2 minute read

Rechtsecke

Strassenlampen oder Fledermäuse?

Darf eine Fledermauskolonie durch die bauliche Errichtung zweier neuen Strassenlampen gestört werden? – Diese Frage beschäftigte ein Kantonsgericht während 4 Jahren.

Advertisement

TEXT: Richard Calame, Rechtsanwalt

Am Eingang eines Weilers sollten zwei neue Strassenlaternen aufgestellt werden. Dagegen erhoben die Eigentümer eines in unmittelbarer Nähe stehenden Wohnhauses Beschwerde. Daraufhin wurde die Beschaffung der Strassenlaternen öffentlich ausgeschrieben. In ihrer Einsprache kritisieren die Besitzer das Fehlen einer Sonderbewilligung im Zusammenhang mit der Störung einer Kolonie von Fledermäusen, welche in ihren Mauern leben würden.

Das Kantonsgericht beurteilte die Angelegenheit, nach 4 Jahren Verfahrensdauer, in einem Entscheid von 18 Seiten. Es hielt zunächst fest, dass die Einrichtung von Strassenlampen baubewilligungspflichtig ist, und daher öffentlich auszuschreiben ist. Öffentliche Lichtanlagen sind notwendige Nebeninstallationen für den Unterhalt oder die Nutzung einer Strasse.

Die Einrichtung von zwei Strassenlaternen bedarf einer lichttechnischen Studie. Diese hat zu prüfen, ob die Beleuchtung gleichmässig und genügend ist und keine Schattenzonen zulässt; sie hat weiter die Konformität des Projektes sicherzustellen bezüglich, mit unter anderen, den spezifischen Vorschriften zur öffentlichen Beleuchtung (SN EN 13201), d. h. den Empfehlungen zur Vermeidung von Lichtemissionen des Bundesamtes für Umwelt (BAFU), welche wiederum auf den Richtlinien der Schweizer Lichtgesellschaft (SLG) basieren. Das Gericht hat sich besonders eingehend mit den Fledermäusen beschäftigt, welche durch die beiden Strassenlaternen in ihrer Ruhe gestört werden. Es gelten Bestimmungen von nicht weniger als drei internationalen Texten (Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume, anwendbar auf «alle Arten der Microchiroptera, ausser der Pipistrellus», Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wildlebenden Tierarten sowie das Abkommens zur Erhaltung der europäischen Fledermauspopulationen), das Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) und der dazugehörenden Verordnung, sowie die kantonale Gesetzgebung mit ihrem Reglement, gemäss welchem es untersagt ist, wildlebende Tierarten auf irgendeine Weise zu stören. Vorgeschrieben ist eine Bewilligung des entsprechenden Amtes, für jegliche Arbeiten, Einrichtungen oder Anlässe, welche die Fauna stören könnten (Art. 2, Ab. 1 und 2).

Weiter kommt eine «Liste der National Prioritären Arten» zur Anwendung, die regelmässig vom BAFU herausgegeben wird, welche sich auf die «rote Liste der in der Schweiz bedrohten Chiropteren» bezieht, die wiederum zwischenzeitlich durch die neue «rote Liste der Fledermäuse», von Bohnenstengel & al. ersetzt worden ist.

Die Gesetzgebung schützt zwar Biotope, definiert diese aber nicht näher. Gemäss Dafürhalten der Richter können Mauern des Gebäudes, in welchen die Fledermäuse hausen jedoch nicht als Biotop qualifiziert werden. Die «Nester und Brutstätten» dieser Tierarten geniessen jedoch einen eigenen.

Fazit: Ohne Spezialbewilligung kommt eine Störung der Fledermauskolonie nicht in Frage. Die Akte enthielt jedoch weder eine lichttechnische Studie noch die nötige Sonderbewilligung. Die Baubewilligung für die beiden Strassenleuchten wurde demzufolge annulliert.

Aus einem kürzlich ergangenen Gerichtsentscheid (TC-CDAP, Entscheid vom 10.12.2020, VD AC.2017.0209)

RICHARD CALAME, Rechtsanwalt

Haben Sie eine Rechtsfrage?

In der Rechtsecke behandeln wir Themen, die unsere Mitglieder besonders interessieren. Welche konkrete Frage zu Rechtsthemen auf dem Bau möchten Sie hier beantwortet haben?

This article is from: