Ausgabe 45 | Februar 2022 | CHF 11.00 / Euro 9.00
Das
Grosse Erwachen
vom «Grossen Erwachen» Teil 1/2 «Wenn du liberal bist, bist du ein Untermensch, du bist weniger als ein Mensch, du bist eine kranke Kreatur, eine perverse Kreatur.» %PI\ERHIV (YKMR m)MRƽʳWXIVIV| 4YXMRW YRH 0IMXƼKYV HIV m2IYIR 6IGLXIR| MR WIMRIQ RIYIR &YGL m(EW +VSWWI )V[EGLIR KIKIR HIR +VIEX 6IWIX|
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Psychologie
Liebe Leser Seit jeher ist die Hegel'sche Dialektik ein äusserst perfides, wie auch effektives und unbemerktes Instrument der herrschenden Macht zur Durchsetzung der eigenen Interessen. Auf ein selbstverursachtes Problem (These) folgt eine zu erwartende Reaktion (Antithese), welcher mit einem gewünschten politischen oder gesellschaftlichem Programm begegnet werden kann (Synthese). Das Spiel kann von Neuem beginnen, wenn die bewusst herbeigeführte Synthese, also das «Neue Normal», zur neuen These wird, auf die eine neue Antithese und Synthese folgen. Wir alle kennen die klassischen Beispiele dafür wie etwa Angriffskriege, die durch bewusst propagierte Lügen oder False Flags (Brutkastenlüge, Pearl Harbor, Lusitania etc.) erst moralisch in der eigenen Bevölkerung legitimiert werden mussten. Oder etwa staatlich organisierte «Terroranschläge», die den Ruf nach mehr Überwachung und Kontrolle und damit die Einschränkung persönlicher Freiheiten nach sich zogen. Etwas weniger bekannt, weil auch viel schwieriger zu erkennen, sind die langfristig angelegten dialektischen Strategien, welche eine Gesellschaft sehr langsam - über Generationen oder gar Jahrhunderte hinweg durch subversive Indoktrination auf den verschiedensten Ebenen nach und nach vollkommen transformieren. Nach zwei Jahren Corona-Irrsinn ist die Gesellschaft an einem Punkt angekommen, wo immer mehr Menschen beginnen, das Geschehene kritisch zu hinterfragen und rückblickend in ihrer eigenen Geschichte erkennen, wie sehr sich unsere westliche Gesellschaft – als einstige Wiege der Zivilisation und des Fortschritts - zum Schlechten entwickelt hat. Die nach wie vor unvorstellbar dramatischen Folgen der destruktiven Corona-Massnahmen und die mittlerweile längst offenkundigen Widersprüche und Propagandalügen aus Politik, Wissenschaft und Medien erschüttern das Vertrauen vieler Menschen in die eigenen Institutionen. Das Erkennen dieser allgegenwärtigen Lügen und Täuschungen ist ein allmählicher Prozess. Die Täuschung löst sich auf (Ent-täuschung) und man fühlt sich auf einmal als «erwacht», während alle anderen um einen herum noch «schlafen». Gerade in Bezug auf Corona endet der Austausch zwischen «Erwachten» und noch immer «Schlafenden» oft in destruktiven Spannungen und grossem, gegenseitigem Unverständnis, woraufhin auf beiden Seiten Ernüchterung folgt. Letztere machen «Verschwörungstheoretiker», «Corona-Leugner» usw. für das Hinauszögern einer für sie realen Krise verantwortlich. Aus Sicht der «Erwachten» hingegen ermöglichen die «Schlafschafe» dieses Unrecht erst durch ihre ignorante Passivität. Wo im Kampf gegen einen unsichtbaren Feind gesellschaftlicher Zusammenhalt und Einheit geboten wäre, erleben wir das genaue Gegenteil: Aufgeheizt von Politik und Medien, und von denselben an jeglichem lösungsorientierten Diskurs gehindert, sieht sich die westliche Gesellschaft heute tief gespalten.
Ausgabe Februar 2021 2022 Ausgabe 44,45, Dezember
Die eine Seite im tiefen Vertrauen in die Regierung und Mainstreammedien; die andere Seite zutiefst misstrauisch gegenüber denselben Institutionen und besorgt, in eine totalitäre Welt abzugleiten. Teile dieser oppositionellen Fraktion verfallen dabei leider, ähnlich ihrer Gegenseite, einem dualistischen Schwarz-Weiss-, Gut-gegen-Böse-Weltbild, in dem der Feind meines Feindes automatisch mein Freund ist. Eine ideale Grundvoraussetzung für die Anwendung der Hegel'schen Dialektik. Wo das Unrecht wächst und die Not gross ist, werden rettende Lösungen, die aus der misslichen Lage herausführen, nur allzu dankbar angenommen. Die Überlegung ist simpel: Wer denselben Feind erkennt, muss automatisch ein Freund – ergo «gut» - sein. Doch was wäre, wenn der Gegner selbst unter falscher Flagge auftritt und sich als Gegenspieler seiner eigenen Ideologie inszeniert, um die aufgebrachte Masse auf diese Weise für sich zu vereinnahmen und sie für seine Ziele zu instrumentalisieren? Wie würde eine solche Inszenierung überhaupt funktionieren, wenn die verschiedenen Kräfte doch klar benannt sind? Nur, sind sie das überhaupt? Zwar werfen alle Seiten mit Kampfbegriffen um sich, doch wer kann heute noch klar definieren, was einen Neokonservativen, einen Kapitalisten, Liberalen, Globalisten usw. auszeichnet und wie sich die einzelnen Gruppierungen voneinander abgrenzen? Ein derartiges begriffliches Wirrwarr und verbales Unverständnis was politische Ideologien, philosophische und ökonomische Strömungen betrifft, ist für subversive Machtstrategen geradezu ideal. Denn so kann die Wirkung der eigenen gesellschaftlichen Subversion anderen oder gar den politischen Gegnern angelastet werden. Klaus Schwab mit «seiner» Great-Reset-Ambition ist ein aktuelles Beispiel dafür. Unter den «Erwachten» gilt er nahezu als das ultimative Böse. Er gibt sich als Kapitalist, während all seine dystopischen Lösungsansätze zur Behebung angeblicher globaler Probleme «merkwürdigerweise» allesamt kommunistischer Natur sind (siehe Ausgabe 40), getarnt hinter Begriffen wie «Stakeholder-Kapitalismus» oder «Public-Private-Partnerships». Da fehlt nur noch ein Gegner, der verspricht, diesem «kapitalistischen» Ansinnen und all den vermeintlich damit verbundenen Gesellschaftsentwicklungen hin zu Degeneration, Multikulti-Wahn usw. den Garaus zu machen, aber der dann als vermeintliche Lösung dieselben kommunistischen Konzepte anbietet – Hegel’sche Dialektik par excellence! Wir meinen, diesen kontrollierten Antipoden zum Great Reset identifiziert zu haben und wir nehmen ihn in dieser Doppelausgabe unter die Lupe. Schnell werden Sie merken, dass Klaus Schwab und sein erbitterter «Gegenspieler» doch erstaunlich viel gemeinsam haben. (ab)
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Inhalt Wer ist Alexander Dugin? Der Werdegang von Alexander Dugin spricht Bände, und der Einfluss seiner Gedanken wird vor allem im Westen gehörig unterschätzt. 6
Dugins rechtes Netzwerk Dugin hat im Westen ein engmaschiges Geflecht an Kontakten zu rechten Parteien und Bewegungen aufgebaut. 12
Das Prinzip der kontrollierten Opposition Als «Showdown von wahrhaft apokalyptischem Ausmass» bezeichnet der dazugehörige Werbetext das neue Werk des russischen Polit-Ideologen Alexander Dugin. Nun könnte diese Beschreibung seines Buchs «Das Grosse Erwachen gegen den Great Reset» möglicherweise voll ins Schwarze treffen. Führt man sich vor Augen, dass die vorherrschende Weltordnung erst durch das Aufeinanderprallen-Lassen von «verfeindeten» Gegenpolen entstehen konnte, macht es durchaus Sinn, die Frage zu stellen, ob es geplant ist, dem Aufruhr gegen die «Corona»-Massnahmen und den Great Reset vielleicht wieder mit einer künstlich aufgebauten Gegenthese zu begegnen. Tatsächlich bietet Wladimir Putins «Einflüsterer» Dugin, dessen Einfluss nicht unterschätzt werden darf, dem Widerstand gegen den Great Reset jetzt eine vermeintliche Alternative auf dem Silbertablett an. Würde der Plan, den Dugin in diesem Buch skizziert, umgesetzt werden, könnte es wirklich apokalyptisch enden - und vieles spricht dafür, dass die Realisierung des «Grossen Erwachens» tatsächlich auf geostrategischer Ebene vorgesehen ist. Ein «Erwachen» im eigentlichen Sinne ist in diesem Szenario dann aber nicht zu erwarten, sondern im Gegenteil: Ein apokalyptischer Albtraum auf globaler Ebene.
