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architektur] Ferienhaus in Griechenland

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HEINZE SELECT 05

HEINZE SELECT 05

Autor: Oliver Hanna

Erdverbunden

nCAVED Ferienhaus in Griechenland

Auf der rauen Kykladeninsel Serifos liegt an einer abgelegenen Felsenbucht das ungewöhnliche Ferienhaus nCAVED, das vollkommen in die Erde hineingebaut ist. Dieser Besonderheit verdankt es seinen Namen, denn „encaved“ heißt wörtlich „eingegraben“. Genau diese unterirdische Bauweise schützt das Gebäude vor Sonne und Wind und lässt es zum unmittelbaren Bestandteil der Landschaft werden. Perfekt macht das Ganze die Dachbegrünung mit heimischen, dürretoleranten Arten, welche die 360 Quadratmeter Dachfläche förmlich in der Erde verschwinden lassen.

Die griechische Insel Serifos gehört zur Inselgruppe der Kykladen im Ägäischen Meer. 33 der über 200 Kykladeninseln sind bewohnt und Serifos ist nach einer Geschichte des Bergbaus und der Metallgewinnung über den Zeitraum von fünf Jahrtausenden heute eine reizvolle Urlaubsinsel mit schroffen Landschaften, baumlosen Hügeln, rauen Winden und höchst malerischen Stränden. An der Ostküste der Insel plante das in Athen ansässige und bereits mehrfach ausgezeichnete Architekturstudio MOLD Architects ein Privathaus, das seinesgleichen sucht. Es muss überhaupt gesucht werden, weil es sich so perfekt in der Erde versteckt. In die Erde zu bauen, ist gerade in Griechenland ein Trend, da es sinnvoll ist, ein Gebäude auf diese Weise vor Sonne und Wind zu schützen. Gleichzeitig ergibt sich hier durch die Hanglage eine atemberaubende Aussicht auf die Ägäis. So bleibt die hügelige Landschaft fast unberührt und der Blick unverbaut.

nCAVED ist ein privates Ferienhaus auf der griechischen Insel Serifos und ein Paradebeispiel für naturverbundenes Bauen.
Foto] Yiorgis Yerolymbos

Keilförmige Architektur

Die Form des Baukörpers folgt dem sanften Gefälle des 6.000 Quadratmeter großen Grundstücks an dem felsigen Hang. Es fällt auf, dass klare Linien und Formen dominieren, denn die Architekten projizierten ein rechteckiges Raster über den Hang, woraus sie Körper und Hohlräume über insgesamt drei Ebenen auf rund 400 Quadratmetern ausbildeten: Schlafbereich und Wohnbereich sowie ein Gästebereich auf der untersten Ebene. Elegante Innen- und Außentreppen verbinden alles miteinander. Die terrassenförmige Anordnung der Räume und die keilförmige Architektur ermöglichen die weiten Ausblicke von allen Etagen aus.

Verbindung zwischen innen und außen

Im Inneren prägen diese nach vorn gerichteten Blicke auf das Meer den Raumeindruck und ebenso rückwärtig gelegene, offene Fenster zu einem begrünten Lichthof. Beides schafft die intensive visuelle Verbindung von Innen- und Außenraum. Das ist auch funktional, denn dort, wo eigentlich die dunkelste Stelle des Gebäudes zu erwarten wäre, leitet der Lichthof wertvolles Tageslicht von oben nach ganz unten. Das Spiel mit Licht und Schatten hat bei Wohnungen, die in die Erde gebaut sind, natürlich eine besondere Bedeutung und ist im Wechsel der Tages- und Jahreszeiten zu berücksichtigen. Auffällige Licht- und Schattenmuster erzeugen auch die semitransparenten Holzlamellen der Pergolaüberdachungen.

Die terrassenförmige Anordnung der Räume im Hang garantiert überall diese atemberaubende Aussicht.
Foto] Yiorgis Yerolymbos

Natürliche Materialien aus der Region

MOLD Architects haben Stein, Sichtbeton, Eichenholz und Stahl bewusst als natürlich wirkende Oberflächen belassen und erklären: „Materialauswahl und Farbpalette verstärken den Eindruck, in einer mit der Natur verbundenen Umgebung zu wohnen. Denn die Bewohner sollen auf intensive und im Wortsinn berührende Weise in und mit den Elementen leben.“

Ein weiteres Schlüsselkonzept der Architekten ist die Verwendung lokaler Materialien, wie zum Beispiel Natursteine, die auf dem Grundstück ausgegraben wurden und für die Steinmauern sowie für die Gestaltung der Dachbegrünung wieder eingesetzt wurden. Man verwendete auch Granit und Metall – in Erinnerung an die Bergbaugeschichte der Insel.

Holzlamellen, Steinmauern, Wasserflächen – das Gebäude nimmt alle Farben und Elemente aus der Umgebung auf.
Foto] MOLD architects

Schutz vor Hitze und Wind

Das nCAVED-Haus hat hervorragende bioklimatische Eigenschaften. Die Anordnung der Räume mit ihren großen meeres- und hangseitigen Öffnungen führt zu einer natürlichen Windzirkulation und somit zu einer passiven Kühlung. Das Gebäude ist hervorragend vor den starken Nordwinden geschützt und zugleich vor Überhitzung, da das angrenzende Erdreich sowie die Begrünung sämtlicher Dachflächen als effektiver Klimapuffer wirken. So können Energieverbrauch und Betriebskosten des Gebäudes niedrig gehalten werden.

