Der Ostdeutsche Rosengarten (Lesepreobe)

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Der 1993 rekonstruierte historische Haupteingang mit dem Flora-Brunnen.

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Der Ostdeutsche Rosengarten Eine einzigartige Parkanlage seit 1913

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Dieses Buch wurde im Auftrag der Stadt Forst (Lausitz) herausgegeben.

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, Verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung auf DVDs, CD-ROMs, CDs, Videos, in weiteren elektronischen Systemen sowie für Internet-Plattformen. © edition q im be.bra verlag GmbH Berlin-Brandenburg, 2013 KulturBrauerei Haus 2 Schönhauser Allee 37, 10435 Berlin post@bebraverlag.de Lektorat: Marijke Topp, Berlin Gesamtgestaltung: typegerecht, Berlin Schrift: DTL Paradox 10/14 pt Druck und Bindung: FINIDR, Cˇesky´ Teˇšín ISBN 978-3-86124-675-6 Katalogausgabe: ISBN 978-3-86124-672-5 www.bebraverlag.de

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Inhalt

Vorwort 7 jan klu ß mann Die Rose in der K ­ ulturgeschichte 11 bernd weigel Vorgeschichte und ­G eschichte des Rosengartens bis Kriegs­ende 1945 17 jan klu ß mann Alfred Boese: Garten­d irektor und Schöpfer des Forster Rosengartens 47 jan klu ß mann Der Gärtnereibesitzer Paul Engwicht 51 diana podlesch Brunnen und Plastiken aus der Gründungszeit 57 beate schneider Die Deutschen Rosenschauen 66 ingrid kleine-möllhoff

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Wiederauf bau und Neubeginn: Der Rosengarten von 1945 bis 1963 72 jan klu ß mann Der Gartenbaudirektor Werner Gottschalk 82 barbara petri Das 50-jährige Jubiläum 1963 87 ingrid ebert Der Rosengarten von 1963 bis 1989 91 gerd kundisch Moderne Plastiken im Rosengarten 106 beate schneider Der Rosengarten von 1990 bis heute 110 gerd kundisch Die Forster Rosenköniginnen 125 gerd kundisch 100 Jahre Ostdeutscher ­Rosengarten 132 jens hofmann Listenverzeichnis von ­Rosensorten 145 Abkürzungen 155 Quellen- und Literaturverzeichnis 156 Abbildungsnachweis 158 Zu den Autoren 159

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Vorwort jan klu ß mann

Wie gratuliert man einem Hundertjährigen? Vielleicht so: Der »Ostdeutsche Rosengarten« ist das wunderbar gelungene Ergebnis eines durchaus gewagten Experiments. »Forst gehört zu den wenigen Industriestädten, die bis jetzt den Mut gehabt haben, die Rose trotz des Rauches der Kamine bei sich einzubürgern …«, schrieb 1927 die »Rosenzeitung«, die damalige Fachzeitschrift des »Vereins deutscher Rosenfreunde« (VDR). In der Tat: Qualmende Fabrikschornsteine waren um 1900 Stolz und Markenzeichen von Forst, damals eine der bedeutendsten Textilindustriestädte Deutschlands, das industriegeschichtliche Erbe prägt das Stadtbild bis heute. Und doch lag gerade in diesem scheinbaren Widerspruch – dort öliger Ruß und Lärm der Fabrikhallen, hier sonnenflirrende Gartenidylle – die Idee für den Rosengarten begründet. Denn der Rosengarten war nicht allein ein Projekt engagierter Züchter und Liebhaber der »Königin der Blumen«, er verdankte seine Entstehung ebenso Reformideen des Industriezeitalters vom Schrebergarten über den Volkspark bis zum Gartenstadtgedanken … – und der Begeisterung der Forster Bürger für ihren Park. Der Erfolg war diesem Experiment nicht in die Wiege gelegt. Die tiefgreifenden Umbrüche, die die Stadt Forst im letzten Jahrhundert zu bewältigen hatte, haben den Rosengarten geprägt. War seine Gründung 1913 noch getragen von den weitgespannten, optimistischen Erwartungen jener Zeit, die man die »Belle Époque« nennt, so konnte er gleich darauf nur mit viel Engagement über Ersten Weltkrieg und Inflation hinweg erhalten werden. Noch viel größere Kraftanstrengung kostete es, die zerstörte Anlage nach 1945 zu neuem Leben zu erwecken. Und ein drittes Mal erfuhr der Park nach dem politischen

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Forst, Stadtansicht der Rosen- und Gartenbauausstellung (RUGA) von Süden, links der Mühlgraben, 1913.

Forst, Stadtansicht von Süden, um 1930.

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Vorgelände der RUGA 1913 mit Rosenhochstammgarten und Kaiserbüste, im Hintergrund die Stadt.

Umbruch von 1989/90 trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen eine nachhaltige Erneuerung. Umfassende Sanierungs- und Rekonstruktionsmaßnahmen haben seither den Gründungsgedanken von 1913 wiederaufleben lassen, ohne die 100-jährige Geschichte des Parks mit ihren wechselnden Einflüssen verleugnen zu wollen. Zum 100. Geburtstag empfängt der Ostdeutsche Rosengarten – der Name wurde ihm vom VDR 1914 verliehen – im alten, neuen Gewand: Englischer Landschaftspark, Gartenarchitektur und Gartenkunst aus der Jugendstil-Ära und die behutsame Anpassung an moderne gartenarchitektonische Gestaltungskonzepte geben der in der Neißeaue gelegenen Anlage ein einzigartiges Gepräge. In seiner Geschichte hatten der Park und seine Akteure stets weitreichende Kontakte nach Ost und West. Auch die einstigen Herren von Forst, die Grafen von Brühl auf Brody/Pförten, waren Stadt und Park eng verbunden gewesen. Heute setzt der Rosengarten als Mitglied im »Europäischen Parkverbund Lausitz« zusammen mit seinen »adligen« Brüdern, den Schlossgärten in Brody, Muskau und Branitz, zukunftsweisende, grenzüberschreitende Impulse.