Wie Widerstand effektiv neutralisiert, kanalisiert oder instrumentalisiert wird.
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«Die Grundlagen der Geopolitik»: Leitstern der «russischen» Strategie Dugins Geopolitik ist eine totalitäre und menschenverachtende Ideologie!
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Great Reset und «Grosses Erwachen»: Die anti-freiheitlichen Partner Schwabs Programm und Dugins Programm sind in ihren ideologischen Grundzügen so gut wie identisch! 32
Ist Dugin wirklich kein Marxist mehr? Es gibt in Dugins Wertekanon und seiner weltpolitischen Agenda bis heute praktisch nichts, was vom Kurs des Kommunismus abweicht.
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Dugins «Strohmänner» gegen den Liberalismus Der Kreml-Propagandist setzt auf Täuschung und Verwirrung, um die Werte, die den Westen gross gemacht haben, zu verunglimpfen. 62
«Wenn du liberal bist, bist du ein Untermensch» (Dugin)
Ab Seite 11
Verlag Herausgeber Kontakt Website Erscheinung Abo-Preis
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Dugin entmenschlicht seinen ideologischen Gegner in Das Grosse Erwachen auf übelste Weise. 88
Redaktion
Tilman Knechtel (tk) / André Barmettler (ab) / Jonas Freud Alexander Schnarf (as) / Gastautor: Torsten Mann (tm) redaktion@expresszeitung.com Satz/Layout Elementi Studio Fotos Sofern nicht vermerkt: commons.wikimedia.org Cover-Bild Markus Reinhardt Nächste Ausgabe März 2022
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Alexander Dugin
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Die Uhr hat fünf vor zwölf geschlagen…
Anti-«Corona»-Demo in Brüssel, Mitte Januar 2022, eskaliert.
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ässt man die Ereignisse der letzten beiden Jahre noch einmal Revue passieren, so scheint es, als hätten wir innerhalb weniger Monate mehr an einschneidender Veränderung erlebt als in den letzten Dekaden in Summe. Wir leben in wahrlich bewegten Zeiten und kein Ende ist in Sicht. Bevor wir uns dem eigentlichen Thema dieser Ausgabe widmen, wollen wir einen kurzen Rückblick wagen, um uns auf diese Weise einen Überblick zu verschaffen. Seit März 2020 befindet sich die Welt im globalen Ausnahmezustand. Was damals mit «Flatten the Curve» begann, entpuppte sich für all jene, die hinsahen, schon bald als ein unverhohlener Totalangriff auf die alte Gesellschaftsordnung. Nahezu kein Bereich unseres politischen und sozialen Miteinanders blieb von der Einflussnahme verschont und das, was man heute gemeinhin als «Neue Normalität» bezeichnet, hielt Einzug. Parallel zu diesen Eingriffen begann sich bereits früh auch Widerstand zu formieren. Mehr und mehr Leute begannen die Agenda hinter der «COVID-Krise» zu sehen und standen den Vorgängen in zunehmendem Masse kritisch gegenüber. Die alternativen Medien erhielten in ungekanntem Ausmass und aus allen Teilen der Bevölkerung Zuwachs und Aufmerksamkeit. Auch wir von der ExpressZeitung steuerten unseren Teil dazu bei und veröffentlichten im Verlauf dieses Jahres mehrere Ausgaben, um das «Corona»-Narrativ und die Strategie dahinter zu benennen und
zu entlarven. Im Juli 2020 veröffentlichte dann der Gründer und Vorsitzende des Weltwirtschaftsforums Klaus Schwab sein Buch «COVID-19: The Great Reset» und löste damit in den Kreisen der aufgewachten «Corona»-Kritiker ein regelrechtes Erdbeben aus. Kaum jemandem entging das Werk. Sätze und Auszüge des Buches verbreiteten sich gleich einem Lauffeuer in alternativen Kreisen. Das Buch war das ausformulierte Bekenntnis für das, was viele bereits wussten: Nichts würde wieder so sein wie zuvor. Die alte Normalität ist durch «Corona» zerschlagen worden und im Schatten der «COVID-Krise» wird ein von langer Hand geplanter, gesellschaftlicher Total-Umbruch vorangetrieben, der die Art des «MenschSeins» für immer verändern soll. Auch wir nahmen uns in unserer Ausgabe 40 dieses geplanten «Grossen Umbruchs» an, sezierten das Buch akribisch und arbeiteten die diabolische, sozialistische Dystopie hervor, die Klaus Schwab mehr oder minder unverhohlen darlegte.
Spaltung der Gesellschaft Die folgende Ausgabe (41/42) war eine Doppel-Ausgabe und bettete das von Schwab Geschriebene in den historischen Kontext der kommunistischen Langzeitstrategie ein. Die von Schwab formulierten Ziele des Great Reset decken sich nämlich auf geradezu frappierende Weise mit denen, die von mächtigen Akteuren im Hintergrund inzwischen seit Jahrzehnten verfolgt werden. Als
der zweite Teil der Doppelausgabe die Druckerei verliess, befanden wir uns bereits im Spätsommer 2021. Inzwischen regierte der «Corona»-Wahnsinn seit eineinhalb Jahren. Die globale Impfkampagne war in vollem Gange und zum Entsetzen all jener, die sich tatsächlich über die Impfung informiert hatten, mussten sie hilflos dabei zusehen, wie sich die Menschen in ihrem Umfeld in die Nadel stürzten. Einmal, zweimal und viele sogar ein drittes Mal. Die Spaltung der Gesellschaft war nunmehr greifbar: Geimpft oder ungeimpft - die COVID-Impfung zwang die Leute regelrecht dazu, sich politisch zu positionieren. Eine neutrale Haltung einzunehmen, war nicht mehr länger möglich.
