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MADE IN MEPPEN

Bergmanns Kommunallinie im Fokus

Wenn ein etablierter Baumaschinen-Hersteller plötzlich Geräte für den kommunalen Markt herstellt, sorgt das erstmal für Verwunderung. Was dabei für erwähnenswerte Maschinen herauskommen, konnte Bauhof-online.de kürzlich beim Besuch der Bergmann Maschinenbau GmbH beobachten.

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Von TIM KNOTT

In Meppen entwickelt, produziert und vertreibt Bergmann Maschinen unter einem Dach.

Meppen in Niedersachsen. Auf dem Gelände der Bergmann Maschinenbau GmbH werden Maschinen unter einem Dach entwickelt, produziert und vertrieben. Trotz des großen Maschinenparks auf dem Gelände ist der Hingucker aber ein anderer. Denn hoch über dem Gelände ragt der riesige Kühlturm des stillgelegten Dampfkraftwerks Meppen-Hüntel in die Höhe, auf dem eine gigantische Weltkarte abgebildet ist. „Laut Guinnes übrigens die größte Weltkarte überhaupt“, bemerkt Dirk Fasthoff, Bereichsleiter Fahrzeugbau beiläufig.

Fast könnte der Eindruck entstehen, dass das Unternehmen etwas mit der Karte zu tun hat, die von der Farbgebung ein bisschen nach Kommunalorange aussieht. Und um kommunale Geräte soll es schließlich heute auch gehen. „Kommunale Geräte?“, wird jetzt der eine oder andere fragen. „Bergmann produziert doch für den Baubereich!“ Das stimmt auch nach wie vor, allerdings hat das Unternehmen sein Portfolio erweitert. Genauer gesagt um zwei Produkte: die Funkraupe M201 und den vollelektrischen Allradtransporter M804e. Und genau die werden heute genauer unter die Lupe genommen.

Sicher mähen mit der Raupe

Etwas verwunderlich ist die Wandlung des Herstellers aber schon, der in seiner bisherigen Geschichte wenig Kontakte zum Kommunalen hatte. Vor mittlerweile über 60 Jahren wurde die Firma gegründet und war zuerst in der Reparatur von Landwirtschaftsgeräten tätig. Schließlich begann sie mit der Konstruktion eigener Produkte und ist mittlerweile eine etablierte Größe im Baumaschinen-Bereich. Warum also die Neuorientierung zum Funkraupen-Hersteller? Wie so viele Projekte begann auch hier alles mit einem Kundenwunsch. So kam ein Unternehmer auf die Meppener zu, der Arbeitsaufgaben auf einem Truppenübungsplatz übernehmen musste und dem Risiko ausgesetzt war, beim Mähen auf scharfe Munition zu stoßen. Natürlich sei es auch möglich, für diesen Zweck einen gepanzerten Geräteträger zu konstruieren, „jedoch besitzen versteckte Sprengkörper trotzdem eine nicht zu kalkulierende Gefahr für Mensch und Maschine“, erklärt Fasthoff. Aufgrund des beträchtlichen Verletzungsrisikos, sei deswegen eine funkferngesteuerte Raupe die einzige Möglichkeit gewesen. Neben Abnehmern wie der Bundeswehr habe es aber noch andere, kommunale Interessenten gegeben. Kein Wunder, denn die Raupe ist für zahlreiche Einsatzgebiete im GaLaBau oder Forstbereich geeignet. Bergmann kooperiert mit Herstellern wie SEPPI M, Müthing oder Ufkes Greentec, um zahlreiche Anbaugeräte für die Raupe zur Verfügung zu stellen. Für den problemlosen Wechsel werden diese mit einem Schnellkuppler ausgestattet. Um auch an Hängen eine gute Haltbarkeit zu gewähr-

Abb. links: Standardmäßig ist der M804e mit einer Drei-Seiten-Kipp-Pritsche ausgestattet, aber auch zahlreiche Anbauten wie Bewässerungsanlagen, Schneeschilde oder Kehrbesen sind möglich. Wie so oft begann die Konstruktion der Funkraupe M201 durch einen Kundenwunsch.

Bergmanns Kommunallinie im Fokus

Bei der Fernbedienung der Funkraupe setzen die Meppener auf Individualität. So lassen sich die beiden Joysticks je nach Präferenz des Anwenders belegen.

leisten, lässt sich das Raupenfahrwerk beidseitig ausfahren. Beim Mähen wird der leistungsstarke Dieselmotor zusätzlich von Bergmanns System Speed Work Control unterstützt, das unerwartete Geschwindigkeitssprünge verhindert und für ein gleichmäßigeres Mähbild sorgt. Die stufenlos verstellbare Geschwindigkeit reicht dabei bis 8,5 km/h. Bei der Fernbedienung setzen die Meppener auf Individualität. So lassen sich die beiden Joysticks je nach Präferenz des Anwenders belegen, damit die Maschine nach individuellen Vorlieben bedient werden kann.

