damit irgendwann überfordert und beginnt vieles auszublenden. So entsteht der sogenannte „Tunnelblick“, bei dem man nur mehr einen kleinen Teil seiner Umgebung erfasst – so als würde man in einem Tunnel fahren.

Abb 1.1-18 (TMW)

I3-H3 Emissionsrechner – Schnell oder langsam? Was ist zu tun? Wähle am Bildschirm aus, mit welchem Verkehrsmittel und mit welcher Geschwindigkeit du unterwegs sein willst. Der Emissionsrechner zeigt dir an, wie viel Kohlendioxid (CO2) dadurch freigesetzt wird. Was wird gezeigt? Je mehr CO2 eine Fahrt verursacht, desto mehr trägt das zur Klimaerwärmung durch den Treibhauseffekt bei. Deshalb solltest du dir vorher gut überlegen, welches Verkehrsmittel du benützt.


1.1.  Die Mitmachausstellung „In Bewegung“

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Abb 1.1-19 (TMW/kpic.at)

I3-H4 Wer ist wie schnell? Was ist zu tun? Drücke auf die Startknöpfe, bis alle Rennteilnehmer ganz links am Start stehen. Überleg dir, wer wohl wie schnell sein wird. Jetzt lass alle starten und vergleiche ihre Geschwindigkeiten. Die Stoppuhren zeigen dir, wer wie lange gebraucht hat. Was wird gezeigt? Bist du mit deinem Tipp richtig gelegen? Die Strecke, die die Rennteilnehmer zurücklegen, entspricht in Wirklichkeit circa 350 Meter. Abb 1.1-20 (TMW/kpic.at)

I4-H1 Gewichtsvergleich Was ist zu tun? Zieh an den Schnüren und fühle, wie schwer die Fahrrad-Rahmen sind. Die Anzeige unten gibt das genaue Gewicht an. Was wird gezeigt? Der Rahmen des grünen Puch Clubmann-Fahrrades ist ganz aus Stahl. So hat man vor 30 Jahren Fahrräder gebaut. Der Rahmen des schwarzen Simplon Pavo besteht aus modernen Kohlefasern und ist deshalb viel leichter. Die Techniker haben weiters lange überlegt, wo sie Material weglassen können, damit sie dieses niedrige Gewicht erreichen. Beide Autotüren stammen von einem VW Golf. Die rote Türe ist vom Modell Golf II (ab 1983), die silberne vom Modell Golf IV (ab 1997). Obwohl die silberne Türe 14 Jahre jünger ist, wiegt sie fast das Doppelte. Das liegt zum größten Teil daran, dass mehr komfortable Technik, wie elektrische Fensterheber oder verstellbare Seitenspiegel, in die Türe eingebaut wurden. Zusätzlich gibt sie bei einem Crash mehr Sicherheit für die Personen im Auto – auch das macht sie schwerer.


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Abb 1.1-21 (TMW/kpic.at)

I4-H3 Auftrieb Schiff Was ist zu tun? Drücke den Knopf und beobachte, wie das Schiff immer schwerer wird, je weiter es aus dem Wasser gehoben wird. Die Anzeige unten zeigt dir das genaue Gewicht an. Was wird gezeigt? Ein Schiff schwimmt, weil sein Rumpf Wasser verdrängt und dadurch Auftrieb erzeugt. Das Gewicht des Schiffs wird also vom Wasser getragen. Du kannst sehen, dass das Seil mehr Gewicht des Schiffs übernehmen muss, wenn es aus dem Wasser gehoben wird. Je weiter es aus dem Wasser herauskommt, desto weniger Auftrieb wird erzeugt. Wenn man ein Schiff richtig baut, kann es ein Vielfaches der Last des längsten Zuges befördern. Abb 1.1-22 (TMW/kpic.at)

I4-H4 Rollvergleich Was ist zu tun? Versuche, die beiden Radsätze in Bewegung zu versetzen. Welcher geht schwerer und welcher rollt leichter? Was wird gezeigt? Ein Waggon rollt auf Schienen sehr leicht. Einmal in Bewegung gesetzt, wird fast keine Kraft mehr benötigt, damit er weiterrollt. Auf diese Weise kann man mit der Eisen-

bahn recht leicht große Mengen Fracht bewegen. Will man Lkw-Reifen auf der Straße zum Rollen bringen, braucht es schon mehr Kraft. Sie rollen nicht ganz so gut, weil der Gummi der Reifen bremsend wirkt. Der Fachmann sagt: der Gummi walkt.


1.1.  Die Mitmachausstellung „In Bewegung“

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Abb 1.1-23 (TMW)

I4-H5 Emissionsrechner – Massiv oder filigran? Was ist zu tun? Wähle am Bildschirm aus, mit welchem Verkehrsmittel du eine Fracht befördern willst. Der Emissionsrechner zeigt dir an, wie viel Kohlendioxid (CO2) dadurch freigesetzt wird. Was wird gezeigt? Je mehr CO2 ein Transport verursacht, desto mehr trägt das zur Klimaerwärmung durch den Treibhauseffekt bei. Deshalb sollte man sich vorher gut überlegen, ob man eine Fracht wirklich so weit befördern muss.

Abb 1.1-24 (TMW)

I5-H1 Routenplaner Was ist zu tun? Gib zwei österreichische Orte ein, von denen du wissen möchtest, welche Verkehrsverbindungen es dazwischen gibt – zum Beispiel das Technische Museum und deinen Heimatort. Die Tastatur auf dem Bildschirm kannst du dir auf eine Position ziehen, in der du sie bequem bedienen kannst. Was wird gezeigt? Wenn du auf „Route berechnen“ tippst, erscheint eine Liste mit Verbindungsmöglichkeiten. Du kannst dir eine davon aussuchen und genauer anschauen. Gezeigt werden dir auch die Verkehrsmittel und die voraussichtliche Wegzeit. Mit dem Kartensymbol am oberen Rand des Bildschirms kannst du den Routenplan dazu aufrufen.


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Abb 1.1-25 (Daniel Zupanc)

I5-H3 Rohrpost Was ist zu tun? Für diese Station ist beim Info-Pult die Gegenstelle. Dort bekommst du eine Rohrpostbüchse, in der du eine Nachricht versenden kannst. Was wird gezeigt? Die Rohrpost ist schon vor über 150 Jahren erfunden worden. Durch Druckluft kann die Büchse sehr schnell und auch relativ weit geschickt werden. Heute noch wird sie unter anderem in Krankenhäusern zum Transport von Medikamenten verwendet. Wenn es nur um das Übermitteln von Nachrichten geht, so geschieht das längst auf elektronischem Weg – zum Beispiel über das Webtelefon.

Abb 1.1-26 (TMW)

I5-H4 Wegzeit-Rechner Was ist zu tun? Wähle aus der Liste ein Verkehrsmittel, mit dem du fahren möchtest. Tippe nun mit dem Finger auf einen Startpunkt auf der Landkarte, um deine Wegzeit durch Wien zu berechnen. Was wird gezeigt? Eine Reihe unterschiedlich großer Flächen in verschiedenen Farben erscheint auf dem Bildschirm. Sie zeigen dir, wie viele Minuten du mit deinem Verkehrsmittel von deinem Standpunkt aus durch Wien benötigst. Aber bedenke: Fürs Zuspätkommen hast du jetzt keine Ausrede mehr.


1.1.  Die Mitmachausstellung „In Bewegung“

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Abb 1.1-27 (Daniel Zupanc)

I6-H1 Wege bauen Was ist zu tun? Drück auf den weißen Knopf. Die blinkenden Lichter auf der Landschaft zeigen dir, welche beiden Orte du miteinander verbinden sollst. Nimm nun die grauen Straßenstücke und leg sie hintereinander auf, um die Verbindungen zu bauen. Wenn du fertig bist, hörst du, wo du mit dem Wegebau ankommen bist. Was wird gezeigt? Um uns über Land bewegen zu können, brauchen wir Wege. Hier kannst du selbst zum Straßenplaner werden. Zwei Orte miteinander zu verbinden ist gar nicht so einfach, denn es gibt viele Möglichkeiten und man muss gut aufpassen: Berge müssen untertunnelt oder umfahren werden, einen Fluss muss man überbrücken, und durch einen See kann man auch nicht so einfach durchfahren. Wenn du von A nach B gekommen bist, probier einfach die nächste Strecke aus! Abb 1.1-28 (TMW/kpic.at)

I6-H2 Der Flughafen Was ist zu tun? Wenn du auf einen der drei Knöpfe drückst, erfährst du, was die Menschen auf einem Flughafen so alles erleben. Schau also gut hin, welche Lämpchen aufleuchten und lass dir von der Anzeigetafel über dem Modell die Geschichten erzählen. Was wird gezeigt? Ein Flughafen ist ein großes Verkehrszentrum, in dem viele Menschen arbeiten und unterwegs sind. Wenn du den grünen Knopf drückst, siehst du die Geschichte von Klara, die das erste Mal alleine fliegt. Der gelbe Knopf zeigt dir die Stationen des Flughafenmitarbeiters Herbert. Mit dem roten Knopf kannst du den Weg der Geschäftsfrau Akemi verfolgen. Auf einem Flughafen gibt es natürlich noch viel mehr zu erleben: Hast du Conchita Wurst schon entdeckt?


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Abb 1.1-29 (TMW/kpic.at)

I7-H1 Sicherheit Was ist zu tun? Hier tretet ihr als zwei Spieler (oder zwei Gruppen) in einem Ratespiel gegeneinander an. Ihr müsst Fragen beantworten, auf die die Antworten Zahlen sind. Meistens müsst ihr wohl schätzen. Gebt euren Tipp über die Tastaturen links und rechts ein und drückt auf „Bestätigen“. Was wird gezeigt? Erst wenn beide Spieler den Bestätigen-Knopf gedrückt haben, erscheint die richtige Antwort. Wer besser geschätzt hat, dessen Seilbahnkabine fährt ein kleines Stück weiter. Wenn ihr euch beide zu sehr verschätzt habt, gilt keine der Antworten. Das Spiel ist zu Ende, wenn die Glocke in der Bergstation der Seilbahn läutet. Abb 1.1-30 (Daniel Zupanc)

I7-H2 Risikospiel Was ist zu tun? Leg eine Kugel in eine der drei Bahnen und drücke den weißen Knopf. Sobald er auf Grün stellt, wird die Kugel freigegeben und die Stoppuhr gestartet. Mit dem Hebel kontrollierst du ihre Geschwindigkeit. Was wird gezeigt? Je steiler du die Bahn stellst, umso besser ist deine Zeit, umso größer ist aber auch das Risiko, dass die Kugel aus der Bahn springt. Ihr könnt das Spiel auch zu zweit oder zu dritt spielen.


1.1.  Die Mitmachausstellung „In Bewegung“

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Abb 1.1-31 (TMW/kpic.at)

I8-H1 Meinungsdschungel Was ist zu tun? Welche dieser Aussagen trifft auf dich zu? Stell dich auf die passende Platte und stimme ab, indem du einmal an der Schnur ziehst. Du kannst auch gerne für mehrere Meinungen stimmen. Was wird gezeigt? Jeder Mensch hat seine eigenen Vorstellungen zum Thema Mobilität. Die unterschiedlichen Aussagen zeigen diese Vielfalt. Je stärker eine Platte leuchtet, desto mehr Menschen stimmten dieser Meinung zu. Wenn du es noch genauer wissen willst, schau auf den Bildschirm. Dort findest du das exakte Abstimmungsergebnis.

Literatur Hericks, Nicola (2006): Das Kindermuseum – Spielplatz oder Lernort? Pädagogische Grundlagen, geschichtliche Entwicklung und Analyse von Konzepten. Berlin, wvb Wissenschaftlicher Verlag Berlin. Kükelhaus, Hugo (2000): Der kindliche Organismus als pädagogisches Subjekt, in Organismus und Technik, in: Lutz Fiesser: Raum für Zeit. Quellentexte zur Pädagogik der interaktiven Science-Zentren. Flensburg, S. 50 ff. Limbourg, Maria / Flade Antje; Schönharting Jörg (2000): Mobilität im Kindes- und Jugendalter, Opladen. Scheuerl, Hans (1990): Das Spiel, Untersuchungen über sein Wesen, seine pädagogischen Möglichkeiten und Grenzen. Bd.1, Weinheim/Basel: Beltz.


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1.2. Evaluierungen im Technischen Museum

1.2.1. Warum Evaluieren? Museen sollen den BesucherInnen Erlebnisse bieten, die im Gedächtnis bleiben. Daher ist das Anliegen von AusstellungsmacherInnen groß, sich in die Perspektive der BesucherInnen zu begeben, um selbst zu erfahren, was berührt, was gelungen ist, aber auch, was besser gemacht werden könnte. Immer wieder geht es um die Fragen: Was ist eine gute und erfolgreiche Ausstellung? Kommt das, was wir uns in unseren Konzepten überlegt haben, auch so an? Evaluation ist ein besucherorientierter Forschungsansatz, der Hilfestellungen bietet, um die Aufgabe des Ausstellungsmachens erfolgreich umzusetzen und den Teams wertvolles und fundiertes Feedback zu ihrem Tun gibt (Pyhel et al. 2009: 12). Die Ausstellungen im Technischen Museum Wien fördern das informelle Lernen, also das selbstbestimmte und durch eigenen Antrieb gesteuerte Lernen und das Sammeln von kontextbezogenen physischen, sozialen und persönlichen Erfahrungen aus dem Museumsbesuch. Das Museum als Institution mit Bildungsauftrag möchte sich ständig weiterentwickeln und von BesucherInnen lernen: Eine Institution lernt, indem sie genau hinschaut, um das Gesehene in zukünftige Entwicklungsprozesse von Ausstellungen einfließen zu lassen, Besucherbedürfnisse einordnen zu können und Ausstellungen qualitativ zu optimieren. Genau deswegen gibt es bei Mitmachausstellungen im Technischen Museum Wien regelmäßige Evaluierungen, die darauf abzielen, das Format Mitmach-/Erlebnisausstellungen für „Groß und Klein“ weiterzuentwickeln und langfristige Qualitäts- und Professionalisierungsmaßnahmen zu setzen, damit möglichst viele Parameter in den zukünftigen Ausrichtungen und Konzepten für interaktive Ausstellungen berücksichtigt werden können. Evaluierungen werden im Museumsbetrieb allgemein meist zur reinen „Erfolgskontrolle“ eingesetzt. Evaluationsformen, die den Entstehungsprozeß eines Projektes begleiten und als Ausgangspunkt für Neues dienen können, spielen in der Praxis eine wesentlich geringere Rolle (Pyhel et al. 2009: 9). Meist steht ein hoher zeitlicher Aufwand dahinter, der sich jedoch lohnt, wie sich im aktuellen Evaluierungsprojekt herausgestellt hat. Das Projektteam hatte sich zum Ziel gesetzt, möglichst viel für das Museum herauszuholen, da es sich bei der Mitmachausstellung „In Bewegung“ um eine Dauerausstellung handelt und gute Qualität sowie zielgruppengerechte Erlebnisse als ein oberstes Ziel definiert wurde. So wurde für die Ausstellung ein dreistufiger Evaluierungsprozess schon während des Entstehungsprozesses initiiert. Dieser wird im folgenden Kapitel (Fiby/Bischof ) erläutert. Durch die wissenschaftliche Kooperation mit der Universität Wien und dem Institut für Bildungswissenschaft konnte ein großer Schritt in Richtung Professionalisierung einer Evalu-


1.2. Evaluierungen im Technischen Museum

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ierung gesetzt werden. Das Technische Museum Wien ist ein praxisorientierter Vorreiter, was diese umfangreiche Form der Evaluierung betrifft. Ein Qualitätskreislauf als Realitätscheck aus dem Projektmanagement ist die Grundlage für eine zielführende Evaluierungsplanung. Der PDCA Zyklus nach W. Deming (Imai: 1992: 86ff.) mit den Stufen: Planen (plan), Ausführen (do), Checken (check) und Agieren (act) – also aus den Erfahrungen Schlüsse für weitere Planungen ziehen, ist die Grundlage für eine permanente Qualitätssicherung.

Abb 1: Qualitätskreislauf als PDCA-Zyklus (nach W. Edwards Deming)

1.2.2. Genese der Ausstellungsevaluierungen im TMW Evaluierungen gab es in der Vergangenheit im Technischen Museum Wien bereits mehrere, die in unterschiedlicher Tiefe durchgeführt wurden und in deren Rahmen passende Methoden Step-by-step entwickelt wurden. Bei der interaktiven Ausstellung „body.check“ wurde für den Vermittlungsraum „Von Kopf bis Fuß“ eine Kombination aus Beobachtungen und Befragungen von Kindern sowie Eltern als Methode gewählt (Decristoforo/Fiby/Seebauer, 2010). Bei der Mitmachausstellung „In Arbeit“ gab es eine ExpertInnen-Fokusgruppe, Besucherbuchauswertungen und eine Zählerdatenanalyse aus den Hands-On, um die Nutzung von interaktiven Stationen analysieren zu können. Fakt ist, dass die Ergebnisse der Evaluierungen aus 2010 und 2012 – so unterschiedlich sie waren – und die daraus entstandenen “Lessons Learned” für die folgenden interaktiven Ausstellungskonzepte genutzt wurden. So entstand das Format „Mitmachausstellung“, das ein offenes und interaktives Ausstellungsformat ist, indem die Themen zu einem Großteil interaktiv vermittelt werden, das ohne Anmeldung individuell besucht werden kann und sich vor allem an FamilienbesucherInnen richtet.

1.2.3. Ziele für die Evaluierung „In Bewegung“ Der Fokus der Untersuchungen für die Ausstellung „In Bewegung“ lag auf dem Nutzen und den Möglichkeiten von Interaktivität. Dabei wurde ein spezieller Blick auf die Zielgruppe gerichtet: 8 bis 14-jährige Kinder und Jugendliche und FamilienbesucherInnen.


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In die gesamte Ausstellung sind ca. 30 Hands-On eingebettet. Nicht alle konnten in gleicher Weise evaluiert werden, es wurde jedoch versucht, die Ausstellung in den drei Phasen möglichst umfassend zu untersuchen. Als Methodik wurden im gesamten Projekt Interviews, Fragebögen, Beobachtungen und Tracking gewählt und zudem nach einem Jahr Laufzeit auch eine Zählerdatenanalyse ausgewertet. Ausgehend von den Erkenntnissen vohergehender Evaluierungen, wurden folgende Ziele für das Evaluierungsprojekt der „In Bewegung“ formuliert: • Quality Management: Es sollten die Qualitätskriterien für interaktive Ausstellungen, die langfristig eingesetzt werden können, weiterentwickelt werden. • Es sollte die Funktionalität der Hands-On in ihrer Umsetzung aber auch in ihrer inhaltlichen Ausrichtung auf die Benützung der Zielgruppe 8- bis 14-jährige und FamilienbesucherInnen herausgearbeitet werden. • Durch BesucherInnenforschung während des Betriebes sollte möglichst viel über die Zielgruppe „Familien“ herausgefunden werden. • Die Evaluierung sollte mehrstufig ablaufen. Während der Konzeptphase sollte ein „Frontend“-Check und vor Eröffnung eine „formative Evaluierung“ stattfinden. Während der Betriebsphase sollte – als „summative Evaluierung“ – das Testen und Messen der in Phase 1 definierten Parameter passieren. • Das Projekt und die drei Phasen sollten professionell durch eine Evaluierungsexpertin begleitet werden. • Es sollten Methoden für BesucherInnenforschung entwickelt werden, die an die Bedürfnisse des Museums angepasst sind und einfach sowie kostengünstig bei nächsten Ausstellungen eingesetzt werden können. • Die Methoden sollten mit einem/r Partner/in aus dem Wissenschaftsbetrieb entwickelt und standardisiert werden. • Das Projekt und die Vorgehensweise der Evaluierung sollte die Grundlage für einen Qualitätskreislauf bei interaktiven Ausstellungen legitimieren. Gemeinsam mit der Universität Wien ist es im TMW bei diesem Evaluierungsprojekt gelungen, eine Verbindung von Theorie und Praxis herzustellen. Durch die Masterarbeiten sind eine Vielzahl an „Lessons Learned“ zustande gekommen, die in den weiteren museumspädagogischen Projekten und Ausstellungskonzepten bedacht und durch nächste Ausstellungsevaluierungen erweitert werden können.

1.2.4. App zur Messung von Attraktivität, Verweildauer und Tracking Um die Erhebung von Beobachtungdaten zu standardisieren und zu erleichtern, wurde hausintern vom Bereich „Hands-On“ eine App entwickelt und programmiert. Damit können auf einem Tablet-PC Daten zu den Parametern Attraktivität und Verweildauer aufgezeichnet sowie Besucher-Tracking durchgeführt werden. Die Methodik ist analog zu klassischen „Paper-Pencil“-Methode ausgeführt, verbessert aber die Konsistenz der Datenerhebung und erleichtert die Auswertung. Zusätzlich ist die App mit den Zählern der Hands-On synchronisiert. Die App wurde auf einem Tablet-PC installiert, mit dem die/der EvaluatorIn die Besucher beobachten kann. Die Touch-Felder zur Dateneingabe sind so angeordnet, dass sie mit den


1.2. Evaluierungen im Technischen Museum

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Daumen beider Hände betätigt werden können. Das ermöglicht eine leichtere Beobachtung, da der Blick nicht zwischen Bildschirm und Besucher hin- und herwechseln muss. Die Daten stehen mit sekundengenauem Zeitstempel als Excel-Files zur weiteren Auswertung zur Verfügung. Bei der Programmierung der App wurde großes Augenmerk auf die Modularität und Wiederverwertbarkeit gelegt. Es ist mit geringen Aufwand möglich, die App zur Evaluierung anderer Ausstellungen zu verwenden. So konnte ein standardisiertes Messinstrument zur Evaluierung von Ausstellungen erarbeitet werden.

Attraktivität und Verweildauer Die „Attraktivität“ – in der englischsprachigen Literatur auch als „attraction“ bzw. „attracting power“ bezeichnet – wird als der Anteil (in Prozent) der gesamten BesucherInnen definiert, der vor dem betreffenden Objekt stehen bleibt. Um in dieser Kategorie gezählt werden zu können, muss die Person sich mindestens zwei Sekunden, mit beiden Füßen fest am Boden stehend und dem Oberkörper dem Objekt zugewandt, aufhalten.

Abb 2: App-Ausschnitt Attraktivität (TMW)

Die Verweildauer oder „holding power“ bezeichnet die Zeitspanne (in Sekunden), die eine Person in der Beschäftigung mit einem Objekt verbringt. Die Aufzeichnung der Zeit beginnt mit dem Zuwenden zum Objekt analog der Attraktivität; sie endet, wenn die Person sich auch physisch vom Objekt abwendet. Zusätzlich ist es mit der App möglich, die Altersgruppe und das Geschlecht des/der beobachteten BesucherIn zu vermerken. Weiters kann aufgezeichnet werden, ob die/der BesucherIn die Ausstellung im Rahmen einer Gruppe besucht.


Bernadette Decristoforo und Laurenz Seebauer

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Abb 3: App-Ausschnitt Verweildauer (TMW)

Tracking Das Tracking ist eine spezifische und aufwendige Beobachtungsform, die insbesondere in der Besucherforschung von Museen relativ häufig eingesetzt wird. Vorteile dieser Methodik ist die – mit anderen Methoden nicht erreichbare – Fülle und Dichte der Daten. Dabei wird eine Person auf ihrem Weg durch die Ausstellung beobachtet und es wird aufgezeichnet, bei welchen Objekten sie stehen bleibt – und gegebenenfalls auch, was sie konkret bei diesen Objekten macht. In der App wurde die gesamte Ausstellung in einer vereinfachten Darstellung als Grundriss abgebildet. Es wurden folgende Parameter aufgezeichnet: • Alter, Geschlecht und Gruppenzusammensetzung der/des beobachteten BesucherIn • Aufenthaltsdauer vor den einzelnen Objekten • Handlungen mit den einzelnen Objekten –  Text/Anleitung lesen bzw. bei Kindern: vorgelesen bekommen –  physische Interaktion mit dem Hands-On –  mit jemand anderem über das Hands-On sprechen • Dauer des Gesamtaufenthaltes in der Ausstellung • Zusätzlich wurde erhoben, ob und wie lange eine Interaktion mit dem/der TutorIn stattfand, ob und wie lange Sitzbänke genutzt wurden und ob Kapiteltexte gelesen wurden. Die Auswahl der BesucherInnen für das Tracking erfolgte durch ein Zufallssystem (in dieser Anwendung war es die erste Person, die in die untersuchte Stichprobe passte und eine zuvor bestimmte – in der Ausstellung gezogene – Linie durchschritt). Es wird zwischen verdecktem und offenen Tracking unterschieden – wobei bei letzterem die Beobachteten vor Beginn des Trackings nach ihrer Erlaubnis gefragt und darüber aufgeklärt werden, wofür die Daten verwendet werden sollen. Beide Herangehensweisen haben durchaus


1.2. Evaluierungen im Technischen Museum

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argumentierbare Vorteile. Die Entscheidung fiel letztlich für einen offenen Zugang, da uns ein angenehmes und ungetrübtes Museumserlebnis der beobachteten BesucherInnen sehr wichtig war. In etlichen Studien, in denen ein verdeckter Zugang gewählt worden war, wurde berichtet, dass einige BesucherInnen die Beobachtung offenbar bemerkten und davon irritiert waren bzw. den Ausstellungsbesuch vorzeitig abbrachen. Ein vermuteter Nachteil dieser Methodik war die offenbar längere Gesamtaufenthaltsdauer von BesucherInnen, die wissen, dass sie getrackt oder befragt werden. Es zeigte sich allerdings, dass das Tracking die Gesamtverweilzeit in weitaus geringerem Maße beeinflusste als die Befragung – so verweilten getrackte BesucherInnen durchschnittlich 29 und befragte BesucherInnen durchschnittlich 42,8 Minuten in der Ausstellung, während unbeeinflusste (weder getrackte noch befragte BesucherInnen) durchschnittlich 30 Minuten in der Ausstellung blieben. Die getrackten BesucherInnen erhielten nach dem Tracking ein kleines Dankeschön.

Abb 4: App-Ausschnitt Tracking: Grundriss Ausstellung (TMW)

Literatur Pyhel Thomas/Munro Patricia/Siekierski Eva/Weyer Monika ((Hg., 2009): Wegweiser Evaluation – Von der Projektidee zum bleibenden Ausstellungserlebnis, München: oekom Verlag. Decristoforo Bernadette/Fiby Monika/Seebauer Laurenz (2010): Evaluierungsbericht „Von Kopf bis Fuss“. Wien: TMW. Imai Masaaki (1992): Kaizen – Der Schlüssel zum Erfolg der Japaner im Wettbewerb. München. Wirtschaftsverlag Langen Müller Herbig.


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Monika Fiby und Hannah Bischof

1.3. Evaluierungsphasen Für den Mitmachbereich „Mobilität interaktiv“ wurden die im angloamerikanischen Raum klassischen Phasen der Ausstellungsevaluierung – front-end, formative und summative evaluation – zur Qualitätskontrolle eingesetzt (Serrell 1998).

Abb1.3-1: Evaluierungsphasen in Abstimmung mit dem Ausstellungszeitplan (TMW)

Front-end Evaluierung Zum Zeitpunkt des Evaluierungsbeginns, im Frühjahr 2014, lagen das Vermittlungskonzept, ein Entwurf zur Raumnutzung und die Pflichtenhefte zur Entwicklung der Hands-On bereits vor. Die „Front-End“ Evaluierung dient typischerweise der Entwicklung von Inhalten und deren Vermittlung. In diesem Fall wurde sie dazu genutzt, die Raumnutzung und die Funktionalität der Hands-On systematisch zu analysieren und Methoden für die weiteren Evaluierungsphasen zu entwickeln. Die räumliche Anordnung von 30 Hands-On wurde auf Zugänglichkeit, Geräuschentwicklung, Durchlauf- bzw. Wartezeit und Gruppentauglichkeit überprüft. Dies führte zu kleinen Korrekturen bei der Raumnutzung. Beispielsweise wurde der „Windkanal“ in die Raummitte verlegt und dadurch gruppentauglich. Hands-On, deren Funktionalität noch nicht erprobt war, wurden für Tests ausgewählt. Bei einigen wurden aufgrund der ersten Analyse Änderungen vorgenommen, die sich später als erfolgreich erwiesen. Das Hands-On I1-H3 Richtungshören wurde zur Unterstützung der intuitiven Nutzung durch eine Figur mit Kopfhörern ergänzt. Der „Walker“ wurde in zwei Hands-


1.3. Evaluierungsphasen

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On mit je einer Aussage (I2-H1 Der digitale Wakler und I2-H2 Der analoge Walker) aufgeteilt. I6-H1 Wege bauen wurde auf eine Aussage (Wege um Hindernisse führen) vereinfacht. Die Analysen dienten vor allem der Formulierung von Hypothesen zur Ausstellungsnutzung durch die BesucherInnen für die späteren Phasen der Evaluierung. Beispielsweise wurde der Aktionsradius um die einzelnen Hands-On – 45°, 180°, 360° – und das Alter der Zielgruppen für jedes Hands-On dokumentiert, um später den Zusammenhang mit Interaktionen der BesucherInnen festzustellen. Die Hypothesen betrafen die Attraktivität und Intuitivtät der Hands-On, Durchlauf-, Verweil- und Wartezeiten sowie die zu erwartende Gruppendynamik an den Hands-On. Außerdem wurden Tests für die Formative Evaluierung entwickelt und Ziele für die summative Evaluierung formuliert.

Formative Evaluierung Im Oktober 2014, also einen Monat vor Eröffnung, wurden 11 Hands-On getestet, die bereits fertiggestellt und in die Raumgestaltung eingebettet waren. In drei halben Tagen wurden Handhabung und Verständlichkeit der Hands-On sowie die Lesbarkeit der Anleitungen mit Familien und SchülerInnen getestet. Die Intuitivität der Bedienung sollte möglichst hoch sein. Das heißt, die Gestaltung der Hands-On sollte gewährleisten, dass die NutzerInnen sie ohne zu zögern richtig bedienen. Zehn MuseumsmitarbeiterInnen nahmen die Zeitmessungen, Interviews und Leseproben vor. Auf Basis der Tests wurden einige bauliche Verbesserungen und Textänderungen an den Anleitungen vorgenommen. Beispielsweise wurde beim I4-H1 Gewichtsvergleich und beim I4-H4 Rollvergleich die Gewichtsanzeige der Objekte besser sichtbar gemacht. Beim I7-H2 Risikospiel wurden Beschriftungen an den LED‘s und am Startknopf ergänzt. Die Teilnahme vor allem der technischen MitarbeiterInnen an den Tests war für diese sehr motivierend und förderte das Verständnis für Bedürfnisse und Verhalten von BesucherInnen. Die Erfahrung zeigte, dass offene Fragen – z. B. Was meinst Du, wird hier gezeigt? – am besten geeignet sind, die Verständlichkeit der Hands-On zu testen.

Summative Evaluierung Die Evaluierung im laufenden Betrieb sollte mit Unterstützung von StudentInnen Kennzahlen aus Beobachtungen, Befragungen, Trackings und der Auswertung der Zählerdaten liefern. Eine Aufwandseinschätzung zeigte deutlich, dass der Umfang und die Qualität der Evaluierung durch die Verfügbarkeit betreuenden Personen begrenzt ist. Eine Erhöhung der Effektivität erfolgte durch das Programmieren einer App für die Datenerhebung mittels Tablet.

Herausforderungen und Überraschungen – Die Foschungskooperation zwischen dem Technischen Museum Wien und dem Institut für Bildungswissenschaft Der summative Teil der Evaluierung wurde – als Novum der Evaluationsprojekte des TMW – in Kooperation mit einem Universitätsinstitut durchgeführt. Ziel dieses Vorhabens war es einerseits, valide und unter exakten wissenschaftlichen Kriterien erhobene und ausgewertete Daten zum BesucherInnenverhalten und -erleben in der Ausstellung „In Bewegung“ zu erhalten.


Monika Fiby und Hannah Bischof

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Andererseits sollten in dieser Untersuchung – als Pilotprojekt – erste Erfahrungen zur Zusammenarbeit mit einer universitären Einrichtung gemacht werden, auch um zu testen, ob und wie diese Form der Evaluationsgestaltung für zukünftige Ausstellungen praktikabel und mehrwertstiftend eingesetzt werden kann. Schon die Wahl des Instituts für Bildungswissenschaft, das im Jänner 2015 als Kooperationspartner gewonnen werden konnte, legte Fokus und Blickwinkel auf die – zuvor intern allgemeiner definierten – Fragestellungen weitgehend fest. Eine erste, für Foschungskooperationen typische (Hanebuth et al. 2015), Herausforderung lag demnach darin, das Wissenschaftsverständnis unterschiedlicher ProfessionistInnen (im Kernteam des TMW waren keine BildungswissenschafterInnen vertreten) abzugleichen. So mussten die aus der Praxis gegriffenen Fragestellungen des TMW in bildungswissenschaftliche Themen „übersetzt“ und mit bestehenden Theorien verknüpft werden. Dabei sollte das eigentliche Ziel aber nicht aus den Augen verloren werden. So rückte der Bildungsauftrag des Museums, und die Art und Weise, in der Wissen in der Ausstellung „In Bewegung“ vermittelt wird, in das Zentrum der Aufmerksamkeit; andere (u.a. technische oder psychologische Fragestellungen) wurden hingegen außer Acht gelassen oder in einem anderen Kontext untersucht. Dieser Prozess, in den die Studierenden schon mit einbezogen wurden, und als AnwältInnen ihres sich entwickelnden Forschungsprojektes sowohl die Auftraggeber des Museums als auch ihre wissenschaftlichen BetreuerInnen der Uni Wien zufrieden stellen sollten, erforderte ein behutsames Vorgehen und den Aufbau klarer kommunikativer Prozesse. In etlichen Konferenzschleifen wurden die Themen, Fragestellungen, Hypothesen und Methoden immer weiter ausdifferenziert und verhandelt, bis gangbare und sinnvolle Kompromisse erarbeitet worden waren. Zugleich entwickelte das Projekt eine erfreuliche (Eigen)dynamik: Aus dem geplanten „Antastprojekt“ (in der Konzeption wurde ursprünglich von der Zusammenarbeit mit einem/einer Lehrenden und maximal 3 Studierenden ausgegangen), entstand – in gewisser Weise für alle überraschend – ein beachtlicher Prozess. Letztlich beteiligten sich vier höchst engagierte ProfessorInnen und neun MasterstudentInnen des Universitätsinstitutes am Projekt. Auch wenn das Loslassen von zuvor erdachten Untersuchungsmethoden und Fragestellungen für das Team des TMW zu Beginn nicht ganz einfach war, hat es sich in jeder Hinsicht gelohnt, sich auf die Neugierde und die bildungswissenschaftliche Expertise der Studierenden und Lehrenden einzulassen. Interessanterweise haben viele der neuartigen, mutigen und querdenkerischen Fragen die spannendsten Erkenntnisse gebracht.

Literatur Hanebuth Andrea / Lee Roh Pin / Meschke Stephan / Nicklas Maria (Hg.) (2015): Forschungskooperationen zwischen Wissenschaft und Praxis. Erkenntnisse und Tipps für das Management, Wiesbaden: Springer Gabler. Serrell, Beverly (1998): Paying Attention. Visitors and Museum Exhibitions. Washington D.C. American Association of Museums.


2. Teil: Evaluationen


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Christian Swertz

2.1 Museen aus medienpädagogischer Perspektive Einige der Forschungsarbeiten, die im Rahmen des in diesem Band präsentierten Evaluationsprojekts durchgeführt wurden, verwenden einen medienpädagogischen Ansatz. Auch erscheint der vorliegende Sammelband in der Reihe “Mediale Impulse”. Das mag überraschen, ist es doch, auch wenn Museen häufig von Kindern und Jugendlichen oder Schulklassen besucht werden, nicht von vornherein selbstverständlich, dass Museen medienpädagogisch relevant sind. Aus diesem Grund gilt es, hier einen kurzen Blick auf Museen aus medienpädagogischer Perspektive zu werfen. Medienpädagogisch relevant sind Museen dann, so die These, wenn sie in den Bereich der Medialität des Pädagogischen fallen. Um dies zu diskutieren wird hier zunächst argumentiert, dass Museen pädagogisch relevant sind. Dabei wird gezeigt, dass insbesondere technische Museen nicht nur Medien ausstellen, sondern selbst als Medien verstanden werden können. Vor diesem Hintergrund wird die Medienkompetenzvermittlung als eine Aufgabe für Museen, die Betrachtung von Museen als Orte der Mediensozialisation und Medienbildung und ein Verständnis von Museen als mediendidaktisches Handlungsfeld vorgeschlagen. Museen sammeln, bewahren, forschen und stellen aus. Sie haben gesellschaftliche Funktionen, etwa eine ökonomische Funktion für den Tourismus (Noschka-Roos 2013) und als von BesucherInnenzahlen abhängige Unternehmen (Balloftet u.a. 2015), oder eine kulturelle Funktion für die Entwicklung des Selbstverständnisses einer bürgerlichen Kultur (Byung Jun 2013). Letzteres gilt für technische Museen vor allem im Blick auf die eng mit der Entwicklung von Technik verbundenen Industrialisierung. So wurde das Technische Museum in Wien in der Gründung von (Groß-)Industriellen mitgestaltet. In dieser Mitgestaltung kommt eine gezielte, von Industriellen vorgenommene Transformation industrieller Artefakte in kulturelle Artefakte zum Ausdruck. Durch diese Transformation wird eine Umdeutung der auf Macht ausgerichteten Technik in kulturelle Werte erreicht (Swertz 2009b). Die in der Transformation erreichte Umdeutung verdeckt unter anderem die menschenverachtende Seite technischer Macht, weil diese im Museum nicht erlebbar ist, und schafft so eine gesellschaftliche Legitimation für die mit Technik verbundenen ethischen Probleme – ein typischer Ausdruck der Kompensationsfunktion der Geisteswissenschaften, die hier ganz im Sinne von Marquard (1986) durch das Erzeugen von interpretativen Erzählungen modernisierungsermöglichend wirksam werden. Anders als Kindergärten, Schulen und Hochschulen sind Museen aber keine in pädagogischer Absicht errichteten Institutionen. Das kommt auch darin zum Ausdruck, dass Museen zeigen was ist und was war. Die Gestaltung der Zukunft, durch die auch eine Überwindung der Kompensationsfunktion der Geisteswissenschaften im Blick auf ein Orientierungskönnen (Mittelstrass 1989) erreicht werden könnte, spielt in Museen kaum eine Rolle. In der Pädagogik geht es aber gerade um die Zukunft, weil Pädagogik auf das zukünftige Leben der Erzogenen bezogen ist (Litt 1927). Warum sollte Pädagogik sich also für Museen interessieren?


2.1 Museen aus medienpädagogischer Perspektive

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Zunächst kann in Museen gelernt werden. Das gilt vor allem für die Ausstellungsarbeit, die, anders als die Sammlungs- und Archivierungsarbeit, unmittelbar als pädagogische Tätigkeit verstanden werden kann. Durch die Ausstellungsarbeit werden aus Sammlungen Lernorte erzeugt. Dieser Umstand spiegelt sich auch zunehmend im Selbstverständnis von Museen: Das Verständnis von Museen als Lernorten ist in den letzten Jahren zentraler geworden (ICOM 2010). In der Ausstellungsarbeit wird in technischen Museen bei der Gestaltung des Museums als Lernort meist eine spezifische Methodik, die als Erziehung durch die Dinge bezeichnet werden könnte, verwendet. Es findet aber keine negative Erziehung statt, weil die Dinge nicht unmittelbar in dem Kontext, aus dem sie stammen oder für den sie geschaffen worden sind, erfahren werden können, sondern in Ausstellungen inszeniert werden. Sie werden mit einer spezifischen Aura (Benjamin 1972) umgeben und durch die im Zuge der Kuratierung vorgenommenen Inszenierung in Unterrichtsgegenstände (Gruschka 2002) transformiert. Wenn das Publikum durch die ausgestellten Gegenstände und durch die kontextualisierenden Gegenstände in der Ausstellung (neben den vordergründig ausgestellten Gegenständen in der Regel Rahmen, Vitrinen, Texte, Multimedia, Beleuchtung etc.) unterrichtet werden soll, handelt es sich bei der Gestaltung von Ausstellungen um eine didaktische Tätigkeit. Museen sind als Lernorte, in denen didaktisch gehandelt und gelernt wird, pädagogisch relevant. Insofern sich Medienpädagogik mit Medien als notwendige Bedingung der Möglichkeit pädagogischen Handelns beschäftigt (Swertz 2009a, Meder 2014), fallen Museen als Medien, in denen Medien repräsentiert werden, in den Gegenstandsbereich der Medienpädagogik. Die Ausstellungsobjekte sind wie die Museen aus medienpädagogischer Sicht Medien, d.h. materielle Zeichenträger, die von Subjekten zu Zeichen gemacht und von Subjekten als Zeichen verstanden werden (Swertz 2003). Für die Medienpädagogik werden Museen also als Medien relevant. Indem Gegenstände nun im Prozess der dreifachen Aufhebung (Korff 2005) in Ausstellungsgegenstände transformiert, in einer Ausstellung inszeniert und mit Erzählungen verbunden werden, werden sie im Sinne McLuhans (1992) zum Inhalt eines Mediums gemacht. Während es sich nach McLuhan etwa bei Düsenflugzeugen um Medien handelt, die als Prothesen des menschlichen Körpers – im Fall von Düsenflugzeugen als “Gehprothesen” – zu verstehen sind, werden diese Medien, wenn sie in einem Museum ausgestellt werden, zu Inhalten eines anderen Mediums: des Museumsgebäudes (oder der Museumsfläche, wenn es ein Freilichtmuseum ist). Insofern sind gerade technische Museen, die meist von Menschen geschaffene Technik und kaum natürlich vorkommende Gegenstände ausstellen, Medien, in denen Medien enthalten sind. Aus Sicht der Medientheorie der Toronto School, zu der McLuhan gehörte, sind Technische Museen also Medien, in denen Medien repräsentiert werden. Durch die Repräsentation wird nicht nur, wie Klepacki (2014) schreibt, eine Annäherung an die Dinge und eine Auseinandersetzung mit den Dingen ermöglicht. Das wäre treffend, wenn es sich bei Museen um natürliche Erfahrungsräume handeln würde, in denen natürliche Dinge dort, wo sie eben vorkommen, erfahren werden können. Das ist in technischen Museen aber nicht der Fall: Museen sind inszenierte Räume in denen inszeniert wird: In technischen Museen werden mit Interessen aufgeladene Artefakte repräsentiert. Durch die Gestaltung einer Ausstellung wird eine Transformation der Gegenstände in Unterrichtsgegenstände vorgenommen, in der die Dinge wiederum mit persönlichen, institutionellen und gesellschaftlichen Interessen verbunden werden.


