Musikfest Berlin 2019 – Israel Philharmonic Orchestra am 16.9.

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Berliner Festspiele

# musikfestberlin

MUSIK FEST BERLIN

In Zusammen­ arbeit mit der Stiftung Berliner Philharmoniker

16.9. 2019 Gastspiel: Jerusalem / Tel Aviv

Israel Philharmonic Orchestra Zubin Mehta


Berliner Festspiele

Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker Wu Wei Trio mit Sheng

18.9.

Mi     20:00   Kammermusiksaal

22.9.

So     16:00   Kammermusiksaal

Olga Neuwirth Aello – ballet mécanomorphe

IPPNW-Benefizkonzert

für Flöte solo, 2 gedämpfte Trompeten, Streicherensemble, Synthesizer und Schreibmaschine

Zugunsten des Vereins „MitMachMusik – Ein Weg zur Integration von Flüchtlingskindern e.V.“

Gérard Grisey Quatre chants pour franchir le Seuil

Begrüßung: Dr. Peter Hauber (IPPNW) „35 Jahre IPPNW-Concerts: der Versuch, mit Kultur Politik zu machen.“

für Sopran und 15 Instrumentalist*innen

Juliet Fraser Stimme Emmanuel Pahud Flöte Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker Susanna Mälkki Leitung

Mit Werken von

Claudio Monteverdi, Georg Philipp Telemann, Johann Sebastian Bach, Orlando Gibbons und Antonio Vivaldi Wu Wei Trio: Wu Wei Sheng Martin Stegner Viola, Moderation Matthew McDonald Kontrabass


MUSIK FEST BERLIN

30.8.– 19.9. 2019

In Zusammen­­arbeit mit der Stiftung Berliner Philharmoniker


Bildnachweise S. 10 J ohan Barthold Jongkind, La Côte_Saint-André, Aquarellzeichnung, 1882, Foto: Wikimedia Commons S. 12 Ö dön Pártos 1957, Foto: Wikimedia Commons Felix Mendelssohn Bartholdy, 1837, Lithographie von Friedrich Jentzen nach einem Gemälde von Theodor Hildebrandt, Foto: Wikimedia Commons S. 14 P ierre Petit, Hector Berlioz © Bibliothèque National de France, Foto: Wikimedia Commons S. 15 G il Shaham © Luke Ratray Israel Philharmonic Orchestra © Pressefoto S. 16 Z ubin Mehta © Marco Borggreve


MUSIKFEST BERLIN 2019

Montag 16. September 20:00 Uhr

Konzertprogramm

S. 5

Orchesterbesetzungen

S. 6

Daniel Barenboim Das Israel Philharmonic Orchestra und Zubin Mehta

S. 7

Olaf Wilhelmer Träume, Leidenschaften

S. 8

Komponisten

S. 12

Interpret*innen

S. 15

Musikfest Berlin 2019 im Radio und online

S. 21

Musikfest Berlin 2019 Programmübersicht

S. 22

Impressum

S. 24

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Bitte schalten Sie Ihr Mobiltelefon vor Beginn des Konzerts aus. Bitte beachten Sie, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind.

Das Konzert wird von Deutschlandfunk Kultur am 17. September 2019 ab 20:03 Uhr übertragen. Deutschlandfunk Kultur ist in Berlin über 89,6 MHz, Kabel 97,50, bundesweit über Satellit, DAB+ und über Livestream auf www.deutschlandfunkkultur.de zu empfangen. 4


PROGRAMM

Gastspiel : Jerusalem / Tel Aviv Farewell-Tournee von Zubin Mehta mit dem Israel Philharmonic Orchestra

Ödön Pártos  ( 1907 – 1977 )

Concertino für Streichorchester  ( 1932 )

Felix Mendelssohn Bartholdy  ( 1809 – 1847 ) Violinkonzert  e-Moll   op.  64  ( 1844 )

Mo,   16.9. 20:00   Philharmonie

I Allegro molto appassionato – II Andante – Allegretto non troppo – III Allegro molto vivace Pause

Hector Berlioz  ( 1803 – 1869 )

Symphonie fantastique  op.  14  ( 1830 ) Episode aus dem Leben eines Künstlers in fünf Teilen

Einführung 19:10 mit Olaf Wilhelmer   Hermann-Wolff-Saal

I Rêveries – Passions (Träumereien – Leidenschaften) Largo – Allegro agitato e appassionato assai II Un Bal (Ein Ball) Allegro non troppo III S cène aux Champs (Szene auf dem Lande) Adagio IV Marche au Supplice (Der Gang zum Richtplatz) Allegretto non troppo V S onge d’une Nuit du Sabbat (Hexensabbat) Larghetto – Allegro

Gil Shaham Violine Israel Philharmonic Orchestra Zubin Mehta Leitung

Eine Veranstaltung der Berliner Festspiele   /   Musikfest Berlin

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ORCHESTERBESETZUNGEN

Ödön Pártos

Concertino für Streichorchester Violinen I, Violinen II, Violen, Violoncelli, Kontrabässe Entstehungszeit: 1932, rev. 1953 Uraufführung: 1953 in der Schweiz unter Ferenc Friscay

Felix Mendelssohn Bartholdy Violinkonzert e-Moll  op. 64

Solovioline 2 Flöten 2 Oboen 2 Klarinetten 2 Fagotte 2 Hörner 2 Trompeten Pauken Violine I, Violine II, Violen, Violoncelli, Kontrabässe Entstehungszeit: 1838 – 1844, rev. 1845 Uraufführung: Am 13. März 1845 in Leipzig mit Ferdinand David als Solisten.

