Meißen - Sachsens heimliche Hauptstadt (Leseprobe)

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Rolf Schneider

MeiĂ&#x;en

Sachsens heimliche Hauptstadt Mit Fotografien von Therese Schneider

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Mehr Informationen im Internet

Abbildungsnachweis akg images: S. 54; bpk / Staatliche Kunstsammlungen Dresden / Elke Estel, Hans-Peter Klut: S. 64; Codex Manesse: S. 14, 39; Georg Braun / Franz Hogenberg, Civitates orbis terrarum, Köln 1575: S. 13, 18; H. C. Schmiedicke Kunstverlag Leipzig: S. 30, 31; Hans Sonntag, Meissen in Meißen, Leipzig 2010: S. 55, 56 unten, 57 unten; Hiob Magdeburg, Misena Hermundurorum Urbs, Basel 1572: S.13; SLUB / Deutsche Fotothek / Hermann Großmann: S. 23, 33. Alle übrigen Fotografien stammen von Therese Schneider.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, Verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung auf DVDs, CD-ROMs, CDs, Videos, in weiteren elektronischen Systemen sowie für Internet-Plattformen. © edition q im be.bra verlag GmbH Berlin-Brandenburg, 2014 KulturBrauerei Haus 2 Schönhauser Allee 37, 10435 Berlin post@bebraverlag.de Lektorat: Robert Zagolla, Berlin Gesamtgestaltung: Therese Schneider, Berlin Schrift: Arno 10/12 pt Druck und Bindung: TPC ISBN 978-3-86124-668-8 www.bebraverlag.de

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Die Lage  7 Der Ursprung  8 Die Burg  17 Die Herrscher  24 Die Kathedrale  27 Die Schule  32 Die Literaten  38 Die Reben  44 Die Klaviere  47 Die Erfindung  51 Die Produktion  56 Die Gestalter  61 Die Teicherts  65 Der Rückblick  69

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Matthäus Merian der Ältere: Meißen. 17. Jahrhundert

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Die Lage Durch eine Stadt geht ein Fluss. Gebäude stehen auf beiden Ufern, die eine ungefähr gleiche Höhe haben und durch Brücken verbunden sind. Manchmal geschieht es, dass ein Ufer flach, das andere gebirgig ist und durch eine Burg gekrönt wird oder eine Kathedrale. Es verleiht dem Stadtbild eine besondere Attraktivität. Genau so zeigen sich Budapest und Prag. Genau so zeigt sich Meißen. Der Strom, der hier fließt, ist die Elbe. Es gibt einen weiteren Fluss, der die Stadt durchquert und in die Elbe mündet, die Triebisch, außerdem ein Bächlein, Meisa, westslawisch Mišno, von dem die Siedlung einst ihren Namen bezog. Über den großen Fluss führen drei Brücken. Geologisch liegt Meißen am Ausgang des Elbtalkessels. »Die Massen des Hügels, die steilen Felsen zur Seite bestehen aus Granit, der, nach allen Merkmalen, zu den jüngeren und jüngsten Abänderungen dieses Gesteins zu gehören scheint. Er ist von grobem Korne, sehr reich an Feldspat, der häufig mehr oder minder zersetzt und zu Erdigem umgewandelt ist, und wird hin und wieder von sehr schmalen granitischen Adern oder von Feldspatschnüren durchzogen. Nur an wenigen Stellen neigt sich das granitische Gefüge zum Gneiß-artigen.« So im Jahre 1834 der geologische Wandersmann Karl Cäsar von Leonhard. Meißen ist Große Kreisstadt und hat heute um die 28 000 Einwohner, bei sinkender Tendenz. Fünfundzwanzig Kilometer elbaufwärts liegt Dresden, die nunmehrige Landeshauptstadt und vormals kurfürstlich-königliche Residenz, die Meißen an Größe, Ruhm und politischer Bedeutung |  7