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Christian Swertz

Medienpädagogik beschäftigt sich nun nicht zuerst mit Medien als Medien, sondern mit Medien in der Pädagogik. Im Blick auf die Bedeutung und Funktion von Medien in der Pädagogik rückt die Produktion, Repräsentation und Rezeption von Medien in den Mittelpunkt. Die medienpädagogischen Themen reichen dabei von der Produktion von Medien durch Professionelle (Mediensysteme, Mediendidaktik) über die Produktion von Medien durch Amateure (handlungsorientierte Medienpädagogik) und die Darstellung von Inhalten in Medien (strukturale Medienbildung) bis zur Rezeption der Inhalte (Mediensozialisation, Lernen). Dabei steht die pädagogische Perspektive im Mittelpunkt. Es geht also um die Relevanz von Medien für Bildungs-, Erziehungs-, Sozialisations-, Lern- und Unterrichtsprozesse. Ein Überblick über die Perspektiven im Blick auf Museen kann anhand von vier medienpädagogischen Grundbegriffen: Medienkompetenz, Mediendidaktik, Mediensozialisation und Medienbildung skizziert werden, wobei hier außer Acht gelassen wird, dass die Umfänge und Merkmale der Begriffe intensiv diskutiert werden (Hug 2010). 1. Medienkompetenz Mit dem Begriff der Medienkompetenz geht es um die Ziele eines Unterrichts über Medien. Ziele von Unterricht sind notwendig normativ aufgeladen. In der Medienpädagogik ist dabei weitgehend unstrittig, dass das souveräne Subjekt, verstanden etwa als emanzipiertes Subjekt (Baacke 1997), als Sprachspieler (Meder 2004) oder als Entscheidungsimpulse setzender Akteur (Swertz u.a. 2014), in den Mittelpunkt zu stellen ist. Aus Sicht einer ideologiekritischen Medienpädagogik ginge es etwa darum, über die mit der Inszenierung einer Ausstellung verbundenen Interessen oder über das Museum als Institution aufzuklären, um verborgene Interessen sichtbar zu machen und so eine Emanzipation aus einer durch Manipulationen erzeugten Entfremdung anzuregen. Dabei ist durchaus eine Vermittlung über ein Medium im Medium möglich, also etwa eine Ausstellung über eine Ausstellung als Teil einer Ausstellung, in der die Gestaltungsabsichten exponiert werden. 2. Mediendidaktik Mit dem Begriff der Mediendidaktik geht es einerseits um die Verwendung und Gestaltung von Medien für die Vermittlung von Inhalten. In diesem Sinne wird Computertechnologie in Museen häufig und vielfältig verwendet, etwa um zu Informationen anzubieten, BesucherInnen zu motivieren, ihnen Beobachtungen und Erfahrungen zu ermöglichen und ihre Meinungsbildung anzuregen (Zembala 2015: 143ff.). Mit dem Begriff der Mediendidaktik geht es andererseits um Methoden der Vermittlung von Medienkompetenz (Swertz 2008). In der Medienpädagogik ist eine handlungsorientierte Methodik als ausgezeichneter Weg der Medienkompetenzvermittlung kaum umstritten. Das ist für Museen durchaus anschlussfähig: BesucherInnen rezipieren Ausstellungen nicht nur, sondern produzieren oft auch Medien – oder gleich die Ausstellung, wie in dem Beispiel von Gschwendtner-Wölfle (2010), die Lernende dazu aufgefordert hat, mit Absperrbändern beliebige Orte in Museen zu transformieren. 3. Mediensozialisation Mit dem Begriff der Mediensozialisation rückt einerseits die Bedeutung in den Mittelpunkt, die die Rezipientinnen und Rezipienten den Medien und den rezipierten Inhalten in ihrer Lebenswelt geben, andererseits werden die Eindrücke, die durch Medien erzeugt werden, diskutiert (Niesyto 2010). Der Zugang ist deskriptiv. Ein wichtiges Thema ist dabei die gesellschaftliche Ungleichheit, die etwa mit einer Analyse des medialen Habitus oder der


2.1 Museen aus medienpädagogischer Perspektive

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Digitalen Spaltung beschrieben wird. Aus dieser Sicht können sowohl Museen als gesellschaftliche Einflussgrößen, in denen sich Interessen manifestieren, als auch die auch die Rezeption von Medienensembles (z.B. die Kombination von Museumsgebäude, Ausstellung, Ausstellungstexten, Katalogen etc.) oder die Medienkonvergenz (z.B. Onlinemuseen) untersucht werden. 4. Medienbildung Mit dem Begriff der Medienbildung rücken die Medien als Bildungsanlässe in den Mittelpunkt. Es wird empirisch mittels Kriterienkatalogen untersucht, inwiefern Strukturen und Inhalte von Medien zu Bildungsanlässen werden können. Eine Analyse von Szenographien als transformatorischer Bildungsanlass, in der die Struktur der Inszenierung herausgearbeitet wird, so dass sichtbar wird, inwiefern Ausstellungen in Museen zu Bildungsanlässen werden können, liegt bisher jedoch nicht vor. Wenn etwa in einem technischen Museum die Entwicklung der Computertechnologie durch die Repräsentation älterer Maschinen vermittelt wird und die Ausstellung neben Beschilderungen auch eine erlebnisorientierte Vermittlung anbietet, die Grundfunktionen der Computertechnologie erfahrbar macht, wird durch die Szenographie der Ausstellung ein Bildungsanlass geschaffen, es wird Wissen über Computer vermittelt und es kann etwas über die Funktionsweise von Computern gelernt werden. Wenn auch noch mit dem Computer die Bedeutung von Computern in der Lebenswert der RezipientInnen handlungsorientiert erfahrbar gemacht wird, kann Medienkompetenz vermittelt werden. Nach wie vor sind dabei die von Baacke (1997) entwickelten Bereiche der Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung, die in der Absicht einer Emanzipation von bestehenden Strukturen durch kreative Gestaltung entwickelt wurden, was durchaus mit einer Lebenskunst im Blick auf Bildung als Bricolage (Hug 2016) vereinbar ist, als relevant anzusehen. Weitere Beispiele wie Filmmuseen, Büchermuseen oder Kunstmuseen fügen sich hier ein. Selten sind Ausstellungen über auditive Artefakte – eine Repräsentation historischer Radiosendungen zu kuratieren ist sicher eine interessante Herausforderung. Neben den repräsentierten Artefakten können aber auch die Museen selbst zum Thema werden. Denn die Gebäude können als Medien verstanden und analysiert werden. In den Gebäuden werden bestimmte Interessen zum Ausdruck gebracht, und mit Gebäuden werden Bildungsanlässe geschaffen. Als wesentlich erscheint dabei die Selbstreflexion der BesucherInnen als RezpientInnen, deren Berücksichtigung zu einer pädagogischen Anforderung an die mediendidaktische Gestaltung von Ausstellungen wird, durch die die Ausstellung selbst auch ausgestellt und so zugänglich gemacht wird, dass die kreative Gestaltung als Entwurf einer möglichen Zukunft von Mediensystemen (Swertz 2012) im Mittelpunkt steht.


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Literatur Baacke, Dieter (1997): Medienpädagogik, Tübingen: Max Niemeyer Verlag. Ballofet, Pierre/Courvoisier, François/Joelle, Lagier (2014): From Museum to Amusement Park: The Oppotunities and Risks of Edutainment, in: International Journal of Arts Management, 4–17. Benjamin, Walter (1972): Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, in: ders.: Gesammelte Schriften, Band I, Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 471–508. Byung Jun, Y. (2013): Museum, Artefakte und informelles Lernen: Eine Herausforderung für die Erwachsenenbildung, in: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 16, online unter: doi:10.1007/s11618-013-0414-0. Geschwendtner – Wölfle, Ruth (2010): Sehen ist lernbar – über den “blinden Fleck”im Bildungssystem, in: Hug, Theo; Kriwak, Andreas (Hg.): Visuelle Kompetenz, Innsbruck: Innsbruck University Press, 28–34. Gruschka, Andreas (2002): Didaktik. Das Kreuz mit der Vermittlung. Elf Einsprüche gegen den didaktischen Betrieb, Wetzlar: Büchse der Pandora. Hug, Theo (2010): Visuelle Kompetenz, Medienkompetenz und „New Literacies“ – Konzeptionelle Überlegungen in einer pluralen Diskurslandschaft, in: Hug, Theo; Kriwak, Andreas (Hg.): Visuelle Kompetenz. Beiträge des interfakultären Forums Innsbruck Media Studies, Innsbruck University Press: Innsbruck, 54–73. Hug, Theo (2016): Mobilität und Medienbildung im digitalen Zeitalter. Konzeptuelle Überlegungen, in: Hug, Theo/Kohn, anja./Missomelius, Petra (Hg.): Medien – Wissen – Bildung: Medienbildung wozu, Innsbruck University Press: Innsbruck. International Council of Museums (ICOM) (2010): Ethische Richtlinien für Museen, online unter: http://www.icom-deutschland.de/schwerpunkte-museumsdefinition.php (letzter Zugriff 15.09.2016). Klepacki, Leopold (2014): Das Museum: Die dinglich-ästhetische Vergegenwärtigung absenter kultureller Bedeutungssysteme. Eine strukturtheoretische Betrachtung des Zusammenhangs von (individueller) sinnlicher Wahrnehmung und (kollektiver) historischer Gedächtnisbildung, in: Bubmann, Peter./Dickel, Hans (Hg.): Ästhetische Bildung in der Erinnerungskultur, Bielefeld: transcript, 75–95. Korff, Gottfried (2005): Betörung durch Reflexion. Sechs um Exkurse ergänzte Bemerkungen zur epistemischen Anordnung von Dingen, in: Te Heesen, Anke/Lutz, Petra (Hg.): Dingwelten. Das Museum als Erkenntnisort, Köln: Böhlau, 89–107. Litt, Theodor (1927): Führen oder Wachsenlassen. Eine Erörterung des pädagogischen Grundproblems, Leipzig/Berlin; Klett. Marquard, Odo (1986): Über die Unvermeidlichkeit der Geisteswissenschaften, in: ders.: Apologie des Zufälligen, Stuttgart: Reclam, 98–116. Swertz, Christian (2003): Vorüberlegungen zu einer tranzendentalkritischen Medientheorie, in: Spektrum Freizeit (2), 81–88. Swertz, Christian (2008): Bildungstechnologische Medienpädagogik, in: Sander, Uwe/Gross, Friederike von/Hugger, Kai: Handbuch Medienpädagogik. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, 66–74. Swertz, Christian (2009a): Medium und Medientheorien, In: Meder, Norbert/Allemann-Ghionda, Christina/Uhlendorff, Uwe: Umwelten. Sozialpädagogik/Medienpädagogik/Interkulturelle und Vergleichende Erziehungswissenschaft/Umweltpädagogik. Handbuch der Erziehungswissenschaft Band III/2: Ferdinand Schöningh: Paderborn u.a., S. 751–780. Swertz, Christian (2009b): Narren und Könige. Der Gebildete im Spannungsfeld von Wahnsinn und Macht, in: Kubac, Richard/Rabl, Christine/Sattler, Elisabeth: Weitermachen? Einsätze theoretischer Erziehungswissenschaft, Königshausen und Neumann: Würzburg, 152–164. Swertz, Christian (2012): Utopologische Medienpädagogik. Ein Plädoyer für das methodische Bedenken der Zukunft. In: Blaschitz, Edith/Brandhofer, Gerhard/Nosko, Christian/Schwed, Gerhard (Hg.): Zukunft des Lernens. Wie digitale Medien Schule, Aus- und Weiterbildung verändern, Glückstadt: Verlag Werner Hülsbusch, 39–55. Swertz, Christian/Henning, Peter/Barberi, Alessandro/Forstner, Alexandra/Heberle, Florian/Schmölz, Alexander (2014): Der didaktische Raum von INTUITEL. Ein pädagogisches Konzept für ein ontologiebasiertes adaptives intelligentes tutorielles LMS-Plugin, in: Rummler, Klaus (Hg.): Lernräume gestalten – Bildungskontexte vielfältig denken, Münster: Waxnmann, 555–567.


2.1 Museen aus medienpädagogischer Perspektive

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Meder, Norbert (2004): Der Sprachspieler. 2. erw. Aufl., Würzburg: Königshausen und Neumann. McLuhan, Herbert Marshall (1992): Die magischen Kanäle. Düsseldorf (u.a.): Econ. Mittelstrass, Jürgen (1989): Glanz und Elend der Geisteswissenschaften. Oldenburger Universitätsreden Nr. 27, online unter: http://www-a.ibit.uni-oldenburg.de/bisdoc_redirect/publikationen/bisverlag/ unireden/ur27/dokument.pdf (letzter Zugriff: 17.06.2016). Niesyto, Horst (2010): Kritische Anmerkungen zu Theorien der Mediennutzung und -sozialisation, in: Hoffmann, Dagmar; Mikos, Lothar (Hg.): Mediensozialisationstheorien, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 27–46. Noschka-Roos, Annette & Lewalter, Doris (2013): Lernen im Museum – theoretische Perspektiven und empirische Befunde, in: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 16, online unter: doi:10.1007/s11618013-0434-9. Zembala, Anna (2015): Museumsbesuch. Ein Leitfaden für Sozialpädagogen, München: Kopaed.


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Katschnig, Tamara, Geppert, Corinna und Hopmann, Stefan

2.2 Einige methodologische Vorbemerkungen zu den Beiträgen Das Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien ging diese Kooperation mit dem Technischen Museum sehr gerne ein, da so die Verbindung zwischen Theorie und Praxis auch tatsächlich sichtbar zum Tragen kommt. Darüber hinaus freut es uns besonders zu betonen, dass die Direktorin des Technischen Museums, Frau Dr.in Zuna-Kratky als Absolventin unseres Instituts an der Universität Wien als Bindeglied zwischen Theorie und Praxis an höchster Stelle tätig ist. Es konnten in unserem Bereich mehrere Studierende begeistert werden, ihre Masterarbeiten im Projekt der Evaluierung der Mitmachausstellung „In Bewegung“ zu verfassen und somit auch ihre Forschungsexpertise, die sie sich im Rahmen ihres Masterstudiums angeeignet hatten, unter Beweis stellen. Interessant ist vor allem auch der Aspekt, dass es dabei zu einem gelungenen Methodenmix kam: neben teilstrukturierten Leitfadeninterviews mit BesucherInnen und ExpertInnen, (teil)strukturierter Beobachtung sowie Befragungen kamen auch mixed-methods Designs zur Anwendung. Es wurde auch eigens eine App entwickelt, die es ermöglichte, „Tracking“ in der Ausstellung hochprofessionell durchzuführen. Gerade dieser Methodenmix hat die Aussagekraft dieses Evaluationsprojekt bereichert, weshalb die einzelnen Methoden hier eine kurze Erläuterung finden sollen. Leitfadeninterviews sind eine Art von Interviews, die zwar auf einen Orientierungsrahmen gestützt sind (Leitfaden), dennoch sehr offen gestaltet werden können. Der Leitfaden dient dabei als Gedächtnisstütze, Frageideen sind gebündelt und geordnet, wodurch auch eine gewisse Vergleichbarkeit gegeben ist. Zu jedem Themenbereich gibt es eine Einstiegsfrage und dazu gehörige Unterfragen, dahinter liegt der Leitfaden wie eine Hintergrundfolie (Witzel: 2000). Alle Interviews werden auf Tonband aufgenommen und danach transkribiert, was eine authentische und präzise Erfassung des Kommunikationsprozesses ermöglicht, sodass der Fokus des/ der ForscherIn auf Beobachtungen während des Interviews liegen kann. Nach den Interviews wird oft ein Postscript angefertigt, das eine Skizze zu den Inhalten darstellt; dort ist es auch möglich, situative und nonverbale Aspekte anzumerken sowie spontane Auffälligkeiten und Interpretationsideen niederzuschreiben. Der Vorteil von leitfadengestützten Interviews ist sicherlich, eine Stütze zur Orientierung in der Hand zu haben, als Nachteil kann genannt werden, dass die hohe Strukturierung von Seiten der ForscherInnen die Sicht auf das verstellen kann, was eigentlich als Ziel qualitativer Forschung gesehen werden kann: die soziale Welt/Wirklichkeit anderer zu erforschen, da der Leitfaden ja auf den Interessen der Forschenden aufgestellt wurde und nicht aus der Sicht der Beforschten (Witzel: 2000). Elisabeth Fink befragte Familien mittels offener Leitfadeninterviews vor und nach dem Besuch der Ausstellung. Im ersten Teil des Interviews stellte sie sehr konkrete Fragen nach den Erwartungen oder bereits gemachten Erfahrungen mit dem Technischen Museum. Zudem wurden im Zuge dieses ersten Interviews auch einige wenige demografische Daten erhoben. Der zweite Teil nach dem Besuch der


2.2 Einige methodologische Vorbemerkungen zu den Beiträgen

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Ausstellung diente der Erfassung der soeben gemachten Erfahrungen und wurde durch den offenen Eingangsimpuls „Ihr seid ja jetzt gerade in der Ausstellung ‘In Bewegung’ gewesen, erzählt mir doch bitte einmal, was ihr in der Ausstellung erlebt habt“ eröffnet (s. Kap. 2.3). Karoline Peterseil hat im Kontext des Schönbrunner Kindermuseums angehende WissensvermittlerInnen über Vorerfahrungen und Erwartungen zur Durchführung einer Kinderführung mittels Leitfadeninterviews befragt. Diese Personen wurden ebenfalls im Rahmen einer Post-Erhebung nochmals befragt – zu diesem Zeitpunkt (3 Monate später) waren die TeilnehmerInnen bereits ExpertInnen und das Leitfadeninterview wurde zu einem ExpertInneninterview (s. Kap. 2.10). Der Auswertung leitfadengestützter Interviews sollte große Bedeutung geschenkt werden, so werteten die Studierenden vor allem mitttels dokumentarischer Methode nach Bohnsack (2010) und deren Weiterentwicklung nach Nohl (2012) aus, bei der es um die Rekonstruktion von Handlungspraktiken, Orientierungen und Erlebnisprozessen geht (vgl. Bohnsack: 2010). Wie bereits im vorigen Abschnitt angedeutet, ist es durchaus möglich, dass Methoden sich verändern – entweder aufgrund der Intentionen der Forschenden, oder weil die TeilnehmerInnen einen anderen Status erhalten. Das ExpertInneninterview eignet sich gut dafür (Sonder-) wissen zu erlangen, welches eben nur durch die befragten ExpertInnen zur Verfügung steht (in diesem Fall handelte es sich um die Personen, die diese evaluierte Ausstellung konzipiert hatten). Bogner, Littig und Menz unterscheiden drei Formen von ExpertInnenwissen: technisches Wissen, Prozesswissen und Deutungswissen, welches die prägende Kraft eines/r Experten/in berücksichtigt. Als Merkmal kann die aktive Partizipation genannt werden, durch die Tätigkeit des/der Experten/in hat er/sie Zugang zu besonderem Wissen, das es gilt, bei dem Interview sichtbar zu machen. ExpertInnen sind RepräsentantInnen für die Handlungsweisen, Sichtweisen und Wirkungssysteme eines fachlichen Feldes (vgl. Kruse: 2015). ExpertInnen sind in der Lage, ihre eigenen Interpretationen zu verwirklichen und sie haben zudem Interesse an sozialer und politischer Wissenschaftsforschung (vgl. Bogner, Littig und Menz: 2009). Meist wird das Expert/inneninterview als offenes Leitfadeninterview (mit Wie-Fragen) durchgeführt; die Interviewten sind FunktionsträgerInnen ihres Wissens. So herrscht bei der Durchführung auch ein breites Kontinuum von Strukturierung und Offenheit. Zweck ist es, nach Bogner, Littig und Menz (2000), soziopolitische Maßnahmen zu evaluieren. Wichtig ist zu betonen, dass auch bei der Auswertung und Interpretation von ExpertInneninterviews ein hohes Maß an Reflexionsfähigkeit seitens der ForscherInnen erforderlich ist. Im Rahmen der Evaluation der Mitmachausstellung „In Bewegung“ wurden ebenfalls ExpertInneninterviews durchgeführt – als ExpertInnen fungierten bei Sonja Cech der Kurator der Ausstellung sowie der Bereichsleiter des Hands-On-Teams und die Frage zu beantworten: „Welche Intentionen verfolgt das Technische Museum mit der Ausstellung ‘In Bewegung’?“ Die Ergebnisse dieses Experteninterviews wurden schließlich mit den Resultaten von Beobachtungen und Fragebogenerhebungen in Verbindung gebracht, um etwaige Differenzen zwischen den Intentionen und dem von BesucherInnen wahrgenommenen Nutzen von Hands-On festzustellen (s. Kap. 5.2). Die Methode des Fragebogens kennzeichnet ein relativ objektives Verfahren. Dieser kann als klar strukturierte Vorlage beschrieben werden, wo alle befragten Personen Phänomene anhand der gleichen Merkmale beurteilen. Die Befragten schätzen anhand von Items (Fragen, Aussagen, Bilder etc.) sich selbst oder andere Personen oder Gegenstände ein; meist beinhaltet ein Fragebogen wenig offene Fragen und mehr geschlossene Fragen mit festgelegten Antwortkategorien. Es handelt sich dabei um ein sehr forschungsökonomisches Verfahren, da viele Befrag-


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te sehr rasch zu ein und demselben Thema befragt werden können. Die Frage der Quantifizierung der Wirklichkeit stellt sich hier vorrangig: Können menschliches Verhalten oder Sichtweisen, Einstellungen oder Gefühle überhaupt quantifiziert und auf einer Skala von eins bis zehn eingeschätzt werden? Ein Vorteil ist sicherlich, dass Zusammenhänge, Unterschiede und Abhängigkeiten einzelner Merkmale zwischen Variablen erfasst werden können. So sollte ein Fragebogen vorrangig der Bestimmung individueller Unterschiede in bestimmten Forschungszusammenhängen und -untersuchungssituationen dienen, nicht aber zur Erstellung individueller Diagnosen oder Testprofile. Als weitere Vorteile können genannt werden: ein Fragebogen ist kostengünstig, leicht zu handhaben (wenn er gut erstellt wurde), es ist wenig Personal nötig (online keines) und es kommt nicht zu einer Beeinflussung der Befragten. Nachteile sind: langsames Ausfüllen, (email-)Adressen sind (manchmal) notwendig um den Rücklauf zu kontrollieren, es kommt nicht zu spontanen Antworten, es können keine komplexen Fragen gestellt werden, die Filterung kann problematisch sein und das Layout muss gut durchdacht sein, um möglichst viele Befragte zum Ausfüllen zu animieren (Mummendy: 2014). Ein letzter Vorteil ist sicherlich die standardisierte Auswertungsmöglichkeit mit computergestützten Statistikprogrammen, welche die Objektivität erhöhen. Um das BesucherInnenverhalten festzuhalten entwickelte Frau Sonja Cech gemeinsam mit Severin Tanzer entsprechende Beobachtungs- und Befragungsbögen. Der Befragungsbogen kam zum Einsatz, wenn der/die BesucherIn eine bestimmte Zeit am Hands-On verweilt hat. Dadurch sollte einerseits von Frau Cech erforscht werden, was die BesucherInnen beim Betätigen des Hands-On erfahren haben, um dies in Beziehung zu den Intentionen der Experten zu setzen (s. Kap. 2.5) und andererseits von Herrn Tanzer, die Frage geklärt werden, welche Bildungsgehalte der Objekte von den BesucherInnen wahrgenommen werden (s. Kap. 2.6). Die wissenschaftliche Beobachtung wurde im Zuge der Masterarbeiten des Öfteren gewählt. Die Intention dahinter ist, bestimmte Aspekte unseres Wahrnehmungsfeldes genauer zu betrachten und dadurch andere zu vernachlässigen, d. h. sich auf bestimmte Elemente menschlichen Handelns zu fokussieren. Hinter jeder Beobachtung besteht die Absicht, bestimmte Annahmen zu prüfen, wodurch eine systematische Selektion der erhobenen Daten entsteht. Replizierbarkeit und Objektivität sollte gegeben sein, was bei diesen Beobachtungen durch einen eigens erstellten Beobachtungsraster bzw. eine eigens dafür entwickelte App gegeben ist. Diese App wurde von Stephanie Schönberg (s. Kap. 2.7), Kathrin Glaser (s. Kap. 2.8) und Kathrin Mad (s. Kap. 2.9) genutzt, um festzustellen, wie Kinder auf Ausstellungsobjekte reagieren. Beobachtungen können je nach Ort/Umgebung klassifiziert werden an dem beobachtet wird (im Labor ist eine Kontrolle der Bedingungen möglich, im Feld wird das Verhalten unter natürlichen Bedingungen beobachtet). Beobachtung kann verdeckt oder offen durchgeführt werden, dabei wird den Beobachteten verborgen (verdeckt) oder deutlich (offen) gezeigt/mitgeteilt, dass sie beobachtet werden (wie es im Technischen Museum der Fall war). Unterschieden wird auch noch zwischen teilnehmender und nicht teilnehmender Beobachtung wobei erstere auch als Ethnografie in die Forschungsmethodik mit eingeflossen ist und von Karoline Peterseil verwendet wurde, um die Handlungsabläufe von WissensvermittlerInnnen (Kindermuseum Schönbrunn) zu erfassen. Stephanie Trauner bediente sich der nichtteilnehmenden, strukturieren Beobachtung mit dem Ziel, Interaktionen zwischen Erwachsenen und Kindern bei der Benützung von Hands-On zu erfassen (s. Kap. 2.4). Sonja Cech und Severin Tanzer nutzen Beobachtungsbögen unter anderem, um die Verweildauer von BesucherInnen zu erheben (s. Kap. 2.5 und Kap. 2.6).


2.2 Einige methodologische Vorbemerkungen zu den Beiträgen

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Interpretationen von Beobachtungen erfolgen stets unterschiedlich, meist erleichtert ein vorgefertigtes Raster die Vergleichbarkeit – dies wurde im Rahmen der Evaluation der Mitmachausstellung „In Bewegung“ genutzt. All dies erfordert jedoch eine exakte Planung, eine Erprobung der Instrumente (Pre-Test) sowie externe Validierung. Beobachtungen finden oft im Rahmen der Evaluation oder Qualitätssicherungsprozessen statt (Greve/Wentura, 1997). Tracking als besondere Form der Beobachtung ist eine strukturierte, längere Beobachtung, die von Katrin Mad, Katharina Glaser und Stephanie Schönberg angewandt wurde, um BesucherInnen der Mitmachausstellung „In Bewegung“ bei ihrem Besuch zu begleiten. Der Weg der BesucherInnen wurde durch ein offenes Tracking, bei dem BesucherInnen vor Beginn des Betretens um Erlaubnis gebeten wurden, nachvollzogen. Wie bei jeder anderen Beobachtung wurden auch hier entsprechende Kriterien festgelegt, die die Erhebung strukturierten (s. Kap. 2.7, 2.8. und 2.9.). All diese Methoden wurden zum einen als individuelle Forschungsmethoden angewandt, zum anderen auch in komplexeren Designs kombiniert. So ist die so genannte Mixed-Methods-Forschung speziell seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts sehr en vogue (Johnson/Onwuegbuzie/Turner 2007). Creswell und Plano Clark (2007: 5) etwa beschreiben, den Ertrag eines Methoden-Mixes folgendermaßen: “the use of quantitative and qualitative approaches in combination provides a better understanding of the research process than either approach alone”. Dies legt den Schluss nahe, dass ein Methodenmix zu einem besseren Verständnis des Forschungsprozesses selbst und auch des Gegenstands, der erforscht wird, führt. Speziell bei Evaluationen ist der Einsatz mehrerer Methoden sinnvoll, um die Komplexität des Gegenstands – in unserem Fall die Mitmachausstellung „In Bewegung“ – erfassen zu können. Insofern werden durch die Vielzahl und Vielfalt der in Zusammenarbeit mit dem Technischen Museum Wien entstandenen Arbeiten nicht nur ein inhaltlicher Gewinn für die Verantwortlichen sichtbar, sondern auch spannende methodologische Aspekte beleuchtet.

Literatur Atteslander, Peter (2010): Methoden der empirischen Sozialforschung, 13. Auflage, Berlin: Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG. Bogner, Alexander/Littig, Beate/Menz, Wolfgang (Hg.): Das Experteninterview. Theorie, Methode Anwendung, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Bogner, Alexander/Littig, Beate/Menz, Wolfgang (2009): Introduction: Expert Interviews – An Introduction To A New Methodological Debate, in: Bogner, Alexander/Littig, Beate/Menz, Wolfgang (Hg.): Interviewing Experts, UK: Palsgrave Macmillan. Bohnsack, Rolf (Hg.) (2010): Dokumentarische Evaluationsforschung : theoretische Grundlagen und Beispiele aus der Praxis, Opladen [u.a.] : Budrich. Cech, Sonja (2015): „Hands-On – Please, Do touch and try it“ Ein Vergleich der Intentionen des Museums und der subjektiven Erfahrungen der Museumsbesucher/innen – eine Analyse ausgewählter Hands-On der Ausstellung In Bewegung des Technischen Museums Wien. Masterarbeit. Universität Wien. Creswell, John W./Plano Clark, Vicki L. (2007). Designing and conducting mixed methods research. Thousand Oaks, CA: SAGE. Endbericht TM (2016). Evaluierungsprojekt der Mitmachausstellung „In Bewegung“, Technisches Museum Wien. Fink, Elisabeth (2015). „Heute gehen wir ins Museum ...“: eine empirische Untersuchung über Besuchserfahrungen von Familien in der Hands-On Ausstellung In Bewegung im Technischen Museum Wien. Masterarbeit. Universität Wien.


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Katschnig, Tamara, Geppert, Corinna und Hopmann, Stefan

Flick, Uwe/Kardoff, Ernst. von/Steinke, Ines. (2000): Was ist qualitative Forschung? Einleitung und Überblick, in: Flick, Uwe/Kardoff, Ernst. von/Steinke, Ines (Hg.): Qualitative Forschung. Ein Handbuch, Reinbek: Rowohlt Verlag, 384–401. Glaser, Katharina (2015). [Soziales Lernen im Museum – eine Vergleichsuntersuchung zwischen mechanischen und bildschirmunterstützten Hands-On]. Unveröffentlichte Rohdaten (Stand Dezember 2015) Greve, Werner/Wentura, Dirk (1997) Wissenschaftliche Beobachtung: eine Einführung, Weinheim : Beltz Psychologie-Verl.-Union. Johnson, Burke R./Onwuegbuzie, Anthony J./Turner, Lisa A. (2007). Toward a definition of mixed methods research, in: Journal of Mixed Methods Research, 1(2), 112–133. Kruse, Jan (2015): Expert/inn/en-Interview, in: Kruse, Jan (Hg.): Qualitative Interviewforschung – ein integrativer Ansatz, Weinheim und Basel: Beltz. 166–186. Lüders, Christian (2000): Beobachten im Feld und Ethnographie, in: Flick, Uwe, Kardoff, E. von, Steinke, Ines (Hg.): Qualitative Forschung. Ein Handbuch, Reinbeck: Rowohlt Verlag, 384–401. Mad, Katrin (2016). „Hands-On – Minds-On!“ Über den Umgang mit interaktiven Objekten in der Mitmachausstellung In Bewegung des Technischen Museums Wien. Eine quantitative Untersuchung. Masterarbeit. Universität Wien. Mayring, Philipp (2015). Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken, Weinheim [u.a.] : Beltz. Meuser, Michael/Nagel, Ulrike (2009): Das Experteninterview – konzeptionelle Grundlagen und methodische Anlage, in: Pickel, Susanne/Pickel, Gert/Lauch, Hans-Joachim/Jahn, Detlef (Hg.): Methoden der vergleichbaren Politik- & Sozialwissenschaft. Neue Entwicklungen und Anwendungen, Wiesbaden: VS Verlag. 465–479. Meuser, Michael/Nagel, Ulrike (1991): ExpertInneninterviews – vielfach erprobt, wenig bedacht, in: Bogner, Alexander/Littig, Beate/Menz, Wolfgang (Hg.): Das Experteninterview. Theorie, Methode Anwendung, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 71–93. Mummendey, Hans D./Grau, Ina (2014): Die Fragebogen-Methode. Grundlagen und Anwendung in Persönlichkeits-, Einstellungs- und Selbstkonzeptforschung, 6., korr. Aufl., Göttingen: Hogrefe. Schönberg, Stephanie (2016): Frühkindliche Museumspädagogik am Beispiel der Ausstellung „In Bewegung“ des Technischen Museum Wien. Masterarbeit. Universität Wien (in Arbeit). Tanzer, Severin (2015): Klafkis Didaktik ,in Bewegung’ Eine didaktische Analyse der Hands-On Ausstellung ,In Bewegung’ im Technischen Museum Wien. Masterarbeit, Universität Wien. Trauner, Stephanie (2015): „Komm, mach mit!“ Eine empirische Untersuchung der sozialen Interaktion zwischen einem Kind und einem Erwachsenen und ihre Bedeutung für den Umgang des Kindes mit ausgewählten Hands-On der Mitmachausstellung In Bewegung des Technischen Museums Wien. Masterarbeit. Universität Wien. Witzel, Andreas (2000): Das problemzentrierte Interview, in: Forum Qualitative Sozialforschung/Forum: Qualitative Social Research, 1, 1.


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Elisabeth Fink

2.3 Heute gehen wir ins Museum, Besuchserfahrungen von Familien Abstract (deutsch) Ausgehend von der zunehmenden Bestrebung der Museen ihrem Publikum zu entsprechen, fragt dieser Beitrag nach kennzeichnenden Qualitäten der Besuchserfahrungen von Familien in der Ausstellung „In Bewegung“. Dazu werden in Form eines qualitativen Forschungszugangs Leitfadeninterviews mit Familien vor und nach dem Ausstellungsbesuch geführt. Auffallend ist, dass die Museumserfahrung bisher selten einen Interessenschwerpunkt in empirischen Untersuchungen bildete. Eine Möglichkeit zur Konzeptualisierung bietet das Modell von Falk und Dierking (1992; 2013), welches als übergeordneter theoretischer Rahmen herangezogen wird und Museumserfahrung als Interaktion dreier, sich fortwährend verändernder Kontexte beschreibt. Die Auswertung der Daten in Anlehnung an die dokumentarische Methode nach Nohl (2009) macht spezifische Erlebnismuster ersichtlich. Die Analyse zeigt Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen sowohl in Bezug auf die Benutzung der Hands-On als auch im Umgang mit Informationen. Auch werden weitere Herausforderungen, die die Ausstellung birgt, ersichtlich. Abstract (englisch) Starting from the growing concern of museums to meet the expectations of their audience, this article aims to answer the following question: Which collective orientation patterns can be found in the stories of families about their experiences in the interactive exhibition ‘In Motion’ at the Technical Museum Vienna? Museum experience has been given little attention in research literature so far. As theoretical construct a model proposed by Falk and Dierking (1992, 2013), which conceptualizes the museum experience as involving an interaction among three contexts, is used. Families are interviewed before and after the visit of the exhibition. The data are analysed by using the documentary method by Nohl (2009). Results show differences between adults and children in the way they talk about their use of exhibits and information.

2.3.1 Wie die Hands-Ons ins Museum kamen Eine interaktive Ausstellung, die sich gezielt an den Interessen einer bestimmten Zielgruppe – nämlich den 8- bis 14-Jährigen – orientiert und dieser vielfältige Erlebnismöglichkeiten rund um die Themen Mobilität und Fortbewegung bietet – so kann die in diesem Sammelband im Mittelpunkt stehende Ausstellung „In Bewegung“ in aller Kürze charakterisiert werden. Sich mit einer eigenen Ausstellung bewusst an junge BesucherInnen zu wenden, entspricht nicht zuletzt auch dem vom Technischen Museum formulierten Ziel „insbesondere die Teilhabe von


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Kindern und Jugendlichen gezielt zu erweitern“ (BMUKK 2009: 2). Ein Blick auf die historische Museumsentwicklung lehrt, dass das Bestreben der Museen, den Wünschen und Bedürfnissen des Publikums in mannigfaltiger Weise zu entsprechen, erst in späteren Jahren, als Museen schon lange fixer Bestandteil moderner Gesellschaften waren, an Bedeutung gewann und gibt diese sogenannte Besucherorientierung als einen musealen Funktionswandel zu erkennen. Im 18. Jahrhundert, als sich allmählich das moderne Museum zu entwickeln begann, bestand eine wesentliche gesellschaftliche museale Funktion darin, dem Publikum den Fortschritt und das Wissen der Gesellschaft zu präsentieren und das Gefühl der nationalen Zugehörigkeit zu stärken. Im Mittelpunkt standen lange Zeit die gesammelten Objekte (vgl. Schubert 2009; Vieregg 2008). Dieser objektzentrierte, bewahrende Charakter und die Konzentration auf eine ausschließlich bürgerliche Besucherschicht gerieten in den frühen 1970er-Jahren, als finanzielle Nöte die Museen zum Umdenken zwangen, ins Wanken. Eine breitere Öffnung für alle Bevölkerungsschichten und eine unkonventionelle Ausrichtung an den vielfältigen Interessen des Publikums sollten zur „Popularisierung“ (Kirchberg 2005) beitragen. Auch sprach sich die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) in ihrem 1971 veröffentlichten „Appell zur Soforthilfe“ für eine verstärkte Positionierung der Museen als Lernort aus (vgl. DFG 1971). Mit diesem Umdenken veränderte sich die gesellschaftliche Bedeutung der Museen. Neben einer quantitativen Zunahme an neuen Museumsbauten, war es insbesondere der qualitative Wandel der den damaligen „Museumsboom“ (Herles 1996: 24) kennzeichnete. Als wesentliche Charakteristika dieses qualitativen Wandels nennt Kirchberg (2005) die Professionalisierung der medialen Arbeit, die wachsende Orientierung an den BesucherInnen und die Integration neuer Ausstellungsdesigns (vgl. Kirchberg 2005: 28–29). So hielten ausgehend von den USA, wo den BesucherInnen schon lange zuvor eine aktivere Rolle zugesprochen wurde, Hands-On Einzug in westeuropäische Museen (vgl. Mousourri 1997: 38). Obwohl in diesem musealen Funktionswandel auch eine Bedrohung des traditionellen Museums mit seinem Fokus auf das wissenschaftliche Forschen, Sammeln und Bewahren gesehen wird (vgl. z.B. Zwirner 1999), stellt die Besucherorientierung seither ein zentrales Element einer „zeitgemäßen Museumsarbeit“ (Wittgens 2005: 7) dar. Gerade vor dem Hintergrund eines sich verschärfenden Konkurrenzkampfes auf dem Bildungs-, Kultur- und Freizeitmarkt erhält die Nähe zum Publikum heutzutage eine wesentliche Bedeutung (vgl. Wittgens 2005). Der vorliegende Beitrag nimmt sich den Erfahrungen von Familien, die die Ausstellung „In Bewegung“ besuchen, an und diskutiert, wie die Ausstellung aus Sicht jener Personengruppe, der sie im Sinne der Besucherorientierung primär gilt, erlebt wird. Dabei wird folgender Frage nachgegangen: Welche zentralen kollektiven Orientierungsmuster lassen sich in den Erzählungen von Familien über deren Erfahrungen in der Mitmachausstellung “In Bewegung” im Technischen Museum Wien finden?

2.3.2 Museumserfahrung In der Literatur lassen sich bisher nur einige wenige Bemühungen ausmachen, Museumserfahrung theoretisch zu beschreiben und empirisch zu fassen. Falk und Dierking, zwei in den USA führende Persönlichkeiten im Bereich der Museumsforschung und science education, haben hier besonders im englischsprachigen Raum eine Vorreiterrolle eingenommen (vgl. dazu Kirchberg/Tröndle 2012: 437). Sie fassen Erfahrungen als einen kontinuierlichen Dialog zwi-


2.3 Heute gehen wir ins Museum, Besuchserfahrungen von Familien

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schen dem Individuum und seiner physischen und soziokulturellen Umwelt und stellen diese in einem Modell als Interaktion dreier, sich fortwährend verändernder Kontexte dar: dem persönlichen, soziokulturellen und gegenständlichen Kontext (vgl. Falk/Dierking 1992, 2013). Entsprechend diesem Modell spielen hinsichtlich der im Museum gemachten Erfahrungen unterschiedliche Variablen eine Rolle. Basierend auf den Ergebnissen zahlreicher – teils eigener – Studien wurden Schlüsselfaktoren identifiziert und den einzelnen Kontexten zugeordnet. Der persönliche Kontext umfasst dabei Motive und Erwartungen, vorgängige Erfahrungen, das Interesse und Vorwissen sowie die Möglichkeit der Wahl und Selbststeuerung. Zusammengefasst ergeben diese Faktoren die „visitor agenda“ (Falk/Dierking 2013: 98) mit der sich MuseumsbesucherInnen in einem Museum einfinden und die die Museumserfahrung formt. Die Interaktionen zwischen Personen, die gemeinsam ein Museum besuchen, und mit Personen außerhalb der eigenen Gruppe, bilden die zwei Hauptfaktoren des soziokulturellen Kontexts. Diese Interaktionen sowie die gesamtgesellschaftliche Wahrnehmung von Museen beeinflussen ebenfalls die individuelle Erfahrung im Museum. Als zentrale Faktoren des gegenständlichen Kontexts werden das Ausstellungsdesign, Strukturierungs- und Orientierungshilfen und Erfahrungen außerhalb des Museums genannt. Auch wenn die AutorInnen in ihren Studien darauf hinweisen, dass die Erfahrungen im Museum von vielen Faktoren beeinflusst werden (vgl. Falk/Storksdieck 2005), so sehen sie in ihrem Modell einen ersten Versuch, die Komplexität der Museumserfahrung zu beschreiben. Der nachfolgenden Untersuchung dienen die genannten Faktoren als Orientierungshilfe für die Entwicklung der Fragen des Interviewleitfadens. Auch Pekarik, Schreiber, Hanemann, Richmond und Mogel (2014) entwickeln und testen in ihrer Untersuchung ein Modell zur Erfassung von Besuchserfahrungen. Aufbauend auf bisherige Forschungsarbeiten ordnen sie die beobachteten Erfahrungen mittels eines berechneten Zustimmungswertes vier Kategorien zu. Diese werden als ideas (Erfahrungen, die sich auf Abstraktionen, Gedanken und Fakten beziehen), people (affektive Erfahrungen und soziale Interaktionen), objects (Hinwendung zu Objekten) und physicals (Erfahrungen, die somatische Sensationen betreffen) bezeichnet (vgl. Pekarik et al. 2014). Packer (2008) fragt nach dem unmittelbaren Nutzen, den MuseumsbesucherInnen über einen Erkenntnisgewinn hinaus in einem Museumsbesuch sehen. Als zentrales Ergebnis weist die Autorin auf „restorative elements“ (Packer 2008: 36), wie beispielsweise der Möglichkeit sich für eine kurze Zeit dem Alltag zu entziehen oder sich ohne Anstrengung mit etwas zu beschäftigen, hin. De Rojas und Camarero (2008) untersuchen mittels Pfadanalysen die Zufriedenheit der BesucherInnen des Queen Isabel Interpretation Centers. Ihre Ergebnisse machen deutlich, dass der Unterschied zwischen Erwartungen und Erfahrungen, oder „perceived quality“ (De Rojas/ Camarero 2008: 532), einen Grad der Bestätigung erzeugt, der vermittelt über die Variable pleasure (ein selbstreferentieller emotionaler Faktor, der sich auf das Ausmaß, in dem sich eine Person wohlfühlt, glücklich oder zufrieden ist, bezieht) das Zufriedenheitslevel beeinflusst. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich der eingangs knapp geschilderte, in den 1970er-Jahren beginnende Wandel von der objektzentrierten hin zur besucherorientierten Ausrichtung der Museen auch im gegenwärtigen Stand der Forschung widerspiegelt. So lassen sich in den Jahren davor kaum Forschungsarbeiten über das Museumspublikum finden. Während in der darauffolgenden Zeit Studien zu Motiven, Erwartungen und demografischen Charakteristiken des Museumspublikums eine hohe Relevanz haben (vgl. z. B. Axelsen 2007; Hood


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1989; Linton/Young 1992; Moussouri 1997), sind Erfahrungen im Museum bis heute weitaus seltener Gegenstand systematischer Forschung geworden. Ein Resümee, das auch Kirchberg und Tröndle aus ihrer Metaanalyse von empirischen Studien über Erfahrungen von MuseumsbesucherInnen ziehen (vgl. Kirchberg/Tröndle 2012).

2.3.3 Methodologisches Design Der insgesamt sehr magere Forschungsstand umfasst in erster Linie Studien aus dem englischsprachigen Raum, deren Schwerpunkt auf quantitativen Auswertungsverfahren liegt. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen leisten bereits einen wesentlichen Beitrag dazu, Erfahrungen im Museum zu beschreiben. Dennoch fällt auf, dass bisher eher selten qualitative Analysen durchgeführt wurden. Wenn, dann strukturieren diese das erhobene Datenmaterial mithilfe von Kategorien. Rosenthal spricht diesbezüglich von einer Neuordnung des Textmaterials nach den Kriterien der WissenschafterInnen (vgl. Rosenthal 2005: 18). Dieser Beitrag wählte daher einen qualitativen Zugang, bei dem den Befragten die Möglichkeit zu relativ offenen, eigenen Erzählungen gegeben wird. Aus diesem Grund wurden zwischen Mai und Juli 2015 offene, leitfadenorientierte Interviews mit insgesamt 51 Familien, die die Ausstellung „In Bewegung“ besuchten, geführt. Als Familie wurde, angelehnt an Wu (o. J), jede mehrgenerationale soziale Gruppe definiert, die aus mindestens einer erwachsenen Person und einem Kind – im Alter der Zielgruppe – mit biologischen oder legalen Verbindungen bestand, und das Museum als Einheit besuchte. In einem ersten Schritt bat die Forscherin die Familie im Zuge einer kurzen „Kontaktaufnahme“ zur Teilnahme und erläuterte den Ablauf. Jene Familien, die sich zur Mitwirkung bereit erklärten (zirka 80 Prozent), wurden anschließend vor und nach dem Ausstellungsbesuch interviewt. Am Gespräch beteiligten sich jeweils alle anwesenden Familienmitglieder. Eine offene, narrative Eingangsfrage forderte die Befragten zum Umreißen ihrer eigenen Sichtweisen und zu längeren Erzählungen auf. Daran anschließend folgten spezifische Nachfragen. So wurde den Interviewten gemäß des Prinzips vom „Allgemeinen zum Spezifischen“ (Przyborski/ Wohlrab-Sahr 2014: 127) die Strukturierung des Gesprächs im Rahmen des in der Untersuchung interessierenden Themas so weit wie möglich selbst überlassen (vgl. Bohnsack 2014: 23). Von den insgesamt 51 Interviews wurden zwölf im Sinne des „theoretical sampling“ (Przyborski/Wohlrab-Sahr 2014: 181) und aufgrund erster Interpretationen ausgewählt und in Anlehnung an die dokumentarische Methode nach Nohl (2009) analysiert. Ziel dieser Methode ist die Rekonstruktion von Handlungspraktiken, Orientierungen und Erlebnisprozessen (vgl. Bohnsack 2014). Als zentrale erkenntnislogische Pointe liegt der methodischen Konzeption die Unterscheidung zwischen handlungspraktischer Herstellung von Wirklichkeit und begrifflich expliziertem Wissen zu Grunde (vgl. Przyborski/Slunecko 2010: 629). Dies meint, es wird nicht nur der manifeste Gehalt eines Interviews in den Blick genommen, sondern auch der latente, der Sinn, der „zwischen den Zeilen“ (Rosenthal 2015: 18) liegt. Dabei handelt es sich um das – mit Mannheim gesprochen – „atheoretische Wissen“ (Przyborski/Wohlrab-Sahr 2014: 286), das zu unserem routinierten Handeln gehört und daher nicht theoretisch expliziert werden muss. Demzufolge ist Bohnsack folgend die Rekonstruktion auf den „Prozess der (erlebnismäßigen) Herstellung von Wirklichkeit, also auf die Frage nach dem Wie, (…) nicht darauf, Was diese Wirklichkeit jenseits des milieuspezifischen Er-Lebens ist“ (Bohnsack 2014: 65; Hervorh. im Original) gerichtet.