Hector Berlioz

Symphonie fantasique op. 14 2 Flöten (2. auch Piccolo) 2 Oboen (2. auch Englischhorn) 2 Klarinetten in C, A, B und Es 4 Fagotte 4 Hörner in C, Es, E, F und B tief 2 Kornette in A und B 2 Trompeten in B und C 3 Posaunen 2 Ophikleiden (in einigen späteren Ausgaben 2 Tuben) 2 Harfen Pauken (bis zu 4 Spieler*innen erforderlich) Große Trommel, Becken, Kleine Trommel, 2 Glocken in C und G Violinen I, Violinen II, Violen, Violoncelli, Kontrabässe Entstehungszeit: 1830 (rev. 1831/32) Uraufführung: Am 5. Dezember 1830 in Paris unter der Leitung von François-Antoine Habeneck.

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ESSAY

Daniel Barenboim

Palphilorch  Das Israel Philharmonic Orchestra und Zubin Mehta

Das heutige Israel Philharmonic Orchestra wurde im Jahr 1936 als Palestine Symphony Orchestra, oder Palästinensisches Symphonisches Orchester vom polnischen Geiger Bronisław Huberman gegründet. Das Orchester bestand zu Beginn aus 75 jüdischen Musiker*innen, die alle aus Zentralund Osteuropa, aus Ländern wie Deutschland, Österreich, der Tschechoslowakei und Ungarn nach Palästina emigriert waren. Aufgrund der Herkunft und Tradition seiner Musiker*innen hatte das Palestine Symphony Orchestra den typischen Klang eines zentraleuropäischen Or­chesters. In den Proben wurde sogar deutsch gesprochen – obwohl in Deutschland die Nazis bereits an der Macht waren. Das erste Konzert des Orchesters fand am 26. Dezember 1936 in Tel Aviv statt und wurde von niemand geringerem als Arturo ­Toscanini geleitet. Dieser hatte gerade seine Mit­wirkung an den Bayreuther Festspielen aus Protest gegen Hitlers Anwesenheit dort abgesagt. Das Konzert in Tel Aviv war also in mehr als einer Hinsicht symbolträchtig. 1948 erklärte Israel seine Unabhängigkeit und das Orchester änderte seinen Namen in Israel Philharmonic Orchestra. Zubin Mehta dirigierte das IPO zum ersten Mal 1961, als er 25 Jahre alt war. Er rief mich damals an um zu fragen, wofür denn „Palphilorch“ stünde – denn dies war die telegraphische Adresse, von der er die Einladung zum Dirigat per Telegramm erhalten hatte. Es gab sofort eine enge Verbindung zwischen Zubin und dem Orchester und 1969 wurde er zum Chefdirigenten ernannt. 1981 wurde er Chefdirigent auf Lebenszeit. Die meisten Gründungsmitglieder des Orchesters gingen um 1970 in Pension und zur gleichen Zeit emigrierten viele Juden aus der damaligen Sowjetunion nach Israel. Zubin hatte also gleich von Beginn an die Chance aber auch verantwortungsvolle Aufgabe, 7

die Erneuerung des Orchesters und die Heraus­ bildung eines eigenen Klangs und Stils zu gestalten. Die Neuankömmlinge aus der Sowjetunion dominierten die Streicherstimmen im Orchester, bei den Bläsern spielten vor allem amerikanische Musiker*­ innen. Mitten im Kalten Krieg musizierten also sowjetische und amerikanische Juden höchst friedlich in einem israelischen Orchester zusammen – und sprachen jetzt russisch und englisch miteinander. Das musikalische Verständnis war vermutlich ausgeprägter als das sprachliche. Bemerkenswert. Von 1936 bis 2010 war das IPO hauptsächlich ein Orchester aus Emigrant*innen und erst in den letzten 15 bis 20 Jahren veränderte sich die Zusammensetzung des Orchesters Stück für Stück. Heute besteht es in erster Linie aus in Israel geborenen Musiker*innen, die hebräisch miteinander sprechen. Es ist äußerst selten, dass ein Orchester über so einen langen Zeitraum seine Musiker*innen sozu­ sagen „importiert“. Ich hatte das Glück, schon 1953 erstmals mit dem Orchester zu spielen und dann die große Ehre, 1970 beim ersten Konzert des Orchesters in Berlin als Solist dabei zu sein, gemeinsam mit Zubin. Damals waren sogar noch ein paar ehemalige Berliner im Orchester. Zubin Mehta hat in den 50 Jahren, die er das IPO leitet, einen außerordentlichen Klangkörper geschaffen. Die Qualität des Orchesters, seine Homogenität und auch die Qualität der einzelnen Musiker*innen sind das Ergebnis von Zubins musikalischer Autorität und seiner einzigartigen Art, mit den Musikern zu arbeiten. Gemeinsam haben sie israelische Musik­ geschichte geschrieben.

