Streit-fragen
Das Magazin der Energie- und Wasserwirtschaft
Jetzt
neu!
Juni 2015 KWK
Unternehmen setzen weiterhin auf die effiziente Technologie Abwasser
Brauchen wir die 4. Reinigungsstufe?
Neue Aussichten
Kleinteiliger, grüner, dezentraler: Die Energiebranche ist im Umbruch. Der Kunde wird zum Prosumer, der Konsument zum Wertschöpfer – und Partner.
BDEW0115_Titel_Rücken.indd 3
11.06.15 16:39
THEMA • INTRO
»Der prozentuale Anteil der Netzbetreiber, die vom vereinfachten Verfahren Gebrauch machen, [ist] mit ca. 80 Prozent spartenübergreifend sehr hoch und stößt auch bei der Europäischen Kommission auf rechtliche Bedenken. Es wird daher eine Absenkung der bestehenden Schwellenwerte auf 7.500 angeschlossene Kunden für Gasnetzbetreiber und 15.000 angeschlossene Kunden für Stromnetzbetreiber geprüft.« Eckpunktepapier des Bundeswirtschaftsministeriums zur Novellierung der Anreizregulierung, 16.3.2015
2
STREITFRAGEN
— Juni 2015
Titel und Rücktitel Foto: Plainpicture, Jan Philip Welchering, Shutterstock; Montage: C3 Visiual Lab
INTRO Streitpunkt Energie
Titel und Rücktitel Foto: Plainpicture
INTRO • THEMA
»Die konkrete Ausgestaltung der Anreizmechanismen fällt im Prinzip in den Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten. Die Europäische Kommission hat bislang keine formalen Bedenken bzgl. der Rechtmäßigkeit der bestehenden Schwellenwerte geäußert.« Brief von Cristina Lobillo Borrero an Hildegard Müller im Namen von Miguel Arias Cañete, EU-Kommissar für Klimaschutz und Energie, 30.4.2015
STREITFRAGEN
BDEW0115_02-07_Inhalt_Intro_Editorial.indd 3
— Juni 2015
3
10.06.15 11:21
ANSTOSS
Lautlose Angriffe aus dem Netz Seit Stuxnet das iranische Atomprogramm um Jahre zurückgeworfen hat, ist klar: Hacker können physischen Schaden anrichten, Stromnetze zusammenbrechen lassen oder Verkehrsstaus provozieren. Dies kann großflächig und Chaos auslösend passieren oder, subtiler, als immer wieder auftretende kleine Störungen. Niemand würde ein Hacking vermuten. Dennoch kann eine Firma oder eine ganze Volkswirtschaft nachhaltig geschädigt werden. IT-Systeme sind irrsinnig komplex und die Gegner raffiniert. Klassisches Hacking war gestern, Social Engineering ist heute. Denn: Auch das beste Sicherheitssystem schützt nicht vor der Gefahrenquelle Mensch. Hierbei werden Personen zum Beispiel bei Energieerzeugern oder Netzbetreibern gezielt ausgespäht, ohne dass sie es merken. Sie erhalten maßgeschneiderte E-Mails, deren Anhänge sie unachtsam öffnen. Hat sich die dahintersteckende Schadsoftware installiert, werden Daten und Passwörter gestohlen. Von diesem Computer aus kann man das Vertrauen weiterer Mitarbeiter gezielt missbrauchen, bis man genug Material für den wirklichen Angriff hat. Das Cabernak-Schadprogramm funktionierte so, mit dem der bis heute größte Bankraub aller Zeiten stattfinden konnte. Dabei sind die Cyberkriminellen unter anderem direkt in das Herz der Buchhaltungssysteme der Geldinstitute eingedrungen, um Kontensaldi zu erhöhen und im Anschluss die überschüssigen Geldmittel durch eine Überweisung zu entwenden. Eins ist klar: Im Zuge zunehmender Vernetzung wird die Bedrohung durch Cyberkriminalität insgesamt anwachsen. Die G7-Staaten haben daher beschlossen, gemeinsam den Schutz der Infrastrukturen zu verbessern, denn die Kraftwerke und Stromnetze der Zukunft werden von Computern gesteuert. Wir werden Angriffe nicht immer verhindern können. Ich empfehle daher, zusätzlich systemisch zu denken. Das Smart Grid muss robust funktionieren, selbst wenn Teile korrumpiert sind. Große Netze sollten etwa in Micro Grids zergliedert sein, sodass mit einer Netztrennung gezielt auf Angriffe reagiert werden kann, ohne dass sie sich ausweiten.
JÖRN MÜLLER-QUADE, Professor für Kryptographie und IT-Sicherheit am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Thema auf streitfragen.de/ impulse und im Heft auf Seite 18
4
STREITFRAGEN
Foto: Martin Wagenhan
Mehr zum
— Juni 2015
BDEW0115_02-07_Inhalt_Intro_Editorial.indd 4
10.06.15 11:22
Foto: Martin Wagenhan
AUFRUF • ANSTOSS
Liebe Leserinnen, liebe Leser, die politischen und regulatorischen Entscheidungen auf nationaler und europäischer Ebene prägen nach wie vor die Rahmenbedingungen der Energie- und Wasserwirtschaft. Der BDEW begleitet diese weiter konstruktiv und wenn nötig auch kritisch. Zuletzt haben uns einige Überlegungen der Politik das Leben nicht gerade leicht gemacht. Doch zunehmend hat die Energiewende noch eine andere Dynamik bekommen, weit jenseits der politischen Entscheidungen. Die neuen, schon heute spürbaren marktumwälzenden Triebfedern für unsere Branchen lauten Dezentralisierung, Digitalisierung und „Prosumer driven change“. Die Diskussion um die Geschäftswelt von morgen hat längst begonnen. Wie können die Unternehmen auf diesen Wandel reagieren? Wie neue Geschäftsmodelle entwickeln? Mit unseren neu konzipierten Streitfragen möchten wir Ihnen neue Denkanstöße zu diesen Fragen geben. Mit originellen Formaten, detailreichen Grafi ken und interessanten Protagonisten versteht sich Streitfragen als Impulsgeber. Lassen Sie uns gemeinsam den Blick nach vorne wagen und kommen Sie mit uns ins Gespräch – beispielsweise über unsere neue Website. Mit www.streitfragen.de haben wir eine Plattform geschaffen, auf der die aktuellen Diskussionen und Magazinthemen offen, kritisch und fair in Echtzeit weitergeführt werden können. Daneben wird die Printausgabe künft ig dreimal jährlich erscheinen. Wie Sie sehen, werde ich übrigens in Zukunft den ersten Platz im Magazin – wie in dieser Ausgabe Herrn Prof. MüllerQuade – Ihnen überlassen. Thematisieren Sie an dieser Stelle die Fragen und Probleme, die Sie beschäft igen und über die überhaupt oder mehr diskutiert werden sollte. Egal, wie groß Ihr Unternehmen ist, egal, was Sie bewegt, geben Sie allen einen Anstoß.
HIER KÖNNEN SIE EINEN ANSTOSS GEBEN! Einfach eine E-Mail an: streitfragen@bdew.de Nicht drängeln.
Viel Freude mit den neuen Streitfragen, Hildegard Müller
Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung und Mitglied des Präsidiums des BDEW STREITFRAGEN
BDEW0115_02-07_Inhalt_Intro_Editorial.indd 5
— Juni 2015
5
10.06.15 11:22
2
FIN
.50
18
3.858 | 21
4
20
SCHWEDEN
Streit— fragen
3. SCHLAGZEILEN: 50 STREITFRAGEN DIGITAL: 52 TERMINE/IMPRESSUM: 53 DÄNEMARK 9.801 | 12.785 | -2.984 OUTRO: 54
1.778
773
4. 69 4
INTRO: 2 ANSTOSS: 4 ZAHLEN: 16 EIN THEMA, ZWEI MEINUNGEN: 40
3.983
4.529
NIEDERLANDE
672 | 2.813 | -2.141
0
17.899 | 32.853 | -14.954
BELGIEN
4
9.39
8
11.950
2 .12
96 5
263
11.475
4.591
1
83
495
95
Wie viel Strom von einem ins andere 70 5 EU-Land fließt – und zurück. 24
KROATIEN
27
1.535
5.9
63
2.3
4
0
116
01
7
28
4.
32.439 | 28.116 | 4.323
0
ITALIEN
SPANIEN
3.008 | 46.756 | -43.748
»Prosumer driven change« 7.2 15.481 | 12.308 | 3.173
47
Wer zu spät kommt, wird überholt.
PORTUGAL
6.343 | 7.247 | -904
DEUTSCHLAND
4
5
18
99
FRANKREICH
7
67
LUXEMBURG
2.051 | 6.974 | -4.923
5.
7
05
1.
26
»Hartz IV für Kraftwerke«:
1.1 12
Der Konsument von früher wird zum Produzenten. Viele Branchen reagieren darauf mit neuen Geschäftsmodellen.
BELGIEN
ein Mythencheck.
Experten von morgen. 42
Die Zukunft ist elektrisch!
Was passiert eigentlich, wenn der Akku im Auto für 3.000 Kilometer reicht – ein Szenario. 36
Fotos: Jan Philip Welchering (2), Getty Images, Plainpicture, Stadtwerke Flensburg, Olaf Bathke, Malte Jäger, Getty Images; Illustrationen: C3 Visual Lab
8
5.18
82
22
12
.5
4.
.4
15
61
9.962 | 7.249 | 2.713
24
Alles im Fluss
43
5.695 | 19.083 | -13.388
SLOWENIEN
2.889
6.3
UNGARN
548
3.119
547
10.000
69
18.791 | 28.044 | -9.253
32.439 | 28.116 | 4.323
FRANKREICH
73.575 | 7.799 | 65.776
58
9.3
2.5
ÖSTERREICH
5.821
S
11.861
57
3. 73
68
11
6.267
48
SCHWEIZ
6
14
15.0
7
1
68
7.
TSCHECHIEN
32.439 | 28.116 | 4.323
.47
14
3
52 3.831
14
5.
11.341 | 13.509 | -2.168
51
DEUTSCHLAND
74.591 | 38.893 | 35.698
8 .78
POLEN
04
9.2
8
9.58
2
3.04
3.704 | 23.169 | -19.465
348
GROSSBRITANNIEN
24.340
172
4.190 | 21.698 | -17.508
STREITFRAGEN
LITAUEN
897 | 8.520 | -
11
7.862
IRLAND
2.566
6
91 3.0
7 10
Juni 2015
32.513 | 16.148 | 16.365 1 81
1.340
6 107
— Juni 2015
BDEW0115_02-07_Inhalt_Intro_Editorial.indd 6
10.06.15 11:22
Fotos: Jan Philip Welchering (2), Getty Images, Plainpicture, Stadtwerke Flensburg, Olaf Bathke, Malte Jäger, Getty Images; Illustrationen: C3 Visual Lab
Die Genügsamen
Zwei Unternehmen setzen auf Kraft-Wärme-Kopplung. So wollen sie die Energieversorgung der Zukunft sichern – flexibel, umweltschonend und effektiv. 34
Das EEG Solarmodule und Windräder sind inzwischen Normalität. Doch wie begann die Erfolgsgeschichte der grünen Energie und wie erneuerbar wird die Zukunft? Eine Zeitreise. 44
Klimabeitrag:
Zahlen
18
J etzt!
Digitalisierung
Hinkt die Branche hinterher? V S.
KONTER
Abwasser: Klärstufe Nummer 4
Spielen wir! Wie steht es um Ihr Kraftwerk – müssten Sie den Klimabeitrag zahlen oder nicht? Finden Sie es heraus. Aber denken Sie daran: Ist alles nur ein Spiel. 48
Wie muss der Gewässerschutz verbessert werden? UBA versus Wasserwirtschaft. 30 STREITFRAGEN
BDEW0115_02-07_Inhalt_Intro_Editorial.indd 7
— Juni 2015
7
10.06.15 11:23
STÖRFAKTOR • DEZENTRAL
Jeder macht Seins und dann ...
... schließt er sich mit anderen zusammen.
D
Foto: Getty Images
ie Energiewirtschaft erlebt derzeit einen historischen Umbruch. In seiner Tragweite kommt der radikale Schnitt, den viele Unternehmen erleben, der industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts gleich. Während jahrzehntelang die Gesetzmäßigkeit, die Gewissheit galt, dass Strom zentral in großen konventionellen Kraftwerken erzeugt wird, ist heute klar: Die ehemaligen treuen Kunden und Stromabnehmer werden selbstbewusst, nehmen ihre Energieversorgung selbst in die Hand und machen sie zu ihrer eigenen Sache: kleinteilig, grün, dezentral. Der Kunde wird zum Prosumer, der Konsument von früher wird zum Wertschöpfer. Überall entstehen neue Geschäftsmodelle und smarte, IT-getriebene Unternehmen drängen auf der Überholspur in den Markt. Die folgenden Beispiele aus anderen Branchen zeigen, was der „Prosumer driven change“ bedeuten kann. Für die Energiewirtschaft gilt wie für alle anderen Branchen: Wer zu spät kommt, hat das Nachsehen. Eine Anregung.
8
STREITFRAGEN
— Juni 2015
BDEW0115_08-15_Tabu-Dezentralisierung.indd 8
10.06.15 11:25
DEZENTRAL • STÖRFAKTOR
STÖR FAKT OR
it st m e l b e it e n s er ic h n : l le n s u nd b e e n e g o s id en w sun Lö ü rger rsorg chä ft det e v s n ti r B m e ve d G e e r bi n n d e o va eh e n r v In n e r m W ä r e n u e i s e e s d em r d D m ie w I m m u n k t e u pi e l s t au s m it d k t . D t a A r s o i e r k a n t e r S ue n . B d& H sma d -M z e n ne so Bode Clou zu ng Clou l lt de r. i er e n te a d e n i r m n H e e n d e m a s n u nt S e r v F e r e r r d i i e h d se d i si s c un eF d ie s a n e : D i a t h äu u g e n e i z t a p l x e e k e eh er r iv er z s id rk sb sta chä ft er i n P z ess Hau i rd . D vates o i s s r G e e S e r v e n p i e d a r mt w e s p r h n d l ä i c a e h rw s kl tr R e u rc e d er e im B e r me , w a s s e i ge n k ä s l W Tr i n nt a rk . e e s d a er d i a ft w v r r k e e S rm Wä
STREITFRAGEN
BDEW0115_08-15_Tabu-Dezentralisierung.indd 9
— Juni 2015
9
10.06.15 11:25
STÖRFAKTOR • DEZENTRAL
»Es geht nicht mehr so sehr um Besitz, sondern mehr um den Zugang zu außergewöhnlichen Erlebnissen.« Gunnar Froh, Geschäftsführer Deutschland von Airbnb
Privat übernachten: Gemeinsam mit anderen im Hotel? Muss nicht sein, lieber kostengünstiger und mittendrin im Leben: Immer mehr Menschen vermieten ihre Wohnungen über Airbnb für einige Tage und immer mehr Touristen nutzen das. Längst ist das Social Travelling eine neue, wirkungsmächtige Konkurrenz für die Hotelketten, wobei Airbnb als Online-Plattform lediglich den Kontakt zwischen Gastgeber und Gast herstellt und ausschließlich für die Abwicklung der Buchung verantwortlich ist – mit dem alteingesessenen Gastgewerbe hat dieses Modell fast gar nichts mehr zu tun. Doch der schnelle Erfolg zieht auch Verantwortung nach sich: Schon denken EU- und auch US-Behörden darüber nach, wie die Sharing Economy reguliert werden könnte.