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längst und bei weitem überflügelt hat. Immerhin darf Meißen für sich in Anspruch nehmen, runde dreihundert Jahre älter als Dresden zu sein und erstes politisches Zentrum dessen, was heute Freistaat Sachsen heißt. Der in Meißen gesprochene Dialekt ist eine von mehreren Spielarten des Obersächsischen. Laut dialektgeographischer Erhebung zerfällt sie an diesem Ort in nochmals fünf Stadtteilidiome. Der linguistische Begriff Missingsch geht auf Meißen zurück, bezeichnet freilich eine dem Hochdeutschen angenäherte Form des Niederdeutschen, das in Meißen überhaupt nicht zuhause ist. Der Name erklärt sich so, dass die Urform alles modernen Schrifthochdeutschen eine Urkundensprache war, die nach ihrem Verwendungsort Meißner Kanzlei hieß. Martin Luther benutzte sie für seine Bibelübertragung und machte sie dadurch zum Allgemeingut. Historische Anhaftungen allenthalben. Wer sie in haptischer Gestalt erleben will, kommt hierher. Es gibt nicht viele Städte von so vergleichsweise geringer Größe, die ein derartiges Überangebot an geschichtlicher Erinnerung bereithalten. Der Ursprung In der Meißner Altstadt befindet sich ein nach König Heinrich I. benannter Platz, in dessen Mitte ein Brunnen steht. Aus mehreren Öffnungen sprudelt Wasser in insgesamt vier sandsteinerne Becken. Auf den Stufen davor lümmeln sommers junge Leute. Der Heinrichsplatz diente früher als Fischmarkt, die Becken wollen daran erinnern. Gekrönt wird die Anlage durch eine überlebensgroße Bronzeplastik. Sie ist die Arbeit eines Dresdner Bildhauers 8  |

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Heinrichsbrunnen. Architekt: Hermann Nicolai, Plastik: Robert Henze. 1863 |  9

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Heinrich I. Reliefplatte. Entwurf: Michael Stapf. 1994/95

namens Robert Henze, Schüler des bedeutenderen Ernst Rietzschel, 1864 wurde sie vollendet. Zu sehen ist eine königliche Figur mit Vollbart, Umhang und Krone, die rechte Hand zeigt noch vorne, während die linke das Modell eines Kastells umfasst. Bei dem Dargestellten handelt es sich um Heinrich aus dem niedersächsischen Geschlecht der Liudolfinger, der im Jahr 919 zum deutschen König gewählt wurde. Wobei man wissen muss, dass »deutsch« hier ein unhistorischer Zusatz ist, denn Deutschland als Nation gab es längst noch nicht, selbst das Wort als ethnische Bezeichnung existierte noch nicht; bei dem von Heinrich regierten Territorium handelte es sich um den östlichen Teil des vormals karolingischen Frankenreichs. Verharren wir noch ein wenig in jener fernen Vergangenheit. Eines der großen Probleme König Heinrichs war die kriegerische Abwehr der Ungarn. Die ständigen Einfälle dieses ursprünglich in der Gegend des Urals beheimateten Reitervolks wurden endgültig erst durch seinen Sohn beendet. Mit den Ungarn verbündet hatten sich westslawische Stämme, die während der Völkerwanderungszeit in die entleerten Territorien zwischen Weichsel und Elbe eingezogen waren. Heinrich eroberte einige ihrer Gebiete und ließ sie christianisieren. Es handelte sich um Landschaften des nachmaligen Brandenburg, und es handelte sich um Landschaften an der oberen Elbe; der westslawische Stamm, den Heinrich dort besiegte, waren die Daleminzier. Die neuen Ländereien

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trugen den Namen Marken, was ein altes Wort für Grenzen ist und Grenzgebiete meinte. Im Jahre 929 ließ Heinrich auf dem Meißner Burgberg eine befestigte Anlage errichten; es war jenes Kastell, dessen Modell die bronzene Figur auf dem Heinrichsbrunnen im Arme hält. Burgen zu jener Zeit und in jenen Gegenden waren einfache Holzkonstrukte, manchmal durch Palisaden geschützt; bei archäologischen Grabungen fand man auf dem Meißner Burgberg Reste von Wegbohlen, die aus dem 10. Jahrhundert stammen. Noch ältere Funde belegen eine Besiedlung in prähistorischer Zeit. Dass auf jener bewaldeten Erhebung eine Burg erbaut worden sei, bezeugt einer der bedeutenden mittelalterlichen Chronisten, Thietmar von Merseburg. Freilich lebte er erst gute einhundert Jahre nach Heinrich. Die deutsche Übersetzung seiner lateinischen Notiz ist auf Bronzetafeln neben dem Heinrichsbrunnen zu lesen. Hier findet sich auch die älteste Schreibung des Ortsnamens: Misnia. Heinrichs Sohn und Nachfolger war Otto. Er setzte die Politik des Vaters fort und sicherte dessen territoriale Eroberungen, auch indem er Kirchen errichten ließ und Bischöfe berief; Christianisierung war ein erprobtes Instrument der Kolonialherrschaft. So verfuhr er in der Mark Brandenburg, so verfuhr er an der oberen Elbe, wo er 968 das Bistum Meißen gründete. Die weltliche Verwaltung oblag einem Markgrafen. Der erste von ihnen hieß Wigbert. Man weiß nicht viel von ihm, außer dass er von 965 bis 976 herrschte. Vor seinem Machtantritt hatte das Meißner Gebiet zur Sächsischen Ost|  11

