Vorwort Manche denken, es gibt sie gar nicht. Manche denken, Elisabeth Koeppe sei ein Pseudonym, hinter dem sich ein ganzes Team von Autorinnen und Autoren verbirgt, das in Tag- und Nachtarbeit damit beschäftigt ist, Rätsel zu verfassen. Anders sei doch gar nicht zu erklären, dass das Kulturradio vom rbb fünfmal die Woche, zwanzigmal im Monat diese herrlich verschachtelten Rätsel ausstrahlt. Jeden Tag ist ein unterhaltsam umschriebener Begriff zu raten. Bratkartoffel, Hängematte, Chip und Abenteuer zum Beispiel. Darauf muss man erst mal kommen. Doch, es gibt sie: Elisabeth Koeppe. Ihr Büro ist ein Krea tivzentrum aus Büchern, Fotos, Computer und CDs. Die Zitate von Heinrich von Kleist, David Ogilvy und Roman Polansky an der Pinnwand zeigen, welche Inspirationen hier gefragt sind: Dichtung, Werbung, Film. Elisabeth Koeppe surft lässig in Datenbanken, aber vor allem schöpft sie aus Allgemeinwissen und Fantasie. Wenn ein Kollegengespräch um ein bestimmtes Thema kreist, sagen wir mal, Yoga, dann wird ihr schnell langweilig. Ihr funken schon längst zahlreiche Ideen durch den Kopf, wie man den Begriff Yoga verrätseln könnte. Es gab doch mal diese Serie mit XY und den Roman von Z und dieses Traktat und diese Liedzeile und, und, und. Bevor die Rätsel von Elisabeth Koeppe gesendet werden, haben sich schon einige Redaktionsmitglieder an der Lösung versucht. Dabei kommt es oft darauf an, wann und wo jemand aufgewachsen ist. Wer mal beim Livekonzert mit Leonhard Cohen geschmachtet hat, wird bei den Namen Suzanne und Marianne hellhörig, wer in der Schule Erwin Strittmatter gelesen hat, weiß gleich Bescheid, wenn es um einen Laden geht. Sofort werden Erinnerungen ausgetauscht. Bei uns war es immer so. Wirklich? Bei mir war es ganz anders. 5
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Immer wieder wird über die beste Methode diskutiert, die Rätsel zu knacken. Höchste Konzentration, geschlossene Augen, kein Wort verpassen? Oder eher nebenbei hören, nur bei Schlüsselwörtern aufhorchen? Leise kombinieren oder laut assoziieren? Manchmal errät auf Anhieb niemand in der Redaktion, was gemeint ist, und wir können nur staunen, wenn dann Hörer anrufen, noch bevor das Ende des Rätsels ausgestrahlt ist. Endlich bin ich mal durchgekommen, sagen sie häufig, ich habe es schon soo oft versucht. Dabei geht es vielen gar nicht um den Preis, den bekommt, wer zuerst die richtige Lösung weiß. Natürlich freuen sich manche sehr über die Karten für Konzert oder Theater, über einen Roman, einen Reiseführer. Aber vielen geht es vor allem um das Raten und Rauskriegen. Kann man das kaufen, fragen oft Hörerinnen und Hörer, gibt es das als Buch? Bisher nicht. Einer hat uns erzählt, dass er deshalb die Rätsel aufnimmt, abtippt und bei Geburtstagsfesten vorliest. Nach jedem Abschnitt hält er inne, manches liest er zweimal vor, wenn seine Gäste sich verrennen. Endlich kein ödes Partygeplauder mehr, stattdessen sportlicher Eifer und leidenschaftliches Konkurrieren. Es sollen sich schon mal zwei gefunden haben, die plötzlich ungeahnte Gemeinsamkeiten entdeckten. Ob Sie allein raten oder in Gesellschaft – Sie werden Vergnügen haben, mit jedem Rätsel mehr. Die Lösungen kommen zum Schluss. Wie im richtigen Leben.