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Gartenhistoriker und Denkmalpfleger haben den Rosengarten als eine herausragende Anlage von hohem Zeugniswert gewürdigt. In gleichem Maße hat der Rosengarten seine Bedeutung als lebendiger Bürgerpark und als Mekka der Rosenfreunde und -züchter gewahrt und, wie die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, noch gestärkt. So begrüßt die Rosenstadt Forst ihre Gäste 2013 erstmals wieder nach 75 Jahren zu einer »Deutschen Rosenschau«, nachdem sie zuletzt 1938 in eben dieser Stadt stattgefunden hat. Über all dies berichten die folgenden Seiten. Lassen Sie sich einladen zu einem Rundgang durch die Geschichte des Rosengartens und lassen Sie sich neugierig machen auf dieses Kleinod an der Lausitzer Neiße. Wir freuen uns auf Ihren Besuch! Nichts ist unmöglich, lautet ein bekannter Werbespruch. Die Text- und Bildautoren und der be.bra verlag mit Frau Marijke Topp (Lektorat) und Herrn Dr. Robert Zagolla (Gesamtplanung) haben es möglich gemacht, dass dieses Buch in einem knappen Zeitrahmen realisiert werden konnte. Ihnen allen danken die Stadt Forst (Lausitz) und der Herausgeber herzlich für ihre Unterstützung und ihr Engagement. Jan Klußmann, Forst (Lausitz), im Mai 2013

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Die Rose in der ­Kulturgeschichte bernd weigel

Rosen begleiten den Menschen, so lange wir zurückdenken können. Aus der Kunst, der Literatur, der Mode, aber auch aus dem ganz alltäglichen Leben ist diese göttlichste aller Blumen nicht wegzudenken. Schon ein kleiner Streifzug durch die Kulturgeschichte fördert die schönsten Blüten zu Tage. Für die Verehrung der Rose als Sinnbild der Liebe, des voll erblühten Lebens und dessen Vergänglichkeit gibt es Hinweise bei fast allen Völkern und Kulturen. Zahllos sind die Sagen und Legenden, in denen Rosen vorkommen. Rosenlegenden ranken sich um viele Götter, Herrscher, Kirchenfürsten und Heilige. Zu den schönsten Legenden zählt die persische Dichtung von der Rose und der Nachtigall: Einmal beklagten sich die Blumen im Himmel darüber, dass ihre Königin, die Lotosblüte, nachts nicht schlafe. Um sie zu versöhnen, ernannte nun Allah die weiße Rose zur Blumenkönigin. Die Nachtigall war von der Schönheit so hingerissen, dass sie zur Rose flog, um sie zu umarmen. Dabei verletzte sie sich ihre Brust an einem scharfen Stachel. Aus dem heraustropfenden Blut entstanden Rosen. Seit jenem Tag gibt es in Persien rote Rosen. In Griechenland wird Aphrodite, die Göttin der Liebe, als Schöpferin der Rose angesehen. Auch hier sind viele Legenden überliefert: Als Aphrodite aus dem Schaum der Meeresbrandung geboren wird, fällt der Schaum zur Erde und daraus erwachsen weiße Rosen. Eine andere Fassung lautet: Als Adonis, ihr Geliebter, auf der Jagd durch einen wilden Eber tödlich verwundet wird, eilt sie hinzu. Aus seinem Blut und ihren Tränen entstanden herrliche, blutrote, duftende Rosen. Aphrodite soll auch den Rosenkranz erfunden haben, mit dem sich die Griechen und Römer bei ihren Gastmählern und Gelagen zu schmücken pflegten.

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Madonna im Rosen­ garten von Stephan Lochner, um 1450.

Als Symbol der ewig neu sich entfaltenden Welt war so auch Dionysos heilig, der als Vegetationsgott beider Welten, der Ober- und der Unterwelt nahesteht. Werden und Vergehen, Sterben und Auferstehung spielen bei den dionysischen Mysterienkulturen eine geheimnisvolle Rolle. Eos, die rosenfingrige Göttin der Morgenröte, war von großer Schönheit. Nach einer Sage soll die Rose als Rest des ersten Morgenrotes auf der Erde zurückgeblieben sein. Die Römer übernahmen die mythischen Gestalten der Griechen, gaben ihnen jedoch andere Namen. Flora, die Göttin des Frühlings und der Blumen, fand eines Tages den toten Körper ihrer liebsten und schönsten Nymphe. Untröstlich darüber bat sie alle Gottheiten, ihr zu helfen, den Körper in die schönste Blume zu verwandeln, die alle anderen Blumen als ihre Königin anerkennen würden. Apollo, der Gott der Kunst, gab ihr belebendes Licht, Bacchus badete sie in Nektar, Vertumnus gab ihr Duft, Pomona eine Frucht und Flora schließlich gab ihr ein Diadem aus Blütenblättern. So wurde die Rose geboren. Das Wort Rose ist mit Eros verwandt. Die Rose ist bei Griechen und Römern Symbol für Jugend, Unschuld, blühende Lebenskraft, Liebe, Schönheit und Fruchtbarkeit in der Natur.