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Wappen der Wettiner, albertinische Linie

mark gehört. Sie unterstand dem Markgrafen Gero, einem bewährten Haudegen; das Harzstädtchen Gernrode ist nach ihm benannt. Die neuen Eroberungen im Osten blieben lange umkämpft. In Brandenburg gewannen die dortigen Slawenstämme ihr einstiges Siedlungsland fast vollständig zurück, an der oberen Elbe gelang dies nicht. Auf Wigbert folgten zwei Markgrafen von Merseburg. Spätere Herrscher waren zum Beispiel Rikdag, Ekkehard und Gunzelin. Letzterer, ein begeisterter Schachspieler, soll während seiner Gefangenschaft im Dorfe Ströbeck bei Halberstadt das königliche Brettspiel so eindringlich vermittelt haben, dass es dort bis heute in der Schule gelehrt und in öffentlichen Turnieren vorgeführt wird. Die Geschlechter jener frühen Meißner Markgrafen hießen Ekkehardiner und Brunonen. Vielfach unterstanden ihnen zusätzlich weitere Herrschaftsgebiete, vornehmlich in Thüringen. Es gab dann auch einen Přemysliden, Vratislav oder Wladislaus, im Hauptgeschäft war er, als zweiter seines Namens, König in Böhmen. Er amtierte von 1076 bis 1089. Sein Nachfolger Heinrich war der erste Wettiner auf dem Meißner Burgberg. Das Adelsgeschlecht ist alt. Es ist so gewichtig wie die Welfen, die Wittelsbacher und die Hohenzollern. Deren Prominenz erlangte es indessen nicht, was wohl daran lag, dass die meisten der von ihnen beherrschten Territorien so vergleichsweise winzig waren und die meisten ihrer Vertreter eher glücklos. Der Stammsitz der Sippe befindet sich nahe Halle an der Saale. Er wurde längst umgebaut zu einem Schloss. Das Haus Wettin stellte Herrscher in Thüringen wie

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in Sachsen und hat das politische Schicksal beider Regionen über ein Halbjahrtausend maßgeblich bestimmt. Der erste Wettiner in Meißen, also Markgraf Heinrich I., erwies sich als ein wackerer Gefolgsmann des fränkischsalischen Königs Heinrich IV., dessen bekannteste Tat der Bußgang nach Canossa war. Die Belehnung mit der Markgrafschaft Meißen war der Lohn für politische Verlässlichkeit. Auf Heinrich I. folgte dessen Sohn, gleichfalls mit Namen Heinrich; geboren wurde er erst nach dem Tod seines Vaters, und zunächst regierte für ihn seine Mutter Gertrud. Er selbst blieb als rechtmäßiger Sohn und Erbe heftig umstritten. Man unterstellte, Gertrud habe eigentlich ein Mädchen geboren, das dann gegen das männliche Kind ihres Kochs ausgetauscht worden sei. Heinrich II. starb 1123, vermutlich durch Georg Braun, Franz HogenGift. Bedeutendster unter seinen Nachfolgern war Konrad I., berg: Ansicht von Meißen. mit den Beinamen »der Große« oder auch »der Fromme«. Holzstich. 1573 |  13

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Heinrich III. (der Erlauchte). Buchmalerei. Um 1300 14  |

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Er war ein Vetter von Markgraf Heinrich I. Die Legitimität des zweiten Heinrich hatte er immerfort angezweifelt. Er bewährte sich als Gefolgsmann der Kaiser Heinrich V. und Lothar von Süpplinburg; letzteren begleitete er auf dessen Zug nach Unteritalien. Im Konflikt zwischen Stauffern und Welfen schlug er sich auf die Seite der Stauffer. Es war die Zeit der beginnenden Ostkolonisation. Die über fast zwei Jahrhunderte umkämpften Gebiete zwischen Elbe und Oder wurden jetzt endgültig germanisiert, durch den sogenannten Wendenkreuzzug, den Welfenherzog Heinrich der Löwe organisierte. Die Besiedlung erfolgte durch Kolonisten, die vornehmlich den Gegenden des Niederrheins entstammten. Sie gründeten neue Dörfer oder besetzten vorhandene Slawendörfer, die sie majorisierten. Auch Konrad verfuhr in diesem Stil. Zudem war er ein umsichtiger Diplomat, und er betrieb eine geschickte Heiratspolitik. Einer seiner Söhne ehelichte eine polnische Prinzessin, ein anderer die Tochter des Markgrafen von Brandenburg. Drei seiner sechs Töchter heirateten: in die Pfalz, nach Bayern und nach Dänemark. Die territoriale Ausdehnung der Markgrafschaft Meißen erweiterte sich unter seiner Herrschaft beträchtlich. Er förderte Klöster. Zweimal begab er sich auf Pilgerfahrt ins Heilige Land. Drei seiner Töchter nahmen den Schleier. 1156 legte er, bereits todkrank, demonstrativ seine Waffen und Herrschaftsinsignien nieder vor dem Altar der Domkirche zu Meißen, Kleriker und Adelsleute waren die beredten Zeugen. Seine Erbfolge hatte er zuvor penibel geordnet. Von der Domkirche aus begab er sich in ein Kloster, wo er |  15