Revolutionäre Situation So wie sich der Druck auf die Ungeimpften verstärkte, wuchs bei vielen im selben Masse auch deren Wille zum Widerstand. Die Verkündigung der allgemeinen Impfpflicht für Österreich stellte den vorläufigen Höhepunkt dieser zusehends eskalierenden Entwicklung dar. Inzwischen forderte der anhaltende Massnahmenterror zusehends seinen Tribut, und ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung wirkte zunehmend müde und apathisch. Die Haltung dieser Menschen hatte nunmehr die Züge von psychoterrorisierten Gefangenen angenommen, die alles mit sich machen liessen und sich scheinbar völlig willenlos der Willkür der politischen Entscheidungsträger auslie-
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ferten. Ohne Frage musste auch dahinter System stecken. Wir interessierten uns für die zugrundeliegenden psychologischen Mechanismen, die eine Erklärung für dieses offensichtlich irrationale Verhalten liefern würden, und verpackten das Ergebnis dieser Recherche in unsere zuletzt erschienene Doppel-Ausgabe zum Thema «Massenpsychose» (Ausgaben 43/44). Womit wir nun in der Gegenwart angekommen wären und unsere Rückschau beenden. Was sehen wir also vor uns? Eine gespaltene, aufgeriebene Gesellschaft: Der eine Teil apathisch oder demoralisiert, der andere Teil verbissen, dazu bereit sich dem Plan vom gesellschaftlichen Umbau zu widersetzen - koste es, was es wolle! Es wäre keineswegs übertrieben zu behaupten, die vor uns liegende Situation könne als eine potenziell revolutionäre bezeichnet werden. Es gärt im Volk, und es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis der Widerstand überhandnimmt und damit beginnt, offen gegen die bestimmenden Strukturen vorzugehen. Und nach all den Monaten der Entbehrung, der Drangsalierung und der Demütigung, wer könnte es ihm verübeln? Die aufkeimenden und rasch an Fahrt aufnehmenden Trucker-Aufstände in Kanada könnten bereits die Vorboten dieses Widerstands-Kampfes sein, der nun in die heisse Phase übergeht. Auch sind die Durchgeimpften nun nach und nach mit der Erkenntnis konfrontiert, dass die Impfung, der sie sich unterzogen haben, nichts nützt und vielfach sogar schädlich ist. Sie können der Tatsache kaum noch ausweichen, dass sie belogen wurden und ihr blindes Vertrauen missbraucht wurde. Das Misstrauen gegen die herrschende Ordnung war in der jüngeren Geschichte noch nie grösser als jetzt, und offen totalitäre Massnahmen wie die geplante Impfpflicht befeuern und
untermauern diesen Eindruck noch weiter. Die Lage ist heikel. Bei weitem zu heikel, als dass man es sich nun leisten könnte, sich in Affekthandlungen zu verlieren. Der nächste Schritt will wohl bedacht sein. Mehr denn je gilt es nun, einen kühlen Kopf zu bewahren und nüchtern abzuwägen. Die Frage muss erlaubt und gestellt werden: Könnte es denn sein, dass die revolutionäre Situation, in der wir uns nun befinden, von Anfang an Sinn und Zweck der «Operation COVID» gewesen ist? Völlig abwegig wäre das nicht. Aktion erzeugt Reaktion. Der Massnahmenterror war teilweise so plump und dermassen überzeichnet, dass es beinahe so wirkt, als hätte man die Leute aufwiegeln wollen. Als hätte man sich regelrecht darum bemüht, dass eine breite Masse von Menschen anfängt, nach einem Systemwechsel zu schreien - nach einem Reset, nur anders als dem von Schwab. Die Geschichte bietet zuhauf Beispiele dafür, wie es geschickte Ideologen verstanden, kollektive Unzufriedenheit in für sie nützliche Bahnen zu lenken. Das revolutionäre Momentum kann nutzbar und die Gesellschaft zu ihrer eigenen Abrissbirne gemacht werden. In den allermeisten Fällen war das Ergebnis dieser Art von «Revolution» ein Übergang vom Regen in die Traufe.
Das «Grosse Erwachen» An diesem Punkt angekommen, wollen wir uns nun endlich dem eigentlichen Aufhänger dieser Ausgabe zuwenden. Im Herbst 2021 erschien ein Buch mit dem vielsagenden Titel «The Great Awakening vs. the Great Reset» (Das Grosse Erwachen gegen den Great Reset). Geschrieben wurde es von niemand anderem als von Alexander Dugin, einem russischen Polit-Ideologen, den Leser der ExpressZeitung bereits aus Ausgabe
41 zur sowjetischen Langzeitstrategie kennen. Allein der Titel seines Buches lässt tief blicken. Der Begriff «The Great Awakening» wurde seit spätestens 2016 zu einem geflügelten Wort in der Szene der alternativen Medien. Es ist dies der Wahlspruch, unter dem sich ein beträchtlicher Teil der unzufriedenen Menschen versammelt hat. In seinem Buch spricht Dugin diese Menschen nun direkt an. Das kurze Werk stellt eine offene Kriegserklärung an die westliche politische Moderne dar, deren Produkt der Great Reset wäre, den es zu bekämpfen gelte. Das Buch skizziert einen sich anbahnenden Endkampf zwischen den Kräften des Great Reset und jenen des «Grossen Erwachens». Dugin trifft mit seinem Buch also exakt den Zeitgeist und fängt genau zum richtigen Zeitpunkt das allgemein gärende, revolutionäre Momentum ein. Es steht zu befürchten, dass viele von denen, die sich in Opposition zum Great Reset sehen, meinen werden, in Dugin einen Verbündeten gefunden zu haben - frei nach dem Motto: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Doch wer die kommunistische Langzeitstrategie und damit auch Dugins Agenda kennt, der weiss, dass die «Erwachten» für ihn nicht mehr und nicht weniger als Bauern sind, die er auf seinem Schachbrett nach Belieben verschiebt, um sein übergeordnetes Ziel - die Zerschlagung des Westens - zu verwirklichen. Es handelt sich bei diesem «Grossen Erwachen» um einen Plan, der weit über die Person Dugin hinausgeht und der im Jahr 2022 geostrategisch vor unseren Augen Form annimmt. Wir hoffen, die Frage nach der Relevanz des Themas und warum wir ihm gar eine Doppel-Ausgabe widmen, beantwortet sich spätestens bei der Lektüre der kommenden Seiten von selbst. (as)
Bild-Online am 01.02.2022 über Winfried Kretschmann, Ministerpräsident Baden-Württembergs
Der österreichische Kurier online, 05.02.2022
Berliner Kurier online, 24.01.22 Zeit-Online, 12.12.2021
Der Regierungsterror stellt sich mittlerweile so plump und dermassen überzeichnet dar, dass es beinahe so wirkt, als solle die Bevölkerung gegen die Politik aufgehetzt werden. Steckt ein grösserer Plan dahinter?
