Musikfest Berlin 2019 – Abendprogramm BBC Symphony Orchestra am 5.9.

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Berliner Festspiele

# musikfestberlin

MUSIK FEST BERLIN

In Zusammen­ arbeit mit der Stiftung Berliner Philharmoniker

5.9. 2019 Gastspiel: London

BBC Symphony Orchestra Sakari Oramo


Berliner Festspiele

Orchester – expanded!

10.9.

Di 20:00   Philharmonie

Alfred Schnittke Symphonie Nr. 1

Anton Bruckner

Symphonie Nr. 6 A-Dur

Münchner Philharmoniker Valery Gergiev Leitung

15.9.

So 11:00 Philharmonie

Helmut Lachenmann Tanzsuite mit Deutschlandlied

Musik für Orchester mit Streichquartett

Richard Strauss Ein Heldenleben

Symphonische Dichtung op. 40

Jack Quartet Junge Deutsche Philharmonie Jonathan Nott Leitung


MUSIK FEST BERLIN

30.8.– 19.9. 2019

In Zusammen­­arbeit mit der Stiftung Berliner Philharmoniker


Bildnachweise S. 8 S. 16 S. 17 S. 18 S. 20 S. 21 S. 22 S. 23 S. 24

P aul Klee (1879 – 1949), Zweifelnder Engel, 1940, Foto: Wikimedia Commons M odest Mussorgski, ca. 1870, Foto: Wikimedia Commons L ouis Andriessen © Marco Borggreve O lga Neuwirth © Harald Kaufmann J ean Sibelius (1865 – 1957), Finish Museum of Photography, Foto: Santeri Levas (1899 – 1987), Wikimedia Commons N ora Fischer © Marco Borggreve H åkan Hardenberger © Marco Borggreve B BC Symphony Orchestra © BBC S akari Oramo © Benjamin Ealovega


MUSIKFEST BERLIN 2019

Donnerstag 5. September 20:00 Uhr

Konzertprogramm

S. 5

Orchesterbesetzungen

S. 6

Martin Wilkening Musikalische Evokationen

S. 9

The Only One Gedichte von Delphine Lecompte

S. 14

Komponist*innen

S. 16

Interpret*innen

S. 21

Musikfest Berlin 2019 im Radio und online

S. 29

Musikfest Berlin 2019 Programmübersicht

S. 30

Impressum

S. 32

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Bitte schalten Sie ihr Mobiltelefon vor Beginn des Konzerts aus. Bitte beachten Sie, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind.

Das Konzert wird von Deutschlandfunk Kultur am 5. September 2019 ab 20:03 Uhr live übertragen. Deutschlandfunk Kultur ist in Berlin über 89,6 MHz, Kabel 97,50, bundesweit über Satellit, DAB+ und über Livestream auf www.deutschlandfunkkultur.de zu empfangen. 4


PROGRAMM

Gastspiel : London II Modest Mussorgski  (1839 – 1881)

Eine Nacht auf dem kahlen Berge  op. posth. (1886, in der Bearbeitung von Nikolai Rimski-Korsakow)

Louis Andriessen zu Ehren III

Louis Andriessen  (*1939 )

The only one (2019) für Jäzzsängerin und großes Orchester auf Gedichte von Delphine Lecompte Auftragswerk der Los Angeles Philharmonic Association, Gustavo Dudamel, NTR ZaterdagMatinee (M) – Radio 4’s Concert Series im Concertgebouw Amsterdam, BBC Radio 3. Europäische Erstaufführung beim Musikfest Berlin. Britische Erstaufführung bei den BBC Proms 2019 durch das BBC Symphony Orchestra und seinem Chefdirigenten Sakari Oramo.

Introduction – The only one – The early bird – Interlude 1 – Broken morning – Interlude 2 – Twist and shame – Grown up Do, 5.9.

Pause

20:00

Olga Neuwirth  (*1968 )

Philharmonie

… miramondo multiplo …  (2006)

Einführung 19:10

I  aria dell’angelo   II  aria della memoria   III  aria del sangue freddo IV  aria del pace   V  aria del piacere

für Trompete und Orchester

mit Martin Wilkening Südfoyer der

Philharmonie

Jean Sibelius  (1865 – 1957)

Symphonie Nr. 5  Es-Dur op. 82  (1919) I Tempo molto moderato – Allegro moderato (ma poco a poco stretto) II Andante mosso, quasi allegretto III Allegro molto

Nora Fischer Stimme Håkan Hardenberger Trompete BBC Symphony Orchestra Sakari Oramo Leitung Eine Veranstaltung der Berliner Festspiele   /   Musikfest Berlin Die Aufführungen „Louis Andriessen zu Ehren I–III“ am 2., 4. und 5. September werden unterstützt von der Ernst von Siemens Musikstiftung und der Aventis Foundation

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ORCHESTERBESETZUNGEN

Modest Mussorgski

Eine Nacht auf dem kahlen Berge (1886, in der Bearbeitung von Nikolai Rimski-Korsakow) Piccoloflöte 2 Flöten 2 Oboen 2 Klarinetten in B 2 Fagotte

Louis Andriessen

The Only One für Jazzsängerin und großes Orchester auf Gedichte von Delphine Lecompte

4 Hörner in F 2 Trompeten in B 3 Posaunen Basstuba Pauken Schlagzeug (2 Spieler*innen): Becken, große Trommel, Tamtam, Glocke in D

2 Flöten 2 Oboen 2 Klarinetten in B (2. auch Bassklarinette) Sopransaxophon Altsaxophon 2 Fagotte 2 Hörner in F 2 Trompeten in C Posaune 1 Bassposaune

Harfe Violinen I, Violinen II, Violen, Violoncelli, Kontrabässe Entstehungszeit: 1867 – 1886 Uraufführung: Die Fassung Rimski-Korsakows wurde unter dessen Leitung am 27. Oktober 1886 in Sankt Petersburg uraufgeführt.

Schlagzeug (2 Spieler*innen) Glockenspiel, Vibraphon, Marimba, Gong (groß), Ratche, Raspel, Tamtam, Maracas, Woodblocks, Becken (groß), Snare Drum, Basstrommel, 2 Tomtoms Harfe Klavier (Celesta) Elektrische Gitarre Bassgitarre 6 Violinen I, 6 Violinen II, 4 Violen, 4 Violoncelli, 3 Kontrabässe Entstehungszeit: 2018/19 Auftragswerk der Los Angeles Philharmonic Association, Gustavo Dudamel, NTR ZaterdagMatinee (M)-Radio 4’s Konzertserien im Concertgebouw Amsterdsam, BBC Radio 3 Uraufführung: Am 2. Mai 2019 in der Walt Disney Concert Hall in Los Angeles durch die Los Angeles Philharmonic unter der Leitung von Esa-Pekka Salonen und Nora Fischer als Solistin.

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ORCHESTERBESETZUNGEN

Jean Sibelius

Olga Neuwirth

Symphonie Nr. 5  Es-Dur op. 82

… m iramondo multiplo … für Trompete und Orchester 2 Flöten (1. auch Piccolo) 2 Oboen 3 Klarinetten in B (1. auch Klarinette in Es, 3. auch Bassklarinette in B) 2 Fagotte 2 Hörner in F 2 Trompeten in C 2 Posaunen 1 Tuba in F

2 Flöten 2 Oboen 2 Klarinetten 2 Fagotte 4 Waldhörner 3 Trompeten 3 Posaunen Pauke Violinen I, Violinen II, Violen, Violoncelli, Kontrabässe

3 Schlagwerke Entstehungszeit: 1915– 1919

Schagzeug I (links): Cencerros, 1 kleine Triangel, 1 Tamtam (groß), 1 Becken (mittelgroß), 1 Handglocke, 2 Röhrenglocken, 1 Gong

Die Symphonie Nr. 5 gibt es in drei Fassungen, eine 1. Fassung von 1915, eine 2. Fassung von 1916 und eine 3. Fassung von 1919. Das BBC Orchestra unter Sakari Oramo spielt die 3. Fassung.

Schlagzeug II: Zimbelset, 1 Triangel (mittelgroß), 1 Snare Drum (immer mit Snare), 1 Große Trommel, 1 Gegenschlagbecken (groß), 1 Becken (mittelgroß), 1 Gong Schlagzeug III (rechts): Glockenspiel, 1 Tamtam (mittelgroß), 1 Becken (klein), 1 Tomtom (klein), 1 Handglocke, 1 Plattenglocke, 1 Gong 8 Violinen I 8 Violinen II 6 Violen 6 Violoncelli 4 Kontrabässe (3. und 4. fünfsaitig) 1 Solo-Trompete in C (auch kleine Trompete in Hoch-B) Entstehungszeit: 2006 Håkan Hardenberger gewidmet. Uraufführung: Am 2. August 2006 im Großen Festspielhaus Salzburg durch die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Pierre Boulez und mit Håkan Hardenberger (Trompete).