10
STREITFRAGEN
— Juni 2015
BDEW0115_08-15_Tabu-Dezentralisierung.indd 10
10.06.15 11:25
DEZENTRAL • STÖRFAKTOR
»Alles wird frisch verpackt und bis an die Wohnungstür gebracht. Wir beliefern pro Woche bis zu 1.800 Kunden. Und es werden immer mehr.«
Fotos: Plainpicture, Fotolia
Franziska Rutscher, Pressesprecherin Ökodorf Brodowin Direkt vom Erzeuger: Entworfen als Gegenmodell zur anonymen Massenproduktion der industrialisierten Landwirtschaft, ist die Bio-Kiste ein System des Direktvertriebs von regionalen und saisonalen Lebensmitteln aus der ökologischen Landwirtschaft. Doch längst hat sich aus der Idee, Obst und Gemüse aus der Region vom Feld direkt zum Verbraucher zu bringen, ein boomendes Internetgeschäft entwickelt.
Unzählige Anbieter tummeln sich auf diesem Markt, die Kommerzialisierung findet längst statt. Untrügliches Zeichen: Erst kürzlich ist der kapitalstarke Start-up-Inkubator Rocket Internet ins Geschäft eingestiegen und hat den Online-Lieferdienst Bonativo ins Leben gerufen. Aus den Bio-Bauern von nebenan sind Versandprofis geworden. Die Bio-Romantik von einst ist zum Bio-Kapitalismus geworden.
STREITFRAGEN
BDEW0115_08-15_Tabu-Dezentralisierung.indd 11
— Juni 2015
11
10.06.15 11:26
STÖRFAKTOR • DEZENTRAL
»Der CrowdfundingMarkt wird enorm wachsen und sich in Segmente aufteilen.« Egbert Hünewaldt, Geschäftsleitung Deutschland von Oneplanetcrowd
Kapital vom Nachbarn – jeder kann zum Geldgeber werden: Beim Crowdfunding überzeugt man durch eine vielversprechende Geschäftsidee möglichst zahlreiche Kleinstanleger von seiner Sache, statt ein, zwei Großinvestoren zu gewinnen. Dafür werden die Geldgeber mit einer Gegenleistung belohnt. Crowdfunding wird auch zum Modell der Energiewende, denn grüne Investments sind beliebter denn je. Neue CrowdfundingPlattformen ermöglichen es jedem Bürger, schon mit wenig Geld in grüne Technologien zu investieren. So hat beispielsweise die Plattform Crowd Energy die alte Idee der Energiegenossenschaft ins Internet verlagert und sie um die Methode des Crowdfundings erweitert.
12
STREITFRAGEN
— Juni 2015
BDEW0115_08-15_Tabu-Dezentralisierung.indd 12
10.06.15 11:26
DEZENTRAL • STÖRFAKTOR
Mitmach-Lexikon statt Verlagsenzyklopädie: Wissen ist vielfältig und frei und Wikipedia der Pionier, wenn es um kol lektiven Wissenstransfer geht. Statt einer kleinen Expertengruppe in einem Verlag findet sich eine große Zahl von Menschen zusammen, die freiwillig online ihr Wissen teilen. Wikipedia hat sich als eine disruptive Idee erwiesen. Das einstige Flaggschiff bürgerlicher Belesenheit – das Brockhaus-Lexikon – wurde längst eingestampft. Es hatte der Entwicklung einfach nichts entgegen zusetzen. Dabei finanziert sich Wikipedia ausschließ lich über Spenden von Privatpersonen und Unter nehmen. Hinter Wikipedia steckt eine gemeinnützige Stiftung, deren Vermögen von Jahr zu Jahr ansteigt: Zum Ende des Geschäfts jahres 2013/2014 betrug das Stiftungsvermögen rund 53 Millionen Dollar.
Fotos: Plainpicture
»Wikipedia ist ein Ort, den wir alle aufsuchen können, um zu denken, zu lernen, und unser Wissen mit anderen zu teilen.« Jimmy Wales, Gründer von Wikipedia STREITFRAGEN
BDEW0115_08-15_Tabu-Dezentralisierung.indd 13
— Juni 2015
13
10.06.15 11:26
STÖRFAKTOR • DEZENTRAL
Carsharing – Teil des urbanen Mobilitätsmixes: Wer in Großstädten lebt und kein Auto hat, kann sich jederzeit eins leihen. Seit Kurzem gibt es auch private Carsharing-Angebote. Immer mehr Besitzer vermieten ihr Auto. Bis vor wenigen Jahren war der Begriff nur einigen Mitgliedern der urbanen Ökoszene geläufig, heutzutage ist Carsharing ein Massenphänomen. Die
Automobilbranche sieht die Entwicklung ambivalent. Einerseits bauen viele Autohersteller wie BMW mit DriveNow oder Mercedes mit Car2go eigene starke Flotten auf. Andererseits verlieren die Autobauer aufgrund des Carsharings immer mehr junge potenzielle Neuwagenkunden. Die Bedeutung des Autos als Statussymbol sinkt gerade für jüngere Leute bereits rapide.
»Jedes neue CarsharingAuto ersetzt zehn private. Netto wird die Fläche also um neun Stellplätze entlastet.« Willi Loose, Geschäftsführer Bundesverband Carsharing
14
STREITFRAGEN
Fotos: Jan Philip Welchering, Plainpicture
— Juni 2015
BDEW0115_08-15_Tabu-Dezentralisierung.indd 14
10.06.15 11:26
Fotos: Jan Philip Welchering, Plainpicture
DEZENTRAL • STÖRFAKTOR
»Gefragt sind Artikel, die nicht am Fließband, sondern auf nachhaltigere Weise produziert worden sind.« Claudia Helming, Gründerin von Dawanda
Do-it-yourself – kreativ kann jeder sein: Alle Produkte sollen handgemacht und individuell sein. Bei Dawanda verkaufen mittlerweile 280.000 Personen und Kleinfi rmen ihre selbst gestalteten Produkte in niedriger Stückzahl. Ähnlich wie bei Ebay ist der Anbieter direkt und ohne Umwege mit dem Käufer in Kontakt. Seit der Marktplatz
vor sechs Jahren aus der Taufe gehoben wurde, sind die Nutzerzahlen kontinuierlich gestiegen. Inzwischen hat Dawanda über zwei Millionen Nutzer. Für dieses Jahr wird ein Umsatz von sieben Millionen Euro erwartet – nach 4,5 Millionen Euro im Vorjahr. Ehemalige Strickmuttis werden zu fleißigen Unternehmerinnen – und die Plattform profitiert. STREITFRAGEN
BDEW0115_08-15_Tabu-Dezentralisierung.indd 15
— Juni 2015
15
10.06.15 11:27
FAKTEN • ZAHLEN
Erdgas punktet Die Deutschen heizen am liebsten mit Gas und Fernwärme
+ 19.750
49,9 Prozent der 2014 neu ge bauten Wohnungen werden mit Erdgas beheizt. Es folgt Fernwärme mit 21,1 Prozent.
1. Bei bestehenden Wohnungen konnte Erdgas 2014 seine Spitzenposition um 0,1 Prozent auf 49,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr leicht ausbauen. Fernwärme legt um 0,2 auf 13,5 Prozent zu.
Im Jahr 2014 gab es 265.000 Baugenehmigungen für neue Wohnungen. Das sind 19.750 mehr als im Jahr zuvor und entspricht einer Steigerung von 4,2 Prozent.
Guter Ruf Das Image der Strom- und Gasversorger hat sich gegenüber dem Vorjahr erneut verbessert. Auf einer Skala von -5 bis +5 liegen sie nun bei 0,7. Damit steigen die Stromanbieter in der Rangfolge um zwei Plätze auf und ziehen mit den Gasversorgern gleich. Die Wasserversorger haben beim Imageranking ihren 2. Platz hinter dem Handwerk behalten.
Auf der Rechnung Durchschnittlich
85 Euro betrug die monatliche Stromrechnung eines Haushaltes in Deutschland im Jahr 2014. Zum Vergleich: 2004 lag dieser Wert bei 52,39 Euro.
52 Prozent
betrug der Anteil von staatlichen Steuern und Abgaben am Strompreis für Haus halte 2014.
16
STREITFRAGEN
— Juni 2015
Fotos: Fotolia, C3; Illustration: C3 Visual Lab; Quellen: BDEW, UBA
Ein Zweipersonenhaushalt zahlt in Deutschland im Mittel pro Person für die Verwendung von täglich 122 Liter Trinkwasser 24 Cent pro Tag. Das schätzen rund 80 Prozent der Haushaltskunden laut einer aktuellen BDEW-Umfrage aufgrund der Wasserqualität und Versorgungssicherheit als sehr gut, gut oder angemessen ein.
ZAHLEN • FAKTEN
Erneuerbare-Energien-Anlagen in Deutschland
6.794 Wasserkraftanlagen*
13.589 Biomasseanlagen*
23.024 Windenergieanlagen an Land* In Deutschland wurden 2014 insgesamt 160,6 Milliarden Kilowattstunden Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugt. Damit ist ihr Anteil an der Stromerzeugung weiter gewachsen und beträgt nach vorläufigen Berechnungen 26,2 Prozent.
1.436.115 Solaranlagen* * Angaben sind von 2013
Gesamtinvestitionssumme in Erneuerbare Energien (in Mrd. Euro)
12,5 9,4 9,9 2006
2007
2008
18,6
2009
23,4
2010
20,3
2011
16,5
2012
Die Investitionssummen in Erneuerbare Energien haben sich von 2006 bis 2010 vor allem aufgrund der Investitionen in Photovoltaikanlagen mehr als vervierfacht, sind dann bis 2012 wieder zurückgegangen, während sie in Onshore-Windenergie und Biomasse etwa gleich geblieben sind. Der Rückgang der Investitionen in Photovoltaikanlagen von 2010 bis 2012 ging nicht mit einer verminderten Ausbaurate einher, sondern lag an gesunkenen Modulkosten. STREITFRAGEN
13,0 2013
— Juni 2015
17
STREITGESPRÄCH • DIGITALISIERUNG
Denkt die Branche digital? »Ich sehe erhebliche Lücken!« Dr. Thilo Weichert,
Fotos: Malte Jäger, Olaf Bathke
Jurist und Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein
18
STREITFRAGEN
— Juni 2015
BDEW0115_18-23_Streitgespräch.indd 18
10.06.15 11:31
DIGITALISIERUNG • STREITGESPRÄCH
Die Energiewirtschaft steht in Sachen Digitalisierung vor gewaltigen Herausforderungen. Ist das ausreichend im Bewusstsein der Akteure angekommen? Moderation: TOM LEVINE
»Big Data ist schon Realität.« Dominik Spannheimer, Chief Information Officer von 50Hertz Transmission
STREITFRAGEN
BDEW0115_18-23_Streitgespräch.indd 19
— Juni 2015
19
10.06.15 11:31
STREITGESPRÄCH • DIGITALISIERUNG
D
as Thema kennt inzwischen jeder in der Energiebranche – die Bereitschaft hingegen, sich mit Digitalisierung auseinanderzusetzen, gar Geld in die Hand zu nehmen und Entscheidungen zu fällen, ist in der Branche extrem ungleich verteilt. Auch in Politik und Verwaltung ist das Thema nicht eben von Entscheidungsfreude begleitet. Echte Dringlichkeit scheint zu fehlen. Dominik Spannheimer würde als Chief Information Officer (CIO) des Übertragungsnetzbetreibers (ÜNB) 50Hertz lieber noch mehr aufs Gaspedal drücken, denn Digitalisierung ist für ihn von zentraler Bedeutung für das Gelingen der Energiewende. Dr. Thilo Weichert, Chef des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein und prominenter Kritiker der Datensammelwut von Facebook und Co., mahnt ebenso dringlich Regulierung an – aus seiner Sicht sind mit der Digitalisierung des Energiesystems in Deutschland auch hohe Risiken verbunden. Meine Herren, hat die Energiebranche insgesamt begriffen, was in Sachen Digitalisierung auf sie zukommt? Ist allen bewusst, dass man es da bald mit ganz neuen Playern am Markt zu tun haben dürfte und mit veränderten Verbraucherbedürfnissen?
Dominik Spannheimer: Man muss das differenziert sehen. Die Digitalisierung läuft in der Energiebranche nicht synchron. Im Energiemarkt, wo es um die Beziehung zwischen Verbraucher und Erzeuger geht, bestimmt weiterhin das schwächste Glied in der Kette das Niveau der Digitalisierung. Da gibt es deshalb auch durchaus noch einigen Spielraum nach oben. Im Bereich der Systemführung dagegen sind Big Data, Automation, Digitalisierung längst Realität. Das heißt, bei den Mitbewerbern sind IT-Themen auch so hoch in der Hierarchie aufgestellt?
Spannheimer: Ich räume ein, dass meinem Arbeitgeber 50Hertz mit der Position des CIO ein gewisses Alleinstellungsmerkmal zusteht. Dr. Thilo Weichert: Womit ja schon fast bewiesen wäre, dass es bei der Industrie Nachholbedarf gibt, Herr Spannheimer. Ich fürchte ganz grundsätzlich, dass es bei einer ganzen Reihe von Themen erhebliche Lücken im Bewusstsein gibt: bei 20
STREITFRAGEN
— Juni 2015
IT-Sicherheit, Datenschutz, selbst bei den kommerziellen Marktgefahren, die durch Digitalisierung entstehen. Es ist vielen in der Industrie nicht bewusst, was da alles kommt. Klingt ein bisschen so, als müssten wir die Digitalisierung in der Energiebranche dringend verhindern.