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Konrad der Große von Wettin. Mittelalterliche Münze

seine weltliche Kleidung gegen die geistliche tauschte. Hier war Wichmann zugegen, der einflussreiche Erzbischof von Magdeburg, Konrad hatte einst dessen Investitur betrieben, zudem war er Konrads Neffe. Fortan lebte der ehemalige Markgraf als Mönch. Er lebte noch reichliche zwei Monate so, dann schied er dahin. »Seine Tapferkeit, Gottseligkeit und Großmut, seine Redlichkeit und Keuschheit, Tugenden eines Helden, waren es, die ihm den Namen eines sächsischen Helden, waren es, die ihm den Namen der Große gaben, sie sind es und nicht der zufällige Besitz vieler Länder, die ihm denselben erhielten, und sein glorreiches Andenken in den Herzen treuer Sachsen erhalten werden.« So der mehr als adelsfromme Biograf Heinrich Wolfgang Behrisch. Die Geschichtsschreibung sieht in Konrad den Stammvater des Wettiner Königshauses und die von ihm arrondierte Markgrafschaft als Ursprung des späteren Kurfürstentums, Königreichs und Freistaates Sachsen. Im Fürstenzug an Dresdens Auguststraße, jenem 102 Meter langen, aus 25 000 bemalten Meißner Kacheln gefertigten Figurenpanorama, das der sächsische Kunstmaler und Akademieprofessor Wilhelm Walther schuf, reitet hinter etlichen Herolden und Hornbläsern der Markgraf Konrad als erster von insgesamt fünfunddreißig sächsischen Regenten aus dem Hause Wettin. Er trägt einen Vollbart, einen Hut mit zwei flatternden Bändern und streckt abwehrend beide Hände nach vorn. Eine irgend geartete Porträtähnlichkeit mit dem historischen Konrad dürfen wir ausschließen.

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Die Burg Das vermutlich älteste erhaltene Baudenkmal auf Meißens Burgberg ist die Schlossbrücke. Errichtet aus Granit- und Sandsteinquadern, hat sie zwei wuchtige Bögen, die auf einem Mittelpfeiler ruhen; als Entstehungszeit gelten die Jahre 1221 bis 1228. In die westliche Zinnmauer eingefügt ist ein Wappenstein, der, heute stark verwittert, einen Helm mit Federbusch zeigt. Die Ausführung der Brücke wird einer aus Oberitalien stammenden Bauhütte zugeschrieben. Nur wenig jünger ist das Vordere Burgtor, das freilich im 16. Jahrhundert gründlich überbaut wurde. Es war der erste

Albrechtsburg und Dom |  17

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Georg Braun, Franz Hogenberg: Meißner Burgberg. Holzstich. 1573

von insgesamt drei geschützten Zugängen, davor verlief ein Graben. Das Torhaus wurde später mit dem benachbarten Burglehnhaus vereinigt und diente als Wohnung. Seit ihrer Gründung im 10. Jahrhundert wurde die Burg ständig verändert. Manche Ursprünglichkeit ließ sich nur mehr durch Grabungen erschließen. Aus dem Zeitalter der Romanik hat sich bis heute, neben der Schlossbrücke, lediglich ein Mauerzug im unteren Keller des Westflügels erhalten. Der Burgberg und der benachbarte Afraberg, beide durch die Schlossbrücke verbunden, waren im Hoch- und Spätmittelalter Sitz von gleich drei Autoritäten: dem Markgrafen, dem Bischof und, erstmals eingesetzt zur Zeit Konrads des Frommen, dem Burggrafen. Inhaber dieses letzten Titels und der damit verbundenen herrscherlichen Gewalt