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Alexander Dugin
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Auf einen Blick Das Gedankengut des russischen Polit-Ideologen $OH[DQGHU 'XJLQ EHHLQĹXVVW GLH )ÙKUXQJVVFKLFKW Russlands seit drei Jahrzehnten entscheidend.
Foto: Fars Media Corporation
Dugin fungierte als geopolitischer Berater Wladimir Putins und anderer wichtiger Kreml-Politiker.
Sein Lebenslauf deutet auf eine Mitwirkung in der kommunistischen Langzeitstrategie hin (Doppel-Ausgabe 41/42). 1993/94 war Dugin Mitbegründer der «Nationalbolschewistischen Partei Russlands». Bei genauerer Betrachtung hat er die nationalbolschewistische Ideologie bis heute nicht abgelegt.
Wer ist Alexander Dugin? «Wir nähern uns einer These, die das genaue Gegenteil des Great Resets darstellt: der These vom ‹Grossen Erwachen›.» Alexander Dugin, Das Grosse Erwachen gegen den Great Reset, Arktos, London, 2021, S.31
«Wenn es jemanden gibt, der das Grosse Erwachen proklamiert, so naiv wie diese Formel auch klingen mag, bedeutet das bereits, dass nicht alles verloren ist, dass ein Körnchen des Widerstands in den Massen heranwächst und dass sie mit der Mobilisierung beginnen. Von diesem Moment an beginnt die Geschichte eines weltweiten Aufstands, eines Aufstands gegen den Great Reset und seine Anhänger.» Alexander Dugin, Das Grosse Erwachen gegen den Great Reset, Arktos, London, 2021, S.35 FAZ-Online, 16.06.2014
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er russische Professor und Polit-Ideologe Alexander (alternativ: Aleksandr) Dugin kann wohl zurecht als schillernde, polarisierende Persönlichkeit bezeichnet werden. Wie kaum eine andere Figur spaltet er seine Zuhörer- und Leserschaft in zwei Lager. Während die einen seine Ideen geradezu vergöttern, sehen die anderen darin eine - besonders für den Westen - brandgefährliche Ideologie, die langsam aber sicher bedrohlich an Einfluss gewinnt. Treue Leser der ExpressZeitung sind mit dem Werdegang und den Ansichten des Alexander Dugin bereits vertraut. In unserer Ausgabe Nummer 41 - «Great Reset: Perestroika-Täuschung 2.0» - haben wir Dugin, der einer Familie aus hochrangigen sowjetischen Militärgeheimdienstlern entstammt und als einer der einflussreichsten Schriftsteller sowie politischen Kommentatoren im «postsowjetischen» Russland gilt, einen eigenen Artikel gewidmet. Wie wir noch erfahren werden, sollte der Einfluss von Dugins Gedankengut keinesfalls unterschätzt werden.
Ob das «Grosse Erwachen» das «genaue Gegenteil des Great Resets» darstellt, wie Dugin behauptet, soll auf den folgenden Seiten genauestens überprüft werden. So viel sei vorweggenommen: Es wird kein «grosses», sondern ein böses Erwachen werden.
In den westlichen Mainstream-Medien geniesst er einen mehr als nur zweifelhaften Ruf und wurde aufgrund der von ihm propagierten Ideen von mehreren Ländern mit persönlichen Sanktionen bzw. Einreiseverboten bestraft. Zeitgleich wird der 60-Jährige in vielen alternativen Medien geradezu hofiert und als eine Art «Retter des Abendlandes» inszeniert. Unter anderem war Dugin, der als geopolitischer Berater des russischen Präsidenten Wladimir Putin und anderer Kreml-Politiker fungierte (1), bereits Gast in der reichweitenstarken Sendung «Infowars» des amerikanischen Polit-Kommentators Alex Jones, führte Interviews mit der populären kanadischen Alt-Right-Aktivistin Lauren Southern und tritt auch im deutschsprachigen Raum in namhaften Printmedien aus dem alternativen Spektrum als regelmässiger Kolumnist auf. Dugin, der in der Vergangenheit von verschiedenen Medien wahlweise als «Chef-Ideologe» (2), als «Vordenker» (3) oder als «Einflüsterer» Putins (4) bezeichnet wurde, ist Meister darin, seine Aussagen und Thesen an sein jeweiliges Publikum anzupassen und ist sowohl im rechten als auch
im linken politischen Spektrum hervorragend vernetzt. Unter anderem unterhält er gute Kontakte zur deutschen AfD, zur französischen Front National und zur österreichischen FPÖ. Ein breit gefächertes Netzwerk, das seit dem Ende der UdSSR in akribischer Kleinarbeit wohl zu einem bestimmten Zweck aufgebaut wurde, der sich nun langsam zu offenbaren scheint.
Der Feind meines Feindes… Womit wir nun beim eigentlichen Stein des Anstosses angekommen wären. In etwa zeitgleich mit dem Erscheinen dieser Ausgabe wird ein von Dugin verfasstes Buch veröffentlicht, unter dem Titel «Das Grosse Erwachen gegen den Great Reset». In diesem Werk, das seinem Format nach eigentlich einem ausgedehnten Essay entspricht, wird das Bild eines sich scheinbar anbahnenden Konfliktes zwischen zwei sich gegenüberstehenden Polen gezeichnet. Auf der einen Seite stehe das «Team Great Reset», vertreten und angeführt durch bekannte Protagonisten
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2017 war Alexander Dugin Gast in der reichweitenstarken Alternativ-Mediensendung «Infowars», moderiert vom berühmten amerikanischen Polit-Kommentator Alex Jones. Es ist dies nicht das einzige Gespräch, das die beiden miteinander führten.
