Leseprobe "Bayern Irrtümer"

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Vorwort Wenn man als Bayer in der Welt herumkommt, dann merkt man schnell, dass über Deutschlands größtes und schönstes Bundesland viele Irrtümer und falsche Vorstellungen im Umlauf sind. Und das nicht nur in Übersee, wo viele glauben, dass alle Deutschen Bayern sind und den ganzen Tag in ↑Lederhosen oder ↑Dirndl herumlaufen. Auch in Deutschland selbst herrscht oftmals eine große Unwissenheit über die bayerische Kultur und Lebensart: Das fängt schon bei der Annahme an, dass Franken oder ↑Schwaben keine Bayern sind, oder dass hierzulande jedes Brötchen ↑Semmel heißt. Der aus Augsburg stammende Schriftsteller Bertolt ↑Brecht wird gerne mal für einen Berliner gehalten, dafür gilt das ↑Bier fälschlich als bayerische Erfindung. Das geht so weit, dass man als Bayer im Generalverdacht steht, vor der Arbeit regelmäßig drei ↑Weißbier zu trinken. Und natürlich haben vor allem Norddeutsche ein Problem mit den bayerischen Dialekten: Wenn sie Wörter wie ↑Derblecken, ↑Fleischpflanzerl oder ↑Fotzn hören, dann entwickeln sie dabei die merkwürdigsten Vorstellungen. Da Bayern das beliebteste innerdeutsche Reiseziel ist, sind solche Bildungslücken natürlich sehr bedauerlich. Und die Bayern selbst können hier nicht immer ohne Weiteres für Aufklärung sorgen, denn sie wissen manchmal auch nicht so genau Bescheid, wie es wünschenswert wäre. Fuhr die erste deutsche Eisenbahn tatsächlich zwischen Nürnberg und Fürth? Ist Bayern der einzige deutsche ↑Freistaat? Von welcher Käsesorte wird in Bayern am meisten produziert? Muss man Weißwürste tatsächlich vor dem Zwölf-Uhr-Läuten verzehren? Und was ist das Besondere an einem bayerischen ↑Biergarten?

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Fragen über Fragen, die dieses Lexikon beantworten will. Es ist einerseits als Nachschlagewerk für die Einwohner Bayerns gedacht, andererseits auch als Aufklärungsschrift für alle Freunde und Feinde jenseits der Landesgrenzen. Es ist der Versuch, auf humorvolle Weise grundlegendes Wissen über Land und Leute zu vermitteln und an der einen oder anderen Stelle Licht ins Dunkel zu bringen. Bei der Auswahl der Stichworte wurde keine lexikalische Vollständigkeit angestrebt und auch die Herangehensweise der Texte ist keine streng wissenschaftliche. Wer eine reine Daten- und Faktensammlung sucht, der sollte daher lieber die Finger von diesem Buch lassen. Schon ein Blick in die Stichwortliste zeigt, dass die Texte mit einem Augenzwinkern geschrieben wurden, und mit einem solchen sollten sie auch gelesen werden. Wer sich in Bayern sehr gut auskennt, wird möglicherweise vieles von dem schon wissen, was er hier aufgeschrieben findet. Aber da ich selbst bei den Recherchen oftmals wirklich Neues erfahren habe, bin ich überzeugt, dass ich auch Ihnen einige Aha-Erlebnisse vermitteln kann. Als Bonus bekommen Sie neben einer Fülle von Detailwissen, mit dem Sie auf jeder Party glänzen können, noch eine Reihe von Anekdoten und Insider-Informationen sowie ein großartiges Fleischpflanzerl-Rezept. Bei der Auswahl der Themen wurde eine regionale Ausgewogenheit angestrebt: Die Landesteile Franken und Schwaben sind genauso berücksichtigt wie Ober- und Unterbayern und natürlich die Hauptstadt München. Thematisch reicht das Spektrum von Geschichte und Kultur über Essen und Trinken bis hin zu Geografie und Tierwelt. Vor Ihnen liegt also ein umfassendes und vielseitiges Bayern-Kompendium, das hoffentlich keine Wünsche offen lässt.