Weichert: Nein, um Gottes Willen, verstehen Sie mich nicht falsch. Die Digitalisierung bietet unbestreitbar große Chancen für die Energiewirtschaft. Automation, Produktivitätsgewinne, Energieersparnis, überhaupt das fein justierte Auspegeln von Angebot und Nachfrage und die dezentrale Einspeisung – das alles ist ohne Digitalisierung ja gar nicht denkbar. Aber die Chancen für die Industrie sind oft auch das Risiko für die Bürger. Es werden sehr viele Daten über das Verhalten der Verbraucher gesammelt werden. In anderen Branchen haben wir erlebt, dass solche Daten irgendwann für andere Zwecke genutzt, wenn nicht sogar missbraucht werden – und zwar oft genug durch Marktteilnehmer, die von außen in den Markt gekommen sind. Spannheimer: Lassen Sie uns aber doch bitte erst einmal angucken, wie sich die Branche zukünftig aufstellt. Da wird ja viel passieren. Im Transport, im Energiehandel und in der Verteilung ist die Dezentralisierung ein Riesenfaktor für die digitale Entwicklung – und zwar in beide Richtungen. Einmal von „oben“ bis hin zum Einzelnen, das heißt durch digitale Steuerung bis hinein ins Eigenheim und ins Lastenmanagement. Aber genauso auch in die andere Richtung, vom Verbraucher in die Netze. Davon völlig unbenommen werden vermehrt dezentrale Einheiten an
»Im Energiemarkt gibt es in Sachen Digitalisierung durchaus noch einigen Spielraum nach oben.« Dominik Spannheimer
»Die Chancen der Industrie sind oft auch das Risiko für die Bürger. Das darf nicht vergessen werden.« Dr. Thilo Weichert
den ÜNB angeschlossen und durch die Systemsteuerung zentral gesteuert. Da geht es um immer komplexere Systeme, die ohnehin nur noch digital steuerbar sind. Das sind Anlagen, in die man lokal investieren muss. Das ist deshalb auch ein ganz lokales Geschäft. Im Bereich Verteilung und Transport wird es neue Chancen und Möglichkeiten hinsichtlich Echtzeitüberwachung und -messung von Anlagen geben, um präventive Maßnahmen möglich zu machen. Oder beim Forecasting für bessere Vorhersageanalysen. Aber bei der Infrastruktur? Weichert: Ich wäre mir da nicht so sicher. Man hat das in anderen Branchen gesehen. Da wird es nicht mehr um die verkaufte Energieleistung gehen, sondern um Energie als Zusatzangebot. Das geht ganz schnell. Spannheimer: Je komplexer es bei Verteilung und Last wird, je höher die Investitionen in lokale Hardware ausfallen müssen, umso schwieriger sind Teile des Gesamtsystems von außerhalb zu beherrschen. Da sind Markteintritte von Google und Co. eher unwahrscheinlich. Da bleibe ich dabei. Weil wir gerade über Investitionen reden: Die Energiewirtschaft will ein eigenes EInformationsnetz aufbauen. Ist das ein sinnvoller Plan?
Spannheimer: Ja, sicher. Wir werden in Zukunft eine Fülle von intelligenten Messgeräten im Netz verteilt haben und stärker ins Lastmanagement gehen müssen. Das ist eine Notwendigkeit, da liegen Marktchancen. So etwas ist mit der heutigen Technik im Niederspannungsbereich gar nicht machbar. Deshalb brauchen wir ein eigenes Energie‑Netzwerk, in dem wir Fernwirk-
DIGITALISIERUNG • STREITGESPRÄCH
technik, Systemtechnik, Energieversorgung und Telekommunikation bündeln – alles natürlich immer verbunden mit höchster IT-Sicherheit. Das ist im ISMS (dem Managementsystem für Informationssicherheit, die Red.) im übrigen auch schon so gefordert. Pardon, aber zeigen nicht die Erfahrungen mit dem Netzwerk Herkules bei der Bundeswehr oder BOSS, dem Netz der Sicherheitsbehörden, dass große, staatliche Digitalprojekte nicht effizient sind?
Weichert: Es hat solche staatlichen Fehlplanungen gegeben, gar keine Frage. Aber zum Glück müssen wir für das Energieinformationsnetz ja nicht alles neu erfinden. Wir können die physische Struktur des Datennetzes nutzen, wenn wir sie gründlich genug entkoppeln von der offenen Netzstruktur des Internets. Ich halte es dabei für absolut unabdingbar, dass wir dieses Energie-Netz vom Internet komplett abschotten und absichern. Angriffe, wie wir sie vom offenen Netz kennen, wären für die Energieversorgung viel zu gefährlich. Da geht es nicht mehr um Hacking und Datenklau, da geht es gleich um Sabotage. Spannheimer: Da haben Sie Recht, Herr Weichert – die Risiken wären enorm. Zugleich glaube ich aber kaum, dass wir die technische Entwicklung, die klar in Richtung Internet geht, hier aufhalten können. Wir werden ganz sicher auch das Internet als eines der Netzwerke der Energiewirtschaft nutzen müssen. Aber in der Tat wird es darauf ankommen, ein Netz der Energie sehr stark vom Internet abzuschotten. Was uns letztendlich beschäftigen wird, ist die Frage der Abgrenzung. Mal angenommen, der Verbraucher ist mit einem intelligenten Strommessgerät unterwegs, das
Informationen an das Energie‑Netz liefert und gleichzeitig Informationen dort zieht. Dann darf er nur bis zu einem klar definierten Punkt kommen, nicht weiter. Die andere Richtung ist nicht so problematisch. Weichert: Sagen Sie. Auch ganz unten gibt es Grenzen. Es darf nicht so weit gehen, dass man in den Privatbereich eindringt. Ich habe ja kein Problem damit, wenn aggregierte, anonymisierte Daten aufgenommen werden. Aber bis auf die Haushaltsebene oder gar bis auf die Geräteebene zuzugreifen, das ist völlig undenkbar. Und es ist nicht nachhaltig. Wenn hier nicht gegengesteuert wird, wenn wir nicht die technische Sicherheit schaffen, dann wird das zu größeren Ausfällen führen. Auch normativ. Wir brauchen abgeschottete Netze und Schnittstellen, die gut überwacht und kontrolliert werden. Spannheimer: Da liegen wir gar nicht so weit auseinander. Wir müssen nur unterscheiden: Geht es um Kilowatt oder Kilowattstunde? Das Kilowatt brauchen wir, damit die Netze stabil bleiben. Da muss es auch in Zukunft eine übergeordnete Instanz geben, die die verschiedenen Lieferanten, die Aggregatoren beliefern und überwachen kann. Veranschaulichen kann man das gut am Beispiel Lastmanagement. Wird zu viel Strom ins Netz eingespeist, zum Beispiel durch eine Starkwindfront, kann das Netz instabil werden. Dezentral lässt sich so ein Problem nicht lösen. Bei der Betrachtung der Kilowattstunde, also im wettbewerblichen Bereich, auf der Ebene der Stadtwerke und Messstellendienstleister, da wird man sich viel breiter aufstellen müssen – oder vom Markt verschwinden. Sind das dann diejenigen, die mit den von Herrn Dr. Weichert genannten Daten ihr Geld verdienen werden?
»Bis auf die Haushaltsebene, gar auf die Geräteebene zuzugreifen, das ist völlig undenkbar.«
Spannheimer: Am Ende sind heute viele Firmen überfordert, mit ihren Daten überhaupt etwas anzufangen. Da wird man noch viel Wissen aufbauen müssen. Wir selbst bei 50Hertz leben Big Data schon in der Systemsteuerung. Aber wie man da auf Verbraucherseite einen Business Case aus den transparenten Daten machen soll, ist nicht unser Thema als ÜNB. Das Endkunden- und Handelsgeschäft sieht anders aus als unseres.
Dr. Thilo Weichert
Weichert: Ich wäre mir da nicht so sicher,
»Ich glaube nicht, dass wir die Entwicklung, die klar in Richtung Internet geht, aufhalten können.«
Dominik Spannheimer
dass Big Data‑Instrumente schwer handhabbar sind. Für kleine und mittelständische Unternehmer wird es sehr bald möglich sein, Daten zu nutzen und auszuwerten. Wir müssen aber das, was im Internet passiert ist, also die völlige Anarchie und 100‑prozentige Verletzung der Privatsphäre, im Energiebereich verhindern. Da werden wir regulatorisch gegenhalten müssen. Da wird einiges auf uns zukommen, spätestens dann, wenn Geräte stärker ihre eigene digitale Identität entwickeln wie bei Smart Home und Smart City. Da wird es bis in den intimsten Lebensbereich gehen. Spannheimer: Ich halte es für schwierig, den Endverbraucher zu sensibilisieren, dass seine Daten schützenswert sind. Abgesehen von der ein oder anderen Klage gegen Facebook sind die Menschen doch augenscheinlich gern bereit, etwas von ihren Daten preiszugeben. Das Nutzerbewusstsein ist da noch entwicklungsfähig. Weichert: Die Gesetzgeber beziehungsweise die Gerichte sind in der Pflicht, das sehe ich auch so. Doch die Politik hält sich hier bislang vornehm zurück. Ich glaube aber, dass wir gerade den Anfang eines Prozesses erleben, in dem die Regulierung sich von den Erwartungen mancher Marktapologeten emanzipiert. Selbst Google und Facebook kommen unter regulatorischen Druck. Spannheimer: Ich glaube eher, dass die Diskussion sich gerade dreht. Erst ging es um Technik, um gewisse Standards, um IP für alle bis hin zum Smart Meter. Jetzt beginnt man zu überlegen: Wie sieht der Prozess aus, wie die gesetzlichen Rahmenbedingungen? Es ist sicher so, dass hier der zweite vor dem ersten Schritt gemacht wird. Aber immerhin. STREITFRAGEN
BDEW0115_18-23_Streitgespräch.indd 21
— Juni 2015
21
10.06.15 11:32
STREITGESPRÄCH • DIGITALISIERUNG
Weichert: Das kennen wir aus anderen Lebensbereichen, dass es eine Ungleichzeitigkeit der tatsächlichen Entwicklung und dem politischen Reagieren gibt. Gucken Sie sich das neue IT-Sicherheitsgesetz an. Eine große Weiterentwicklung stellt das nicht dar. Woran fehlt es denn nun: An öffentlichem Interesse oder an politischer Regulierung?
Spannheimer: Betrachtet man die Energiewirtschaft als Ganzes, dann ist festzustellen, dass viele sich nicht bewusst darüber sind, was da auf sie zukommt.
Sie sehen weder, welche Folgen eine Umwälzung der Technik haben, noch woher diese kommen könnte.
von der Marktrolle her hingehört. Das ist wie damals, als die Glühbirne die Kerzen überholt hat.
Revolutionen finden eher in Nischen statt. Das ist doch nicht bedrohlich.
Weichert: Aber da geht es wiederum nicht nur um die Ökonomie und um Marktrollen. Gesellschaftlich gesehen kann es durch den unregulierten, unkontrollierten Einsatz disruptiver Technologien nicht nur kleine Defekte geben, sondern Systemabstürze mit gewaltigen Folgen. Das kann bis hin zum Totalausfall von Energie und sonstiger Grundversorgung wie Abfall- und Wasserwirtschaft reichen. Die Technik kann uns auch zurück ins Mittelalter schießen. Darüber sollte man sich klar sein.
Spannheimer: Das Prinzip der disruptiven Technik ist ja so: Ein kleines Unternehmen probiert eine neue Technik in einer kleinen Nische aus und weitet diese Nische dann mehr und mehr aus. Wenn man da nicht mitspielt oder das nicht mitbekommt, dann ist man ganz schnell nicht mehr an der Stelle, wo man
Spannheimer: Wir beobachten alle neuen Technologien dort, wo sie auftauchen, ganz genau. Wie passen diese Technologien zu uns, zu unserem System? Was können wir lernen, was übernehmen? Wie steht es mit Safety, Security, Privacy? Das ist unser Mantra. Aber wird Regulierung etwas nützen, wenn der Verbraucher seine Daten einfach freigibt, weil er sich damit einen Vorteil erkauft? Oder weil es dann irgendwann zum guten Lifestyle gehört, seinen Kühlschrank vom Energieversorger steuern zu lassen?
Weichert: Im Moment ist das noch nicht abzuschätzen, weil die Entwicklung von Apps und Smart Meter nicht so weit fortgeschritten ist und deshalb die Attraktion für den Endverbraucher fehlt. Seine Kaffeemaschine fünf Minuten vorglühen zu lassen, bevor man nach Hause kommt, oder vom Büro aus schon mal die Heizung hochdrehen: Das sind Dinge, die sind mit Verlaub nicht besonders
»Seine Kaffeemaschine fünf Minuten vorzuglühen – das ist nicht besonders sexy.« Dr. Thilo Weichert 22
STREITFRAGEN
— Juni 2015
BDEW0115_18-23_Streitgespräch.indd 22
11.06.15 11:11
DIGITALISIERUNG • STREITGESPRÄCH
»Es wird nie 100-prozentige Sicherheit geben, sondern nur notwendige Resilienzgrade.« Dominik Spannheimer
sexy. Aber das kann sich natürlich in kürzester Zeit ändern, wenn es Anwendungen gibt, die das Leben wirklich leichter machen. Dafür bedarf es einer regulatorischen Vorbereitung, damit diese Technologie auch mit Datenschutz freundlichen Techniken umgesetzt wird. Leider gibt es dafür allerdings nicht das Bewusstsein in der Politik, und zum Teil auch nicht beim Endverbraucher. Ein riesiges Problem ist zudem, dass die behördliche Seite katastrophal ausgestattet ist. Spannheimer: Ich denke auch, dass es irgendwann Mittel und Wege geben wird, entsprechende Apps cool zu machen. Diese werden sich dann auch verbreiten. Das wird man nicht verhindern können. Aber was verhindert werden kann und muss, ist Sabotage – also die Möglichkeit, über solche Apps in die Netze einzudringen. Im vermaschten Netz werden sich die Risiken exponentiell vermehren. Und es gibt da nicht die Option, erst after event oder post mortem zu reagieren. Sind wir denn für solch einen Ernstfall aufgestellt?