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Uraufführung der 3. Fassung: Am 24. November 1919 in Helsinki durch das Städtische Orchester Helsinki unter der Leitung von Jean Sibelius.


ESSAY

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ESSAY

Musikalische Evokationen: Symphonische Dichtung, Lieder-Zyklus, Solo-Konzert und Symphonie

Hexen Die Nacht auf dem kahlen Berge, eine Art musika­ lische Walpurgisnacht, ist Modest Mussorgskis einziges originales Orchesterwerk. Dennoch hören wir dieses Stück zumeist in einer Fassung, die nur zum Teil Mussorgskis Autorschaft besitzt. Zu seinen Lebzeiten blieb die Komposition unaufgeführt, denn der 28-jährige Komponist war nicht bereit, der Kritik seines Mentors Mili Balakirew zu folgen und das Stück in dessen Sinn umzuarbeiten. Die Partitur blieb, wie sie war, und ist samt Balakirews verächtlichen Randbemerkungen erhalten. Zuweilen wird die Urfassung im Konzert unter dem Originaltitel  Johannisnacht auf dem kahlen Berg e gespielt und wirkt für heutige Ohren als erstaunliches Zeugnis eines anti-akademischen eigenwilligen Musikdenkens. Mussorgski selbst nahm sich das abgelehnte Stück allerdings noch zwei Mal erneut vor, um es in anderen Kontexten wieder zu verwenden. Zunächst als Ballett mit Chor in der als Gemeinschaftswerk mehrerer Petersburger Komponisten projektierten Oper  M lada  und dann als Traumszene in seiner eigenen Oper  D er Jahrmarkt von Sorotschinsk. Hier erhielt das Stück auch den 9

neuen Schlussteil, der den Hexensabbat durch den anbrechenden Morgen beendet. Beide Opern blieben indes unvollendet, und als Nikolai RimskiKorsakow nach Mussorgskis Tod die Rolle eines musikalischen Nachlassverwalters übernahm, griff er neben der Urfassung auch auf die späteren Fassungen zurück, um daraus wiederum ein reines Orchesterwerk zu formen. Dabei war er keineswegs nur als Neu-Instrumentator tätig, sondern er versuchte, auf durchaus skrupulöse Weise, auch der Syntax und der Form des Werkes größere Fasslichkeit zu verleihen. Er sah das Überlieferte als Zustand eines Materials, das er in einen neuen Zustand überführte. Rimski-Korsakow hat aus der Tiefe seiner Eingriffe kein Geheimnis gemacht. In seiner Autobiografie schrieb er, wie er „beschloss, aus Mussorgskis Material ein Instrumentalstück zu schreiben und dabei alles, was gut schien und von ihm stammte, zu bewahren und so wenig als möglich von mir aus hinzuzufügen. Ich musste eine Form schaffen, bei der so gut als möglich Mussorgskis Ideen ausgeführt wurden. Die Aufgabe war schwer, und zwei Jahre lang fand ich keine befriedigende Lösung.“


ESSAY

Mussorgski bezeichnete seine Komposition als musikalisches „Bild“. Er lässt gleich zu Beginn die Erde beben und den Wind heulen, unter­irdische Geister und Hexen machen sich auf zum nächt­ lichen Fest und der Satan tritt in einem finsteren, breiten Bassthema auf, dessen choral­artige Melodik sich an die Motivik des  D ies Irae  anlehnt und durch ein akzentuiertes Tritonus­intervall dämonisch geschärft ist. Hauptsächlich zwei Tanzmotive, ein martialisch auftrumpfendes und ein eher biegsames, beherrschen das Bacchanal. Die Form, zu der Rimski-Korsakow das Stück schliff, lehnt sich mit einigen Freiheiten an die eines Sonatenhauptsatzes an. Eine auffällige Fanfare von Trompeten und Hörnern, die in Mussorgski Urfassung völlig fehlt, markiert bei ihrem ersten Erscheinen den Beginn der Durch­ führung und kündigt beim dritten Mal die Reprise an. Als Coda folgt der schon erwähnte Tages­ anbruch, dessen sechs Glockenschläge einen totalen Stimmungswechsel einleiten. Der Klang hellt sich auf, d-Moll verwandelt sich in D-Dur. Doch zunächst noch schleichen melodische Ge­stalten wie erschlaffte Orgienteilnehmer*innen durch die graue Dämmerung, bevor Harfenklänge, Klarinette und Flöte die Erscheinung des Tages verklären, der den nächtlichen Spuk vergessen lassen soll.

Engel In der  Nacht auf dem kahlen Berge  repräsentieren die Trompeten mit ihren Fanfaren-Klängen die Sphäre der Ordnung, der Macht. Olga Neuwirth dagegen stellt in ihrem Trompetenkonzert … m iramondo multiplo … das Instrument in einen ganz anderen Raum der Bedeutung. Einen Hinweis darauf kann man schon im Titel des 1. Satzes sehen: aria dell’angelo / Arie des Engels. Die Trompete erscheint hier viel eher in ihrer anderen symbolischen Funktion als Übermittlerin von Botschaften zwischen unterschiedlichen Sphären: in christlicher Vorprägung zwischen Erde und Himmel, in einem weiteren Sinn zwischen Diesseits und Jenseits, Gegenwart und Vergangenheit, Wirklichkeit und Traum, Ich und dem Anderen. Neuwirths Komposition berührt in ihrem Erfindungsreichtum zwar den gesamten Ausdrucks­ bereich des Instruments, mit dem die Komponistin aus ihrer Jugendzeit vertraut ist, aber typisch 10

affirmatives Trompetengeschmetter findet sich allenfalls ironisch aufgeladen im letzten Satz oder in den zitatartigen Anspielungen auf Mahler‘sche Katastrophensignale im 2. Satz. Der Grundton des Soloinstruments ist melancholisch, versunken, nach innen gerichtet und gleichzeitig voller Präsenz. Die innere Erfülltheit noch der am abgeklärtesten scheinenden Gesten erinnert an das Trompetenspiel von Miles Davis, auf das sich Neuwirths Entwurf der Solostimme ebenfalls bezieht. Das Orchester entwickelt im Sog dieses Trompeten-Gesangs ein vielschichtiges Gewebe von Resonanzen, tritt aber auch intervenierend und kommentierend auf, vor allem in den beiden Außensätzen, die in hintersinniger Weise auf traditionelle Modelle des Konzertierens zurückgreifen. Dass der erste und letzte Satz eine Art Rahmen für die Mittelsätze bilden, ergibt sich durch die verstärkte Akzentuierung des Konzertierens. Die Rahmenbildung wird auch motivisch-gestisch unterstrichen: Der Schluss des Stückes kehrt zu dessen Anfang zurück, einer evokativen Geste, bei der sich die Solotrompete aus dem Klangschatten ihres Orchestergegenparts herauslöst – zu Beginn verkörpert von einer der Orchestertrompeten, am Ende von beiden. Und schließlich rahmt auch der Instrumentenwechsel des Solisten die Mittelsätze. Während er diese auf der C-Trompete spielt, benutzt er im 1. und 5. Satz die kleine B-Trompete. Die Rahmenstruktur der Außensätze setzt sich, vermittelt durch andere Parameter, nach innen hin fort. So bilden der 2. und 4. Satz als langsame Sätze einen Rahmen um den schnellen Mittelsatz. Und in beiden Sätzen herrscht eine Stimmung von Erinnerung, in der Sentimentalität und Ironie Hand in Hand gehen. Beide Sätze verarbeiten deutlich erkennbar größere Zitate. Im zweiten Satz umkreist die Solotrompete die melo­dischen Floskeln des Broadway-Hits  S end in the Clowns  von Stephen Sondheim. Der vierte Satz baut sich variierend auf der Matrix einer berühmten Händel-Arie auf:  Lascia la spina. Interessant ist, dass Olga Neuwirth anscheinend eine Hierarchie des Zitierens in ihrer Komposition entwirft. Beide Zitate sind alles andere als versteckt, aber während die Händel-Arie dort, wo sie zum ersten Mal verfremdet im Orchester erklingt, mit unter­ legtem Text ausdrücklich in der Partitur bezeich­net ist, fehlt bei Sondheims Lied jeder explizite


ESSAY

Hinweis. Das ist vielleicht gerade ein Zeichen besonders vertrauten Umgangs mit dieser Musik, einer Nähe, die auch biografisch eine Rolle spielt, so im Zusammenhang mit Neuwirths Jugendplänen, Jazztrompeterin zu werden, die sie wegen eines Unfalls aufgeben musste. Die erwähnte Hierarchie der Zitate setzt sich aber noch weiter fort, denn außer zitathaften Anspielungen, wie zum Beispiel auf Mahler im 2. Satz und Strawinskys  S acre  im 3. Satz, gibt es noch ein weiteres echtes Händel-Zitat im 1. Satz. Es wäre kaum erkennbar, wenn die Trompetenstimme nicht an dieser Stelle mit den entsprechenden Textworten unterlegt wäre. Sie lauten: „Un pensiero nemico di pace“ (Ein dem Frieden feindlicher Gedanke). Das Zitat stammt aus demselben Oratorium des jungen Händel, in der auch die zitierte Arie erscheint:  D er Triumph der Zeit und der Enttäuschung, eine philosophische Debatte zwischen vier allegorischen Figuren, in der „Zeit“ und „Enttäuschung“ den Sieg über „Schönheit“ und „Lebensfreude“ davontragen. Von hier aus lässt sich ein gedanklicher Hintergrund zu Neuwirths Konzert erschließen, in dem die Auseinandersetzung mit Zeit und Zeiterfahrung eine entscheidende Rolle spielt, in dem Modus der Erinnerung des 2. und 4. Satzes, aber auch in der „Kaltblütigkeit“, die der Titel des 3. Satzes fordert, der sich immer wieder in vertrackten Zeitschleifen festhakt. Und das letzte Wort erhält bei Neuwirth, anders als bei Händel, wenn auch mit ironischem Fragezeichen, die Lebensfreude (oder das Vergnügen), die als aria del piacere  das Stück beschließt.