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Klassischer Rosenkranz von Pierre-Joseph Redouté (1759 – 1840).

Rosette (Fensterrose) der Kathedrale von Saint Denis, 12. Jahrhundert.

In der Ikonographie der christlichen Mystik spielt die Rose von Anfang an eine herausragende Rolle. Sie wird zum Sinnbild des Blutes Christi und der Märtyrer. Im Zusammenhang mit dem Blut Christi wird sie zugleich auch zum Symbol der mystischen Wiedergeburt. Die Kirchen des Mittelalters sind reich an Rosenornamenten und Rosettenformen. In den Fensterrosen romanischer und gotischer Kirchen zeigt sich noch die astrale Kreissymbolik. Es ist an das Sonnenrad zu denken, an den Kreis der Tugenden, Märtyrer- und Engelreichen, aber auch an Christus als Sonne der Gerechtigkeit. Nicht zuletzt stellen die Rosetten die Erinnerung an die Wundrosen Christi dar, die sich im Baukörper der Kirche ausdrücken als Hoffnung auf das ewige Leben, die himmlische Stadt. Im Mittelalter wird die Rose zum allgemeinen Sinnbild der göttlichen Liebe. Sie gilt als Attribut der Jungfrauen und wurde zum ausgesprochenen Mariensymbol. In der Mariendichtung des Mittelalters wird das besonders deutlich. Sieben Rosen symbolisieren die sieben Freuden, sieben Schwerter die sieben Leiden Mariens. Sichtbar wird die Rosensymbolik in den Marienbildern auch als Rosengarten oder Rosenhag; der geschlossene Garten, hortus conclusus, zu dem nur Gott Zugang hat.

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»Roman de la rose«, lat. »Manuscrit Tacuinum sanitatis d’Albucasis«.

Liebesgarten aus dem »Roman de la Rose«.

In der Kunst gibt es zwei fundamentale Begriffe: Das Bild und das Symbol, das heißt, die direkte Auffassung und Wiedergabe und die ideelle Interpretation. Auf den Spuren der Rose in der Kunst treffen wir naturgemäß häufig auf die zweite Kategorie, auf die Symbolgehalte, auf mythologische und literarische Inhalte. Die Rose steht im Mittelpunkt der Allegorie des Frühlings oder zeigt sich als Blume der Venus/Aphrodite mit direktem Bezug auf die griechische Mythologie. Die Präraffaeliten des 19. Jahrhunderts griffen gern auf die Thematik des französischen Versromans »Roman de la rose« (deutsch: »Rosenroman«) aus dem 13. Jahrhundert zurück, der bei ihnen ob seiner Symbolik hoch geschätzt war. Die Rose symbolisierte in dieser allegorischen Erzählung die Frau. Die Stilllebenmalerei entsteht im 13. Jahrhundert, als das wissenschaftliche Interesse an Dingen der Natur erwacht. Ein Blumenstrauß, wie der von Jan Brueghel d. Ä., ist ein Naturporträt, bei dem auch die Seltenheit oder der Wert der abgebildeten Blumen mit von Bedeutung sind. Andererseits ist die mittelalterliche Symbolik noch lebendig. Im Stillleben wird die Welt gedeutet und an

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die Vergänglichkeit alles Irdischen erinnert. Die Rose erscheint wieder als das alte Lebens- und Liebessymbol. Uhr und Totenschädel deuten auf den Ablauf der Zeit, das Kruzifix auf die Überwindung des Todes. Im modernen Stillleben tritt die Symbolik zurück hinter rein künstlerische Probleme der Darstellungsweise, etwa der Bildkomposition oder der Farbgebung. Rosen begegnen uns immer wieder auf Frauenporträts. Das ist nicht verwunderlich, denn ein Vergleich der Schönheit und der Zartheit einer Rosenblüte mit weiblicher Jugend und Schönheit ist nahe liegend. Als Blume der Venus und als Blume der Jungfrau Maria fügt die Rose darüber hinaus die ganze Kraft der ihr innewohnenden Symbolik dem Bildnis hinzu und verleiht ihm gedankliche Tiefe. Was in der klassischen Moderne so aussieht, als sei die Rose in ihrem alten Symbolgehalt wiederentdeckt worden, täuscht. Symbole sind nur so lange wirksam, wie ihre »Sprache« von allen verstanden wird. Dem modernen Menschen ist die mittelalterliche Symbolik fremd. Ohne Zweifel ist die Rose aber als Blume der Liebe im allgemeinen Bewusstsein verankert. In der Literatur, besonders in der Lyrik, finden wir die Rose immer wieder in den schönsten Gedichten unserer größten Poeten, die nach wie vor zu unserem Kulturgut gehören und lebendig geblieben sind. Viele dieser Gedichte wurden vertont und stehen im Repertoire großer Interpreten. Ein Liederabend mit vertonten Goethegedichten gehört nach wie vor zu den größten musikalischen Genüssen. Wir blicken heute voll Wehmut auf Zeiten zurück, in denn die Rose kulturgeschichtlich im Mittelpunkt des Denkens und Fühlens stand. Wir können aber unsere Veranstaltungen, zu denen sich Rosenfreunde aus aller Welt zum Austausch und zu besinnlichen Festen treffen, unter das Motto »Rosen und Kultur« stellen. So darf man hoffen, dass Mystik und Symbolik der Rose weiterleben.

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Der Teschendorff-Garten, 2012.