Starker E-Allradtransporter

Zweiter Eintrag in der Kommunallinie ist der vollelektrische Allrad-Transporter M804e. Dieser kam allerdings nicht aufgrund von Kundenwünschen zustande, sondern durch die Entwicklung der Motoren-Auflagen. Denn wenn die Abgastechnik allein mehr als der eigentliche Motor kostet, bleibt für manche Anwendungen nur Akku-Technologie übrig.

Bei der Konstruktion ihres Allrad-Transporters einen E-Motor in ein bestehendes Dieselfahrzeug einzusetzen, war für die Emsländer allerdings keine Option. Denn während ein Anwender bei Dieselmaschinen sozusagen auf dem Motor sitze, ermögliche die Akkutechnologie eine flexiblere Bauweise, erläutert Fasthoff. Beim M804e äußert sich diese vor allem durch einen niedrigen Fensterstand, sodass aus der Fahrerkabine mehr Übersicht garantiert wird. Eine weitere ÜbersichtsMaßnahme ist der Drehsitz, mit dem die Anwender per Hebel ihre Fahrausrichtung ändern können. Unterstützend ist noch ein zweiter Sitz eingebaut, sodass eine weitere Person bei der Arbeit Platz hat und Prozesse auf der Ladefläche beaufsichtigen kann. Standardmäßig ist der Transporter mit einer Drei-Seiten-Kipp-Pritsche ausgestattet, aber auch zahlreiche Anbauten wie Bewässerungsanlagen, Schneeschilde oder Kehrbesen sind möglich.

Vollkommen ausreichend: die Laufzeit

Die Ressourcen für den Transporter stammen fast zu 100 Prozent aus Deutschland, einzig die Zellchemie der Lithium-Eisenphosphat-Batterien kommt aus Asien. Diese können an Steckdosen oder Ladesäulen aufgeladen werden und reichen ladungstechnisch für einen ganzen Arbeitstag aus. Im Härtetest hat das Unternehmen eine Volllast-Fahrt durchgeführt, bei der der M804e mit einer Ladung 3,5 Stunden Arbeitszeit realisieren konnte. „Vollkommen ausreichend“, sagt Dirk Fasthoff. Sein Unternehmen habe durch Telematik-Daten vergleichbarerer Maschinen die tägliche Nutzungszeit gut ermitteln können. „Anwender arbeiten zwar acht Stunden, die reine Netto-Fahrzeit ist aber deutlich geringer“, fasst der Bereichsleiter für Fahrzeugbau zusammen.

Fokus liegt hier logischerweise auch weniger auf der Reichweite und mehr auf der Nutzlast. Und hier spielen die Konstrukteure die Stärken der E-Mobilität voll aus, denn E-Fahrzeuge bis 4.250 kg können mit der Führerscheinklasse B gefahren werden, was die Zugänglichkeit beim Anwender erleichtert.

Auf der Rüttelplatte: die Fahrt mit dem M804e

Doch wie fährt sich der M804e? Auf Asphalt ziemlich gut. Der elektrische Allradantrieb macht einen soliden Eindruck und die Beschleunigung geht zackig voran. Besonders beeindruckend ist der enge Wenderadius, der durch Umstellung beider Fahrachsen in den Kurven erreicht wird. Zusammen mit den angenehm leisen Betriebsgeräuschen wirkt der Transporter wie geschaffen für Arbeiten im beengteren, urbanen Umfeld.

Offroad sieht die ganze Sache allerdings etwas anders aus. Sobald die geteerten Straßen verlassen und sandige Wege befahren werden, verwandelt sich der Allrad-Transporter in eine Rüttelplatte der besonderen Art. Zwar kommt der M804e gut voran und walzt sich unbekümmert durch das sandige Gelände. Der Anwender muss allerdings streckenweise die Fahrt verlangsamen, um nicht allzu sehr durchgeschüttelt zu werden. Gefederte Sitze? Fehlanzeige. Fairerweise sollte hier allerdings erwähnt werden, dass diese optional angeboten werden und beim Einsatz in unwegsamem Gebiet auf jeden Fall dazugekauft werden sollten.

Denn eins ist klar: der M804e wird auch abseits der Wege mit Widerständen fertig. Dazu ist die Konstruktion mit einem pendelnden Drehgelenk ausgestattet. Dieses konnte zwar aufgrund mangelnder Hindernisse auf der Teststrecke nicht ausgiebig getestet werden, aber es ist unschwer vorstellbar, dass auch GaLaBauer mit dem M804e glücklich werden. Nach Jahrzehnten im Bauwesen scheint Bergmann also auch im Kommunalen gut angekommen zu sein.

Der E-Transporter M804e ist mit einem Drehsitz ausgestattet und ermöglicht so einen flexiblen Einsatz.

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