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Für das vorliegende Lexikon wurden viele dicke und dünne Bücher gewälzt, Zeitungen und Zeitschriften durchgesehen und Statistiken ausgewertet. Die Literaturhinweise am Ende jedes Artikels sind kein vollständiges Quellenverzeichnis, sondern vor allem als Hinweis darauf gedacht, wo Sie möglichst unkompliziert weiterführende Informationen finden können. Sollte ich an irgendeiner Stelle selbst einem Irrtum aufgesessen sein oder eine falsche Information verwendet haben, freue ich mich über eine Mitteilung, die Sie bitte schriftlich an den Verlag richten mögen. Ansonsten gilt, dass der Autor in diesem Buch keine medizinischen Ratschläge erteilt und für das Gelingen und die Bekömmlichkeit der abgedruckten Rezepte keine Garantie übernimmt. Vegetarier und solche, die Bier nicht für ein Grundnahrungsmittel halten, sollten möglicherweise von der Lektüre Abstand nehmen. Allen anderen wünsche ich viel Spaß! Waldemar Hartmann, im Sommer 2010

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Bier Bier ist ungesund Selbstverständlich können Alkoholgegner im Genuss alkoholischer Getränke grundsätzlich nichts Positives sehen (↑Alkohol). Es kann ja auch gute Gründe geben, sich vom Alkohol abzuwenden: medizinische, ideologische, religiöse oder persönliche. Beim Bier jedoch gibt es in Bayern keine Diskussion: Bierbrauen und Biertrinken gehört einfach zur bayerischen Identität, und in Maßen (↑Maß) genossen ist es sogar gesund. Diese Nachricht wird jeden Biergarten-Freund (↑Biergarten) freuen! Moderater Genuss kann die Inhaltsstoffe des Bieres tatsächlich zu einer günstigen Wirkung im menschlichen Körper bringen. Allerdings sei aus juristischen Gründen klar gesagt: Es wird an dieser Stelle nicht empfohlen, Bier zur Gesundheitsförderung zu trinken. Auch werden keine Antworten zu Risiken und Nebenwirkungen beantwortet, denn der Autor ist weder Arzt noch Apotheker, sondern Genießer! Ob zur Bekämpfung von Erkältungen durch Erwärmung und Beimischung von Honig und Zitrone, zur Senkung des Bluthochdrucks, als Haarwuchsmittel, zur Anregung der Verdauung als erhitztes Gewürzbier oder zur Gesundung der Harnwege – Bier steht in der Volksmedizin im Ruf, gegen jedes Zipperlein zu helfen. Allerdings wirkt in den meisten Anwendungen alkoholfreies Bier ebenso. Am besten also, man hat immer ein normales Bier und ein alkoholfreies im Haus, dann kann man das eine trinken und sich mit dem anderen die Haare gegen Schuppen waschen. Bei maßvollem regelmäßigen Genuss von Bier, das zu 93 Prozent aus Quellwasser besteht und deswegen durchaus ein richtiger Durstlöscher ist, kann der Alkohol Schlaganfall, Gefäß- und