Katzen The only one  ist die neueste Komposition von Louis Andriessen, sie wurde im Mai 2019 in Los Angeles uraufgeführt. In gewisser Weise kann man diesen Liederzyklus des 80-jährigen, wie auch andere Stücke der letzten Jahre, als Versöhnung mit einer klassisch-romantischen Tradition betrachten, von der sich Andriessen seit etwa 1970 konsequent distanziert hatte. Dazu gehörte neben dem Verzicht auf den symphonischen Orchesterapparat auch die Absage an ein bestimmtes, als prätentiös empfundenes Gesangsideal. Dem „Geschrei der Sänger in der romantischen Oper“, wie er es einmal nannte, setzte er die Arbeit mit Jazz-Sänger*innen ent11

gegen, mit mikrofonverstärkten Stimmen, die ohne Vibrato und ohne jene gongartige Attacke auskommen, die auf maximale Resonanzentwicklung zielt. Aber auch wenn Andriessen nun in  The only one  durch den Rückgriff auf die Form des LiederZyklus‘ der Tradition die Hand auszustrecken scheint, bleibt er doch seinen eigenen Anschauungen treu. Das Orchester, in der Partitur als „Großes Ensemble“ bezeichnet, wird durch Bläser (inklusive Saxofone) und Schlaginstrumente dominiert, die Streicher­besetzung ist reduziert, dazu kommen E-Gitarre, Bassgitarre und Klavier. Und für die Solostimme, deren Lage einem Mezzosopran entspricht, verlangt Andriessen ausdrücklich eine Jazz-Sängerin.Das Jazz-Idiom ist allerdings mehr als ein aufführungspraktischer Hinweis, denn der Song-Stil ist dem Solopart auch von der Substanz her eingeschrieben. Die Melodiebildung bewegt sich durchgehend im Rahmen der Tonalität und vermeidet extreme Intervallsprünge, die lapidaren Phrasen sind eher kurz und folgen in syllabischer Ver­tonung durchgehend dem Text, flexibel und abwechslungsreich aber sind die rhythmischen Dauern. Höhepunkte lassen die Singstimme oft unbegleitet erklingen und auch die Formen wirken teilweise betont schlicht, wie etwa die strophisch angelegte Ballade des dritten Liedes,  B roken Morning. Andriessens Zyklus fasst mit einem Vorspiel und zwei Zwischenspielen fünf Lieder zusammen, deren Texte von der 1978 geborenen flämischen Lyrikerin Delphine Lecompte stammen. Lecompte selbst hat die fünf Gedichte aus dem Flämischen ins Englische übersetzt und Andriessen hat sie in der englischen Fassung vertont. Entnommen sind die Gedichte dem Band   De dieren in mij  (Die Tiere in mir), und Tiere bevölkern überall die surreale, latent bedrohliche Bilderwelt, die in diesen songartigen Gedichten das Alltägliche ins Wanken bringt. Vogelgesang eröffnet einen unerbittlich in Enttäuschung führenden Tag, lethargische Hühner spazieren durch eine Landschaft, in der der Blick auf die Vergangenheit die Gegenwart erstickt, das Bild eines Reihers begleitet die Erinnerung an un­ angenehme erotische Verstrickungen und das Erwachsenwerden als unausweichlichen Selbstverrat. Und wo die Vögel wohnen, da ist auch die Katze nicht weit, die in dem ersten Gedicht erscheint, dessen Text obsessiv um ein Bild kreist und mit den Worten beginnt, die Andriessens


ESSAY

Zyklus seinen Namen gaben: „Bin ich die Einzige /  die die Katze kratzen hört / an meiner Matratze /  wenn ich nicht im Bett bin / wenn ich nicht zu Hause bin / sondern durch die Stadt wandere /  ohne Absicht / außer wenn der Kauf einer CD ein Ziel ist … .“ Andriessen lässt nicht nur den Vogelgesang, sondern auch das Kratzen der Katze in seiner Vertonung lebendig werden. Aber dies geschieht auf eine Weise, die das Lautmalerische kommentarartig ins Abstrakt-Konstruktive überführt, etwa wenn die minimalistisch repetierten Sechzehntel-Bewegungen des Vorspiels den deklamatorischen Rhythmus bei „scratching at my mattress“ vorwegnehmen, der dann im überdrehten Schluss dieses Liedes nur noch als Geräusch der Rassel die Stimme begleitet.

Schwäne Die sieben Symphonien, die Jean Sibelius voll­ endete, entstanden zwischen 1898 und 1924. Die Konzeption der letzten drei Symphonien begann parallel zueinander in den Jahren 1914 / 15, ihre langwierige Ausarbeitung fällt mit der Zeit des Ersten Weltkriegs und des anschließenden Epochenwandels zusammen, war aber auch das Resultat zunehmender Selbstzweifel, die in Sibelius‘ Tagebuch dokumentiert sind, und einer grundsätzlichen Infragestellung der Gattung Symphonie und des Sinns ihrer Form. In seiner 7. Symphonie (vollendet 1924) ist Sibelius bei der Einsätzigkeit angelangt, die noch einmal durch die große Symphonische Phantasie  Tapiola  bestätigt wird, mit der er sein Schaffen für Orchester abschließt. Interessant ist, dass sich der Prozess der Motiv-Findung und das Entstehen einer Art WerkPhantasie, die das Ganze umfasst, bei Sibelius, soweit es sich uns erschließt, nicht grundsätzlich trennen lässt. So berichtet er bereits im September 1914 in einem Brief an seinen Freund und Förderer Axel Carpelan von einer Art visionären Schau des noch kaum begonnenen Werkes: „Gott öffnet seine Tür für einen Augenblick, und sein Orchester spielt Sinf. V.“ Aber erst im April des darauffolgenden Jahres notiert er im Tagebuch das eindrucksvollste Thema dieser Symphonie, auf dessen Erscheinung das ganze Stück zielt und das im Schlusssatz zunächst als hymnisch weit ausschwingender Wechselgesang der Hörner seine 12

Bahn zieht. Sibelius Tagebuchkommentar zu dem in der Natur notierten Thema bereichert auch das Hören: „Sah heute zehn vor elf 16 Schwäne. Einer der stärksten Eindrücke in meinem Leben! Herr Gott, diese Schönheit! Sie kreisten lange über mir. Verschwanden im Sonnendunst wie ein Silberband, das ab und an noch blinkte. Der Laut ist vom selben Holzbläsertypus wie bei Kranichen, aber ohne Tremolo. Schwäne nähern sich eher Trom­ peten, obwohl der Sarrusofonklang deutlich ist. Ein langer Kehrreim erinnert an das Weinen kleiner Kinder. Naturmystik und Lebensweh!“ Die 5. Symphonie wurde in einer ersten Fassung im Dezember 1915 uraufgeführt, von Sibelius aber gleich darauf wieder zurückgezogen. Der Komponist brauchte vier weitere Jahre, um Sicherheit über die Form des Gesamtwerks zu finden, das in der 2. Fassung 1916 zum ersten Mal gespielt wurde und in der definitiven Gestalt im November 1919 seine Uraufführung erlebte. Dieser langwierige Umarbeitungsprozess, gleichsam unter den Augen der Öffentlichkeit, ist einmalig in Sibelius Schaffen. Die drei Fassungen unter­ scheiden sich in vielen Details, aber alle Einzel­ korrekturen folgen der Herausarbeitung der eigenwilligen Gesamtform. Der große Schritt von der ersten zur zweiten Fassung war die Zusammen­ziehung der ersten zwei Sätze, sodass aus der viersätzigen eine dreisätzige Symphonie wurde. Deren erster Satz besitzt einerseits, durch die Vorstellung der Motivbausteine zur ganzen Symphonie und seine eher offenen Struktur, den Charakter einer Einleitung. Andererseits erhält er aber auch durch die Zusammenziehung mit dem Scherzo und einer große Steigerung auch schon etwas Abgeschlossenes. Noch Anfang 1919 war sich Sibelius unsicher, ob der erste Satz nicht als Symphonische Fantasie für sich stehen sollte. Der dichte motivische Zusammenhang zwischen allen Sätzen existierte schon, aber deren energetische Entwicklung im ganzen Werk schien Sibelius noch nicht überzeugend. Schließlich gelang ihm aber eine dramatur­ gische Ausbalancierung, die die Sätze aneinander bindet und das Finale gerade durch Kürzungen als Schwerpunkt des gesamten Verlaufs erlebbar macht. Entscheidend dafür ist nicht zuletzt die ungewöhnliche Behandlung des Tempos. Der erste Satz wird in seinem ganzen zweiten Teil kontinuierlich beschleunigt, was von Sir Simon Rattle mit