Spannheimer: Nein, was die neuen, noch nicht eingesetzten Techniken auf IP-Basis angeht, ist die Branche weit davon entfernt. Und selbst wenn wir schon viel weiter wären: Es wird nie 100-prozentige Sicherheit geben, sondern nur notwendige, erreichbare Resilienzgrade, Härtungsgrade und Stabilitätsgrade. Wenn ein kleines System ausfällt, muss einfach sichergestellt werden, dass der Rest weiterläuft. Wenn größere Systeme ausfallen, muss die Fähigkeit zum Schwarzstart vorgehalten werden. Und jeder wird damit rechnen müssen, dass das System bei der Nutzung von neuen IP-Tech-
niken insgesamt lokal weniger stabil wird. Weichert: Genau das diskutieren die Energieunternehmen aber doch viel zu wenig. Man kann das ja auch verstehen – das ist noch zu weit vom täglichen Geschäft entfernt. Aus regulatorischer Sicht aber bräuchten wir diese Diskussion jetzt ganz dringend. Aber erst wenn die Branche darüber redet, was die Digitalisierung für Folgen haben wird, positive wie negative, kann man das Thema auch der Politik und den Konsumenten und den Medien vermitteln. Spannheimer: Wobei wir nicht glauben sollten, dass wir viel Zeit haben. Die Innovationen werden auch von Externen kom-
men, ohne große Vorwarnung. Und dann werden wir der Evolutions- und Innovationsgeschwindigkeit nichts entgegensetzen können. Die Standards müssen dann schon da sein. Weichert: Und um das anzudrehen, da ist gefordert, wer am besten Bescheid weiß: die Industrie. Wir danken Ihnen für das Gespräch.
Kommentare zum Thema auf
streitfragen.de/debatten
STREITFRAGEN
BDEW0115_18-23_Streitgespräch.indd 23
— Juni 2015
23
11.06.15 11:12
KARTE • STROMLIEFERUNG
1 1 81 .81 3 4. 69 4 4. 69 4
3.
DÄNEMARK DÄNEMARK
9.801 9.801 | 12.785 | 12.785 | -2.984 | -2.984
4.529
NIEDERLANDE NIEDERLANDE
672 672 | 2.813 | 2.813 | -2.141 | -2.141
3.983 4.529
2 862 7.867.
IRLAND IRLAND
3.983
11 11
0
2
2
9.58
9.58
3.04
348
348
24.340
GROSSBRITANNIEN GROSSBRITANNIEN
3.704 3.704 | 23.169 | 23.169 | -19.465 | -19.465
24.340
172 172 2.5626.566
3.04
0
17.899 17.899 | 32.853 | 32.853 | -14.954 | -14.954
BELGIEN BELGIEN
4.190 4.190 | 21.698 | 21.698 | -17.508 | -17.508
DEUTSCHLAND DEUTSCHLAND
74.591 74.591 | 38.893 | 38.893 | 35.698 | 35.698
2
.12 5
5 96
96
11
11
11.475
4.591
Export | Import | Saldo
11.475
8 8 .78 .78 14 14
LAND
>20.000
4.591
68
.12
2
14
14
68
Exportüberschuss
15.0
15.0
Energieaustausch in GWh
3.831 3
14 14 .47 .47 7 7 5.
5 48 .48 4 4
1 1 83 83
10.000 bis 20.000
5.8251.821 SCHWEIZ SCHWEIZ 32.439 32.439 | 28.116 | 28.116 | 4.323 | 4.323
5.000 bis 10.000
Energieexport
FRANKREICH FRANKREICH
0
63
5.9
2.3 9
5 2.3 95 63
70 70 5 5
5.9
43 43 6.3 6.3
0
NichtEU-Länder
Importüberschuss
82
1 .5 5.5 22 22
82
15
-10.000 bis -20.000
12
12
Keine Angaben
<-20.000
.4
24
.4
24
2.889 2.889
0 bis -5.000
SPANIEN SPANIEN
15.481 15.481 | 12.308 | 12.308 | 3.173 | 3.173
47 47 7.2 7.2
PORTUGAL PORTUGAL
4 99
5
18
4 99185
DEUTSCHLAND DEUTSCHLAND
LUXEMBURG LUXEMBURG
STREITFRAGEN
— Juni 2015
BDEW0115_24-25_Europakarte.indd 24
FRANKREICH FRANKREICH
2
1.1 1
24
1.1 1
2
2.051 2.051 | 6.974 | 6.974 | -4.923 | -4.923
7 7 67 .67 5 7 7 05 05 1. 1.
5.
Quelle: ENTSO-E; Illustration: C3 Visual Lab
6.343 6.343 | 7.247 | 7.247 | -904 | -904
BELGIEN BELGIEN
1
547 547
10.000 10.000
73.575 73.575 | 7.799 | 7.799 | 65.776 | 65.776
0 bis 5.000
-5.000 bis -10.000
6.26
10.06.15 11:35
9
2 2 .50 .50 18 18
FINNLAND FINNLAND
44
4 4 20 20
2 52 3. 2 52 3. 44
3.858 3.858 | 21.966 | 21.966 | -18.108 | -18.108
STROMLIEFERUNG • KARTE
SCHWEDEN SCHWEDEN
32.513 32.513 | 16.148 | 16.148 | 16.365 | 16.365
ESTLAND ESTLAND
6.530 6.530 | 3.712 | 3.712 | 2.818 | 2.818
773 1.77 8 1.778
773
3.804
3.804 5
5
LETTLAND LETTLAND
3.023 3.023 | 5.338 | 5.338 | -2.315 | -2.315
6
11.950
SLOWAKEI SLOWAKEI
11.861 11.861 | 12.964 | 12.964 | -1.103 | -1.103
57 57
58 58 9.3 9.3
2.5 2.5 69 69
ÖSTERREICH ÖSTERREICH
2 3.50 2 3.506
UNGARN UNGARN
SLOWENIEN SLOWENIEN
61
9.962 9.962 | 7.249 | 7.249 | 2.713 | 2.713
1.2 1.2 70 70 15 15 3 3
RUMÄNIEN RUMÄNIEN
8.493 8.493 | 1.363 | 1.363 | 7.130 | 7.130
7
7
28
43
4.236
KROATIEN KROATIEN
32.439 32.439 | 28.116 | 28.116 | 4.323 | 4.323
43 4.236
116
0 5.18 0 5.18 116
28
4.
4.
12
4 01 .01 4 4
61
73 3. 8 73 8
3.119
3.119 495
495
548 548 5.695 5.695 | 19.083 | 19.083 | -13.388 | -13.388
3.
11.950
91
7 3 3 52 52 1 1 68 68 7. 7.
9.399.39 8 8
18.791 18.791 | 28.044 | 28.044 | -9.253 | -9.253
4.
91
10
7
263
7
TSCHECHIEN TSCHECHIEN
32.439 32.439 | 28.116 | 28.116 | 4.323 | 4.323 6.267 6.267
263
21
3.0
3.0 10
7
Wer liefert wem Strom?
11.341 11.341 | 13.509 | 13.509 | -2.168 | -2.168
51 51
47
3.0137.017
POLEN POLEN
04 04 9.2 9.2
3.831 3.831
244 244
LITAUEN LITAUEN
897 897 | 8.520 | 8.520 | -7.623 | -7.623
ENERGIEUNION
1.535
1.535 27
27
„Wir müssen im Strommarkt praktisch noch einmal von vorne anfangen und den Markt neu aufbauen.“ Ein halbes Jahr, bevor EU-Vizekommissar Maroš Šefčovič seine Vision von einer Energieunion der Öffentlichkeit vorstellte, war der Europäische Rat bereits laut geworden. Im Oktober 2014 hatte der alle Mitgliedstaaten aufgefordert, bis 2020 den Verbund von mindestens zehn Prozent ihrer installierten Stromerzeugungskapazität zu erreichen. Heißt: Jeder Mitgliedstaat soll seine Stromleitungen so auslegen, dass mindestens zehn Prozent des in seinen eigenen Kraftwerken erzeugten Stroms grenzüberschreitend in Nachbarländer weitergeleitet werden kann. Wie viel Strom fließt bereits jetzt von einem EU-Land ins andere?
BULGARIEN BULGARIEN
13.774 13.774 | 4.323 | 4.323 | 9.451 | 9.451
ITALIEN ITALIEN
3.008 3.008 | 46.756 | 46.756 | -43.748 | -43.748
7 7 10 10 1.341. 0 340
GRIECHENLAND GRIECHENLAND
684 684 | 9.565 | 9.565 | -8.881 | -8.881 107 107
STREITFRAGEN
BDEW0115_24-25_Europakarte.indd 25
— Juni 2015
25
10.06.15 11:35
MYTHENCHECK • HARTZ IV FÜR KRAFTWERKE
Arbeitslos? Von wegen!
Subvention für Nichtarbeit oder Back-up für fluktuierende Energien? »Hartz IV für Kraftwerke« im Mythencheck.
26
STREITFRAGEN
— Juni 2015
BDEW0115_26-29_Mythen-Check.indd 26
10.06.15 11:36
7
HARTZ IV FÜR KRAFTWERKE • MYTHENCHECK
51
neue Kohlekraftprojekte sind derzeit in Deutschland in Planung. Sie sollen zwischen 2016 und 2020 in Betrieb gehen.
Anträge zur Stilllegung veralteter Kraftwerksblöcke liegen der Bundesnetzagentur vor. Die meisten davon in Süddeutschland.
400 Mio. Euro hat das Gaskraftwerk Irsching gekostet. Es ist mit einem Wirkungsgrad von rund 60 Prozent das effizienteste der Welt. Innerhalb von 40 Minuten kann Energie eingespeist werden.
B
Von YVONNE SCHRÖDER
undeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat im Sommer 2014 einen Ausdruck geprägt, der seitdem bei ihm zu einer Art Mantra geworden ist: „Kein Hartz IV für alte Kraftwerke!“ Mit dem griffigen, medienwirksamen Bild zog Gabriel gegen die Idee ins Feld, einen Markt für die Bereitstellung von Kraftwerkskapazitäten zu schaffen. Aber – stimmt die Parallele überhaupt?
rung an erwerbsfähige Menschen gezahlt, die weder durch eigene Arbeit noch durch Vermögen oder die Hilfe Angehöriger ein menschenwürdiges Leben führen können. Maximal 399 Euro im Monat gibt es, meistens aber weniger, als Lohnergänzung bei niedrig bezahlter Beschäftigung. Hartz IV ist damit eine klassische Sozialleistung, eine Solidarleistung der Gesellschaft, die vorübergehend an Arbeitssuchende gezahlt wird, damit diese in harten Zeiten nicht vollends aus dem Tritt geraten.
Hintergrund
Unterstellung der Subvention
Das nach dem früheren Arbeitsdirektor von Volkswagen, Peter Hartz, benannte Arbeitslosengeld II wird vom Staat als Grundsiche-
Mit seinem Vergleich wollte der SPD-Vorsitzende wohl deutlich machen, dass es sich bei einem Kapazitätsmarkt seiner AuffasSTREITFRAGEN
— Juni 2015
27
MYTHENCHECK • HARTZ IV FÜR KRAFTWERKE
74
Großprojekte mit rund 33.000 Megawatt installierter Leistung sind geplant, in Genehmigung oder im Bau.
28
STREITFRAGEN
4,3 Millionen Menschen bezogen 2014 in Deutschland staatliche Grundsicherung. Ihre Zahl nimmt seit 2006 ständig ab.
— Juni 2015
BDEW0115_26-29_Mythen-Check.indd 28
10.06.15 11:37
HARTZ IV FÜR KRAFTWERKE • MYTHENCHECK
399 Euro erhält ein unverheirateter Bürger seit 1. Januar 2015 als Hilfe zum Lebensunterhalt.
sung nach um eine Subvention handelt. Kraftwerksbetreiber bekämen dann einfach Geld, ohne dafür etwas tun zu müssen. Allerdings stellt der Kapazitätsmarkt, gegen den Sigmar Gabriel hier Stellung bezieht, keineswegs eine Dauersubventionierung ohne Gegenleistung dar. Er ist etwas vollkommen anderes: In dem von der Energiebranche vorgeschlagenen Dezentralen Leistungsmarkt (DLM) wird ausschließlich Leistung bezahlt. Er ist gleichzeitig die Antwort auf einen steigenden Anteil fluktuierender Erneuerbarer Energien und damit auf die Tatsache, dass Arbeit und gesicherte Leistung nicht mehr selbstverständlich so eng zusammengehören wie in einer auf Fossilen basierenden Stromversorgung.
Dezentraler Leistungsmarkt ist eine Versicherungslösung Wie funktioniert der DLM? Auf diesem Markt handeln Stromversorger Nachweise zur Versorgungssicherheit. Bringen Anbieter die Menge an benötigter Erzeugungskapazität selbst nicht auf, können sie die Versorgungssicherheit ersatzweise einkaufen. Gehandelt wird immer nur so viel Kapazität, wie gerade gebraucht wird. Gekauft wird außerdem ganz marktwirtschaftlich beim Anbieter mit dem günstigsten Preis. Übrigens: Wenn es ausreichend Kapazität gibt, sendet der dezentrale Leistungsmarkt das Preissignal Null. Das Kraftwerk, das nie gebraucht wird, geht leer aus. Es handelt sich somit nicht um eine Subvention, sondern um eine Art Versicherung für die volatilen Erneuerbaren Energien.
Fotos: dpa/Picture Alliance, C3, Getty Images; Montage: C3 Visual Lab
Kapazitätsmärkte in Deutschland Weiteres Argument gegen den Vergleich mit Hartz IV: Der Kapazitätsmarkt entsteht nicht aus Solidarität, sondern durch die genauere Aufschlüsselung von Leistungen. Vergleichbares gibt es in der Telekommunikationsbranche, etwa beim Handyvertrag mit Grund- und Gesprächspreisen. Auch die Feuerwehr bekommt nicht nur Geld für das verbrauchte Löschwasser. „Kapazitätsmärkte sind in Deutschland nicht ungewöhnlich“, wird der Eon-Vorstandsvorsitzende Johannes Teyssen vom Handelsblatt zitiert. „Es ist nichts anderes, als dem Verbraucher einen Arbeitspreis und einen Leistungspreis zu berechnen.“ Vergleichbar mit dem Kapazitätsmarkt könnte das Arbeitslosengeld II höchstens
in dem Sinne sein, dass beide ein Überangebot managen sollen. „Die Kraftwerksbetreiber wollen in Wirklichkeit nur existierende Überkapazitäten auf Kosten der Stromverbraucher konservieren“, lautete der Vorwurf des Vizekanzlers. Doch auch in diesem Punkt hinkt der Vergleich mit Hartz IV.