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Herzerkrankungen vorbeugen, mit dem statistischen Ergebnis, dass gemäßigte Biertrinker nicht nur länger leben als starke Trinker, sondern auch länger als Antialkoholiker. Forschungen haben ergeben, dass ein Glas Bier pro Tag die Werte an »gutem« HDLCholesterin erheblich erhöhen kann und einen günstigen Effekt auf die Blutverdünnung und die Veränderung der Blutfettwerte hat. Selbst ein vermindertes Gallensteinrisiko wurde festgestellt. Geringem Alkoholgenuss wird auch eine entzündungshemmende Wirkung zugeschrieben. Zu den unerwünschten Nebenwirkungen des Biertrinkens gehört es dagegen, dass bei Männern das Sexualverlangen nachlässt, während es bei Frauen zunimmt. Männer haltet euch also zurück, wenn eure Frauen Bier trinken! Schuld an diesem Effekt ist der ↑Hopfen im Bier, der sich bei Männern anders auswirkt als bei Frauen. Nicht zufällig brauten Mönche zu ihrem täglichen zölibatären Bedarf das köstlichste Bier. Dank der vollwertigen Zutaten wie Getreide, ↑Hopfen, Hefe und Wasser sind auch im Bier zahlreiche Stoffe wie Antioxidantien, Vitamine und Mineralstoffe enthalten. Bier enthält auch Ballaststoffe, die aus den Zellwänden der Gerste stammen. In zwei Gläsern Bier sind durchschnittlich zehn Prozent des Tagesbedarfs an löslichen Ballaststoffen enthalten, manche Biere stellen sogar bis zu 30 Prozent des Tagesbedarfs. Der eine oder andere meint allerdings, die Ballaststoffe nicht im Verdauungstrakt, sondern in den schweren Beinen zu spüren, wenn er nach Hause wankt – dann ist die Grenze des maßvollen Konsums sicher überschritten! Ebenso wie Brot, das ja auch aus Getreide hergestellt wird, ist Bier ein Lieferant wichtiger Vitamine. Es enthält B-Vitamine wie Niacin, Riboflavin (B2), Pyridoxin (B6), Folsäure (B9) und Cobalamin (B12). Zudem weist Bier an Mineralstoffen viel Kalium,

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wenig Natrium, einen geringen Gehalt an Kalzium, dafür aber viel Magnesium auf. Trotzdem, auch das muss gesagt werden, reicht Bier als einzige Nahrungsquelle nicht aus, um den Gesamtbedarf an Vitaminen und Mineralstoffen zu decken. Gegessen muss da schon noch werden! Die gesundheitliche Wirkung des Hopfens, der seit vielen Jahren ein wichtiger Bestandteil der Pflanzenheilkunde ist, ist noch nicht vollständig geklärt. Studien zeigen jedoch, dass die im Hopfen enthaltenen Flavonoide möglicherweise eine für die Gesundheit günstige Wirkung zeigen. Bier ist übrigens die einzige Nahrungsquelle, in der Hopfen in nennenswerten Mengen enthalten ist. Zum Bier als Dickmacher sei noch erwähnt, dass Bier kein Fett oder Cholesterin und nur geringe Mengen an Monosacchariden enthält. Die Kalorien im Bier stammen zum Großteil aus dem enthaltenen Alkohol. Bier ist also weniger kalorienreich als so manche Limonade (↑Spezi), und der berühmte Bierbauch entspringt meist eher einem bewegungsarmen Lebensstil und dem deftigen Essen, das gerne zum Bier serviert wird. Alle positiven, gesundheitlichen Wirkungen des Biers werden natürlich durch übermäßigen Konsum und schlechte Lebens- und Ernährungsgewohnheiten nicht nur zunichte gemacht, sondern ins Gegenteil verkehrt. Auch für Biertrinker gilt also, dass Sport (↑Olympische Spiele), gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung – die nicht nur vom Hochheben des Trinkarms herrührt – der Gesundheit förderlich sind. Ganz allgemein formuliert, lautet das Fazit: »Wer lange mäßig, aber dafür regelmäßig bayerisches Bier trinkt, lebt auch lang.« Das bestätigt ein Blick in die Statistik: Mit Stand 2007 haben die bierliebenden Bayern im Vergleich der deutschen Bundesländer die dritthöchste Lebenserwartung

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sowohl bei Männern als auch bei Frauen aufzuweisen. Na, dann Prost! www.brauer-bund.de; www.statistik.bayern.de; www.brewersofeurope.org; www.sozialministerium.bayern.de