Claudia Ingenhoven Kulturradio vom rbb
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as tägliche Füttern festigt beim Truthahn ein Weltbild, das an Weihnachten plötzlich revidiert werden muss.« Sinnierte einst Bertrand Russell und ich sage mit Helmut Schmidt: »Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.« Mmh. Da staunen wir erst einmal. Ich könnte fragen: Was ist ein Truthahn? Oder was ist ein Weltbild? Warum feiern wir Weihnachten und findet es dieses Jahr überhaupt statt? Wer ist Helmut Schmidt und wie oft geht er zum Arzt? Warum geht er überhaupt zum Arzt? Was ist ein Arzt? Was ist gehen und was füttern? Fragen über Fragen. Staunen, was man fragen kann. Könnte dem Truthahn Hilfe zuteil werden? Oder Helmut Schmidt? Staunen wir weiter. Was ist eine Frage? Wer stellt sie? Staunen – mein Anfang. Immer fing ich mit Staunen an. Egal, wer da staunte, es war der Beginn einer wunderbaren Leidenschaft. Fragen wie die Kinder. In Frage stellen. Warum geht die Sonne auf? Kommt sie morgen wieder? Warum ist es dunkel? Ist das Böse unterm Bett versteckt und das Gute im Himmel? Ich unterstütze die Fragenden, ich bin die Mit-Fragerin, bin überhaupt nur durch die Frage. Wäre ich ein Münchhausen und könnte mich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen, könnt’ ich mich definieren. Was ich bin, ist genauso meine Frage wie die nach dem was ist. Warum ist überhaupt etwas und nicht viel mehr nichts? Ist alles nur ein Traum? Und dann die Antworten, die oft nicht ausreichen. Deshalb kam ich in die Welt der Menschen. Ich bin zutiefst menschlich. Muße ist meine Mutter. Deshalb frage ich auch: Gibt es einen Gott? Und was ist der Sinn? Was kann ich wissen. Was soll ich tun? Ich weiß es nicht, weil ich weiß, dass ich nichts weiß. Und das liebe ich. Na, was bin ich?
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us dem stillen Raume, aus der Erde Grund / hebt mich wie im Traume dein verliebter Mund.« – Er musste fort. Fort in den Krieg. Musste Abschied nehmen. Von der einen und – von der anderen. Und goss den Schmerz in – Poesie. Und verdichtete die Namen der zwei »Noch-nicht-und-niemals-Geliebten« – zu einer. Zu einem Namen – zu einem Gedicht, unbeachtet von der Welt. Und schon marschierten die nächsten jungen Männer in den nächsten Krieg, als eines Abends im August ein Lied die Schützengräben wehmütig überhauchte. Der alte Abschiedstext war Melodie geworden. Weil SIE ihn sang. Und es wurde ein Lied, das um die Welt ging. Das alle Fronten überwand. Es wurde ihr Schicksal und später fragte sie sich: War es gut, war es nicht gut – für mich? Wer las jemals eines meiner Bücher, wer erinnert sich daran, dass ich 1960 unangefochtene Nummer Eins war – mit einem hoffnungsvollen Schifferwartungsschlager. Vor Freddy. Vor Elvis. Vor Conny oder Caterina. Schicksalslied. Und sie musste ihr Leben zu Ende leben – mit dem Lied. Dem Lied im Krieg – auch nach dem Krieg. Sie wollte lieber Brecht oder Tucholsky singen. Dafür verließ sie Mann und Kinder und floh nach Berlin. Nur für die Kunst leben. Doch brachten die Matrosenlieder geradeso das Geld für Rechnungen und Miete ein. Natürlich gab sie nicht auf. Gab niemals auf. Und hat auf die große Liebe verzichtet. Wer zum Künstler bestimmt ist, dem bleibt nur eins, sich damit abzufinden. Ja, auch mit dem Welthit hat sie sich arrangiert: Kann der Wind erklären, warum er zum Sturm wird? Zur Sturmlaterne. Sich über eine Million Mal verkauft. Der erste Welthit. Na, was war das?