ESSAY

den weitgespannten Beschleunigungsprozessen in der Gamelan-Musik verglichen wurde und hier wohl die größte Herausforderung für die Ausführenden ist. Dagegen bildet der letzte Satz die Vorstellung des Verlangsamens ab, bis hin zum erzwungenen Stehenbleiben in den sechs Abschlussakkorden im dreifachen Forte, die durch lange Pausen voneinander getrennt sind. Der mittlere Satz wiederum vermittelt ein Zeitgefühl des In-Sich-Kreisens, sowohl durch die frei gehandhabte Variationsform als auch durch die Anlage des Themas, das in gleichmäßigen Vierteln aus einer eher beiläufigen Floskel herauswächst und wieder zurücksinkt, sodass Anfang und Ende ineinander übergehen. Damit nimmt der Satz jene Zeitvorstellung vorweg, die im Schwanenthema des 3. Satzes hymnisch überhöht wird, denn auch hier sind die Phrasen der zwei Hörnerpaare so miteinander verzahnt, dass sich Ende und Anfang stets überlagern und sich so eine Dimension der Zeit öffnet, die unsere gewohnte Wahrnehmung übersteigt. Martin Wilkening

Martin Wilkening, Berlin, geboren 1959 in Hannover, studierte Musik und Literaturwissenschaft in Berlin. Er schreibt als freier Autor Musikkritiken und Konzert­ einführungen und arbeitet für das Goethe-Institut.

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GEDICHTE

Louis Andriessen

The only one

für Jazzsängerin und großes Orchester Fünf kurze Gedichte aus  D e dieren in mij  (The animals in me)  von Delphine Lecompte Übertragung aus dem Niederländischen ins Englische von Delphine Lecompte mit Ergänzungen von Monica Germino. Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Autorin.

The only one

The early bird

Am I the only one that hears the cat scratching at my mattress when I’m not in bed when I am not at home but wander around the city aimless unless buying a cd is a goal and my mother is sick with self-pity and my father is not at home you are too old to be an orphan too old to keep the promise I dig up my talents they are yellowed and rendered obsolete.

A bird shrieks that the morning has arrived he is lonely and chilled wants to keep the night around. But the morning is implacable like an unused freight train times hundred thousand the morning keeps company with strangers cycling cheerfully cycling to a future a future that is bright and voluptuous and also merciful, healthy and hospitable. I get dressed and arm myself against undisguised mockery and abrasive evaluations I cycle to my work ‘TOO SLOW, TOO SLOW, TOO SLOW,’ cries the wind grains of sand and used condoms are spat in my face.

But yet again the cat when I am not in bed when I am not at home.

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GEDICHTE

Broken morning I dwelled too long inside my head I met a few ghosts They reminded me of you, then they all became my mother You pulled at my scarf We were outside at last Out of my head, out of my house. The village looked deserted The evening was aching to fall The night birds took over from the day birds You stroked my breasts and complained About your son who is on the verge of betraying you. We entered a tavern Crooked noses and cleft pallets welcomed us Welcome! Welcome! Welcome! ‘There’s nothing I regret’ This I heard a woman whispering Inside my head, my house.

Twist and shame (…) ‘shame is a wasted emotion’ I mumbled ten times, but it did not work. Suddenly I was in a coastal town The train ride with its flashes of washing lines And lethargic chickens Passed me by completely Like funerary coffee. We are sitting on your rug Seven generations sat here before us They devoted themselves to their trade and their lust They allowed in fake illnesses and regrets so there ends the rug.

Grown up On the nudist beach I saw: A man with a heron who winked and wagged at me, and then he snared me I also saw breasts Underfed but harshly bitten. It was hard to stay a child Between that much corruption So I lost my baby fat And developed strange bumps Bulging with glands waiting for cancer, Children, and outrageous waltzes with masked men. Now I have become the heron That terrifies the children The breasts without proper fluid The grown up that betrayed my inner child. 15


BIOGRAFIEN – KOMPONIST*INNEN

E

Modest Mussorgski

in angemessenes Bild von Modest Mussorgski (1839 – 1881) zu gewinnen, ist ungewöhnlich schwierig. Die künstlerische Kraft, Originalität und Unabhängigkeit, die seine Werke zeigen, stehen im Widerspruch zu der Bereitwilligkeit, mit der er sich den Meinungen und ästhetischen Dogmen anderer anpasste. Seine Kompositionen selbst haben ihren Siegeszug durch die Konzertsäle und Opernhäuser in der Regel nicht in der Gestalt angetreten, die Mussorgski ihnen gegeben hat, sondern in Bearbeitungen, die tief in ihre Substanz eingreifen. Zu allem Überfluss wurde Mussorgskis Schaffen in den Debatten um den Sozialistischen Realismus, zu dessen direktem Wegbereiter der Komponist erklärt wurde, hemmungslos instrumentalisiert. Eine geradezu tragische Dimension hat die Gestalt Mussorgskis darin, dass er dem Alkoholismus verfiel und an ihm zu Grunde ging. Modest Mussorgski wurde am 21. März 1839 als Kind einer Gutsbesitzerfamilie im Nordwesten Russlands geboren. Er verbrachte eine sorgenfreie Jugend. Von seiner Mutter erhielt Mussorgski Klavierunterricht, wobei er große Begabung zeigte. Der Gedanke an eine Karriere als Musiker kam aber nicht auf. Stattdessen wurde eine standes­ gemäße Laufbahn in der Armee angestrebt und Mussorgski durchlief so mehrere militärische Vorbereitungsschulen in St. Petersburg. Neben der Schule konnte er sich aber weiterhin dem Klavierspiel widmen und erhielt ausgezeichneten Unterricht. Höchst folgenreich für Mussorgski war im Winter 1856/57 die Begegnung mit Mili Balakirew, der dank privater Unterstützung als Musiker leben konnte. Mussorgski begann, bei dem drei Jahre älteren Balakirew Kompositionsunterricht zu nehmen und wurde von ihm stark beeinflusst. Bald gehörte er zu dem sich um Balakirew formierenden 16

Kreis von gleich gesinnten Komponisten, die das Ziel hatten, eine spezifisch national gefärbte, russische Musik zu schaffen. Im Sommer 1858 entschloss sich Mussorgski, den militärischen Dienst zu quittieren, um sich der Musik zu widmen. Mit der Aufhebung der Leibeigenschaft im Februar 1861 änderten sich Mussorgskis Lebensverhältnisse von Grund auf. Seine Einkünfte aus dem Gutsbesitz fielen weg. Nunmehr mittellos zog er 1863 in St. Petersburg in eine Wohngemeinschaft und nahm im Dezember desselben Jahres eine untergeordnete Beamtenstellung an. Mit kleineren Veränderungen blieb Mussorgski bis zum 1. Januar 1880 im Staatsdienst. Seine Zeit musste er mit dem stupiden Abschreiben von Akten verbringen. Es ist naheliegend, dass der Widerspruch zwischen der stumpfsinnigen Tätigkeit, zu der sich Mussorgski gezwungen sah, und seinem Schaffensdrang seinen Hang zum Alkoholismus fatal verstärkte. Die Alkoholkrankheit zeigte sich schon im Herbst 1865 äußerst bedenklich, als Mussorgski einen akuten Anfall von Delirium tremens erlitt. Dessen ungeachtet gelang ihm 1867 mit dem Orchesterstück  D ie Nacht auf dem kahlen Berge  das erste völlig eigenständige Werk. Mussorgskis persönliche Handschrift zeigt sich in Elementen, die im traditionellen Komponieren keinen Platz haben, wie ungewöhnliche Akkordverbindungen oder eine eigenwillige Instrumentation. Wegen solcher scheinbaren Fehler oder Ungeschicklichkeiten wurde Mussorgski im Freundeskreis und darüber hinaus als Stümper oder Dilettant belächelt. Dabei sind es gerade diese besonderen Charakteristika, die seiner Musik ihre spezifische Eindringlichkeit und Kraft verleihen und mit denen er auf spätere Komponisten wie Debussy und Ravel gewirkt hat. Mussorgskis Hauptwerk ist die Oper  B oris Godunow, die in erster Fassung in den Jahren 1868/69 entstand und 1872 noch einmal wesentlich erweitert und bearbeitet wurde. Von der Uraufführung 1874 an wurde  B oris Godunow  mehrere Jahre lang regelmäßig am Mariinski Theater gespielt, dann aber aus dem Spielplan gedrängt, auch weil