Originalbeitrag zum Journal des Musikfest Berlin 2019 von Daniel Barenboim


ESSAY

Träume, Leidenschaften   Der Einzelne und die Masse in Werken von Pártos, Mendelssohn Bartholdy und Berlioz

Solo für alle: Das Concertino für Streichorchester von Ödön Pártos Im Zeitalter der Virtuosen war die dramatische Gegenüberstellung von Individuum und Kollektiv in der Orchestermusik besonders beliebt. Wer als Komponist einem Solisten in dieser Hinsicht nicht genug zu bieten hatte – wie das etwa in Hector Berlioz‘  Harold en Italie  für Viola und Orchester der Fall war –, der galt als Außenseiter. Dass sich Virtuosen gleich welcher Schule ihre Solokonzerte auch selbst schrieben, war nichts Ungewöhnliches, denkt man etwa an Franz Liszt oder an Joseph Joachim. Beiden verbunden war der ungarische Geiger Jenő Hubay, der im frühen 20. Jahrhundert als Lehrer in Budapest ein untrügliches Gespür für Wunderkinder entwickelt hatte – etwa für Jenő Blau, der unter dem Namen Eugene Ormandy berühmt werden sollte, oder für Ödön Pártos. Dieser hatte schon als Kind bei Hubay Geige und Bratsche studiert, um dann als Jugendlicher bei Zoltán Kodály und Béla Bartók Komposition und Volksmusikforschung zu lernen. Doch eine klassische Virtuosenlaufbahn war diesem Alleskönner nicht vergönnt: Nachdem er sich im Berlin der späten Weimarer Republik etabliert hatte, trieb ihn der nationalsozialistische Rassenwahn 8

über Budapest nach Baku. Weil er sich dort nicht mit der KPdSU arrangieren wollte, folgte er 1938 einem Ruf des Geigers Bronisław Huberman, der ihn nach Tel Aviv als Solobratschisten in das neu gegründete Palestine Orchestra – das heutige Israel Philharmonic Orchestra – engagierte. Pártos schrieb seine nicht sehr zahlreichen Werke überwiegend in den 1960er und 70er Jahren, nachdem er das Orchester zugunsten seiner Lehr- und Komponiertätigkeit verlassen hatte. Das nur wenige Minuten dauernde Concertino für Streichorchester aber ist ein Gruß aus der „Welt von Gestern“, ein 1932 zunächst als Streichquartett entstandener, dann ausgearbeiteter Satz, in dem die Frage nach dem Verhältnis von Solo und Tutti dahingehend beantwortet wird, dass alle Musiker Solisten sind. Das Ergebnis ist ein dichter, teils äußerst dissonanter, aber stets von folklo­ ristischem Schwung angetriebener Tonsatz, der einige Entwicklungslinien der Musik zwischen den Kriegen auf originelle Weise bündelt. Pártos, der in seinem späteren Schaffen traditionelle Elemente aus Vorderasien mit seriellen Techniken verband, ließ das Concertino als einziges seiner europäischen Werke gelten.


ESSAY

Nicht zu viel, nicht zu wenig: Das Violinkonzert von Felix Mendelssohn Bartholdy Auch Ferdinand David war ein komponierender Violinvirtuose, auch er stellte seine Fähigkeiten zeitweilig in den Dienst eines Orchesters, indem er im Leipziger Gewandhaus das Amt des Konzertmeisters bekleidete. Davids womöglich bedeutendstes „Werk“ aber ist der Beitrag zur Arbeit eines anderen Komponisten: Für David schrieb Felix Mendelssohn Bartholdy sein Violinkonzert e-Moll op. 64, und an der verwickelten Entstehungsgeschichte des Stücks – das 1838 begonnen, hauptsächlich 1844 ausgeführt und bis 1845 revidiert wurde – lässt sich ablesen, wie sehr David in den Kompositionsprozess eingebunden war. Denn gerade bei diesem Werk, das von der ersten bis zur letzten Note „richtig“ zu sein scheint, war sich Mendelssohn keineswegs sicher – vor allem nicht, was die Solostimme betraf, obwohl der Komponist selbst Geige spielte. „Ist Dir die veränderte und verlängerte Cadenz so recht? Mir gefällt sie sehr viel besser; ist sie aber auch spiel­gerecht und recht geschrieben? Oder was fehlt und was ist zuviel?“, schrieb er beispielsweise am 17. Dezember 1844 an David, mit dem er sich auch über die Instrumentation beriet – stets in Sorge um die Balance zwischen Geige und Orchester. Tatsächlich ist die auskomponierte Kadenz eine der Besonderheiten dieses Werks, denn sie erscheint früher als erwartet, noch in der Durchführung des Kopfsatzes. Sie ist also nicht allein Schauplatz virtuoser, gar improvisatori­­scher Selbstdarstellung, sondern fester Bestand­-­ teil der thematischen Entwicklung. Mit ihr hatte ­Mendelssohn die Solovioline ohnehin von Anfang an betraut, setzt sie doch über dem orchestralen Klangteppich unvermittelt ein und formuliert das vor, was das Ensemble übernimmt und fortspinnt. Das war bei den klassischen Vorbildern zumeist anders gewesen, man denke nur an die lange Orchestereinleitung von Beethovens Violinkonzert! Ebenfalls ungewöhnlich ist die pausenlose Aneinanderreihung der drei Sätze, die zwar als Sonatensatz, dreiteilige Liedform und Rondo in sich klassisch gegliedert sind, aber durch die Verknüpfung einen rhapsodischen Charakter 9