Alexander Dugin empfängt die kanadische Alt-Right-Aktivistin Lauren Southern 2018 in Russland.
wie Klaus Schwab, Joe Biden und George Soros, und auf der anderen Seite befinde sich das «Team Great Awakening» (Grosses Erwachen), welchem u.a. Figuren wie Wladimir Putin, Xi Jinping und die Bewegung rund um den Ex-US-Präsidenten Donald Trump angehören würden. Die Kräfte des «Great Awakening» würden sich den globalistischen Plänen der Vertreter des «Great Reset» entgegenstellen. Wir
Im September 2021 wurde ein von Dugin verfasstes Buch auf Englisch veröffentlicht, das im Februar 2022 auf Deutsch übersetzt unter dem Titel «Das Grosse Erwachen gegen den Great Reset» erscheinen soll. In diesem Werk wird das Bild eines VLFK VFKHLQEDU DQEDKQHQGHQ .RQĠLNWHV ]ZLVFKHQ zwei sich gegenüberstehenden Polen gezeichnet. Auf der einen Seite stehe das «Team Great Reset» XQG DXI GHU DQGHUHQ 6HLWH EHğQGH VLFK GDV ʼn7HDP Great Awakening» (Grosses Erwachen). Da das Buch brandaktuell ist und somit nicht behauptet werden kann, Dugin habe seine Meinung inzwischen geändert, wollen wir ab Seite 32 hauptsächlich dieses Werk nutzen, um Dugins Standpunkte auf Herz und Nieren zu überprüfen.
werden uns in dieser Ausgabe an Dugins Buch entlang hangeln, die vorgebrachten Argumente und die Beschreibungen von Sachverhalten unter die Lupe nehmen, um sie auf ihre Stichhaltigkeit zu untersuchen. Wie wir sehen werden, ist das von Dugin propagierte Modell keine wirkliche Alternative zum Great Reset - zumindest dann nicht, wenn man Freiheit, Souveränität und Selbstbestimmung für die ver-
Das Buch «COVID-19: The Great Reset» (deutsche Version: «COVID-19: Der Grosse Umbruch») von Klaus Schwab, erschienen im Juni 2020, beschreibt die Ideen des Great Reset. Auch in dieser Ausgabe wird Schwabs Werk eine entscheidende Rolle spielen, um aufzuzeigen, wie weit die Behauptung Dugins, er biete mit dem «Grossen Erwachen» ein schlüssiges und konsequentes Gegenmodell zum Great Reset an, von der Realität entfernt ist.
schiedenen Völker als einen wesentlichen Bestandteil dieser Alternative erwartet. Denn diese eigentlich zentralen Säulen der westlichen Kultur sind ausdrücklich nicht Bestandteil der Weltordnung, die Dugin und die Vertreter des «Great Awakening» nach gewonnener Schlacht vorgesehen haben. Das eigentliche grosse Erwachen dürfte spätestens dann eintreten, wenn all diejenigen, die nun ihre Hoffnung in die Vertreter des «Great Awakening» als ihre Retter gesetzt haben, feststellen, dass sie sich unfreiwillig in eben jene dystopische Diktatur manövriert haben, die sie eigentlich bekämpfen wollten, ergo: Dass Great Reset und Great Awakening in ihren ideologischen Grundzügen praktisch identisch sind! Noch besteht die Chance, dieses Szenario abzuwenden und darüber aufzuklären, dass der «Feind» meines Feindes eben nicht zwingend mein Freund ist. (as) Quellen: 1. Arktos.com , Alexander Dugin, Abgerufen am: 29.12.2021 2. web.archive.org, 3sat.de, Putins Eurasien - Die Ideologie hinter Russlands Expansionskurs, 09.05.2014 3. spiegel.de, «Jeder Westler ist ein Rassist», 13.07.2014 4. faz.net, Auf diesen Mann hört Putin, 16.06.2014
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Alexander Dugin
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Für neu hinzugekommene Leser müssen zu Anfang dieser besonders ausführlichen Publikation einige essenzielle Zusammenhänge erläu-tert werden, um Missverständnissen vorzubeuuon gen: Wenn in den folgenden Textpassagen von «Russland», «Putin» oder «Eurasien» die Rede ist, st, dann nicht, um den russischen Staat, die Person son Wladimir Putin oder das Projekt Eurasien als einzelne elne JHRSROLWLVFKH $NWHXUH ]X LGHQWLð]LHUHQ GLH ZHLWJHKHQG KHQG isolierte Eigeninteressen vorantreiben. Dabei handelt ndelt es sich um einen groben Fehler, den der sogenannte annte «Mainstream» allzu regelmässig begeht, und den en wir nicht auch begehen wollen. tten wir Anstatt Symptomjournalismus zu betreiben, betten usgaben die vorliegende Ausgabe in den Kontext der Ausgaben tstrategie 41/42 ein, in denen die kommunistische Langzeitstrategie beschrieben wurde, welche den vorgetäuschten Untergang ologie auf der UdSSR vorsah, um die marxistische Ideologie gslinie von der ganzen Welt zu verbreiten. Die Verbindungslinie dieser Strategie hin zu Wladimir Putin und auch zu Alexander Dugin (dem Thema dieser Ausgabe) wird keineswegs von uns herbeikonstruiert, sondern im Gegenteil: Sie liegt vollkommen offen auf dem Präsentierteller. Die nachfolgenden Texte haben zwar den Anspruch, für sich selbst zu stehen und nicht nur Kennern der Materie zugänglich zu sein, dennoch sei dem geneigten Leser die Lektüre unserer Doppelausgabe «Great Reset: Perestroika-Täuschung 2.0» anempfohlen, weil er damit einen grösseren Überblick und tieferen Einblick gewinnen kann. Ausdrücklich muss an dieser Stelle nochmals betont werden, dass wir die kommunistischen Akteure, die uns auf der Weltbühne präsentiert werden, nicht als die zentralen, treibenden Kräfte hinter den politischen Geschehnissen auf GLHVHU :HOW LGHQWLð]LHUHQ 6FKOXVVHQGOLFK VWHKHQ DXFK KLQWHU dem Kommunismus mächtige Hintermänner, für welche die kommunistische Ideologie nur ein Mittel darstellt, um andere,
lange angestrebte und keineswegs bessere Ziele zu erreichen. Der Kommunismus ist also kein Selbstzweck, sondern Instrument. Die wahre Intention, für die das Instrument eingesetzt wird, ist weit älter als Marx, Lenin oder Stalin. Viele sogenannte «alternative Medien» haben sich zwar die Berichterstattung über «Hintergrundmächte» auf die Fahne geschrieben, ignorieren diese jedoch paradoxerweise, wenn es um das alltägliche politische Geschäft geht. Da heisst es dann plötzlich wieder vereinfachend: «Trump gegen Merkel» oder «Putin gegen die USA». Wir sehen es hingegen als unsere Aufgabe an, die weltweiten Geschehnisse nicht zu banalisieren und sie stets mit den Zielen abzugleichen, die die Machthierarchie im Hintergrund seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten anstrebt. Die DoppelPublikation Nummer 45/46 darf als weiterer, nicht gerade kleiner Mosaikstein bei der Aufdeckung dieser Hintergrundmächte verstanden werden. Viele weitere werden folgen.