Der Übergang von Gründachfläche und Erdreich ist nahezu unsichtbar.
Foto] Yiorgis Yerolymbos

Doppelt hilfreich

Die Betondachflächen wurden aus statischen Gründen mit raumüberspannenden Trägern aus Stahlbeton versteift. Im Bauwesen spricht man von sogenannten Unterzügen, wenn diese für die Lastübertragung zuständigen Teile von der Decke nach unten zeigen und von Überzügen, wenn diese nach oben ragen. Da die schlichten Innenräume bei nCAVED die gleiche Raumhöhe haben sollten, kamen solch sichtbare Unterzüge an der Decke nicht infrage, sondern nur Überzüge. Diese Überzüge haben in diesem Fall den zweiten großen Vorteil, dass sie gleichzeitig als Schubschwellen für die Schrägdachbegrünung fungieren. Die Überzüge sind als Bestandteil der Gesamtfläche fachgerecht abgedichtet dank einer zweifach bituminösen, wurzelfesten Dachabdichtung und ringsum mit einem XPS Umkehrdämmstoff verkleidet.

Axonometrie
Credit: MOLD architects

Multifunktionale Rollenware

Für die Dachbegrünung wählte man den ZinCo-Systemaufbau mit Fixodrain XD 20, weil diese Rollenware nicht nur schnell und effizient zu verlegen ist, sondern gleich mehrere Funktionen in einem vereint: Schutzlage, Wasserspeicherung, Dränage, Belüftung und das Filtervlies ist auch gleich aufkaschiert. Aufgrund der großen Auflagefläche und der stabilen Verbindung fungiert die Rollenware direkt als Schutzlage auf der Abdichtung. Die Bahnen werden nämlich mittels einrastender Noppen an den Längsseiten untereinander fixiert, wodurch sich sofort eine Scheibenwirkung ergibt. So ist eine durchgängige Schutzschicht geschaffen, die auch auf geneigter Dachfläche lagesicher bleibt. Die 2 Zentimeter hohen Elemente aus tiefgezogenem Recycling-Polyolefin verfügen oberseitig über eingeformte Mulden zur Wasserspeicherung und ein netzartiges Kanalsystem zur Dränage. Das aufkaschierte und an den Längs- und Kopfseiten rund 10 Zentimeter überlappende Filtervlies bildet eine geschlossene Oberfläche, welche das Eindringen von Feinteilen aus dem Substrat verhindert.

Das auf die Begrünung abgestimmte Extensivsubstrat aus Bims und Perlit stellte die ZinCo-Partnerfirma egreen her.
Foto] egreen

Gewichtssparender Aufbau

Direkt auf das Fixodrain XD 20 verlegte man extra eine Isolierung aus rund 20 Zentimeter hohen EPS-Schaumstoff blöcken, die statisch kaum ins Gewicht fallen. Um auch den weiteren Aufbau so leicht wie möglich zu halten, wählte man eine 15 Zentimeter dicke Schicht Bims als Untersubstrat. Bims ist ein rein mineralisches, poröses Material vulkanischen Ursprungs und daher besonders leicht und wasserspeichernd. Darauf folgten rund 15 Zentimeter eines auf die gewünschte Begrünung abgestimmten Extensivsubstrats, das von der griechischen Partnerfirma egreen nach ZinCo-Vorgaben hergestellt wurde. In diesem Fall sind auch Perlite als wasserspeichernder Zuschlagsstoff beigemischt.

Lokale braune Erde und Felsbrocken aus der direkten Umgebung kamen ganz zuoberst auf das Dach, um es optisch perfekt in die Umgebung einzubinden.
Foto] egreen

Fast unsichtbar

Die oberste Deckschicht bildeten schließlich 4 bis 5 Zentimeter lokale Erde, sodass sich optisch keinerlei Unterschied mehr zum gewachsenen Boden der Umgebung ausmachen lässt. Genau zu diesem Zweck sind sogar kleinere Felsblöcke auf dem Gründach eingestreut. Alles in allem sind damit rund 60 Zentimeter Aufbauhöhe erreicht zum niveaugleichen Anschluss an die seitlichen Steinmauern und das umgebende Gelände. Selbstredend wurde eine trockenheitsverträgliche Bepflanzung gewählt, die sich genau an der örtlichen Vegetation orientiert. Eine Tröpfchenbewässerung stellt sicher, dass sich die Pflanzen auf dem Dach genauso entwickeln wie die Nachbarpflanzen in der Umgebung. So ist der Übergang vom Dach zum Erdreich fast unsichtbar.

Wiederentdeckung

Das mehrfach preisgekrönte nCAVED ist ein in die Erde gebautes Haus, das aus architektonischer und ökologischer Sicht einfach überzeugt. Die moderne Architektur hat mit den sogenannten Cave Houses, also Höhlenhäusern, mit Erdhäusern und Erdhügelhäusern bereits viele beeindruckende, innovative Wohnräume geschaffen.

Längst haben die Architekten diesen archaischen Ursprung wiederentdeckt. Denn die Höhle als Urbehausung der Menschen ist Inbegriff von Schutz und Sicherheit und wird daher unterbewusst immer ein angenehmes Wohngefühl vermitteln.

www.zinco.de

MOLD Architects
Athen, Griechenland

info@moldarchitects.com

www.moldarchitects.com

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