erhalten. Franz Liszt beschritt in seinen vor Mendelssohns Violinkonzert begonnenen, jedoch später vollendeten Klavierkonzerten ähnliche Wege. Fast traumartig gestaltet Mendelssohn die Satzübergänge, irritierend sanft gleitet hier das Eine ins Andere, etwa jener plötzlich im Fagott liegenbleibende Ton „h“, der sich aus dem e-MollSchlussakkord des ersten Satzes herauslöst, als Leitton zu „c“ interpretiert wird und dem C-Dur des zweiten Satzes den Boden bereitet (im Übergang zum dritten Satz, dessen Haupttonart E-Dur ist, geschieht das umgekehrt). Liedhaft schlicht singt die Geige im Andante, dessen dezent instrumentierte Begleitung Mendelssohn ausweislich seiner Briefe einiges Kopfzerbrechen bereitet hat. Im a-Moll-Mittelteil wird das Geschehen etwas opern­hafter, ebenso in der rezitativischen Über­leitung zum Finale. Dieses Vivace-Rondo, in dem die „scherzando“ heraufschnellende Geige den fast militärischen Einsatz von Pauken und Trompeten erwidert, scheint eine luftig-lustige Musik für Elfen und Kobolde zu sein, wie sie nur Mendelssohn schreiben konnte: Im Vorjahr, 1843, hatte er die Schauspielmusik zum  S ommernachtstraum  vollendet.

Schmutzige Finger: Mendelssohn und Berlioz Felix Mendelssohn Bartholdys Vorliebe für das Leichte – das einer Binsenweisheit zufolge besonders schwer zu erreichen ist – begann schon in seiner Kindheit, als der Knabe mittels eines Puppentheaters Goethe und Shakespeare, besonders gerne den  S ommernachtstraum,  nachspielte. Überhaupt pflegte die Familie in ihrem Berliner Domizil „mit vertheilten Rollen Shakespeare’s Stücke“ zu lesen, wie Mendelssohns Freund Eduard Devrient berichtete. Der um gut fünf Jahre ältere Hector Berlioz war dagegen weniger groß­bürgerlich in der französischen Provinz aufgewachsen. Doch von seinem Vater hatte er ein stetes Bildungsstreben geerbt, das sich vor allem in der Liebe zu Vergil, Shakespeare und Goethe zeigte. An den zuletzt Genannten konnte sich Berlioz – wie Mendelssohn – als junger Mann noch direkt wenden.


ESSAY Und irgendwann trafen diese beiden so unterschiedlichen Komponisten dann persönlich zusammen: Man sah sich da, wo die Zitronen blühen – und wünschte einander bald dorthin, wo der Pfeffer wächst. Berlioz stellte Mendelssohn 1831 in Rom seine Kantate  S ardanapale  vor und schrieb in seinen Memoiren, Mendelssohn habe sie unumwunden „miserabel“ genannt. Berlioz fand zwar, dass er damit recht hatte, aber er fand nicht, dass Mendelssohn das Recht hatte, es zu sagen. Auch wenn man in Berlioz’ Lebensroman nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen sollte, sind despektierliche Äußerungen Mendelssohns über seinen französischen Zeitgenossen nach­ weisbar – dessen Instrumentierung erschien ihm beispielsweise „so entsetzlich schmutzig und durcheinandergeschmiert, daß man sich die Finger waschen muß, wenn man mal eine Partitur von ihm in der Hand gehabt hat.“ Obwohl Berlioz selten ein Blatt vor den Mund nahm, sind von ihm vergleichbare Urteile über Mendelssohn nicht überliefert – vielmehr dankte er dem deutschen Kollegen dafür, dass er ihm das Gewandhaus­ orchester für eine Aufführung seiner  Symphonie fantastique  zur Verfügung gestellt hatte.

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Rausch ohne Rückkehr: Die Symphonie fantastique von Hector Berlioz Berlioz konnte über Mendelssohns Missbilligung hinwegsehen, weil die Kantate  S ardanapale  lediglich dazu diente, ihrem Urheber den Rompreis einzutragen, der mit einem Aufenthalt in der Villa Medici verbunden war. Dieser akademischen Pflichtübung mussten sich viele französische Komponisten unterziehen; die meisten haben sie und die dafür komponierten Wettbewerbsstücke gehasst. Aus heutiger Sicht verraten gerade diese Werke viel über ihre Autoren – und mehr noch über die Jury, die mit erstaunlicher Treffsicherheit die jeweils besten Beiträge abzulehnen pflegte. 1828 etwa war Berlioz mit der Kantate  Her­ minie  (nach Torquato Tassos  G erusalemme liberata ) zum zweiten Mal aus dem Wettbewerb ausge­schieden. Gleich in der Einleitung, dann in der Arie  Arrête, arrête  begegnet uns darin eine weit ausgesungene Melodie, mit der die Orientalin Herminia ihre Liebe zum Kreuzritter Tankred beschwört. Es ist jene Eingebung, die uns zwei