2.3 Heute gehen wir ins Museum, Besuchserfahrungen von Familien

63

Dieser Wechsel von den Was- zu den Wie-Fragen stellt auch das strukturierende Prinzip der Auswertung dar. So wurde auch in dieser Untersuchung nach der Auswahl und Transkription der Interviewpassagen in einem ersten Arbeitsschritt – der formulierenden Interpretation – der thematische Gehalt des Gesagten noch einmal (re-)formuliert und zusammengefasst. Diese Stufe der Interpretation blieb vorerst noch innerhalb des Orientierungsrahmens der Interviewten und bezog sich auf das Was des Gesagten (vgl. Bohnsack 2014: 137). Im Zuge der reflektierenden Interpretation wurde anschließend die Art und Weise, wie etwas gesagt wurde, in den Blick genommen. Sie diente der Rekonstruktion des Orientierungsrahmens innerhalb dessen ein Thema abgehandelt wird (vgl. Przyborski/Wohlrab-Sahr 2014: 292) (für eine detaillierte Beschreibung der Vorgehensweise siehe Fink 2016). In der nachfolgenden Ergebnisdarstellung wurden die Aussagen der Erwachsenen jeweils mit einem E, die der Kinder mit einem K kenntlich gemacht. In Ergänzung findet sich je nach Geschlecht ein „w“ oder ein „m“ angefügt. Eine Zahl am Ende eines Kürzels gibt das jeweilige Alter des sprechenden Kindes zu erkennen. Um die Anschaulichkeit und Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, werden in untenstehender Tabelle die wichtigsten Transkriptionszeichen angeführt, die leicht modifiziert dem TiQ-System („Talk in Qualitative Social Research“) entlehnt sind (vgl. Przyborski/Wohlrab-Sahr 2014: 168–169). Auch bleibt darauf hinzuweisen, dass die Beistrichsetzung in den Transkripten nicht nach den Regeln der Deutschen Rechtschreibung, sondern entsprechend der Vorgaben des TiQs erfolgte. Zeichen

Bedeutung

les-

Wort- oder Satzabbruch

(.)(2)(3)

Pause von 1–3 Sekunden

gut

Betonung

nei:n

Dehnung von Lauten

//mhm//

kurze Einwürfe

((lachen))

Anmerkungen zu nonverbalen Ereignissen

@nein@

lachend gesprochene Äußerung

@(.)@

kurzes Auflachen Tabelle 1: Transkriptionszeichen

2.3.4 Ergebnisse Die Erfahrungen der Familien in der Ausstellung wurden bereits an einer anderen Stelle ausführlich diskutiert (vgl. Fink 2016). Die aus dem Datenmaterial gewonnenen fünf Erfahrungsmuster geben einen guten Einblick, wie Familien den Besuch der Ausstellung erleben. Dabei zeigt sich, dass neben den Kindern und Jugendlichen auch deren Eltern immer wieder staunend und fasziniert von ihren Erlebnissen berichten. Besonders geschätzt werden die Alltagsnähe der Ausstellungsinhalte und deren Anknüpfung an die eigene Erfahrungswelt. Ähnlich der Studie von Pekarik et al. zeigen auch die hiervorliegenden Interviews, dass jene Erfahrun-


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gen, die von den eigenen Erwartungen an die Ausstellung abweichen, besonders positiv beschrieben werden (vgl. Pekarik et al. 2014). Zwar imponieren die Vielfalt der Themen, die interaktiven Elemente und der Modus der Darstellung, dennoch zeigen sich auch Spannungen und Herausforderungen, die der gemeinsame Familienbesuch birgt. Im Folgenden sollen diesbezüglich zwei Aspekte, die in der vorhandenen Literatur bisher kaum zu finden sind, aufgegriffen und erneut betrachtet werden.

2.3.4.1 Unterschiede zwischen Erwachsenen und Kindern In den Gesprächen zeigt sich, dass sowohl Erwachsene als auch Kinder eine Differenz in der Nutzung von Hands-On in der Ausstellung erleben. In einem Interview wird dies angeregt durch die – eher dichotome – Frage der Interviewerin, ob die Ausstellung gemeinsam genutzt wurde, folgendermaßen beschrieben. Ew:

Ja:a doch schon. (2) Es ist halt ein bisschen schwierig finde ich, weil die Kinder möchten immer gleich probieren und net lesen, das find ich da ein bisschen schwer zu vereinbaren. Die Kinder die gehen hin, sehn dass irgendwas leuchtet, bum drücken sie schon herum. Ich habe dann @probiert vorzulesen@, aber die Geduld ist oft nicht da //mmh// seitens der Kinder, kommt mir vor. Gleich etwas probieren, egal ob man jetzt weiß wie das funktioniert oder nicht. Und wenn sie´s halt nicht lesen- es ist dann eher dieses aha funktioniert nicht und weitergehen, weil sie´s ja nicht lesen. (I3)

Die Mutter spricht einen Unterschied zwischen ihrer eigenen Herangehensweise und jener der Kinder an. Letztere würden ihr zufolge „gleich probieren“ und „net lesen“. Daraus resultiert aus ihrer Sicht, dass die Funktionsweise der Hands-On nicht verstanden wird („es ist dann eher dieses aha funktioniert nicht und weitergehen“). In diesen Zeilen dokumentiert sich die Absicht der erwachsenen Person, Hands-On und damit vermittelte Inhalte zu verstehen. Mehr noch wird auch auf das Verständnis der Kinder geachtet. Da diesbezüglich dem Lesen ein wichtiger Stellenwert beigemessen wird, wird dem kindlichen „[P]robieren“ und „[D]rücken“ der vergebliche Versuch, die Texte vorzulesen, entgegengehalten. Auch in einer weiteren Passage, die einem Gespräch mit einem Vater und seinem Sohn entnommen ist, wird das Bemühen um das Verstehen auf Seiten der erwachsenen Person ersichtlich.


2.3 Heute gehen wir ins Museum, Besuchserfahrungen von Familien

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Em:

Es war grundsätzlich interessant. Das Problem was ich immer bei solchen Ausstellungen hob is (4). Es ist immer so ein bisschen, ja wie soll ich sag-

Km9:

ɭ Papa aber da zum Schluss der- in dem Kasten der Film-

Em:

ɭ Aja der Film (.) den haben wir auch eine Zeit lang angesehn.

Km9:

ɭ Wie kannst du da so lange schauen, wenn da nix passiert.

Em9:

ɭ Ja das war ein Kurzfilm über Bewegung. Hättest länger drinnen bleiben müssen (2) aber eh phu da musst erst mal draufkommen- ich mein wennst dann also im Text steht´s dann eh beschrieben dass es da ums Fortgehen in die weite Welt geht.

Km9:

ɭ Dafür hab ich nochmal schnell den Knopf gedrückt wo der Fallschirm so in die Höhe schießt. @(.)@ Der macht so ein lustiges Geräusch ((Pfeift heiter)). (I39)

Die Auseinandersetzung des Vaters mit dem im Eingangsbereich der Ausstellung gezeigten Film, stößt beim neunjährigen Sohn auf Unverständnis („[w]ie kannst du da“). Da beim Film „nix passiert“, wendete dieser sich einem anderen interaktiven Hands-On zugewendet und zeigt sich nun verwundert über den Vater, der sich „so lange“ damit beschäftigte. Letzterer meint zunächst vorwurfsvoll, „[h]ättest länger drinnen bleiben müssen“, bringt dem Argument des Sohnes im gleichen Atemzug jedoch Verständnis entgegen („aber eh phu da musst erst mal draufkommen“). Implizit dokumentiert sich in diesen Zeilen das vom Vater bereits am Beginn der Passage angesprochene, jedoch noch nicht explizierte, Problem. Dieses sieht er darin, dass die Beschäftigung mit einem Hands-On ohne Berücksichtigung des beigefügten Textes nicht zum Erfolg führt. Formulierungen wie „eine Zeit lang“ oder „phu da musst erst mal draufkommen“ betonen die Absicht, die Aussage eines Hands-On auch ohne das Lesen zu erfassen. Erst durch einen Blick auf den Ausstellungstext wird jedoch die Botschaft des Filmes verstanden („also im Text steht´s dann eh beschrieben dass es da ums Fortgehen in die weite Welt geht“). In diesen Zeilen wird erneut eine Orientierung des Erwachsenen am Verstehen erkennbar. Dies gelingt jedoch nicht ohne des Informationstextes. Es wird nicht das Lesen an sich beklagt, sondern die Notwendigkeit des Lesens, um die Aussage eines Hands-On zu verstehen. In den Erzählungen der Kinder steht hingegen die Interaktivität im Mittelpunkt. Darauf deuten auch Formulierungen wie „gedrückt“ oder „schießt“, die der Junge verwendet, um seine Beschäftigung zu beschreiben. Die angesprochene Differenz kann auch in Bezug auf den Umgang mit den dargebotenen Inhalten diskutiert werden. Erwachsene und Kinder bringen sich mit ihren Ideen über wissenschaftliche Phänomene in einer unterschiedlichen Art und Weise in die Gespräche ein. Eindrucksvoll wird dies in nachfolgendem Ausschnitt, der einem Interview mit einer Mutter und ihren drei Söhnen entnommen ist, deutlich. Diese Familie hat sich während des Besuchs mit den sogenannten Wundertrommeln beschäftigt, mithilfe derer im Eingangsbereich der Ausstellung die Bewegungsabläufe unterschiedlicher Tierarten verdeutlicht werden.


Elisabeth Fink

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Ew:

Was war denn auf deiner Scheibe oben?

Km9:

ɭ Ein Känguru (.) ein Baumkänguru.

Km4:

ɭ Quenguru.

Ew:

ɭ Genau Käng- Känguru. Das war ein Rotes Riesenkänguru (.) ist dort gestanden.

Km9:

ɭ Das ist nicht wirklich- (2) weißt du was- ich sag dir mal was, es gibt verschiedene Kängurus- viele verschiedene.

Ew:

ɭ Ja, und was weißt du über die Kängurus? Diese Kängurus können ganz schnell hüpfen, weil ihre Füße wie Federn sind.

Km9:

ɭ Wie Federn?

Ew:

ɭ Genau. Und sie sind so gebaut-

Km9:

ɭ Manche können aber auf Bäume klettern (2) manche- die können besser klettern als hüpfen. (I30)

In dieser Passage diskutiert die Familie über die Eigenschaften von Kängurus. Die Mutter korrigiert den ältesten Sohn und wendet ein, dass es sich bei dem Känguru auf der Wundertrommel anstelle des von ihm vermuteten Baumkängurus um ein Rotes Riesenkänguru handelt. Um ihre Aussage zu bekräftigen, stützt sie sich auf den gelesenen Text („[d]as war ein Rotes Riesenkänguru (.) ist dort gestanden“). Davon wenig überzeugt, beginnt der neunjährige Sohn mit dem Einwurf „weißt du was- ich sag dir mal was“ sein Wissen über Kängurus kundzutun. Er entgegnet, dass es viele verschiedene Kängurus gibt und fährt fort „manche- die können besser klettern als hüpfen“. Mit der Verwendung des Personalpronomens „ich“ personalisiert der Junge sein Wissen. Die Mutter wendet sich mehrmals mit Fragen an den Sohn und bezieht sich auf die Museumstexte um ihre Argumente zu untermauern. Das Kind hingegen nimmt gegenüber dem Wissen der erwachsenen Person eine bemerkenswert skeptische Rolle ein und stellt somit auch die Autorität der Texte infrage. Unterschiede zwischen Erwachsenen und Kindern konnten somit vor allem in Bezug auf den Umgang mit Hands-On als auch mit Informationen herausgearbeitet werden.

2.3.4.2 Richtig oder falsch Das aufgezeigte, offensichtlich große Vertrauen in die dargebotenen Inhalte auf Seiten der Erwachsenen kann auch in Verbindung gebracht werden mit den oftmals angesprochenen Herausforderungen bezüglich der Bedienung der Hands-On. Erwachsene Begleitpersonen betonen in den Interviews des Öfteren ihre eigene Anstrengung um Inhalte zu verstehen oder Hands-On erfolgreich bedienen zu können („net olles [ist] so ganz ganz selbstverständlich“ (I6)). Als in einem Interview nach enttäuschenden Erfahrungen gefragt wird, wird das eigene Zurechtkommen in der Ausstellung thematisiert.


2.3 Heute gehen wir ins Museum, Besuchserfahrungen von Familien

Ew:

67

Enttäuschendes?//Ja// (2) Wir sind zuerst nicht @mitgekommen wo man drücken soll@. Für mich wars ein bissl unverständlich. Da heißts am Knopf drücken und dann- aja, dann diese Kurbel drehen, dann soll sich alles in Bewegung setzen aber drüben ist der Knopf zum Drücken. Also da müssen immer zwei oder drei sein. (I7)

Die Interviewpartnerin beschreibt in dieser Passage, dass für die Bedienung mancher Hands-On mehrere Anläufe benötigt wurden („einiges habe ich erst beim zweiten, dritten Mal können“). Es wird deutlich, dass es besonders der interaktive Modus der Darstellung ist, der als Herausforderung wahrgenommen wird („wo man drücken soll“, „da heißts am Knopf drücken“, „diese Kurbeln drehen“). Die Verwendung eines Hands-On erfolgt somit nicht einfach beliebig, sondern erfordert ein gewisses Maß an Können, zu dem sich die erwachsene Person nicht auf Anhieb in der Lage sieht. Herausforderungen bezüglich der Bedienung der Hands-On werden im Datenmaterial stets nur von erwachsenen Personen angesprochen. Dies wird besonders auch in nachfolgender Passage deutlich, im Vorfeld derer die Interviewerin um eine Bewertung des Ausstellungsbesuchs bietet. Kw10:

Ich sag fünf Punkte, weil wi:r haben se- sehr viel ausprobieren können. Gell Oma, da wo wir die schweren Reifen zogen haben- war mega cool. @(.)@

Ew:

ɭ Also ich würde sagen fünf, fünf. Weil manches haben wir einfach nicht können, da haben wir fragen müssen erst wie es geht, deswegen sagen wir vielleicht fünf. Da Sinn ist mir eigentlich nicht ganz klar gewesen. Vielleicht liegts auch an meinem Alter @(.)@. Da bei den Abgasen da sind wir uns dann draufgekommen, wie du die Pakete aufgeladen hast, aber da wo man am Boden da- da bei dem wo man ziehen muss zum Beispiel, da hat sich nichts getan. Sozusagen, (.) da ist man nicht hingeführt worden, das ist aber doch schlecht eigentlich. Sondern da hat man nur seine Meinung gesagt, aber es hat sich nichts getan. (I34)

Obwohl beide Familienmitglieder die Ausstellung mit der gleichen Punkteanzahl bewerten, werden erneut unterschiedliche Orientierungen deutlich. Die Möglichkeit „se- sehr viel ausprobieren [zu] können“ gefällt dem Kind besonders, weshalb es auch in seiner Bewertung darauf positiv Bezug nimmt („war mega cool“). Dahingegen spricht die erwachsene Person eine erlebte Schwierigkeit an. Es wird argumentiert, dass einige Hands-On nicht erfolgreich bedient werden konnten. Mit der Aussage „da Sinn ist mir eigentlich nicht ganz klar gewesen“ erfolgt eine weitere Differenzierung. Sinn bedeutet so viel wie Ziel und Zweck oder gedanklicher Gehalt. Das „Können“ zu dem sie sich manchmal nicht in der Lage sieht, scheint sich somit nicht nur auf die Bedienung, sondern auch auf das Erfassen einer Aussage eines Hands-On zu beziehen. Exemplifizierend wird das Hands-On Meinungspool angeführt. Mit dem Ziel BesucherInnen aktiv in den Kommunikationsprozess miteinzubeziehen, lädt dieses interaktive Exponat zur eigenen Urteilsbildung ein (vgl. Seebauer/Decristoforo/Stadelmann 2013). Der erwachsenen Person ist zwar die Bedienung dieses Hands-On verständlich, die Botschaft dahinter blieb hingegen unklar, da sich „nichts getan“ hat. Es fehlte ihr ein Urteil über die abgegebene Meinung („da ist man nicht hingeführt worden, das ist aber doch schlecht eigentlich“).


Elisabeth Fink

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In den Ausführungen wird deutlich, dass Erwachsene das Gefühl haben, die organisierenden Prinzipien eines Hands-On nicht verstanden zu haben. In diesem Zusammenhang wird erneut der bereits erwähnte unterschiedliche Umgang mit Information ersichtlich. Erwachsene erleben interaktive Exponate als wissenschaftliche Experimente, die entweder richtig oder, wie so oft, falsch verstanden werden können. Macdonald spricht in diesem Zusammenhang von einer „didactic health-education exhibition“ (Macdonald 2007: 154), die sich BesucherInnen zu erwarten scheinen.

2.3.5 Diskussion Dieser Beitrag stellte die Frage nach spezifischen familiären Erlebnismustern in der Ausstellung „In Bewegung“. Die mithilfe eines rekonstruktiven Forschungszuganges gewonnenen Ergebnisse zeigen, dass der familiäre Museumsbesuch Spannungen im Hinblick auf die Herangehensweise in der Ausstellung birgt. So orientieren sich Kinder an den Aktivitäten in der Ausstellung. Als bestimmende Elemente, die die Auseinandersetzung mit den Hands-On spannend machen, dominieren in ihren Erzählungen das Spielen, Ausprobieren und Anfassen. Erwachsene Begleitpersonen hingegen konzentrieren sich auf die hinter den Hands-On vermuteten Belehrungen und sind stets darum bemüht, ihren Schützlingen bei der Interpretation der Inhalte helfend zur Seite zu stehen. Hands-On werden ihrerseits oftmals als – wie es auch Stevens und Toro-Martell (2003) betonen – „place of authoritative knowledge” (Stevens/Toro-Martell 2003: 27) wahrgenommen. Besonders eindrücklich erscheint vor diesem Hintergrund, dass sich gerade Kinder in den Interviews sehr kritisch gegenüber dem Wissen der Eltern und den Informationen in der Ausstellung präsentieren. Diese Spannungen, die zwar in der vorhandenen Literatur bisher selten thematisiert wurden und daher besonders aus wissenschaftlicher Sicht spannend erscheinen, stellen jedoch nur einen Ausschnitt der im Zuge der gesamten Masterarbeit, der diese Daten und Analysen entnommen sind, gewonnenen familiären Erfahrungsmuster dar. Darüber hinaus zeigte sich vor allem, dass Familien in der Ausstellung Erfahrungen machen, die unmittelbar nach dem Besuch als vielfältig, erstaunlich, positiv und überraschend beschrieben werden. So wird die Ausstellung immer wieder als „einfach voll cool“ (I16) oder aufgrund ihrer zahlreichen Kapitel als „sehr abwechslungsreich“ (I6) beschrieben. Beeindruckt berichten beispielsweise Kinder von „ein- ei:ntausendvierhundert Kilo“ (I3), die beim Rollvergleich zwischen Straße und Schiene mit Originalkomponenten gezogen werden konnten. Die Kürze des hier vorliegenden Beitrages erlaubte es nicht, auf diese Erfahrungsmuster näher einzugehen. Daher bleibt an dieser Stelle auf die Masterarbeit, die sich auch diesen sehr positiven Erfahrungen ausführlich widmet, hinzuweisen (s. Fink 2016). Die Ergebnisse, die hier präsentiert wurden, sind auch nicht ohne Limitation. So wurden die Erfahrungen in dieser Untersuchung lediglich erfragt und nicht beobachtet. Des Weiteren kann vermutet werden, dass die Befragung vor dem Betreten der Ausstellung das Verhalten während des Besuches beeinflusste. Interviewte Familien verweilten im Durchschnitt zwölf Minuten länger in der Ausstellung als andere BesucherInnen. In erster Linie stellt die Untersuchung daher einen ersten Versuch dar, sich den Erfahrungen jener Personen, für die eine Ausstellung konzipiert wurde, zu nähern. Zudem mag der Erkenntnisgewinn dieses Beitrages dem ein oder anderen als gering erscheinen. Es ist anzunehmen, dass für jemanden, der einiges an Museumserfahrung mit Kindern


2.3 Heute gehen wir ins Museum, Besuchserfahrungen von Familien

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erlebt hat, beispielsweise die aufgezeigten Spannungen wenig überraschend sind. Und dennoch scheinen die Ergebnisse relevant. Der entscheidende Unterschied, der damit herausgearbeitet wurde ist, dass es sich hierbei nicht um eine bloß zufällige Erfahrung einzelner Personen handelt, sondern um zentrale kollektive Erfahrungsmuster, deren Berücksichtigung in Ausstellungskonzeptionen sich lohnen könnte. So lässt sich für zukünftige Ausstellungsentwicklungen der Schluss ziehen, dass ein innovativer Weg darin bestehen kann, insbesondere in die Fähigkeiten der Kinder, technische Phänomene selbstständig erfolgreich zu erschließen, ein noch größeres Vertrauen zu haben. Ein schwieriges Unterfangen angesichts des Befundes, dass auch Eltern in ihrem Bemühen, die Vermittlungsabsicht der KuratorInnen, die sie hinter einem Hands-On vermuten, herauszufinden, sich meist belehrend in die Beschäftigungen der Kinder einmischen. Allerdings zeigt Trauner in diesem Band, dass letztere in ihrem Umgang mit Hands-On dennoch sehr autonom handeln (s. Kap. 2.4). Anstelle von weiterführenden Informationen oder Erklärungen, wie Hands-On zu bedienen sind, könnten vermehrt Fragen oder Hinweise treten, die das von den Kindern verlangte aktive Tun und selbstständige Handeln anregen. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass nicht alle BesucherInnen dazu in der Lage sind, einen Zusammenhang zwischen dem Drücken eines Knopfs und dem ausgelösten Ereignis herzustellen, scheinen kurze Hinweise und Fragen eine Möglichkeit die Neugierde zu wecken, sich mit Versuchen zu beschäftigen, die im ersten Moment in ihrem Zusammenhang noch nicht ganz durchblickt werden. Aus bildungswissenschaftlicher Perspektive treten an dieser Stelle konstruktivistische Theorien in den Vordergrund. Diese legen das Hauptaugenmerk weniger auf das was vermittelt werden soll, sondern – wie Hein (1995) es ausdrückt – „the focus is on what people learn, that is, on what meaning they make out of whatever it is that we do and exhibit.” (Hein 1995: 190). Dies meint auch in Kauf zu nehmen, nicht vorhersagen zu können, wie Hands-On genutzt werden oder welche Bedeutungsgehalt BesucherInnen aus der Beschäftigung mit ihnen ziehen.

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Elisabeth Fink

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Stephanie Trauner

2.4 „Komm, mach mit!“ Oder besser: „Bitte stör’ mich nicht!“? Abstract (deutsch) Dieser Beitrag widmet sich dem Themenbereich der sozialen Interaktion zwischen einem Erwachsenen und einem Kind und deren Bedeutung für den Umgang des Kindes mit ausgewählten Hands-On der Mitmachausstellung “In Bewegung” des Technischen Museums Wien. Die Basis für die nachfolgenden Ausführungen bildet eine Masterarbeit, welche sich mit der Frage auseinandersetzte, inwiefern die soziale Interaktion zwischen einem Erwachsenen und einem Kind während des Besuchs der Mitmachausstellung „In Bewegung” des Technischen Museums Wien den Umgang des Kindes mit ausgewählten Hands-On1 beeinflusst. Dieser Beitrag kann demzufolge als Zusammenfassung der eben erwähnten Masterarbeit gesehen werden. Abstract (englisch) This article focuses on the importance of social interaction between an adult and a child while visiting the interactive exhibition in movement of the Technical Museum in Vienna for the child’s dealing with selected Hands-On. The basis for the following discussion provides a master’s thesis, which dealt with the question of how the social interaction between an adult and a child has an influence on the child’ dealing with selected Hands-On while visiting the interactive exhibition in movement of the Technical Museum in Vienna. This article can therefore be seen as a summary of this master’s thesis.

2.4.1 Einführung Viele Jahre der BesucherInnenforschung in Museen waren vorwiegend durch die Entwicklung von Indikatoren wie beispielsweise jene der Attraktivität und der Verweildauer gekennzeichnet. Seit den 1990er-Jahren setzt sich mehr und mehr die Annahme durch, dass nicht nur Indikatoren wie Attraktivität und Verweildauer wichtig für die Qualität des Museumsbesuchs sind, sondern dass auch die soziale Interaktion für das Erleben des Museumsbesuchs wesentlich ist. Laut vom Lehn et al. (2011: 46) liegt es nahe anzunehmen, dass es von enormer Bedeutung ist, wie sich die BesucherInnen „den Inhalt von Ausstellungen in sozialer Interaktion, das heißt durch Gespräche und Diskussionen am Exponat, mit anderen Besuchern erschließen“ (vom Lehn et al. 2011: 46). 1

Die durchgeführte empirische Untersuchung setzte sich mit dem Hands-On I4-H4 Rollvergleich und dem Hands-On I2-H1 Der digitale Walker auseinander (s. Kap. 1.1a)


Stephanie Trauner

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Diesen Ausführungen zufolge, scheint es wesentlich zu sein, sich die Frage zu stellen, ob die soziale Interaktion zwischen einem Kind und einem Erwachsenen auch einen Einfluss auf den Umgang des Kindes mit ausgewählten Hands-On hat. Daraus ergaben sich folgende Hypothesen: Hypothese 1 Es besteht ein Zusammenhang hinsichtlich der sozialen Interaktion zwischen einem Kind und einem Erwachsenen und dem Umgang des Kindes mit dem Hands-On I4-H4 Rollvergleich. Hypothese 2 Es besteht ein Zusammenhang hinsichtlich der sozialen Interaktion zwischen einem Kind und einem Erwachsenen und dem Umgang des Kindes mit dem Hands-On I2-H1 Der digitale Walker. Darüber hinaus ist anzumerken, dass Van Schijndel, Franse und Raijmakers (2010: 795) darauf hinweisen, dass Interaktivität ein essentielles Charakteristikum von Wissenschaftsmuseen ist. Interaktive Ausstellungsstücke führen nicht nur zu einer längeren Verweildauer als nicht-interaktive Ausstellungsstücke; Interaktivität wird auch damit assoziiert, dass Inhalte leichter gelernt werden können und besser in Erinnerung bleiben. Wenn Interaktivität zu einem leichteren Erlernen von Inhalten und einer besseren Erinnerung dieser Informationen führt, stellt sich die Frage, ob ein höheres Interaktionsniveau zwischen einem Kind und einem Erwachsenen auch zu einem intensiveren Umgang des Kindes mit ausgewählten Hands-On führt. Im Hinblick auf diese Ausführungen setzte sich die empirische Untersuchung auch mit folgenden Hypothesen auseinander: Hypothese 3 Je höher das Interaktionsniveau zwischen einem Kind und einem Erwachsenen, desto intensiver ist der Umgang des Kindes mit dem Hands-On I4-H4 Rollvergleich. Hypothese 4 Je höher das Interaktionsniveau zwischen einem Kind und einem Erwachsenen, desto intensiver ist der Umgang des Kindes mit dem Hands-On I2-H1 Der digitale Walker. Die soeben erläuterten Hypothesen bildeten die Grundlage für die durchgeführte empirische Untersuchung, wobei für deren Prüfung ein Beobachtungsbogen entwickelt wurde, welcher in den nun folgenden Zeilen kurz dargestellt wird.

2.4.2 Zur empirischen Untersuchung Der Beobachtungsbogen, auf dessen Grundlage die für die durchgeführte empirische Untersuchung notwendigen Daten erhoben werden, wurde in Anlehnung an Rennie und McClafferty (1994) von Katharina Glaser und Stephanie Trauner erarbeitet. Der Beobachtungsbogen von Rennie und McClafferty (1994) wurde bearbeitet und adaptiert, weil die ursprüngliche Version dem Geschehen, welches für die empirische Untersuchung essentiell war, nicht vollständig gerecht werden konnte. Hinsichtlich der Beschreibung des Geschlechts und der Altersspanne wurden einerseits die Zeichen, welche weibliche Erwachsene, weibliche Jugendliche und Mädchen kennzeichnen geändert. Andererseits wurde die Beschreibung der Altersspanne


2.4 „Komm, mach mit!“

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um die genaue Angabe des Alters, welche die jeweilige Kategorie charakterisiert, ergänzt. Der ursprüngliche Beobachtungsbogen der AutorInnen wurde darüber hinaus insofern adaptiert, als dass der ursprüngliche Interaktions-Code (1) um den Interaktions-Code (2) erweitert wurde, wobei dieser durch die Beschreibung der Aktion und der Reaktion gekennzeichnet ist. Des Weiteren wurden die Kategorien für den Umgang mit ausgewählten Hands-On adaptiert. Die Kategorien Ignorieren und Beachten wurden gemäß dem Beobachtungsbogen von Rennie und McClafferty (1994) übernommen. Sie wurden allerdings um die Kategorien Nutzung, erfolgreiche Nutzung und erweiterte Nutzung ergänzt. Zwischen diesen Kategorien besteht eine Hierarchie, wobei die Kategorie Ignorieren in der Hierarchie ganz unten und die Kategorie erweiterte Nutzung ganz oben steht. Nachdem das Geschehen vor beziehungsweise mit einem ausgewählten Hands-On beobachtet wurde, werden einerseits das Geschlecht und die Alterspanne in die jeweils höchste erreichte Kategorie, die den Umgang mit dem ausgewählten Hands-On beschreibt, eingetragen. Andererseits wird der Interaktions-Code (2) zwischen der beobachteten Dyade im Beobachtungsbogen festgehalten. Die nachfolgende Abbildung zeigt den bearbeiteten und adaptierten Beobachtungsbogen. In Absprache mit den Verantwortlichen des Technischen Museums Wien und den zuständigen BetreuerInnen vom Institut für Bildungswissenschaft wurde eine Stichprobe von 40 zu beobachtenden Personen für das jeweilige Hands-On festgelegt. Darüber hinaus wurde für diese Beobachtung eine Ereignisstichprobe gewählt. Dies hat zur Folge, dass auf eine zeitlich strukturierte Protokollierung der zu beobachtenden Ereignisse verzichtet wurde. Die Auswahl der UntersuchungsteilnehmerInnen war im Rahmen der durchgeführten Beobachtungen insofern eingeschränkt, als dass es sich bei den ProbandInnen jeweils um eine Dyade, bestehend aus einem Kind im Alter von sieben bis vierzehn Jahren und einem Erwachsenen (Mutter, Vater, Großmutter oder Großvater) handeln musste. Sofern die Verwandtschaftsbeziehungen der Dyaden nicht im Rahmen der Beobachtung erschlossen werden konnten, wurden die beobachteten Dyaden im Anschluss an die Beobachtung nach deren Verwandtschaftsbeziehung gefragt, um sicherzustellen, dass die Personen, welche sich mit den ausgewählten Hands-On auseinandersetzen, entweder Mutter und Kind, Vater und Kind oder Großmutter oder -vater und Kind waren. Darüber hinaus wurden nur jene Dyaden beobachtet, welche dem jeweiligen Ausstellungsstück mindestens Beachtung schenkten. Jene BesucherInnen, welche das ausgewählte HandsOn ignorierten, das heißt, am Ausstellungsstück vorbei gingen beziehungsweise keine zwei Sekunden davor stehen geblieben sind und/oder das Ausstellungsstück nicht angesehen haben, wurden in die Beobachtungen nicht miteinbezogen. Der Umstand, dass die BesucherInnen für mindestens zwei Sekunden vor dem jeweiligen Ausstellungsstück stehen bleiben mussten, damit sie für die empirische Untersuchung relevant waren, kann dadurch erklärt werden, dass davon ausgegangen wird, dass die BesucherInnen mindestens diese Zeit benötigen, um das jeweilige Ausstellungsstück bewusst wahrnehmen zu können. Erst wenn die BesucherInnen das jeweilige Ausstellungsstück für mindestens zwei Sekunden angesehen haben und mit beiden Beinen davor stehen geblieben sind, konnten sie in die empirische Untersuchung miteinbezogen werden.


Interaktions-­Code (1): M – G M und G gemeinsam M à G M beobachtet G M ßà G M interagiert mit G Interaktions-­Code (2): Aktion: M/G à MJ/GJ/m/g

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M/G ist desinteressiert an MJ/GJ/m/g M/G à MJ/GJ/m/g M/G steuert MJ/GJ/m/g + positive Steuerung o neutrale Steuerung -­ negative Steuerung Reaktion: MJ/GJ/m/g à M/G MJ/GJ/m/g reagiert auf M/G + positive Reaktion o neutrale Reaktion -­ negative Reaktion

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Ausstellungsstück: ______________________________ Beobachter/In: ______________________________ Datum: _______________

Zwischen-­ summe

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Ignorieren Beachten Nutzung Erfolgreiche Nutzung Erweiterte Nutzung Anmerkungen:

Geschlecht und Altersspanne: M männlicher Erwachsener (18+ Jahre) G weibliche Erwachsene (18+ Jahre) männlicher Jugendlicher (14-­18 Jahre) MJ GJ weibliche Jugendliche (14-­18 Jahre) m Bub (8-­14 Jahre) g Mädchen (8-­14 Jahre)

Beobachtungsbogen Beobachtungsbogen in Anlehnung an Rennie und McClafferty (1994), bearbeitet und adaptiert von Glaser und Trauner

74 Stephanie Trauner

Abb. 1: Beobachtungbogen (eigene Darstellung in Anlehnung an Rennie und McClafferty (1994))


2.4 „Komm, mach mit!“

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2.4.3 Zu den Ergebnissen der empirischen Untersuchung Im Hinblick auf die Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse der durchgeführten empirischen Untersuchung soll zunächst darauf hingewiesen werden, dass dabei der Kontext der Familienbeziehung und die jeweils unterschiedlichen Erfahrungs- und Gestaltungsräume der einzelnen Familienmitglieder nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Demzufolge müssen wesentliche Faktoren, welche die Erwachsenen-Kind-Interaktion beeinflussen, beachtet werden, da die Interaktion zwischen einem Erwachsenen und einem Kind nicht isoliert davon betrachtet werden kann. Hierbei werden die Grenzen dieser empirischen Untersuchung deutlich erkennbar, weil diese Faktoren nicht berücksichtigt werden konnten. Hinsichtlich der nachfolgenden Überlegungen sollen diese Aspekte demzufolge nicht unberücksichtigt bleiben und bezüglich der anschließenden Interpretationen stets mitbedacht werden. Im Rahmen der durchgeführten empirischen Untersuchung konnte auf Basis zweier Chi-Quadrat-Tests dargestellt werden, dass kein Zusammenhang hinsichtlich der sozialen Interaktion zwischen einem Kind und einem Erwachsenen und dem Umgang des Kindes mit ausgewählten Hands-On besteht. Darüber hinaus kann anhand der bisherigen Ausführungen darauf hingewiesen werden, dass weder bei dem Hands-On I4-H4 Rollvergleich, noch bei dem Hands-On I2-H1 Der digitale Walker ein Zusammenhang zwischen der Höhe des Interaktionsniveaus im Rahmen der Erwachsenen-Kind-Dyade und der Intensität im Umgang mit dem jeweiligen Hands-On auf Seiten der beobachteten Kinder zu erkennen war. Demzufolge konnte auch bei dem Hands-On I4-H4 Rollvergleich, welches ursprünglich von den Verantwortlichen des Technischen Museums Wien mit gruppendynamischen Prozessen in Verbindung gebracht wurde, kein Zusammenhang zwischen den eben dargestellten Faktoren festgestellt werden. Welche Gründe für die gewonnenen Ergebnisse der durchgeführten empirischen Untersuchung möglicherweise geltend gemacht werden können steht im Rahmen der nachfolgenden Ausführungen im Fokus der Aufmerksamkeit. An dieser Stelle soll zunächst darauf hingewiesen werden, dass – wie bereits erwähnt – kein Zusammenhang zwischen der Höhe des Interaktionsniveaus und der Intensität des Umgangs mit dem jeweiligen Hands-On auf Seiten des Kindes besteht. Das bedeutet, dass ein niedriges Interaktionsniveau trotzdem mit einem erfolgreichen Umgang des Kindes mit dem jeweiligen Ausstellungsstück einhergeht. Darüber hinaus steht jedoch auch ein intensiver Umgang mit dem Hands-On I4-H4 Rollvergleich und I2-H1 Der digitale Walker im Zusammenhang mit einem neutralen bis hohen Interaktionsniveau. Dieser Umstand kann möglicherweise dadurch erklärt werden, dass die soziale Interaktion zwischen Familienmitgliedern im Rahmen eines Museumsbesuchs zu einer gegenseitigen Unterstützung und in weiterer Folge zu einem individuellen und kollektiven Lernen führen (Nadelson 2013: 478). Ist die Interaktion im Rahmen der Erwachsenen-Kind-Dyade durch ein hohes Interaktionsniveau charakterisiert, welches beispielsweise durch Lob und Ermutigung gekennzeichnet ist, kann diese positive Atmosphäre unter Umständen dazu beitragen, dass sich die Familienmitglieder gegenseitig bekräftigen und das jeweilige Hands-On im weiteren Verlauf erfolgreich nutzen. Einerseits soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass ein hohes Interaktionsniveau eine eventuelle gegenseitige Förderung der an der Interaktion beteiligten Personen zur Folge hat. Darüber hinaus ist es wichtig zu erwähnen, dass die Ergebnisse, welche die beobachteten


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Kinder im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Hands-On erzielten, den bisherigen Erläuterungen zufolge autonom von dem Verhalten der anderen an der Interaktion beteiligten Person sind. Ergo bestimmen die beobachteten Kinder die erzielten Ergebnisse durch ihr eigenes Verhalten (Akteurkontrolle) und in Unabhängigkeit von der sozialen Interaktion mit ihren jeweiligen InteraktionspartnerInnen. Nachdem einleitend auf einige wesentliche Aspekte der Studie hingewiesen wurde, werden nachfolgend mögliche Erklärungen, welche für die Falsifikation der Hypothesen, die für die durchgeführte empirische Untersuchung leitend waren, geltend gemacht werden können, dargestellt. Obwohl das niedrige Interaktionsniveau einige Merkmale, welche in der Literatur als ungünstige Kommunikationsmerkmale definiert werden (Eickhoff/Zinnecker 2000: 24), enthält, scheint dies keinen erkennbaren Einfluss auf die erfolgreiche Nutzung im Hinblick auf die Auseinandersetzung der beobachteten Kinder mit den jeweiligen Hands-On zu haben. Die Falsifikation von Hypothese 3 und 4 kann möglicherweise auf das sehr autonome Verhalten der beobachteten Kinder zurückgeführt werden, welches eventuell mit der Entwicklung der Kinder und den Interaktionszielen von Kindern und Jugendlichen einhergeht. Als Interaktionsziel wird das Erreichen von Autonomie in Kombination mit Verbundenheit angenommen (Hofer/ Pikowsky 2002: 256). Möglicherweise kann dieses Interaktionsziel mit den Ergebnissen der durchgeführten empirischen Untersuchung insofern in Verbindung gebracht werden, als dass die Interaktion der beobachteten Kinder mit den erwachsenen Personen durch mehr symmetrische als asymmetrische Anteile gekennzeichnet ist. Aufgrund der abnehmenden Asymmetrie in der Interaktion sind die Kinder auch in zunehmenden Maße von den erwachsenen Personen unabhängig und agieren gleichberechtigt. Diese Unabhängigkeit von den jeweiligen InteraktionspartnerInnen ist im Rahmen der durchgeführten empirischen Untersuchung vor allem im Hinblick auf die erfolgreiche Nutzung der jeweiligen Ausstellungsstücke bedeutsam, denn durch den Umstand, dass die Kinder/Jugendlichen und die erwachsenen Personen zunehmend gleichberechtigt sind und autonomer agieren, lassen sich die Kinder unter Umständen auch nicht in einem so hohen Maße von der Interaktion mit den Erwachsenen im Hinblick auf die Nutzung des Hands-On beeinflussen. Ein weiterer Grund dafür, dass die Höhe des Interaktionsniveaus keinen Einfluss auf die Intensität des Umgangs mit dem jeweiligen Hands-On auf Seiten der beobachteten Kinder hat, kann möglicherweise damit im Zusammenhang stehen, dass ein interaktives Ausstellungsstück dadurch gekennzeichnet ist, dass die BesucherInnen eines Museums mit dem Exponat interagieren können (Allen/Gutwill o. J.: 1–2). Charakteristisch dabei ist, dass das jeweilige Ausstellungsstück auf die Aktion reagiert. Dadurch dass das jeweilige Hands-On eine direkte Reaktion auf die Interaktionsversuche der beobachteten Kinder zeigte, ist das jeweilige Hands-On für die Wissensvermittlung verantwortlich und nicht der/die jeweilige Interaktionspartner/in. Diesen Ausführungen zufolge können die BesucherInnen durch die interaktive Benutzung etwas von dem Ausstellungsstück lernen, und zwar deshalb, weil er/sie aktiv in den Prozess der Vermittlung der Informationen miteinbezogen ist. Dieser Umstand macht den/die Interaktionspartner/in bei dem Versuch das jeweilige Hands-On erfolgreich zu nutzen redundant, denn unabhängig davon, durch welche Charakteristika die soziale Interaktion jeweils gekennzeichnet ist, übernimmt das interaktive Ausstellungsstück, durch den Umstand, dass es auf die Interaktionsversuche sofort reagiert, die Wissensvermittlung und somit kann das Hands-On auch unabhängig von der sozialen Interaktion erfolgreich genutzt werden.


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Dadurch dass sich das Ausstellungsstück im Rahmen der aktiven Auseinandersetzung gewissermaßen von selber erschließt, sind die Kinder nicht darauf angewiesen, dass die Bedeutung und Funktionsweise des jeweiligen Hands-On während der sozialen Interaktion mit einem Erwachsenen ermittelt wird. Durch den Umstand, dass das Hands-On gleichsam selber für die Wissensvermittlung verantwortlich ist und nicht der/die jeweilige InteraktionspartnerIn, agieren die Kinder möglicherweise auch unabhängig von der sozialen Interaktion mit den Erwachsenen. Sie konzentrieren sich mehr auf das Hands-On und dessen Funktionsweise als auf die unter Umständen ungünstigen Interaktionsmerkmale ihrer BegleiterInnen, weil diese auch keinen Einfluss auf eine gelingende beziehungsweise nicht gelingende Nutzung des Ausstellungsstückes haben. Vom Lehn et al. (2011) weisen darauf hin, dass der Inhalt von Ausstellungen in einem Museum durch Gespräche und Diskussionen mit anderen BesucherInnen erschlossen wird. Diese Überlegungen scheinen bei der Stichprobe für die durchgeführte empirische Untersuchung keine wesentliche Bedeutung zu haben, denn die beobachteten Kinder müssen sich den Inhalt der Ausstellung „In Bewegung” des Technischen Museums Wien nicht erst durch die soziale Interaktion mit einem Erwachsenen erschließen, sondern ergibt sich vielmehr bereits durch die aktive Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Hands-On und ist – wie die empirische Untersuchung gezeigt hat – unabhängig von der sozialen Interaktion. Würde sich die Bedeutung und Funktionsweise des jeweiligen Ausstellungsstückes nicht durch die aktive Auseinandersetzung mit eben diesem herleiten, würde unter Umständen auch der sozialen Interaktion im Hinblick auf die erfolgreiche Nutzung des Hands-On eine höhere Bedeutung beigemessen werden. Aufgrund des Umstandes, dass die Bedeutung des Hands-On bereits im Rahmen der Auseinandersetzung erschlossen werden kann, sind die beobachteten Kinder beispielsweise nicht zwangsläufig auf Erklärungen und Anleitungen durch die jeweiligen InteraktionspartnerInnen angewiesen. Unabhängig davon, ob diese gegenüber den Kindern Desinteresse zeigen, ihnen die Bedeutung beziehungsweise die Funktionsweise des Hands-On erklären, oder sie während der Auseinandersetzung mit dem Hands-On anfeuern und ermutigen, können die Kinder das jeweilige Ausstellungsstück autonom nutzen. Dies ist deshalb der Fall, weil das Hands-On so konzipiert ist, dass es auf die Interaktion des Kindes reagiert und dieses somit aktiv in den Prozess der Wissensvermittlung miteinbezieht. Außerdem ist der Zugang zu den Ausstellungsstücken durch Selbstbestimmtheit, Aktivität und Interaktion gekennzeichnet. Dies wird vor allem durch die anregende Darstellung der Ausstellungsstücke ermöglicht, so Graf und Noschka-Roos (2009). Die BesucherInnen setzen sich selbstständig mit den Ausstellungsstücken auseinander, generieren Bedeutungen und verstehen das Präsentierte, so die AutorInnen. Diese selbstbestimmte Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Ausstellungsstück kann in Addition zu den bisher dargestellten Faktoren auch dazu beitragen, dass die beobachteten Kinder das Ausstellungsstück unabhängig von der Interaktion mit ihren jeweiligen InteraktionspartnerInnen intensiv nutzten. Die beobachteten Kinder agierten sehr autonom und konnten die Bedeutung und Funktionsweise der jeweiligen Hands-On auch verstehen, wenn im Rahmen der sozialen Interaktion ein niedriges Interaktionsniveau vorherrschend war. Barriault und Pearson (2010) weisen darauf hin, dass Ausstellungsstücke, welche soziale Interaktion beabsichtigen, an dem bereits vorhandenen Wissen und den Erfahrungen der BesucherInnen ansetzten. Dieser Umstand ist in weiterer Folge auch dafür verantwortlich, dass die Ausstellungsstücke Motivation auslösen. Dies trägt mit höherer Wahrscheinlichkeit dazu bei,


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dass die BesucherInnen im Rahmen des Museumsbesuchs Bedeutungen konstruieren und Neues lernen. Auch die Mitmachausstellung „In Bewegung” des Technischen Museums Wien hat die Alltagserfahrungen der BesucherInnen zum Gegenstand. Aufgrund dessen können diese auch unter Umständen Bedeutungen unabhängig von den jeweiligen InteraktionspartnerInnen generieren und sind nicht von der sozialen Interaktion abhängig. Dies kann möglicherweise eine Erklärung für die Falsifikation der Hypothesen, welche für die durchgeführte empirische Untersuchung leitend waren, sein. Die Konzeption der Mitmachausstellung „In Bewegung” des Technischen Museums Wien trägt dazu bei, dass sich die BesucherInnen weg von passiven BetrachterInnen der Ausstellungsstücke, hin zu einem aktiven und in das Setting integrierten Teil der Ausstellung bewegen (Decristoforo/Seebauer/Stadelmann 2013). Dies beeinflusst auch die Entstehung von Interesse und Motivation auf Seiten der BesucherInnen. Dadurch, dass das Kind ein wesentliches Element der Ausstellung ist, wird ihm eine hohe Bedeutung beigemessen. Der Umstand, dass er/ sie durch seine/ihre Interaktion an und mit einem Ausstellungsstück dieses auch aktiv beeinflussen kann, steht die Motivation, sich mit dem jeweiligen Hands-On auseinanderzusetzten und aktiv in die Nutzung einzugreifen, möglicherweise über der Interaktion mit dem/der jeweiligen InteraktionspartnerIn und bleibt in weiterer Folge auch davon unbeeinflusst. Ob das Hands-On in der Lage ist, das Kind, welches sich mit dem Ausstellungsstück in einer aktiven Art und Weise auseinandersetzt, so zu faszinieren, dass es unabhängig von möglicherweise störenden Einflussfaktoren (wie beispielsweise die negative Steuerung des jeweiligen Interaktionspartners/der jeweiligen Interaktionspartnerin) das Hands-On erfolgreich nutzt, ist unter Umständen auch zu einem hohen Maße davon abhängig, ob das Hands-On ausreichend Motivation und Interesse in dem jeweiligen Kind auslösen kann. Wenn das Hands-On an der Erlebnis- und Gedankenwelt der Kinder ansetzt und in der Lage ist, das Kind zu einer aktiven Auseinandersetzung zu motivieren, ist möglicherweise auch die Wahrscheinlichkeit höher, dass das Kind das Hands-On unabhängig von der sozialen Interaktion mit dem Erwachsenen erfolgreich nutzen kann. Das Wissen darum, dass man ein aktiver Teil der Ausstellung ist und das daraus resultierende Interesse sich näher mit dem Ausstellungsstück zu beschäftigen und die Funktionsweise herauszufinden, lässt diesen Ausführungen zufolge die Überlegung zu, dass der/die jeweilige InteraktionspartnerIn und somit die soziale Interaktion eher in den Hintergrund rückt. Im Hinblick auf den hohen Prozentsatz an beobachteten Personen, welche das Hands-On I2-H1 Der digitale Walker lediglich beachtet haben, kann festgehalten werden, dass dies möglicherweise deshalb der Fall ist, weil es sich dabei um einen Touch Screen Bildschirm handelt, der unter Umständen zu klein ist, um mehrere Nutzer gleichzeitig zuzulassen. Ist beispielsweise das Kind HauptbenutzerIn ist er/sie vielleicht so sehr auf die Auseinandersetzung mit diesem Hands-On konzentriert, dass es von jeglichen anderweitigen Störungen wie beispielsweise ungünstigen Kommunikations- beziehungsweise Interaktionsmerkmalen unbeeinflusst bleibt. Dies könnte in weiterer Folge den Umstand erklären, dass anhand der empirischen Untersuchung weder ein Zusammenhang zwischen der sozialen Interaktion zwischen einem Kind und einem Erwachsenen und dem Umgang des Kindes mit dem jeweiligen Hands-On, noch zwischen der Höhe des Interaktionsniveaus zwischen einem Kind und einem Erwachsenen und der Art und Weise wie intensiv das Hands-On von dem Kind genutzt wird, festgestellt werden konnte.