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Vorgeschichte und ­G eschichte des Rosengartens bis Kriegs­ende 1945 jan klu ß mann

Vorgeschichte bis 1911 1913 war Forst, obzwar schon im 13. Jahrhundert gegründet, eine junge Stadt, eine »Boomtown«: Ihr rasantes Wachstum verglichen Zeitgenossen mit dem nordamerikanischer Städte. Sie sah sich selbst als »deutsches« bzw. »märkisches Manchester«. In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts hatte Forst sich zu einem der führenden Standorte der deutschen Textilindustrie entwickelt. Die Einwohnerzahl wuchs von ca. 14.000 im Jahr 1875 auf rund 34.000 um 1913. Für die zahlreichen Arbeiterfamilien bot sich außerhalb ihrer engen Wohnungen kaum Raum zur Erholung und Entspannung. Abgesehen von einem fünf Hektar großen Stadtpark besaß die – an Grundbesitz ohnehin arme – Stadt um 1900 keine nennenswerten Grünanlagen. Wer heute den Rosengarten betritt, dem wird rasch die Zweiteilung des Geländes auffallen. Durch den Haupteingang gelangt der Besucher zunächst in den »Rosenpark« mit seinen großzügigen, symmetrisch gegliederten Anlagen, dem Hauptstandort der Rosenpflanzungen; überquert er dann den Wehrgraben II (im Volksmund »Entengraben«) zum »Wehrinselpark«, öffnet sich ihm der Blick in eine von großen Baumgruppen, Sichtachsen und geschwungener Wegeführung geprägte Parklandschaft. Diese Zweiteilung wurzelt in der Historie des Rosengartens, die auf der Wehrinsel begann. Genauer genommen handelte es sich um zwei Inseln, eine große, die eigentliche Wehrinsel, und eine kleinere, für die sich der Name Reisigwehrinsel eingebürgert hat. Beide waren zwischen Neiße und Mühlgraben durch Flussregulierungen entstanden. An Neiße, Mühlgraben und den beiden

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Blick vom »Entengraben«, der den Rosengarten quert, auf den Mühlgraben, um 1925.

Wehr- oder Abschlaggräben regulierten Wehre die Wasserstände (daher der Name). Das Gelände gehörte seit alters her zur Stadtmühle, denn der Müller war als Hauptnutznießer des Mühlgrabens für die Instandhaltung der Wehre verantwortlich. Umgeben war die Wehrinsel von herrschaftlichen Ländereien, die teils direkt der gräflich Brühlschen Domänenverwaltung, teils zum Gut Keune gehörten. So führten keine öffentlichen Wege auf die Insel, die einzige Brücke gehörte überdies dem Müller. Auch die Insel selbst gehörte ursprünglich zur Gemarkung des Gutes Keune, bevor sie im Zuge der Rosen- und Gartenbauausstellung 1913 (RUGA) eingemeindet wurde. Um 1900 nun bot sich die Wehrinsel wie kein zweiter Ort für die Anlage eines öffentlichen Parks an. Einen Großteil des Wehrinselgrundstücks hatte die Stadt 1896/97 vom Stadtmüller Paul Rüdiger in der Absicht erworben, dort ein Wasserwerk zu errichten. Dieses Vorhaben musste aufgrund der problematischen Grundwassersituation aufgegeben werden. Lange wurde diskutiert, wie das teuer erworbene Gelände (56.000 Mark) für die Öffentlichkeit genutzt werden könnte. Dass man auf die Idee verfiel, auf der Insel einen Park einzurichten,

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lag damals im Trend der Zeit. Das Bürgertum hatte das Flanieren, den »Spaziergang«, einst als Mußebeschäftigung dem Adel vorbehalten, für sich entdeckt. Und erst das 19. Jahrhundert hatte die moderne Trennung von Arbeits- und »Freizeit« entwickelt. Sozialreformer und Arbeiterbewegung forderten beides, freie Zeit und Erholungsräume, für die wachsende Zahl der Industriearbeiter und Angestellten als Ausgleich für die Enge in Fabriken und Mietswohnungen, teils aus emanzipatorischen Gründen, teils im Interesse der »Volksgesundheit«. Für die Wehrinsel wurde neben Vorschlägen zur Errichtung einer Flussbadeanstalt oder einer Gartenkolonie als Pachtland bald die Schaffung eines Naherholungsgebiets angeregt, nach Art der etwa in Cottbus am Stadtrand errichteten »Spaziergänge«. Das »Forster Tageblatt« schrieb 1903, die Wehrinsel an der Neiße sei »mit ihrem Rahmen dichter, hoher Baumreihen kein übles Waldidyll. Von Staub ist in dieser grünen Einsamkeit nicht viel zu merken …«. Auch »eine Waldschänke, etwa im altdeutschen Stil« wurde bereits ins Auge gefasst. 1906 endlich beschloss die Stadtverordnetenversammlung die Anlage eines Volksparks und den Bau einer Gaststätte auf der Wehrinsel. Planung und Ausführung zogen sich aufgrund der Kosten und durch langwierige deichrechtliche Genehmigungsverfahren durch die preußischen Behörden bedingt viele Jahre hin. Das betraf den Erstlingsbau der heutigen Parkbrücke über den »Entengraben«, vor allem aber Erdarbeiten und die Verengung des Durchflussprofils des Grabens, weil sie die Hochwassergefahr für die angrenzenden Brühlschen und Rüdigerschen Ländereien erhöhten, schließlich auch das geplante Waldrestaurant selbst. Gegen Überflutungen musste das bis heute vorhandene, warftartige Plateau angelegt werden. 1909 schließlich begann der Bau nach einem Entwurf des Stadtbauamts, und in der Karwoche 1910 eröffnete die Wehrinselgaststätte ihren Betrieb. Im Erdgeschoss befanden sich die Gasträume, im Obergeschoss eine Wohnung für den Wirt. Der Magistrat verpachtete den Betrieb für die ersten Jahre an den Geschäftsführer des schon recht bekannten Weinrestaurants »Kempinsky« in der Berliner Friedrichstraße (dem Stammhaus der heutigen Luxushotelgruppe Kempinski), Richard Preußer. Das markante Gebäude, mit großer Veranda und einer reich ausgestalteten Fachwerkfassade als ländliches Idyll angelegt, diente der Forster Bevölkerung fortan für acht Jahrzehnte als Ausflugs- und Festlokal. Mit weiteren Baumaßnahmen entstand bis 1911 ein Park, der mit seinem geschwungenen