BIOGRAFIEN – KOMPONIST*INNEN

die Oper als politisch bedenklich eingestuft wurde. Nach  B oris Godunow  beschäftigte sich ­Mussorgski parallel mit zwei weiteren, unvoll­endet gebliebenen Opernprojekten, schuf zwei Lieder­ zyklen und komponierte die  B ilder einer Ausstellung, die sowohl in der Originalfassung für Klavier wie auch in der brillanten Instrumentation von Maurice Ravel immens populär geworden sind. Im Februar 1881 wurde Mussorgski vom Alkohol völlig zerrüttet in ein Militärhospital eingeliefert, wo er am 28. März starb. Bereits im Hospital entstand sein berühmtes Portrait aus der Hand des Malers Ilja Repin.

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N

Louis Andriessen

ur all zu leicht ordnet man den nieder­ ländischen Komponisten Louis Andriessen (* 1939) in die Strömung der Minimal Music ein. Von vielen, vor allem amerikanischen Kolleg*innen dieser Stilrichtung unterscheidet er sich aber durch eine weniger gefällige, wider­ borstigere, dabei unmittelbar zugängliche Tonsprache. Andriessens Musik zielt nicht auf die Üppigkeit des spätromantischen Orchesters, sondern ist vielmehr von dem gehär­teten Klang der Musik Strawinskys beeinflusst und hat zudem auch deutliche Impulse vom Jazz erhalten. Der Komponist hat eine Reihe großer Orchesterwerke geschaffen, in denen er zum Beispiel auch E-Gitarren und Drum Sets einsetzt, wie auch in dem im Oktober 2018 als Auftragswerk des New York Philharmonic uraufgeführten Stück  Agamemnon. Er bevorzugt aber kleinere Kammermusikbesetzungen, wobei insgesamt Werke für Singstimme einen breiten Raum einnehmen. Louis Andriessen wurde 1939 in eine musika­ lische Familie hineingeboren. Sowohl sein Vater Hendrik ( 1892 – 1981 ) als auch sein jüngerer Bruder Juriaan ( 1925 – 1996 ) sind profilierte Komponisten. Andriessen studierte unter anderem bei seinem Vater, dann bei Kees van Baaren am Konser­ vatorium von Den Haag und bei Luciano Berio. Nach kompositorischen Anfängen im Zeichen des politischen Protests und der Polemik gegen die Routine des Konzertbetriebs gelang ihm 1976 mit  D e Staat  für Frauenstimmen und ein großes Bläserensemble der internationale Durchbruch als eine der gewichtigen Stimmen der zeitgenössischen Musik. In dem mehrfach ausgezeichneten und in aller Welt nachgespielten Werk setzt sich Andriessen musikalisch mit einem Grundlagentext der abendländischen Philosophie und Staatslehre auseinander, Platons Politeia.


BIOGRAFIEN – KOMPONIST*INNEN

In seinem umfangreichen, vielfältigen Œuvre, das auch sechs musikdramatische Werke umfasst, hat sich Louis Andriessen von ganz verschiedenartigen Quellen von der Antike bis zu den abstrakten Gemälden Piet Mondriaans anregen lassen und dabei immer wieder philosophisch geprägte Begriffe thematisiert. So geht es in dem Bühnenwerk  D e Materie (1985 – 1988), dessen vier Teile auch separat aufführbar sind, um das Verhältnis zwischen Geist und Materie und in dem Werk­ zyklus  T rilog y of the Last Day  um Sterblichkeit und Tod. Louis Andriessen hat in mehreren Projekten mit Künstler*innen und Regisseur*innen wie Robert Wilson und Hal Hartley zusammen­ge­arbeitet. Besonders produktiv war in den 1990er Jahren die künstlerische Partnerschaft mit dem Regisseur Peter Greenaway, der unter anderem das Libretto zu Andriessens Oper Writing to Vermeer  (1997 – 1998) verfasste.

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O

Olga Neuwirth

lga Neuwirth wurde 1968 in Graz (Österreich) geboren. Ab dem siebten Lebensjahr hatte sie Trompetenunterricht. 1986 studierte sie am San Francisco Conservatory of Music und am San Francisco Art College Malerei und Film. In Wien führte sie ihre Studien an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst sowie am Elektroakustischen Institut weiter. Wesentliche Anregungen erhielt sie durch die Begegnungen mit Adriana Hölszky, Tristan Murail und Luigi Nono. 1991 wurde Olga Neuwirth mit ihren beiden Mini-Opern nach Texten von Elfriede Jelinek mit nur 22 Jahren das erste Mal inter­ national bekannt. 1998 wurde sie im Rahmen der Reihe Next Gene­ration bei den Salzburger Festspielen in zwei Porträtkonzerten vorgestellt. Im darauffolgenden Jahr kam ihr erstes abendfüllendes Musik­ theater  B ählamms Fest  – mit einem Libretto der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek nach Leonora Carrington, in einem Bühnenbild der Brothers Quay – bei den Wiener Festwochen zur Urauf­ führung. Ihr für Pierre Boulez und das London Sym­ phony Orchestra geschriebenes Werk  C linamen /  Nodus  war nach der Londoner Uraufführung im Jahr 2000 in einer weltweiten Tournee zu hören. 2002 war sie composer-in-residence bei den Luzerner Fest­wochen, wo sie auch das Remixen ihrer Musik durch DJ Spooky auf das Programm setzte. Neuwirth lässt sich oft von anglo-amerikanischen Kulturen inspirieren, so in ihrem 2003 uraufgeführten Musiktheater  Lost Highway  nach David Lynchs gleichnamigem Film. Dieser Neu­ produktion der English National Opera im Young Vic wurde 2009 der South Bank Show Award verliehen. Seit ihrer Teenagerzeit inter­essiert sich


BIOGRAFIEN – KOMPONIST*INNEN

Olga Neuwirth für Wissenschaft, Architektur, Literatur, Film und Bildende Kunst. Daher lässt sie in vielen ihrer Stücke seit den frühen 1990er Jahren Ensemble, Elektronik und Videoeinspielungen zu einem genreübergreifenden visuellen und akus­tischen Sinnerlebnis ver­schmelzen. Dafür gilt sie in der sogenannten Neuen-Musik-Szene als Pionierin. Aus diesem vielfältigen Interesse heraus entstanden auch verschiedene Klanginstallationen, Ausstellungen, Theater- und Filmmusiken, die mit der Einladung zur documenta 12 in Kassel ihren Höhepunkt fanden. Sie hat auch immer wieder mit der Experimental-Jazz- sowie der Improvisationsszene kollaboriert, so unter anderem mit Robyn Schulkowsky, David Moss und Burkhard Stangl. 2006 und 2009 entstanden zwei Solokonzerte: ein Trompeten­konzert für Håkan Hardenberger und ein Viola­konzert für Antoine Tamestit. Olga Neuwirth erhielt verschiedene nationale und internationale Preise, unter anderem im Jahr 2010 den Großen Österreichischen Staatspreis. Olga Neuwirth lebte in San Francisco, New York, Prag, Paris, Venedig, Triest, Wien und Berlin. Sie ist seit 2006 Mitglied der Berliner Akademie der Künste und seit 2013 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München. Einige ihrer Werke sind bei den Labels Kairos und col legno erhältlich. 2012 gab es die Premieren von gleich zwei neuen Musiktheaterwerken:  The Outcast  nach Leben und Werk von Herman Melville und  American Lulu, eine Neuinterpretation von Alban Bergs Lulu. Letztere war 2013 in einer Neuproduktion in Bregenz, Edinburgh und London zu hören.   Masaot / Clocks without Hands, geschrieben für die Wiener Philharmoniker, wurde im Mai 2015 in Köln unter Daniel Harding uraufgeführt. Nach Aufführungen in Wien und Luxemburg dirigierte es Valery Gergiev in der Carnegie Hall. Le Encantadas o le avventure nel mare delle meraviglie  für sechs Ensemblegruppen und (Live-) Elektronik ist ein gemeinsamer Auftrag von Ensemble intercontemporain, Cité de la musique, Festival d‘Automne à Paris, Donaueschinger Musiktage, IRCAM, Lucerne Festival und dem Wiener Konzerthaus und fand auch beim Holland Festival große Beachtung. 2017 wurde das Werk bei den Festivals Musica in Straßburg und bei Wien Modern aufgeführt. Das Schlagzeugkonzert   Trurliade – Zone Zero  ist ein Auftrag der Roche 19