Leben und Werdegang des Alexander Dugin
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evor wir in das eigentliche Thema dieser Ausgabe einsteigen, sollten wir uns zunächst mit der Frage auseinandersetzen: Wer ist Alexander Geljewitsch Dugin? Die Welt erblickte Dugin am 07. Januar 1962 in
Moskau als Sohn von Heli Alexandrowitsch Dugin (1935-1998), einem General der Hauptverwaltung für Aufklärung der Roten Armee, also des sowjetischen Militärgeheimdiensts (GRU). (1) Über Dugins Privatleben ist nur wenig bekannt. Er soll zwei Kinder haben, eines da-
Alexander Dugin 1996 bei einer Versammlung der «Nationalbolschewistischen Partei Russlands», die er mitbegründet hatte.
von mit seiner Ex-Frau, der LGBT-Aktivistin Jewgenija Debryanskaja, und das zweite mit seiner heutigen Ehefrau, der Dozentin Natalia Melentieva. (2) 1979 begann der junge Alexander Dugin am Moskauer Luftfahrtinstitut zu studieren, beendete dieses Studium aber bereits im zweiten Jahr. Laut einer Biographie soll Dugin nach seinem Abgang begonnen haben, für den russischen Geheimdienst KGB zu arbeiten, doch gesichert ist diese Information nicht. (3) Parallel interessierte sich Dugin bereits zu dieser Zeit für verschiedene okkulte Strömungen und war Mitglied in unterschiedlichen mystisch-traditionalistischen Kreisen. Im Jahr 1987 trat er der Partei «Pamjat» bei - der ersten nationalistischen Partei, die während der Umstrukturierung der UdSSR unter Gorbatschow entstand, und in der Dugin rasch bis in die Führungsriege aufstieg. Man kann davon ausgehen, dass es sich bei «Pamjat» um keine organisch gewachsene Graswurzelbewegung handelte, sondern um eine vom Kreml kontrollierte Opposition. Denn während die Sowjet-Regierung in den
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frühen 80ern jede nationalistische Bestrebung im Keim zu ersticken versuchte, genoss ausgerechnet «Pamjat» paradoxerweise die Unterstützung von hochrangigen Persönlichkeiten im Zentralkomitee, dem KGB und den Streitkräften. (4) Dem Autor Stephen Shenfield zufolge soll Dugin zu dieser Zeit auch massgeblich bei der Ausarbeitung des politischen Programms für die neu gegründete Kommunistische Partei der Russischen Föderation unter der Führung von Genadi Sjuganow geholfen haben. (5) Das stellt keine Kleinigkeit dar, da diese Partei es in den Wahlen im Jahr 1996 um ein Haar geschafft hätte, wieder Regierungsmacht zu erlangen. Nach der Öffnung Russlands durch die erfolgte Perestroika (Ausgaben 41/42) reiste Dugin für fast ein Jahr ins europäische Ausland und begann Kontakte in Europa zu knüpfen vor allem zu rechten Gruppen. Zwischen 1990 und 1991 gründete Dugin den Verlag «Arktogeya» (nördliches Land), zusammen mit einem geopolitischen Thinktank («Center for Special Meta-Strategic Studies», später umbenannt in «Center for Geopolitical Expertise»). Diese Institutionen sollten zu den beiden wichtigsten Instrumenten werden, mit denen er seine Ansichten verbreitete. (3)
Dugin, der Nationalbolschewist Später, in den Jahren 1993/94, war Dugin Mitbegründer der «Nationalbolschewistischen Partei Russlands» (NBP), der er als Cheftheoretiker zur Verfügung stand. Das erklärte Ziel der NBP war es, orientiert an politischen Bewegungen der 1920er-Jahre, «eine Synthese zwischen rechten und linken Doktrinen anzustreben». (6) Von 1994 bis zu seinem Verlassen der Partei im Jahr 1998 agierte er in der Position des Co-Vorsitzenden der Partei. Parallel zu diesen Tätigkeiten publizierte Dugin ständig und «beeinflusste die postsowjetische ‹patriotische› Bewegung ideologisch in grösserem Masse als jeder an-
«Was schlagen wir also vor? Erstens: die Gestaltung einer harmonischen Wirtschaftsgemeinschaft von Lissabon bis Wladiwostok […]» Wladimir Putin in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung, November 2010 Quelle: sueddeutsche.de, Von Lissabon bis Wladiwostok, 25.11.2010
Vor dem Hintergrund von Alexander Dugins Schriften lässt sich auch der politische Kurs Wladimir Putins besser nachvollziehen. Putin scheint tatsächlich das Ziel zu verfolgen, die von Dugin skizzierte «Eurasische Union» zu verwirklichen. Dabei beschreitet er parallel verschiedene Wege - den diplomatischen, den militärischen, den ökonomischen, den subversiven usw. - je nachdem, welcher sich gerade anbietet. dere nationalistische Publizist». (7) Obgleich Dugin der Nationalbolschewistischen Partei den Rücken kehrte, blieb er deren Ideen und Idealen im Kern trotzdem weiterhin treu, vermarktet sie nun aber unter dem neuen Namen «Neo-Eurasismus» oder auch «Vierte Politische Theorie». Folgt man der kryptischen Definition des letzteren Begriffs, stellt man fest, dass Dugin den Sozialismus nur reformieren will. Zu «bekämpfen» sei allein der «Liberalismus». So schreibt er: «Wenn wir den Sozialismus von seinen materialistischen, atheistischen und modernistischen Zügen befreien, und wenn wir die rassistischen und eng nationalistischen Aspekte des Dritten Weges [Faschismus] ablehnen, kommen wir zu einer völlig neuen Art von politischer Ideologie. Wir nennen sie die Vierte Politische Theorie - die erste ist der Liberalismus, den wir bekämpfen; die zweite sind die klassischen
«Die rasche Verbreitung meiner Ideen in Russland hat Putin zutiefst beeinflusst […].» Alexander Dugin, 2018 Quelle: resetdoc.org, The Illiberal Far-Right of Aleksandr Dugin. A conversation, 04.12.2018
Der damalige Duma-Sprecher Gennadiy Seleznev, den Dugin zu diesem Zeitpunkt beriet, und welcher öffentlich vorschlug, «Grundlagen der Geopolitik» in den Lehrplan der russischen Schulen aufzunehmen, schüttelt Wladimir Putin im Jahr 2000 die Hand. Foto: Kremlin.ru
Formen des Kommunismus und des Sozialismus; und die dritte sind Faschismus und Nationalsozialismus. Die Ausarbeitung der Vierten Politischen Theorie beginnt an dem Punkt, an dem sich die verschiedenen antiliberalen politischen Theorien der Vergangenheit überschneiden. Dies führt uns zum Nationalbolschewismus, der den Sozialismus ohne Materialismus, Atheismus, Progressivismus und Modernismus sowie den Dritten Weg ohne Rassismus und Nationalismus darstellt. [...] Ich glaube inständig, dass die Vierte Politische Theorie, der Nationalbolschewismus und der Eurasismus für unsere Völker, unsere Länder und unsere Zivilisationen von grossem Nutzen sein können.» (8) Dugins «Vierte Politische Theorie» ist also eine neue Spielart des Nationalbolschewismus, auch wenn er sich alle Mühe gibt, diese Essenz mit allerlei intellektuellem Brimborium zu überdecken. Wie wir noch aufzeigen werden, gibt es in Dugins Wertekanon und seiner weltpolitischen Agenda bis heute praktisch nichts, was vom Kurs der Nationalbolschewisten, die letztendlich Bolschewisten sind, abweicht.