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2.4.4 Zusammenfassung der Ergebnisse, Schlussfolgerungen und Empfehlungen für die Praxis Ziel der durchgeführten empirischen Untersuchung war es, die Bedeutung der sozialen Interaktion zwischen einem Erwachsenen und einem Kind und ihre Bedeutung für den Umgang des Kindes mit ausgewählten Hands-On der Mitmachausstellung „In Bewegung” des Technischen Museums Wien zu untersuchen. Auf Basis der Daten, welche anhand des entwickelten Beobachtungsbogens erhoben wurden, kann die Forschungsfrage, welche für die durchgeführte empirische Untersuchung leitend war, folgendermaßen beantwortet werden: Die soziale Interaktion zwischen einem Erwachsenen und einem Kind während des Besuchs der Mitmachausstellung „In Bewegung” des Technischen Museums Wien hat keinen Einfluss auf den Umgang des Kindes mit ausgewählten Hands-On. Dies bedeutet, dass die beobachteten Kinder die erzielten Ergebnisse durch ihr eigenes Verhalten (Akteurkontrolle) und in Unabhängigkeit von der sozialen Interaktion mit ihren jeweiligen InteraktionspartnerInnen erreichten. Dafür kann unter anderem die abnehmende Asymmetrie in der Erwachsenen-Kind-Interaktion als mögliche Erklärung für die Ergebnisse der empirischen Untersuchung herangezogen werden, denn aufgrund der geringer werdenden Asymmetrie sind die Kinder auch in zunehmendem Maße von den erwachsenen Personen unabhängig und agieren gleichberechtigt. Als weitere Begründung für das Ergebnis der empirischen Untersuchung konnte der Umstand herausgearbeitet werden, dass das jeweilige Hands-On eine direkte Reaktion auf die Interaktionsversuche der beobachteten Kinder zeigt. Somit ist das jeweilige Hands-On für die Wissensvermittlung verantwortlich und nicht der/die InteraktionspartnerIn. Dies hat zur Folge, dass die Kinder beispielsweise nicht zwangsläufig auf Erklärungen und Anleitungen durch ihre jeweiligen InteraktionspartnerInnen angewiesen sind. Der Umstand, dass Ausstellungsstücke, welche soziale Interaktion beabsichtigen, an dem bereits vorhandenen Wissen und den Erfahrungen der BesucherInnen ansetzten und die BesucherInnen ein aktiver, in das Setting integrierter Teil der Ausstellung sind, kann als weitere mögliche Erklärung für das Ergebnis der empirischen Untersuchung herangezogen werden. Darüber hinaus könnte die Größe des Bildschirmes des Hands-On I2-H1 Der digitale Walker einen Einfluss auf die Ergebnisse der durchgeführten empirischen Untersuchung haben, denn es besteht – wie bereits erwähnt – die Möglichkeit, dass die relativ kleine Größe dieses Hands-On meist nur einen Hauptbenutzer zulässt. Ist dieser Hauptbenutzer das Kind, so ist dieses vielleicht so sehr auf die Auseinandersetzung mit diesem Hands-On konzentriert, dass möglicherweise ungünstige Kommunikations- beziehungsweise Interaktionsmerkmale in den Hintergrund rücken. Anhand dieser Ergebnisse konnten einige Empfehlungen für die Konzeption von weiteren Ausstellungen des Technischen Museums Wien erarbeitet werden. Diese werden im Folgenden erläutert, wobei zunächst darauf hingewiesen werden soll, dass sowohl die Ergebnisse, als auch die nachfolgenden Empfehlungen keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit haben, da sich die empirische Untersuchung lediglich mit zwei von insgesamt zweiundzwanzig Hands-On auseinandersetzte. Wie im Rahmen der durchgeführten empirischen Untersuchung dargestellt werden konnte, handelten die beobachteten Kinder im Hinblick auf den Umgang mit ausgewählten Hands-


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On der Mitmachausstellung „In Bewegung” des Technischen Museums Wien autonom. Diese Autonomie sollte bei der Konzeption kommender Ausstellungen berücksichtig werden, denn es ist offen, wer im Rahmen der sozialen Interaktion zwischen einem Erwachsenen und einem Kind die Steuerung übernimmt. Kinder und Erwachsene sind zunehmend gleichberechtigt und wie anhand der empirischen Untersuchung gezeigt werden konnte, agierten die beobachteten Kinder zum Teil kompetenter als die Erwachsenen. Darüber hinaus soll darauf hingewiesen werden, dass sich auch im Museum eine Entwicklung hin zu einer Kultur, in welcher man auf Augenhöhe miteinander kommuniziert, vollzieht. Im Hinblick darauf sollte bei der Konzeption kommender Ausstellungen darauf geachtet werden, den Eltern beziehungsweise Großeltern anzubieten, die Kompetenz der Kinder wahrzunehmen und es auszuhalten, dass die Kinder die Dinge einfach einmal ausprobieren, ohne beispielsweise zuvor die Ausstellungstexte zu lesen, denn wie bereits erwähnt, waren die beobachteten Kinder in der Lage die Bedeutungen und Funktionsweisen der unterschiedlichen HandsOn unabhängig von ihren erwachsenen InteraktionspartnerInnen zu erschließen. Vielmehr entdeckten sie die Funktionsweise der jeweiligen Hands-On durch das Tun – auch ohne Erklärung und Anleitung ihrer InteraktionspartnerInnen. Zudem sollte zukünftig auch der Wert, welchen interaktive Ausstellungsstücke für die Wissensvermittlung haben, nicht außer Acht gelassen werden. Wie gezeigt werden konnte, übernimmt das Ausstellungsstück die Wissensvermittlung. Dies macht die Anweisungen von Erwachsenen zunehmend redundant. Des Weiteren konnte anhand der empirischen Untersuchung erläutert werden, dass die beobachteten Kinder meist kreativer waren als ihre jeweiligen erwachsenen InteraktionsparterInnen, denn die beobachteten Kinder nutzten die Ausstellungsstücke häufiger erweitert als die erwachsenen Personen. Dies lässt den Schluss zu, dass im Rahmen von kommenden Ausstellungen mehr Zutrauen in die Kinder gesetzt werden sollte. Dabei könnte die Frage fokussiert werden, wie die BesucherInnen einer Ausstellung die jeweiligen Ausstellungsstücke noch nutzen könnten – unabhängig davon, was die KuratorInnen der Ausstellung im Hinblick auf den Umgang der NutzerInnen mit den jeweiligen Ausstellungsstücken vorgesehen haben. Der für diese empirische Untersuchung entwickelte Beobachtungsbogen kann einen Ausgangspunkt für weitere Forschungen in diesem Bereich bieten, denn würden mehrere HandsOn auf Basis dieser Methode erforscht werden, könnten die gewonnenen Ergebnisse erweitert oder revidiert werden. Überdies wäre es wünschenswert, wenn zukünftige Forschungen die Entwicklung hin zu einer Kultur, bei welcher nicht mehr von Beginn an klar ist, wer die Steuerung übernimmt, und Erwachsene und Kinder zunehmend auf Augenhöhe miteinander kommunizieren, fokussieren würden.


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Literatur Allen, Sue/Gutwill, Joshua (o.J.): Designing sience museum exhibits with multiple interactive features: Five commom pitfalls, in: Curator, Vol. 47, Nr. 2, 199–212. Barriault, Chantal/Pearson, David (2010): Assessing Exhibits for Learning in Science Centers: A Practical Tool, in: Visitor Studies, Vol. 13, Nr. 1, 90–106. Becker-Beck, Ulrike (1997): Soziale Interaktion in Gruppen. Struktur- und Prozeßanalyse, Opladen: Westdeutscher Verlag GmbH. Decristoforo, Bernadette/Seebauer, Laurenz/Stadelmann, Christian (2013): Mobilität Interaktiv: „Fortbewegen“. Eickhoff, Catharina/Zinnecker, Jürgen (2000): Schutz oder Risiko? Familienumwelten im Spiegel der Kommunikation zwischen Eltern und ihren Kindern, Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Graf, Bernhard/Noschka-Roos, Annette (2009): Stichwort: Lernen im Museum. Oder: Eine Kamerafahrt mit der Besucherforschung, in: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, Vol. 12, Nr. 1, 7–27. Hofer, Manfred/Pikowsky, Birgit (2002): Familien mit Jugendlichen, in: Hofer, Manfred/Wild, Elke/ Noack, Peter (Hrsg.): Lehrbuch Familienbeziehungen. Eltern und Kinder in der Entwicklung, Göttingen, Bern, Toronto & Seattle: Hogrefe-Verlag, 241–264. Nadelson, Louis S. (2013): Who Is Watching and Who Is Playing: Parental Engagement with Children at a Hands-On Science Center, in: The Journal of Educational Research, Vol. 106, 478–484. Rennie, Leonie/McClafferty, Terry (1994): Handbook for Formative Evaluation of Interactive Exhibits, online unter: http://informalscience.org/images/research/2013-11-22_Form_Eval-_handbook_Rennie&McClaff%201996.pdf (letzter Zugriff: 19.05.2015). Van Schijndel, Tessa J. P./Franse, Rooske K./Raijmakers, Maartje E. J. (2010): The Exploratory Behavior Scale: Assessing Young Visitors’ Hands-On Behavior in Science Museums, in: Science Education, Vol. 94, Nr. 5, 794–809. Vom Lehn, Dirk./Heath, Christian/Hindmarsh, Jon/Luff, Paul (2011): Interaktion an und mit Ausstellungsstücken: video-basierte Analysen in Museen, in: Standbein-Spielbein, Vol. 91(Dezember), 46–51.


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2.5  Subjektive Erfahrungen der MusuemsbesucherInnen im Vergleich zur Intention des Museums Abstract (deutsch) Dieser Artikel befasst sich mit der Evaluierung der Ausstellung „In Bewegung” des Technischen Museums Wien. Im Fokus steht das Vermittlungselement Hands-On und die subjektiven Erfahrungsprozesse, welche die BenutzerInnen beim aktiven Tätig sein an den Hands-On erleben sowie der Ansatz des informellen Lernens im Museum. Im Detail werden einerseits die Intentionen des Technischen Museum Wiens als gestaltende Instanz der Ausstellung „In Bewegung” beschrieben und andererseits die subjektiven Erfahrungen der BesucherInnen der Ausstellung erfasst und analysiert. Im Anschluss wird der Einsatz der empirischen Forschungsmethoden beschrieben, wie die Durchführung und Auswertung von Befragungsbögen, Beobachtungsbögen und Experteninterviews. Die Analyse und Auswertung der Daten teilt sich in die Analyse der qualitativen und quantitativen Daten. Es werden sowohl Gemeinsamkeiten als auch Differenzen zwischen den Intentionen des Museums und den subjektiven Erfahrungen der BesucherInnen der Ausstellung „In Bewegung” im Technischen Museum sichtbar. Abstract (englisch) This article deals with evaluating the exhibition “In Bewegung” of the Technical Museum in Vienna. The focus is on the intermediation element Hands-On and on the subjective processes experienced by users during their active participation and the approach of informal learning in the museum. In more detail, two major areas will be examined; On the one hand, the museum’s intentions as a formative entity of the exhibition are described and on the other hand, the subjective experiences of visitors are determined and analysed. Subsequently, the applied empirical research methods, such as the implementation and evaluation of questionnaires, observation sheets as well as expert interviews, are described. The analysis of the data divides into qualitative and quantitative data. The outcome reveals similarities as well as differences in regards to the intentions of the museum and the subjective experiences of the exhibition “In Bewegung”.

2.5.1 Einführung in den Themenbereich der Evaluierung Das besondere Erlebnis in den Ausstellungen mit Hands-On besteht nicht mehr bloß darin nur die fremden Gegenstände zu betrachten, sondern Erfahrung in der Interaktion mit dem Objekt entstehen zu lassen. (Bieber/Giesecke/Schaper-Rinkel 2002: 10)


2.5  Subjektive Erfahrungen der MusuemsbesucherInnen

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Im Rahmen der Evaluierung der Ausstellung „In Bewegung” wurden unterschiedliche Themenbereiche bearbeitet. Mein Forschungsinteresse bei dieser Evaluierung war es einerseits die Intentionen des Museums als gestaltende Instanz und andererseits die subjektiven Erfahrungen der BesucherInnen der Ausstellung zu erfassen. Der Forschungsschwerpunkt lag darin, die Gemeinsamkeiten und Differenzen zwischen den Intentionen des Museums und den Erfahrungen der BesucherInnen mit dem Hands-On in der Ausstellung „In Bewegung” herauszuarbeiten. Die subjektiven Erfahrungen der BesucherInnen werden unter anderem im Zusammenhang mit der Vermittlungsmethode des interaktiven Hands-On-Ansatz des Technischen Museums Wien betrachtet. Demnach soll die Frage geklärt werden, wie und auf welche Weise die Hands-On auf die MuseumsbesucherInnen wirken, welche Erfahrungen die BesucherInnen am Hands-On sammeln und wie die Vermittlungsmethode verbessert werden kann. In diesem klar abgegrenzten Bereich werden Theorie und Praxis der Vermittlung durch Hands-On im Technischen Museum unter Berücksichtigung der Intentionen des Museums und den subjektiven Erfahrungen der MuseumsbesucherInnen zusammengeführt. Dazu wird vorerst die interaktive Vermittlungsmethode durch den Einsatz von Hands-On vorgestellt.

2.5.2 Vermittlungsmethode der Ausstellung In der Ausstellung „In Bewegung” wird das Thema Mobilität anhand verschiedener interaktiver Stationen, Objekten, Bildern, Texten, Medien und durch Bewegung erfahrbar gemacht. Dabei sollen die verschiedenen Hands-On in der Ausstellung die thematischen Inhalte der verschiedenen Schwerpunkte, wie zum Beispiel Aufbrechen und Ankommen oder Geschwindigkeit vermitteln (Decristoforo/Seebauer/Stadelmann 2013: 3). Die Methode, Ausstellungsinhalte durch Hands-On zu vermitteln steht in dieser Evaluierung im Fokus. Hands-On sind spezielle Ausstellungsobjekte, die aktiv von dem/der BenutzerIn betätigen werden können (König 2002: 72). Als Pionier in der Museumspädagogik im Bereich des erfahrungsorientierten Hands-On Ansatz gilt Frank Oppenheimer, der Gründer des Exploratoriums San Francisco (Hein 1993: 10). Frank Oppenheimers Vision bestand darin, den BesucherInnen des Exploratoriums ein direktes Erfahren und Hantieren mit den Dingen zu ermöglichen. Dies war für die 1960er-Jahre revolutionär, da die BesucherInnen zu dieser Zeit in Museen meist nur statische Exponate aus respektvoller Entfernung bewundern konnten. Obwohl diese Ausstellungen zur Bewunderung und zum Stauen der wertvollen und vielfältigen Ausstellungsstücke der Welt inspirieren, geht dabei der Anspruch verloren, die Welt in ihrer Komplexität zu verstehen. Dies gelingt nach Frank Oppenheimer nur dann, wenn die BesucherInnen nicht die Leistung anderer bewundern, sondern wenn jede/r Einzelne selbst tätig wird, indem er/sie experimentiert und individuelle Erfahrungen gesammelt werden können (Hein 1993: 11). Weiters wird bei dem erfahrungsorientierten Hands-On-Ansatz der/die BesucherIn als ganze Person in den Lern- und Erkenntnisprozess eingebunden. Durch die aktive und selbstständige Auseinandersetzung mit dem Objekt kann der/die BenutzerIn des Hands-On die Welt versuchen zu verstehen und sich anzueignen. Die BesucherInnen gehen mit all ihren Erfahrungen in eine Ausstellung und wollen diese Erfahrungen auch in die Ausstellungsthematik einbringen (Kolb 1983: 80). Dies bedeutet, dass die BesucherInnen bei der Nutzung der Hands-On auf ihre eigenen Erfahrungen zurückgreifen, um diese mit neuen Erfahrungen zu erweitern.


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Dieser interaktive Ansatz, welcher durch den Einsatz von Hands-On forciert wird, stand im Fokus dieser Evaluierung. Die subjektiven Erfahrungen, welche die BesucherInnen beim Begreifen, Berühren und im aktiven Tätig sein am Hands-On erfahren, werden durch den Einsatz von Beobachtungs- und Befragungsbögen erhoben, ausgewertet, dargestellt und analysiert. Dabei ist unter subjektiven Erfahrungen der BesucherInnen, die Erfahrung der äußeren Umwelt und Gegenstände, im Speziellen die Tätigkeit mit dem ausgestellten Hands-On im Technischen Museum zu verstehen.

2.5.3 Auswahl der Hands-On Für die Evaluierung wurden zwei Hands-On ausgewählt, welche repräsentativ für die Ausstellung „In Bewegung” sind. Das Hands-On I5-H1 Routenplaner und das Hands-On I5-H4 Wegzeit-Rechner befinden sich in unmittelbarer Nähe und können daher auch gut gemeinsam beobachtet werden. Die beiden ausgewählten Hands-On gehören zu dem Themenbereich „Vernetzung: Was hat Vernetzung mit Mobilität zu tun?“ (Decristoforo/Seebauer/Stadelmann o. J.: 9). Anhand dieser beiden Hands-On wurden die subjektiven Erfahrungen der MuseumsbesucherInnen erhoben. Das Hands-On I5-H1 Routenplaner ist ein großes Smartphone, welches auf der Basis www. anachb.at konstruiert wurde und dient dazu, den multimodalen Verkehr darzustellen, indem Routen mit verschiedenen Verkehrsmittel kombiniert werden können. Das Hand-On I5-H1 Routenplaner bietet den BesucherInnen die Möglichkeit, auf der Landkarte eine Wegzeit durch Wien berechnen zu lassen. Dazu können verschiedene Verkehrsmittel ausgewählt und ein Standort auf der Karte fixiert werden. Im Anschluss zeigen Farbkreise, wie weit und in wie vielen Minuten das Verkehrsmittel in Wien kommt.

2.5.4 Evaluierungsmethoden: Beobachtungs- und Befragungsbogen sowie Experteninterview Es wurden entsprechende Beobachtungs- und Befragungsbögen in den Forschergruppen entwickelt. Dazu wurde in Anlehnung an verschiedene Studien, wie die Taylor Studios (Taylor Studios 2011): The five powers od Exhibit Design und dem Handbook for Formative Evaluation of Interaktive Exhibits (McClafferty 1996) ein Beobachtungsbogen und ein Befragungsbogen entwickelt. Die Hands-On der Ausstellung „In Bewegung“ wurden für die Zielgruppe Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 14 Jahren und Familien erstellt. Daher wurde auch diese Zielgruppe für die Befragungsbögen herangezogen. Dazu wurden die MuseumsbesucherInnen nach der Nutzung der Hands-On I5-H1 Routenplaner und I5-H4 Wegzeit-Rechner befragt. Die Erfahrungen der MuseumsbesucherInnen wurden stichwortartig am Befragungsbogen festgehalten und dienten dazu, Kategorien zu bilden, um herauszufinden was durch die Nutzung des Hands-On erfahren wurde. Am Ende der Befragung wurde nach der „Affectice Power“ (Taylor Studios 2011: 2) gefragt. Damit ist gemeint, dass danach gefragt wird, ob dem/der BesucherIn das aktive Betätigen des Hands-On gefallen hat. Anhand eines festgelegten Skalenwerts von null bis sechs wurde festgehalten, welches der beiden Hands-On für die BenutzerInnen ansprechender war.


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Der Beobachtungsbogen beschäftigt sich mit der Verweildauer der BesucherInnen. Die „Holding Power“ (Taylor Studies 2011: 2) gibt an, wie lange die BesucherInnen am Hands-On verweilen. Um die Intentionen des Museums als gestaltende Instanz festzuhalten, wurden zwei Experten aus der Bereichsleitung des Museums, die im Projektteam der Ausstellung „In Bewegung” sind für die Interviews ausgewählt. Als Interviewform wird das Experteninterview in Anlehnung an Bogner, Littig und Menz (2014) gewählt. Die Daten wurden insbesondere am Wochenende erhoben, da an diesen Evaluierungs-Tagen die Zielgruppe Familien das Technische Museum am häufigsten besuchten. Die erhobenen Daten wurden sowohl qualitativ als auch quantitativ ausgewertet.

2.5.5 Darstellung und Analyse der erhobenen Daten Auswertung der qualitativen Daten Die subjektiven Erfahrungen der BesucherInnen wurden anhand der Befragungsbögen qualitativ ausgewertet. Bei der Analysetechnik in Anlehnung an Mayring (2010) konnten die subjektiven Erfahrungen der MuseumsbesucherInnen in zwei Kategorien eingeteilt werden: • Die Interaktion mit dem Hands-On im Erfahrungsfeld Museum Dabei werden die Erfahrungen der MuseumsbesucherInnen im Interagieren am Hands-On zusammengefasst. Dies bedeutet, es wird der Umgang mit den Hands-On, also die verschiedenen Möglichkeiten der BenutzerInnen beschrieben. Beispiele dafür wären folgende Aussagen der BenutzerInnen: I5-H1 Routenplaner: „Das Hands-On dient zur Wegbeschreibung von A nach B“ [I5H12405152 Nr. 6]. I5-H4 Wegzeit-Rechner: „Das Hands-On zeigt die Reichweite der verschiedenen Fahrzeuge“[I5H4240515 Nr. 1]. • Der Bezug zur eignen Lebens- und Erfahrungswelt der BesucherInnen Zur Ausstellungsdidaktik gehört es unter anderem auch, einen lebensweltlichen Bezug zu schaffen, indem eine Verbindung zwischen dem Ausstellungsthema und der Lebenswelt der BesucherInnen geschaffen wird (König 2002: 99). In dieser Kategorie werden Aussagen zusammengefasst, in denen die BenutzerInnen die eigene Lebenswelt in die Interaktion mit dem Hands-On miteinbeziehen. Beispiele dafür wären folgende Aussagen der BenutzerInnen: I5-H1 Routenplaner: „Man sieht wie lange man von Wien bis Graz braucht und dann weiß ich wann ich ankomme, um mich mit meiner Freundin zu treffen“ [I5H11405152 Nr. 11]. I5-H4 Wegzeit-Rechner: „Mit bestimmten Fahrzeugen sehe ich wie weit ich komme, wenn ich um 3 Uhr wo sein will, weiß ich mit welchem Fahrzeug ich am besten wegfahren muss“ [I5H42008152 Nr. 2]. Bei der qualitativen Auswertung der Experteninterviews wurden drei Übersichtskategorien gebildet um das Datenmaterial zu strukturieren: • Inhalte der Mitmachausstellung „In Bewegung” Ein Beispiel einer inhaltlich zusammengefassten Aussage zu dieser Kategorie aus dem Experteninterview wäre: „In Mitmachaustellungen passiert informelles Lernen, also Lernen durch Erfahren und Tun“ [I1 60–61].


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• Vermittlung durch das Hands-On / I5-H1 Routenplaner Ein Beispiel einer inhaltlich zusammengefassten Aussage zu dieser Kategorie aus dem Experteninterview wäre: „Das Hands-On Routenplaner zeigt an, wie man Wege reduzieren kann, also den kürzesten und damit den schnellsten Weg zum Ziel finden kann, um Zeit sparen zu können“ [I2 133–137]. • Vermittlung durch das Hands-On / I5-H4 Wegzeit-Rechner Ein Beispiel einer inhaltlich zusammengefassten Aussage zu dieser Kategorie aus dem Experteninterview wäre: „Das Hands-On zeigt, dass Städte, wie Wien einen anderen Anspruch an die Mobilität haben als Ortschaften am Land“ [I1 109–114]. Anschließend wir die Darstellung und Analyse der Gemeinsamkeiten und Differenzen der subjektiven Erfahrungen der BesucherInnen und der Intentionen des Technischen Museums Wien näher erläutert. Zur Darstellung des Vergleiches und der Zusammenführung der Intentionen des Technischen Museums und der subjektiven Erfahrungen der MuseumsbesucheInnen soll eine Graphik einen besseren Überblick gewähren. Dazu wird das Modell des „Johari-Fensters“ (Henrici 2011: 1) aus der Psychologie herangezogen. Durch die graphische Darstellung zeigen sich die so genannten blinden Flecken, also jene ausgearbeiteten Kategorien, welche sich nicht eindeutig vergleichen lassen, weil diese Funktion des Hands-On entweder vom Technischen Museum oder von den BesucherInnen nicht erkannt wurden.

BesucherInnen Erfahrungen und Expertenmeinung treffen sich

nur Expertenmeinung "Blinder Fleck" seitens der MuseumsbesucherInnen

nur BesucherInnen Erfahrungen "Blinder Fleck" seitens der Experten

Expertenmeinung und BesucherInnen Erfahrungen treffen sich

Abb 1: Blinde Flecken (eigene Darstellung 2015)

Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, die aus den qualitativen Daten hervorgegangen sind, nur wenige blinde Flecken auf und die Hands-On werden von den BesucherInnen so erfahren, wie diese vom Technischen Museum intendiert waren. Doch gerade die blinden Flecken zeigen auf, wie und auf welche Weise die Hands-On optimiert werden können. Daher wird auf die blinden Flecken im Anschluss näher eingegangen. Als blinde Flecken bei der Evaluierung des Hands-On Routenplaner konnte folgendes identifiziert werden: bei den Aussagen der Experteninterviews wurde auf die unterschiedliche Vernetzung zwischen Heute und Früher näher eingegangen, dieser Unterschied wurde durch die


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Nutzung des Hands-On von den BesucherInnen nicht in dieser Weise wahrgenommen. Die Ausstellung zeigt sowohl die Mobilität durch Eisenbahnräder und Autoreifen, als auch die heutige unsichtbare Informationsvernetzung des Verkehrs. Außerdem wurde bei den Erfahrungen der MuseumsbesucherInnen nicht explizit darauf hingewiesen, dass der Routenplaner die Entscheidungsfindung einer Route erleichtert. Weiters wurde von den Experten die Kombination verschiedener Verkehrsmittel angesprochen, unter der Verwendung des Begriffs des multimodalen Verkehrs, doch dieser wurde bei den Befragungen von den BenutzerInnen des Hands-On nicht erwähnt. Wiederum beschrieben die BesucherInnen das Hands-On in den Befragungen als Orientierungshilfe bei Wegbeschreibungen. Dieses Thema war in den Aussagen der Experten in Bezug auf die beiden Hands-On explizit so nicht zu finden. Die blinden Flecken bei der Evaluierung des Hands-On Wegzeit-Rechner können folgendermaßen zusammengefasst werden: Die Nutzung des Hands-On war für einige BenutzerInnen nicht klar ersichtlich, denn die NutzerInnen haben auf einen Punkt der Landkarte gedrückt, ohne zuerst ein Verkehrsmittel auszuwählen und dadurch über die Funktion der bunten Farbkreise zu verfügen. Den BenutzerInnen wurde die Botschaft vermittelt, dass die Farbkreise die verschiedenen Verkehrsmittel repräsentieren und nicht wie intendiert, für die Dauer des Verkehrsmittels stehen. Es kam auch der Wunsch der Befragten nach einer Route, sodass sie ein A und B eingeben können, wie in folgender Aussage deutlich wird: „B fehlt mir, also Route A nach B“. Außerdem wurde von den BesucherInnen ein Zusammenhang zwischen den beiden Hands-On Routenplaner und Wegzeit-Rechner vermutet, da diese räumlich nah beieinander platziert sind. Es wurde vermutet, dass die am Smartphone eingegebene Route anschließend am Routenplaner zu sehen ist. Nach der Auswertung der qualitativen Daten wurden auch die quantitativen Daten der Beobachtungsbögen erhoben. Auswertung der quantitativen Daten Die quantitative Daten werden in die „Affective Power“, „Procedural Power“, „Holding Power“ und „Attractive Power“ gegliedert. Auswertung „Affective Power“ Die „Affective Power“ wurde am Ende des Befragungsbogens notiert. Die BesucherInnen sollten eine Einschätzung darüber abgeben, wie gut ihnen das Hands-On gefallen hat; dabei konnten sie zwischen den Werten null bis sechs wählen. Folgende Werte lassen sich dem Ergebnis der Untersuchung entnehmen: Hands-On I5-H1 Routenplaner im Durschnitt: 4,8 Hands-On I5-H4 Wegzeit-Rechner im Durschnitt: 4,3 Beide Werte befinden sich im Mittelfeld der möglichen Bewertung. Es kann auch festgestellt werden, dass es nur eine minimale Abweichung zwischen den Bewertungen der beiden Hands-On in Hinblick auf die „Affective Power“ gibt. Wobei der Routenplaner mit durchschnittlich 4,8 von möglichen 6 Punkten etwas besser bewertet wurde, als der Wegzeit-Rechner mit durchschnittlich 4,3 von 6 Punkten. Warum wurde das Hands-On I5-H1 Routenplaner etwas besser bewertet? Im Experteninterview wurde auch explizit auf die Attraktivität des großen Smartphones hingewiesen, denn das Hands-On I5-H1 Routenplaner ist durch die überdimensionale Größe für die BenutzerInnen in der Handhabung besonders attraktiv. Außerdem ist das Programm A nach B am Smartphone für die BesucherInnen ein bekanntes Programm, welches auch im Internet oder per App genutzt werden kann. Das wird darauf zurückgeführt, da beiläufig bei den


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Befragungen erwähnt wurde, dass das Programm schon von den BenutzerInnen erfolgreich im privaten Bereich genutzt wurde. Auswertung „Procedural Power“ Bei der „Procedural Power“, also der korrekten Anwendung via Touch-Funktion der HandsOn haben 49 von 50 Befragten die Bildschirme der Hands-On via Touch-Funktion gezielt benutzt. Lediglich eine BenutzerIn hat wahllos auf den Bildschirm getippt, alle anderen Benutzer­ Innen haben das Hands-On erfolgreich als Routenplaner genutzt. Daraus entsteht die Annahme, dass die Hands-On für die BesucherInnen selbsterklärend sind und die Nutzung des Hands-On keine Erklärung eines/ einer Museumsangestellten bedarf. Auswertung „Holding Power“ Die „Holding Power“ oder die Verweildauer gibt an, wie lange die BesucherInnen am jeweiligen Hands-On verweilten. Gemessen wurden alle jene BesucherInnen, die sich aktiv dem Hands-On zugewendet haben. Bei den Verweildauermessungen wurden 59 BesucherInnen bei dem Hands-On Routenplaner und 55 BesucherInnen bei dem Hands-On Wegzeit-Rechner gemessen. Verweildauer 100 90 80 70 60 50

92,50

Sekunden

40 30 44,45

20 10 0

1 I5-H1 Routenplaner

2 I5-H4 Wegzeit-Rechner

Abb 2: Verweildauer I5-H1 Routenplaner und I5-H4 Wegzeit-Rechner in Sekunden (eigene Darstellung 2015)

Die Grafik Verweildauer zeigt, dass sich die BesucherInnen mit dem Hands-On Routenplaner tendenziell länger beschäftigt haben als mit dem Hands-On Wegzeit-Rechner. Beim Hands-On Routenplaner verweilten die BesucherInnen im Durchschnitt 92,50 Sekunden und beim Hands-On Wegzeit-Rechner verweilten die MuseumsbesucherInnen im Durchschnitt nur 44,45 Sekunden.


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2.5  Subjektive Erfahrungen der MusuemsbesucherInnen

Verweildauer I5-H1 120 100 80 60

männlich weiblich

40 20 0

1 Kinder = 8-14 J.

2 Jugendlich = 15-18 J.

3 Erwachsene = 19+ J.

Abb. 3: Verweildauer I5-H1 Routenplaner in Sekunden (eigene Darstellung 2015)

Diese Grafik Verweildauer I5-H1 Routenplaner in Sekunden zeigt die Verweildauer des Hands-On Routenplaners. Es lässt sich erkennen, dass die Jugendlichen die geringste Verweildauer aufweisen, während jene der Kinder und Erwachsenen fast gleich ist. Bei den Kindern ist eine unterschiedliche Nutzung in Hinblick auf die Kategorie Geschlecht erkennbar. Bei den Mädchen wurde eine längere Verweildauer als bei den Buben beobachtet und bei den Erwachsenen war dies genau umgekehrt. Hier wurde bei den Männern eine längere Verweildauer festgestellt als bei den Frauen. Verweildauer I5 -H4 70 60 50 40 männlich

30

weiblich

20 10 0

1 Kinder = 8-14 J.

2 Jugendlich = 15-18 J.

3 Erwachsene = 19+ J.

Abb. 4: Verweildauer I5-H4 Wegzeit-Rechner in Sekunden (eigene Darstellung 2015)

Diese Grafik Verweildauer I5-H4 Wegzeit-Rechner in Sekunden zeigt die Verweildauer des Hands-On Weg-Zeit-Rechner, bei welcher deutlich erkennbar ist, dass die geringste beobachtete Verweildauer jener der Kinder sind. Bei den Kindern kann zudem darauf hingewiesen werden, dass Mädchen und Buben fast gleich lange Verweildauern aufweisen. Die Buben haben bei den Jugendlichen eine längere Verweildauer als die Mädchen und bei den Erwachsenen wurde bei den Frauen eine längere Verweildauer gemessen als bei den Männern. Bei den beiden letzten Grafiken wird ersichtlich, dass die Verteilung der Altersgruppen und der Geschlechter bei beiden Hands-On sehr unterschiedlich ausgefallen ist.


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Aus der Grafik Verweildauer I5-H1 Routenplaner in Sekunden ist ersichtlich, dass die Zielgruppe Kinder von 8 bis 14 Jahren am Hands-On Routenplaner eine längere Verweildauer haben als bei der Grafik Verweildauer I5-H4 Wegzeit-Rechner in Sekunden. Auswertung „Attractive Power“ Bei der Auswertung „Attractive Power“ soll auf die Attraktivität aller beobachteten HandsOn in der Ausstellung eingegangen werden, um festzustellen, wie die beiden Hands-On I5-H4 Wegzeit-Rechner und I5-H1 Routenplaner im Vergleich zu den anderen Hands-On der Ausstellung von den BesucherInnen wahrgenommen werden. Dazu werden die Messungen der Tablets, welche das Museum zur Verfügung gestellt hat, herangezogen. Attraktivität 1,2 1 0,8 0,6

31%

40% 69%

70%

72%

0,4

69%

60% 0,2 0

31%

28%

I3-H3 Emissionsrechner – Schnell oder langsam? 0

I4-H4 Rollvergleich 0

30%

I5-H1 Routenplaner 0

+ Zuwenden

I5-H4 Wegzeit-Rechner 0

I7-H2 Risikospiel 0

– Vorbeigehen

Abb. 5: Attraktivität der Hands-On (eigene Darstellung 2015)

Die Grafik zeigt, dass sich nur 31 Prozent der BesucherInnen, welche am Hands-On Wegzeit-Rechner vorbeigegangen sind, sich diesem auch aktiv zugewandt haben. Bei dem HandsOn Routenplaner wandten sich 40 Prozent der BesucherInnen den Hands-On zu. Die meisten BesucherInnen wenden sich den Hands-On Rollvergleich beim Vorbeigehen zu, nur 28 Prozent der BesucherInnen gehen vorbei und 72 Prozent wenden sich dem HandsOn zu. Auch das Hands-On Risikospiel hat mit 70 Prozent eine hohe Zuwendungsrate. Das Hands-On Risikospiel kann von mehreren BesucherInnen gleichzeitig genutzt werden und soll zeigen wie viel Risiko man bereit ist einzugehen, um an das eigene Ziel zu kommen (Decristoforo/Seebauer/Stadelmann o.J.: 11f.). Im Vergleich zu den anderen Hands-On dieses Museums liegen die beiden, in dieser MA-Arbeit fokussierten Hands On hinsichtlich ihrer Attraktivität auf den letzten Plätzen (s. auch Kap. 2.9). Zusammenfassend kann durch die Auswertung der quantitativen Daten gezeigt werden, dass bei der „Affective Power“ das Hands-On I5-H1 Routenplaner besser bewertet wurde als das Hands-On I5-H1 Wegzeit-Rechner. Bei der Auswertung der “Procedural Power konnte festge-


2.5  Subjektive Erfahrungen der MusuemsbesucherInnen

91

stellt werden, dass die Hands-On Nutzung durchaus selbsterklärend im Sinne des informellen Lernansatzes1 möglich ist und somit die Vermittlungsmethode der Hands-On und auch die Intentionen des Museums durch den Einsatz der Hands-On wiederspiegelt. Die Holding Power zeigt, dass unterschiedlich lange Verweildauern an den Hands-On gemessen wurden. Bei der „Attractive Power“ konnte festgestellt werden, dass eventuell die Gestaltung der Hands-On I5H1 Routenplaner und I5-H4 Wegzeit-Rechner im Vergleich zu anderen Hands-On in der Ausstellung weniger attraktiv für die BesucherInnen sind als andere Hands-On der Ausstellung und aus diesem Grund bei der Auswertung keine so hohe Zuwendungsrate haben. Dies kann eventuell daraus resultieren, dass die beiden Hands-On nicht in der Mitte des Raumes platziert sind oder eher alleine betätigt werden, im Gegensatz zu anderen Hands-On, die von allen Seiten und von mehreren BesucherInnen genutzt werden können.

2.5.6 Resümee der Evaluierung und Forschungsergebnisse Hinsichtlich der Professionalisierung von Ausstellungen könnten bei zukünftigen Ausstellungen die subjektiven Erfahrungen der MuseumsbesucherInnen miteinbezogen werden. Bei der Konzeption von interaktiven Ausstellungen sollte bedacht werden welche Inhalte bei den Hands-On NutzerInnen tatsächlich ankommen und wie unterschiedliche diese betätigt werden können. In diesem Zusammenhang sollen vor allem die unterschiedlichen Erfahrungen der MuseumsbesucherInnen herangezogen werden. Es wurden verschiedene Benutzungsmöglichkeiten der Hands-On von den BesucherInnen ausprobiert, so haben nicht alle NutzerInnen des Hands-On Routenplaner die Route auch auf der Kartenoption genauer verfolgt. Die Möglichkeiten der unterschiedlichen Benutzung zeigten sich auch bei den erhobenen Ergebnissen, die aus den Erfahrungen der BenutzerInnen im Umgang mit dem Hands-On resultieren. Im aktiven Umgang mit dem Hands-On haben die BesucherInnen unterschiedliche Erfahrungen gesammelt. Diese Bandbreite an Benutzungsmöglichkeiten eines Hands-On könnte in die Konzeption weiterer Ausstellungen miteinbezogen werden und gewinnbringend in die Zieldefinition der Hands-On einfließen. Zudem sollte künftig auch Wert darauf gelegt werden, dass die Hands-On örtlich klar voneinander abgetrennt sind, denn durch die Erfahrungen der BesucherInnen konnte festgestellt werden, dass bei einigen BesucherInnen ein Zusammenhang zwischen den beiden Hands-On Routenplaner und Wegzeit-Rechner vermutet wurde. Hinsichtlich der Vermittlungsmethode von Hands-On konnte festgestellt werden, dass die BesucherInnen zum eigenständigen aktiven Tätig sein angeregt wurden und somit beide Hands-On den informellen Lerncharakter von Mitmachaustellungen in den meisten Fällen erfüllt haben. Beim selbstständigen Tätig sein besteht die Gefahr darin, dass die zu vermittelnden Inhalte von den erlebnisorientierten Exponaten abgekoppelt werden und bloß zur Unterhaltung dienen (Bieber/Giesecke/Schaper-Rinkel 2002: 11f.). Es gilt daher die BesucherInnen, vor allem die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen dahingehend zu unterstützen, dass es zu einer eigenständigen und aktiven Auseinandersetzung mit den inhaltlichen Verbindungen und 1

Charakteristisch für informelle Lernprozesse ist, dass sie nicht von außen, also durch Lehren geleitet werden, sondern sich unsystematisch und anlassbedingt im Erfahrungszusammenhang des Alltags im Umgang mit den verschiedenen Situationen und Menschen entwickeln (Fischer 2003, 20 zit. n. Dohmen 2002, 18f.).


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Zusammenhängen einer Ausstellungsthematik kommt und informelle Lernprozesse durch die Betätigung am Hands-On stattfinden können. Dies sollte vor allem bei der Konzeption weiterer Mitmachausstellungen beachtet werden. Informelle Lernprozesse bekommen zunehmende Bedeutung in den Kinder- und Jugendmuseen und werden als Bildungsorte angesehen (König 2002: 103). Dadurch, dass das Technische Museum Wien die Vermittlungsmethode durch Hands-On in bestimmten thematischen Ausstellungen umsetzt, kann das Museum als Ort des informellen Lernens eine Ergänzung zum formellen Bildungssystem bieten. Dabei ist zu beachten, dass das Lernen in Museen nicht an schulische Rahmenbedingungen, wie Lernziele, Lernstunden, einem/r LehrerIn u.v.m. gebunden ist. Außerdem konnten die BesucherInnen bei der Benutzung des Hands-On einen Bezug zur eigenen Lebens- und Erfahrungswelt herstellen. Denn laut den Aussagen der Befragten zufolge wurde beim Hands-On Routenplaner häufig der Wohnort, die Schule oder der Wohnort der Großmutter als Start- oder Zielort gewählt. Im Zusammenhang mit dem Erfahrungsbegriff konnte bei den beiden untersuchten Hands-On festgestellt werden, dass die BesucherInnen Erfahrungen vom Alltag mit ins Museum gebracht haben. Diese nehmen Einfluss auf die Auseinandersetzung mit dem Hands-On. Dadurch bietet es sich an für kommende Ausstellungen den Einsatz der Hands-On praxisnah und der Lebens- und Erfahrungswelt der Zielgruppe einer Ausstellung zu gestalten. Durch die Einbeziehung der Erfahrungs- und Lebenswelt der Zielgruppe bei der Konzeption von Hands-On, kann den BesucherInnen der Zugang zum Ausstellungsthema erleichtert werden. Es wird ein anschaulich-vermittelndes Lernen möglich und Erfahrungen am Hands-On können gesammelt werden. Dieser erfahrungs- und handlungsorientierte Zugang zum Ausstellungsthema bietet den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, ohne Erklärung und Anleitung selbständig tätig zu sein. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass die physische Größe der Hands-On durchaus eine wichtige Rolle spielt. Das Hands-On Routenplaner ist durch seine überdimensionale Proportionierung besonders attraktiv für die BesucherInnen und bei dem Hands-On Wegzeit-Rechner wurde von den BenutzerInnen auf die zu kleine Kartenansicht hingewiesen. Im Hinblick darauf sollte bei der Konzeption kommender Ausstellungen darauf geachtet werden, die Größe des Touchscreens entsprechend der BesucherInnengruppe anzupassen. Als zentrale Aussage lässt sich festhalten, dass die Ergebnisse aus den Erhebungen sub­ jektiver Erfahrungen zeigen, dass das selbständige Tätig sein, sowie das Sammeln eigener ­Erfahrungen im Umgang mit dem Hands-On wichtige Komponenten für interaktive Ausstellungselemente sind und daher informelle Lernprozesse in Museen zunehmend an Bedeutung gewinnen.