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ur zu Sex und Partys muss man persönlich erscheinen. Und Geld muss man haben. Dass Geld arbeitet, ist Quark. Wer sah jemals Geld arbeiten. Was für ein Salat dabei herauskommt, sehen und hören Sie zurzeit täglich. Aber dennoch. Auch Geld kann arbeiten. Bei mir arbeitete einfach alles. Alle Vorlagen waren schon da. Es kam nur auf meine Auswahl, das Konzept und die Gestaltung an. Ich, der Mann, wäre gern eine Frau gewesen. Also musste ich meine Welt verkünstlichen. Und es erschien mir auch irgendwie künstlich, als eine Frau, die einziges Mitglied der Society to Cut Off Men war, eines Tages schoss. Der Getroffene – ich. Dreimal getroffen. Und überlebt. Dieses Populäre, das Sie heute so leichthin Pop nennen, war ab jenem Tag etwas anderes – für mich. Mein Mythos, Pop sei eine Lebensform – außerhalb der Realität, also künstlich, war zerstört. Ich hätte gern die Bluejeans erfunden, aber die war schon da. Irgendetwas, das die Leute niemals vergessen können. Einen Massenartikel. Eine Massenproduktion. Da kam ich auf die Dose. Und auf die Flasche. Vorhanden und für alle gleich: ob Präsident, Liz Taylor oder Penner. Ich wäre gern eine Maschine gewesen – da lag sie nahe – meine Fabrik. Meine Factory. Produzieren wie im Wahn, Superstars über Superstars – massenhaft. Vervielfacht. Gesiebdruckt. Ich schriebs auf jede Wand – neue Kunst braucht das Land. Nicht diese bildungsbürgerliche. Kühlschränke, Duschvorhänge, Männerhosen, Picknicktische, Dollarnoten, Comics und weniger Profanes wie Filme und Musik. Ach ja, meine Haare – blond oder war es silbergrau? Am Ende war’s eine Perücke. Na, wer war ich?
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ommen Sie, ich führe Sie. Die Treppe – hinauf. Stufe für Stufe, nehmen Sie ruhig auch mal zwei oder drei, wir sind geboren, wild zu sein. Es geht weiter, immer weiter, bis wir dann doch – müde – ankommen. Wo? Ja, das ist eine Frage. Ich habe mir viele Gedanken darüber gemacht. Denn nun bin ich der Lehrer, der seine Schüler führt. Lehrer und Schüler – es war mein Lebensthema. Suchen wir einen Lehrer wahrhaft – ist er auch da. Nehmen Sie noch eine Stufe. Es ist ganz leicht. Nicht beirren lassen, gerade in jungen Jahren erscheint uns dieses Aufsteigen ins Ungewisse bedrohlich, so dass wir vor der Zeit gehen wollen. Wie ich, der ich rebellisch und – depressiv war. »Ich möchte hingehen wie das Abendrot«, schrieb ich. Ich wollte ohnehin nichts anderes tun – als Schreiben. Die Schule war mir ein Grauen. Ich trieb es soweit, dass meine Eltern meinten, ich sei reif für die Nervenheilanstalt. Unverstanden, verstoßen, schrieb ich meinem Vater von dort: »Sehr geehrter Herr! Da Sie sich so auffällig opferwillig zeigen, darf ich Sie vielleicht um 7 Mark oder gleich den Revolver bitten.« Dann eine lange böse Litanei. Ich unterschrieb und fügte an: »Gefangener im Zuchthaus Stetten, wo er ›nicht zur Strafe‹ ist. Ich beginne mir Gedanken zu machen, wer in dieser Affäre schwachsinnig ist. Übrigens wäre es mir erwünscht, wenn Sie gelegentlich mal herkämen.« Das ist pubertär. Das war Rebellion. Dafür steh ich mit meinem Namen. Obwohl ich später ein recht beschauliches Leben führte. Mit drei Frauen. Mit drei Söhnen. Mit Nobelpreis. Mit 30.000 verkauften Büchern im Monat. Heutzutage. Des Lebens Ruf an mich wird niemals enden. Mein Herz – nahm Abschied … Na, wer war ich?