Anreize für neue Kraftwerke In der Tat gibt es momentan zwar mehr Kraftwerke als zur Stromversorgung benötigt werden; die Überkapazitäten liegen bei fast zehn Gigawatt. Noch: Denn sie werden durch den Atomausstieg und die Schließung veralteter Kraftwerke abgebaut. Derzeit liegen der Bundesnetzagentur 51 Anträge zur Stilllegung von Kraftwerksblöcken vor, die meisten davon in Süddeutschland. Im Kapazitätsmarkt wird es darum gehen, Investitionsanreize für neue Kraftwerke zu schaffen für den Fall, dass – etwa bei Dunkelflaute – Erneuerbare Energie nicht im notwendigen Umfang zur Verfügung steht. In solchen Fällen wird es auch in Zukunft konventionelle Kraftwerke geben müssen, die entweder kurzfristig ihre Produktion hochfahren oder bei absehbaren Engpässen frisch angefahren werden können. Auch dies kann nicht mit der Sozialleistung Hartz IV verglichen werden. Wenn die Energiewende zu einem Erfolg werden soll, müssen drei Grundbedingungen erfüllt sein: Die Versorgungssicherheit darf nicht in Gefahr geraten. Die Strompreise müssen langfristig bezahlbar bleiben. Und: Der angestrebte Ausbau der Erneuerbaren Energien muss weiter möglich bleiben. Der von der Energiebranche vorgeschlagene DLM erfüllt all diese Kriterien. Und die Metapher Hartz IV? Sie entpuppt sich bei näherem Hinsehen als ein Lehrstück in politischer Desinformation. Als hätten es die Empfänger von Hartz IV nicht schon schwer genug, müssen sie doch immer wieder als Totschlagargument herhalten.
Mehr zu diesem Thema auf
www.streitfragen.de/mythencheck
STREITFRAGEN
BDEW0115_26-29_Mythen-Check.indd 29
— Juni 2015
29
10.06.15 11:37
KONTER • ABWASSER
Brauchen wir die 4. Reinigungsstufe? Trotz hoher Trinkwasserqualität: Rückstände von Mikroverunreinigungen und Spurenstoffen in den Gewässern sorgen immer wieder für Schlagzeilen. Doch wer ist verantwortlich und wie könnte der Schutz der Gewässer verbessert werden? Brauchen wir die sogenannte 4. Reinigungsstufe in Kläranlagen? Das Umweltbundesamt (UBA) fordert die Einführung dieser Technologie, die Wasserwirtschaft sieht sie kritisch.
Das Umweltbundesamt
Gunda Röstel
ist Deutschlands zentrale Umweltbehörde mit Sitz in Dessau-Roßlau. Es kümmert sich um eine gesunde Umwelt und sieht sich auch als Frühwarnsystem für mögliche Beeinträchtigungen.
Kaufmännische Geschäftsführerin der Stadtentwässerung Dresden, kommentiert auf den nachfolgenden Seiten die jüngste Positionierung des UBA.
Wenn die Messlatte nicht nur extrem, sondern teilweise analytisch noch nicht einmal messbar verschärft wurde, darf es nicht verwundern, dass der noch vor wenigen Jahren „Die Konzentrationen an Mikroverunreinigungen überwiegend gute chemische Zustand unserer überschreiten in vielen Gewässern die gesetzlich Gewässer nahezu abrupt in den roten Bereich vorgegebenen Umweltqualitätsnormen. abdriftete.
30
STREITFRAGEN
Illustration: C3 Visual Lab
UBA-Positionspapier März 2015: „Organische Mikroverunreinigungen in Gewässern. Vierte Reinigungsstufe für weniger Einträge“ (Quelle: www.uba.de)
— Juni 2015
BDEW0115_30-33_Konter.indd 30
10.06.15 11:39
ABWASSER • KONTER
Zur Reduzierung der Einträge reichen die möglichen Vermeidungsmaßnahmen, wie Anwendungsbeschränkungen oder -verbote über Stoffrecht, Produktrecht, Verminderung von Luftemissionen, nicht aus, sodass nur eine nachgeschaltete Abwasserbehandlungstechnik Erfolg verspricht. Dies erfordert die Fortschreibung des Standes der Technik bei der Abwasserbehandlung und die Einführung weitergehender Abwasserbehandlungsverfahren (4. Reinigungsstufe) in den kommunalen Kläranlagen (KA) der Größen klasse 5 sowie kleinerer KA, die in sensitive Gewässer einleiten. Am wirksamsten und kosteneffizientesten sind dabei gegenwärtig die Verfahren der Ozonung und der Aktivkohleadsorption durch Pulveraktivkohle. Für eine gerechte Lastenverteilung sollten Optionen für eine öffentliche Anreizfinan zierung erwogen werden.“ (…)
Dies gleicht einer Bankrotterklärung gegenüber dem Verursacher- und Vermeidungsprinzip. Die Industrie, insbesondere Pharma-, Chemie- und Agrarindustrie, kann sich entspannt zurück lehnen.
Diesen einfachen Kausalzusammenhang gibt es nicht. In den meisten Fällen würde der Ausbau mit einer 4. Reinigungsstufe weder zur Unterschreitung der aktuellen Umweltqualitätsnormen noch zum Erreichen eines in diesem Sinne guten chemischen Zustandes führen.
Der Ansatz hinkt. Vermeidung statt Nachsorge!
Vor der Lastenverteilung steht die unbequeme Diskussion zu Aufwand und Nutzen möglicher die Vermeidungsstrategien. Und im Übrigen: Auch wasser angedachte Umlage über eine Ausweitung der Ab Bürger! abgabe ist richtiges Geld – nämlich das der —
„Gegen die Einführung einer vierten Reinigungsstufe werden von Vertretern der Wasserwirtschaft, die der Einführung skeptisch gegenüberstehen, häufig die folgenden Argumente genannt: Die Implementierung und der Betrieb einer vierten Reinigungsstufe kosten zusätzliches Geld. • Der Betrieb einer vierten Reinigungsstufe verbraucht vergleichsweise viel Energie, was unweigerlich den Anstieg von klimaschädlichen CO₂-Emissionen mit sich bringt. • Bei einer Behandlung mit Ozon besteht die Gefahr der Bildung von anderen schädlichen Stoffen (Transformationsprodukten). • Eine Entscheidung zur Einführung der vierten Reinigungsstufe auf kommunalen Kläranlagen geht mit dem Risiko einher, dass wesentliche und sehr effektive Aktivitäten zur Reduzierung von
Zu Recht! Denn obgleich die Wasserwirtschaft an keiner einzigen Stelle Verursacher der Mikro verunreinigungen ist, findet die Fachdebatte als End-of-Pipe-Strategie ausschließlich in diesem Sektor statt. Das ist ökologisch wie ökonomisch fahrlässig.
Alles richtige und wesentliche Argumente, die Grundlage für eine dialogorientierte und strategische Ausrichtung im zukünftigen Umgang mit Mikroschadstoffen sein müssen. STREITFRAGEN
BDEW0115_30-33_Konter.indd 31
— Juni 2015
31
10.06.15 11:39
KONTER • ABWASSER
Mikroverunreinigungen in Oberflächengewässern in anderen, ggf. relevanteren Sektoren unterbleiben oder zurückgestellt werden. Wie in den vorherigen Kapiteln dargestellt, sind diese Argumente nachfolgend noch einmal zusammenfassend bewertet: Die erforderlichen Zusatzkosten (…) mit 6 bis 16 Euro pro Jahr und Mensch vergleichsweise niedrig. Auf das Abwasservolumen bezogen fallen relativ geringe Zusatzkosten in Höhe von 0,05 – 0,19 €/m³ an. Je nachdem, wie die Nachrüstung erfolgt, kommen unterschiedliche Finanzierungsmöglichkeiten in Betracht. Bei einer ordnungsrechtlichen Verankerung als Stand der Technik nach der Abwasserverordnung könnten Investitionen in die Elimination von Mikroverunreinigungen über die Mechanismen der Abwasserabgabe (Abgabeermäßigung, Verrechnung) abgabenmindernd geltend gemacht werden und somit Anreiz wirkend für die Installation und den Betrieb einer 4. Reinigungsstufe wirken. Mit dem Betrieb der 4. Reinigungsstufe sind als unterstützende Zusatzeffekte eine Minderung der Abwasserabgabe hinsichtlich der Parameter CSB und P (Anm. der Redaktion: CSB und P sind wichtige Abwasserparameter) zu erwarten. Die Einführung weiterer Behandlungsstufen führt zu einem erhöhten Energieverbrauch, in der Regel um 5 – 30 % gegenüber dem Normalbetrieb (…).
aßend, über die Köpfe der Es ist anm — Bürger hinweg zu entscheiden, was als niedrig zu bewerten wäre.
Die Gesamtbalance aus Kosten und vermeintlichem Nutzen ist zum jetzigen Zeitpunkt (noch) nicht gegeben.
Dies trifft ausschließlich für Aktivkohle— verfahren zu! — Die Spanne des erhöhten Gesamtenergieverbrauchs reicht bis zu 50 % gegenüber dem Normalbetrieb. Das sind keine Peanuts!
—
Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz von Kläranlagen würden diesen Mehrbedarf deutlich Es ist schade, dass das UBA den längst verringern. So kann auch bei modernen Kläranla- geleisteten Beitrag der Kläranlagen zum gen durch ein effizientes Energiemanagement mit Klimaschutz offensichtlich so wenig kennt. kurz- und mittelfristig umsetzbaren Maßnahmen der Energiebedarf um 20 – 30 % gesenkt werden. Die Ozonung und Adsorption an Pulver aktivkohle oder granulierte Aktivkohle sind wirkungsvolle Verfahren für eine weitergehende Abwasserbehandlung. 32
STREITFRAGEN
Keines der bisherigen Pilotverfahren deckt die heutige und erst recht nicht die zukünftig erwartbaren Bandbreite(n) von Mikroverunreinigungen zu 100 % ab.
— Juni 2015
BDEW0115_30-33_Konter.indd 32
10.06.15 11:39
ABWASSER • KONTER
Durch die Ozonung wird eine große Bandbreite von Mikroverunreinigungen und ggf. pathogen wirksamen Keimen entfernt (Abwasserdesinfektion). Durch die weitergehende Abwasserbehandlung entstehende Transformationsprodukte, die ggf. andere und höhere Wirkungspotenziale aufweisen können als die Ausgangsstoffe, werden nach Entstehung durch Ozonierung über die Wiedereinleitung in die biologische Klärstufe abgebaut. Kläranlagen mit einer nachgeschalteten zweiten biologischen Klärung haben bislang keine erhöhten Toxizitätswerte gezeigt (…). Für die prioritären Stoffe der EG-Wasserrahmenrichtlinie wurde in 2013 ein Eintragsinventar erarbeitet. Dabei stellt der Eintrag über kommunale Abwässer für eine Reihe Stoffe einen sehr wichtigen Eintragspfad dar (…).
Dieser Zusammenhang mit vermeintlich positiver Gesamtnebenwirkung einer Abwasserdesinfektion erfordert eine deutlich erhöhte Ozonierung gegenüber den bisherigen Verfahren zur Minderung der Mikroverunreinigungen. Die Problematik der Transformationsprodukte weist heute noch erhebliche Kenntnisdefizite auf. Weitergehende wissenschaftliche Forschung ist zwingend.
—
Angesichts anderer relevanter diffuser Eintragsquellen beispielsweise aus der Landwirtschaft oder aus Luftemissionen bleibt die enge Fokussierung auf Kläranlagen fragwürdig.
der Sinnhaftigkeit einer
Die Frage nach Dies bedeutet, dass neben europäischen Maßnahwie men, die vordringlich das Inverkehrbringen von 4. Reinigungsstufe stellt sich ökologisch Stoffen regeln, weitere nachgeschaltete Maßnahmen, ökonomisch dann, wenn Verursacher einbe wie die Ertüchtigung der Barrieresysteme, d. h. die erungsstrategien ausgereizt ind rm Ve n, ge zo Nachrüstung von kommunalen Kläranlagen mit eie gleichermaßen ner weiteren Verfahrensstufe sinnvoll sind, um den und alle Eintragspfad Eintrag von Mikroverunreinigungen in die Gewäs- gewichtet wurden. Davon sind wir ser zu verringern. recht auf europäischer Ebene noch weit entfernt! in Deutschland und erst
Die Ergebnisse des COHIBA-Projektes (…) zeigen (Anm. der Redaktion: COHIBA steht für: Control of hazardous substances in the Baltic Sea region), dass innerhalb eines Maßnahmenpaketes die weitergehende Abwasserreinigung zudem eine wirksame und kostengünstige Maßnahme darstellt.“
Der COHIBA-Report verdeutlicht, dass es eben keine allein Erfolg versprechende Maßnahme zur Emissionsreduktion gibt. Auch gut gemeinte Aktionen können in die Irre führen!
—
STREITFRAGEN
BDEW0115_30-33_Konter.indd 33
— Juni 2015
33
10.06.15 11:39
UNTERNEHMERGEIST • KRAFT-WÄRME-KOPPLUNG
Genügsam und effektiv Versorger setzen auf Kraft-Wärme-Kopplung, weil sie zwei Dinge auf einmal ermöglicht, wenig Energie braucht und kaum Spuren hinterlässt.