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Wegesystem und künstlich geschaffenen Sichtachsen typische Merkmale eines englischen Landschaftsgartens besaß – eine Landschaftsgestaltung, die die Wehrinsel bis heute prägt. Der neuen Idee des Volksparkes folgend, diente die Anlage aber weniger dem ästhetischen Landschaftsgenuss als einer vielfältigen Freizeitgestaltung. So gab es einen Tennisplatz (auf dem Gelände des späteren Rosenhofs) und einen Spielplatz, auch ein Wildpark war angedacht, scheint aber nicht realisiert worden zu sein. Der Aufbau des Wehrinselparks erfolgte zu einem Zeitpunkt, als die Grünanlagen im Stadtgebiet überhaupt erst in eine öffentliche, städtische Bewirtschaftung übergingen. Jene Flächen waren ursprünglich aus bürgerschaftlichem Engagement heraus entstanden, das sich in Forst wie überall in Deutschland nach Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem aufkommenden Tourismus in einem örtlichen »Verschönerungsverein« organisiert hatte. Ähnlich hatte z. B. in Sangerhausen anfänglich nicht die Stadtgemeinde, sondern der lokale »Verschönerungsverein« die Pflege des dortigen VDR-Rosariums (1903) übernommen. Der Forster Verein löste sich im Herbst 1910 auf, satzungsgemäß übernahm die Stadt sein Vermögen und in eigener Bewirtschaftung die Anlagen. Allerdings war die Stadt kaum in der Lage, mit eigenen Mitteln diese Aufgabe wahrzunehmen. Das zeigte sich im Sommer 1911.

Idee und Planung der RUGA 1911 bis 1913 Durch den langen, heißen Sommer 1911 waren große Teile der neuen Parkanlagen auf der Wehrinsel vernichtet worden. Die Stadtverwaltung bat daraufhin den »Verein der Gärtner und Gartenfreunde in Forst (Lausitz) und Umgebung« (VGGF) um Vorschläge, wie der Wehrinselpark erhalten werden könnte. Dieser Verein hatte sich 1902 zunächst als reiner Fachverein gegründet (»Gärtner-Verein für Forst und Umgebung«), mit einer Neugründung und Umbenennung in VGGF Ende 1906 sprach er nun auch ein breiteres Publikum an. Zu den Initiatoren und treibenden Kräften im Vorstand gehörte der Forster Oben: Blick vom Wehrinsel-Restaurant auf den Rosenhof mit Löwenbrunnen während der RUGA 1913. Unten: Das Wehrinsel-Restaurant, um 1913, Blick auf die Eingangsseite am »Entengraben«.

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Gärtnereibesitzer Paul Engwicht, einer der Gründungsväter des Rosengartens (vgl. Beitrag »Der Gärtnereibesitzer Paul Engwicht«). Ab 1911 hatte er dauerhaft den Vorsitz inne. Engwichts unmittelbarer Amtsvorgänger war A. Spranger, der Brühlsche Schlossgärtner auf Pförten, gleichfalls einer der fachlichen Hauptverantwortlichen für die RUGA 1913. Die Vereinsgründung im Jahr 1902 fiel – vielleicht kein Zufall – zusammen mit dem Beginn des dann rasch wachsenden Kleingartenwesens in Forst. Es sollte in der Gründungsphase des Rosengartens eine fast ebenso bedeutende Rolle spielen wie die Begeisterung für die Rose. In Deutschland war das Kleingartenwesen zunächst um 1800 aus den sogenannten, von lokalen Obrigkeiten und frühen Wohlfahrtsorganisationen angelegten »Armengärten« entstanden. Einen entscheidenden Entwicklungsschub erhielt es nach 1860 durch die von Leipzig ausgehende »Schrebergartenbewegung«, bei der sich ursprünglich aus Gründen der Freizeitdidaktik für Kinder angelegte Kleingärten rasch zu beliebten Familienrefugien entwickelt hatten. Die Schrebergärten boten gleichermaßen die Möglichkeit zur Erholung »im Grünen« und zur Selbstversorgung. Eine städtische, an eine Volksschule angegliederte Obstbaumschule hatte es in Forst schon seit 1879 gegeben, die sich die Hebung der Garten- und Obstbaukultur und die Heranführung von Schulkindern an diese zum Ziel gesetzt hatte. Aber erst 1902 wurden zwei städtische Laubenkolonien gegründet. Die beabsichtigte Vorbildfunktion wirkte: Binnen eines Jahrzehnts entstanden in Forst bis 1913 rund 2.500 Kleingärten, bis auf die beiden Erstkolonien durchweg auf Privatgrundstücken angelegt und nun in zahlreichen Kolonien bzw. Gartenvereinen organisiert. Nicht nur die private Besitzstruktur, sondern auch die hohe Zahl galten als äußerst ungewöhnlich, die Forster Gärten wurden damals sogar in Berliner Zeitungen als »die hervorragendsten Glanzstätten der Stadtgartenidee« gewürdigt. Der VGGF förderte die Kleingärtner von Anfang an in enger Zusammenarbeit mit dem Magistrat. Der Verein führte unter anderem Ausstellungen durch, die Stadt richtete 1910 eine Beratungsstelle ein, die auch bei der Festsetzung von Pachtpreisen vermitteln sollte. In den Notjahren nach dem Ersten Weltkrieg entstand daraus das Kleingartenamt mit einem Schiedsgericht, nunmehr auf reichsgesetzlicher Grundlage. Als der Stadtrat C. W. Neumann im Herbst 1911 an den VGGF herantrat, war die Idee zur Gründung eines dauerhaften Rosariums von Anfang an beabsich-

