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STADT OHNE VERGLEICH

»Alles, was in Berlin geschah, war ohne Vergleich«, schrieb der Schriftsteller Carl Sternheim (1878 – 1942), nicht ohne einen gewissen Spott. »Fortgesetzt riss man erst Hingebautes ab, baute gewaltiger neu, baute in Erde und Luft. Errichtete Denkmäler reihen- und gruppenweise, demolierte, um größere Apotheosen hinzusetzen, verbrauchte atemlos, um mit gesteigerter Produktion nicht nur schnelleres Verbrauchen zu veranlassen, sondern weil das hysterisch geschraubte Hervorbringen auch einziges Mittel wurde, die bei solchem Gedeihen lustig emporwuchernden Massen zu beschäftigen.« Sternheim wollte vor allem die lebendige deutsche Hauptstadt nach 1900 beschreiben und konnte noch nicht ahnen, wie viel Zerstörung und gewaltigen Neubau »in Erde und Luft« sie nach ihm noch erleben sollte. Aus der beschaulichen mittelalterlichen Doppelstadt Berlin/Cölln wurde der Herrschaftssitz der Hohenzollern, später die Hauptstadt des Königreichs Preußen. Doch erst nach der Gründung des deutschen Kaiserreichs 1871 bekam die Stadt den Entwicklungsschub, der sie zu einer Metropole wachsen ließ. Die damals entstandenen Bilder, Mythen und Klischees prägen die Vorstellung von Berlin bis heute. Am nachhaltigsten aber tun dies vermutlich die Zwanzigerjahre, die von politischen Richtungskämpfen einerseits und einer höchst produktiven Phase des Kulturlebens andererseits gekennzeichnet waren.

Die radikalste Umgestaltung der Stadt und ihrer Bewohner allerdings erfolgte unter den Nationalsozialisten: Sie hegten Pläne, hier ihre Welthauptstadt »Germania« zu errichten, trieben Zehntausende Berliner Bürger ins Exil, ja sogar in den Tod, und hinterließen eine Stadt in Trümmern. Für viele ausländische Besucher ist Berlin schließlich immer noch die Mauerstadt, in der die Teilung der Welt in Ost und West in einem der absurdesten Bauwerke der Geschichte Gestalt angenommen hatte. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs im November 1989 fand hier zugleich der Kalte Krieg ein friedliches Ende: Die Menschen tanzten auf der Mauerkrone am Brandenburger Tor und begannen bald mit Hammer und Meißel den »antifaschistischen Schutzwall« abzutragen.

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Das Immer-in-Bewegung- Bleiben ist vermutlich Berlins typischste Eigenschaft. Die Stadt behielt stets etwas Provisorisches, zu dem bis heute die durch Kriegszerstörung und Teilung entstandenen Baulücken und verkehrstechnischen Unzulänglichkeiten beitragen. Auch wenn man am Beginn der Neunzigerjahre des 20 . Jahrhunderts angefangen hat, diese Wunden im Stadtbild zu schließen, und neue Stadtviertel wie das Areal rund um den Potsdamer Platz entstanden sind, wird es immer Nischen geben, in denen Neues entsteht, in denen der Neugierige ungewöhnliche Entdeckungen machen kann. Nicht zuletzt das macht die ungebrochene Faszination aus, die die Stadt für Besucher und Bewohner hat.

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