2.5  Subjektive Erfahrungen der MusuemsbesucherInnen

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Literatur Bieber, Daniel/Giesecke, Susanne/Schaper-Rinkel, Petra (2002): Science Center. Studie im Auftrag des BMBF, online unter: http://www.academia.edu/650665/Science_Center. (letzter Zugriff 14.12.2015) Bogner, Alexander/Littig, Beate/Menz, Wolfgang (2014): Interviews mit Experten. Eine praxisorientierte Einführung, Wiesbaden: Springer Verlag. Decristoforo, Bernadette/Seebauer, Laurenz/Stadelmann, Christian (2013): Mobilität Interaktiv: „Fortbewegen“, 1–9. Decristoforo, Bernadette/Seebauer, Laurenz/Stadelmann, Christian (o. J.): Kapitel der Ausstellung. Grobes Drehbuch, 1–12. Fischer, Torsten (2003): Informelle Pädagogik. Systematische Einführung in die Theorie und Praxis informeller Lernprozesse, Hamburg: Verlag Dr. Kovac. Hein, Hilde (1993): Naturwissenschaft, Kunst und Wahrnehmung. Der neue Museumstyp aus San Francisco, Stuttgart: Klett-Cotta. Henrici, Matthias (2011): Nudel auf der Nase – Was man in Sachen Konversion von Loriot lernen kann, online unter: http://www.konversionskraft.de/conversion-optimierung/nudel-konversion-von-loriot-lernen.html. (letzter Zugriff: 03.10.2015) Kolb, Peter Leo (1983): Das Kindermuseum in den USA: Tatsachen, Deutungen und Vermittlungsmethoden, Frankfurt/M.: Haag + Herrchen Verlag GmbH. König, Gabriele (2002): Kinder- und Jugendmuseum. Genese und Entwicklung einer Museumsgattung. Impulse für besucherorientierte Musemuskonzepte, Opladen: Leske + Budrichen Verlag. Mayring, Phillip (2010). Qualitative Inhaltsanalysen. Grundlagen und Techniken, Weinheim und Basel: Beltz Verlag. 11. Auflage. McClafferty, Terry/Rennie, Leonie (1996): Handbook for Formative Evaluation of Interaktive Exhibits. Commonwealth of Australia. Taylorstudies (2011): The five Powers of Exhibit Design, online unter: http://www.taylorstudios.com/blog/ tag/aam/ (06.05.2015).


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2.6  Klafkis Didaktik „In Bewegung“. Allgemeiner Bildungsgehalt als Spitze der ­museumsdidaktischen Inhaltspyramide Abstract (deutsch) Welche Bewegung lösen museale Bildungsobjekte bei den BesucherInnen aus? Das Verb „sich bilden“ verweist bereits darauf, dass Bildung und Sinngebungsprozesse nie im Vorhinein oder stellvertretend für jemanden erfolgen können. MuseumsdidaktikerInnen wie auch Lehrer­ Innen stehen deshalb vor der Aufgabe, Bildungsinhalte so zu konzipieren, dass sich aus diesen möglichst viel und verschiedener Gehalt erschließen lässt. Dabei soll das traditionelle Modell des didaktischen Dreiecks für den musealen Kontext und mit Bezug auf das Bildungsverständnis Wolfgang Klafkis neu interpretiert werden. Der allgemeine Bildungsgehalt bildet dabei nicht nur die Spitze der Ausstellung, sondern ebenso die Basis jedes einzelnen Objekts. Dieses neue Modell der museumsdidaktischen Inhaltspyramide ist beispielhaft an die Ausstellung „In Bewegung“ des Technischen Museum Wiens angelehnt, kann jedoch zumindest auf museale Mitmachausstellungen im Allgemeinen übertragen werden und zeigt, in welche Richtung sich Museumsdidaktik und Hands-On Konzipierung bewegen kann. Abstract (englisch) What kind of movement do educational objects in museums provoke/activate in the mind of the visitors? Didacts as well as teachers have the task to offer a wide variety of examination regarding a specific topic so that visitors or pupils have the possibility to develop more and different educational substance from one topic. This article shows off the similarities between the idea of education and didactic in museums and Wolfgang Klafkis theories of education and didactic in schools. These similarities built the base of the pyramid of content, a transformation from the traditional didactical triangle to the context of museums. On top of this pyramid is the general educational substance, which can also be seen as the basis of every object or Hands-On. The model shows which position an educational object has in the process of meaning making and examination of the educational substance. Moreover, it shows in which direction didactic and conception of exhibitions may can be moved. Die folgenden Ausführungen setzen bei der Frage an: Welche Bewegung lösen museale Bildungsobjekte bei den BesucherInnen aus? Diese Frage kann dabei innerhalb dieses Beitrages nicht zu einer Antwort geführt werden. Als Denkanstoß kann sie allerdings dazu beitragen, zwei weitere Aspekte in Bewegung zu versetzen: So soll das Modell des (schul)didaktischen Dreiecks bewegt und für den museumsdidaktischen Kontext fruchtbar gemacht und modifiziert werden. Damit kann weiters aufgezeigt werden, in welche Richtung sich Museumsdidak-


2.6  Klafkis Didaktik „In Bewegung“.

95

tik bzw. Hands-On Konzeption künftig bewegen könnte. Das folgende In-Bewegung-Setzen beruht dabei auf der Grundlage der kritisch-konstruktiven Didaktik Wolfang Klafkis. Es soll gezeigt werden, in welcher Weise Museumsdidaktik und Bildungsdidaktik im Sinne Klafkis konform gehen und wie daraus ein anderes Verständnis für die Sinngebungs- und Bedeutungserschließungsprozesse im musealen Kontext generiert werden kann. Im ersten Teil des Beitrags sollen zunächst das Museum als Ort öffentlicher Bildung und dessen allgemeines didaktisches (Selbst)Verständnis in den Mittelpunkt gerückt und mit den Konzepten Klafkis in Verbindung gebracht werden. Dieses Verständnis soll sodann modellhaft dargestellt werden, indem das Modell des schuldidaktischen Dreiecks herangezogen und für den musealen Kontext transformiert werden soll. Damit soll veranschaulicht werden, welche Konstituenten bei Bildungsprozessen in musealen, im Gegensatz zu schulischen Zusammenhängen auftreten. Unter Bezugnahme von Klafkis Bildungsverständnis wird sich dabei – im Zuge einer ersten These – zeigen, dass für die ausreichende Erfassung musealer Bildungsprozesse ein zunehmend differenzierteres Modell von Nöten scheint. Im zweiten Teil des Beitrags soll deshalb das Bildungsverständnis Klafkis für den museumspädagogischen Kontext wirksam gemacht und im Zuge dessen ein Versuch unternommen werden, das Modell des didaktischen Dreiecks im Sinne einer musealen Inhaltspyramide zu modifizieren bzw. explizieren. Zuletzt sollen sowohl Reichweite bzw. Möglichkeiten als auch Grenzen der musealen Inhaltspyramide dargelegt werden.

2.6.1 Bildung und Museum Als öffentliche Bildungseinrichtung sind Museen dazu angehalten, innerhalb von musealen Ausstellungen Objekte zur Schau zu stellen, die eine bestimmte kulturelle und zeitgemäße Bedeutsamkeit aufweisen (vgl. Bäumler 2004: 17 und Mattern 1988: 126). Damit tragen Museen wesentlich dazu bei, dass ein bestimmtes kulturelles Gedächtnis historisch und gesellschaftlich sinngesichert wird. Aus welchen Inhalten sich letztlich dieses kulturelle Gedächtnis zusammensetzt, wird im Zuge von Selektionsprozessen bestimmt, in denen festgelegt wird, was inhaltlich für den jeweiligen Kulturraum wichtig genug erscheint, um erhalten und weitergegeben zu werden. Dieses inhaltliche Auswahlverfahren kann zugleich als ein implizites Bildungsverständnis angesehen werden, da nur bestimmte Ausschnitte von Welt bzw. Kultur gezeigt werden, die als auseinandersetzungswert betrachtet werden (vgl. Bäumler 2004: 24f ). MuseumsbesucherInnen sollen damit in größere gesellschaftliche und historische Zusammenhänge eingebunden werden. Zugleich sollen diese durch ihre Auseinandersetzung mit den musealen Inhalten „ikonisch alphabetisiert“ (Mollenhauer 1987: 8) werden, wonach BesucherInnen über eine rein literarische Aneignung und reine Betrachtung hinaus befähigt werden sollen, sich differenziert mit den unterschiedlichen Bedeutungsebenen eines exemplarischen Inhalts, also Museumsobjekts, auseinanderzusetzen (vgl. Bäumler 2004: 28). Demnach können Museumsausstellungen auch Bildungsräume darstellen, in denen die Fähigkeit des Bedeutungslesens von bedeutsamen oder als bedeutsam erachteten Objekten geübt und gelernt werden kann (vgl. Ammann 2000: 25 und Bäumler 2004: 28f ). An dieser Stelle tritt der Museumsbesucher die Museumsbesucherin als Individuum in den Vordergrund, da die Deutung von Objekten beziehungsweise der konkrete Zuschreibungsprozess nicht objektiv gegeben ist, sondern nur subjektiv erzeugt werden kann. Somit kann in Museen nicht nur von einer Inhalts-, sondern ebenso einer Besucherorientierung in Bezug auf die Auswahl musealer Kultur- und Bildungsobjekte


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die Rede sein (vgl. auch Bäumler 2004: 77). Drei Hauptfunktionen, die den Museen in diesem Zusammenhang zugeschrieben werden, beziehen sich auf die Schulung sinnlicher Wahrnehmung, die Sinnsicherung eines bestimmten kulturellen Gedächtnisses und die subjektive Bestandsaufnahme der Inhalte dieses Gedächtnisses. Diese Funktionen können dazu beitragen, dass BesucherInnen die Fähigkeit zur differenzierten Wahrnehmung von Objektinhalten mit allen Sinnen verbessern, vergangene Kulturgüter in den Bedeutungszusammenhang von Gegenwart und Zukunft gebracht werden und dass BesucherInnen ermutigt werden, diese Inhaltsbedeutungen subjektiv zu lesen und zu erschließen. Als Voraussetzung für diese Bildungsfunktionen wird die konzeptionelle Orientierung musealer Ausstellungen an den Lebenswelten der BesucherInnen genannt. „Museen kontextualisieren mit Hilfe von inszenierten Rahmungen materielle Gegenstände und bieten darüber sinnliche Zugänge zu unserer (kultur-) geschichtlichen Lebenswelt an. Die Vermittlung dazugehöriger Inhalte findet dabei im Spannungsfeld zwischen Objekt und Besucher statt. Insbesondere der Museumspädagogik kommt dabei die Aufgabe zu, vor dem Hintergrund der oben genannten Bildungsfunktionen (…), das Zusammentreffen von Besuchern und Ausstellungsobjekten zu arrangieren und zu begleiten. Dies ist insofern notwendig, als dass Museumsobjekte niemals selbstredend sind. Museumsobjekte werden (…) als Symbole präsentiert. Symbole (…) verweisen auf Zusammenhänge und auf Kontexte, die keineswegs unmittelbar und evident sind.“ (Bäumler 2004: 98 und Treinen 1997: 39)

2.6.2 Klafki im Museum Es scheint demnach, als ob der wesentliche Bildungsmoment von den MuseumsbesucherInnen ausgehen muss, indem sie durch die Auseinandersetzung mit den Museumsobjekten subjektiv bestimmen, welche Bedeutung diese für sie in der jeweiligen Situation aufweisen. Diesem Verständnis zufolge können im Rahmen material bestimmter Bildungsangebote lediglich unterschiedliche Erfahrungs- und Erschließungsmöglichkeiten beziehungsweise Begegnungsalternativen angeboten werden, deren Inhalt individuell ausgelegt werden muss. Auch Klafki sieht Bildung als selbsttätigen, individuellen Prozess, bei dem es darum geht, dass sich das Individuum Methoden aneignet, die ihm wiederum in weiterer Folge ermöglichen sollen, sich auch die Inhalte zu eigen zu machen, die für spätere Lebenssituationen eine gewisse Bedeutung haben könnten (vgl. Klafki 1963: 27ff). Klafki spricht in diesem Zusammenhang von der „formalen Bildung“, welche der „materialen Bildung“ polar gegenübersteht und eben diese subjektiven Bedeutungserschließungen meint (ebd.). Als Synthese von materialer, objektiver und formaler, subjektiver Bildung kann die dialektische oder „kategoriale Bildung“ (ebd.) gesehen werden, welche sich durch ihre Wechselwirkung von Allgemeinem und Besonderem auszeichnet. Dieser Erschließungsprozess kann jedoch nur ausgelöst werden, wenn Inhalte für grundlegende Sachverhalte und Probleme repräsentativ sind und diese (aufgrund einer vergangenen, gegenwärtigen oder zukünftigen Bedeutung) in den Horizont der aktuellen Fragen und Aufgaben bzw. Wirklichkeit des sich bildenden Menschen integriert werden können (vgl. Klafki 1963: 44f ). Klafki spricht dabei vom subjektiv erschlossenen Bildungsgehalt, der sich am objektiv gegebenen Bildungsinhalt orientiert: „Es charakterisiert einen Bildungsinhalt, daß er als einzelner Inhalt immer stellvertretend für viele Kulturinhalte steht; immer soll ein Bildungsinhalt Grundprobleme, Grundverhältnisse, Grundmöglichkeiten, allgemeine Prinzipien, Gesetze, Werte, Methoden sichtbar machen. Jene Momente nun, die solche Erschließung des Allge-


2.6  Klafkis Didaktik „In Bewegung“.

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meinen im Besonderen oder am Besonderen bewirken, meint der Begriff des Bildungsgehaltes. Jeder besondere Bildungsinhalt birgt in sich also einen allgemeinen Bildungsgehalt“ (Klafki 1963: 134). Klafki stellt demnach vor allem die Bedeutung von subjektiver Sinnzuschreibung, also formaler Bildung, im Gegensatz zu objektiv Gegebenem, materialer Bildung in den Vordergrund sowie die Erschließung von Allgemeinem in Besonderem, deren Wechselwirkung in der kategorialen Bildung mündet. Gemeinsamkeiten und Grenzen hinsichtlich des musealen und Klafkis Bildungsverständnisses sollen folglich mithilfe von sechs Merkmalen dargestellt werden, welche Wiesmüller (vgl. 2000: 91) im Rahmen einer Untersuchung der Bildungspotentiale von fünf Technischen Museen in Europa festhält. Dabei stellen Museen erstens demokratische Einrichtungen dar, welche mit Themen, Ausstellungen und Objekten zu versehen sind, die für die breite Allgemeinheit zugänglich sind. Es findet demnach eine Vorauswahl und Komplexitätsreduktion statt. Die Bedeutung von Bildungsinhalten für die Allgemeinheit ist auch bei Klafki von wesentlicher Bedeutung und schließt ebenso eine Vorauswahl vonseiten des Lehrers mit ein (vgl. Klafki 1963: 163ff). Eine erste Gemeinsamkeit liegt demnach in der weniger natürlichen, zufälligen, sondern vielmehr vorbereiteten und inszenierten Auseinandersetzung von Ich und Welt. Das zweite Merkmal bezeichnet die Abkehr des musealen (Selbst)Verständnisses als sterile Gegenwartskammer, hin zu einer Bildungsinstitution, die Gegenwärtiges in eine historische Struktur bringt und somit Vergangenes erinnert wie Zukünftiges antizipiert. Diese Funktion von Bildung erachtet auch Klafki als entscheidend. Dies zeigt sich vor allem anhand seiner „epochaltypischen Schlüsselprobleme“. Drittens erlangt auch die interdiszi­ plinäre Vernetzung mehrerer Wissenschaften und Fachrichtungen wesentliche Bedeutung, wonach nicht nur der diachrone, sondern ebenso synchrone Kontext in Bezug auf Bildungsobjekte beleuchtet werden soll. Auch bei Klafki erhält dieser Punkt im Zuge der Auseinandersetzung mit einem epochaltypischen Schlüsselproblem eine wesentliche Rolle, indem ­dieses nicht nur in einem, sondern mehreren Unterrichtsgegenständen behandelt und somit ein differenzierteres Verständnis jener erreicht werden soll. Als vierten Punkt bezeichnet Wiesmüller die Vorteile einer transparenten Architektur von Museen, welche vor allem ein mitteilungsfreudiges und aktives Verhalten der BesucherInnen begünstigen soll. Fünftens wird das Museum als funktionaler und intentionaler Lernort beschrieben: „Hier trifft der Besucher unmittelbar auf die Gegenstände, um die es geht, oder experimentiert an Stationen, die dazu gehören, gerät in die Nähe der Objekte und schaut sie an, wird von ihnen ­fasziniert oder auch abgestoßen. Wer im Museum ist, setzt sich der Sache aus – und lernt ­dabei; funktional, aber auch intentional.“ (Wiesmüller 2000: 94) An dieser Stelle findet sich ein wesentlicher Unterschied zwischen musealer und schulischer Bildung bzw. Didaktik. Während in der Schule der/die LehrerIn den vorher ausgewählten Unterrichtsstoff an die SchülerInnen vermittelt, ist diese Vermittlerebene im Museum nicht gegeben. Zwar werden die ausgestellten Inhalte von MuseumsdidaktikerInnen erst ausgewählt, allerdings werden sie danach nicht als vermittelte Inhalte, sondern als direktes, unvermitteltes Objekt dargestellt, mit dem die BesucherInnen gleichsam konfrontiert werden. Diese Konfrontation wird sechstens von Wiesmüller in eine innere und äußere Aktivität auf Seiten des Subjekts unterteilt, in eine Anschauung des Objekts und eine äußerlich wahrnehmbare Interaktion mit diesem Objekt. Diese Spannung von innerer und äußerer Aktivität stellt den Kern des musealen Bildungsprozesses dar, da die BesucherInnen so motiviert werden sollen, der Subjekt-Objekt-Begegnung Bedeutung zuzuschreiben. Demnach stellen Museen als Orte des Ler-


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nens in erster Linie Orte des Erfahrens und Erlebens dar, die den BesucherInnen ermöglichen sollen, sinnlich Wahrgenommenes in das individuelle Bedeutungsfeld zu integrieren. Die Fähigkeiten der Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Solidarität werden im Zuge dieses Bedeutungszuschreibungsprozesses einerseits vorausgesetzt, andererseits sind sie gleichsam Ziel musealer Bildung (vgl. Wiesmüller 2000). Ebenso stellt Klafki jene Fähigkeiten als Ziel der Bildung in den Mittelpunkt seiner Ausführungen (vgl. Meyer/Meyer 2007: 12f ). Es scheint demnach, dass sowohl im musealen Kontext als auch bei Klafki allgemeine Bildung als kategoriale Einheit in der Synthese von subjektiven/formalen und objektiven/materialen Aspekten fungiert. Bedeutungszuschreibungen haben in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle inne, indem von DidaktikerInnen und LehrerInnen einerseits im Kontext materialer Bildung bestimmt wird, „welche Themen, Probleme und Aufgaben der vielfältigen, überkomplexen und enzyklopädisch nicht mehr von einzelnen Personen erfassbaren Wirklichkeit so wertvoll und wichtig sind, dass Heranwachsende sie erproben, erfahren und verstehen sollten“ (Meyer/ Meyer 2007: 32) und andererseits im Sinne der formalen Bildung erkennbar gemacht werden soll „welches Verhalten, welche Einstellungen und welche Handlungsformen für die Schüler gegenwärtig und zukünftig wichtig sein könnten“ (ebd.). Der tatsächliche Bildungsprozess gründet schließlich genauso in Bedeutungszuschreibungen von Seiten der SchülerInnen bzw. BesucherInnen. Klafkis Ansatz scheint somit nicht nur für Institutionen fruchtbar zu sein, in denen eine gewissermaßen direkte Didaktik vorherrscht (Schule), sondern ebenso in den Kontext von zunehmend indirekter Didaktik (Museum) integriert werden zu können.

2.6.3 Das schul- und museumsdidaktische Dreieck Im Anschluss an die besprochenen Bildungsverständnisse soll nun die didaktische Vermittlung des Bildungsinhalts im Vordergrund stehen. Dabei ergibt sich neben einigen grundsätzlichen Gemeinsamkeiten die signifikante Differenz von direkter und indirekter Vermittlung. Im Rahmen musealer Ausstellungen werden Inhalte nicht, wie dies prinzipiell in Lehr-Lern-Situationen in der Schule der Fall ist, von lehrenden Subjekten in die Erschließungshorizonte der Lernenden gebracht, sondern durch Museumsobjekte direkt vermittelt. Diese Differenz soll folglich genauer in den Blick genommen werden, indem das traditionelle (schul-)didaktische Dreieck nun auch für den musealen Kontext fruchtbar gemacht werden soll. Da jenes die Basis für dieses darstellt, sollen beide Dreiecke einander gegenüber gestellt werden.


Abbildung 1: Das (schul)didaktische Dreieck (Hopmann 1999, 79)

2.6  Klafkis Didaktik „In Bewegung“. Inhalt Abbildung 1: Das (schul)didaktische Dreieck (Hopmann 1999, 79) SCHULE

99

Inhalt

SCHULE

Rhetorik

Darstellung

Erfahrung

Darstellung

Erfahrung

Rhetorik

Methodik Methodik

Lehrkraft

Begegnung

SchülerInnen

Lehrkraft

Begegnung

SchülerInnen

Katechetik Katechetik

Abb(museums)didaktische 1: Das (schul)didaktische Dreieck (Hopmann 79) Abbildung 2: Das Dreieck (Eigene Erstellung1999: in Anlehnung an Hopmann 1999, 79) Abbildung 2: Das (museums)didaktische Dreieck Inhalt (Eigene Erstellung in Anlehnung an Hopmann 1999, 79) MUSEUM

Inhalt

MUSEUM Darstellung Darstellung

Rhetorik Rhetorik B

„Lehrkraft“ MuseumsdidaktikerIn „Lehrkraft“ MuseumsdidaktikerIn

1

B

Erfahrung

2

Methodik Erfahrung

Museums- 2 1 objekte

Methodik

R

Museums3 objekte

E

R

3 Begegnung

E

Begegnung

B B

„SchülerInnen“ „SchülerInnen“

Katechetik

Abb 2: Das (museums-)didaktische Dreieck (Eigene Erstellung in Katechetik Anlehnung an Hopmann 1999: 79)

Die wesentlichen Elemente des (schul-)didaktischen Dreiecks beschreibt Hopmann (1999: 79) wie folgt: „Drei Grundelemente sind danach in ihrer wechselseitigen Verweisung bestimmend für Didaktik: Die Sache (der Inhalt), der Lehrende und der (die) Lernende(n). Das rhetorische Erbe thematisierte die Darstellung der Sache durch die Lehrenden, das katechetische


100

Severin Tanzer

Erbe die Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden, die Methodik die Erschließung der Sache durch die Lernenden, deren (Lern-)Erfahrung“ (ebd.). Ausgehend von dem (schul-)didaktischen Modell steht auch in der Abbildung des (museums-)didaktischen Dreiecks der Inhalt an der Spitze. Die Inhaltsorientierung kann im Rahmen musealer Ausstellungskonzeptionen vor allem dann an oberster Stelle gedacht werden, wenn auf Seiten der Lehrenden oder MuseumsdidaktikerInnen beziehungsweise der Lernenden oder MuseumsbesucherInnen von einer inhaltlichen Erschließung nach Klafkis kategorialem Verständnis ausgegangen wird. Folgt man diesem Verständnis, lässt sich das ursprüngliche, (schul-) didaktische Dreieck zusätzlich auch in drei „innewohnende“ Dreiecke unterteilen. Den zentralen Anknüpfungspunkt dieser drei stellen in diesem Zusammenhang die Museumsobjekte dar, die unterschiedlichste Funktionen übernehmen, je nachdem ob und in welcher Form Lehrkräfte/MuseumsdidaktikerInnen (1) beziehungsweise die lernenden BesucherInnen (2) diesen begegnen oder ob sich Lehrende und Lernende mit diesen in ihrer Begegnung kritisch-konstruktiv auseinandersetzen (3). Die inhaltliche Begegnung der „Lehrkraft“ mit einem Museumsobjekt ist vor allem während der Ausstellungsplanung von besonderer Bedeutung, im Zuge derer versucht wird, Objekte herzustellen und auszuwählen, die in der Lage sein sollen, den BesucherInnen durch attraktive und authentische Darstellungen inhaltliche Sinngebungs- und Erschließungsprozesse zu ermöglichen (vgl. Bäumler 2004: 73). Die Konzeption und Charakteristik der Objekte ist in weiterer Folge auch ausschlaggebend für die Begegnung der „SchülerInnen“ mit diesen. So kann diese Begegnung, je nach Beschaffenheit der Objekte, eher passiver Natur sein, wenn die Objekte bloße Schauobjekte darstellen, oder aber auch (inter)aktive Gestalt annehmen, wenn beispielweise neue Medien und Technologien eingesetzt werden, die das Objekt in eine interaktive Vermittlungslehrkraft von Inhalten transformieren (vgl. Bäumler: 117ff).

2.6.4 Die museumsdidaktische Inhaltspyramide Nachdem im vorherigen Kapitel die allgemeine Basis hinsichtlich didaktischer Prozesse im musealen Kontext gelegt wurde, widmet sich das folgende Kapitel der Sonderform der musealen Ausstellungen. Diese zeichnen sich durch ihren durchgängigen Bezug auf ein zentrales Thema aus. Im Zuge der Mitmachausstellung „In Bewegung“ des Technischen Museums Wien wurde als Hauptthema „Mobilität“ gewählt. Zur präzisen Erläuterung dieses dreistufigen Pyramidenmodells werden an dieser Stelle die drei Stufen der inhaltlichen Auseinandersetzung einzeln aus dem Gesamtmodell herausgefiltert, in der diese auch aufbauend aufeinander die Erschließung des allgemeinen Bildungsgehalts der Inhalte des jeweiligen Objektes/Hands-On ermöglichen sollen. Die einzelnen Objekte und Hands-On eröffnen immer nur die Konfrontationsmöglichkeit mit einem kleinen Ausschnitt des jeweiligen Kapitels, welcher wiederum einen noch kleineren Ausschnitt des Gesamtthemas darstellt.


2.6  Klafkis Didaktik „In Bewegung“.

101

Abbildung 3: Die museumsdidaktische Inhaltspyramide. Inhaltsstufe 1: Objektebene Objektinhalt

Objekt Hands-On

MuseumsdidaktikerIn

BesucherInnen

Abb 3: Die museumsdidaktische Inhaltspyramide. Inhaltsstufe 1: Objektebene

Die Basis der inhaltlichen Objektbegegnung von BesucherInnen lässt sich grafisch anhand Abbildung 3: Die museumsdidaktische Inhaltspyramide. Inhaltsstufe 1: Objektebene des (museums-)didaktischen Dreiecks veranschaulichen. Dabei nimmt das Museumsobjekt in mehrerer Abbildung Hinsicht eine zentrale Rolle ein: So kann es als schöpferisches und konzeptionelles Objektinhalt 4: Die museumsdidaktische Inhaltspyramide. Inhaltsstufe 2: Kapitelebene Produkt der inhaltlichen Auseinandersetzung von MuseumsdidaktikerInnen oder als Vermittler eines bestimmten Inhalts oder aber auch als exemplarischer Anknüpfungspunkt einer reKapitelinhalt flexiven inhaltlichen Konfrontation angesehen werden. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang jedoch, sich immer vor Augen zu halten, dass ein Museumsobjekt dazu ausgewählt oder O B…BesucherInnen Objektinhalt konstruiert wird, um den BesucherInnen gewisse Inhalte näherzubringen. Die MuseumsdidakObjekt Md B tikerInnen wären demzufolge im Zuge von Konzeptions- undMd…MuseumsdidaktikerIn Konstruktionsprozessen aufgeHands-On O…Objekt/ Hands-On fordert, die Objekte/Hands-On so auszuwählen oder zu gestalten, dass die BesucherInnen inMuseumsnerhalb ihrer Objektbegegnung auch Zugang zu dem zugrundeliegenden Objektinhalt finden. didaktikerIn BesucherInnen Die inhaltliche Auseinandersetzung der BesucherInnen mit dem Objekt bleibt auf dieser Ebene direkt an dem Objekt verhaftet. Erfahrungen können somit noch nicht in „größere ZusamObjekt menhänge“ gebracht werden. Bezüglich Hands-On der Hands-On stehen auf dieser Inhaltsstufe daher vor allem die praktischen (und technischen) Begegnungs- und Benutzungsmöglichkeiten im VorMuseumsdidaktikerIn dergrund. Auch die inhaltliche Reflexion von MuseumsdidaktikerInnen und BesucherInnen BesucherInnen orientiert sich auf dieser Ebene vorrangig an der praktischen Benutzung der Hands-On. Abbildung 4: Die museumsdidaktische Inhaltspyramide. Inhaltsstufe 2: Kapitelebene Kapitelinhalt

O

Objektinhalt Md

B…BesucherInnen B

Md…MuseumsdidaktikerIn O…Objekt/ Hands-On

Objekt Hands-On

MuseumsdidaktikerIn

BesucherInnen

Abb 4: Die museumsdidaktische Inhaltspyramide. Inhaltsstufe 2: Kapitelebene


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Auf die zweite Inhaltsstufe beziehungsweise inhaltliche Ebene begeben sich die Besucher­ Inen im Rahmen ihrer Auseinandersetzung mit dem Objekt in dem Moment, in dem sie dessen Inhalt auch in den Kontext des jeweiligen Kapitelinhalts der Ausstellung bringen. In dem Fall ließe sich somit die Begegnung der BesucherInnen mit dem Hands-On als eine inhaltliche Auseinandersetzung begreifen, die auch auf einer höheren „Erkenntnisebene“ stattfindet. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit einem Objekt findet auf dieser Ebene nicht mehr „nur“ direkt an dem Objekt statt. Vielmehr versuchen die BesucherInnen, den kapitelspezifischen, repräsentativen Inhaltsanteil des Objektinhalts zu erfassen. Dabei vollziehen sie eine Art der Umorientierung ihrer Betrachtungsweise der inhaltlichen Objektbegegnung von dem „Was ist zu tun?“ (Decristoforo/ Seebauer/ Stadelmann o. J.,: 26) hin zu dem „Was wird gezeigt?“ (ebd.). Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Frage: Welche Rolle nimmt der gezeigte Objektinhalt hinsichtlich des jeweiligen Kapitelinhalts ein? Im Zentrum steht somit der Fokus auf die exemplarische Bedeutung eines Objekts für den Kapitelinhalt. Soll die inhaltliche Begegnung darüber hinaus auch die Frage beleuchten, welche Rolle der Objektinhalt auch in Bezug auf die Lebenswelt der BesucherInnen spielt, erscheint eine weitere Umorientierung notwendig zu sein. Die Bedeutung, die BesucherInnen den Objekten für ihre individuelle und außermuseale Lebenswelt zuschreiben eröffnet somit eine neue, dritte Ebene, die das Modell vervollständigt. Diese Ebene des allgemeinen Bildungsgehalts stellt einerseits die Spitze der Pyramide dar und ist den anderen Ebenen übergeordnet, gleichzeitig kann sie als Basis und Grundlage sowohl der Kapitel- als auch Objektebene gesehen werden. Die Ebene des allgemeinen Bildungsgehalts ist den anderen Ebenen immer schon inhärent. Explizit wird sie jedoch erst, sobald die Besucher­ Innen Sinn- und Bedeutungszusammenhänge nicht nur innerhalb der Ausstellung herstellen, 5: Diemit museumdidaktische Inhaltspyramide. sondern Abbildung diese weiters ihrer Lebenswelt verknüpfen.Inhaltsstufe 3: Ebene des allgemeinen Bildungsgehalts

Allgemeiner Bildungsgehalt eines Bildungsinhalts Kapitelinhalt B…BesucherInnen

O

Md…MuseumsdidaktikerIn

Objektinhalt B

Md

O…Objekt/ Hands-On

Objekt Hands-On

MuseumsdidaktikerIn

BesucherInnen

Abb 5: Die museumsdidaktische Inhaltspyramide. Inhaltsstufe 3: Ebene des allgemeinen Bildungsgehalts


2.6  Klafkis Didaktik „In Bewegung“.

103

Ob und in welcher Form die Erschließung des allgemeinen Bildungsgehalts gelingt, kann nach Klafki niemals unter einem allgemeingültigen Anspruch, jedoch durchaus im speziellen „Blick auf bestimmte Kinder und Jugendliche [und MuseumsbesucherInnen] (…), die gebildet werden sollen, und (…) im Blick auf eine bestimmte, geschichtlich-geistige Situation mit der ihr zugehörigen Vergangenheit und der vor ihr sich öffnenden Zukunft“ (Klafki 1963: 132) exemplarisch erfasst werden. Das museumsdidaktische Dreieck sowie die Inhaltspyramide dürfen an dieser Stelle jedoch nicht missgedeutet werden, indem das Museumsobjekt oder Hands-On fälschlicherweise an die Stelle des Subjekts rückt und damit der Lernende objektiviert wird und nur in Relation zum Museumsobjekt gedacht werden kann. Dies entspräche einem verkürzten Verständnis des Modells. Vielmehr werden diese Modelle nur im Kontext subjektiver Bedeutungserschließung möglich und können nicht losgelöst davon fungieren. Neben der Messung rein quantitativer Parameter (Attraktivität, Affektivität, Alter, Verweildauer) konnte mithilfe einer Kombination aus modelltheoretischer Analyse (angelehnt an das museumsdidaktische Dreieck) sowie kommunikativer Praxis (laute Selbstreflexion der Besucher und Kurzinterviews) ein neuer Zugang zur Erschließung und Validierung von Hands-On Objekten gewonnen werden.1 Diese teilweise subjektive Erhebung kann somit ein neues, tieferes Verständnis hinsichtlich des tatsächlichen Bildungsgehaltes dieser musealen Objekte eröffnen und ermöglicht es zudem, MuseumsbesucherInnen in zukünftige didaktische Prozesse miteinzubinden.

Literatur Ammann, Jean-Christophe (2000): Das Museum: Trainingslager für die Wahrnehmung oder Steinbruch für das Haus der eigenen Zukunft? Frankfurt am Main: Westend Verlag. Bäumler, Christine (2004): Bildung und Unterhaltung im Museum. Das museale Selbstbild im Wandel. Münster: LIT Verlag. Decristoforo, Bernadette/Seebauer, Laurenz/Stadelmann, Christian (o. J.): In Bewegung. Mitmachausstellung. Ausstellungstexte gesammelt. Wien: Technisches Museum Wien. Hopmann, Stefan (1999): Wolfgang Klafki und die Tradition der Inhaltsorientierung in der deutschen Didaktik. In: Goodson, Ivor F., Hopmann, Stefan, Riquarts, Kurt (Hrsg., 1999): Das Schulfach als Handlungsrahmen. Vergleichende Untersuchung zur Geschichte und Funktion der Schulfächer. Köln, Weimar, Wien: Böhlau. 75–92. Klafki, Wolfgang (1963): Studien zur Bildungstheorie und Didaktik. Weinheim: Verlag Julius Beltz. Mattern, Stefan (1988): Pädagogische Perspektiven einer Theorie des Museums. Überlegungen am Beispiel der Bildungskonzeption eines Technikgeschichtlichen Museums. Frankfurt am Main: Verlag Peter Lang GmbH. Meyer, Hilbert/Meyer, Meinert A. (2007): Wolfgang Klafki. Eine Didaktik für das 21. Jahrhundert? Weinheim und Basel: Beltz Verlag. Mollenhauer, Klaus (1987): Die Dinge und die Bildung des Menschen. In: Liebich, Heimo/ Zacharias, Wolfgang (Hrsg): Vom Umgang mit Dingen. Auf dem Weg zum Kinder- und Jugendmuseum. München: Pädagogische Aktion e. V. 6–10. Treinen, Heiner (1997): Multimedia als kulturelles Werkzeug. In: Standbein Spielbein. Bundesverband Museumspädagogik e.V. (Hrsg.): Museumspädagogik aktuell. Beiheft 48. 37–40. Wiesmüller, Christian (2000): Bildungspotenziale im Museum. Eichstätt: diritto Publikationen. 1 Neben einer noch ausführlicheren Auseinandersetzung zur Didaktik Klafkis im musealen Kontext und der exemplarischen Analyse dreier Hands-On nach diesem Schema siehe: Tanzer, Severin (2016): Klafkis Didaktik ‚in Bewegung‘. Eine didaktische Analyse der Hands-On Ausstellung ‚In Bewegung‘ im Technischen Museum Wien. Masterarbeit: Universität Wien.


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Stephanie Schönberg

2.7  Drücken, Ziehen, Drehen – Staunen, Beobachten, Verstehen Das Kleinkind im Technischen Museum Wien Abstract (deutsch) Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Kleinkind als MuseumsbesucherIn und wie dieses die Mitmachausstellung „In Bewegung“ des Technischen Museums Wien wahrnimmt. Dabei geht es unter anderem darum, Erkenntnisse zu gewinnen, wie Ausstellungen für Kinder von zwei bis sechs Jahren aufgebaut werden sollten. Das Forschungsvorhaben mit der Methode des Tracking der jungen BesucherInnen soll vor allem Informationen für die Umgestaltung beziehungsweise Optimierung des aktuellen Kleinkinderbereichs das mini des Museums liefern. Da die Evaluierung noch nicht abgeschlossen ist, soll und kann sich dieser Artikel nur auf die ersten Ergebnisse der Beobachtung beziehen. Abstract (englisch) This article deals with toddlers as a museum visitors and how they discover the exhibition “In Bewegung” of the Technical Museum in Vienna. The main question is to find out how an exhibition for children between the age of two to six years should be designed. The data for the study is gained with an especially developed tracking app. The target is to get information for remodeling or optimizing the current toddler area of the museum das mini. The evaluation is ongoing, so this article can only provide a brief overview on the first results of the observation.

2.7.1 Einleitung: Wie kam es zu diesem Interesse? Kleinkinder stellen für österreichische Museen schon längst keine neue BesucherInnengruppe mehr dar. Dies zeigt das Angebot einiger Museen in Wien. So bietet beispielsweise die Kunstvermittlung der Albertina eigens konzipierte didaktische Programme für jede Ausstellung und alle Schulstufen sowie Kindergärten ab einem Alter von drei Jahren an (Schröder: 2016) und auch das Kunsthistorische Museum Wien stellt eigene individuelle Führungen für Kindergartengruppen zusammen (KHM-Museumsverband: 2016). Auch das Technische Museum Wien möchte dessen frühkindliches Angebot optimieren und verändern und plant, den Kleinkinderbereich das mini für Kinder von zwei bis sechs Jahren neu zu gestalten. In diesem Bereich haben die Jüngsten die Möglichkeit, mit allen Sinnen erste Begegnungen rund um das Thema Technik zu machen. Welche Bedürfnisse und vor allem auch welchen Entwicklungsstand haben Kindern zwischen zwei und sechs Jahren? Wie kann das mini gestaltet werden, um jüngeren Kindern vielseitige Bildungsmöglichkeiten zu bieten und welche Methoden können hierfür eingesetzt werden? Dies sind einige der Fragen, mit dem sich die MitarbeiterInnen des Technischen Museums Wien aktuell beschäftigen.


2.7  Drücken, Ziehen, Drehen – Staunen, Beobachten, Verstehen

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Zum einen hat sich das gesellschaftliche Interesse dahingehend verändert, dass Museumsbesuche bereits für Eltern jüngerer Kinder interessant wurden. Zum anderen zeigte sich auch in den regelmäßig durchgeführten Beobachtungen des Technischen Museums Wien, dass in der aktuellen Ausstellung „In Bewegung“ auch eine Vielzahl von Kindern unter acht Jahren waren, obwohl diese eigentlich erst für Kinder von acht bis 14 Jahren konzipiert wurde. In dieser interaktiven Mitmachausstellung haben die Kinder die Möglichkeit, das Phänomen Mobilität zu entdecken. Die verschiedenen Stationen und Hands-On haben einen Aufforderungscharakter und laden zum Ausprobieren ein. So kam es zum Forschungsinteresse und den folgenden Überlegungen: Welche Hands-On werden von jüngeren Kindern zweckentfremdet oder welche Hands-On werden von den jüngeren Kindern besonders betätigt? Oder anders: Was nehmen jene Menschen von der Ausstellung mit, an die bei der Konzeption nicht explizit gedacht wurde? Durch die eigenen Beobachtungen und die Anregungen der MitarbeiterInnen des Technischen Museums Wien kam es zu dieser Auftragsforschung und der daraus resultierenden Forschungsfrage, die in diesem Beitrag aus den zu Beginn erwähnten Gründen jedoch noch nicht beantwortet werden kann: Welche Hands-On motivieren Kinder von zwei bis sechs Jahren bei einem Besuch der Ausstellung „In Bewegung“ und welche Aspekte des beobachtbaren Verhaltens geben Hinweise darauf, wie der Kleinkinderbereich das mini des Technischen Museums Wien optimal geändert werden könnte? In der Fragestellung wird indirekt nach den Bedürfnissen und Interessen von Kindern im Alter von zwei bis sechs Jahren bei einem Museumsbesuch gefragt. Diese sind stark vom Entwicklungsalter, in dem sich das jeweilige Kind gerade befindet, abhängig. Das Wissen über die verschiedenen Altersphasen ist für die Konzeption einer Ausstellung daher sehr wichtig. Dass Kinder in einem bestimmten Alter gewisse Aufgaben noch nicht lösen können, ist an dieser Stelle eine wichtige Erkenntnis von Piaget (1980). In der Ausstellung „In Bewegung“ werden die Kinder zum selber tätig werden motiviert. Bei einem Hands-On müssen die BesucherIn selbst aktiv werden, um ein bestimmtes Lernziel zu erreichen oder wie es Piaget beschreibt: „Nur im selbst tätig werden, können sie lernen“ (Hericks 1996: 29). Die Forschungsfrage befasst sich außerdem mit dem Verhalten der jungen MuseumsbesucherInnen. Unter Motivation der Kinder wird in dieser Arbeit, die Motivation etwas zu tun, einen Antrieb zu etwas zu haben verstanden. Folgende Fragen ergeben sich daraus: Werden bestimmte Hands-On von den Kindern öfters betätigt als andere? Was zeichnet diese Hands-On aus? Diese Fragen sollen in einer ersten Datenanalyse rudimentär beantwortet werden. Zunächst soll noch kurz auf die theoretische Basis dieses Artikels eingegangen werden – das Museum als Bildungsort.

2.7.2 Das Museum verändert sich Prinzipiell sammeln Museen kulturelle Gegenstände und Inhalte, die für die Gesellschaft von Bedeutung sind (König 2002: 3). Aber es sind vor allem die inhaltlichen Anforderungen, die sich durch die gesellschaftlichen Wandlungen geändert haben. Es entstehen neue Museen und die traditionellen museologischen Konzepte verändern sich (König 2002: 9). Durch den gesellschaftlichen Fokus auf das Kind kommt es auch im Museum zu neuen Richtungen wie der frühpädagogischen Museumspädagogik. Klar ist, dass sich der allgemeine Bildungsauftrag


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von Museen vom Bildungsauftrag für das junge Kind unterscheidet. Kinder haben eigene Wahrnehmungsbedingungen und Denkweisen. Die Informationen werden auf andere Art aufgenommen und verarbeitet als beim Erwachsenen (Abgottspon 2003: 112). Museen müssen ihr Angebot dementsprechend an das Bildungspotenzial ihrer BesucherInnengruppe anpassen (Ruempler‑Wenk 2010: 2). Aber nicht nur Museen haben die Altersgruppe von null bis sechs Jahren entdeckt, sondern auch andere Institutionen, die sich auf das junge Kind spezialisiert haben, durchleben einen Wandel – die frühkindliche Bildung hat sich verändert und die politische Diskussion über die österreichischen Bildungsreformen in Schulen und Kindergärten ist besonders in den letzten Jahren immer wieder in das Zentrum des gesellschaftlichen und öffentlichen Interesses gerückt. Aktuell wird im Ministerium ein neues Bildungsreformblatt diskutiert. So soll es beispielsweise einen eigenen Bildungspass geben, ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr und einen verbindlichen, bundesweit einheitlichen Qualitätsrahmen (Bildungsreformkommission 2015). Dass sich die politischen und gesellschaftlichen Aufgaben und Ansprüche des österreichischen Kindergartens – zu jenen vor beispielweise 20 Jahren, in denen der Kindergarten nur eine Betreuungseinrichtung war – verändert haben, lässt keine Zweifel offen, denn der Kindergarten ist gegenwärtig eine Bildungseinrichtung, in der sich Kinder entwicklungsgerecht entfalten können sollen. Hier kann eine Verbindung zum Museum hergestellt werden – denn wie bereits erwähnt verstehen sich diese ebenfalls als Bildungseinrichtungen. Ein Forschungsprojekt, das sich ein halbes Jahr mit genau dieser Thematik beschäftig hat, ist das Projekt Museen und Kindergärten des Bundesverbands Museumspädagogik (BVMP 2010) in Deutschland. Ziel war es, in Kooperation mit Museen und Kindergärten, kindgerechte Vermittlungsmethoden für Museen zu entwickeln, zu erproben und zu reflektieren. Kindergartenkinder können „Museen als faszinierende, anregende und nicht zuletzt rundherum bildende Orte erleben“ (BVMP 2010). Im Zuge des Projektes sind einige interessante Publikationen zum museumspädagogischen Arbeiten mit jüngeren Kindern entstanden sowie 70 museumspädagogische Methoden erarbeitet worden, die festhalten, welche Kompetenzen Kinder bei einem Museumsbesuch entwickeln können (BVMP 2010a). So ist beispielsweise der emotionale Zugang eine Kategorie, die als Ziel in der museumspäda­ gogischen Arbeit gilt. Konkret kann dies methodisch beispielsweise so erreicht werden, dass Kinder etwas aus dem Museum mit nach Hause nehmen, um dann im Nachhinein vom Museumsbesuch zu berichten (ebd.).