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gab es in Meißen bis zum 15. Jahrhundert. Sie mussten sich der immer stärker werdenden Macht der Markgrafen erwehren. Der letzte Burggraf, mit Namen Heinrich, fiel in einer Schlacht, danach blieb die gesamte weltliche Macht bei den Wettinern. Sie nahmen das ursprüngliche Burggrafengelände in Besitz und ließen es architektonisch integrieren. Die Albrechtsburg, so der Name seit einem Halbjahrtausend, ist in ihrer heutigen Gestalt das Ergebnis von Um-, Anund Neubauten aus acht Jahrhunderten. Der Rote Turm des hochmittelalterlichen Schlosses wurde abgerissen und findet sich nur mehr im Meißner Stadtwappen. Auf einem hakenförmigen Grundriss stehen drei Stockwerke, erreichbar über Wendeltreppen. Die heutige Gestalt stammt aus der Epoche der Spätgotik. Der Namen des Architekten ist bekannt: Arnold von Westfalen. Er war einer der großen spätmittelalterlichen Baumeister in Deutschland. Von seiner Lebensgeschichte ist einiges dokumentiert, anderes zu seiner Person lässt sich über Stilvergleiche erschließen. Vermutlich wurde er in Leipzig geboren, er lebte zwischen 1425 und 1482. Er lernte zunächst in Zerbst, bei Hans Kumoller, einem renommierten sächsischen Meister, der unter anderem am Bau der Dresdner Kreuzkirche mitgewirkt hat; Arnold war hier Kunstdiener und Parlier, was Bauleiter bedeutet, Polier. Anschließend hat sich Arnold wahrscheinlich in Wien aufgehalten, in der dortigen von Hans Puchspaum geleiteten Dombauhütte; neben den Kathedralwerkstätten Kölns und Straßburgs war sie eine der großen Schulen Meißner Wappen mit Rotem der Kathedral-Architektur zu jener Zeit. Manche Autoren Turm |  19

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meinen, Arnold habe sich außerdem in Frankreich umgetan, dem Mutterlande der Gotik. Er war wohl in Dresden und Görlitz tätig. In den Dienst der Wettiner trat er nachweislich 1471 – »Uffnemung Meister Arnolts Westveling zcu eynem buwemeister«, wie es in einer Urkunde heißt. Er führte den Titel eines Landeswerkmeisters, sein Hauptauftrag war der Burgbau in Meißen. Ihm stand einiges an Geld zur Verfügung. Die neu erschlossenen Silbergruben bei Schneeberg im Erzgebirge erwiesen sich als hoch profitabel, was vornehmlich den Wettinern zugutekam. In Arnolds Bauhütte verdiente ein Tagelöhner doppelt so viel wie ein gelernter Handwerker in der Stadt. Die Löhne der Maurer waren denen der Steinmetzen angeglichen, derart kam es zu einer vertrauensvolleren Zusammenarbeit beider Gewerke und zu einer deutlichen Verfeinerung der Maurerarbeit: Gleicher Lohn schuf ein gleiches Selbstwertgefühl. Arnold war »Planer, Gutachter, Inspektor und Berater. Aus unserer Sicht heute verkörperte er den kreativen Künstler-Architekten und überwachenden Bauleiter mit organisatorischen Talenten in einer Person«, sagt die Kunsthistorikerin Christiane Schillig. »Von Meißen aus verbreiteten sich seine Zellengewölbe in Sachsen, nach Preußen und Österreich, nach Böhmen und Polen. Niemals wieder wurde jedoch die gleiche Virtuosität wie auf dem Burgberg erreicht. Arnold setzte mit der Al­brechtsburg Maßstäbe, die noch heute in ihrer Monumentalität und Dynamik überzeugen. Sie ist die phantasievollste und großartigste Leistung spätmittelalterlicher profaner Baukunst in Deutschland – ein Geniestreich.« 20  |

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Außer mit den erwähnten Zellengewölben wurde Arnold vorbildhaft durch seine raffinierten Treppentürme. Bei den Gewölben legte er den Schub auf innen liegende Pfeiler, was glatte Fassaden mit großen Fensteröffnungen ermöglichte, so genannte Vorhangbogenfenster. Seine Leistungen wurden allgemein geschätzt. Ein Brief des Hofmarschalls rühmt, er sei »der tüglichste und behän­des­t e Werckmeister uf Steinwerck und Mauern«, der »nicht allein in der Kunst und Arbeit, son­dern auch in dem Rath tüglich und gut« sei. Seine Bauprinzipien wurden weitergereicht durch Schüler und Mitarbeiter. Er selber verantwortete noch die Arbeiten an anderen großen Feudalbauten der Wettiner: Schloss Hartenfels in Torgau, dem Dresdner Schloss, der Burgkapelle in Rochlitz, einem Trakt von Burg Kriebstein, Schloss Tharandt. Er baute in Grimma, an der Pleißenburg, am Leipziger Gewandhaus, an der Zwickauer Marienkirche. Er erhielt ein Jahrgeld und Wochenlohn. Er hatte freie Verpflegung. Ihm wurde, was ein besonderes Privileg war, ein eigenes Pferd gestellt. 1478/79 heiratete er die begüterte Kleinadlige Margarete Rülckin. Für fünfhundert Gulden erwarb er von seinen Schwägern das Rittergut Langenau bei Freiberg samt Vorwerk, Bauernstellen, samt hoher und niederer Gerichtsbarkeit. Schon bald darauf, 1481, starb er. Finanziell hatte er sich völlig übernommen. Seiner Witwe hinterließ er außer einem Kleinkind bloß Schulden. Nicht einmal die Arztrechnung wurde beglichen. Nach Arnolds Tod gingen die Bauarbeiten an der Burg noch vierzig Jahre lang weiter, die Leitung hatte jetzt Arnolds Schüler Konrad Pflüger. Es entstand der erste Schlossbau auf