D
as Zauberwort heißt Flexibilisierung. Für Karsten Müller-Janßen, Geschäftsbereichsleiter Anlagenbau und Projekte der Stadtwerke Flensburg, steht außer Frage, dass nur dadurch die Zukunft im hochkomplexen Geschäft der Energieversorgung gesichert werden kann. Bedeutet das das Ende der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)? Mitnichten. So setzen die Stadtwerke Flensburg weiterhin auf diese Technologie, um sich für die Zukunft gegen sinkenden Fernwärmeabsatz, volatilen Strommarkt und schwankende Brennstoffpreise zu wappnen. Ihr neuestes Projekt – Kessel 12 – ist eine moderne, stromgeführte Gas- und Dampf-Turbinenanlage (GuD) mit angebundenem Wärmespeicher, die zwei alte Kohlekessel ersetzt, deren Genehmigung ausläuft. Bereits 2011 haben sich die Stadtwerke entschieden, das Projekt Kessel 12 umzusetzen. „Auch unter schwierigeren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind wir davon überzeugt, dass die GuD-Anlage der richtige Schritt war“, sagt Müller-Janßen. Die hochflexible, stromgeführte Anlage mit einer Leistung von 75 Megawatt thermisch und 75 Megawatt elektrisch ist auf bis zu 500 Starts im Jahr ausgelegt. In gerade mal 15 Minuten produziert die moderne Gasturbine 50 Megawatt elektrische Energie, die die Stadtwerke am Regelenergiemarkt verkaufen können. An windigen Tagen, wenn das Angebot aus Windkraft steigt und den Strompreis drückt, wird die GuD-Anlage heruntergefahren und der Elektrodenheizkessel mit 30 Megawatt kommt zum Einsatz. Er erwärmt das Flensburger Fernwärmewasser elektrisch, wenn Strom günstig angeboten wird. Gespeichert wird es in einem Wärmespeicher, der bei Verbrauchsspitzen zum Einsatz kommt und dann heißes Fernwärmewasser in das
34
STREITFRAGEN
650 Kilometer lange Fernwärmenetz einspeist. Die neue GuD-Anlage wird einen Wirkungsrad von 92 Prozent erreichen und 40 Prozent weniger CO2 produzieren als die bisherigen Kohlekessel. Dank langjähriger Förderung durch das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) ist die Technologie im Kommen: 2013 hatte KWK einen Anteil von etwa 16 Prozent an der Nettostromerzeugung in Deutschland, ein leichter Zuwachs gegenüber den Vorjahren. Im Vergleich zu den derzeit besten Technologien der getrennten Erzeugung von Strom und Wärme erzielen KWKAnlagen je nach Versorgungssituation Primärenergieeinsparungen von zehn bis über 30 Prozent. Ihr Wirkungsgrad beträgt bis zu 92 Prozent. Hinzu kommt eine Einsparung von 56 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr.
Rentabel durch gute Planung Ohne staatliche Förderung allerdings sind Bau und Betrieb weiterer KWK-Anlagen zunächst kein Geschäft mehr. So stellt ein vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenes Gutachten vom Oktober 2014 unter anderem fest: „Mit Gas befeuerte KWK-Anlagen sind ohne Förderung in keinem der betrachteten Fälle wirtschaftlich. Mit Förderung erzielen nur Anlagen mit einem hohen elektrischen Wirkungsgrad einige Jahre einen positiven Deckungsbeitrag.“ Aber es gibt Unternehmen, die es versuchen, wie die Flensburger. „Das ist die beste der schlechten Möglichkeiten“, sagt Karsten Müller-Janßen mit Blick auf den extrem volatilen Strommarkt. „Durch die gute Planung bis ins letzte Detail können wir die Anlage rentabel halten.“ Ihrem langfristigen Ziel, bis zum Jahr 2050 ein klimaneutrales Heizkraftwerk Flensburg zu betreiben, sind die Stadtwerke einen großen Schritt näher gekommen. Stolz ist man auch
in Berlin, bei der Fernheizwerk Neukölln AG (FHW), einer Tochter von Vattenfall Europe Wärme, denn seit Anfang März ist die Power-to-Heat-Anlage am Weigand ufer in Betrieb. Dr. Tobias Bachmann, der die Anlage konzipiert und den Bau betreut hat, berichtet, dass Fachbesucher aus ganz Deutschland anreisen, um zu erfahren, wie man mitten in der Großstadt Kraftwerke sinnvoll erneuert. Die FHW baute einen Öltank zum Wärme speichernden Riesen um: 22 Meter hoch, Durchmesser 26 Meter, voll mit heißem Wasser. Genug, um an einem frostigen Wintertag rund 3.250 Haushalte einen Tag lang mit Fernwärme zu versorgen. Dieser Wärmespeicher ist ein Symbol der Wärmewende im Bezirk und Bestandteil einer einzigartigen Technologiekombination. Nach dem Tauchsiederprinzip kann sie Strom in Wärme umwandeln. Zusätzlich wurden vier neue BHKW in Betrieb genommen und zwei bereits bestehende auf Biomet han umgestellt. Das neue KWKG von 2012 hat es ermöglicht, 12,5 Millionen Euro in diesen Standort zu stecken. „Eine stolze Summe, die wir sehr gern investiert haben“, sagt Ulrich Rheinfeld, Vorstand der FHW. Die Technologie ist nutzbar, um die Stromnetze zu stabilisieren und regenerativ erzeugten Strom in die Fernwärmesysteme zu integrieren. „Was uns hier am Standort gelungen ist, ist ein ideales Zusammenspiel zwischen Erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplung“, so Rheinfeld. Allein durch die neuen Blockheizkraftwerke kann der CO2-Ausstoß der Fernwärme in Berlin rechnerisch um jährlich rund 6.500 Tonnen entlastet werden. Bezogen auf seinen Wärmeabsatz hat das Fernheizwerk die spezifischen CO2- Emissionen seit 1990 sogar bereits halbiert. Zwei Unternehmen von vielen, die auf KWK setzen – eine Investition in die Zukunft. Flexibel und umweltschonend.
Foto: Stadtwerke Flensburg GmbH; Illustration: C3 Visual Lab
Von MARIJKE ENGEL
— Juni 2015
BDEW0115_34-35_Soll und Haben.indd 34
11.06.15 11:20
KRAFT-WÄRME-KOPPLUNG • UNTERNEHMERGEIST
Zukunftstaugliche Technik: Blick in das Innere einer Gas-und-Dampf-Anlage.
STREITFRAGEN
BDEW0115_34-35_Soll und Haben.indd 35
— Juni 2015
35
10.06.15 11:41
SZENARIO • E-MOBILITÄT
... wird's richtig voll Denn jeder, der das kann, wird sein Auto über Solarzellen auf dem Dach, Windräder an der Hauswand oder sonst wie erneuerbar laden. Einmal bezahlt – immer betankt. Die Grenzkosten für den Mehrkilometer verschwinden. Und damit der Grund, zu Fuß zu gehen. 36
STREITFRAGEN
Fotos: XXLPhoto/ddp images, Getty Images
Wenn der Akku für 3.000 Kilometer Autofahrt reicht …
— Juni 2015
BDEW0115_36-39_Szenario.indd 36
10.06.15 11:42
E-MOBILITÄT • SZENARIO
... wird alles ganz anders. Dann ist der Abgesang auf den Verbrennungsmotor schon verklungen und die Öl- und Gasbranche sollte dabei sein, sich ein neues Geschäft aufzubauen. Aber hat eigentlich jemand einen Plan für den Tag X in der Schreibtischschublade?
Fotos: XXLPhoto/ddp images, Getty Images
Von TOM LEVINE
... werden zapfsäulen exoten Die E-Mobilität der Zukunft braucht keine Tankstelle. Nachgeladen wird per Induktion vor der roten Ampel, im Parkhaus, zu Hause. Es sei denn, die Tankstelle erfindet sich neu. Als Lifestyle-Accessoire zum Beispiel. Und die Oldtimer können dort dann noch ein bisschen Benzin tanken. Wie früher halt. STREITFRAGEN
BDEW0115_36-39_Szenario.indd 37
— Juni 2015
37
11.06.15 11:21
SZENARIO • E-MOBILITÄT
... wird das Auto zur Batterie
D
er Tag wird kommen. Es wird einen Auto-Akku geben, der sich in der Kaffeepause wieder aufladen lässt. Man wird mit einer Batterieladung nach Portugal fahren können und dann noch schnell am Nordkap vorbei. Li thium-Ionen-Batterien, die heute in E-Autos und Handys stecken und über deren begrenzte Entwicklungsmöglichkeiten deshalb viel geschrieben wird, werden ihren gebührenden Platz im Deutschen Museum eingenommen haben. Der Tag wird kommen. Nicht übermorgen. Nicht nächstes Jahr. Vielleicht nicht mal 2025. Aber irgendwann ist es halt so weit. Alles andere wäre eine
38
STREITFRAGEN
Überraschung. Den Effekt, der eine zuvor absehbare Entwicklung unvorhersehbar verändert, nennt man gemeinhin einen Game Changer. In Sachen E-Mobilität sind solche Spielveränderer immer wieder mal auf- und gleich wieder abgetaucht, nachdem manch revolutionärer Durchbruch in der Energiespeicher-Technologie dann doch nicht hielt, was man sich erst versprochen hatte. Doch jetzt tut sich was. Finanzinstitute und -analysten verfolgen aufmerksam die Entwicklungen am Batteriemarkt. Da wittert jemand ein Geschäft. Die Kapazität des Stromspeichers im Fahrzeug ist ein Game Changer par excellence. Sobald das E-Auto dem Benziner oder Diesel-Fahrzeug in
der täglichen Nutzung nahekommt, ist es für die E-Mobilität mit dem Nischendasein vorbei. Volkswagen schätzt, dass die Alltagstauglichkeit ab einer Reichweite von etwa 500 Kilometern kommt; der Konzern will dies 2020 erreicht haben. Experten wie Dr. Karsten Kieckhäfer vom Institut für Automobilwirtschaft und Industrielle Produktion (AIP) der Technischen Universität Braunschweig legen den Triggerpunkt eher auf 800 Kilometer. So richtig zur Revolution aber kommt es erst, wenn die „Stromer“ noch viel weiter aufdrehen. Bei Reichweiten von mehreren 1.000 Kilometern werden die „Verbrenner“ uninteressant. Dann wird alles anders. Die Abhängigkeit vom Erdöl
Fotos: Plainpicture, Laif
Vordenker der E-Mobilität schwärmen schon seit Jahren von der Idee, die Pkw-Flotte zum virtuellen Speicher für überschüssige Energie zu machen. Konsequent zu Ende gedacht: Wir werden dann auch unseren E-Grill am Auto anschließen beim Picknick. Oder den Heizstrahler.
— Juni 2015
BDEW0115_36-39_Szenario.indd 38
10.06.15 11:42
Fotos: Plainpicture, Laif
E-MOBILITÄT • SZENARIO
... wird nicht alles gut Die Zukunft des Akkus dürfte Aluminium bestimmen. Hergestellt wird es unter anderem aus dem Aluminiumerz Bauxit. Hier die Deponie bei Stade an der Unterelbe aus dem Jahr 2009.
etwa ist dann schlagartig vorbei, mit entsprechend ernüchternden Folgen für die ölproduzierenden Länder und die Ölindustrie. Die dezentrale Produktion eigenen Stroms hingegen wird massiv zunehmen. Mit einer hochkapazitären Batterie im Auto vor der Tür haben die Verbraucher extreme Bewegungsfreiheit, vor allem aber ihr eigenes Speichermedium für die Dunkelflaute. Zur Absicherung der Versorgungssicherheit werden entsprechend abgesicherte lokal autarke Stromnetze ausreichen, sobald eine „smarte“ Lade-/Entlade-Architektur bereitsteht. Letztendlich werden viele Wirkungen von den realen Zahlen abhängig sein: Je mehr E-Autos auf der Straße, desto billiger
werden Batterien sein, desto eher entsteht eine eigene Stromspeicher-Ökonomie. Es wird spannend.
Mangelt es an Lithium? Steigt die Menschheit global und massenweise auf E-Motoren um, wird es gleichwohl neue Engpässe geben. Lithium als wichtiger Grundstoff fast aller heutigen Akku-Generationen dürfte dabei nicht zur Bückware werden: Experten gehen eher davon aus, dass die Batterien der Zukunft auf Aluminium basieren. Welche Strommengen dereinst nötig sein dürften, um die Fahrzeugflotte in Bewegung zu halten, ist auch schon
bekannt. Pro eine Million E-Autos werden nach Schätzungen des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung drei Terawattstunden im Jahr benötigt. Bei heutigen Solaranlagen hieße das, dass man pro Auto-Million zehn Quadratkilometer Fläche mit Photovoltaik bedecken müsste. Derzeit gibt es 44 Millionen Autos in Deutschland. Die Fläche des Bodensees würde rein rechnerisch also dicke reichen ...
Mehr zu diesem Thema auf
streitfragen.de/szenario
STREITFRAGEN
BDEW0115_36-39_Szenario.indd 39
— Juni 2015
39
10.06.15 11:43
MEINUNG• ENERGIEHANDEL
Anforderungen an den Mit der Energiewende verändert sich auch der Energiehandel. Wenn immer mehr Strom dezentral erzeugt wird, wie verträgt sich dies mit einem zentralen Handelsplatz? Und: Was bedeutet das für das derzeitige System? »Streitfragen« hat zwei Experten um ihre Einschätzung zur Zukunft des Energiehandels gebeten.
D
Von PETER REITZ
40
STREITFRAGEN
Hinzu kommt, dass Fehler in der Prognose selten nur einen Teilnehmer betreffen, sondern oft einen großen Teil des Marktes. Das führt dann schnell zu großen Preisausschlägen am Intraday-Markt. Durch die Möglichkeit, diese Risiken abzusichern, stärken unsere Energiewendeprodukte die Versorgungssicherheit und Stabilität im Energy-only-Markt. Auch in Zukunft werden Marktteilnehmer verschiedene Handelswege nutzen, denn bilateraler Handel und Börsenhandel ergänzen sich. Beispielsweise in sehr jungen Märkten können auf den Einzelkunden zugeschnittene Produkte gefragt sein. Wenn sich Märkte aber entwickeln und der Handel zunimmt, wächst immer der Bedarf nach standardisierten Produkten. Gleichzeitig wollen alle Beteiligten, die Öffentlichkeit und insbesondere Käufer wissen, was ein „fairer“ Preis beispielsweise für Strom ist. Diesen transparenten Marktpreis können nur Börsen bereitstellen, weswegen sich gerade beim Strom viele bilaterale Verträge auf die Referenzpreise der Börse beziehen. Integraler Bestandteil beim Umbau des Energiesystems sind neue Technologien. Neue IT-Lösungen wie der Einbau von Smart Metern, die alle Daten von Erzeugern und Verbrauchern vernetzen und zusammenbringen, sind wichtig für die Weiterentwicklung des Energiesystems.