2.7.3 Die aktuelle Evaluierung der Ausstellung „In Bewegung“ im Technischen Museum Wien Nach diesen Überlegungen zu frühkindlicher Bildung und dem Versuch, eine Verbindung zum Museumswesen herzustellen, soll nun wieder der Fokus auf das eigentliche Thema dieses Artikels, was Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren in einem Museum motiviert und welche Aspekte des beobachtbaren Verhaltens Hinweise darauf geben, gelegt werden. Dafür wurde beziehungsweise wird die Ausstellung „In Bewegung“ evaluiert und die Ergebnisse werden detailliert in der Masterarbeit der Autorin veröffentlicht. Bevor es zur Methodenbeschreibung kommt soll noch eine erste Hypothese, die im Laufe der Pre-Testungen und Theorieaneignung entstanden ist, vorgestellt werden.


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Für Kinder in diesem Alter ist Bewegung ein sehr wichtiger Faktor. Die Bewegungsentwicklung ist aus der pädagogischen Arbeit nicht wegzudenken. In einer für Kinder konzipierten Ausstellung braucht es Raum für körperliche Bewegung (Abgottspon 2003: 112). Kann deswegen davon ausgegangen werden, dass jene Hands-On, die ganzkörperliche Bewegung zulassen von Kleinkindern am häufigsten genützt werden? Werden Hands-On, die mehr Bewegung zulassen, häufiger genützt als andere? Die Evaluierung soll der Beantwortung dieser ersten Hypothese dienen.

2.7.4 Die Methodik Für die erste Evaluierung der Ausstellung, die bereits vor etwa einem Jahr stattgefunden hat, wurde eine eigene Tracking-App entwickelt, die auch für die Beobachtungen im Rahmen dieser Arbeit genützt werden kann. Unter Tracking versteht man allgemein eine spezifische Beobachtungsform, die insbesondere in der Forschung von Museen häufig eingesetzt wird. Dadurch entsteht eine Fülle und Dichte von Daten (Decristoforo/Seebauer/Stadelmann 2013: 27). Durch das Tracking wird es außerdem möglich, ein Kind der Zielgruppe in der Ausstellung „In Bewegung“ zu begleiten und festzuhalten, wie lange sich das Kind insgesamt in der Ausstellung aufhält, wie lange die Aufenthaltsdauer bei den einzelnen Objekten ist und welche Handlungen es mit den einzelnen Gegenständen durchführt. Außerdem kann folgendes genau festgehalten werden: Liest das Kind die Texte und Anleitungen oder bekommt es diese von den Eltern vorgelesen? Führt das Kind eine physische Interaktion mit dem Hands-On durch und spricht das Kind mit jemand anderem über das Hands-On? Auch die demographischen Merkmale wie Alter und Geschlecht sowie die Gruppenzusammensetzung der beobachtbaren Person werden festgehalten (ebd.). Nach den ersten offenen Beobachtungen der Ausstellung, um die Zielgruppe besser kennen­ zulernen, kam es zu der Erkenntnis, dass die bereits programmierten Handlungen nicht adä­ quat für die Zielgruppe sind. Nach der Diskussion in einer Forschungsgruppe wurden neue Kategorien gebildet, die sodann in der App implementiert wurden. So ist es für das Tracking der Kleinkinder wichtig, ob die Kinder in der Peergroup, also mit gleichaltrigen Kindern agieren, ob sie durch einen Erwachsenen begleitet werden, ob sie alleine agieren oder nicht, ob ein Nachahmer-Effekt zu beobachten ist oder ob das Kind am Hands-On von der erwachsenen Begleitperson Unterstützung braucht. Auch bei der Erhebung der demographischen Merkmale kam es zu kleinen Veränderungen: zu den Informationen über Alter und Geschlecht wird zusätzlich erhoben, mit wem genau das Kind die Ausstellung besucht, ob die Begleitperson eine Jahreskarte besitzt und ob die Ausstellung schon einmal besucht wurde. Die einzelnen Handlungskategorien in der App werden aktiviert (Betätigung des „Interaktions-Button“), sobald das Kind mindestens zwei Sekunden mit beiden Beinen vor einem Hands-On steht und beobachtet oder mit dem Hands-On physisch aktiv wird. Es kann also sein, dass das Kind zunächst noch nicht aktiv ist und erst nach einigen Minuten selbst tätig wird. Der Peergroup-Button wird aktiviert, wenn das Fokuskind mit einem anderen Kind der gleichen Altersgruppe das Hands-On nützt. Wenn das Fokuskind mit einem Erwachsenen aktiv wird und diese in eine gemeinsame Interaktion tritt beziehungsweise der Erwachsene das Kind begleitet und diesem beispielweise vorliest oder ihm etwas erklärt, wird der Erwachsenen-Button betätigt. Sobald das Fokuskind von einem Erwachsenen hochgehoben wird, wird der Scheitern-But-


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ton der App gedrückt. Zu den technologisch unterstützten Erhebungen werden zu jeder Beobachtung zusätzlich Notizen gemacht. Die empirisch erhobenen Daten sollen mithilfe des Programms SPSS und Microsoft Excel zur Auswertung und verständlichen Darstellung der Daten dienen. Ein erster Blick auf die Ergebnisse ist im folgenden Teil dieses Artikels möglich.

2.7.5 Erste Ergebnisse aus der Datenerhebung Zum besseren Verständnis der Datenerhebung soll exemplarisch der Besuch eines dreijährigen Buben beschrieben werden. An dieser Stelle ist noch zu erwähnen, dass die ProbandInnen gefragt werden ob sie einer Beobachtung zustimmen – es handelt sich demnach um ein offenes Tracking. Dies muss in der Auswertung immer berücksichtigt werden. Das Fokuskind, ein dreijähriger Bub, besucht am Samstagvormittag kurz vor elf Uhr mit zwei Erwachsenen und einem Baby die Ausstellung (es ist naheliegend, dass es sich hier um eine Familie handelt). Die Begleitpersonen besitzen keine Jahreskarte und alle besuchen die Ausstellung das erste Mal. Das Fokuskind ist 33-mal bei den verschiedenen Stationen und Hands-On tätig, wobei es einige Stationen auch doppelt besucht, wie einen Tunnel zum Durchkrabbeln, andere wiederum gar nicht. Der Vater ist ebenfalls sehr aktiv und motiviert seinen Sohn alles auszuprobieren und erklärt ihm viel. Gemeinsam verbringen Sie am meisten Zeit, mit über fünf Minuten in der I3-H2 Speedbox – hier wird auf einer Leinwand Geschwindigkeit simuliert. Bei dem Hands-On I2-H1 der digitale Walker sind Vater und Sohn am zweitlängsten mit ca. drei Minuten beschäftigt. Hier kann an einem Bildschirm beobachtet werden, wie verschieden der Gang von Menschen sein kann. Das Kind kehrt etwas später nochmals zu diesem Hands-On zurück und agiert alleine. Bei dem Hands-On I0-H2 Beschleunigen und abbremsen entsteht eine kurze Spielphase mit einem Kind der gleichen Altersgruppe. Dieses Hands-On ist ein runder Tisch, der mit Kurbeln und Bremsen versehen ist, die betätigt werden können, um den Effekt auf der Beschleunigung beziehungsweise des Abbremsens zu spüren. Insgesamt verbringt die Familie 38 Minuten in der Ausstellung. Nach dieser beispielhaften Einzelfalldarstellung sollen nun einige der bereits erhobenen Daten vorgestellt werden. Eine frühe Interpretation und erste Empfehlungen für das Museum folgen im Anschluss. Validere Aussagen auf Basis einer größeren Stichprobe sollen in der angekündigten Masterarbeit erarbeitet werden. Insgesamt wurden bis zum jetzigen Zeitpunkt 29 ProbandInnen im Altern von zwei bis sechs Jahren beobachtet. Dies ist voraussichtlich etwa die Hälfte der geplanten Beobachtungen. Von den 29 Kindern waren mit 72,4 Prozent eindeutig mehr Buben in der Ausstellung. Außerdem lässt sich aus den demographischen Daten ablesen, dass die bisher größte Gruppe der BesucherInnen von zwei bis sechs Jahren, Buben im Alter von vier Jahren sind. Die größte Gruppe bei den Mädchen stellt interessanterweise jene im Alter von zwei Jahren dar. Allgemein lässt sich feststellen, dass Kinder im Alter von drei bis vier Jahren mit 63 Prozent aber die größte BesucherInnengruppe unabhängig vom Geschlecht darstellen. Die fünf- und sechsjährigen Kinder stellen die zweitgrößte BesucherInnengruppe mit 22 Prozent dar. Nur 17 Prozent der Kinder sind unter drei Jahre. Aus den erhobenen Daten lässt sich auch ein durchschnittliches BesucherInnenprofil in Bezug auf Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren und ihren Begleitpersonen erkennen. Über 60 Prozent der BesucherInnenkonstellation sind eine erwachsene Begleitperson mit einem Kind.


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In der Datenerhebung wurde außerdem festgehalten, wie viele Probanden eine Jahreskarte besitzen und die Ausstellung schon wiederholt besuchten. Von den 29 Kindern hatten zehn Begleitpersonen eine Jahreskarte und acht der Jahreskartenbesitzer waren bereits in der Ausstellung, ein weiteres Kind sogar ohne eine Jahreskarte für das Technische Museum Wien. Nach den demographischen Daten soll ein erster Blick auf die verschiedenen Hands-On geworfen werden. Welche Hands-On werden von den Kindern der Zielgruppe am häufigsten benutzt und was könnte dies für die Überlegungen des Technischen Museums Wien bedeuten? Die Tracking App ermöglicht eine Datenerhebung von allen Hands-On und Objekten der Ausstellung. Es wird beispielswiese auch erhoben, wie oft Kinder die Galerie nützen. Insgesamt wurden 37 verschiedene Hands-On, Objekte aber auch reine Informationstafeln erhoben. Auch wenn sich die Kinder nicht aktiv an der Nutzung eines Gegenstands beteiligen, sondern nur beobachtet wird, wird die Dauer zur Besuchszeit gezählt. Auf die ersten fünf Positionen hinsichtlich der Nutzungsdauer der Stationen soll an dieser Stelle genauer eingegangen werden. Auf Platz eins der beliebtesten Hands-On ist das I7-H2 Risikospiel. Dies ist eine Art Flipperautomat, in den die Kinder selber Kugeln hineinstecken können, um in weiterer Folge den Weg der Kugel mit einem Hebel zu beeinflussen. Außerdem konnte digital abgelesen werden wie schnell sich die Kugel bewegt. Die Kinder haben viel Freude daran, die Kugel in das kleine vorgesehene Loch zu stecken und den Hebel dementsprechend zu bewegen. An zweiter Stelle ist der I2-H3 Rollstuhlsimulator RoSi, bei dem die Kinder von zwei bis sechs Jahren viel Zeit verbringen. Hier haben die Kinder die Möglichkeit nachzuempfinden, wie es ist, auf einen Rollstuhl angewiesen zu sein. Über 50 Prozent der Kinder werden bei diesem Hands-On auch selber tätig. Alle anderen beobachten die Personen, die gerade den Rollstuhl ausprobieren. Beim zuvor genannten Risikospiel werden beinahe alle Kinder selbst tätig. Das Hands-On I4-H4 Rollenvergleich hat die drittlängste Nutzungsdauer. Hier können zwei unterschiedlich schwere Reifen mit einem Seil gezogen werden. Auch hier werden beinahe alle Kinder selber tätig. Der I6-H2 Flughafen und die Wackelplatten sind von den fünf hier vorgestellten HandsOn auf dem letzten Platz. Der Flughafen ist ein ausgestellter Modellflughafen und lädt die Kinder zum Entdecken ein. Die Wackelplatten laden die Kinder zum Balancieren unter erschwerten Bedingungen ein und ermöglichen es ihnen, ihren Gleichgewichtssinn zu trainieren. Welche ersten Erkenntnisse können nun für die Motivation von Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren gewonnen werden?

2.7.6 Erste Empfehlungen für frühpädagogische Ausstellungskonzepte Auffallend ist der eindeutig höhere Bubenanteil der BesucherInnen. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass entgegen der Bemühungen vieler Eltern einer genderneutralen Erziehung dies noch nicht gelingt. Ist es wirklich so, dass Jungen mehr Interesse an technischen Themen haben, als Mädchen in derselben Altersgruppe? Gibt es doch noch viele Eltern, die mit ihren Töchtern nicht ins Technische Museum Wien gehen oder erreichen die Werbemaßnahmen des Technischen Museums Wien eher die männliche Zielgruppe? Wichtig ist jedoch zu betonen, auch wenn dies sicherlich keine neue Erkenntnis ist, dass sich Museen um eine geschlechtsneutrale Sichtweise bemühen.


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An dieser Stelle ist interessant, dass mehr Mädchen unter drei Jahren die Ausstellung besucht haben als Jungen unter drei Jahren. Sind die Eltern jüngeren Kinder offener beziehungsweise denken sie geschlechtsneutraler oder hat sich die Gesellschaft hier weiter verändert? Bei einer Konzeption sollten aber immer auch die Begleitpersonen berücksichtigt werden, denn beinahe 40 Prozent der BesucherInnen werden nicht nur von einer erwachsenen Person begleitet, sondern auch noch von einem weiteren Erwachsenen. Von einem weiteren Kind werden beinahe 30 Prozent der BesucherInnen begleitet. So könnte es eine Möglichkeit sein, die Eltern und/oder die weiteren Kinder aktiv in die Ausstellung einzubeziehen oder ihnen konkrete Aufgaben in einem Hands-On zu geben und sei es auch nur „der aufmerksame Beobachter ihres Kindes zu sein“ (Abgottspon 2003: 114). Aus dem ersten, verkürzten Ranking der Hands-On ist es noch schwierig Empfehlungen abzugeben. Doch die Hypothese, je mehr Bewegung das Hands-On zulässt, desto häufiger wird es genützt, kann vermutlich jetzt schon verworfen werden. Denn das Hands-On Wackelplatten belegt erst den fünften Platz, obwohl hier sicherlich die größte Bewegungsmöglichkeit besteht. Wichtig ist es bei der Konzeption eines Kindermuseums, an die Erfahrungswelt der Kinder anzuschließen. Es sollen Themen angesprochen werden, wie der Miniatur-Flughafen, die den Kindern bekannt sind, um ein Spannungsverhältnis zu unbekannten Themen zu schaffen. So kann es zu einer positiven Auseinandersetzung mit Neuem kommen und es können Lernprozesse geschaffen werden (Abgottspon 2003: 112). Die bis jetzt wichtigste Erkenntnis der Evaluierung bezieht sich darauf, dass die meisten Kinder drei oder vier Jahre alt sind. Es könnte also für das Technische Museum Wien interessant sein, Ausstellungen für die Zielgruppe von vier bis vierzehn Jahren (statt aktuell von acht bis 14 Jahren) zu konzipieren. Außerdem kann bei der Konzeption des mini auf diese Altersgruppe fokussiert werden. Des Weiteren ist es wichtig, die individuellen Erfahrungen des jeweiligen Kindes stets zu berücksichtigen, also den Alltag der Kinder einzuschätzen (Abgottspon 2003: 113). Eine Spezialisierung auf eine begrenztere Altersgruppe wäre sicherlich sinnvoll, da es beinahe unmöglich ist, dem Interessensgebiet und den entwicklungsbedingten Fähigkeiten von Kindern einer größeren Altersspanne gerecht zu werden.


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Literatur Abgottspon, Franziska (2003): Kindermuseum, herangezoomt. Das Zoom Kindermuseum. In Seiter, Josef: Auf dem Weg. Von der Museumspädagogik zur Kulturvermittlung. Schulheft 111/2003, Wien: Verein der Förderer der Schulhefte, 111–121. Bildungsreformkommission (2015): Vortag an den Ministerrat, online unter: https://www.bmb.gv.at/ministerium/vp/2015/20151117.pdf?5h6yha (letzter Zugriff: 15.08.2016). Bischof, Hannah/Decristoforo, Bernadette/Fiby, Monika/Laurenz Seebauer (2016): Evaluierungsprojekt der Mitmachausstellung In Bewegung, in: Technisches Museum Wien, 1–94. Bundesverband Museumspädagogik (BVMP) e.V. (2010): Museen und Kindergärten, online unter: http:// www.museen-und-kindergaerten.de/(letzter Zugriff: 15.08.2016). Bundesverband Museumspädagogik (BVMP) e.V. (2010a): Museen und Kindergärten – Methodenkartei, online unter: http://www.museen-und kindergaerten.de/methodenkartei/ (letzter Zugriff: 15.08.2016). Hericks, Nicola (2006): Das Kindermuseum – Spielplatz oder Lernort? Pädagogische Grundlagen, geschichtliche Entwicklung und Analyse von Konzepten, Berlin: Wissenschaftlicher Verlag. KHM-Museumsverband (2016): Kunst Historisches Museum Wien, online unter: www.khm.at/it/erfahren/kinder-jugendliche/fuehrungen-fuer-hortgruppen-kindergaerten/ (letzter Zugriff: 15.08.2016). König, Gabriele (2002): Kinder- und Jugendmuseum. Genese und Entwicklung einer Museumsgattung; Impulse für besucherorientierte Musemuskonzepte. Opladen: Leske und Budrichen Verlag. Piaget, Jan (1980): Psychologie der Intelligenz. Stuttgart: Klett-Cotta. Ruempler-Wenk, Mila (2010): Kindergartenkinder als Museumsbesucher – Kindergärten als Kooperationspartner Rahmenbedingungen museumspädagogischer Arbeit mit jüngeren Kindern, in: „Museen und Kindergärten“ Projekt des Bundesverbands Museumspädagogik e.V. im Jahre 2010. Schröder, Klaus (2016): Albertina Wien, online unter: www.albertina.at/jart/prj3/albertina/main.jart?rel=de&content-id=1207132831844&reserve-mode=reserve (letzter Zugriff: 15.08.2016).


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2.8 Soziales Lernen im Museum Abstract (deutsch) Im vorliegenden Beitrag wird gemeinsam mit einer einleitenden Begriffserklärung sowie -erweiterung „soziales Lernen im Museum“ in Beziehung zu empirischen Daten gesetzt. Dabei begrenzt sich der Artikel auf das interaktive und kommunikative Element sozialen Lernens in der Mitmachausstellung „In Bewegung“ des Technischen Museums Wien. Ausgehend vom Hands-On und seiner sehr unterschiedlichen Nutzung im Museumskontext, sollen die erhobenen Daten über das Entstehen sozialer Lernprozesse Aufschluss geben. Der Fokus wird hierbei auf das soziale Lernen als ein ganzheitlicher kommunikativer Prozess gelegt, welcher für die Erforschung seit einigen Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Dabei wird der Frage nachgegangen, inwiefern bildschirmunterstützte Hands-On im Gegensatz zu mechanischen Hands-On den sozialen Lernprozess fördern. Außerdem können Hinweise bezüglich der Attraktivität dieser beiden Hands-On gegeben werden. Abschließend werden sowohl offene Fragen als auch Überlegungen für weitere Untersuchungen die Arbeit abrunden. Abstract (englisch) The present article places the idea of “social learning in a museum” into relationship with empirical data. To that end, a definition of “social learning in a museum” will be given and also extended in various aspects. When linking social learning with the compiled empirical data, the main attention will be the interactive and communicative element of social learning in the participatory exhibition “In Bewegung” (german for “In Motion”) of the “Technisches Museum Wien”. Starting from Hands-On and its most diverse use in the museum, the gathered data is going to contribute to our understanding of the development of social learning processes. Hereby, an understanding of social learning as a holistic communicative process will be focused, which has been gaining importance in research since several years. In doing so, the article aims at answering to what extent the support of Hands-On by screens is promoting the learning process in comparison to mechanical Hands-On. Furthermore, indications will be given about the attractiveness of both these Hands-On. I close by not only pointing out still remaining unanswered questions, but also with some crucial points that need to be considered for further inquiry.

2.8.1 Einleitung Dass sich die Museumslandschaft in einem ständigen Wandel befindet, spiegelt sich auch in der Tatsache wider, dass Museen mit gesellschaftlichen Veränderungen schritthalten müssen. Der folgende Artikel soll zeigen, dass es seit einigen Jahren für die Erforschung und die Qualität des Museumserlebnisses nicht nur wichtig ist, wie lange BesucherInnen vor Ausstellungs-


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stücken stehen, sondern auch wie sich diese den Inhalt von Ausstellungen im sozialen Lernprozess, das heißt durch Gespräche und Diskussionen am Exponat bzw. Hand-On, mit anderen BesucherInnen erschließen. Für die Untersuchung werden zwei ganz unterschiedliche Hands-On miteinander verglichen. Grund dafür soll der Versuch sein, herauszufinden, ob bzw. inwiefern bildschirmunterstützte Hands-On im Unterschied zu mechanischen Hands-On den sozialen Lernprozess fördern. Der vorliegende Artikel bedient sich demnach nicht nur des Feldes der Museumspädagogik, sondern auch jenes der Medienpädagogik. Wichtig dabei ist, sich nicht in Grundfragen der Pädagogik zu verstricken. Konkret geht es um den Begriff des (sozialen) Lernens und nicht um jenen der Bildung und/oder Erziehung. Herauszufinden, wie und in welcher Form Wissensaneignung im Sinne von Sachwissen im musealen Setting stattfindet, war nicht Ziel des Beitrags. Vielmehr geht es darum, soziales Lernen als ganzheitlichen interaktionistischen Prozess wahrzunehmen, denn das Individuum, welches sich als selbstverantwortlich versteht und erlebt, ist oftmals abhängig von anderen Personen und Gegenständen im sozialen Feld und wird auch von diesen beeinflusst (vgl. Wellhöfer 2007: 1). Diese Tatsache soll in der folgenden Arbeit mitgedacht werden. Die Interaktion zwischen den beobachteten Personen ist demnach die Voraussetzung für die qualitative Auswertung der Beobachtungen. Die Hauptaufgabe sehe ich, wie zuvor schon erwähnt, darin, von der Idee der Wissensaneignung Abstand zu nehmen und mich mit umliegenden Prozessen auseinanderzusetzen, welche im Museum allgegenwärtig scheinen. Dazu war es jedoch notwendig, den herkömmlichen Lernbegriff zu erweitern. Im Vordergrund steht nunmehr nicht der Nachweis von Wissenszuwachs während und nach dem Museumsbesuch, sondern Situationen bzw. Interaktionen treten in den Fokus, welche auf das Entstehen von sozialen Lernprozessen hinweisen. Diese Form des Lernens erkennt Nahrstedt (2004: 29) als erste der fünf Säulen von Erlebniswelten als Lernort an.

2.8.2 Das Museum als Lernort Ursprünglich entstand das Museum „als gemeinnützige Institution zum Dienst an der Gesellschaft“ (Geismeier 1968: 9), jedoch musste es sich trotzdem immer wieder seiner Daseinsberechtigung beweisen. Im frühen 19. Jahrhundert, unter vorangegangenen Impulsen der französischen Revolution, wurde das Museum zur öffentlichen Institution der bürgerlichen Gesellschaft. Erst mit dem Verabschieden der Absicht, das Museum als „ethische und ästhetische Normen für den individuellen, gesellschaftlichen und nationalen Fortschritt“ (ebd.: 10) zu verwenden, konnte die Museumsfrage sich ihrer heute noch immer sehr wichtigen Aufgabe stellen. Es geht dabei nicht nur um das Sammeln – Forschen – Dokumentieren, sondern vielmehr um die Frage der Vermittlung und Bildung. Der Druck von außen, Museen nach einer „sozialistischen Volkskultur und die Entwicklung der gebildeten Nation“ (ebd.: 13), nicht bedeutend aus welchen Gesellschaftsschicht man war, war nicht mehr auszuhalten. Damit wurden Museen, so Köster, zu unentbehrlichen Hilfsmitteln bei der Erreichung individueller und gesellschaftlicher Bildungsziele (1983: 47). Für diese Arbeit ausschlaggebend und für das heutige Teilverständnis von Bedeutung ist die Tatsache, dass Museen Orte sind, an welchen Familien spielen, reden und voneinander lernen. Ganz konkret geht es um das in Interaktiontreten von Akteuren. Obwohl Familien eine Viel-


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zahl der Besuchergruppe im Technischen Museum Wien ausmachen, wissen wir eigentlich recht wenig über ihr Verhalten und wie sie untereinander interagieren.

2.8.3 Der Einsatz digitaler Medien im Museum Durch das Aufkommen von digitalen Medien in Museen, stellen sich diesem Kontext einmal mehr neue Herausforderungen. Zum jetzigen Zeitpunkt scheint die Frage der Notwendigkeit vom Einsatz digitaler Medien noch nicht ganz überwunden, obwohl sie sicherlich schon zur Selbstverständlichkeit geworden sind. Damit steht das Museum seit geraumer Zeit im Spannungsfeld zwischen „Disneyland für höhere Bildung“ und den alten Traditionen. Hervorzuheben ist jedoch an dieser Stelle, dass, so hält Grotrian fest, „es inzwischen viele gute Beispiele dafür gibt, wie der Einsatz von Multimedia die Objektpräsentation sinnvoll ergänzen“ (2014: 123) kann. Grotrian macht in seinem Text immer wieder darauf aufmerksam, dass „multimediale Anwendungen in besonderer Weise Interaktion ermöglichen“ (ebd.) und dass es mit dieser Form der Darstellung oftmals gelingt, Zusammenhänge zu verdeutlichen. Es sei an dieser Stelle auch erwähnt, dass diese positiven Aspekte, die das Medium bietet, auch gleichzeitig seine Herausforderung sind. In diesem Beitrag soll zu einem späteren Zeitpunkt nochmals auf die Thematik der Darstellung eingegangen werden, denn die Abhandlung bezieht ein bildschirm­ unterstütztes Hands-On mit ein.

2.8.4 Soziales Lernen Die vorliegende Untersuchung beschäftigt mit der Frage des sozialen Lernens im Museum. Laut Bonk-Luetkens liegt jedem sozialen Lernprozess ein Verständnis von Individuum und sozialer Umwelt zugrunde (1978: 119). Es braucht demnach eine Alternative zum lerntheoretisch-behavioristischen Ansatz. Das Hauptaugenmerk des Lernbegriffs in Industriegesellschaften liegt auf der kognitiven Ebene, diese soll jedoch an dieser Stelle durch einen sozialisationstheoretischen Ansatz erweitert werden, da auch der gesellschaftliche Rahmen im Prozess des sozialen Lernens mit reflektiert werden muss. Bisher ging es immer eher um die Frage des Lernens im Sinne von Sachlernen und Wissenszuwachs. Dieses Verständnis des Lernbegriffs kann jedoch in der hier vorliegenden Arbeit nicht untersucht werden. Vielmehr geht es hier um eine Form des Lernens, welches Kinder, Jugendliche aber auch Erwachsene fähig werden lässt, in ihrer Gesellschaft zu leben und zu partizipieren. Popp (2007) erkennt diese Form des Lernens als eine Form des gesellschaftlichen Lernens, also Lernen im Kontext der Gruppe mit anderen Menschen, an. Zum Terminus „soziales Lernen“ kann eine Vielzahl von Ansätzen gesichtet werden. Um zu verhindern, dass der vorliegende Artikel ein Sammelsurium von Begriffsbestimmungen wird, gehe ich nun ganz konkret auf jene Perspektive des sozialen Lernens ein, welche ich in meiner Untersuchung erfüllen und erkennen konnte. Soziales Lernen ist ein sehr weit gefasster Begriff und kann auf vielen Ebenen und in vielen Kontexten verwendet werden. Popp leistet dabei mit ihrem Text eine gute Übersicht und benennt viele Teilbereiche. Sie spricht nicht nur vom schulbezogenen sozialen Lernen, sondern auch vom sozialen Lernen auf gesellschaftlicher Ebene, welches es schaffen soll Individuen zu kritischer Mündigkeit und Demokratiefähigkeit heranwachsen zu lassen. Das soziale Lernen im Kontext der Gruppe sieht sie als Stärkung der kommunikativen Kompetenz jedes Einzelnen (vgl. Popp 2007). Die Gruppe als ein optimales Lernfeld hat sich ursprünglich


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im Sinne der Theorie Banduras in der Pädagogik durchgesetzt (Wellhöfer 2007: 117). Unter dem Begriff „soziales Lernen“, welcher sich die letzten Jahrzehnte erweitert hat, versteht man unter anderem „das Erlernen sozialer Verhaltensmuster, wie Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit” (ebd.). Damit bewegen wir uns immer mehr in die Richtung sozialen Lernens, wie es hier in dieser Abhandlung verstanden werden soll, nämlich als soziales Lernen auf Persönlichkeitsebene (vgl. Popp 2007). Konkret geht es dabei, laut Iben, um ein sich selbst „Kennenlernen, die eigenen Fähigkeiten, Möglichkeiten, Wünsche und Ziele, Einschätzen der eigenen sozialen Position“ (1974: 539). Weiter geht es um, das „Bewusstsein der eigenen Lebenssituation, durch Erkennen der Abhängigkeiten, Interessen, Ursachen, durch genaues Beobachten und Analysieren der Umwelt“ (ebd.). Außerdem geht es um die „Entwicklung von Kommunikationsfähigkeit, der Verbalisierung von Gefühlen und Interessen, Erfahrungen und Beobachtungen, um die Förderung von Symbolverständnis gegenüber verbalem und nichtverbalem Signalsystem, um Einsicht in die realen Bedingungen von Kommunikationsformen und um die Fähigkeit zur Metakommunikation“ (ebd.). Als letztes nennt Iben noch die „Steigerung der Interaktionsfähigkeit und Handlungskompetenz durch Entwicklung von ICH-Stärke, Frustrationstoleranz, Widerstandfähigkeit, Kreativität und Neugier, Selbstreflexion und Reduzierung des Egozentrismus, Abbau von Vorurteilen und Förderung von Empathie, Rollenflexibilität, Fähigkeit zur Kooperation und Solidarität, zu Regelbewusstsein und rationaler Konfliktbewältigung, Erlernen von Interaktionsmustern und Handlungsstrategien“ (ebd.). Severinski (1982) geht sogar noch einen Schritt weiter und löst den Begriff des sozialen Lernens auf in „all jene Lernvorgänge, bei denen Interaktion zwischen Menschen von Bedeutung ist, ungeachtet der Tatsache, ob es sich um den Lernprozess selbst handelt, oder ob die Interaktion das Ziel des Lernens ist“ (Severinski 1982: 201). Kiper (2001) unterstreicht noch einmal die Tatsache, dass unter anderem die Fähigkeit, mit Erwachsenen und Gleichaltrigen zu interagieren, zu kommunizieren und zu kooperieren ein entscheidendes Moment in Bezug auf soziales Lernen ist. Jede/r wird daran gebunden, bestimmte Rollen kennenzulernen, sie situationsadäquat zu übernehmen und auf eigene Art zu gestalten.

2.8.5 Zur Methode Die vorliegenden Daten sind Teil einer großen Untersuchung, welche eine Vielzahl von Interessen im Feld der Museumsforschung bedient. Die Erhebung ist aus einer Kooperation zwischen dem Institut für Bildungswissenschaft und dem Technischen Museum Wien entstanden. Dahinter steht die Bemühung, die Inhalte des Museums auf seine BesucherInnen abzustimmen. Sich bei Beobachtungen der dialogischen Ebene anzunehmen, ist im Feld der Pädagogik nichts Neues. Oftmals wird diese Methode beim Beobachten von Unterrichtseinheiten verwendet und videobasierend unterstützt. In der vorliegenden Arbeit wurde jedoch lediglich handschriftlich Protokoll geführt, was es auch nicht zulässt Daten auf der Beziehungsebene – sprich nonverbale Mimik, Gestik und Körpersprache – der BesucherInnen zu sammeln. Ausstellungsbeschreibung Die Mitmachausstellung „In Bewegung“ ist seit einiger Zeit im Technischen Museums Wien zu begutachten und erfreut sich einer hohen Anzahl an BesucherInnen. Die KuratorInnen der Ausstellung haben sich zur Aufgabe gemacht „Kindern und Jugendlichen im Alter von


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8 bis 14 das Phänomen Fortbewegung in all ihren Aspekten und Hintergründen erlebbar zu machen“ (Seebauer/Decristoforo/Stadlmann 2013: 8). Zusammenhänge sollen erklärt und Handwerkszeug mitgegeben werden. All dies soll im Setting eines spielerischen und erkenntnisorientierten Kontexts, welcher im Feld des informellen Lernens situiert ist, passieren (vgl. ebd.: 9). Beschreibung der ausgewählten Hands-On Die beiden für diese Untersuchung ausgewählten Hands-On – I7-H2 Risikospiel und I2-H1 Der digitale Walker– stellen zwei ausgesprochen attraktive Exponate dar. Dies ergibt sich auch aus der ebenfalls durchgeführten Attraktivitätsmessung. Dazu wurde vom Museum ein Tablett mit einer eigens dafür konzipierten App zur Verfügung gestellt. Konkrete Zahlen dazu sehen aus wie folgt: Das I7-H2 Risikospiel wurde in der Beobachtungszeit, welche zu unterschiedlichen Tageszeiten über mehrere Einheiten stattfand, von 116 BesucherInnen besucht. 70 Prozent der BesucherInnen blieben auch stehen und/oder wurden aktiv. Lediglich 30 Prozent gingen an dem Hands-On vorbei, ohne es mindestens zwei Sekunden zu beachten. Ähnliche Zahlen weist I2-H1 der digitale Walker auf. Hier wurden 136 BesucherInnen während meiner Anwesenheit gezählt. Davon blieben bei diesem Exponat 65 Prozent stehen und 35 Prozent gingen daran vorbei. Das I7-H2 Risikospiel ist ein mechanisches Hands-On, welches einem Geschicklichkeitsspiel ähnelt, das jede/r aus Kindheitstagen kennt. Durch das Drücken einer Taste direkt am Hands-On wird die Zeit gestoppt, die die Kugel, welche vom/von der BesucherIn gesteuert wird, braucht, um ins Ziel zu gelangen. Durch das Steuern des Hebels durch die Besucher wird die Kugel in Bewegung gesetzt. Nun liegt es an dem/der BesucherIn wie risikoreich er/sie die Fahrt der Kugel gestaltet, um möglichst schnell ans Ziel zu kommen. Die Möglichkeit, bei zu schnellem Fortbewegen der Kugel, diese aus der vorgesehenen Bahn zu lenken, ist hoch und muss selbst eingeschätzt werden (vgl. Seebauer/Decristoforo/Stadlmann 2013). I2-H1 Der digitale Walker ist mit zwei Bildschirmen ausgestattet. Auf dem einen Bildschirm, welcher senkrecht an der Wand hängt, ist der menschliche Gang dargestellt. Es soll verdeutlicht werden, dass sich Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen anders fortbewegen. Nicht nur Alter und Geschlecht sind hierbei ausschlaggebend, sondern auch Laune, Gewicht und andere körperliche Voraussetzungen beeinflussen den menschlichen Gang. Der/die BesucherIn hat dabei die Möglichkeit, mittels Touchscreen, welches den zweiten Bildschirm darstellt, unter diesen Kategorien selbst auszuwählen und die unterschiedlichen Gangarten zu beobachten (vgl. Seebauer/Decristoforo/Stadlmann 2013). Gerade I2-H1 der digitale Walker stellt ein hervorragendes Beispiel dafür dar, wie der Einsatz von Bildschirmen in Ausstellungen genutzt werden kann, um Zusammenhänge zu verdeutlichen. Dieses Hands-On stellt meines Erachtens ein wunderbares Exempel für die erfolgreiche Aufbereitung einer medienunterstützen Darstellung dar. Datensammlung Nachdem unter dem Begriff „Beobachtung“ eine Vielzahl, zum Teil auch sehr heterogene Verfahrensweisen der Erhebung verstanden werden (vgl. Mayntz/Holm/Hübner 1972: 87), ist es an dieser Stelle notwendig, die in der Arbeit verwendeten Tools zu beschreiben. Hierbei handelt es sich um eine Beobachtungsuntersuchung, bei welcher das Hauptaugenmerk auf der interaktionistischen Ebene der MuseumsbesucherInnen liegt. Es wurden demnach nicht nur Ak-


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tion und Reaktion des Senders und Empfängers sowie Nutzereinstufungen beobachtet, sondern auch die dialogische Kommunikation der BesucherInnen wurde teilweise festgehalten. Menschliche Kommunikation, so Wellhöfer in Anlehnung an Bales und Borgotta, vollzieht sich auf zwei Ebenen. Zum einen auf der Inhaltsebene, hierbei wird mit Hilfe der Sprache über eine Sache informiert, und zum anderen auf der Beziehungsebene, diese verläuft meist über Mimik, Gestik, Körpersprache und -haltung (vgl. 2007:25). Wie bereits erwähnt, wurden die vorliegenden Beobachtungen nicht videounterstützt, weshalb es auch nicht möglich ist, Aussagen über die Beziehungsebene der BesucherInnen zu machen. Die Untersuchung bleibt daher auf die Inhaltsebene beschränkt. Grundsätzlich kann demzufolge an jener Stelle angemerkt werden, dass die Untersuchung sowohl quantitative als auch qualitative Ergebnisse bereitstellt. Unter die Kategorie der quantitativen Daten fallen unter anderem Auswertungen über die Gesamtzahl der BesucherInnen, sowie Nutzereinstufung und die Definition der Interaktionseinheiten. Bei der qualitativen Beschreibung der einzelnen Sequenzen, steht weniger die Häufigkeit von auftretenden Verhalten im Mittelpunkt, als vielmehr die Beschreibung des Verhaltens des/der einzelnen Akteurs/Akteurin.

2.8.6 Auswertung der Daten Nachdem der Beobachtungsbogen in Anlehnung an Rennie und McClafferty (1996) – bearbeitet und adaptiert von Trauner und Glaser – nicht nur dazu dient, Interaktion festzuhalten, ergaben sich rundherum auch interessante Daten, welche dem/der LeserIn auf keinem Fall vorenthalten werden sollten und an dieser Stelle Platz finden (s. Kap. 2.4). Quantitative Beurteilung der Sequenzen Bei dem I7-H1 Risikospiel wurden insgesamt 106 Personen beobachtet. Von diesen waren 49 Prozent weiblich und 51 Prozent männlich. Die Gesamtzahlen aller beobachteten BesucherInnen bei dem I1-H2 digitalen Walker beträgt 97 Personen, davon waren 43 Prozent weiblich und 57 Prozent männlich. Aus den ersten ausgewerteten Daten ergibt sich, dass die Anzahl der männlichen und weiblichen BesucherInnen durchwegs sehr ausgewogen ist. Des Weiteren zeigt sich, dass Jugendliche weniger Interesse an dem I7-H2 Risikospiel als an dem I2-H1 digitalen Walker zeigen. Eine mögliche Erklärung dafür wäre die Aufbereitung der Hands-On. Das I7-H2 Risikospiel, wie schon erwähnt, ähnelt einem allseits bekanntem Geschicklichkeitsspiel, wobei hingegen bei dem I2-H1 digitalen Walker neue Medien eingesetzt werden. Kinder und auch erwachsene BesucherInnen zeigen ein sehr ausgeglichenes Bild bezüglich des Interesses an den beiden HandsOn. Kinder und Jugendliche sind laut der Aufzeichnungen an dem I2-H1 digitalen Walker gleich stark interessiert. Weiter konnte anhand des Beobachtungsbogens, der/die BesucherInn auf seine/ihre Nutzung eingestuft werden. Diese Einstufung reicht von lediglich „Beachten“ – der/die BesucherIn sieht das Ausstellungsstück an, bleibt mit beiden Beinen für mindestens zwei Sekunden davor stehen oder er/sie beachtete andere (mit Distanz), wenn sie das Ausstellungsstück benutzen – bis hin zur „erweiterten Nutzung“ – er/sie wiederholt die Handlungen oder erforscht neue Möglichkeiten, wie das Ausstellungsstück benutzt werden kann, sowie er/sie entwickelt „neue“ Spiele.


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Bei dem I7-H2 Risikospiel schafften es 81 Prozent aller beobachteten BesucherInnen in die Stufe der „erfolgreichen Nutzung“ – der/die BenutzerIn benützt das Ausstellungsstück so wie es vorgesehen ist – zu gelangen . Beim I2-H1 digitalen Walker waren es zum Vergleich nur 59 Prozent der BesucherInnen, welche diese Stufe der Nutzung erlangten. Mit der hohen Anzahl „erfolgreicher NutzerInnen“ stellen sowohl das I7-H2 Risikospiel als auch I2-H2 der digitale Walker durchaus erfolgreich aufbereitete Hands-On dar, es ergibt sich jedoch auch, dass durch das Ausbleiben der „erweiterte Nutzung“ das I7-H2 Risikospiel ein starres Exponat darstellt, welches es nicht erlaubt „entdeckend zu lernen“ im Sinne von unterschiedlichen Nutzungsvarianten. I2-H2 der digitale Walker lässt dem gegenüber – wenn auch nur mit 2 Prozent – zu, dass das auf dem Bildschirm Dargestellte nachgeahmt bzw. in die Lebenswelt übertragen wird. Voraussetzung für soziales Lernen, in dem Sinne wie der Begriff in der vorliegenden Abhandlung verstanden wird, ist das Entstehen von Interaktion zwischen den AkteurInnen. Dieses Momentum gibt Aufschluss darüber, ob die Erhebung hinreichend ist, um soziales Lernen feststellen zu können. Schon während der Beobachtung hat sich herausgestellt, dass es erstaunlich häufig zur Interaktion zwischen den BesucherInnen kommt. Würde man nun Severinskis Auffassung vom sozialen Lernen folgen, so wären wir an dieser Stelle bereits am Ziel angekommen und könnten über eine hohe Anzahl von Lernprozessen berichten, denn für ihn ist das Entstehen von Interaktion schon die Bestätigung für soziales Lernen im Allgemeinen. In Zahlen heißt das konkret: Bei dem I7-H2 Risikospiel traten 84 Prozent der BesucherInnen in Interaktion. Bei dem I1-H2 digitalen Walker waren es mit 86 Prozent etwas mehr BesucherInnen, welche begannen, zu interagieren. Der hohe Prozentsatz an erhobenen Interaktionen lässt vermuten, dass dies eine gute Ausgangsbasis für soziales Lernen ist. Anhand des Beobachtungsbogens war es außerdem möglich, eine Auflistung der einzelnen Interaktionseinheiten vorzunehmen. Die Interaktionseinheiten variieren in ihrer Größe und in der Anzahl der aktiven und passiven BesucherInnen. Gesamt ergaben sich beim I7-H2 Risiko­ spiel von diesen vorher gezeigten 84 Prozent an Interaktionsanteil 69 Prozent Paarinteraktionen und 31 Prozent Gruppeninteraktionen. Beim I1-H2 digitalen Walker war der Interaktionsanteil mit 86 Prozent fast gleich hoch. Aus diesem ergaben sich 78 Prozent an Paarinteraktionen und 22 Prozent an Gruppeninteraktionen. Die Zahlen lassen erkennen, dass I1-H2 der digitale Walker für die Form der Gruppeninteraktion nicht konzipiert ist, diese wurde vom Museum auch nicht intendiert. Qualitative Beurteilung der Sequenzen (qualitative deskriptive Beschreibung) Die hohe Anzahl an Interaktionen ist eine sehr gute Ausgangsbasis für die qualitative Beurteilung der Dialoge. Hierbei wird nun vor allem auf die Definition des sozialen Lernens von Iben Bezug genommen. Iben bietet mit seiner Begriffserklärung eine Fülle von Anhaltspunkten, welche für diese Untersuchung von erheblichem Wert sind. Ich werde an dieser Stelle nun vier für mich ganz konkrete Beispiele anführen, um zu verdeutlichen, wie soziales Lernen nach Iben im musealen Setting zu erkennen ist. Mj: “Wieso fahren deine los und meine nicht?“ Gj: „Weil ich es hoch hebe“ Gj: „Soll ich auf Start drücken?“ Mj: „Ja“[16]


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Bei der vorliegenden Interaktion handelt es sich um einen Dialog zwischen zwei Jugendlichen (Gj-weibliche Jugendliche, Mj-männlicher Jugendliche). Die Konversation wird beim I7H2 Risikospiel aufgezeichnet und bewegt sich auf der Inhaltsebene beider GesprächspartnerInnen – Vorschläge werden gemacht, Mitteilungen werden weitergegeben, es wird nachgefragt – sprich, es wird verbal über die Sache informiert. Damit soll gezeigt werden, dass der/die Jugendliche seine/ihre eigenen Fähigkeiten erkennt und durch Beobachten der Umwelt feststellt, dass manches nicht so abläuft wie bei anderen beobachtet. In diesem Fall geht es konkret darum, dass es für den einen der beiden NutzerInnen kein Weiterkommen gibt. Dies wird auch verbalisiert. Durch das Informieren des/der anderen Jugendlichen über Handlungen, kommt der zuerst ahnungslose Jugendliche auch auf seine Kosten, da nun durch den kurzen Tipp verstanden wird, was denn zu tun ist. Als dies geklärt scheint, kann die Zeitmessung beginnen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erwähnen, dass in den beobachteten Situationen, mechanische Hands-On oder in diesem Fall speziell das I7-H2 Risikospiel, es mehr schafft, BesucherInnen dazu zu bringen ihre Gefühle auszudrücken. Oftmals geschieht dies dann in Form von Freude („oh ja, geschafft“) oder auch in Form von Frustration („Wie mach ich das?“ „Wie die Bahn steiler machen?“). Damit wird ein wichtiger Aspekt sozialen Lernens nach Iben deutlich und es kann zu einer Steigerung der Kommunikationsfähigkeit führen. m1: „Was muss man jetzt machen?“ M: Liest die Tafel. „Ah, mit dem Hebel kontrolliert man die Geschwindigkeit!“ m2: „Ach, ja“ M: „Schau, das ist der Trick. Du musst das aufheben.“ m1: „Mist meine ist raus!“[18] In dieser Dialogführung erkennen wir eine Gruppeninteraktion (M-männlicher Erwachsener, m-Bub) beim Hand-On I7-H2 Risikospiel. Außerdem ist aus den Aufzeichnungen zu erkennen, dass noch eine vierte weibliche Erwachsene die Situation beobachtet. Diese verhält sich jedoch passiv und bleibt im Hintergrund. Auch hier erkennen wir wieder die Inhaltsebene – Vorschläge werden gegeben, Informationen werden geteilt. Der männliche erwachsene Besucher geht auf das Unverständnis der beiden männlichen Buben ein. Er steuert sie neutral und leitet sie dabei an. Einer der zwei Jungen verbalisiert im Vorfeld schon sein Unverständnis der Sache gegenüber und zeigt somit die Grenzen seiner Fähigkeiten auf. Um dies zu lösen weiß er, dass seine männliche erwachsene Begleitperson ihm helfen wird. Damit lässt sich an dieser Stelle die Erkenntnis zeigen, dass der Junge (m1) seine Lebenssituation sowie die Abhängigkeit zu der erwachsenen Person erkennt. Er verbalisiert dies auch und ist somit nach Iben im Prozess des sozialen Lernens angekommen. An dieser Stelle sei auch festzuhalten, dass mechanische Hands-On, so wie das I7-H2 Risikospiel eines darstellt, beim Selbsteinschätzungsprozess mehr Hilfe leisten können als es in diesem Fall I1-H2 der digitale Walker schafft. Die immer wiederkehrenden Aussagen hinsichtlich des Ge- und oder Misslingens („Mist meine ist raus!“, „Ich habs geschafft!“) der BesucherInnen, um die Kugel schnell genug ans Ziel zu führen, ohne sie zu verlieren, führt mich zu dieser Erkenntnis.