Biergarten Ein Biergarten ist ein Gartenlokal Was die meisten Bayern wissen, ist im Rest der Republik eher unbekannt: Ein Biergarten ist nicht einfach ein Gartenlokal mit Bierausschank! Richtige Biergärten gibt es ohnehin nur in Bayern, und damit das so bleibt, haben wir seit 1995 auch eine Bayerische Biergartenverordnung, die in schönem Amtsdeutsch klarstellt: »Biergärten erfreuen sich in Bayern als traditionelle Einrichtungen allgemein großer Wertschätzung und sind in Folge ihrer über lange Zeit gewachsenen Tradition ein Stück angestammten bayerischen Kulturgutes geworden.« Da haben wir es amtlich! Biergärten sind ein Teil der bayerischen Kultur. Und zudem sind sie auch noch von hohem gesellschaftspolitischen Wert: »Biergärten erfüllen wichtige soziale und kommunikative Funktionen, weil sie seit jeher beliebter Treffpunkt breiter Schichten der Bevölkerung sind und ein ungezwungenes, soziale Unterschiede überwindendes Miteinander ermöglichen. Die Geselligkeit und das Zusammensein im Freien wirken Vereinsamungserscheinungen im Alltag entgegen. Sie sind vor allem für die Verdichtungsräume ein ideales und unersetzliches Nahziel zur Freizeitgestaltung im Grünen. Sie

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Anschließend reifen sie neun Monate lang in einem Kaltlager. Die gesamte Herstellung des Weißlackers erfordert viel Genauigkeit und echtes Fingerspitzengefühl. Jährlich werden circa 50 bis 60 Tonnen davon produziert. Die deutsche Slowfood-Bewegung hat ihn in die »Arche des Geschmacks« aufgenommen. Dort hockt er allerdings ziemlich allein in einer Ecke und wartet darauf, dass von den anderen Passagieren endlich einer Schnupfen bekommt und sich ihm nähert. Niemand ist gerne alleine, auch wenn er noch so stinkt. www.food-from-bavaria.de; www.stmelf.bayern.de; www.slowfood.de

Weißwurst Weißwürste dürfen das 12-Uhr-Läuten nicht hören High Noon ist für die Münchner Weißwurst schon im Laufe des Vormittags. Zusammen mit einer ↑Brezel und einem ↑Weißbier ist sie das traditionelle zweite Frühstück der Handwerker. Noch heute gilt in vielen Gaststätten und ↑Biergärten der Brauch, dass nach dem Mittagsläuten der Kirchenglocken keine Weißwürste mehr serviert werden. Und das nicht nur in ↑München, wo die Weißwurst der Legende nach am 22. Februar 1857 im Gasthaus zum »Ewigen Licht« am Marienplatz erfunden worden sein soll. Der Wirt und Metzger Joseph Moser bemerkte damals beim Kalbsbratwürste machen, dass ihm die notwendigen Schafsaitlinge ausgegangen waren. In seiner Not fiel dem Moser Sepp keine andere

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Lösung ein, als das Wurstbrät einfach in Schweinsdärme zu füllen. Weil er fürchtete, dass die im Vergleich viel dickeren Schweinsdärme auf dem Rost platzen würden, brühte er die Würste anschließend in heißem Wasser, anstatt sie wie üblich anzubraten. Die Gäste waren erst misstrauisch, griffen aber nach der ersten Wurst gerne zu einer zweiten. Von da an war der Erfolg der Weißwurst nicht mehr aufzuhalten. Da stört es wenig, dass das erste schriftliche Rezept erst vierzig Jahre später niedergeschrieben wurde und dass der Münchner Stadtarchivar herausgefunden hat, dass es schon vor Mosers Erfindung eine ganz ähnlich geartete Maibockwurst gab. Wie auch immer, die Weißwurst ist inzwischen weltweit eine der bekanntesten Brühwürste überhaupt. Dennoch gibt es keinen Herkunftsschutz für die Münchner Weißwurst. Selbst in Mecklenburg-Vorpommern kann jeder ungestraft vor sich hinwursteln und »Münchner Weißwürste« herstellen. Die Bemühungen der Münchner Metzger, den Namen beim Deutschen Patent- und Markenamt als geschützte Herkunftsbezeichnung einzutragen (ähnlich wie »Lübecker Marzipan« oder ↑»Nürnberger Bratwurst«), waren bisher erfolglos. Nicht ganz zu Unrecht wehren sich vor allem die Weißwursthersteller aus dem restlichen Bayern gegen solche Abschottungsbestrebungen; denn ob eine Münchner Weißwurst eine Münchner Weißwurst ist, hängt ja nicht unbedingt davon ab, wo sie hergestellt wurde, sondern ob es nach dem richtigen Rezept geschehen ist. Ohne zu viel von den Geheimnissen der Metzger verraten zu wollen, sei gesagt, dass die Münchner Weißwurst im Prinzip eine Brühwurst aus feingemahlenem Kalbfleisch, gegartem Kalbskopffleisch, Schweinerückenspeck, Eisschnee, Kochsalz, frischer Petersilie, Zwiebeln, Pfeffer, Macis und Zitronenpulver ist. Der Muskelfleischanteil sollte dabei überwiegend, also zu mehr als der Hälfte,