ESSAY Jahre später in der  Symphonie fantastique  auf Schritt und Tritt verfolgt, mithin die „idée fixe“, die in der Symphonie – von Flöte und Geigen eingeführt – den ersten Satz dominiert und in den folgenden vier Sätzen immer wieder auftaucht. Diese Melodie hören wir zwei Jahre nach der  Symphonie fantastique  noch einmal in dem eigenwilligen „Monodrame lyrique“ mit dem Titel  Lélio ou Le retour à la vie , das Berlioz durch die programmatische Opuszahl „14 bis“ an seine als Opus 14 veröffentliche Symphonie koppelte. In dieser Utopie des Musiktheaters, besetzt für Sprecher und eine unsichtbar musizierende Schar von Sängern und Instrumentalisten, erscheint das Motiv als fernes Echo, kommentiert mit den Worten „Encore, et pour toujours! …“ („Nochmals, und für immer! …“). Dies dachte sich Berlioz als Epilog zur  Symphonie fantastique, als musikalische wie persönliche Erlösung von einer Zwangs­ vorstellung. Auf biografischer Ebene werden diese Werke durch zwei unwirklich anmutende Liebesgeschichten miteinander verbunden: Als Zwölfjähriger hatte sich Berlioz in Estelle Dubœuf verliebt, für die er 49 Jahre später noch einmal entflammen sollte; zwischen diesen Episoden erscheint die irische Schauspielerin Harriet Smithson, die Berlioz in Shakespeares Stücken aus der Ferne abgöttisch bewunderte, bis sie tatsächlich seine Frau wurde – und ihn, den Meister des Imaginären, in ihrer bürgerlichen Existenz zutiefst enttäuschte. Die anspruchsvolle Konzeption der  Symphonie fan­tastique  mitsamt ihrer Grundlegung in  Herminie  und ihrer Fortschreibung in  Lélio  ist nicht ohne diese lebensprägenden Begegnungen zu denken, und so hat Berlioz großen Wert auf das Programm zu seiner Symphonie gelegt, die er auch als  É pisode de la vie d’un artiste  bezeichnete. Sie entstand 1830, in der Zeit der Julirevolution und des Durchbruchs der französischen Romantik. „Träume – Leidenschaften“ überschreibt Berlioz den ersten Satz: Nach einer langsamen Einleitung in c-Moll übernimmt das Thema der unerreich­baren Geliebten ein strenges Regiment. Der zweite Satz, ein eleganter Walzer in A-Dur, entführt uns auf einen Ball, der dritte – von Beethovens  P asto­rale  beeinflusst – ins Landleben mit Schalmeien­klängen und fernem Donnergrollen, instrumental und räumlich visionär inszeniert. Doch sowohl in den Zerstreuungen der Tanzveranstaltung als auch in den Erscheinungen der Natur 11

wird das sym­phonische Ich die Erinnerung an das geliebte Wesen, an die „idée fixe“, nicht los. An dieser Stelle greift Berlioz, Sohn eines Arztes und einstiger Medizinstudent, in den Giftschrank zu einer nachmals populären Droge: „In der sicheren Erkenntnis, dass seine Liebe missachtet werde, vergiftet sich der Künstler mit Opium. Die Dosis des Narkotikums ist zwar zu schwach, um ihm den Tod zu geben, versenkt ihn aber in einen von den schrecklichsten Visionen begleiteten Schlaf“, heißt es im Programm. Im vierten Satz saust die Guillotine herab – das Thema der Geliebten ertönt nochmals, dann macht das Schlagzeug der quiekenden Klarinette den Garaus, und selbst der rollende Kopf findet noch eine Entsprechung in den folgenden Pizzicati. Im fünften Satz schließlich sieht sich die geschundene Seele einem höhnischen Hexensabbat ausgesetzt, den die Geliebte in glitzerndem C-Dur mitfeiert – die gregorianische  D ies irae -Melodie wird dort auf denkbar farbige Weise paraphrasiert und karikiert. Ihrem Programm entsprechend hat die  Sym­ phonie fantastique  drei Ebenen: zuerst den Traum, in den beiden folgenden Sätzen zwei Sphären der realen Welt, in den beiden abschließenden den Drogenrausch. Der makaber-kalte Jubel des Finales täuscht darüber hinweg, dass wir uns immer noch darin befinden, was Charles Bau­ delaire die „künstlichen Paradiese“ genannt hat. Der „Tag danach“ bleibt dem Monodram  Lélio ou Le retour à la vie  vorbehalten, das im Gegensatz zur  Symphonie fantastique  fast nie gespielt wird. Allerdings sind Rausch und Sünde ja auch attrak­ tiver als Reue und Sühne. Olaf Wilhelmer

Olaf Wilhelmer, geboren 1976 in Bonn, studierte Geschichte, Musikwissenschaft und Germanistik an der Humboldt-Universität Berlin. Nach Stationen in Potsdam und Köln ist er Redakteur für Konzert­ übertragungen und Musikproduktionen beim Deutschlandfunk Kultur in Berlin.