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m: „Was ist das?“ Mj: „Also schau mal, hier kannst du einstellen männlich oder weiblich, dick oder dünn und wie die drauf sind. Die ist jetzt schlecht drauf.“ m: „Ok, passt! Jetzt lass mich mal!“ Mj: „Schau mal, so siehst du aus.“[21] Der vorangegangene Dialog wurde beim I2-H2 digitalen Walker aufgezeichnet. Die beiden Interaktionisten sind ein Bub (m) und ein männlicher Jugendlicher (Mj). Hier ist wieder, wie auch schon zuvor, die Abhängigkeit des Jüngeren zum Älteren des Interaktionspaares zu erkennen. Des Weiteren ist auch hier die Information der Sache selbst ganz stark im Vordergrund (Inhaltsebene). Der Bub verbalisiert sein Unverständnis und damit seine Abhängigkeit in der Situation, was nun dazu führt, dass der Jugendliche beginnt, den Buben neutral zu steuern. Er erklärt und zeigt vor. Dies führt schlussendlich dazu, dass der Jüngere der beiden es auch einmal versuchen möchte. G: „Lass mich bitte, jetzt bin ich dran.“ m: „Ja, warte ich möchte es dir zeigen.“ G: „Lass es!“ m: „Von der Seite sieht man es besser.“ G: „Gut, jetzt kannst du.“ m: „Wenn man doppelt klickt wird es dunkler.“[25] Vorliegendes Gespräch wurde ebenfalls beim I1-H2 digitalen Walker aufgezeichnet. Dieses Beispiel zeigt, dass Interaktionen am Hands-On nicht immer nur die Inhaltsebene bedienen, sondern dass es an dieser Stelle innerhalb der Interaktion eher um das Erlernen von Kooperation und Regelbewusstsein geht. Diese Tatsache schließt jedoch nicht aus, ganz im Gegenteil, dass es auch hier zum sozialen Lernprozess kommt. Die Senderin (G-weibliche Erwachsene) teilt in diesem Fall der Empfängerin mit, dass sie nun an der Reihe ist und der Junge (m-Bub) nun zu warten habe, bis sie fertig ist. Der Bub mischt sich jedoch immer wieder in das Vorhaben ein und stört. Nachdem die weibliche Erwachsene ihren aktiven Teil beendet und das Hands-On ausprobiert hat, ist nun der Bub an der Reihe. Er hat verstanden, dass er warten muss. Erst sobald ihm gesagt wird, dass nun er das Recht hat das Hands-On auszuprobieren, fängt auch er an, aktiv am Touchscreen herum zu drücken. Damit ist in dieser Situation zwar nicht unbedingt die Sache, also das Hands-On an sich und das was dabei abgebildet wird, im Vordergrund, dennoch erweist sich dieses Setting als sehr interessant im Sinne von sozialem Lernen nach Kiper. Die Art und Weise wie in Gruppen mit gleichaltrigen oder, wie in diesem Fall, älteren Personen kommuniziert und kooperiert wird ist daran gebunden, bestimmte Rollen kennenzulernen, sie situationsadäquat zu übernehmen und auf eigene Art zu gestalten. Grundsätzlich festzuhalten ist an dieser Stelle, dass Interaktionen am Hands-On bei beiden Hands-On aus zwei verschiedenen Gründen entstehen. Zum einen wird oftmals als Ausgangspunkt der Interaktion eine Frage gestellt. Die andere Ausgangssituation beginnt damit, dass ein/e GesprächspartnerIn den/die andere/n zu steuern beginnt (anleiten, vorlesen, vorzeigen, etc. wie das Hands-On funktioniert), ohne dass sein/ihr Gegenüber danach gefragt hätte. Auch die Tatsache, wie weiter oben schon formuliert, dass Interaktion immer auch als Chance gesehen werden kann, Kommunikationsfähigkeit zu stärken, ist in allen diesen von mir


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ausgewählten Dialogführungen zu erkennen. Unterschiedliche AkteurInnen bieten sich demnach in diesem Setting als äußerst geeignet an, um den Anstoß zum Lernen zu sichern.

2.8.7 Fazit Die Beobachtungen, die in der vorliegenden Untersuchung gemacht wurden, haben gezeigt, inwiefern Lernen nicht nur auf der Ebene des Wissenszuwachs im Sinne von Sachlernen im musealen Rahmen stattfinden kann, sondern dass das soziale Lernen einen erheblichen Stellenwert im Museum hat. Zum jetzigen Zeitpunkt sind dabei keine eindeutigen Unterschiede zwischen mechanischen und bildschirmunterstützten Hands-On auszumachen, was aber vielleicht auch die Tatsache spiegelt, dass bis zum heutigen Tag noch nicht alle festgehaltenen Dialoge ausgewertet sind (siehe dazu Glaser Masterarbeit in Arbeit). Festzuhalten ist trotz alledem, dass, um soziales Lernen nach Iben und auch Kiper zu erkennen, es nicht unbedingt immer einer Interaktion auf Inhaltsebene bedarf, sondern auch das einfache Interagieren am Hand-On, sei es ein Streitgespräch oder eine intensive Diskussion, zur besseren Kommunikationsfähigkeit und zum Rollen festigen in der Gruppe oder auch zwischen Einzelpersonen führen kann. Diese Erkenntnis ist, wenn man einmal davon absieht, dass während eines solchen Museumsbesuch noch vielmehr an Bildung und informellen Lernen in Gang gesetzt wird, ein entscheidendes Moment in der Analyse der Besucherforschung und bietet Raum für weitere Diskussion. Ein deutlicherer Mehrwert der Untersuchung könnte außerdem dadurch erlangt werden, wenn die Beziehungsebene, sprich das nonverbale Verhalten und Handeln der BesucherInnen ebenfalls mitgeschnitten worden wäre. Diese Erkenntnis lässt demnach Spielraum nach oben und wird in groß angelegten Studien auch immer wieder als Hilfsmittel verwendet. Der Artikel soll zusätzlich ein Plädoyer dafür sein, dass wir zwar in einer Gesellschaft leben, in welcher Individualisierung hoch im Kurs steht, wir aber bei genauerer Betrachtung immer wieder Momente der absoluten Abhängigkeit erleben. Genau dies passiert nämlich dann, wenn soziales Lernen Thema wird.


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2.9 „Hands-On – Minds-On!“

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2.9 „Hands-On – Minds-On!“ Über den Umgang mit interaktiven Objekten in der Mitmachausstellung „In Bewegung“ des Technischen Museums Wien. Eine quantitative Untersuchung Abstract (deutsch) Museen leisten in ihrer Funktion als Bildungsinstitutionen einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Weiterentwicklung. Dabei kommt der BesucherInnenorientierung sowie der Wissensvermittlung ein bedeutsamer Stellenwert zu. In diesem Kontext leistet das Technische Museum Wien mit seiner Mitmachausstellung „In Bewegung” einen innovativen Beitrag zur aktiven Teilhabe der heranwachsenden Generation. Auf Basis interaktiver Hands-On-Objekte wird zum Hantieren sowie zum Verstehen angeregt. Innerhalb der vorliegenden Untersuchung wurden 44 BesucherInnen mittels der Methode des Trackings beobachtet, um ihr Verhalten im Umgang mit den Objekten auf quantitativem Weg zu untersuchen. Die statistische Analyse der gesammelten Daten zeigte ein facettenreiches Bild der BesucherInnen. Die Beobachtungsergebnisse werden aus der Perspektive der Operativen Pädagogik nach Klaus Prange interpretiert. Es zeigt sich, selbst wenn sich der Prozess des Lernens selbst der Beobachtung entzieht, dass die Mitmachausstellung ein höchst pädagogischer Ort ist, an dem Lernen kaum nicht-passieren kann. Abstract (englisch) Museums contribute to the development of cultural history and natural sciences in society in their role as educational institutions. Significant importance is attached to knowledge transfer and visitor orientation. In this context, the Vienna Technical Museum makes an innovative contribution to the active participation of the younger generation with its hands-on exhibition “In Bewegung”. Visitors are encouraged to touch and understand through interactive hands-on objects. Within this empirical study, 44 visitors were observed using the tracking method in order to quantitatively study how they handled the objects. The statistic preparation of the collected data provided a multifaceted picture of the visitors. The educational science approach demonstrates the importance of learning in the hands-on exhibition through the interpretation of the observation results from an operational education perspective according to Klaus Prange. It shows that even when the learning process itself evades observation, the hands-on exhibition “In Bewegung” is a highly education place in which learning cannot not happen.


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2.9.1 Einleitung Seit den Ursprüngen der ersten Museen in den Kunst- und Wunderkammern des 15. und 16. Jahrhunderts, deren Sammlungen ausschließlich dem elitären Adel zur Verfügung standen, vollzog sich ein kontinuierlicher Wandel der Positionierung und des musealen Selbstverständnisses innerhalb der Gesellschaft (vgl. Bröckers 2007: 10–13). Neben den Aufgaben des Sammelns, Bewahrens, Dokumentierens, Forschens und Ausstellens kommt inzwischen der Vermittlung eine bedeutsame Rolle zu. Damit wird es relevant, eine größtmögliche Teilhabe der Bevölkerung an kunst- und kulturgeschichtlichen sowie naturwissenschaftlichen Sammlungen zu gewährleisten. Die Wissensvermittlung in Museen und Ausstellungen unterliegt dabei einem stetigen Wandel der Vermittlungsmethoden und Lernformen. Denn eine zeitgemäße und innovative Vermittlungsarbeit orientiert sich an aktuellen wissenschaftlichen, künstlerischen sowie gesellschaftlichen Entwicklungen und versucht zielgruppenspezifisch die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen gezielt zu ermöglichen (vgl. Bundeskanzleramt Österreich 2016, §2–7). Die gesellschaftlichen Entwicklungen stellen auch die österreichischen Museen vor neue Herausforderungen. Das Technische Museum Wien unterliegt seit seiner Gründung im Jahre 1909 stetigen Veränderungen und Innovationen. Errichtet „als Präsentationsort der technischen Leistungen und innovativen Kräfte eines sehr großen Landes“ (Zuna-Kratky 2009: 9), veränderte sich dessen Aufgabenbereich dahingehend, „Technologiekompetenz zu vermitteln, für Technik und technische Berufe zu interessieren und ein lebendiger und vielfältiger außerschulischer Lernort zu sein, in Kooperation mit unterschiedlichsten Partnern.“ (ebd.) In diesem Selbstverständnis ist das Zustandekommen der vorliegenden Untersuchung zu sehen. Das Forschungsinteresse kann aus zweierlei Perspektiven betrachtet werden. Zum einen erhält – durch die Kooperation der zwischen dem Technischen Museum Wien und dem Institut für Bildungswissenschaft – der Aspekt der Evaluierungsforschung einen begründeten Stellwert. Dieser manifestiert sich vor allem in der theoretischen Auseinandersetzung mit dem Forschungsfeld Mitmachausstellung sowie in der quantitativen Untersuchungsplanung und im methodischen Vorgehen. Über die Rückmeldefunktion der erhobenen Daten für das Museum hinaus, gilt der Fokus der Arbeit jedoch ebenso der pädagogischen Relevanz der Ergebnisse. Museen sind als außerschulische Lernorte zu verstehen, die dem Zweck der Bildung dienen. Dementsprechend ist es von pädagogischem Interesse, sich dem Lernen im Museum aus bildungswissenschaftlicher Perspektive zu nähern. Bisherige Zugänge zur Untersuchung des BesucherInnenverhaltens in Museen entstammen in den meisten Fällen der Psychologie, sodass eine Vielzahl an empirischen Untersuchungen das Lernen im Museum aus einer psychologischen Perspektive beforschen und interpretieren (vgl. dazu Noschka-Roos/Lewalter 2013). Das Anliegen der vorliegenden Arbeit ist es jedoch, sich dem Lernen aus der Sicht der Pädagogik – in Anlehnung an die Lerntheorie Klaus Pranges – zu nähern. Diese beiden Zugänge – einerseits das evaluative Forschungssetting, andererseits der theoretische Bezug zum Lernen – werden in der vorliegenden Forschungsarbeit aufeinander bezogen. Um beiden Zugängen gerecht zu werden, werden zwei zentrale Forschungsfragen formuliert:


2.9 „Hands-On – Minds-On!“

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•  Wie bewegen sich BesucherInnen durch die Mitmachausstellung In Bewegung des Technischen Museums Wien und wie verhalten sie sich in Bezug auf die musealen Objekte? •  Welche Aspekte des beobachteten Verhaltens geben Hinweise darauf, dass die BesucherInnen während des Ausstellungsaufenthaltes lernen? Damit liegt die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit einerseits darin zu untersuchen, wie sich BesucherInnen im Format Mitmachausstellung im Umgang mit Hands-On-Objekten verhalten bzw. wie bestimmte Objekteigenschaften auf das BesucherInnenverhalten Einfluss nehmen. Dazu werden im Vorfeld Hypothesen in Bezug auf das Verhalten formuliert, die die Auswertung der gewonnen Daten leiten werden. Die Ergebnisse aus dem quantitativen Teil der Erhebung können sich im Sinne der Evaluation als relevant für das Technische Museum erweisen. Darüber hinaus ist die zweite Forschungsfrage von der pädagogischen Frage geleitet, ob bestimmte Verhaltensweisen im Umgang mit den Objekten zu beobachten sind, die Lernprozesse ermöglichen. Um diese Frage zu beantworten, werden die Ergebnisse aus der quantitativen Untersuchung gemeinsam mit der Gesamtsituation in der Ausstellung aus der theoretischen Perspektive der Operativen Pädagogik nach Klaus Prange interpretiert. Ziel dieser Interpretation ist es keineswegs, Ursache-Wirkungs-Annahmen in Bezug auf das Lernen zu untersuchen, sondern die konkreten Beobachtungen in der Ausstellungssituation mit der Erziehungstheorie nach Prange zu interpretieren.

2.9.2 Hands-On – Minds-On. Bitte be-greifen! Kindermuseen, Mitmachausstellungen oder ähnliche Museumsformate stellen die Kinder selbst ins Zentrum aller Bemühungen, sodass Ausstellungen entsprechend der Bedürfnisse, der Interessen sowie des Entwicklungsstandes der BesucherInnen konzipiert und realisiert werden (vgl. Kolb 1983: 19). Zum einen wird versucht, die BesucherInnen durch aktive Teilhabe auf emotionaler Ebene anzusprechen, nicht nur intellektuell. Zum anderen liegt die Intention dahinter, dass die Kinder aus dem Museumsbesuch sowohl für das Hier und Jetzt, als auch für das zukünftige Leben etwas lernen können (vgl. König 2002: 60). Um diesem Anspruch Genüge zu leisten, ist der Begriff Hands-On aus einer zeitgemäßen, musealen Praxis nicht mehr wegzudenken. Was jedoch hinter diesem Aufruf zum Berühren steckt, muss im Bereich der professionellen Museumsarbeit aus zwei Perspektiven verstanden werden. Einerseits handelt es sich dabei um eine museumspädagogische Art der Vermittlung, also um eine Methode, andererseits wird mit Hands-On eine bestimmte Art musealer Objekte bezeichnet.

2.9.3 Der Hands-On-Ansatz als Vermittlungsmethode Der durch Michael Spock, dem langjährigen Leiter des Bostoner Children’s Museum, initiierte konzeptionelle und methodische Ansatz Hands-On wirkte sich fundamental auf die Entwicklung der gesamten Museumsbewegung aus und ist aus heutiger Sicht aktueller denn je (König 2002: 60). Caulton (2006: 1) begründet dies in seiner Publikation über Hands-On-Ausstellungen damit, dass sich MuseumsbesucherInnen von heute nicht mehr ausschließlich damit zufrieden geben, Exponate in Glasvitrinen zu betrachten. Sie wollen mit dem Ausstellungsstück aktiv in


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Beziehung treten, um etwas Neues zu lernen, aber gleichzeitig auch um unterhalten zu werden. In einer sehr allgemeinen Form lässt sich der Hands-On-Ansatz definieren als „eine aktive Auseinandersetzung der BesucherInnen mit einem Museumsobjekt bzw. der Thematik einer Ausstellung.“ (Ihrenberger 2011: 49) Anders ausgedrückt ergänzt der Hands-On-Ansatz „die traditionellen, intellektualisierten Formen der Vermittlung […] mit jenem basalen sensomotorischen Anteil, der uns ein Leben lang an unsere Kindheit bindet“ (Frank 1994: 57), indem kognitive Abläufe des Verstehens wieder rückgebunden werden an das körperliche Tun (vgl. ebd.). Partizipation und Interaktion stellen dabei zwei wesentliche Prinzipien dar, die diesen Ansatz von seinen Grundsätzen her charakterisieren (vgl. König 2002: 98). Mit dem Hands-On-Ansatz wird versucht, möglichst viele Sinne anzusprechen. Über das bloße Sehen und Hören hinaus verfolgt diese Methode das Ziel, Ausstellungsobjekte über den Einsatz des gesamten Körpers zu erleben, damit zu experimentieren und darüber nachzudenken. Dies geschieht nicht nur über das einfache Drücken von Knöpfen. Unter Einbindung spielerischer Aneignungs- und Lernformen, die sich in erster Linie an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen orientieren, erhalten die BesucherInnen selbst autonome Entscheidungskompetenz und können gleichzeitig beobachten, was als Folge ihres individuellen Umgangs mit dem Objekt passiert (vgl. Donecker 2007: 26f; Moussouri 1997: 39). Dadurch sollen die Kinder nicht nur dazu ermutig werden, die Objekte anzufassen, sondern gleichzeitig aufgefordert werden, ihre Umwelt ein Stück weit mehr zu verstehen. In diesem Sinne stellt der Aufruf: „Minds-On!“ eine qualitative Erweiterung des Hands-On-Ansatzes dar (vgl. König 2002: 98f ). Um diesen methodischen Ansprüchen Genüge zu leisten, müssen Hands-On-Objekte bestimmten Prinzipien bzw. Kriterien entsprechen.

2.9.4 Hands-On-Objekte Traditionelle Formen der Präsentation musealer Objekte, die sich entweder statisch in Glasvitrinen befinden oder bei denen Handlungsabläufe aus bestimmter Distanz beobachtet werden können, laden die BesucherInnen vorrangig zum Sehen und zum Denken ein, erlauben aber in den meisten Fällen keine Berührung und lassen sich daher im Rahmen des vorliegenden Diskurses als sogenannte Hands-Off-Objekte bezeichnen. Im Gegensatz dazu ermutigen interaktive Hands-On-Objekte das Publikum, die Ausstellungsgegenstände aus nächster Nähe – auf direkte Art und Weise – zu erkunden (vgl. Caulton 2006: 2). Hands-On-Objekte entstehen nicht im Alleingang, sondern stellen das Ergebnis der Arbeit eines ganzen Teams von Mitgliedern unterschiedlichster Disziplinen dar. Zudem steckt in der Phase der Planung bis hin zur Realisierung der Objekte sehr viel Zeit, da in den seltensten Fällen bereits die ersten Prototypen in die Ausstellung integriert werden können. Daher ist es notwendig parallel zum Objekt-Design bereits Evaluierungen durchzuführen, die den Design-Prozess positiv voranbringen können. Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Hands-On unterscheiden: solche, die kein definitives Ende vorgeben und somit als open-ended bezeichnet werden können, und jene, die ein bestimmtes Phänomen darstellen mit dem Ziel, bei den BesucherInnen am Ende einen Aha-Effekt auszulösen. Darüber hinaus gibt es Hands-On, die ihren Fokus auf die Vermittlung eines wissenschaftlichen Inhalts legen, andere wiederum erwecken den Eindruck als stünden Unterhaltung und Spiel im Vordergrund. Hands-On-Objekte bieten durch ihren Variationsreichtum die Möglichkeit, ein sehr heterogenes Publikum anzusprechen und können durch ihr buntes Spektrum alle Sinne der BesucherInnen animieren, was


2.9 „Hands-On – Minds-On!“

127

vor allem für Kinder, aber auch für Menschen mit diversen Beeinträchtigungen einen großen Erfahrungswert bedeutet. Da das Hauptaugenmerk in Hands-On-Museen und Mitmachausstellungen auf einem selbsttätigen Umgang mit den Objekten liegt, ist es erforderlich, dass das Hands-On den/die BenützerIn in erster Linie nonverbal leitet. Dem Publikum muss grundsätzlich klar sein, was am Objekt passiert und welche Handlungen daher gesetzt werden müssen. Darüber hinaus sollte der/die BenutzerIn ein Feedback für sein/ihr Verhalten bekommen. Dass die einzelnen Objekte selbsterklärend zu betätigen und zu verstehen sein müssen, ergibt sich darüber hinaus aus der Tatsache, dass die BesucherInnen selbstbestimmt ihren Weg durch die Ausstellung suchen und keiner linearen – im Vorhinein plan- bzw. konzipierbaren – Route folgen (vgl. Kennedy 1994: 3).

2.9.5 Die Methode Um das Verhalten der BesucherInnen in der Mitmachausstellung „In Bewegung” zu untersuchen, wird eine spezielle Form der strukturierten Beobachtung durchgeführt: das Tracking. Im Allgemeinen geben Beobachtungen dieser Art im Kontext Museumsevaluation Aufschluss darüber, was die BesucherInnen bei ihrem Aufenthalt in der Ausstellung tun. Neben dem Weg, den die BesucherInnen wählen, kann vor allem auch die Nutzung bzw. der Umgang mit den Objekten genauer erforscht werden (vgl. Munro/Siekierski/Weyer 2009: 45). Innerhalb der vorliegenden empirischen Arbeit wird das Tracking elektronisch gestützt. Das bedeutet, dass die Datenerhebung nicht händisch – mittels Plan und Stoppuhr – durchgeführt wird, sondern über ein eigens, im Verlauf der Untersuchung entwickeltes Computerprogramm (Tracking-App), welches über einen Tablet-PC zu bedienen ist. Darüber hinaus werden zu Beginn der Erhebung neben der Erfassung von Zeit- und demographischen Daten (Alter, Geschlecht, Gruppenzusammensetzung) bestimmte objekt- sowie verhaltensbezogene Kriterien festgelegt, um möglichst exakte Ergebnisse über das BesucherInnenverhalten zu generieren. Folgende Verhaltensmöglichkeiten wurden als Beobachtungsvariablen in die Tracking-App implementiert: Stopp, Interagieren, Lesen, bekommt vorgelesen, Sprechen, Sitzen. Die Stichprobe für die Untersuchung wurde entsprechend der in der Ausstellung angesprochenen Zielgruppe definiert, also Kinder und Jugendliche im Alter zwischen acht und 14 Jahren, die in ihrer Freizeit in die Ausstellung kommen. Die Haupterhebung wurde im Juli und August 2015 von zwei Studierenden, Elisabeth Pusch und Katrin Mad, durchgeführt, um trotz des hohen Zeitaufwandes des Trackings dennoch eine fundierte Basis für eine statistisch relevante Stichprobe zu erhalten. Aufgrund der räumlichen Situation in der Mitmachausstellung sowie in Absprache mit den Verantwortlichen des Museums handelt es sich bei der vorliegenden Untersuchung um ein offenes Tracking. Die BesucherInnen werden vor Betreten des Ausstellungsraumes um ihre Erlaubnis gebeten. Während des Trackings nehmen die Forscherinnen eine passive Rolle ein und wahren größtmögliche Distanz zu den beobachteten Personen, um ein annähernd natürliches Verhalten aufzeichnen zu können. Die tatsächliche Anzahl der beobachteten BesucherInnen beläuft sich am Ende der Datenerhebung auf 44 Personen, davon 31 Kinder (11 Mädchen/20 Buben) und 13 Erwachsene.


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2.9.6 Datenanalyse und Ergebnisse Die Auswertung der Daten zum Zweck der Überprüfung der im Vorfeld definierten Hypothesen erfolgt mittels des Statistikprogrammes SPSS (Version: IBM SPSS Statistics 23/24) bzw. unter Zuhilfenahme des Tabellen-Kalkulationsprogrammes EXCEL (Microsoft Office Excel 2007). Die Ergebnisse der statistischen Auswertung des Trackings liefern ein sehr breites Bild darüber, wie sich die BesucherInnen in der Mitmachausstellung In Bewegung des Technischen Museums Wien bewegen. Die durchschnittliche Gesamtverweildauer in der Ausstellung beträgt 29 Minuten (Median: 29 min, Standardabweichung: 14 min, Min. 2.8 min, Max. 71.9 min). Die durchschnittliche Häufigkeit der Stopps beträgt 29 (Median: 29, Standardabweichung: 11.5, Min. 5, Max. 50). Die durchschnittliche Verweildauer pro Objekt beträgt 50 Sekunden (Median: 29s, Standardabweichung 61s, Min. 1s, Max. 9.05min). Die folgenden Abbildungen (1–3) veranschaulichen die Gesamtverteilung (Verweildauer/ Stoppanzahl) sowie die Häufigkeit der Stopps und die Verweildauer bei den einzelnen Objektarten. Dass Hands-On-Objekte im Fokus der BesucherInnen stehen, geht aus diesen Ergebnissen (Abb. 2 und 3) eindeutig hervor. 60 50

Häufigkeit der Stopps

40 30 20 10 0

0

10

20

30

40

50

60

Gesamtverweildauer in Minuten

70

80

r=0,684

[Abb 1: Streudiagramm – Gesamtverweildauer in min / Häufigkeit der Stopps (eigene Darstellung)] Häufigkeit der Stopps in Relation zur Anzahl der Objekte – in %

70%

65%

60% 50% 40% 28%

30% 20%

7%

10% 0%

Hands-On

Statische Objekte

Kapiteltexte

[Abb 2: Häufigkeit der Stopps in Relation zur Anzahl der Objekte – in % (eigene Darstellung)] Durchschnittliche Verweildauer

70 60 50 40

58s


20% 7%

10% 0%

Hands-On

Statische Objekte

2.9 „Hands-On – Minds-On!“

Kapiteltexte

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Durchschnittliche Verweildauer 70 58s

60 50 40 30

25s 20s

20 10 0

Hands-On

Statische Objekte

Kapiteltexte

[Abb 3: Durchschnittliche Verweildauer am Objekt (eigene Darstellung)]

Die Ergebnisse zeigen, dass mehr als die Hälfte der BesucherInnen keine Sättigungserscheinungen bzw. Ermüdung im Verlauf des Ausstellungsbesuches aufweisen. Im Gegenteil, unabhängig davon, welchen Weg die BesucherInnen durch die Ausstellung nehmen, bleibt die Verweildauer bei den einzelnen Objekten bei mehr als der Hälfte der BesucherInnen bis zum Ende gleich hoch oder steigt sogar leicht an. 03:50

03:50

03:21

03:21

02:52

02:52

02:24

02:24

01:55

01:55

01:26

01:26

00:57

00:57

00:28 00:00

00:28

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39

03:50

00:00

1

2

3

4

5

6

7

8

9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33

03:21

03:21

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02:52

02:24

02:24 01:55 01:55 01:26

01:26

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00:28 00:00

1

2

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4

5

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9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33

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1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38

02:52

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02:52 01:55

02:24 01:55

01:26

01:26

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00:28 00:00

1

2

3

4

5

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00:00

1

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17

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20

21

22

23

[Abb 4: Exemplarische Darstellung der Besuchsverläufe in Bezug auf die Verweildauer bei den einzelnen Objekten (eigene Darstellung)]

Ebenso zeigen sich keine signifikanten Auswirkungen auf die Gesamtaufenthaltsdauer der BesucherInnen in der Ausstellung, wenn sich viele Menschen gleichzeitig im Museum befinden. Die Beschäftigung mit den Objekten weist bei der Zielgruppe ähnlich lange Zeiten auf wie


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130

bei der Vergleichsgruppe der Erwachsenen (Abb. 5). Die Rangordnung der Objekte untereinander (Hands-On, statische Objekte, Kapiteltexte) ist bei Kindern und Erwachsenen sowohl in Bezug auf die Häufigkeit der Stopps als auch die Verweildauer betreffend gleich (Abb 6 und 7). 70 62s

70 70 60

57s

60 60

57s 57s

62s 62s

50 50 50 40 Kinder

40 40 30

26s

30 30

26s 26s

20

Kinder Erwachsene Kinder 23s 19s

23s 23s

19s 19s

20 20

Erwachsene Erwachsene

21s 21s 21s

10 10 10 0 0 0

Hands-On

Statische Objekte

Kapiteltexte

Hands-On Hands-On

Statische Objekte Objekte Statische

Kapiteltexte Kapiteltexte

[Abb 5: Vergleich der Häufigkeit durchschnittlichen und Erwachsenen der Stopps in Verweildauer Relation zur Anzahlzwischen der ObjekteKindern – in % (Kinder) Häufigkeit der Stopps in Relation zur Anzahl Anzahl der der Objekte Objekte – – in in % % Häufigkeit Relation zur in Bezug aufder dieStopps drei in Objektarten (eigene Darstellung)] (Kinder) (Kinder)

80%

80% 80% 70% 70% 70% 60%

68% 68% 68%

60% 60% 50% 50% 50% 40% 40% 40% 30%

27% 27% 27%

30% 30% 20% 20% 20% 10% 10% 10% 0% 0% 0%

5% 5% 5% Hands-On

Statische Objekte

Kapiteltexte

Hands-On Hands-On

Statische Objekte Objekte Statische

Kapiteltexte Kapiteltexte

Häufigkeit der der Stopps in Relation zur Anzahl (eigene der Objekte – in % [Abb 6: Häufigkeit Stopps bei Kindern Darstellung)] 60% 60% 60%

(Erwachsene) Häufigkeit der der Stopps Stopps in in Relation Relation zur Anzahl Anzahl der der Objekte Objekte – – in in % % Häufigkeit zur (Erwachsene) (Erwachsene) 56% 56% 56%

50% 50% 50% 40% 40% 40%

31%

30%

31% 31%

30% 30% 20%

13%

20% 20%

13% 13%

10% 10% 10% 0% 0% 0%

Hands-On

Statische Objekte

Kapiteltexte

Hands-On Hands-On

Statische Objekte Objekte Statische

Kapiteltexte Kapiteltexte

[Abb 7: Häufigkeit der Stopps bei Erwachsenen (eigene Darstellung)]

Auf welche Art und Weise die Hands-On genützt werden können, manifestiert sich ebenso im BesucherInnenverhalten. So wirken sich sowohl der Betätigungsradius als auch die Gruppentauglichkeit positiv auf die Verweildauer am Objekt aus. Gruppentaugliche Hands-On ziehen zudem mehr Aufmerksamkeit auf sich als nicht-gruppentaugliche Hands-On, was die Stoppanzahl bestätigt. Der Betätigungsradius allein kann bezogen auf die beobachtete Gruppe jedoch nicht als Garant für häufige Stopps gesehen werden.


131

2.9 „Hands-On – Minds-On!“

Eindeutige Ergebnisse lassen sich auch dahingehend ableiten, dass es während der Interaktion mit Hands-On häufiger zu Kommunikation zwischen BesucherInnen kommt, als im Vergleich mit den beiden anderen Objektarten. Sowohl statische Objekte als auch Kapiteltexte veranlassen die BesucherInnen im Vergleich zu Hands-On selten dazu, sich über den Inhalt des Gesehenen oder Gelesen zu unterhalten. Aus der Untersuchung geht hervor, dass in der Ausstellung gelesen wird, im Vergleich zur Interaktion mit Hands-On bzw. zur Besichtigung von Sammlungsobjekten in Vitrinen jedoch erheblich weniger. Erwachsene bleiben im Vergleich zur Zielgruppe häufiger bei Kapiteltexten stehen und verweilen dort auch länger als Kinder und Jugendliche. Die Rankings zur Häufigkeit der Stopps bzw. zur Verweildauer zeigen eine klare Positionierung der beobachteten Personen hinsichtlich bestimmter Objekte. Der Vergleich zwischen Kindern und Erwachsenen in Bezug auf das attraktivste Objekt zeigt kaum Unterschiede (Abb. 8). Die Hands-On sprechen also über die Zielgruppe hinaus die BesucherInnen der beobachteten Stichprobe in ähnlicher Weise an. Die 5 attraktivsten Hands-On – Vergleich Kinder/Erwachsene

Kinder 1. 2. 3. 4. 5.

Beschl./abbremsen Speedbox Wege bauen Rollvergleich Wer ist wie schnell?

Erwachsene 1. 2. 3. 4. 5.

Speedbox Wege bauen Beschl./abbremsen Risikospiel Standortbestimmen

[Abb 8: Vergleich zwischen Kindern und Erwachsenen in Bezug auf das „attraktivste“ Objekt (eigene Darstellung)]

2.9.7 Interpretation der Ergebnisse aus der Perspektive der Operativen Pädagogik nach Klaus Prange Überträgt man Pranges Lerntheorie auf das Museum, so darf man davon ausgehen, dass BesucherInnen aufgrund ihrer angeborenen Lernfähigkeit im Museum grundsätzlich lernen, dass das, was gelernt wird, jedoch nur sehr schwer zu kontrollieren ist und der Lernprozess selbst für den/die BeobachterIn verborgen bleibt (vgl. Prange 2012: 82). Im pädagogischen Kontext stehen das Lernen und das Zeigen in einem besonderen Verhältnis zueinander. Das Zeigen, welches Prange als „Grundoperation des Erziehens“ (ebd. 1995: 151) bestimmt, passiert in der Mitmachausstellung über die Ausstellungsobjekte, die derartig konzipiert sind, dass sie von einem bestimmten Wissen und Können der BesucherInnen ausgehen, um eine selbsttätige Auseinandersetzung mit den Hands-On-Objekten zu ermöglichen. Darüber hinaus verfolgen die Objekte eine intendierte Zielsetzung. Das an den Objekten Gezeigte orientiert sich an den BesucherInnen und muss verständlich und klar in Szene gesetzt werden, was nach Prange Zeigen im pädagogischen Sinne – im Hinblick auf das Lernen – ausmacht (vgl. ebd. 2013: 27). Bestimmte Sachverhalte werden in realer, direkter Art veranschaulicht, wie etwa die Ausstellungsstücke der Sammlung oder die tatsächliche Dimensionierung von LKW-Reifen oder Schienen beim Hands-On Rollvergleich. Andere Sachverhalte wiederum werden indirekt dargestellt, auch unter Zuhilfenahme multimedialer Objektgestaltung. Die Ausstellung verfolgt konkrete Ziele, um die BesucherInnen, so wie es Prange formu-


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liert, „vom Nicht-Wissen zum Wissen, Nicht-Können zum Können, Nicht-Wollen zum Wollen“ (ebd. 1995: 151) zu führen. Zudem wird, wie es das Inhaltskonzept sowie das Drehbuch der Ausstellung eindeutig belegen, eine bestimmte Auswahl an Themen getroffen, orientiert am Alter, am Interesse, an den Vorerfahrungen sowie am Rezeptionsverhalten der BesucherInnen. Darüber hinaus spielt der Appellcharakter der Ausstellungsobjekte im Format Mitmachausstellung eine übergeordnete Rolle. Das Objekt stellt einen bestimmten Inhalt dar, ostensiv oder repräsentativ. Dass die BesucherInnen tatsächlich aufmerksam gemacht werden und mit dem Objekt in ein Verhältnis treten, liegt unter anderem in der auffordernden Zeigeeigenschaft des Objekts selbst, was den direktiven Charakter des Zeigens in Bezug auf die Objekte verdeutlicht (vgl. ebd. 2013: 24). Alle drei Komponenten des Zeigens (vgl. ebd. 2012: 74) treten in Erscheinung: die thematische über den fachlichen Inhalt des Hands-On, die soziale, was sich besonders bei gruppentauglichen Objekten sowie über die beobachtete Kommunikation zwischen den BesucherInnen zeigt oder über die unterschiedlichen Interaktionsmöglichkeiten mit dem Objekt durch verschiedene Bedienelemente bzw. Betätigungsradien. Und schließlich spielt der zeitliche Aspekt im Format Mitmachausstellung eine entscheidende Rolle hinsichtlich des Zeigens und des Lernens. Dies bezieht sich sowohl auf ein Nacheinander in der Zeit, als auch in Bezug auf die Art und Weise, wie dem Neuen im Hinblick auf schon Bekanntes, Aktuelles oder Zukünftiges begegnet wird. Denn innerhalb der Mitmachausstellung werden – wie es Prange für das Zeigen als bedeutsam konstatiert – Menschen und Inhalte über einen bestimmten Zeitraum hinweg in ein Verhältnis gesetzt. Im Umgang mit den Objekten in der Ausstellung kann aufgrund der Konzeption der Mitmachausstellung sowie über die beobachteten Untersuchungsergebnisse auf die Stufenfolge des Lernens nach Prange verwiesen werden (vgl. ebd.: 98–101). In erster Linie müssen die Objekte derartig gestaltet sein, dass das Publikum sie überhaupt wahrnimmt, indem sie einen grundsätzlichen, zentrisch-leibbezogenen Anreiz bieten. Dies zeigt sich über die Häufigkeit der Stopps bei den einzelnen Objekten. Dass Hands-On-Objekte im Gegensatz zu statischen Objekten oder Kapiteltexten ein stärkeres Interesse bei den BesucherInnen hervorrufen, lässt wiederum Rückschlüsse auf deren Aufforderung zu einem direkten, leiblichen Umgang ziehen. Über das Zugreifen und Hantieren an den Objekten hinaus, können die BesucherInnen auf die nächste Ebene gelangen, indem sie neues Wissen erwerben, einerseits durch den tätigen Umgang, andererseits durch zusätzliche Erklärungen in schriftlicher Form an den Objekten. Und im dritten Schritt wird der/die BesucherIn „im Hin-Zu und Weg-Von beweglicher und wählerischer“ (ebd.: 101). Es kommt zu bewussten, subjektiven Entscheidungen für oder gegen ein Objekt, was darauf schließen lässt, dass der/die BesucherIn in Beziehung tritt zu den dargestellten Sachverhalten und durch seine Hin- bzw. Abwendung klar Stellung bezieht. Dies zeigt sich vor allem in den Untersuchungsergebnissen, die die einzelnen Rankings begründen. Letztendlich kann die Mitmachausstellung „In Bewegung” als ein bewusst gestaltetes, pädagogisches Arrangement bezeichnet werden, das sich dem/der BesucherIn darbietet. „Wer aus erzieherischen Gründen etwas arrangiert, […] gestaltet eine Situation zum Zwecke des Lernens und schafft die Bedingungen der Möglichkeit für eine Lerngelegenheit […].“ (Prange/Strobel-Eisele 2006: 107) Selbst wenn aus der Sicht der Museumskurator/innen oder sogar für die BesucherInnen selbst das Lernen während eines Museumsbesuches keinen vorrangigen Stellenwert einnimmt,


2.9 „Hands-On – Minds-On!“

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ist jene Voraussetzung für das Lernen geschaffen, die Prange als wesentlich erkennt, nämlich ein bewusstes Sehen, Hören oder Befassen mit einer Sache, angeregt durch ein räumlich-soziales Arrangement. Gerade in Bezug auf die Vorbereitung der Umgebung werden die erzieherischen Aspekte der Museumssituation deutlich. Es handelt sich bei der Mitmachausstellung um eine bewusst gestaltete Umgebung, die Lerngelegenheiten offerieren möchte. Dem/der BesucherIn obliegt selbst die Entscheidung, wohin er/sie die Aufmerksamkeit lenkt, ob er/sie sich auf einen Lernprozess einlassen möchte und wie sich dieser gestaltet. Das Lernen kann nicht bewusst gesteuert werden, sondern orientiert sich an unterschiedlichen Interessen in Verbindung mit besonderen Aufforderungsintentionen der Objekte. Dennoch ist das, was sich den BesucherInnen zeigt, nicht zufällig, sondern es wird eine konkrete Auswahl an Themen und Inhalten getroffen. Selbst oder gerade dann, wenn das Lernen unbemerkt passiert bzw. sich nicht in spezifischen Wirkungen messen lässt, kann die Museumssituation in der Mitmachausstellung „In Bewegung” nach Prange daher als „ausdrücklich ‚erzieherisch‘“ (Prange 2012: 132) bezeichnet werden, denn sie ermöglicht alles in allem bewusst herbeigeführte, gezeigte Erfahrungen, die unter anderen Umständen nicht gemacht würden.

2.9.8 Schlussbetrachtungen Die vorliegende Arbeit, die als Teil eines umfassenden Evaluationsprojektes in Kooperation zwischen dem Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien und dem Technischen Museum Wien entstanden ist, versuchte zwei wesentlichen Fragen auf den Grund zu gehen. Zum einen galt es – als Bestandteil einer qualitativ hochwertigen Museums- bzw. Ausstellungsevaluierung – sich ein Bild über das Verhalten der BesucherInnen in der Mitmachausstellung „In Bewegung” in Auseinandersetzung mit den musealen Objekten zu machen, was über die Methode des Trackings empirisch-quantitativ erschlossen wurde. Von bildungswissenschaftlichem Interesse lag der Fokus vorwiegend darauf, sich auf der Grundlage des beobachteten BesucherInnenverhaltens auf die Suche nach dem Lernen an diesem besonderen Ort Mitmachausstellung zu machen. Die Ergebnisse zeigen ein sehr facettenreiches Bild über das beobachtete Verhalten der BesucherInnen in Auseinandersetzung mit den Objekten. Über die Häufigkeit der Stopps und die Verweildauer bei den Objekten hinaus lassen sich anhand verschiedener Objektmerkmale wie Gruppentauglichkeit und Betätigungsmöglichkeit oder in Beobachtung der Kommunikation vielfältige Erkenntnisse gewinnen, die ebenso statistisch untermauert werden konnten. Die daraus resultierenden Aussagen geben im Sinne der Evaluierung eindeutige Rückmeldung über die Ausstellung. Der Versuch, aus dem beobachteten Verhalten Rückschlüsse auf das Lernen in der Mitmachausstellung „In Bewegung” zu ziehen, machte es unumgänglich, sich intensiv mit dem Lernen auseinander zu setzen – und zwar aus pädagogischer Perspektive über die Operativen Pädagogik nach Klaus Prange. Selbst wenn sich das Lernen an sich nach Prange nicht beobachten lässt (vgl. Prange 2012: 91), leitet er dieses in seinem Verhältnis zum Zeigen auf vielfältige Weise theoretisch her, was sich als höchst relevant für die Darstellung der gesamten Museumssituation erweist. Darauf aufbauend wurde der Versuch unternommen, die theoretischen Grundlegungen Pranges in den systematischen Beobachtungen zu verankern und eine Brücke zu schlagen zwischen den quantitativen Daten einerseits und der theoretisch begründeten, pädagogischen Bedeutung der Ergebnisse im Hinblick auf das Lernen im Museum andererseits.