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Die Lösungen Abenteuer Alexander (der Große) Alexander Puschkin Andy Warhol Anna Loos Antigone Antonin Dvorak Armin Mueller-Stahl Artischocke Benzinkanister Boudoir Bratkartoffel(verhältnis) Brennessel (Urtica) Brötchen (Jung)Brunnen Buchstabe Q Bundeslade Chaos Charles Dickens Chip Dalai Lama (der 14.) Dauerbrenner Dekadenz Dornenkrone Drohne Echo Einlage Elfenbein Emporkömmling (auch Glückspilz) – Parvenü Erwin Strittmatter Eva-Maria Hagen Fagott
127 060 115 101 100 103 108 035 097 054 111 121 002 055 036 113 122 006 076 130 008 037 096 039 056 013 058 059 128 072 126 073
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Feder Federboa Fest Fettauge Fetzen Fischstäbchen Fleisch Fragezeichen Funicoli (Funicola) Gerippe Gioachino Rossini Giuseppe Verdi Glüh- und auch die Birne Grat Gummibär/ Gummi(gold)bärchen Handtasche Hängematte Hanns Eisler Helm Hermann Hesse Hubschrauber Ingrid Bergman Johannes der Täufer John Cage Kalaschnikow Känguru Kante Karl-Marx-Allee in Berlin Karl May Katzenmusik König Lear Korsett Lärm Laterne
074 099 123 107 057 038 075 040 086 041 087 088 077 042 012 003 124 004 129 118 078 043 090 089 084 092 079 119 091 022 093 104 061 045 139
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Lili Marleen gesungen von Lale Andersen Loreley Lots Weib Luftballon Maria Magdalena (Siebenpunkt) Marienkäfer Motte Muschel Nagel Narziss (Narcissos) Niccolò Paganini Opfer Panne Party Pfau Philosophie Pistole Pleite Polenta Politikverdrossenheit Puppe Rad Regel Regenwurm Reh – bei Disney BAMBI Reißverschluss Rippe Rohr Schatten Schein Scheitel Schimmel Schlinge Schlitzohr
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Schokolade Schrei »Schwarzes Quadrat auf weißem Grund« von Kasimir Malewitsch Schweinskopf Seidenstrümpfe Seil Stamm Stillleben Stoff Streichholz Strumpfhose Stufe Sturz Taschentuch Der (rote) Teppich Teufelskreis Tisch Totentanz Trichter Tücke Tulpenmanie Verdacht Verderben –Verderb Verführung Wirklichkeit Wuchtbrumme Wunder Wurstverkäuferin Wüste Zeichen
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Die Autorin Elisabeth Koeppe, geboren in Leipzig, studierte Philosophie in Leipzig und Gesellschafts- und Wirtschaftkommunikation an der Universität der Künste Berlin. Sie arbeitete für verschiedene Agenturen als Werbetexterin, verfasste als Ko-Autorin mehrere Bücher und schreibt seit 1999 Rätsel, seit 2003 auch für das Kulturradio vom rbb in der Rubrik »Das Rätsel«. Elisabeth Koeppe lebt mit ihrer Familie in Berlin.
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Es tut so gut, mit dir zu sprechen Begegnungen mit Sterbenden ISBN 978-3-8393-2118-8 Sterbebegleiter/innen des Malteser Hospizdienstes berichten von ihren Erfahrungen mit schwerkranken und sterbenden Menschen. Diese Begegnungen sind sehr unterschiedlich, einige dauern nur wenige Stunden, andere Monate oder sogar Jahre. Geprägt sind sie von der Nachdenklichkeit über das Vergangene und über das Sterben. Es gibt aber auch das befreiende Lachen, die tief empfundene Freude und den Trost, den man gibt und empfängt. 50 Geschichten machen Mut, den Tod nicht zu negieren, sondern ihn als Teil des Lebenskreislaufes anzunehmen.
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