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Anzeige aus der »Rosenzeitung«, 1912.

tigt. Die Förderung des Kleingartenwesens trat rasch hinzu. Neumann war offensichtlich beeindruckt von der »Rosen-, Dahlien- und Gartenbauausstellung« im schlesischen Liegnitz (poln.: Legnica) von 1910 gewesen, zu der auch der Magistrat eingeladen worden war. Die Idee, ein ständiges Rosarium zu schaffen, wurde bereits damals anvisiert, denn Neumann hob hervor, dass die Stadt Liegnitz das Ausstellungsgelände als eine dauernde Einrichtung hatte übernehmen können. Schon Anfang 1912 wurde in der »Generalversammlung« des Vereins das Ziel klar definiert: »Durch die Anlage eines Rosariums soll die Wehrinsel ein Anziehungspunkt nicht nur während der Zeit der Ausstellung sein, sondern für immer für Viele bleiben.« Engwicht und seine Mitstreiter konnten auf frühere erfolgreiche Ausstellungsprojekte in Forst aufbauen, Engwicht selbst ließ darüber hinaus nicht nur seine guten Kontakte zum Verband der Handelsgärtner spielen, sondern auch zu dem Verein, der für seine Idee in Deutschland maßgeblich war: dem »Verein deutscher Rosenfreunde« (VDR). Der VDR zögerte zunächst, da er sich bereits für die zeitgleich geplante große Ausstellung in Breslau engagiert hatte, wo auch die Jahrestagung stattfinden

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sollte, gab schließlich aber seinen Mitgliedern die Beteiligung in Forst frei. Es gelang darüber hinaus, den VDR offiziell als Mitwirkenden zu gewinnen; in dieser Form wurde die Ausstellung als Gemeinschaftsausstellung von VGGF und VDR beworben. Das Vorhaben war mutig, aber auch gewitzt: Forst wagte, ausgerechnet im Jahr der »Jahrhundertausstellung« (der Befreiungskriege/ Völkerschlacht von Leipzig) Großstädten wie Breslau und Leipzig Konkurrenz zu machen, konnte jedoch zugleich darauf hoffen, dass viele Garten- und Rosenliebhaber auf ihrem Weg zwischen Berlin und Breslau auf halber Strecke in Forst Station machen würden. Als Engwicht seinem Vorstand Ende Oktober 1911 von seiner erfolgreichen Lobbyarbeit berichten konnte, kam das lange schwebende Besetzungsverfahren für die neue Stadtgärtnerstelle überraschend zu einer Entscheidung; Engwicht soll seinen Einfluss geltend gemacht haben, dass die Wahl auf Alfred Boese fiel – eine richtungsweisende glückliche Entscheidung für die kommenden Jahrzehnte. Boese trat seine Stelle in Forst am 1. April 1912 an. Der VGGF hatte sich aufgrund der zahlreichen Ausstelleranmeldungen nicht nur bereits im Januar 1912 vom Stadtmüller Rüdiger die Nutzung des nichtstädtischen Teils der Wehrinsel und vom Standesherrn die der Zufahrtstraßen auf dessen Besitzungen zusichern lassen, sondern musste bald auch ein Brühlsches Ackergrundstück hinzupachten, das der Wehrinsel unmittelbar vorgelagert war. Das Ausstellungsprojekt weckte bei Bürgern und Einwohnern großes Interesse und Unterstützung, zumal es der VGGF als Veranstalter verstand, weite Bevölkerungsteile einzubeziehen. So waren nicht nur die örtlichen Kleingärtnervereine, sondern auch ihr Dachverband, der »Deutsche Schreberund Arbeitergarten-Verband«, an Vorbereitung und Durchführung beteiligt. Eine entscheidende Wegmarke bedeutete die Sitzung der Stadtverordneten am 23. April 1912. Es wurden umfangreiche Mittel für die geplante »Gartenbauausstellung« bewilligt: Die Abgeordneten stimmten auf Antrag des VGGF der Zeichnung eines städtischen Garantiefonds über 6.000 Mark und einem späteren Ankauf der von der Ausstellungsleitung herzustellenden Wasserleitung in Höhe von 2.000 Mark zu, außerdem bewilligten sie Mittel für weiteres Gartenmobiliar für die Wehrinselgaststätte. Zugleich hatte der VGGF die Stadt um kostenlose Überlassung des Wehrinselgeländes gebeten. Über diese Sitzung berichtete das »Forster Tageblatt« am 25. April 1912 unter der Schlagzeile »Eine