BIOGRAFIEN – KOMPONISTEN

machen, hielt Pártos auch nach seiner Emigration fest, übertrug ihn aber nun auf ganz neue Quellen arabischer und ostjüdischer Herkunft. Diese Einflüsse verschmolz er zu einem individuell gefärbten Idiom, wobei sich Pártos zunehmend auch der Avantgarde öffnete und deren Ansätze und Techniken in seine Werke einbezog. Den Schwerpunkt seines Schaffens bilden konzertante Werke und Kammermusik für verschiedene Besetzungen. Ödön Pártos starb 1977 in Tel Aviv.

Ödön Pártos

Ö

dön Pártos (1907 – 1977) gehörte sowohl als Instrumentalist wie auch als Komponist zu den Gründervätern der israelischen Musik. Pártos wurde 1907 in Budapest geboren und erhielt dort auch eine hochkarätige musika­ lische Aus­bildung: Violine studierte er bei Jenő Hubay, Komposition bei Zoltán Kodály und Belá Bartók. Seine Laufbahn als Orchestermusiker begann Pártos 1924 als Konzertmeister in Luzern, ging dann einige Zeit zurück nach Budapest und lebte ab 1927 in Berlin, wo er ein Streichquartett gründete, das sich auf neue Musik konzentrierte, und als Konzertmeister im Orchester des jüdischen Kulturbundes spielte. Mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland begann für Pártos ein unruhiges Wanderleben. 1934 kehrte er Deutschland den Rücken und lebte einige Zeit wieder in Budapest. Wegen der faschistischen Tendenzen des Regimes dort sah er sich aber bald gezwungen, auch seine Heimat zu verlassen, und übernahm eine Professur für Violine und Komposition in Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan. 1938 schließlich folgte Pártos der Einladung Bronisłav Hubermans, im frisch gegründeten Palästina Orchester, aus dem später das Israel Philharmonic Orchestra hervorging, die Stelle des Solobratschers zu übernehmen, und emigrierte nach Tel Aviv. Pártos blieb bis 1956 im Orchester und konzentrierte sich danach auf Soloauftritte, den Unterricht an der von ihm geleiteten Music Academy in Tel Aviv und das eigene, nun stetig wachsende Schaffen. Als Komponist begann Pártos mit ungarisch gefärbten Stücken im Zeichen seiner Lehrer Zoltán Kodály und Béla Bartók. An dem von ihnen übernommenen Gedanken, volksmusikalische Traditionen für die Kunstmusik fruchtbar zu 12

F

Felix Mendelssohn Bartholdy

elix Mendelssohn Bartholdy (1809 – 1847) ist eine der erstaunlichsten Frühbegabungen der Musikgeschichte. Mit neun Jahren trat er öffentlich als Pianist auf, im Alter von elf Jahren begann er kontinuierlich zu komponieren. Er war zwölf, als seine erste Komposition gedruckt wurde, und 15 Jahre alt, als seine 1. Symphonie erschien. Im Alter von 17 Jahren stellte er diesen imponierenden Beginn seines Schaffensweges noch weit in den Schatten. Denn mit dem Streichoktett in Es-Dur op. 20 und der Ouvertüre zu Shakespeares   Ein Sommernachtstraum  gelangen ihm 1826 zwei von unwiderstehlichem Elan getragene Meisterwerke und der Durchbruch zu voller schöpfe­ rischer Individualität und Unverwechselbarkeit. Auch auf einem anderen Gebiet leistete schon der junge Mendelssohn Großes. Kurz nach seinem 20. Geburtstag, am 11. März 1829, leitete er die erste Aufführung der  Matthäus-Passion  von Johann Sebastian Bach seit beinahe hundert Jahren und gab der Wiederentdeckung der Werke Bachs damit einen entscheidenden Impuls.


BIOGRAFIEN – KOMPONISTEN

Mendelssohns Begabung konnte sich unter denkbar günstigen Umständen entfalten. Er stammte aus einer hoch angesehenen, wohl­ habenden jüdischen Berliner Familie. Sein Großvater war der berühmte Philosoph Moses Mendelssohn. Mendelssohns Vater, ein erfolg­ reicher Bankier, trat zum Protestantismus über, wobei der Familienname zu Mendelssohn Bartholdy geändert wurde. Die Eltern sorgten für eine vielseitige Ausbildung ihrer Kinder, und Mendelssohn erwarb sich neben seinen umfas­ senden musikalischen Studien eine imponierende Bildung. Als erwachsener Mann beherrschte er mehrere Sprachen fließend und verfügte auch über ein beachtliches zeichnerisches Können. Seine Schwester Fanny, die für Mendelssohn zeitlebens eine der wichtigsten Bezugspersonen war, besaß ebenfalls großes kompositorisches Talent. Zu den günstigen Bedingungen, in denen Mendelssohn aufwuchs, gehört auch die Stellung seiner Familie im kulturellen Leben Berlins. Im Hause Mendelssohn verkehrten zahlreiche Gelehrte, Musiker*­innen und Literat*innen, mit denen der Heranwachsende in Kontakt kam und denen er oft zeitlebens verbunden blieb. So positiv die äußeren Umstände von Mendelssohns Leben waren, greift das Bild eines aller materiellen Sorgen enthobenen Künstlers, dem alles mühelos zufällt, zu kurz. Tatsächlich sind seine Leistungen Frucht angestrengter Arbeit und unermüdlichen Fleißes. Zudem war Mendelssohn ein außerordentlich selbstkritischer Komponist, der viele Pläne verwarf und zahlreiche Werke nicht beendete oder immer wieder bearbeitete. Ein anschauliches Beispiel für Mendelssohns Unzufriedenheit mit sich selbst bietet die  Italienische Symphonie,  die er trotz erfolgreicher Uraufführung 13