Commissions und wurde beim Lucerne Festival unter der Leitung von Susanna Mälkki mit Victor Hanna uraufgeführt, wo Olga Neuwirth 2016 als composer-in-residence im Zentrum stand. Weitere Aufführungen erfolgten beim  Musikfest Berlin  und bei Wien Modern. Im Februar 2018 wurde das neue Flötenkonzert  Aello – ballet mécanomorphe  vom Swedish Chamber Orchestra und Claire Chase (Flöte) uraufgeführt. Am 4. August 2018 feierte Olga Neuwirth ihren 50. Geburtstag. Die internationale Musikwelt würdigte die Komponistin zu diesem Anlass mit zahlreichen Konzerthighlights. Dazu zählen die Uraufführung der revidierten Fassung des Musicstallation-Theaters mit Video  The Outcast  sowie die Uraufführung von Neuwirths Live-Vertonung des frisch restaurierten Stummfilms  D ie Stadt ohne Juden  bei Wien Modern, die Deutschland­ premieren beider Werke in der Elbphilharmonie in Hamburg und die UK-Erstaufführung von   Aello – ballet mécanomorphe  bei den BBC Proms, gefolgt von fünf weiteren Interpretationen des Werks in fünf verschiedenen Ländern. In Arbeit ist ihre neue Oper  O rlando, die Ende 2019 an der Wiener Staatsoper Premiere feiert.


BIOGRAFIEN – KOMPONIST*INNEN

D

Jean Sibelius

as Schaffen von Jean Sibelius (1865 – 1957), dem finnischen Nationalkomponisten schlechthin, ist eng mit dem Erwachen der finnischen Nationalbewegung im 19. Jahrhundert verknüpft. Häufig ließ sich Sibelius von den Legenden, Märchen und Sagen der finnischen Überlieferung zu musikalischen Werken anregen, ohne dass der Einfluss der Volkskultur dabei bis in die Faktur der Stücke selbst hineinreichen würde. Nur ganz vereinzelt finden sich in seinen Stücken heimatliche Volksmelodien wieder und generell lassen sich keine wesentlichen Elemente seiner Kompositionen auf Eigenheiten finnischer Volksmusik zurückführen. Den Kern seines Schaffens bilden die Orchesterwerke, darunter elf Symphonische Dichtungen und sieben Sym­ phonien. Als Komponist arbeitet Sibelius mit im Wesentlichen unverändert bleibenden thema­ tischen Gestalten, gleichsam fest geprägten Bausteinen, aus denen er ganz neuartige, oft großzügig dimensionierte Klangflächen errichtet, die sich zu individuellen, unschematischen Formen zusammenfügen. Trotz dieser Originalität hielt Sibelius, während die Musik um ihn herum immer stärker von revolutionären Umbrüchen gekennzeichnet war, an den musikalischen Mitteln des 19. Jahrhunderts fest, um mit ihnen Neues zu schaffen. Sibelius wuchs in einer Familie auf, in der mit Begeisterung Musik gemacht wurde, der der Gedanke einer professionellen Musikausübung jedoch fernlag. Nach autodidaktischen Anfängen erhielt er erst mit etwa 15 Jahren seriösen Violinunterricht, entwickelte sich rasch und studierte Violine und Komposition in Helsinki, Berlin und Wien bei renommierten Lehrern. Sibelius war sich über seine schöpferische Begabung lange Zeit 20

unklar und schwankte zwischen einer Karriere als Geiger und Komponist. 1891 brachte ein erfolgloses Vorspiel beim Konzertmeister der Wiener Phil­ harmoniker die entscheidende Wendung. Sibelius verabschiedete sich endgültig von dem Gedanken, professioneller Geiger zu werden, und entdeckte gleichzeitig als Komponist das Orchester als Klangkörper für sich. Schon im darauffolgenden Jahr entstand mit der Symphonischen Dichtung   Kullervo  über ein dem finnischen Nationalepos Kalevala entnommenes Sujet ein erstes großes Werk, dessen Uraufführung im April 1892 den jungen Komponisten in seiner Heimat schlagartig bekannt machte. Mit der 2. Symphonie (1901/02) fand er dann auch internationale Anerkennung. Vor allem in Deutschland und in den USA wurden seine Werke häufig aufgeführt und Sibelius erhielt bald aus aller Welt Einladungen zu Dirigaten. Innerhalb seines Schaffens markiert die 3. Symphonie (1904 – 1907) einen gewissen stilistischen Wendepunkt. Seine vorher zum Dekorativen neigenden Werke wurden nun zunehmend asketischer und herber, auch formal eigenständiger. Den Höhepunkt seines Œuvres bildet sein letztes Werk, die Symphonische Dichtung  Tapiola  (1925). Danach verstummte der zeitlebens unter Selbstzweifeln leidende und stilistisch von der Entwicklung der Musik abgeschnittene Sibelius. Obwohl er nun nichts Neues mehr schuf, verhalfen ihm die Tantiemen seiner in aller Welt aufgeführten Werke zu Wohlstand. Jean Sibelius starb 1957, mehr als dreißig  Jahre nach seiner letzten großen Kompo­sition.


BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN

N

Nora Fischer

ora Fischer stellt die Art und Weise, wie Stimme wahrgenommen wird, in Frage. Die Amsterdamer Sängerin ist bekannt für ihren unkonventionellen Zugang zu Konzertauftritten sowie für ihre kreativen Projekte, in denen sie klassisches und zeitgenössisches Repertoire zusammenführt. Dabei bewegt sie sich sowohl im Rahmen traditioneller Konzertprogramme als auch im Bereich von Genregrenzen überschreitenden Arbeiten und Kollaborationen – wie ihrem Debütalbum  Hush, das im April 2018 veröffentlicht wurde, oder in ihrer Zusammenarbeit mit Yo-Yo Mas legendärem Silkroad Ensemble. Mit ihrer Stimme als vielseitigem Instrument hat sie ein Repertoire aufgebaut, das sich von Monteverdi bis zu den zahlreichen Kompositionen erstreckt, die bis heute für sie geschrieben werden. Ihre „Nähe zu experimentellen klassischen Stilen sowie ihr geschärfter Sinn fürs Dramatische“ (New York Times) führten zu zahlreichen Kooperationen mit führenden zeitgenössischen Komponist*innen, darunter Louis Andriessen, Osvaldo Golijov, David Lang und Michel van der Aa. In der Saison 2017/18 wurde Nora Fischer vom Amsterdamer Concertgebouw für die ECHO Rising Stars Tournee durch die bedeutendsten Konzertsäle Europas nominiert und im September 2017 von Universal Music unter Vertrag genommen. 21

Nora Fischers einzigartige Herangehensweise an die Musik hat sie rund um den Globus geführt, von der Philharmonie de Paris und der Walt Disney Concert Hall bis zum Popfestival Lowlands oder bis in einen mysteriösen Wald beim Oerol Festival. Sie war an mehreren Uraufführungen neuer Opern beteiligt, zuletzt arbeitete sie mit De Nationale Opera und Pierre Audi für die Weltpremiere von Andriessens  Theatre of the World  zusammen. Weitere aktuelle Kooperationen beinhalten Auftritte mit dem Kronos Quartet, dem Ensemble Asko | Schönberg und dem hochdekorierten Ensemble l‘Arpeggiata. Auch die Zusammenarbeit mit einer Reihe von Theaterkompanien gehört zu ihrem künstlerischen Selbstverständnis, um die Schnittstelle zwischen neuer Musik und Theater zu erkunden. In den kommenden Spielzeiten realisiert Nora Fischer Projekte am Londoner Barbican Centre, beim  Musikfest Berlin  und beim Lucerne Festival. Außerdem wird sie mit dem Silkroad Ensemble auf USA-Tour gehen, mit dem Los Angeles Philharmonic eine Weltpremiere aufführen und Konzerte mit dem BBC Symphony Orchestra sowie dem Radio Filharmonisch Orkest bestreiten. Aufgewachsen in einer Familie mit einer reichen Musiktradition, absolvierte Fischer eine Ausbildung am Conservatorium van Amsterdam und am Complete Vocal Institute in Kopenhagen. Sie hat darüber hinaus einen Masterstudiengang in New Audiences and Innovative Practice am Koninklijk Conservatorium Den Haag absolviert.


BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN

Håkan Hardenberger

H

åkan Hardenberger ist einer der weltweit anerkanntesten Solisten, bekannt für seine phänomenalen Auftritte und unermüd­ lichen Neuerfindungen. Neben seinen heraus­ ragenden Aufführungen des klassischen Repertoires ist er einer der bekanntesten Botschafter Neuer Musik. Hardenberger gibt Konzerte mit weltweit führenden Orchestern, darunter New York Philharmonic, Wiener Philharmoniker, Sveriges Radios Symfoniorkester, Berliner Philharmoniker und das London Symphony Orchestra. Zu den Dirgent*innen, mit denen Hardenberger zusammenarbeitet, gehören Martyn Brabbins, Péter Eötvös, Alan Gilbert, Daniel Harding, Ingo Metzmacher, Andris Nelsons, Sakari Oramo, Jukka-Pekka Saraste und John Storgårds. Etliche der für Hardenberger geschriebenen Werke gehören inzwischen zum Standardrepertoire für Trompete, von Komponist*innen wie Sir Harrison Birtwistle, Brett Dean, Hans Werner Henze, Steven Mackey, Olga Neuwirth, Arvo Pärt, Toru Takemitsu, Mark-Anthony Trunke, Rolf Wallin und HK Grubers Konzert  Aerial, dessen 70.  Aufführung Hardenberger im April 2015 mit den Berliner Philharmonikern spielte. Im Frühling 2019 feierte Hardenberger gleich zwei Weltpremieren: Robin Holloways Trompetenkonzert mit dem BBC Philharmonic sowie Tobias Boströms Konzert für zwei Trompeten mit Jeroen Berwaerts und dem Malmö SymfoniOrkester, beide unter der Leitung von John Storgårds. 22

Dirigieren ist ebenso ein wichtiger Teil in Hardenbergers künstlerischem Schaffen. Er dirigiert Orchester wie das BBC Philharmonic, The Saint Paul Chamber Orchestra, Svenska Kammar­orkestern, Dresdner Philharmonie, RTÉ National Symphony Orchestra aus Dublin, Orquesta Sinfónica de Euskadi und Malmö SymfoniOrkester. Darüber hinaus war Hardenberger von 2016 – 2018 Künstlerischer Leiter des Festivals Malmö Chamber Music. Geboren in Malmö (Schweden), begann Hardenberger im Alter von acht Jahren mit Trompetenstunden bei Bo Nilsson. Später studierte er an der Pariser Musikhochschule bei Pierre Thibaud sowie in Los Angeles bei Thomas Stevens. Er ist Professor an der Malmö Academy of Music.


BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN

BBC Symphony Orchestra Seit seiner Gründung 1930 bildet das BBC Symphony Orchestra das Herzstück des Musik­ lebens Großbritanniens. Es spielt eine zentrale Rolle bei den BBC Proms und bestreitet während dieses Festivals etwa ein Dutzend Konzerte, inklusive des Eröffnungs- und Abschlusskonzerts. Während der Konzertsaison tritt das Orchester am Barbican Centre in London auf, mit dem es als Orchester eng verbunden ist. In seinem Konzert­ kalender der Saison 2018/19 interpretierte es unter der Leitung seines Chefdirigenten Sakari Oramo mit frischem Blick Gustav Holsts  D ie Planeten – mit Einführungen zu den einzelnen Sätzen sowie Kommentaren von Professor Brian Cox. Anlässlich des 90. Geburtstags des BBC Symphony Chorus führte das Orchester Ethel Smyths Messe in D-Dur und Johann Sebastian Bachs Messe in b-Moll auf, zusammen mit zeitgenössischer Musik von Richard Causton, Thomas Larcher, Cheryl Frances-Hoad und Augusta Read Thomas. Die Total Immersion Days 2018 waren dem Ersten Weltkrieg gewidmet sowie den Werken György Ligetis und Lili Boulangers.

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Das BBC Symphony Orchestra arbeitet regelmäßig mit Semyon Bychkov zusammen, dem Inhaber des Günter Wand Conducting Chair, und mit ihrem Ehrendirigenten Sir Andrew Davis. Zentral für das Orchester sind die Studioaufnahmen für das BBC Radio 3 und natürlich ihre Auftritte auf der ganzen Welt. Das Orchester setzt sich für Musik des 20. Jahrhunderts und die zeitgenössische Musik ein, vergibt Auftragswerke und realisiert Uraufführungen von Komponist*innen wie Philip Cashian, Anna Clyne, Brett Dean, George Walker und Raymond Yiu. Das BBC Symphony Orchestra steht außerdem mit fortlaufenden Projekten wie BBC’s Ten Pieces oder Journey Through Music für eine innovative Bildungsarbeit ein, über die es Familien an die klassische Musik heranführt. Das BBC Symphony Orchestra unterhält ein Familienorchester und einen Familienchor.


BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN

Sakari Oramo Sakari Oramo war 2015 Dirigent des Jahres, ein Preis, den die Royal Philharmonic Society verleiht. Heute ist er Chefdirigent sowohl des BBC Symphony Orchestra als auch des Stockholmer Kungliga Filharmoniska Orkestern sowie der Leiter des Ostrobothnischen Kammerorchesters. Zwischen 1998 und 2008 hatte er die Musikalische Leitung des City of Birmingham Symphony Orchestra inne und von 2004 – 2018 die der West Coast Kokkola Opera. Nach einem Jahrzehnt als Chefdirigent des Finnish Radio Symphony Orchestra ist er seit 2012 diesem Orchester als Ehrendirigent verbunden. Darüber hinaus ist er als Dirigent international renommierter Orchester gefragt. In der Saison 2018/19 gestaltete er mit den Berliner Philharmonikern und mit Alban Gerhardt als Solisten Brett Deans neues Cellokonzert. Engagements beim NDR Elbphilharmonie Orchester, der Staatskapelle Dresden, dem Finnish Radio Symphony Orchestra, dem Helsinki Philharmonic Orchestra und dem Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia folgten. Mit dem BBC Symphony Orchestra setzt er sich nach wie vor für zeitgenössische und wenig aufgeführte Werke ein. In dieser Saison beispielsweise dirigiert er die Uraufführungen von Thomas Larchers  C hiasma  und Richard Caustons  I k zeg: NU. Als Leiter des Stockholmer Kungliga Filharmoniska Orkestern dirigiert er Konzerte mit den Solist*innen Kirill Gerstein, Alina Pogostkina, Frank Peter Zimmermann und Nina Stemme. Mit diesem Orchester geht er auch auf eine Tournee durch Japan und die Schweiz. Und zusätzlich tourt er mit dem BBC Symphony Orchestra und dem schwedischen Klarinettisten Martin Fröst durch Spanien.

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Oramo trat gleich mehrfach bei den BBC Proms auf, unter anderem bestritt er 2018 mit dem BBC Symphony Orchestra und den BBC Singers das Eröffnungskonzert, so wie er auch in den Jahren 2014, 2016 und 2017 stets die Abschluss­konzerte der BBC Proms dirigierte. Ausgebildet als Geiger, war Oramo ur­ sprünglich Konzertmeister des Finnish Radio Symphony Orchestra. 2014 debütierte er bei den BBC Proms Kammermusik-Konzerten mit Sergej Prokofjews Sonate für zwei Violinen zusammen mit Janine Jansen. Für seine Ein­ spielung der Symphonien Nr. 1 und 3 von Carl Nielsen mit dem Kungliga Filharmoniska Orkestern, mit dem er seinen hochgelobten Nielsen-Zyklus vervollständigte, erhielt er den BBC Music Magazin Award.


BBC SYMPHONY ORCHESTRA

BBC Symphony Orchestra Fagott

Nina Ashton Susan Frankel

Sakari Oramo  Chefdirigent

Horn

Dalia Stasevska

Martin Owen Michael Murray Andrew Antcliff Nicholas Hougham Mark Wood

Erster Gastdirigent

Semyon Bychkov  Inhaber des Günter Wand Conducting Chair

Sir Andrew Davis  Ehrendirigent

Trompeten Flöte

Daniel Pailthorpe Tomoka Mukai Kathleen Stevenson, Piccolo

Oboe

Jennifer Galloway Imogen Smith

Klarinetten James Burke Fraser Langton

Bassklarinette

Gustav Melander Martin Hurrell Joseph Atkins

Posaune

Helen Vollam Dan Jenkins

Bassposaune Robert O’Neill

Tuba

Sam Elliott

Pauken

Christopher Hind

Emma Canavan

Sopransaxophon Martin Robertson

Altsaxophon Timothy Holmes

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Schlagzeug David Hockings Fiona Ritchie Joseph Cooper Oliver Lowe


BBC SYMPHONY ORCHESTRA

Harfe

Louise Martin

Klavier / Celesta Elizabeth Burley

Elektrische Gitarre

Viola

James Woodrow

Norbert Blume Caroline Harrison Philip Hall Joshua Hayward Nikos Zarb Audrey Henning Natalie Taylor Michael Leaver Carolyn Scott Mary Whittle Peter Mallinson Matthias Wiesner

Bassgitarre Peter Wilson

Violine I

Stephen Bryant, Leader Ioana Petcu Colan tbc Jeremy Martin Celia Waterhouse Colin Huber Shirley Turner Anna Smith Ni Do Molly Cockburn tbc Alexandra Lomeiko Zanete Uskane Gabrielle Painter Thea Spiers Joanne Chen

Cello

Susan Monks Tamsy Kaner Marie Strom Graham Bradshaw Mark Sheridan Clare Hinton Sarah Hedley-Miller Michael Atkinson Augusta Harris Morwenna Del Mar

Violine II

Kontrabass

Heather Hohmann Daniel Meyer Hania Gmitruk Ruth Hudson Vanessa Hughes Danny Fajardo Lucy Curnow Tammy Se Caroline Cooper Victoria Hodgson Lucica Trita Raja Halder Dania Alzapiedi Julia Watkins

Nicholas Bayley Philip Nelson Richard Alsop Anita Langridge Michael Clarke Beverley Jones Josie Ellis Elen Pan

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Management Paul Hughes Susanna Simmons Kathryn Aldersea Tom Alexander Mark Millidge Rupert Casey Chris Elliott Michael Officer


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28


Das Musikfest Berlin 2019 im Radio und online Deutschlandfunk Kultur – Die Sendetermine

3.9. 5.9. 7.9. 8.9. 13.9. 15.9. 15.9. 17.9. 21.9. 24.9. 26.9.