Jost Amman: Baumeister. Holzschnitt. 1536 |  21

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deutschem Boden überhaupt. Nämlich, die befestigten Anlagen alten Stils waren obsolet geworden, seit es weittragende Geschütze gab; Feudalsitze dienten nicht mehr der Verteidigung, sondern der Repräsentation. Das Schloss in Meißen sollte eigentlich als fürstliche Residenz dienen, doch dazu kam es nicht mehr, denn der neue Regierungssitz wurde Dresden. So stand Schloss Albrechtsburg überwiegend leer. Gelegentlich erinnerten sich die regierenden Wettiner ihres Ursprungs und ließen entstandene Schäden beseitigen. Nach 1710 beherbergte die Burg für anderthalb Jahrhunderte Porzellanhersteller; sie zum Erinnerungsort zu verwandeln, nach innen wie nach außen, war der Einfall sächsischer Altertumsfreunde. Die Umgestaltungsarbeiten begannen 1864. Der verantwortliche Architekt hieß Karl Moritz Haenel, der verantwortliche Staatsminister Richard Freiherr von Friesen, Berater wurde der aus Düsseldorf abgeworbene Kunsthistoriker Wilhelm Rossmann. Inzwischen war es das Zeitalter von Nationalromantik und Historismus. So entstand in der Albrechtsburg viel Neogotik. Einige Räume wurden äußerst prunkvoll hergerichtet. Das Geld dafür erbrachten die Reparationszahlungen, die das besiegte Frankreich, nach dem Krieg von 1870/71, an Deutschland zu leisten hatte. Vorbild für die Umgestaltung war ganz offensichtlich die Wartburg mit den romantischen Zutaten des Moritz von Schwind; eine zeitgenössische Parallele findet sich in den Schlossbauten von Bayernkönig Ludwig II. Insgesamt dreizehn Wandmaler und sieben Bildhauer waren im Meißen zugange, stellten Plastiken auf und versahen die Wände mit 22  |

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Szenen aus der sächsisch-wettinischen Geschichte, umgeben von allerlei Ranken- und Teppichmustern. Rossmann sprach von einem »Prachtgewand, in welchem diese Vergangenheit zu idealer Gegenwärtigkeit« gelange. Die DDR, nicht unempfänglich für Historienkitsch, da sie selbst welchen lieferte, hat der Albrechtsburg einige denkmalspflegerische Zuwendung spendiert. 1990, nach dem Ende der ostdeutschen Teilrepublik, wurde in einem der Säle der Staat Sachsen feierlich wiedergegründet. Die Restaurationsarbeiten gehen immer weiter. Die meisten Räume sind für Besichtigungen zugänglich. Der Umfang der Exponate ist vergleichsweise gering, es gibt allerlei modernes Ausstellungsdesign aus blankem Stahl, zu Kuben geformt, mit eingeätzten Texten und Bildern.

Robert Wehle: Burgberg mit spätgotischem Schloss und Kornhaus. Aquarell. Um 1890 |  23

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Auf dem Schlosshof stand einmal ein Denkmal, 1876 geschaffen von einem Skulpteur namens Hultzsch. Zu sehen war Albrecht der Beherzte, Namensgeber der Burg. Die DDR ließ das Standbild abreißen und einschmelzen. Darf man den existierenden Fotoaufnahmen glauben, ist der kunsthistorische Verlust zu verschmerzen.