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aus Kalbfleisch bestehen. Im Rahmen der deutschen »Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse« und der Münchner beziehungsweise der bayerischen Tradition hat jede Metzgerei ihr eigenes kleines Rezeptgeheimnis; das Geheimnis vieler besonders billiger Weißwürste aus dem Discounter-Regal ist übrigens das Fehlen des teuren Kalbfleischs! Ob Schwein oder Kalb, die Länge der idealen Weißwurst wurde festgelegt auf circa zwölf Zentimeter, der Durchmesser auf 28 bis 32 Millimeter und das Gewicht sollte 80 bis 100 Gramm betragen. Wenn mit der Wurstspritze die vorbereiteten Därme mit Brät gefüllt und auf die gewünschte Größe abgedreht werden, sind die Weißwürste noch zart rosa. Erst durch 25-minütiges Brühen in 70 Grad heißem Wasser werden sie weiß. Meist werden sie vorgegart verkauft, damit sie länger haltbar sind. Die Regel, dass Weißwürste das Zwölf-Uhr-Läuten nicht hören dürfen, stammt noch aus den Zeiten vor Erfindung des Kühlschranks, als eine am Morgen frisch gefüllte Weißwurst binnen weniger Stunden grau und unansehnlich wurde. Heute ist die Regel streng genommen überflüssig, denn bei richtiger Lagerung und Kühlung hält eine Weißwurst ohne Qualitätsverlust zwei bis drei Tage aus. Durch eine Vakuum-Verpackung kann man die Haltbarkeit sogar noch weiter verlängern. Vereinzelt wird die Weißwurst jedoch tatsächlich roh verkauft und ist dann wirklich zum umgehenden Verzehr bestimmt. Da sollte man keine Zeit verlieren! Wie eine Weißwurst gegessen wird, ist eine persönliche Stilfrage. Traditionsbewusste Bayern schneiden einen Wurstzipfel ab und »zuzeln« dann, das heißt, sie lutschen oder saugen das Brät aus der Pelle. Am Häufigsten ist allerdings der »Längsschnitt« zu beobachten. Dabei schneidet man die Weißwurst der Länge nach auf und klappt die beiden Wursthälften auseinander. Jetzt kann

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das Brät mit Messer und Gabel aus der Haut geschält werden. Beim sogenannten »Kreuzschnitt« wird die Wurst mit der Gabel fixiert und etwa vier Zentimeter vom Ende schräg eingeschnitten und die Füllung an dieser Stelle durchtrennt, ohne die Haut auf der Unterseite zu verletzen. Mit der Gabel wird dann in die Schnittfläche des kleineren Endes gestochen und das Brät mit einer Drehbewegung aus der Haut gelöst. Im Zickzackmuster wird dann weiter geschnitten und die Wurst Stück für Stück herausgedreht. Manche lieben diesen Kreuzschnitt, weil er dem Rautenmuster des bayerischen Wappens folgt. Wer es sich einfach macht und die Weißwurst mitsamt der Haut verspeist, der offenbart, dass er von bayerischer Esskultur überhaupt keinen Schimmer hat. Und wer Weißwürste auf den Grill legt und sie dann mit Ketchup oder scharfem Senf serviert, der begeht vollends eine Todsünde. Da schlägt’s dann buchstäblich dreizehn! Egal, ob vor- oder nachmittags. www.food-from-bavaria.de; www.stmelf.bayern.de; FAZ vom 15.2.2007

Weltstadt mit Herz → München

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