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große Gartenbau-Ausstellung« ausführlich. Auch hier wurde die Zielstellung schon deutlich ausgesprochen: »Im Voraus glaubt der Verein (= der VGGF, J. K.) versichern zu können, daß die von ihm großzügig geplante Ausstellung, sowie die mit ihr verbundenen Anlagen und Anpflanzungen, die der Insel dauernd erhalten bleiben sollen, ferner die Einrichtung eines ständigen ›Rosariums‹ eine große Anziehungskraft für die einheimische Bevölkerung, wie für zahlreiche Fremde haben wird.« Den Anschluss an die städtische Wasserleitung hatte der VGGF auf eigene hohe Kosten von über 7.500 Mark in die Wege geleitet, für die Durchführung bat er die Stadt aber um eine Garantie zum späteren Ankauf dieser Leitung zu einem angemessenen Preis. Der VGGF war der Stadt dabei, wie Oberbürgermeister Oskar Lehmann (1853–1913, 22. April) in der Sitzung deutlich machte, mit Rücksicht auf ihre begrenzten Finanzmittel sehr entgegen gekommen. Die Wasserleitung war angesichts der sandigen Böden auf der Wehrinsel von entscheidender Bedeutung für das Gelingen der Ausstellung. Der Bürgermeister Fischer setzte sich in einer engagierten Rede vor der Stadtverordnetenversammlung für das Projekt ein und betonte dessen »erzieherische und sittliche« Bedeutung, nachdem der VGGF schon große Erfolge bei der Heranführung von Schulkindern an die Blumenpflege habe und die Schrebergärten bereits auf 2.200 Parzellen angewachsen seien – »das sei eine Zahl«, so Fischer, »wie sie in einer gleich großen Stadt wohl kaum wieder erreicht würde.« Der Schwerpunkt liege aber auf Schaffung eines Rosariums, für das Fischer die Anlagen »im Rosenorte Britz bei Berlin«, in Sangerhausen, im Berliner Tiergarten namentlich als Vorbild nannte. Dadurch sollte die Wehrinsel weiter als »landschaftlicher Anziehungspunkt« gewinnen. Die Ausstellungsleitung hatte rund 52.000 Mark Gesamtkosten veranschlagt. Die meisten Redner unterstützten das Vorhaben, ja forderten sogar weitergehende finanzielle Zusagen der Stadt, zumal es gelungen sei, bei der ursprünglichen Wahl des Ortes zwischen Cottbus und Forst die Ausstellung nach Forst zu ziehen (Redebeitrag des Stadtverordneten Schlimber). Wie die Diskussion damals deutlich machte, war die grundsätzliche Unterstützungsbereitschaft durch den VDR bereits bekannt, allerdings monierte ein Abgeordneter, dass eine offizielle Bekanntgabe der Beteiligung des VdR wünschenswert sei. Mit der verbindlichen Zusage eines städtischen Engagements wurde auch Boese als Gartenarchitekt die Entwurfsarbeit für die Ausstellung übertragen.

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Briefkopf der Ausstellungsleitung, Januar 1913.

Nun konnten ab Pfingsten 1912 die ersten Rosen gepflanzt werden. Die umfangreichen Vorbereitungsarbeiten machten es Mitte 1912 notwendig, eine eigene, geschäftsfähige Ausstellungsgesellschaft zu gründen, die sogenannte »Rosenund Gartenbauausstellung«. Sie scheint in der Rechtsform eines Vereins organisiert gewesen zu sein, jedenfalls wird sie im Adressbuch für 1913 unter den Forster Gartenbauvereinen mit aufgeführt. Ihr Name wurde zum Synonym der Ausstellung. In ihrem Namen und auf ihre Kosten wurden die weiteren Arbeiten durchgeführt, etwa Wegearbeiten an der Apfelallee, die Verlegung von Medienleitungen zum Parkgelände, und auch die Anstellung eines eigenen Gartentechnikers, des jungen Obergärtners Josef Soyez (1889–1947). Er war ausgewiesener Experte durch seine Mitarbeit an der »Mannheimer Ausstellung«, wie es im Abschlussbericht Boeses für die RUGA heißt (gemeint war die Gartenbauausstellung 1907 anlässlich des 300-jährigen Mannheimer Stadt­jubiläums). Später wurde er von der Stadt übernommen und Stellvertreter ­Boeses. Der Leitung dieser Ausstellungsgesellschaft gehörten führende Persönlichkeiten aus Magistrat, Bürgerschaft und VGGF an – die Stadträte Mohr und Neumann, der Fabrikant Scobel sowie Boese, Engwicht und Spranger. Ihre Geschäftsstelle leitete der Bücherrevisor H. P. Rademacher aus Forst. Es bestanden zahlreiche Unterausschüsse für Bau, Presse, Werbung, Preisbeschaffung, Verbände, Gartenkunst usw. Zur Aufbringung der Kosten gelang es der Ausstellung, in der Bürgerschaft Spenden in Höhe von 60.000 Mark zu sammeln, eine Summe, die die veranschlagten Kosten überstieg.

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Werbekarte für die RUGA.