Strohmann Liberalismus Schlussendlich beruht die gesamte argumentative Grundlage von Dugins Ablehnung des Liberalismus auf einem Strohmann-Argument. Als Strohmann-Argument bezeichnet man einen simplen rhetorischen Kniff, bei dem der Gegenseite eine Position oder ein Argument in den Mund gelegt wird, welche das Gegenüber selbst aber niemals in dieser Art
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Alexander Dugin
vertreten hat. Die unterstellte Position wird dann argumentativ entkräftet und behauptet, die Widerlegung dieses Strohmanns wäre eine Widerlegung der tatsächlichen Position des Diskussionsgegners. Dugins Argumentation gegen den zu bekämpfenden Liberalismus entspricht exakt diesem Schema. Er unterstellt dem Liberalismus bestimmte Werte und Positionen, die mit der eigentlichen liberalen Idee überhaupt nichts gemein haben. Die Grundlage der Vierten Politischen Theorie - die Ablehnung einer freiheitlichen Ordnung - basiert letzten Endes auf nichts anderem als auf argumentativem Schattenboxen. Doch auch hierzu an anderer Stelle mehr.
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Der grösste Massenmord des 20. Jahrhunderts, begangen durch Bolschewisten Nicht oft genug kann wiederholt werden, dass der Bolschewismus - eine Ideologie, der Dugin nicht nur jahrelang anhing , sondern in deren Namen er eine ganze Partei gründete - Dutzende Millionen unschuldiger Menschen das Leben kostete und das grösste Blutvergiessen des 20. Jahrhunderts zu verantworten hat. Die von den Bolschewisten bereits 1918 eingerichteten Konzentrationslager dienten zur Vernichtung der politischen Gegner und führten zu ca. 2 Millionen Todesopfern - Frauen und Kinder eingeschlossen. (1) Den Hungersnöten der Jahre 1921 und 1923, die eindeutig aus den Entscheidungen des Politbüros entstanden, fielen ca. fünf Millionen Menschen zum Opfer. (2) Regierungschef Lenin und sein Verbündeter Trotzki - Gründer der Roten Armee - hatten sich die Bezeichnung Massenmörder mehr als verdient. Die Anzahl der Menschenleben, die das Stalin-Regime kostete (auch Stalin war Bolschewist), wird auf etwa 20 Millionen geschätzt. (3) (tk)
Opfer der sowjetischen Geheimpolizei Tscheka
Die Eurasien-Bewegung 1997 schrieb Dugin dann sein bis dahin bekanntestes Werk namens «Die Grundlagen der Geopolitik: Russlands geopolitische Zukunft». Es war jenes Buch, welches ihm Bekanntheit in den Mainstreamstrukturen Russlands verschaffte. Im Jahr 1999 ernannte man Dugin zum Sonderberater des damaligen Duma-Sprechers Gennadiy Seleznev, welcher öffentlich vorschlug, die in «Grundlagen der Geopolitik» vertretene Doktrin in den Lehrplan der russischen Schulen aufzunehmen. (9) Mit den konkreten Inhalten des Buches werden wir uns noch öfters an anderen Stellen auseinandersetzen. Im Jahr 2001 gründete Dugin dann schliesslich die «Eurasien-Bewegung», die er bis heute anführt. 2002 kam es in Russland zur Gründung der «Eurasischen Partei» und 2003 folgte die Gründung der «Internationalen Eurasien-Bewegung». Ziel der Bewegung war und ist die Errichtung eines eurasischen Imperiums von Lissabon bis Wladiwostok unter der Führung Russlands, auf der Grundlage der Vierten Politischen Theorie. Diese eurasische Lobby ist, wenn auch relativ unbekannt, eine ausserordentlich mächtige. Nicht zuletzt wird dies dadurch offenbar, dass sich auch Russlands Präsident Wladimir Putin mehrmals als
Quellen: 1. Junge Freiheit 52/11-01/12, «Historisches Kalenderblatt», S.21 2. Stéphane Courtois, Das Schwarzbuch des Kommunismus 2, Piper Verlag, München, 2004, S.31 3. Robert Conquest. The Great Terror. NY Macmillan, 1968 p. 533 (20 million)
Anhänger der eurasischen Idee bekannte, beispielsweise als er im November 2000 erklärte: «Russland hat sich immer als ein eurasisches Land verstanden.» (4) Wie die Financial Times berichtet, forderte Putin im Jahr 2011 die Erschaffung einer «Eurasischen Union». (10) Eine oftmalige Wortwahl, die nicht von ungefähr kommt und die sich ganz offensichtlich auf Dugins Ideologie bezieht. Schlussendlich lässt sich das «postsowjetische» Russland nur unter Berücksichtigung dieser eurasischen Agenda korrekt nachvollziehen und einordnen. Es ist jene geopolitische Doktrin, welche sich nach der erfolgten Perestroika in Russland festsetzte. Wie Dugin selbst erklärt, hinterliess der «Zusammenbruch» der
Sowjetunion in den russischen Institutionen einschliesslich der russischen Armee - ein riesiges ideologisches Vakuum, welches massgeblich durch seine Ideen gefüllt wurde: «Ab 1991 begann ich dieses Vakuum zu füllen, indem ich meine Ansichten unter den Offizieren und Entscheidungsträgern verbreitete [...]. Ich erklärte ihnen, wie wichtig es sei, eine neue Vorstellung von der russischen Geopolitik zu entwickeln, die den Zielen der westlichen Denkfabriken diametral entgegengesetzt sein und auf die Schaffung eines eurasischen Blocks abzielen sollte. Die rasche Verbreitung meiner Ideen in Russland hat Putin zutiefst beeinflusst […].» (11) Laut einem von Charles Clover in der Financial Times veröffentlichten Artikel stellt Dugins
Alexander Dugin und seine neo-eurasischen Anhänger in Süd-Ossetien, kurz vor Ausbruch des russisch-georgischen Krieges, August 2008.
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Konzept dieses eurasischen Reiches eine leicht überarbeitete Version der Sowjetunion mit Anklängen an das Buch «1984» von George Orwell dar, in welchem Eurasien einer von drei Superstaaten war, welche sich untereinander im endlosen Konflikt befanden. (12)
Dugin postuliert in seinem 2009 veröffentlichten Buch «Die Vierte Politische Theorie», dass die politische Wissenschaft der Neuzeit von drei Theorien geprägt gewesen wäre, die ihm zufolge allesamt gescheitert oder zum Scheitern verurteilt sind - namentlich wären dies der Liberalismus, der Kommunismus und der Faschismus. Aufbauend auf der Ablehnung der drei vorangegangenen entwirft Dugin in seinem Buch eine neue, eine «Vierte Politische Theorie». Bei genauerer Betrachtung erweist sich der von Dugin aufgezeigte Weg allerdings als ein kalkulierter Holzweg in die Knechtschaft.