Di 20:03

Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam

Aufzeichnung vom 2.9.

Do 20:03

BBC Symphony Orchestra

Live-Übertragung

Sa 19:05

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin

Aufzeichnung vom 1.9.

So 20:03

Berliner Philharmoniker

Live-Übertragung

Fr 20:03

Münchner Philharmoniker

Aufzeichnung vom 10.9.

So 15:05

„Quartett der Kritiker“

Aufzeichnung vom 31.8.

So 20:03

Junge Deutsche Philharmonie

Aufzeichnung vom 15.9.

Di 20:03

Israel Philharmonic Orchestra

Aufzeichnung vom 16.9.

Sa 22:00

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin  La Roue

wird als Studioproduktion in Ausschnitten gesendet

Di 20:03

IPPNW–Benefizkonzert

Aufzeichnung vom 22.9.

Do 20:03

Ensemble Musikfabrik

Aufzeichnung vom 8.9.

Deutschlandfunk Kultur ist in Berlin über 89,6 MHz, Kabel 97,50, bundesweit über Satellit, DAB+ und über Livestream auf deutschlandfunkkultur.de zu empfangen.

rbbKultur – Die Sendetermine

6.9. 21.9. 6.10.

Fr 20:04

Konzerthausorchester Berlin

Live-Übertragung

Sa 20:04

Berliner Philharmoniker

Aufzeichnung vom  12. /  13. /  14.9.

So 20:04

Les Siècles

Aufzeichnung vom  15.9.

rbbKultur ist in Berlin über 92,4 MHz, Kabel 95,35, digital und über Livestream auf rbbkultur.de zu empfangen.

Digital Concert Hall – Die Sendetermine

8.9. 14.9.

So 20:00

Berliner Philharmoniker

Live-Übertragung

Sa 19:00

Berliner Philharmoniker

Live-Übertragung

digitalconcerthall.com

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Programmübersicht

Fr

Sa

So

Mo

Di

Mi

Do

Fr

Sa

So

30.8. 31.8. 1.9. 2.9. 3.9. 4.9. 5.9. 6.9. 7.9. 8.9.

Philharmonie 21:00

Pierre-Laurent Aimard I

Ausstellungsfoyer Kammermusiksaal 17:00

„Quartett der Kritiker“

Philharmonie 19:00

Eröffnungskonzert Orchestre Révolutionnaire et Romantique Monteverdi Choir Sir John Eliot Gardiner

Kammermusiksaal 11:00

Alexander Melnikov

Philharmonie 18:00

Kinderchor der Staatsoper Unter den Linden Rundfunkchor Berlin Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin Vladimir Jurowski

Philharmonie 20:00

Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam Tugan Sokhiev

Philharmonie 19:00

Japanisches Nō-Theater Ensemble der Umewaka Kennōkai Foundation

Philharmonie 20:00

Ensemble Modern Brad Lubman

Philharmonie 20:00

BBC Symphony Orchestra Sakari Oramo

Kammermusiksaal 20:00

Pierre-Laurent Aimard II

Konzerthaus Berlin 20:00

Konzerthausorchester Berlin Juraj Valčuha

Philharmonie 19:00

Berliner Philharmoniker Peter Eötvös

Kammermusiksaal 17:00

Ensemble Musikfabrik Peter Eötvös

(wie 7.9.) Philharmonie 20:00

Berliner Philharmoniker Peter Eötvös

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Mo

Di

Mi

Do

Fr

Sa

So

Mo

Di

Mi

Do

So

9.9. 10.9. 11.9. 12.9.

Kammermusiksaal 20:00

Georg Nigl & Olga Pashchenko

Philharmonie 20:00

Münchner Philharmoniker Valery Gergiev

Philharmonie 20:00

London Symphony Orchestra Sir Simon Rattle

Kammermusiksaal 20:00

Pierre-Laurent Aimard III & Yuko Kakuta

Philharmonie 20:00

Rundfunkchor Berlin Berliner Philharmoniker Daniel Harding

13.9.

(wie 12./   14.9.) Philharmonie 20:00

Rundfunkchor Berlin Berliner Philharmoniker Daniel Harding

14.9.

Konzerthaus Berlin 14:00 – 23:00

Film & Live Musik:  La Roue  Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin Frank Strobel

(wie 12./   13.9.) Philharmonie 19:00

Rundfunkchor Berlin Berliner Philharmoniker Daniel Harding

Philharmonie 11:00

Jack Quartet Junge Deutsche Philharmonie Jonathan Nott

Philharmonie 20:00

Orchestre Les Siècles François-Xavier Roth

Philharmonie 20:00

Israel Philharmonic Orchestra Zubin Mehta

Philharmonie 20:00

Orchester der Deutschen Oper Berlin Donald Runnicles

Kammermusiksaal 20:00

Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker Susanna Mälkki

Philharmonie 20:00

Rundfunkchor Berlin Deutsches Symphonie-Orchester Berlin Robin Ticciati

Kammermusiksaal 16:00

IPPNW-Benefizkonzert WuWei Trio

15.9. 16.9. 17.9. 18.9. 19.9. 22.9.

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IMPRESSUM

Musikfest Berlin

Berliner Festspiele

Künstlerische Leitung

Ein Geschäftsbereich der

Dr. Winrich Hopp

Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH

Studentische Mitarbeit K ­ ommunikation

Josip Jolić, Leonard Pelz

Organisation

Anke Buckentin (Leitung), Anna Crespo Palomar, Ina Steffan

Intendant

Dr. Thomas Oberender Kaufmännische Geschäftsführung

Abendprogramm

Charlotte Sieben

Ticket Office

Ingo Franke (Leitung), Maike D ­ ietrich, Simone Erlein, Frano Ivić, Torsten S ­ ommer, Sibylle Steffen, Alexa Stümpke, Marc Völz Vertrieb

Redaktion

Dr. Barbara Barthelmes

Leitung Kommunikation

Uwe Krey

Claudia Nola Gebäudemanagement

Lektorat

Anke Buckentin Anna Crespo Palomar Thalia Hertel Gestaltung Cover

Christine Berkenhoff und Anna Busdiecker Gestaltung Innenseiten

Christine Berkenhoff nach einem Entwurf von Eps51 Herstellung

medialis Offsetdruck GmbH, Berlin Stand: 31. Juli 2019 Programm- und Besetzungsänderungen vorbehalten

Christine Berkenhoff, Anna Busdiecker, Felix Ewers

Ulrike Johnson (Leitung), Frank Choschzick, Olaf Jüngling, Georg Mikulla, Sven Reinisch

Internetredaktion

Hotelbüro

Grafik

Frank Giesker, Jan Köhler Marketing

Anna-Maria Eigel, Gerlind Fichte, Jan Heberlein, Michaela Mainberger

Logistik

Presse

Technische Leitung

Anna Lina Hinz, Patricia Hofmann, Svenja Kauer, Jasmin Takim, Jennifer Wilkens

Matthias Schäfer Adresse

Protokoll

Schaperstraße 24, 10719 Berlin

Gerhild Heyder Redaktion

Dr. Barbara Barthelmes, Andrea Berger, Anne Phillips-Krug, Paul Rabe

Gefördert durch / Funded by

Caroline Döring, Selina Kahle, Frauke Nissen I-Chin Liu (Leitung), Sven Altmann

Berliner Festspiele

+ 49 30 254 89 0 info@berlinerfestspiele.de berlinerfestspiele.de

Berliner Festspiele / Musikfest Berlin in Zusammenarbeit mit / in cooperation with Stiftung Berliner Philharmoniker

Medienpartner / Media Partners

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