Herzog Albrecht der Beherzte mit seiner Frau Sidonie (rechte Seite). Buchmalerei. 1536

Die Herrscher Albrecht der Beherzte war nicht der einzige Bauherr des nach ihm benannten Schlosses, wie er auch nicht allein regierte: Er musste die Macht teilen, mit seinem älteren Bruder Ernst. Solche fürstlichen Doppelherrschaften waren im deutschen Mittelalter nichts Ungewöhnliches. In der Mark Brandenburg gab es sie mehrfach, und dort funktionierten sie einigermaßen problemlos. Anders in Meißen. Hier hielt die Sache bloß ein paar Jahre. Sie hielt, da der jüngere Albrecht, wie sein Beiname es nahelegt, für eine Weile als eine Art Warlord unterwegs war. In solcher Eigenschaft zog er nach Prag und sicherte dort die böhmische Königswahl militärisch ab. Später würde er habsburgische Ansprüche in Burgund verfechten und Generalintendant der Niederlande werden. Da hatte er sich in seinem Stammland mit seinem Bruder schon auseinanderdividiert. Der Vorgang trägt den Namen Leipziger Teilung und fand 1485 statt. Das Territorium, um das es ging, hatte seit den Zeiten des frommen Konrad an Umfang erheblich zugenommen. In den inzwischen vergangenen drei Jahrhunderten hatte es fünfzehn wettinische Herrscher gegeben, die auffällig sind

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durch ihre wunderlichen Beinamen: Dietrich der Bedrängte, Friedrich der Gebissene, Wilhelm der Einäugige. Seit Heinrich dem Erlauchten, der Mitte des 13. Jahrhunderts regierte, waren sie meist auch noch Landgrafen von Thüringen gewesen. 1423 wurde Friedrich der Streitbare offiziell Herzog von Sachsen. Damit verbunden war die Kurwürde, also das Recht, zusammen mit anderen solchen Ranges den deutschen König zu wählen. Ernst und Albrecht waren die Enkel von Friedrich dem Streitbaren. Bei der Leipziger Vereinbarung erhielt der Ältere das Herzogtum Sachsen-Wittenberg und Teile Thüringens, während Albrecht die Markgrafschaft Meißen, das Gebiet um Leipzig und andere Teile Thüringens erhielt. Diese Festlegung wurde später, unter den Nachfolgern, neu geordnet. An Alberts Neffen Moritz fiel danach die Kurwürde, und endgültig ging nunmehr die Markgrafschaft Meißen in Kursachsen auf. Albrecht hatte von seinen böhmischen Ausflügen eine Ehefrau mitgebracht, Sidonie oder Zdeňka, Tochter des Königs Georg von Podiebrad. Sie hat, nach ihrer Hochzeit, einige Zeit auf der Meißner Albrechtsburg zugebracht, weshalb man ihrer dort freundlich gedenkt. Albrecht hingegen zog Dresden vor. Seine Nachfolger würden es ebenso halten. Meißen blieb die Stadt, in der das Herrscherhaus gelegentlich vorbeisah. Da war längst, unterhalb des Burgberges, eine Marktsiedlung entstanden, die 1332 das Stadtrecht erhalten hatte. Sie profitierte von den Handelszügen, die an dieser Stelle die Elbe überquerten; eine erste Brücke wird 1291 urkundlich er|  25

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wähnt. Daneben entwickelte sich ein prosperierendes Tuchmachergewerbe. Die Stadt litt erheblich im Dreißigjährigen Krieg, als schwedische Besatzer marodierten. Der Wiederaufbau erbrachte jene schönen barocken Bürgerhäuser, die neben den verbliebenen Bauten aus Spätgotik und Renaissance bis heute das Bild der Altstadt bestimmen. Sie gruppieren sich um die drei Freiflächen von Kleinmarkt, Heinrichsplatz und Markt, es gibt das Bahrmannsche Brauhaus, die Marktapotheke und das spätgotische Rathaus, 1471 bis 1478 errichtet durch den städtischen Baumeister Nickel Steinbach. Die zentralen Gotteshäuser mittelalterlicher Städte wurden der Muttergottes geweiht. St. Marien in Meißen ist eine schöne gotische Hallenkirche mit reichem Netzgewölbe. Seit 1929, als man das tausendjährige Stadtjubiläum beging, beherbergt der Turm ein aus 37 Klangkörpern bestehendes porzellanenes Glockenspiel. Es ertönt sechsmal am Tag und klingt eindrucksvoll. Im Zweiten Weltkrieg blieb Meißen von Zerstörungen verschont. Später erfuhr die Altstadt, wie viele historische Architekturen der DDR, nur wenig oder gar keine denkmalspflegerische Zuwendung. Das hat sich seit 1990 geändert. Die meisten alten Gebäude zwischen Burg und Elbufer wurden inzwischen sorgfältig restauriert. Sachsens heimliche Hauptstadt zeigt sich in guter Verfassung, was vierhunderttausend Touristen im Jahr bestätigen können. Samuel Reyher: Wilhelm I. (der Einäugige). 1692 26  |