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Ein zusammenfassender Blick zeigt, dass dieses beobachtbare Verhalten eindeutige Hinweise darauf liefert, dass die Mitmachausstellung In Bewegung ein Ort ist, der sich durch sein zielgerichtetes, adressatInnenorientiertes Arrangement als höchst erzieherisch auszeichnet und über das Zeigen anhand der speziellen Hands-On-Objekte jene Voraussetzungen schafft, sodass auf vielfältige Weise gelernt werden kann, was nicht ohne Folgen für die zukünftige Konzeptionierung und Planung solcher Ausstellungsformate sein sollte.

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2.10 Exkurs: Die Professionalisierung von Wissensvermittlerinnen – am Beispiel des Kindermuseums „Schloss Schönbrunn erleben“ Abstract (deutsch) Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Professionalisierung von Wissensvermittlerinnen im Kindermuseum „Schloss Schönbrunn erleben“ und setzt sich mit der Frage auseinander, inwiefern es möglich ist, sich „pädagogisch professionelles Handeln“ in Hinblick auf die Durchführung einer Kinderführung anzueignen. Für die Bearbeitung des Forschungsvorhabens wurden qualitative Methoden herangezogen. Die Erhebung des Datenmaterials erfolgte zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten. Zuerst wurden Leitfadeninterviews über Vorerfahrungen und Erwartungen mit den angehenden Wissensvermittlerinnen durchgeführt. Nach etwa drei Monaten fanden teilnehmende Beobachtungen sowie Expertinneninterviews statt. Die „Grounded Theory“ diente als Grundlage für die Analyse und Auswertung des erhobenen Datenmaterials. Abstract (englisch) This article deals with the professionalization of conveyors of knowledge in the Children’s Museum „Schloss Schönbrunn Experience“ and discusses the question to what extent it is possible to acquire ‘pedagogically professional practice’ when it comes to conducting a guided tour targeted at children. For this research project, qualitative methods were used and the elicitation of data has been carried out at two stages. First, guided interviews about previous experience and expectations with the conveyors of knowledge were conducted. Three months later, expert interviews and participatory observation took place. The basis for the analysis and the evaluation of the collected data was the ‘Grounded Theory’. Im folgenden Artikel handelt es sich um eine Kurzzusammenfassung meiner Masterarbeit „Museumspädagogik – Die Professionalisierung von Wissensvermittlerinnen im Kindermuseum“.

2.10.1 Hinführung zur Fragestellung Der Begriff „Museumspädagogik“ bezeichnet alle pädagogischen Maßnahmen, die in Verbindung mit Museen und Ausstellungen stehen. Zu diesen museumspädagogischen Aufgaben gehören vorwiegend didaktische Überlegungen, die für die Aufbereitung von Museumsmaterial zu beachten sind. Beispiele hierfür sind didaktische Anordnungen der Ausstellungsstücke, die Zusammenarbeit mit LehrerInnen, die Aufbereitung von Medien und das Konzipieren ei-


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ner Führung durch das Museum (Böhm 2005: 446). Nach der Pädagogin Thelma von Freymann soll durch didaktische und methodische Entscheidungen, die von den MuseumspädagogInnen getroffen werden, ein Zugang zu den Objekten im Museum für die BesucherInnen hergestellt werden (Freymann 1988: 14). Über eine konkrete Ausbildung im Bereich der Museumspädagogik hinsichtlich der Bezeichnung dieses Tätigkeitbereichs und einer inhaltlichen Abgrenzung zu anderen museumsbezogenen Wissenschaften wird seit den 1970er-Jahren diskutiert (Grünewald-Steiger 2012: 885). So wurde bei einer Fachtagung zum Bildungsauftrag von Museen im Rahmen des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft die Erkenntnis geäußert, dass für hauptberufliche MuseumspädagogInnen noch kein professionalisiertes Berufsbild existiert. Nach wie vor bestehen Unklarheiten in Bezug auf das Anforderungsprofil, Fortbildungsangebote und benötigte Qualifikationen (Noschka-Roos 1994: 26). Museumspädagogische Inhalte sind zwar in den Curricula museumsbezogener Ausbildungsgänge enthalten, jedoch gibt es keine eigenständige Ausbildung in Bezug auf die Museumspädagogik im Hochschulbereich in Deutschland, Österreich oder der Schweiz (Grünewald-Steiger 2012: 885). Es existieren zwar etliche spartenbezogene bzw. institutionsbezogene Fachstudiengänge im Bereich der Kulturwissenschaften, didaktische Elemente müssen sich jedoch erst im Rahmen von Weiterbildungen angeeignet werden. Die so genannten „nicht-professionellen“ WissensvermittlerInnen in der kulturellen Bildung, welche meist gemeinnützig bzw. ehrenamtlich ihre Tätigkeit ausführen, eignen sich nach Ermert (2012: 836) ihr Wissen und Können vor allem über Praxis, Selbststudium und Weiterbildungsmaßnahmen autodidaktisch an. In Hinblick auf das Aufgabengebiet und die Vermittlungstätigkeit von MuseumsmitarbeiterInnen gibt es vor allem Empfehlungen und Vorgaben für die museumspädagogische Praxis, jedoch keine wissenschaftlich fundierten Theorien. Auch im Kindermuseum „Schloss Schönbrunn erleben“ herrscht kein klares Berufsbild vor. Dies könnte unter anderem daraus resultieren, dass offenbar keine pädagogische Ausbildung vorausgesetzt wird, um museumspädagogische Tätigkeiten im Kindermuseum auszuüben. Die Interviewpartnerinnen werden somit als Nicht-Professionelle, also als Laien angesehen. Infolgedessen wird in diesem Kontext nicht von Museumspädagoginnen, sondern von Wissensvermittlerinnen gesprochen. Nachdem eine Hauptaufgabe der Wissensvermittlerinnen im Kindermuseum, welches nach einem Hands-On Prinzip konzipiert ist, in der Gestaltung von Kinderführungen liegt, richtete sich das Forschungsinteresse vor allem auf die personale Vermittlung. Neben der Voraussetzung fachlicher Fertigkeiten lag die Vermutung nahe, dass methodische sowie pädagogische Kompetenzen in der Vermittlungstätigkeit von Relevanz sind. Vor diesem Hintergrund ergab sich die Frage, inwiefern sich die Wissensvermittlerinnen in Hinblick auf die Durchführung von Kinderführungen „pädagogisch professionelles Handeln“ aneignen können. Diesbezüglich sollte erforscht werden, inwiefern sich die Vermittlerinnen pädagogische Handlungsstrategien erarbeiten können und welche Bedeutung diese für den Professionalisierungsprozess haben. Zudem wurden für die Vermittlungstätigkeit relevante Kompetenzen herausgearbeitet.

2.10.2 Untersuchungsgruppe und methodisches Vorgehen Es wurde eine qualitativ-empirische Studie durchgeführt, bei der drei Wissensvermittlerinnen aus dem Kindermuseum „Schloss Schönbrunn erleben“, die nach keinen bestimmten Kriterien ausgewählt wurden, an einer mehrteiligen Forschung teilnahmen. Dabei handelte es sich


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zufällig um weibliche Mitarbeiterinnen unter Dreißig, die einen akademischen Abschluss anstrebten bzw. bereits absolviert hatten. Das Ziel war jedoch keine Darstellung von Einzelfallanalysen, sondern allgemeingültige Aussagen über den Tätigkeitsbereich von WissensvermittlerInnen im Kindermuseum zu generieren. Die Hauptaufgaben der VermittlerInnen bestehen aus der Aufsicht im Museum (u.a. das Aufräumen der interaktiven Stationen) und der Durchführung von Kinderführungen (Kindergarten-, Schulklassen-, Geburtstags- oder Individualführungen) sowie der Leitung von Bastelworkshops oder der Mitwirkung bei Sonderveranstaltungen. Überdies werden auch Tätigkeiten im Hintergrund, wie Vorbereitungsarbeiten für diverse Veranstaltungen oder neu konzipierte Führungen, Zuschneiden von Bastelmaterialien sowie Betreuungstätigkeiten in den Jausenräumen, in denen sich die Kinder im Rahmen der Geburtstagsfeiern aufhalten, verlangt. Der Fokus dieser Studie lag auf der Vermittlungstätigkeit in Bezug auf die Vorbereitung und Durchführung von Kinderführungen. Zu Beginn der Untersuchung wurde mit den drei Interviewpartnerinnen, die bereits die theoretische sowie praktische Einschulung absolviert, aber noch keine eigenen Kinderführungen durchgeführt haben, jeweils ein Leitfadeninterview mit narrativen Elementen durchgeführt. Hier standen die bereits gesammelten Vorerfahrungen der neuen Mitarbeiterinnen im pädagogischen Bereich, ihre Bewerbungsmotive, die Erwartungen an das Durchführen von Kinderführungen und die Einschulung im Mittelpunkt. In einem Abstand von drei Monaten wurden erneut Forschungen mit denselben Personen durchgeführt. Diese bestanden jeweils aus einer teilnehmenden Beobachtung durch die Forscherin während der Gestaltung einer Kinderführung der Wissensvermittlerinnen. Anschließend fand ein Expertinneninterview, welches wiederum von narrativen Fragestellungen geleitet wurde, statt. Das gewonnene Material der teilnehmenden Beobachtungen diente in erster Linie dazu, Anknüpfungspunkte für die Expertinneninterviews zur Verfügung zu haben. In einem weiteren Schritt wurden die Interviews transkribiert und die Beobachtungen protokolliert. Die Auswertung und Analyse erfolgte nach den Grundsätzen der „Grounded Theory“ nach Strauss und Corbin (1996).

2.10.3 Darstellung der empirischen Ergebnisse Im Zuge der Studie wurden Kompetenzen herausgearbeitet, die für die Durchführung einer Kinderführung benötigt werden bzw. die sich die Wissensvermittlerinnen während ihrer Tätigkeit im Museum aneignen konnten. Im Rahmen der Einschulung, die aus einem theoretischen sowie praktischen Teil besteht, standen vor allem die Aneignung fachlicher und methodischer Fertigkeiten im Mittelpunkt. Diese werden für das Ausüben der Vermittlungstätigkeit aufseiten der Institution als Voraussetzung angesehen. Den angehenden Wissensvermittlerinnen wurden im theoretischen Teil der Einschulung Kenntnisse über die Museumsräume sowie Hintergrundwissen über die ausgestellten Objekte und ihre Funktion näher gebracht. Dennoch wird in Bezug auf die Aneignung fachlicher Inhalte vor allem auf die Eigeninitiative der Wissensvermittlerinnen gebaut. Denn die von der Institution zur Verfügung gestellten Musterführungen bzw. Lernunterlagen müssen in erster Linie eigenständig gelernt werden. Zudem liegt auch die Auswahl und Aufbereitung der Führungsinhalte sowie die Strukturierung der Führungsabläufe – unter Einbezug der vorgegebenen Musterführungen und Führungsrouten – im Ermessen der Wissensvermittlerinnen. Der praktische Teil der Einschulung sah vor, durch das Mitgehen bei KollegInnen Vermittlungs- und Präsentationsmethoden im Rahmen einer Kinderführung kennen zu lernen. Da-


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durch erlangten die neuen Mitarbeiterinnen einen Einblick in ihr zukünftiges Tätigkeitsfeld. Zudem wurde ersichtlich, dass die methodischen sowie pädagogischen Handlungsstrategien der KollegInnen von den angehenden Wissensvermittlerinnen reflektiert und in die Gestaltung der eigenen Führung miteinbezogen wurden. Obwohl sich die Vermittlerinnen eine ausführlichere und strukturiertere Einschulung gewünscht hätten, fühlten sie sich hinsichtlich ihrer ersten Kinderführung gut vorbereitet. Dies lag einerseits an den gesammelten Erfahrungen, die durch das Mitgehen bei den KollegInnen erworben werden konnten. Andererseits war es den Vermittlerinnen durch ein hohes Maß an Selbstständigkeit und Eigeninitiative möglich, offene Fragen aufgrund der Hilfsbereitschaft der KollegInnen zu klären. Eine wesentliche Frage, die sich in Bezug auf die Gestaltung von Kinderführungen ergibt, ist, durch welche Vermittlungsmethoden die Führungsinhalte an die Kinder weitergegeben werden sollen. Eine Voraussetzung, um eine Auswahl an Präsentationsmethoden für die Führung festlegen zu können, stellen fachliche Kompetenzen dar. Denn erst nachdem festgelegt wurde, „was“ vermittelt werden soll, können Überlegungen nach dem „wie“ angestellt werden. Die Wissensvermittlerinnen konnten sich bereits in den ersten drei Monaten ihrer Tätigkeit ein angemessenes Repertoire an Vermittlungsmethoden aneignen. Dabei wurden vor allem Techniken eingesetzt, die sie sich im Rahmen der Einschulung von den KollegInnen abschauen konnten und übernommen haben. Durch eigene positive Erfahrungen wurden sie bestärkt, bestimmte Methoden in ihr Handlungsrepertoire aufzunehmen. Das gezielte Einbauen bestimmter Vermittlungsmethoden dient einerseits dazu, die Führung interessant und abwechslungsreich zu gestalten. Andererseits soll das Interesse der Kinder geweckt und deren Aufmerksamkeit erlangt bzw. gehalten werden. Die Auswahl der Führungsinhalte und der Vermittlungsmethoden muss individuell an das Alter der Kinder und den Themenschwerpunkt der Führung angepasst werden. Die Vermittlerinnen können aus einem Repertoire an Bildern auswählen, die während der Führung als Anschauungsmaterial für bestimmte Themengebiete eingesetzt werden können. Zudem ist es möglich bestimmte interaktive Ausstellungsgegenstände, die sich im Museum befinden, in die Führung miteinzubeziehen. Eine Methode, die am häufigsten von den Wissensvermittlerinnen verwendet wird, ist die Frage-Antwort-Methode, welche beabsichtigt, die Führungsinhalte in Form eines Dialogs mit den Kindern gemeinsam zu erarbeiten. Eine weiterer Aspekt der Untersuchung bestand darin, dass im Rahmen des zweiten Interviews vor allem Unsicherheiten und Herausforderungen im pädagogischen Umgang mit Kindern thematisiert wurden. Dies kann im Zusammenhang mit der Schwerpunktlegung der Einschulung auf fachliche und methodische Fertigkeiten gesehen werden, welche zur Folge hat, dass die Wissensvermittlerinnen erst im Laufe der praktischen Führungstätigkeit direkt mit pädagogischen Herausforderungen konfrontiert werden. Die Relevanz pädagogischer Kompetenzen für die Vermittlungstätigkeit lässt sich in der Häufigkeit der diesbezüglich geschilderten Herausforderungen in der Praxis der Wissensvermittlerinnen begründen. Die Aneignung pädagogischer Handlungsstrategien und Lösungsansätze erfolgte in erster Linie auf informeller Ebene. Die Vermittlerinnen konnten – auch hinsichtlich der Vermittlungsmethoden – viele Strategien von den KollegInnen übernehmen und routinisierte Handlungsabläufe entwickeln. An dieser Stelle wurde konkret begründet und reflektiert, welche Methoden und Strategien sie in den eigenen Führungen anwenden wollen. Die Anwesenheit von LehrerInnen sowie teilweise auch von Eltern während der Führungen beeinflusst die Wissensvermittlerinnen sehr stark in ihren Handlungen. Die Vermittlerinnen


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fühlen sich in Gegenwart der LehrerInnen bzw. Eltern oft unsicher darüber, wer für Disziplinierungsmaßnahmen in Bezug auf „störende Kinder“ verantwortlich ist. Der Kompetenzbereich zwischen den Vermittlerinnen und den LehrerInnen ist nicht immer klar abgesteckt, wodurch eine „pädagogische Lücke“ entstehen kann. Die Wissensvermittlerinnen erhoffen sich die Unterstützung der LehrerInnen und geben die Verantwortung für die Kinder oftmals an diese ab. Es wurde aus den Untersuchungen auch deutlich, dass sich die LehrerInnen in den meisten Fällen für ihre SchülerInnen verantwortlich fühlen und in schwierigen Situationen eingreifen. Zudem werden die LehrerInnen als Autoritätspersonen wahrgenommen, deren Erwartungen die Vermittlerinnen gerecht werden wollen. Hier wird jedoch von Erwartungen ausgegangen, die nicht überprüft werden können. Dabei handelt es sich um die Vorstellung, einerseits den LehrerInnen in fachlicher Hinsicht alle Fragen beantworten zu müssen und andererseits den Kindern so viel Wissen wie möglich zu vermitteln. Im Rahmen der Studie konnten pädagogische Konzepte herausgearbeitet werden, die implizit in den Handlungen der Wissensvermittlerinnen enthalten waren und in der Analyse sichtbar gemacht wurden. Die Vermittlerinnen konstruieren eigene Vorstellungen über „richtige und falsche Handlungen“ und versuchen diese in der Praxis umzusetzen. Einerseits werden disziplinierte und ruhige Kinder gewünscht, die während den Führungen still sind und zuhören. Andererseits wünschen sich die Vermittlerinnen aktive und aufgeweckte Kinder, um mit diesen in einen Dialog zu treten und die Inhalte gemeinsam zu erarbeiten. Überdies verfolgen die Vermittlerinnen ein Konzept der Altersdifferenz und haben bestimmte Vorstellungen darüber, welches Verhalten in welchem Alter angemessen ist. Der Aufbau der Führungen besteht aus einem Verhältnis zwischen Phasen der frontalen Vermittlung und Spielphasen, in denen sich die Kinder eigenständig mit den Ausstellungsobjekten beschäftigen können. Der direkten Vermittlung durch die Wissensvermittlerin wird dabei eine größere Bedeutung zugeschrieben als den Spielphasen. Diese Gewichtung kann plausibel darauf zurückgeführt werden, dass die Vermittlerinnen vor den LehrerInnen fachlich kompetent auftreten wollen. Den Vermittlerinnen ist jedoch offenbar nicht bewusst, dass sich Kinder auch durch Spielen Wissensbestände aneignen. Vor dem Hintergrund, dass die Führungen in einem Hands-On Museum stattfinden, dessen Konzept darin besteht, durch selbstständiges Ausprobieren und Mitmachen historische Fakten zu erschließen, ist diese Ansicht bemerkenswert. Die Wissensvermittlerinnen konnten sich im Laufe ihrer Tätigkeit neben Vermittlungsmethoden auch ein Repertoire an pädagogischen Handlungsstrategien aneignen. Dabei handelt es sich um Strategien, die sie teilweise von KollegInnen übernommen oder durch eigene Erfahrungen gelernt haben. In Hinblick darauf wurden vor allem Vorgehensweisen entwickelt, wie mit „störenden Kindern“ bzw. mit unruhigen Gruppen umzugehen sei. „Störende Kinder“ werden zum Beispiel durch Fragen in die Führung miteinbezogen, um die Aufmerksamkeit der Gruppe wieder auf die Führungsinhalte zu richten. Aber auch durch das „Hinsetzen lassen“ der Kinder vor den Ausstellunggegenständen wird erreicht, dass sich diese nicht durch die anderen Hands-On Objekte im Raum ablenken lassen und dadurch Unruhe entsteht. Als weitere Möglichkeit wurde die Anwendung klarer Anweisungen in Bezug auf den Führungsablauf genannt. Diese geben der Führung einen geordneten und strukturierten Charakter, durch den chaotische Abläufe vermieden werden. Neben den bereits thematisierten fachlichen, methodischen und sozialen bzw. pädagogischen Fertigkeiten wurden zudem personale Kompetenzen herausgearbeitet, die sich die Ver-


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mittlerinnen im Rahmen der Tätigkeit aneignen konnten und für die Vermittlungstätigkeit relevant sind. Die Vermittlerinnen lernten in den verschiedensten Situationen flexibel und routiniert zu handeln. Diese Fähigkeit wurde unter anderem entwickelt, da es aufgrund unterschiedlicher Interessen, Motivationen, Vorkenntnissen und Altersklassen notwendig ist, die Führungsinhalte, -methoden und -abläufe jeweils individuell auf die unterschiedlichen Kindergruppen abzustimmen. Überdies stellen gleichzeitig stattfindende Führungen eine Herausforderung dar und verlangen von den Vermittlerinnen die Fähigkeit, spontane Änderungen im Führungsverlauf vorzunehmen. Dazu werden einerseits fachliche Kompetenzen und andererseits Teamfähigkeit als Voraussetzung angesehen. Flexible Handlungen hinsichtlich des Zeitmanagements sind zudem notwendig, um die Phasen der verbalen Vermittlung und des Spielens so zu variieren, dass eine Einhaltung der zeitlichen Vorgaben gewährleistet wird. Es stellt sich heraus, dass die Vermittlerinnen durch das wiederholte und reflektierte Ausüben bestimmter Handlungsstrategien Routine und Flexibilität erlangen, welche wiederum zu einem sicheren Auftreten führen. Die Kompetenz, das angeeignete methodische und pädagogische Handlungsrepertoire angemessen einsetzen zu können, äußert sich in selbstsicheren und zügigen Handlungsweisen der Vermittlerinnen. Außerdem tragen positives Feedback von LehrerInnen, Eltern sowie KollegInnen zu einer Stärkung des Selbstbewusstseins in Bezug auf die Vermittlungstätigkeit bei. Trotz des kompetenten und selbstsicheren Auftretens verwiesen die Wissensvermittlerinnen häufig auf fehlende pädagogische Kenntnisse und äußerten den Wunsch nach Fortbildungen. Das daraus gewonnene Selbstbild der Vermittlerinnen, Laien in der Vermittlungstätigkeit zu sein, könnte ein Grund dafür sein, dass sich alle drei Interviewpersonen keine hauptberufliche Tätigkeit im Kindermuseum vorstellen können.

2.10.4 Verknüpfung der Ergebnisse mit professionalisierungstheoretischen Konzepten Dewe führt in seiner professionswissenschaftlichen Theorie aus, dass für ein „professionelles pädagogisches Handeln“ ein bestimmtes Verhältnis von Wissen und Können benötigt wird (Dewe et al. 1992: 80). Denn durch wissenschaftliche Kenntnisse erwerben PädagogInnen einen erweiterten Wissens- und Deutungshorizont, welcher eine distanzierte und sachliche Betrachtung des Problems ermöglicht und alternative Entscheidungsmöglichkeiten eröffnet. Die Wissenschaft soll PädagogInnen dadurch auf handlungspraktische Entscheidungen vorbereiten sowie zu einer nachträglichen Begründung beitragen (Olk/Otto 1989: 24). Die Aneignung des Könnens bzw. praktischer Fertigkeiten soll durch eine Teilnahme an professionalisierten Handlungspraxen erfolgen (ebd.: 27). Die Wissensvermittlerinnen im Kindermuseum verfügen jedoch weder über eine theoretisch-fundierte pädagogische Ausbildung noch werden in der Einschulung explizit pädagogische Grundgedanken und Handlungsstrategien thematisiert. Im Rahmen der Untersuchung konnte dennoch aufgezeigt werden, dass sich bei den Vermittlerinnen Merkmale „pädagogisch professioneller Handlungsweisen“ finden ließen. Durch die Erfahrungen in Bezug auf die verschiedenen Herausforderungen in der Praxis konnten sich die Wissensvermittlerinnen implizites Praxis- bzw. Handlungswissen aneignen, welches sie in neuen Situationen aktivieren können. Durch diesen Vorgang war es ihnen möglich, sich ein gewisses Repertoire an pädagogischen Handlungsstrategien und Vermittlungsmethoden anzueignen. Dewe spricht in diesem Zusammenhang von der Aneignung „impliziter


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Wissensbestände“, welche sich durch die praktische Ausübung pädagogischer Tätigkeiten vollzieht und zu einem späteren Zeitpunkt wieder abgerufen werden kann (Dewe/Radtke 1993: 155). Den Vermittlerinnen ist bewusst, dass im Laufe der pädagogischen Praxis immer wieder neue, unbekannte Situationen auftreten können und sich ihr Lernhorizont dadurch ständig erweitern wird. Zudem erhielten die Vermittlerinnen durch die Beobachtungen im Rahmen der Einschulung und den Austausch mit ihren KollegInnen hilfreiche Tipps und Hinweise in Bezug auf die Vermittlungstätigkeit. Dadurch konnten methodische sowie pädagogische Handlungsstrategien übernommen und in die eigenen Führungen eingebaut werden. Die Vermittlerinnen sammelten positive sowie negative Praxiserfahrungen, welche in Hinblick auf die weitere Führungstätigkeit reflektiert wurden. In diesem Zusammenhang wurden bewährte Methoden routinisiert sowie Lösungsansätze, selbstständig oder in Zusammenarbeit mit den KollegInnen, für negative Praxisbeispiele gesucht. Hier wird deutlich, dass durch das Ausüben pädagogischer Tätigkeiten in einem institutionellen Kontext häufig innerhalb der Institution Muster und Routinen weitergegeben werden, die von den PädagogInnen in eigene Handlungen miteinbezogen werden (Dewe/Radtke 1993: 154). Ein äußeres Merkmal einer Professionalisierung stellt die Entwicklung routinisierter, zügiger und flüssiger Handlungsabläufe dar (Bauer 1998: 345), welche auch bei den befragten Wissensvermittlerinnen beobachtet wurden. Überdies konnte ein „gewisses Gespür“ für die Abstimmung der Führungsinhalte und den Umgang mit den Kindern erlangt werden, welches mit Intuition in Verbindung gesetzt werden kann. Bauer beschreibt in diesem Zusammenhang, dass professionelles Handeln nicht nur von Qualifikationen abhängig ist, sondern sich vor allem durch die individuelle Umsetzung der PädagogInnen auszeichnet (ebd. 2000: 65). Der Erwerb von Flexibilität und Routine, welcher fachliche sowie methodische Kompetenzen voraussetzt, äußerte sich in selbstständig organisierten Führungsabläufen und einem selbstsicheren Auftreten der Vermittlerinnen. Dadurch können auch in einmaligen und komplexen Situationen flexible Handlungen gewährleistet werden.

2.10.5 Bedeutung der Ergebnisse für die pädagogische Praxis Obwohl aus der Beobachterperspektive Merkmale pädagogisch professionellen Handelns erkennbar wurden, konnten die Wissensvermittlerinnen kein professionalisiertes Selbstverständnis entwickeln. Ihnen ist in diesem Moment nicht bewusst, dass sie sich bereits ein großes methodisches sowie pädagogisches Handlungsrepertoire aneignen konnten, welches nach außen hin professionelle Züge aufweist. Unter Bezugnahme auf das Konzept des „professionellen Selbst“ nach Bauer erschließt sich der Kern des professionellen Handelns in erster Linie über das Bewusstsein der persönlichen Entwicklung bezüglich des beruflichen pädagogischen Tätigkeitsbereiches (Bauer 1998: 345). Um dieses Bewusstsein zum Vorschein zu bringen, fehlt es den Wissensvermittlerinnen jedoch an theoretisch reflektierten Betrachtungsweisen über die eigene Handlungspraxis. Durch die Interviews, die im Rahmen der Forschung durchgeführt wurden, konnten bewusste Reflexionsprozesse sowie Begründungsversuche über die eigenen pädagogischen Handlungsstrategien angeregt werden. Aufgrund dieser Befunde erscheinen pädagogische Fortbildungsmaßnahmen wie Supervisionen und Workshops sinnvoll, die etwa von der Institution angeboten werden könnten. Dadurch kann ein Rahmen geschaffen werden, in dem theoretisches Hintergrundwissen erwor-


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ben und praktische Erfahrungen reflektiert werden können. Durch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem bereits erworbenen Erfahrungs- bzw. Praxiswissen könnten die pädagogischen Handlungsstrategien nachträglich begründet sowie handlungspraktische Entscheidungen für zukünftige Situationen vorbereitet werden (Olk/Otto 1989: 24). Theoretisch-pädagogisches Hintergrundwissen würde zu der Entstehung von „stellvertretenden Deutungen“ führen, die eine distanzierte sowie sachliche Betrachtungsweise und eine Konstruktion alternativer Entscheidungsmöglichkeiten ermöglichen würde (ebd.: 26). Durch eine Verknüpfung des bereits angeeigneten Praxiswissens mit wissenschaftlich-pädagogischen Theorien könnten die Wissensvermittlerinnen ein „professionelles Selbst“ entwickeln. Die theoretisch fundierte Reflektion der eigenen Handlungsstrategien würde zu einem Bewusstsein des persönlichen Entwicklungsprozesses führen, welcher den Kern professionellen pädagogischen Handelns ausmacht. Durch weitere Praxiserfahrungen sowie einen stetigen Austausch mit KollegInnen wäre es möglich, das professionalisierte Selbstverständnis kontinuierlich weiterzuentwickeln (Bauer 2000: 64). Denn pädagogische Professionalität wird nicht als ein „statisches Endprodukt“ (Olk/Otto 1989: 26), sondern als ein Entwicklungsprozess angesehen (ebd.). Die vorliegende Studie stellt erste Versuche dar, Professionalisierungsprozesse aufseiten der Wissensvermittlerinnen im Kindermuseum aufzuzeigen und auf die Relevanz des pädagogischen Aspekts in der Vermittlungstätigkeit hinzuweisen.

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3. Abschließende Bemerkungen – Schlussfolgerungen aus den Beiträgen


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Laurenz Seebauer, Bernadette Decristoforo

Ausblick seitens des Technischen Museums Wien Eine Forschungskooperation zur Evaluierung einer Ausstellung in dieser Größenordnung (neun Masterarbeiten) war für das Technische Museum Wien Neuland. Am Anfang des Prozesses war noch nicht absehbar, wie umfangreich und vielseitig die Ergebnisse und Erkenntnisse dieser Zusammenarbeit sein werden. Die Verantwortlichen des TMW sind mit konkreten Vorschlägen und Zielen in die ersten Besprechungen mit den Studierenden gegangen – bald hat sich herausgestellt, dass die Studierenden alternative Fragestellungen untersuchen möchten. Im Nachhinein betrachtet war es die richtige Entscheidung, auf die Themenvorschläge und Untersuchungsmethoden der Studierenden einzugehen. Deren Blick von außen auf die Institution Museum hat wertvolle neue Sichtweisen in dieses Projekt gebracht. Auf den Punkt gebracht: Das TMW hat die aufschlussreichsten Antworten auf jene Fragen bekommen, die es gar nicht gestellt hat. Der unverstellte Blick von außen ist sehr wertvoll und lehrreich. Das TMW würde sich über weitere Forschungszusammenarbeiten mit der Universität in der Zukunft freuen. Die Verbindung von praktischen Fragestellungen mit bildungstheoretischen Themen liefert wertvolle Ergebnisse für zukünftige Ausstellungen. Die vorliegende Untersuchung der Ausstellung „In Bewegung“ hatte deren Zielgruppe – 8bis 14-Jährige – im Fokus. Stephanie Schönberg erweiterte in ihrer Arbeit die untersuchte Zielgruppe auf jene jünger als acht Jahre. Untersuchungen des TMW deuten darauf hin, dass beim Publikum von null bis etwa vier Jahren das Geschlechterverhältnis der BesucherInnen ausgeglichen ist, danach aber die Buben eine Mehrheit darstellen. Im Sinne der Förderung von MINT-Fächern besonders auch für Mädchen wäre es interessant, dieser Fragestellung näher auf den Grund zu gehen. Was finden Mädchen am Technischen Museum Wien interessant? Wie können wir unsere Angebote und Ausstellungen verbessern, um mehr Mädchen anzusprechen? Spielen die Eltern und Lehrkräfte bei der Entscheidung eine Rolle, ob und wie oft Mädchen ins Technische Museum Wien kommen? Für zukünftige Untersuchungen wäre es weiters interessant, auch die Gruppe der 15- bis 19-Jährigen genauer zu beobachten. Wie nützt diese Zielgruppe die Ausstellungen des TMW? Was braucht es, um dieser Zielgruppe optimale Angebote zu machen? Die Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Forschung sollen in die Praxis der Ausstellungskonzeption einfließen. Auch die durch dieses Projekt erprobten und standardisierten Methoden werden für weitere Evaluierungen genutzt. Weiters stellt sich nach dieser umfangreichen Untersuchung für das Technische Museum Wien die Aufgabe, Handlungsanleitungen, Planungsgrundsätze und Lessons Learned zu erarbeiten und zu dokumentieren, sodass das generierte Wissen breit bei den relevanten Kuratoren, Entwicklern und Gestaltern ankommt und verankert wird. Bereits zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Bandes werden einzelne Ergebnisse und Schlussfolgerungen der Masterarbeiten in der Planung neuer Ausstellungen verwendet.


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Tamara Katschnig, Corinna Geppert

Ausblick seitens des Instituts für Bildungswissenschaft Aus bildungswissenschaftlicher Sicht ist die Zusammenarbeit mit Museen insbesondere interessant, da diese auch als Lernorte verstanden werden, als Orte, an denen man mit Neuem, Unbekanntem in Berührung kommt, als Orte, an denen zu Reflexion und Denken angeregt wird, aber auch als Orte, an denen man einfach nur Spaß haben kann. Gerade durch die Zusammenarbeit mit dem Technischen Museum Wien wurde deutlich, wie praxisbezogen Forschung sein kann und ist, was letztendlich auch dazu führen wird, dass zum einen diese Kooperation weiter bestehen wird, zum anderen, dass auch neue Kooperationen mit Institutionen des öffentlichen Wesens eingegangen werden und ein aktiverer Zugang zu diesen Einrichtungen erfolgen wird. Aus forschungstechnischer Perspektive hat sich einmal mehr der Einsatz einer Vielzahl an Methoden als tragfähig, nötig und gewinnbringend erwiesen. So sind erst durch den Einsatz von Tracking, Fragebögen, Beobachtungen und mündlichen Befragungen jene Ansatzpunkte zum Vorschein gekommen, die auch tatsächlich Grundlagen für Weiterentwicklungen seitens des Technischen Museums Wien bieten konnten. Der flexible Einsatz von Erhebungsinstrumenten ist etwas, das auch in nächster Zeit im Rahmen des Universitätsstudiums mehr Bedeutung gewinnen wird. Die Zusammenarbeit mit Museen bietet diesbezüglich auch einen hervorragenden Ort der Praxis, an dem Studierende ihr Kompetenzen erweitern können und auch unmittelbar feststellen, wie ihre Forschung in Innovationen einfließt und welchen praktischen Nutzen dies haben kann. Gerade durch solche Kooperationen kann es auch zukünftig gelingen, mehr Studierende für Forschung zu interessieren und ihnen die Wissenschaft „schmackhaft“ zu machen. Auch thematisch eröffnen sich in Museen sehr viele Felder, von Genderfragen angefangen, über die Erforschung des Nutzungsverhaltens verschiedener Zielgruppen, deren Bedürfnisse und auch deren Wahrnehmungen bis hin zu sozialen Interaktionen, BesucherInnenströmen oder auch dem Einfluss von baulichen Maßnahmen bietet sich ein extrem breites Spektrum, das sich auch mit bildungswissenschaftlicher Forschung gut in Zusammenhang bringen lässt.


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AutorInnenprofile Bischof, Hannah (Mag.) ist Psychologin und angehende systemische Familientherapeutin. Schon während ihrer Studienzeit war sie für das Technische Museum Wien im Rahmen eines Evaluationsprojektes tätig. Nun konnte sie ihr Interesse an präzisen wissenschaftlichen Fragestellungen und Methoden und ihre Leidenschaft für die Förderung nutzbringender und produktiver Kooperationsprozesse in dieses Forschungsprojekt einbringen. Derzeit ist sie im Allgemeinen Krankenhaus Wien tätig. Cech, Sonja (MA) ist Kindergartenpädagogin und derzeit bei der Gemeinde Wien tätig. Sie absolvierte am Institut für Bildungswissenschaften der Universität Wien 2015 ihren Master of Arts. Ihre Forschungsschwerpunkte im Studienverlauf lagen in den Bereichen der Psychoanalyse und Philosophie, als auch im Schwerpunkt Bildung, Beratung und Entwicklung über die Lebensalter. Während der Studienzeit absolvierte sie ein Bibliothekspraktikum an der Fachbereichsbibliothek Bildungswissenschaft. Sie hat darüber hinaus auch das Kinderbuch „Eins, zwei, drei und vier Elemente“ (2015) verfasst. Decristoforo, Bernadette (MMag.) ist Projektleiterin für große Dauer- und Sonderausstellungsprojekte im Technischen Museum Wien. Sie studierte Betriebswirtschaft in Innsbruck und Kopenhagen sowie Kunstgeschichte in Innsbruck und Wien. Nach Tätigkeiten im Marketing sowie kuratorische Tätigkeiten für die Schloss Schönbrunn GmbH, managt sie seit 2006 Ausstellungsprojekte im Technischen Museum Wien. Neben der Umsetzung von Dauerausstellungen (In Arbeit, Mobilität) spezialisierte sie sich in den letzten Jahren auf interaktive Ausstellungen für Familien und Kinder. Sie hat bereits mehrere Ausstellungsevaluierungen initiiert und begleitet. Fiby, Monika (Mag. Dr.) ist freiberufliche Planerin und Beraterin für Ausstellungen. Sie studierte Landschaftsökologie und Landschaftsgestaltung an der Universität für Bodenkultur Wien sowie Landschaftsplanung an der University of Georgia in den USA. Im Rahmen ihrer Tätigkeit erwarb sie sich Fachwissen auf dem Gebiet der Evaluierung von didaktischen und interaktiven Ausstellungen. Dieses Wissen setzt sie bei der Planung und Beratung von Ausstellungen ein, wobei die Ausstellung lebender Tiere zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören. Sie ist außerdem Chefredakteuren einer internationalen Online-Publikation zum Thema Zoodesign. Publikation u.a.: Ebenhöh, Monika (1992): Evaluating Zoo Design. The Importance of Visitor Studies. Vienna, Austria. Thesis submitted to the University of Agricultural Sciences. Fink, Elisabeth (MA) ist Lehrerin an der NMS 8 Wels-Lichtenegg und unterrichtet die Fächer Geschichte und Mathematik. Ihr Bachelorstudium absolvierte sie an der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz. 2016 schloss sie ihr Masterstudium Bildungswissenschaft mit


AutorInnenprofile

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dem Schwerpunkt Lehren und Lernen an der Universität Wien ab. Im Zuge dessen studierte sie ein Semester am Erziehungswissenschaftlichen Institut in Bern. Geppert, Corinna (MMag. Dr.) ist Universitätsassistentin des Instituts für Bildungswissenschaft der Universität Wien – Fachbereich Empirische Pädagogik, Abteilung Schule, Bildung und Gesellschaft. Sie schloss das Magisterstudium der Psychologie und jenes der Bildungswissenschaft an der Universität ab, den Doktorgrad erwarb sie im Mai 2015 im Fachbereich der Bildungswissenschaft. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der empirischen Schul- und Bildungsforschung, Längsschnitt- und Panelforschung sowie thematisch in der Bildungsübergangsforschung und der Forschung zu Bildung und Politik. Glaser, Katharina ist seit 2008 Studentin am Institut für Bildungswissenschaft und seit 2011 zusätzlich am Institut für Sozialwissenschaften im Bereich der Kultur- und Sozialanthropologie an der Universität Wien. Ihre Studienschwerpunkte liegen im Bereich der Medienpädagogik und gesellschaftlichen Transformation. Sie ist darüber hinaus im sozialpädagogischen Bereich bei der Volkshilfe Wien tätig. Hopmann, Stefan T. (Univ.-Prof Dr.) ist Inhaber der Professur für Schul- und Bildungsforschung mit besonderer Berücksichtigung der Bildungsgeschichte und des internationalen Vergleichs an der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft. Er ist u. a. Herausgeber des Journals for Curriculum Studies. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich von vergleichenden Untersuchungen zur Lehrplan- und Schulentwicklung, Qualitätsentwicklung in Bildungs- und anderen sozialen Systemen sowie der historisch vergleichenden Didaktik. Zurzeit ist der Projektleiter des Schulentwicklungs- und Schulevaluationsprojekts NOESIS (Niederösterreichische Schule in der Schulentwicklung). Katschnig, Tamara (Univ.-Doz. Dr.) ist Universitätsdozentin, Senior Lecturer und ehemalige Vize-Studienprogrammleiterin (2012–2016) am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien. Derzeit ist sie zudem stellvertretende Projektleiterin des Schulentwicklungs- und Schulevaluationsprojekts NOESIS (Niederösterreichische Schule in der Schulentwicklung). Ihre Habilitation verfasste sie über Lehrende und Humor. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Panel- und Längsschnittforschung, empirisch (quantitative) Forschung sowie Schul- und Bildungsforschung. Mad, Katrin (BA, BEd) ist seit über zehn Jahren als Volks- und Sonderschullehrerin im Schuldienst tätig. Sie erwarb das Volks- und Sonderschullehramt an der Pädagogischen Akademie Burgenland. Parallel zu ihrer Lehrtätigkeit absolvierte sie das Bachelorstudium Bildungswissenschaft an der Universität Wien. Seit 2012 befindet sie sich im Masterstudium Bildungswissenschaft mit Schwerpunkt Lehren und Lernen ebenso an der Universität Wien. Peterseil, Karoline (MA) ist in Oberösterreich geboren und hat Bildungswissenschaft an der Universität Wien studiert. Neben dem Studium war sie u. a. im Kindermuseum „Schloss Schönbrunn erleben“ als Wissensvermittlerin tätig. Die Erfahrungen, die sie in diesem Tätigkeitsbereich sammeln konnte, bewegten sie dazu, ihre Masterarbeit im Bereich der Museumspädagogik zu verorten. Zudem hatte sie die Gelegenheit, mehrmals über einige Wochen eine Leitungsfunktion im Rahmen einer Gesundheitsaktion für jeweils ca. 130 Kinder- und Ju-


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Laurenz Seebauer, Bernadette Decristoforo

gendliche, 22 Betreuer sowie rund zehn Therapeuten mit heilpädagogischem sowie orthopädischem Schwerpunkt auszuüben. Schönberg, Stephanie ist Kindergartenpädagogin mit dem Zusatz der Früherzieherin und absolviert derzeit ihren Master für Bildungswissenschaft an der Universität Wien. Ihr beruflicher Schwerpunkt auf das junge Kind wird fachlich durch den Schwerpunkt Bildung, Beratung und Entwicklung über die Lebensalter unterstützt – auch in ihrer Bachelorarbeit zum Thema „Die Bedeutung der Pädagoginnen für Sprachförderung beim Erwerb der Zweitsprache“, lässt sich das Interessensgebiet wiederfinden. Die Auslandserfahrung als Kindergartenpädagogin in den Niederlanden hat ihre pädagogische Kompetenz ebenfalls geprägt. Seebauer, Laurenz (Dipl.-Ing.) leitet den Bereich „Hands-On“ im Technischen Museum Wien. Nach dem Studium der Elektrotechnik an der Technischen Universität Graz war er zuerst im Themenfeld Energieeffizienz beratend tätig. Nach dem Wechsel ins Technische Museum Wien als Kurator für Elektrotechnik gründete er dort 2009 den Bereich „Hands-On“. Mittlerweile durch ein Team von vier Mitarbeitern verstärkt, hat er seitdem mehr als 80 Hands-OnExhibits konzipiert, entwickelt und gebaut. Er hat mehrere interaktive Ausstellungen kuratiert und strebt dabei nach einem treffsicheren Einsatz des Ausstellungsmediums Interaktivität. Swertz, Christian (Univ.-Prof Dr.): Christian Swertz ist seit 2004 Universitätsprofessor für Medienpädagogik an der Universität Wien, Leiter der Wiener Medienpädagogigk (http://medienpaedagogik.univie.ac.at/) und Mitglied der Redaktion der Zeitschrift Medienimpulse (http:// www.medienimpulse.at). Seine Forschungsschwerpunkte sind die Bildungstheorie und die Mediendidaktik der neuen Medien, die in zahlreichen Forschungsprojekten realisiert werden. Tanzer, Severin (MA): Severin Tanzer ist als Jugendcoach im Bereich des Case-Managements tätig und war zuvor langjähriger Mitarbeiter des Rot-Kreuz und Kurier Lernhilfe-Sozialprojekts „Lernhaus Wien“. An der Universität Wien schloss er das Studium der Bildungswissenschaft mit dem Schwerpunkt auf Medien und gesellschaftliche Transformation sowie jenes der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft ab und studiert Soziale Arbeit an der FH St. Pölten. Im Zuge seiner Masterarbeit beschäftigte er sich mit der Umlegung von Wolfgang Klafkis Didaktischer Analyse auf den außerschulischen, musealen Kontext, insbesondere auf die Mitmachausstellung „In Bewegung“ des Technischen Museum Wiens. Er ist darüber hinaus als Fußballnachwuchstrainer tätig. Trauner, Stefanie (MA): Stephanie Trauner studierte Bildungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Bildung, Beratung und Entwicklung über die Lebensalter an der Universität Wien. Seit Abschluss ihres Masterstudiums ist sie als Sozialpädagogin in einer der Kinder- und Jugend-Wohngemeinschaften der Volkshilfe Wien tätig. Parallel zu ihrem Studium absolvierte Stephanie Trauner eine Vielzahl an diversen Praktika, wobei sie im Zuge ihres Masterstudiums auch als Wissenschaftspraktikantin im Rahmen des Schulevaluationsprojekts NOESIS (Niederoesterreichische Schule in der Schulentwicklung) unter der Leitung von Stefan Hopmann und Tamara Katschnig mitgewirkt hat.


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