Die Visionen beschränken sich nicht nur auf Großverbraucher, sondern reichen bis zur oft zitierten Waschmaschine, die anspringt, wenn der Strom günstig ist. Was allen Ideen gemein ist: dass sie letztlich einen Maßstab für Knappheit benötigen. Und das ist der Marktpreis als zentrales Steuerungsinstrument, der an der Börse gebildet wird. Insofern machen diese Entwicklungen den Börsenhandel nicht überflüssig, sondern stärken ihn weiter.
»Grundlage für die Energiewende bleibt der transparente, börsliche Marktpreis. Marktpreis.« Peter Reitz, Chief Executive Officer der European Energy Exchange (EEX)
Fotos: PR (2); Illustration: C3 Visual Lab
ie Energiewende bringt neue Herausforderungen für den Energiemarkt. Stetig mehr Erneuerbare bedeuten mehr Volatilität am Markt, auf die Erzeuger und Verbraucher reagieren müssen. Damit sie das tun, muss sich Flexibilität lohnen. Deshalb ist es unser Ziel, diese im Strommarkt handelbar zu machen. Hierbei ist der Marktpreis für uns das zentrale Entscheidungskriterium. Im Februar hat die EEX einen konkreten Vorschlag für Energiewendeprodukte vorgelegt. Als erstes Produkt wird im Sommer der Cap-Future starten. Mit diesem neuartigen Terminkontrakt können sich Marktteilnehmer gegen Preisspitzen am deutschen Intraday-Markt der EPEX SPOT absichern. So kann sich ein Erzeuger von Erneuerbaren, zum Beispiel eine Windkraftanlage, dagegen absichern, dass seine Day-Ahead-Prognose nicht zutrifft – beispielsweise aufgrund des Wetters. Auf der anderen Seite steht ein flexibles (Gas-) Kraftwerk, dass langfristige Einnahmen aus dem Verkauf dieser „Versicherung“ erwirtschaften kann. Dieser Absicherungsbedarf wird in Zukunft noch zunehmen. Mit mehr Erneuerbaren wird es schwerer vorherzusagen, wie viel Strom tatsächlich produziert wird.
— Juni 2015
BDEW0115_40-41_Pro und Contra.indd 40
10.06.15 11:43
Fotos: PR (2); Illustration: C3 Visual Lab
ENERGIEHANDEL • MEINUNG
Energiehandel der Zukunft
D
er schnelle Ausbau der Erneuerbaren Energien bringt eine große Herausforderung mit sich, auf die sowohl die Politik als auch die Regulierung rasch eine Antwort finden müssen: Der Einfluss der volatilen Einspeisung der Erneuerbaren auf die Systemstabilität wird immer größer. Während in den vergangenen Jahren hauptsächlich die sogenannten Morgenund Abendrampen – also Anstieg und Abnahme der täglichen Last – antizipiert werden mussten, müssen wir heute aufgrund der rasant gestiegenen Anzahl der dargebotsabhängigen Erzeugungsanlagen auf quasi sekündliche, schlagartige und massive Veränderungen der Einspeisung reagieren. Schiebt sich beispielsweise in Süddeutschland ein spontaner Hochnebel vor die Sonne, kann das schon mal eine Lastveränderung von fünf bis acht Gigawatt zur Folge haben, die durch Regelenergie ausgeglichen werden muss. Die Übertragungsnetzbetreiber stehen vor der Herausforderung, die häufigeren Abweichungen zwischen Last und Erzeugung mit immer mehr Regelenergie ausgleichen zu müssen. Wie kann man darauf reagieren? Eine Möglichkeit wäre, dass die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) das Netz mit noch
Von EBERHARD HOLSTEIN
mehr Eingriffen stabilisieren. Doch dies würde einen weiteren Einschnitt in den Wettbewerb bedeuten. Wenn wir den Wettbewerb stärken wollen, verlangt die stärkere Fluktuation im regenerativ geprägten Versorgungssystem nach einer neuen Kopplung von Handel und Physik auf dezentraler Ebene. Dafür müssten die Bilanzkreisverantwortlichen in die Lage versetzt werden, kurzfristig Flexibilität zu organisieren und handeln zu können, um so ungeplante Abweichungen ausgleichen zu können. Sie müssen zunehmend an der Systemverantwortung beteiligt werden. Dies wäre eine privatwirtschaft liche Leistungsvorsorge, die den Wettbewerb auf Ebene der Bilanzkreise stärken würde: Die Schaffung eines Vorfeldmarktes im Bereich der jeweiligen Bilanzkreise, auf dem kurzfristig und wettbewerblich Flexibilität gehandelt wird. Hierzu müssen dann aber auch die notwendigen Voraussetzungen bestehen, sodass auch Prognoseveränderungen und Erkenntnisse aus den Onlinemessungen innerhalb der letzten 30 Minuten vor Erfüllung bewirtschaftet werden können. Für den Handelsplatz Strombörse wäre es in Anbetracht der beschriebenen Entwicklung ein Schritt in die richtige Richtung, wenn die Frist zur Abgabe von Geboten (Gate Closure) von derzeit einer halben Stunde (plus x) auf 15 Minuten (plus x) ver-
kürzt werden würde. Oder anders gesagt: Der Börsenhandel muss vor allem im Intraday-Handel schneller als bisher werden. Ziel dieser Entwicklung ist, dass extrem kurzfristig in einem Moment für die nächsten Minuten Leistung eingekauft und abgerechnet werden kann. Weiterhin müssen Handelsplätze für den Austausch von Regelenergie auch außerhalb der ÜNB-Standards zwischen den Bilanzkreisverantwortlichen geschaffen werden.
»Der Börsenhandel muss vor allem im Intraday-Handel schneller als bisher werden.« Eberhard Holstein, Geschäftsführer der Grundgrün Energie
STREITFRAGEN
BDEW0115_40-41_Pro und Contra.indd 41
— Juni 2015
41
10.06.15 11:44
NACHWUCHS • NETZTECHNIK
Netztauglich Ingenieurin Elisabeth Habermann koordiniert Netze und garantiert damit einwandfreien Energiefluss. Die Energiewende ist für die 29-Jährige eine Chance. Im Interview erklärt sie warum. Interview: YVONNE SCHRÖDER
Frau Habermann, was machen Sie beruflich?
Ich arbeite im Transmission Control Center der Leitstelle von 50Hertz in Neuenhagen und bin zuständig für den Bereich Koordinierung Verteilernetze. Was heißt das?
Ich beantworte Anfragen der nachgelagerten Netzbetreiber. Etwa welche Leitung wie, warum und wann ausgeschaltet wird. Zudem entwickle ich mit den Kollegen Konzepte zur Verbesserung der Arbeit der Leitwarte. Was ist das Besondere für Sie an Ihrer Arbeit?
Ich bin der Überzeugung, dass gerade die Netzbetreiber eine wichtige Funktion innerhalb der Energiewende übernehmen. Sie sorgen dafür, dass das Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch gehalten wird. Warum haben Sie sich überhaupt für die Energiebranche entschieden?
Mein Physiklehrer hat uns damals viel über Elektrotechnik beigebracht und sogar erklärt, wie Kraftwerke funktionieren. Ich wollte später an einer Hochschule mit einem ausgeprägten technischen Bereich und sehr praxisnaher Arbeit studieren. Während 42
STREITFRAGEN
meines Studiums hatten wir viel Kontakt zu Energieexperten. ... und Sie haben die Seasons University von Gridlab besucht.
Ja, das hat mich fasziniert und sicher bei meiner beruflichen Entscheidung beeinflusst. Wir konnten innerhalb der Vorlesung Energielogistik in einem Workshop die Simu lation der Netzleitstelle von 50Hertz in Neuenhagen erleben. Wir führten selbst Schaltungen durch und haben gesehen, welche Konsequenzen das für die Energieversorgung hat. Was raten Sie Frauen, die in der Energiebranche arbeiten wollen?
Immer das Ziel im Auge behalten und selbstbewusst sein. Im Studium waren ein Drittel der Kommilitonen Frauen. In meinem Bereich jetzt sind es nur sieben.
Steckbrief Name: Alter: Geburtsort: Wohnt in: Arbeitet bei: Position:
Elisabeth Habermann 29 Jahre Stendal Berlin 50Hertz Koordinierung der Verteilernetze Studium: Wirtschaftsingenieurwesen, Schwerpunkt Elektrotechnik, an der Hochschule Lausitz Interessen: Technik und Physik Empfiehlt: Jedes Jahr zum günstigsten Stromanbieter wechseln. Damit beeinflusst der Verbraucher positiv den Markt.
Wie verschaffen Sie sich als Frau in der Branche Gehör?
Steht man in Sachen Fachkompetenz den Männern in nichts nach, kann man sich problemlos durchsetzen. Was sollten zukünftige Ingenieure in der Energiebranche mitbringen?
Programmierkenntnisse und das Wissen um die rechtlichen Rahmenbedingungen sind Grundvoraussetzungen. Die Energiewende bringt es mit sich: Das, was noch vor drei Monaten galt, ist jetzt schon nicht mehr aktuell.
Mehr zu
diesem Thema auf streitfragen.de/fakten
Foto: Jan Philip Welchering
D
ie Energiewende bringt frischen Wind in die Branche. Neue Jobs und Chancen für junge Ingenieure entstehen. Zum Beispiel für Elisabeth Habermann, die schon immer im technischen Bereich arbeiten wollte.
— Juni 2015
BDEW0115_42-43_Nachwuchs.indd 42
10.06.15 11:51
NETZTECHNK • NACHWUCHS
40 %
der Arbeitsaufgaben müssen kreativ gelöst werden
1:5
ist das Verhältnis von Frauen und Männern in der Geschäftsführung von Unternehmen der Energiewirtschaft
5
Jahre hat das Studium gedauert
45.000
Foto: Jan Philip Welchering
Euro Einstiegsgehalt (jährlich)
STREITFRAGEN
BDEW0115_42-43_Nachwuchs.indd 43
— Juni 2015
43
10.06.15 11:52
ZEITREISE • EEG
Mit dem Stromeinspeisungsgesetz von 1991 begann der Aufschwung der Windenergie in Deutschland.
innerhalb von 25 Jahren sind 16.000 neue Anlagen gebaut worden.
44
STREITFRAGEN
— Juni 2015
BDEW0115_44-47_Zeitreise.indd 44
10.06.15 11:53
EEG
EEG • ZEITREISE
Deutschland arbeitet seit über zwei Dekaden an der Energiewende: weniger fossile Brennstoffe und Emissionen, mehr Erneuerbare. Mittlerweile tragen sie zu einem Viertel zum Energiemix bei. Aber das Ziel ist noch weit und der Weg bleibt steinig. Von MARION STARKE
Windkraft: Die Windenergieanlage Growian an der schleswig-holsteinischen Westküste begann am 17.10.1983 mit der Einspeisung von Strom. Sie war lange die weltweit größte Anlage ihrer Art.
Foto: Picture Alliance/dpa
V
or einem Viertel Jahrhundert beschließt Deutschland, nachhaltiger zu werden. Ziel ist, unabhängig zu sein von endlichen fossilen Energieressourcen. Daneben sollen die Kosten für die Verbraucher verringert und die Entwicklung effizienter Technologien Erneuerbarer Energien vorangetrieben werden. Das gesamte Energiesystem im Interesse des Klima- und Umweltschutzes umzugestalten, wird neben der Reform des deutschen Sozialsystems und Arbeitsmarktes zum größten wirtschaftspolitischen Projekt seit der Wiedervereinigung. In Zeiten von Tschernobyl und Ozonloch werden in allen politischen Lagern Klimaschutzdebatten geführt. Länder und Kommunen fordern, eine gesetzliche För-
derung Erneuerbarer Energien festzulegen. Noch ahnt niemand, welche weitreichende Revolution damit angestoßen wird.
1991 Mit dem Inkrafttreten des EEG-Vorläufers, dem Stromeinspeisungsgesetz im Januar 1991, wird der Grundstein für eine Wende im Energiesektor gelegt. Das Gesetz verpflichtet Netzbetreiber, den in ihrem Versorgungsgebiet erzeugten Strom aus Erneuerbaren Energien abzunehmen. Die Höchstmenge des zu vergütenden Ökostroms deckelt das Gesetz auf fünf
Prozent der über das Versorgungsnetz des Unternehmens abgesetzten Kilowattstunden. Den Betreibern regenerativer Kraftwerke garantiert es eine gesetzliche Mindesteinspeisevergütung. Dafür anfallende Förderkosten werden auf die Kunden umgelegt, ohne sie speziell auszuweisen. Das Gesetz führt zu einem rapiden Ausbau der Windenergie.
2000 Knapp ein Jahrzehnt später ist klar: Das Stromeinspeisungsgesetz mit seinen fünf kurzen Paragraphen reicht nicht aus, um
STREITFRAGEN
BDEW0115_44-47_Zeitreise.indd 45
— Juni 2015
45
11.06.15 11:22
ZEITREISE • EEG
die angestrebte Verdopplung regenerativer Energie am Strommix bis 2010 zu schaffen. Der Bundestag verabschiedet das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und beschließt damit, die Erneuerbaren als eine tragende Säule zukünftiger Energieversorgung zu verankern. Es verpflichtet Netzbetreiber dazu, jede Kilowattstunde aus Ökostrom-Anlagen abzunehmen, sie anzuschließen und das Netz auszubauen. Die Versorger weisen die Kosten für die Verbraucher in der Praxis erstmals gesondert aus. Der Begriff „EEG-Umlage“ etabliert sich. Mit seiner auf Jahre garantierten Einspeisevergütung ist das EEG beliebt bei Anlagenbetreibern. So erhöht sich die Ökostromerzeugung zwischen 2000 und 2008 um das Dreifache. Um es an die steigende Produktion und die technische Entwicklung anzupassen, durchläuft das EEG fünf Novellen. Die Ziele werden mit jeder Neuerung höhergeschraubt. So legt es 2012 fest, dass 2020 35 Prozent der Stromversorgung „grün“ sein soll, bis 2030 sogar mehr als 50 Prozent. Die Regierung einigt sich darauf, die CO₂-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren und sich nach und nach von Kohle, Öl und Gas zu verabschieden. Nach dem Atomunglück in Fukushima im März 2011 wird der vollständige Ausstieg aus der Kernenergienutzung bis Ende 2022 beschlossen.