Die RUGA Juni bis Oktober 1913 Am 14. Juni 1913 öffnete die RUGA ihre Pforten. Offizieller Anlass war das 25-jährige Thronjubiläum von Kaiser Wilhelm II. Das »Forster Tageblatt« lobte die Schönheit der neugestalteten Anlage: Entstanden sei »ein Stück Zaubergarten der Natur; für den, der Augen für die Poesie des Gartens und malerischen Geländes hat, ein intimes Märchenbild märkischen Landschaftsschmuckes, in dessen Mittelpunkt die Königin der Blumen steht – die Rose.« Zahlreiche Aussteller aus dem Forster Umland wie renommierte Betriebe aus den Gartenbau-Zentren des Reiches beschickten das Ausstellungsgelände. Und die Rose stand in der Tat im Mittelpunkt: Insgesamt wurden 32.000 Stück ausgepflanzt. Anders als heute war der Rosenausstellungs-Bereich auf die Wehrinsel konzentriert. Mindestens 21.000 Rosen waren hier ausgepflanzt worden, verteilt auf zahlreiche einzelne Rosengärten (zumeist nach Züchtern geordnet) zwischen sorgfältig gepflegten Rasenflächen. Dazu kamen noch einmal 6.000 Pflanzen allein im Bittkau’schen Rosengarten im Vorgelände (eine Sonderausstellungsfläche des Züchters/ Händlers Paul Bittkau aus dem heutigen Doberlug-Kirchhain im Bereich des späteren Dahliengartens, heute »Jubiläumsgarten«). Außerdem startete im Juli

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eine erste Schnittrosenschau, die mit rund 2.000 Vasen beschickt wurde, eine zweite schloss sich Ende August an. Das Ausstellungsgelände war, da die Wehrinsel nicht vollständig genutzt werden konnte, mit rund einem Kilometer Länge und elf Hektar kleiner als der heutige Rosengarten, außerdem nutzte die RUGA zusätzlich ein Stück Neißevorland mit 2,5 Hektar (davon zur Hälfte ein Sportplatz) für Begleitveranstaltungen. Wehrinsel und Vorgelände nahmen jeweils fünf Hektar ein, dazu kam auf der Wehrinsel rund ein Hektar Pachtfläche für das Dahlienstück. Zwar zielte die Ausstellung auf die Einrichtung eines dauerhaften Rosariums, aber die Bauten waren zumeist in Leichtbauweise ausgeführt, ein Grund dafür, dass nur wenige von ihnen die RUGA überdauerten. Für Treppen, Mauern, Brunnen und z. T. für die Plastiken wurde dagegen zum großen Teil Beton verwendet. Auf der Wehrinsel bildeten die Dahlien-Schau im Bereich der heutigen Festwiese – gartenarchitektonisch markant inszeniert mit einem prächtigen Schalenbrunnen –, die zahlreichen Rosengärten und schließlich der Rosenhof die Ausstellungsschwerpunkte. Für den Rosenhof hatte man eine Pergolenanlage errichtet, ergänzt um den Löwenbrunnen und am östlichen Ende abgeschlossen durch eine Ausstellungshalle (Planhalle), in der u. a. die Schnittrosenschauen ihren Platz fanden. Das Wegenetz des Volksparks war im Kern erhalten geblieben, selbst den Tennisplatz hatte man nicht umgenutzt. An den Waldwegen am Rande der Insel wurde historische und zeitgenössische Friedhofskunst in Szene gesetzt, wozu man auch Grabmale von Friedhöfen der Umgebung entliehen hatte. Zwischen Gaststätte und Dahlienfeld befand sich ferner ein Komplex von Ausstellungshallen, in denen Gartentechnik (u. a. eine Gewächshausanlage), Konserven- und Obstverwertung usw. vorgestellt wurden. Ein Musikpavillon am östlichen Umgangsweg war schon 1912 zur Aufwertung des Volksparks errichtet worden. Das hinzugepachtete Brühlsche Vorgelände dagegen war, wie es Boeses Abschlussbericht formulierte, »dem sozialen Gartenbau« gewidmet, die Rose war hier nur eines von vielen Ausstellungselementen. Im Norden des Vorgeländes befand sich – wie heute – der Haupteingang, schon damals betont durch die Flora-Plastik mit Brunnen zwischen den beiden Pavillons für Verwaltung und Eintrittskasse. Von hier aus betrat der Besucher die Hauptpromenade, deren Seiten damals nicht Rosen, sondern »krautartige Handels- und Gruppenpflan-

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Der Rosenhof während der RUGA, Blick von der Planhalle nach Westen.

zen« zierten. In typischer Manier des Jugendstils prägten zahlreiche pittoreske Gartenbaubereiche und ein kleinteiliges Wegenetz das Vorgelände. Die wichtigste Querachse bildete die sogenannte »Querpromenade« entlang von Wasserbecken und Leuchtbrunnen, an den Kopfseiten jeweils von Pergolenanlagen und Gaststätten (Patzenhofer-Restaurant und Weinzelt) abgeschlossen. Wie es Boeses Abschlussbericht andeutet, bildeten die wichtigsten Anziehungspunkte im Vorgelände drei Musteranlagen von Schreber- und Kleingärten, die von Forster Fabrikarbeiter »im gegenseitigen Wettbewerb« hergerichtet worden waren, sowie ein Vereinsschrebergarten des VGGF und ein Muster-Arbeiterwohnhaus der Frankfurter Siedlungsgesellschaft »Eigene Scholle«. Diese Siedlungsgesellschaft war 1910 von zahlreichen privaten und öffentlichen Teilhabern, darunter der Stadt Forst, gegründet worden und hatte 1912 begonnen, am südwestlichen Stadtrand auf dem nach ihr benannten Areal »Eigene Scholle« (zwischen Malxe und heutiger Umgehungsstraße gelegen) eine Arbeiter- und Handwerker-Siedlung zu errichten. Die Inneneinrichtung des Musterhauses wurde im Rahmen von Wettbewerben von Möbeltischlereien dreimal umgebaut.

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