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Die Kathedrale »Der Dom, der auf demselben Platze steht, hat aus mehreren Ursachen äußerlich nichts Anziehendes, inwendig aber ist es das schlankste, schönste aller Gebäude jener Zeit, die ich kenne; durch keine Monumente verdüstert, durch keine Emporkirche verderbt, gelblich angestrichen, durch weiße Glasscheiben erhellt, nur das einzige Mittelfenster des Chors hat sich bunt erhalten. In eben dem Chor waren mir auffallend und neu die aus Stein gehauenen Baldachine über den Sitzen der Domherren. Es sind Kapellen und Burgen, die in der Luft schwe­ben, und das Geistliche mit dem Ritterlichen wechselt immer ab. Eine höchst schickliche Verzierung, wenn man bedenkt, dass die Domherren altritterlichen Geschlechts waren und die Kapellen ihren Türmen verdankten. Ich habe mir gleich eine Zeichnung davon gemacht, die den ganzen Begriff gibt, den man durch Beschreibung niemanden geben kann.« So Johann Wolfgang von Goethe im April 1813, in einem Brief an seine Frau Christiane. Er rühmt ein Bauwerk, das von weither, zusammen mit der benachbarten Albrechtsburg, die Silhouette der Stadt bestimmt und Schwarmgeister von einer Meißner Akropolis reden ließ; die Bezeichnung Meißner Hradschin wäre angemessener. Der Bau eines ersten Gotteshauses an diesem Ort geht auf den Bistumsgründer, also Sachsenkaiser Otto I. zurück. Es war dies eine kleine Kapelle, die bald darauf, in den Jahren 1006 bis 1073, umgebaut wurde zu einer viertürmigen Basilika. Der Bau des jetzigen Domes begann um das Jahr 1250. Chor und Kreuzgang waren ab 1268 nutzbar, kurz darauf entstand |  27

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das farbige Chorfenster. Die Maria-Magdalenen-Kapelle an der Ostseite wurde um 1280 fertiggestellt, die achteckige Johanneskapelle elf Jahre später, der Kapitelsaal 1297. Die weiteren Arbeiten verliefen eher schleppend. Das Langhaus war erst um 1410 vollendet. Ein Blitzschlag zerstörte die Westfront mit ihren zwei Türmen, für lange Zeit gab es da bloß noch den Höckrigen Turm an der Ostseite. Arnold von Westfalen, Baumeister der Albrechtsburg, hat sich auch um den Dom gekümmert, auf ihn geht das dritte Turmgeschoss des Westwerks zurück. Die zwei heutigen Westtürme wurden erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet, und spätestens seither gilt dieser Dom als eine der besonders stilreinen gotischen Sakralarchitekturen in Deutschland. 1425 ließ Markgraf Friedrich der Streitbare die Fürstenkapelle errichten, die für eine Weile die Grableite der Wettiner wurde. Im gesamten Dom befinden sich 165 Grabdenkmäler. Jenes des Kapellenbauers Friedrich wird der hochberühmten Eisengießerwerkstätte der Vischers in Nürnberg zugeschrieben. Der Lettner zwischen Kirchenschiff und Chor beeindruckt durch die Säulenkapitelle. Jedes gibt eine andere Pflanzenart wieder; bei den Säulen des Chorraumes setzt sich das fort. Manchmal wurden dort Blüten und Früchte beigefügt. Dargestellt sind Ahorn, Wein, Hopfen, Eiche, Efeu, Beifuß, Feige, Rose, Zaunrübe. Die Pflanzen haben symbolische Bedeutung: Wein steht für das Abendmahl, die Kletterpflanzen stehen für Beständigkeit und Treue. Was (merkwürdig genug) Goethe in seinem Bericht nicht erwähnt, sind die vier Steinfiguren im Chor. Je zwei

links Dom St. Johannis und St. Donatus rechts Domuhr |  29

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stehen einander gegenüber, über sich einen Baldachin; sie sind überlebensgroß und intensiv farbig. Die Statuen an der Nordwand zeigen die Domgründer Kaiser Otto und dessen zweite Frau Adelheid, die an der Südwand zeigen den Evangelisten Johannes und den Heiligen Donatus von Arezzo, einen Märtyrer aus dem vierten Jahrhundert. Beiden, Johannes und Donatus, ist der Dom geweiht. Das Lächeln der Adelheid hat Ähnlichkeit mit dem freundlichen Grinsen der Reglindis im Naumburger Dom. Ebenso erinnern die anderen drei Plastiken an die berühmten zwölf  Naumburger Stifterfiguren, was kein Zufall ist: Die Skulpturen in Meißen wie in Naumburg entstammen derselben Werkstatt und sind Arbeiten desselben Steinbildhauers, der, da wir seinen Namen nicht kennen, üblicherweise der Naumburger Meister heißt.

oben Adelheid. Fotografie. Um 1979 unten Seitenschiff im Dom 30  |

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