2014 Zuletzt wurde das EEG im Jahr 2014 angepasst. Insbesondere ging es der Bundesregierung darum, den weiteren Kostenanstieg spürbar zu bremsen, den Ausbau der Erneuerbaren Energien planvoll zu steuern und die Erneuerbaren Energien besser an den Markt heranzuführen. Aus Sicht der Energiewirtschaft beinhaltete die EEGNovelle 2014 insgesamt wichtige Weichenstellungen für den weiteren, erfolgreichen Ausbau der Erneuerbaren Energien. Dazu gehörten die verpflichtende Direktvermarktung sowie die zukünftige Ermittlung der Förderhöhe im Wettbewerb. Ende Januar 2015 beschließt die Bundesregierung die Verordnung für die künftige Ausschreibung von Photovoltaik-Freiflächen und vollzieht damit einen weiteren wichtigen Schritt in 46
STREITFRAGEN
Richtung Marktintegration. Hauptziel dieser Maßnahme ist, die Kosteneffizienz bei der Förderung von Strom aus Erneuerbaren Energien zu steigern. Ab 2017 soll die Förderhöhe für Strom aus allen Erneuerbaren Energien wettbewerblich im Wege von Auktionen ermittelt werden. Das EEG kann zurecht als Grundstein der Energiewende betitelt werden. In den 15 Jahren seit seiner Einführung wurden Tausende Arbeitsplätze geschaffen und mehr als 1,4 Millionen Photovoltaikanlagen auf deutschen Dächern installiert. Mit 160,6 Milliarden Kilowattstunden liefern sie 2014 mehr als ein Viertel der deutschen Bruttostromerzeugung. Damit haben sie – insgesamt betrachtet – erstmals den Hauptanteil im Energiemix. Nicht zuletzt aufgrund dieser Erfolgsgeschichte orientieren sich mittlerweile 47 Staaten am deutschen EEG.
Neuer Wind: Von Weitem sieht der Windbaum der Firma New Wind wirklich aus wie ein Baum. Das Kleinstkraftwerk wiegt sich mit seinen 72 Turbinen im Wind und soll dabei Strom erzeugen.
9,1 %
Wind
7,0 %
Bis 2050 Deutschland will grünes Vorbild bleiben. Doch das Klimaziel von 80 bis 95 Prozent bis 2050 gegenüber 1990 steht auf der Kippe. Kritische Kommentare zum Erneuerbare-Energien-Gesetz werden immer lauter. Die Bundesregierung müsse die Privilegien für energieintensive Unternehmen drosseln – ohne den Ausbau der Erneuerbaren Energien abzuwürgen. Die nötigen Emissionsminderungen lassen sich nur erreichen, wenn die Energie effizienz in allen Bereichen deutlich steigt. Auch ein neues Marktdesign zum Miteinander von konventionellen und regenerativen Energien steht auf der Agenda. Neue Speichertechnologien müssen entwickelt und das Stromnetz mit mehreren Tausend Kilometer Stromtrassen verstärkt werden. Der Strom aus windstarken Nordseere gionen muss verlustarm von Nord nach Süd fließen können. Geplant sind Strom autobahnen für ein energieeffizientes Transport- und Verteilsystem, die ganz Europa durchziehen. Die Verteilung soll dezentral gesteuert werden. Mithilfe einer moderneren Infrastruktur sollen Versorger von zentralen Hubs aus die Regionen bedienen. Fortsetzung folgt. Die nächste EEGNovelle soll 2016 beginnen.
26,2 %
Erneuerbare Energien
Biomasse
5,7 %
Solar
3,3 %
Wasser
1,0 %
Siedlungsabfälle
25,4 %
Braunkohle
17,8 %
Steinkohle
15,8 %
Kernenergie
9,5 %
Erdgas
5,4 %
Mineralölprod.
2014 wurden erstmals über 25 Prozent der deutschen Bruttostromerzeugung aus Erneuerbaren Energien gewonnen. Wenn es nach der Bundesregierung geht, sollen es bis 2050 sogar 80 Prozent sein.
Foto: afp/Getty Images; Infografik: C3 Visual Lab
— Juni 2015
BDEW0115_44-47_Zeitreise.indd 46
10.06.15 11:54
EEG • ZEITREISE
40 Prozent Preissteigerung pro kWh
Foto: afp/Getty Images; Infografik: C3 Visual Lab
In 7 Jahren
STREITFRAGEN
BDEW0115_44-47_Zeitreise.indd 47
— Juni 2015
47
10.06.15 11:55
SPIEL • CO2-REDUKTION
Klimabeitrag: zahlen oder nicht. Wie steht es mit Ihrem Kraftwerk ? S ta rt >
??
Nein
Hast Du mal modernisiert?
! t z t Je
Ja, aber nur so ein bisschen.
Immer noch vor 1997.
DuDu hast hast ein ein ……
Suche juristische Klärung des Begriffs „Inbetriebnahme“.
! Unterteile es in Kraftwerksblöcke – eine interne Übertragung ist nicht möglich.
Illustration: C3 Visual Lab
Extrarunde nur einmal möglich.
48
STREITFRAGEN
Antwort mehrmals möglich. Antwort nur einmal möglich.
BDEW0115_48-49_Spiel.indd 48
Vor 1997.
Nein
Stelle Stilllegungsantrag.
Ja
Bewilligung
1997 1997
FEB
Spielregeln:
Kaufe Zertifikate für 18 bis 20 Euro pro Tonne CO2. Ist Dein Kraftwerksbetrieb noch ökonomisch?
Doch später als 1997.
… Kraftwerk, das dem Emissionshandel unterliegt.
… Kraftwerk, das dem Emissionshandel nicht unterliegt.
Ja, mit Einbau eines neuen Kessels vor 1997.
Wann war die Inbetriebnahme der Blöcke?
Ablehnung
Nach 1997.
— Juni 2015
10.06.15 11:58
!++
! Suche juristische Klärung des Begriffs „Kraftwerksleistung“.
Hast Du eine KWK-Anlage, dann kassiere den Wärmebonus.
Klage gegen Bescheid mit dieser ungewöhnlichen Berechnungsart bzw. gegen das Verfahren.
Verfahren illegal.
!
++ CO2-REDUKTION • SPIEL
Ist der Verwaltungsaufwand zu hoch, besorge Dir zusätzliche Mitarbeiter, die sich um den Antrag etc. kümmern.
Antrag wird abgelehnt von der Bundesnetzagentur. Finde jemand anderen, der die Zeche zahlt.
! Beantrage den Emissionsfreibetrag bei der Behörde. Kraftwerksleistung in Gigawattstunden mal 3 bis 7 Millionen Tonnen CO2 linear absinkend vom 21. bis zum 41. Jahr, danach gesockelt.
Verfahren legal.
Gehe zur Kasse und zahle direkt ein.
Gilt nicht für Dich.
Suche juristische Klärung des Begriffs „grundlegende Modernisierung“.
Und tschüss!
Gilt für Dich.
!
€€ Abgabepflicht nicht mit EU-Recht vereinbar. Maßnahmen stellen Eingriff in das Marktgeschehen dar.
Klage am EuGH gegen die wettbewerbsverzerrende Wirkung der nationalen Abgabepflicht.
Erst einmal aussetzen. Dein Freibetrag an CO2 ist unbegrenzt bis 20 Jahre nach Fertigstellung. Ab dem 21. Jahr darfst Du wieder mitspielen.
Abwarten und Teetrinken.
Klimabeitrag und Abgabepflicht mit EU-Recht vereinbar.
„Frei parken“. Fein raus.
(Fußnote: Regelungsvorschlag des BMWi zum nationalen Klimaschutzbeitrag der deutschen Stromerzeugung, Stand März 2015)
BDEW0115_48-49_Spiel.indd 49
STREITFRAGEN
— Juni 2015
49
10.06.15 11:58
SCHLAGZEILEN • MEDIENCHECK
SCHLAGZEILEN, DIE WIR LESEN MUSSTEN
KLIMAPAKET GEKIPPT: KOALITION STOPPT STEUERBONUS FÜR GEBÄUDESANIERUNG SPIEGEL ONLINE, 26.2.2015
REGIERUNG SETZT AUF STROMMARKT 2.0 ENERGATE MESSENGER, 20.3.2015
STROMTRASSENSTREIT »BAYERN SABOTIERT DIE ENERGIEWENDE« DEUTSCHLANDFUNK, 19.5.2015 (ZITAT VON NILS SCHMID)
ANGELA MERKEL FORDERT AUSSTIEG AUS DER KOHLE DER TAGESSPIEGEL, 20.5.2015
ENERGIEWENDE: NICHTS PASST ZUSAMMEN SÜDWEST PRESSE, 1.4.2015
50
STREITFRAGEN
— Juni 2015
BDEW0115_50-53_Termine_Schlagzeilen.indd 50
10.06.15 12:00
DIE
MEDIENCHECK • SCHLAGZEILEN
SCHLAGZEILEN, DIE WIR GERNE GELESEN HÄTTEN
DAS TRAUERSPIEL IST BEENDET: ENDLICH EFFIZIENTE MASSNAHMEN ZUR CO2-REDUZIERUNG IM WÄRMEMARKT BESCHLOSSEN
DEUTSCHLAND FOLGT FRANZÖSISCH EM BEISPIEL: KAPAZITÄTSMARKT KOMMT SEEHOFERS KEHRTWENDE: »NEUE STROMTRASSEN SIND FÜR DEN ERFOLG DER ENERGIEWENDE UNUMGÄNGLICH.
AUCH IN BAYERN«
BUNDESREGIERUNG FOLGT DEM AUFRUF DER ENERGIEWIRTSCHAFT: ALLE BETROFFENEN AKTEURE MÜSSEN AN EINEN TISCH
GABRIEL GREIFT EIN: AB JETZT ENERGIEPOLITIK AUS EIN EM GUSS BDEW0115_50-53_Termine_Schlagzeilen.indd 51
Mehr
Schlagzeilen auf streitfragen.de
STREITFRAGEN
— Juni 2015
51
10.06.15 12:00
Streit-fragen
Das Magazin der Energie- und Wasserwirtschaft
NE u!
Und hier geht’s weiter: www.streitfragen.de Diskutieren Sie mit, erfahren Sie mehr.
Sie haben auf www.streitfragen.de einen spannenden Beitrag gefunden? Dann sagen Sie es weiter. Sie haben eine andere Meinung als die Autoren? Wir sind gespannt. www.streitfragen.de | streitfragen@bdew.de
BDEW0115_50-53_Termine_Schlagzeilen.indd 52
10.06.15 12:01
TERMINE • VERANSTALTUNGEN
Was kommt
Die Energie- und Wasserbranche ist in Bewegung. Fortwährend finden Kongresse, Tagungen und Foren zu aktuellen politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Themen statt.
29.–30.9.2015:
Wasserwirtschaftliche Jahrestagung 2015, Berlin
6.10.2015: Forum für kleinere und mittlere Stadtwerke, Bad Kreuznach
21.10.2015:
Forum für kleinere und mittlere Stadtwerke, Schwäbisch Gmünd
12.11.2015:
Gasdialog 2015, Berlin
18.–19.11.2015: Nationaler IT-Gipfel 2015, Berlin
30.11.–11.12.2015: UN-Klimakonferenz, Paris
03.12.2015: Forum für kleinere und mittlere Stadtwerke, Hamburg
Impressum Herausgeber BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. Reinhardtstraße 32 10117 Berlin streitfragen@bdew.de www.bdew.de Gesamtverantwortung Mathias Bucksteeg Chefredaktion Henning Jeß Redaktionsschluss Juni 2015
Konzept und Realisierung C3 Creative Code and Content GmbH, unter redaktioneller Mitarbeit von Ricarda Eberhardt, Birgit Heinrich (Bildwelt), BDEW Druck und Verarbeitung Brandenburgische Universitätsdruckerei und Verlagsgesellschaft Potsdam mbh Karl-Liebknecht-Straße 24/25 14476 Golm bei Potsdam
STREITFRAGEN
BDEW0115_50-53_Termine_Schlagzeilen.indd 53
— Juni 2015
53
10.06.15 12:02
OUTRO • TRINKWASSER
OUTRO Streitpunkt Wasser
»Eine Beeinflussung öffentlich genutzter Trinkwasserbrunnen und Heilquellen ist nicht zu befürchten. Eine weitere Versenkung von Salzabwasser im hessischen Teil des WerraReviers ist deshalb ohne Gefährdung der Trinkwassergewinnung möglich.« Pressemitteilung von K+S, 16.4.2015
54
STREITFRAGEN
— Juni 2015
BDEW0115_54-55_Outro_Wasser.indd 54
10.06.15 12:04
THEMA • INTRO
TRINKWASSER• OUTRO
»Der prozentuale Anteil der Netzbetreiber, die vom vereinfachten Verfahren Gebrauch machen, [ist] mit ca. 80 Prozent spartenübergreifend sehr hoch und stößt auch bei der Europäischen Kommission auf rechtliche Bedenken. Es wird daher eine Absenkung der bestehenden Schwellenwerte auf 7.500 angeschlossene Kunden für Gasnetzbetreiber und 15.000 angeschlossene Kunden für Stromnetzbetreiber geprüft.« Eckpunktepapier des Bundeswirtschaftsministeriums zur Novellierung der Anreizregulierung, 16.3.2015
2
STREITFRAGEN
BDEW0115_Titel_Rücken.indd 6
— Juni 2015
Titel und Rücktitel Foto: Plainpicture
INTRO Streitpunkt Energie
»Wir befürchten, dass die Laugenverpressung längst zu irreparablen Schäden in Grund- und Trinkwasservorkommen geführt hat. Die Fortsetzung der Versenkung ist nicht mehr zu verantworten.« Burkhard Vogel, Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen, 11.5.2015
STREITFRAGEN
— Juni 2015
55
10.06.15 12:06
Streit-fragen
Das Magazin der Energie- und Wasserwirtschaft
Jetzt
neu!
Juni 2015 KWK
Unternehmen setzen weiterhin auf die effiziente Technologie Abwasser
Brauchen wir die 4. Reinigungsstufe?
Neue Aussichten
Kleinteiliger, grüner, dezentraler: Die Energiebranche ist im Umbruch. Der Kunde wird zum Prosumer, der Konsument zum Wertschöpfer – und Partner.
BDEW0115_Titel_Rücken.indd 3
11.06.15 16:39