Ein eloquentes Sprachrohr Wie wir im Verlaufe der Ausgabe noch häufig sehen werden, wirken die von Dugin propagierten Ideen und Konzepte zum Teil wirklich massgeschneidert für all jene, die oberflächlich begriffen haben, dass in der modernen Welt von heute so einiges schief läuft. Dugin greift diese berechtigten Sorgen und Nöte der Menschen geschickt auf, führt sie aber in die Irre, indem er einen falschen Schuldigen - namentlich den Liberalismus und speziell den Westen - als treibende Kraft und Ursprung der Misere benennt. Sich selbst und Russland stellt Dugin meisterlich als Vertreter einer «multipolaren Weltordnung»
(siehe S.30 f.) dar, in der alle Völker nach ihrer eigenen Façon glücklich werden sollen. Allerdings - und das muss immer wieder betont werden - gilt diese multipolare Weltordnung nur so lange, wie eine freiheitliche, libera-
le Gesellschaftsordnung abgelehnt und das Imperium Eurasien befürwortet wird. Dieser Umstand reicht aus, um Dugins Gerede vom Multipolarismus als hohle Verheissung und rhetorische Tarnung zu entlarven. (as)
Quellen: ZHE DUFKLYH RUJ OLWURVVLD UX ǨȘȝȐȊ ȹ ǬǶDzǺǶǸ Ǭǻǫǰǵ $EJHUXIHQ DP VPL RUJ ǨȓȍȒșȈȕȌȘ ǬțȋȐȕ $EJHUXIHQ DP $QGUHDV 8PODQG -RXUQDO RI (XUDVLDQ 6WXGLHV $OHNVDQGU 'XJLQ V WUDQVIRUPDWLRQ IURP D OXQDWLF IULQJH ¿JXUH LQWR D PDLQVWUHDP SROLWLFDO SXEOLFLVW $ FDVH VWXG\ LQ WKH ULVH RI ODWH DQG SRVW 6RYLHW 5XVVLDQ IDVFLVP :DOWHU /DTXHXU %ODFN +XQGUHG 7KH 5LVH RI WKH ([WUHPH 5LJKW LQ 5XVVLD 6 -RKQ 'XQORS 'HPRNUDWL]DWVL\D $OHNVDQGU 'XJLQ V )RXQGDWLRQV RI *HRSROLWLFV
Die Rolle des russischen Professors und Polit-Ideologen Alexander Dugin kann nur unter Berücksichtigung der bis heute erfolgreich verfolgten kommunistischen Langzeitstrategie (Ausgabe 41/42) richtig eingeordnet werden. Diese Strategie sah einen vorgetäuschten Untergang der UdSSR vor, um so die marxistische Ideologie auf der ganzen Welt zu verbreiten. Analysiert man allein (!) Dugins Lebenslauf vor diesem Hintergrund, findet man eine Vielzahl von Hinweisen auf, die eine Rolle Dugins in der kommunistischen Langzeitstrategie vermuten lassen: ALs Erstes fällt auf, dass Dugin einer Familie aus Militärgeheimdienstlern entstammt, die dem Sowjet-System als treue Apparatschiks dienten. Eine inoffizielle Biografie behauptet zudem, Dugin habe nach seinem Studien-Abgang Anfang der 80er-Jahre begonnen, für den russischen Geheimdienst KGB zu arbeiten. Dieser Geheimdienst stand im Mittelpunkt der Langzeitstrategie und rekrutierte zu dem Zeitpunkt, als Dugin sein Studium abbrach, Kollaborateure bei der Inszenierung des Zusammenbruchs der UdSSR, d.h. Personen, die sich für eine kontrollierte Opposition einspannen liessen. Dugin fällt in das Muster eines kontrollierten Dissidenten, denn 1987 trat er der Partei «Pamjat» bei - der ersten «nationalistischen» Partei, die während der Umstrukturierung («Perestroika», Teil der Langzeitstrategie) der UdSSR entstand, und in der Dugin rasch bis in die Führungsriege aufstieg. Man kann davon ausgehen, dass es sich bei «Pamjat» um keine organisch gewachsene Graswurzelbewegung handelte, sondern um eine vom Kreml kontrollierte Opposition im Rahmen der Perestroika. Auch nach dem vorgetäuschten Untergang der Sowjetunion deutet Dugins Lebenslauf auf seine Einbindung in die «Perestroika-Täuschung» hin, denn in den Jahren 1993/94 hatte Dugin keineswegs mit der sowjetischen Vergangenheit abgeschlossen, sondern wurde Mitbegründer der «Nationalbolschewistischen Partei Russlands» (NBP), der er als Cheftheoretiker zur Verfügung stand. Wie wir noch aufzeigen werden, gibt es in Dugins Wertekanon und seiner weltpolitischen Agenda bis heute praktisch nichts, was vom Kurs der Nationalbolschewisten, die letztendlich Bolschewisten sind, abweicht. Sein «Eurasismus» und seine «Vierte Politische Theorie» sind letztendlich nichts anderes als neue Spielarten des Nationalbolschewismus, auch wenn Dugin sich bemüht,
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diese Essenz mit allerlei intellektuellem Brimborium zu überdecken. Wie wir ebenfalls noch erfahren werden, gehörte es zur kommunistischen Strategie, der russischen Bevölkerung nach dem Fall der Mauer ein solches nationalbolschewistisches Gesellschaftsmodell als Alternative zum «gescheiterten Liberalismus» anzubieten (siehe S.52 ff.). 1997 schrieb Dugin dann sein bis dahin bekanntestes Werk namens «Die Grundlagen der Geopolitik: Russlands geopolitische Zukunft». Es war jenes Buch, welches ihm Bekanntheit in den Mainstreamstrukturen Russlands verschaffte. Im Jahr 1999 ernannte man Dugin zum Sonderberater des damaligen Duma-Sprechers Gennadiy Seleznev, welcher öffentlich vorschlug, die «Grundlagen der Geopolitik» in den Lehrplan der russischen Schulen aufzunehmen. Dugin legte in dem Buch die geopolitische Doktrin dar, welche sich nach der erfolgten Perestroika in Russland festsetzte, und man nimmt den Mund nicht zu voll, wenn man behauptet, dass kaum eine andere Person das Denken der Führungsschicht in Russland mehr prägte als Alexander Dugin (wenngleich wenngleich zu vermuten ist, dass Dugin nur die «Sprechpuppe» anderer Leute darstellt). Im Jahr 2001 gründete Dugin die «Eurasien-Bewegung», die er bis heute anführt. Ziel der Bewegung war und ist die Errichtung eines eurasischen Imperiums von Lissabon bis Wladiwostok unter der Führung Russlands, auf der Grundlage der «Vierten Politischen Theorie». Seine eurasische Lobby ist, wenn auch relativ unbekannt, eine ausserordentlich mächtige. Obwohl über das Verhältnis der beiden wenig bekannt ist, war Dugin geopolitischer Berater des russischen Präsidenten Wladimir Putin und auch anderer hochrangiger Kreml-Politiker. Sein enormer Einfluss wird vor allem dadurch deutlich, dass Wladimir Putin sich kongruent mit Dugins Ideologie verhält und sich auch dementsprechend äussert, z.B. wenn er die Erschaffung einer «Eurasischen Union» einfordert. Dugin sagt selbst: «Die rasche Verbreitung meiner Ideen in Russland hat Putin zutiefst beeinflusst […].» Schlussendlich lässt sich das Handeln des «postsowjetischen» Russlands nur unter Berücksichtigung dieser eurasischen Agenda und der kommunistischen Langzeitstrategie korrekt nachvollziehen und einordnen.
Fortsetzung auf Seite 17