zurückzog und mit deren Umarbeitung er sich immer wieder beschäftigte, ohne jemals zu einem wirklichen Abschluss zu kommen. Das Werk, das aus unserem Konzertleben gar nicht mehr wegzudenken ist, wurde so erst nach Mendelssohns Tod in einer Gestalt publiziert, die seinem Schöpfer nicht genügte. Die Jahre zwischen 1829 und 1832 verbrachte Mendelssohn hauptsächlich auf ausgedehnten Reisen durch Europa. Besonders ertragreich waren seine Aufenthalte in Großbritannien, das er im Laufe seines Lebens insgesamt zehnmal bereiste. Hier fand Mendelssohn den Zuspruch eines enthusiastischen Publikums, knüpfte wertvolle Kontakte und empfing künstlerische Anregungen zu Werken wie der Ouvertüre  D ie Hebriden  und der  S chottischen Symphonie.  Nach einer kurzen Tätigkeit von 1833 bis 1835 als Musikdirektor in Düsseldorf ließ sich Mendelssohn 1835 in Leipzig nieder. Hier entfaltete er neben seinem komposi­ torischen Schaffen eine breite Wirksamkeit im Musikleben. So führte Mendelssohn das von ihm geleitete Gewandhausorchester zu ungeahnten Höhen, trat als Pianist auf und trieb energisch die Gründung eines Konservatoriums voran, das schließlich 1843 eröffnet wurde. Zusätzlich übernahm er mehrere Aufgaben im Dienste des preußischen Königs in Berlin und war häufig auf Konzertreise. Von der Überfülle selbst auferlegter künstlerischer und administrativer Pflichten fühlte sich Mendelssohn Mitte der 1840er Jahre zusehends belastet und ermüdet. Ein schwerer Schlag für ihn war der Tod seiner Schwester Fanny im Mai 1847. Mendelssohn überlebte sie nur um wenige Monate und starb am 4. November 1847. Beide Geschwister liegen in Berlin auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof am Halleschen Tor begraben.


BIOGRAFIEN – KOMPONISTEN

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Hector Berlioz

ie Entdeckung der Klangfarbe als eigenständiges, zentrales Gestaltungsmittel ist wohl die wichtigste Neuerung im Schaffen von Hector Berlioz (1803 – 1869). Seine besondere klangliche Imaginationskraft führte ihn fast schon automatisch zur Orchestermusik, die er nicht nur durch seine Werke, sondern auch durch seine Abhandlung zur Instrumentation tiefgreifend beeinflusst hat. In der Überarbeitung durch Richard Strauss stellt sie ein viel genutztes Standardwerk auf diesem Gebiet dar, ohne das die Entwicklung des modernen Orchesters nicht denkbar wäre. Berlioz hat sein Leben rückschauend als einen „unwahrscheinlichen Roman“ empfunden. In der Tat verlief es in einem abenteuerlichen Auf und Ab zwischen heftigen Liebesaffären, großen Erfolgen und beruflichen Desastern, fast durchweg begleitet von finanziellen Sorgen. Der Komponist stammt aus einem kleinen Ort am Fuße der französischen Alpen und sollte eigentlich Arzt werden – wie sein Vater. Das halbherzig betriebene Medizinstudium gab Berlioz jedoch 1826 auf, um sich ganz der Musik zu widmen. 1830 schuf er dann sein Meisterwerk, die  Symphonie fantastique,  die im Dezember desselben Jahres uraufgeführt wurde. In dieser Symphonie wischt Berlioz zahlreiche, zuvor für unantastbar gehaltene Gattungskonventionen beiseite und führt eine gleichsam dichte­ rische, erzählende Gestaltungsweise von enormer Anschaulichkeit und dramatischer Schlagkraft in die Musik ein. Nach der  Symphonie fantastique  erhielt Berlioz eine Reihe ehrenvoller Kompositionsaufträge. Seine künstlerischen Konzeptionen blieben dabei 14

im Grenzbereich zwischen absoluter Musik und musikalischem Erzählen angesiedelt. Mit neuartig konzipierten symphonischen Werken wie  Harold en Italie  und  Roméo et Juliette  oder auch dem Requiem hatte er durchaus Erfolge. Seine literarisch ambitionierte Künstleroper   Benvenuto Cellini,  die quer zur konventionellen Operndramaturgie steht, fiel dagegen geradezu spektakulär durch und brachte es nur auf drei Vorstellungen. Letztlich gelang es Berlioz ins­ besondere in Paris nicht, sich als Musiker wirklich durchzusetzen, und so blieb er zeitlebens auf die Einkünfte aus Brotberufen als Journalist – der glänzend zu schreiben vermochte – und als Bibliothekar angewiesen. Hinzu kam ab 1835 eine Tätigkeit als Dirigent, wobei Berlioz vor allem als Anwalt eigener Kompositionen auftrat. Im Laufe der 1840er Jahre wandelte sich Berlioz‘ Position im Musikleben. Im Vergleich mit jüngeren Komponisten wie Liszt und Wagner, die ihm künstlerisch in Vielem verpflichtet waren, wirkte der ehemalige Revolutionär Berlioz nach­ gerade konservativ. Die Oper  Les Troyens,  das zentrale Projekt seines späteren Schaffens, konnte Berlioz zu Lebzeiten nicht seinen Vorstellungen entsprechend auf die Bühne bringen. Eine stark gekürzte Fassung wurde aber 1863 zu einem großen Erfolg. In den 1860er Jahren fühlte sich Berlioz zunehmend isoliert und verlor sich in depressiver Resignation. Er starb kurz nach der Rückkehr von einer Konzertreise in Russland am 8. März 1869 in Paris.


BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN

Israel Philharmonic Orchestra

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Gil Shaham

er Violinist Gil Shaham tritt als Solist mit allen großen Orchestern und Dirigent*innen unserer Zeit auf. Er musiziert in Berlin, München, Brüssel, Wien, New York, London, Chicago, Hamburg, Zürich, Paris, Boston, Philadelphia und San Francisco. Seine CD-Einspielungen erhielten höchste Auszeichnungen – den Grammy Award, den Grand Prix du Disque, den Diapason d‘Or und Gramophone Editor‘s Choice. 2008 wurde er mit dem Avery Fisher Prize ausgezeichnet, 2012 wurde er von Musical America als Instrumentalist of the Year geehrt. Gil Shaham hat seine Ausbildung bei Dorothy DeLay und Hyo Kang an der New Yorker Juilliard School erhalten. Mit zehn Jahren gab er sein Debüt beim Jerusalem Symphony Orchestra, mit 14 Jahren spielte er zum ersten Mal mit dem Israel Philharmonic Orchestra unter Zubin Mehta. Shaham hat für die Deutsche Grammophon und Canary Classics das „große“ Violinrepertoire aufgenommen. Die Violinkonzerte der 1930er Jahre liegen Gil Shaham persönlich sehr am Herzen. Nach Erscheinen der ersten CD mit fünf Violin­ konzerten aus diesen Jahren hat Canary Classics im Februar 2016 die zweite CD mit den jeweils zweiten Violinkonzerten von Béla Bartók und Sergei Prokofjew veröffentlicht. Gil Shaham spielt die Stradivari „Gräfin Poli­gnac“ von 1699.

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as Israel Philharmonic Orchestra wurde 1936 von dem Geigenvirtuosen Bronisław Huberman gegründet. Das Auftaktkonzert des Orchesters wurde am 26. Dezember 1936 von Arturo Toscanini geleitet. Musiker*innen, die angesichts der NS-Verfolgung aus Europa fliehen mussten, fanden im Israel Philharmonic Orchestra einen neuen Wirkungsbereich. Seit seiner Gründung hat sich das Orchester für die Aufnahme von Einwander*innen engagiert, und so finden sich bis heute Musiker*innen, die neu in Israel angekommen sind, in seinen Reihen. Aktuell hat das Israel Philharmonic Orchestra Konzertreihen in Tel Aviv,  Jerusalem und Haifa und gastiert mit Sonderkonzerten in ganz Israel. Im Rahmen weltweiter Tourneen spielt das Israel Philharmonic Orchestra regelmäßig in den großen Musikmetropolen und bei namhaften Festivals. Auf dem Programm seiner Konzerte stehen häufig Uraufführungen israelischer Komponist*innen. Auf diese Weise fördert er die zeitgenössische Musikszene Israels. Im Rahmen von KeyNote, dem Education- und Outreach-Programm des Israel Philharmonic Orchestra, spielen die Orchester­ musiker*innen in zahlreichen Schulen und geben Schüler*innenkonzerte im Charles Bronfman Auditorium in Tel Aviv. Vierzig Jahre lang arbeitete das Orchester ohne festen Chefdirigenten. Es hatte international bedeutende Dirigent*innen und Solist*innen zu Gast wie auch junge Talente aus dem In- und Ausland. 1969 wurde Zubin Mehta zum künstlerischen Berater des Israel Philharmonic Orchestra berufen, 1977 wurde er sein musikalischer Leiter. Leonard Bernstein wurde 1988 zum Ehrendirigen-


BIOGRAFIEN – INTERPRET*INNEN

ten (Laureate Conductor) ernannt, Kurt Masur 1992 zum Ehren-Gastdirigenten (Honorary Guest Conductor) und Gianandrea Noseda 2011 zum Chefgastdirigenten.

Z

Zubin Mehta

ubin Mehta, 1936 in Bombay geboren, erhielt von seinem Vater Mehli Mehta, einem bekannten Geiger und Gründer des Bombay Symphony Orchestra, seine erste musikalische Ausbildung. Nach zwei Semestern Medizinstudium konzentrierte er sich ganz auf die Musik und absolvierte an der Wiener Musik­ akademie bei Hans Swarowsky seine Dirigentenausbildung. Bereits 1961 dirigierte er die Wiener Philharmoniker, die Berliner Philharmoniker und das Israel Philharmonic Orchestra; mit allen drei Ensembles feierte er kürzlich die 50-jährige musikalische Zusammenarbeit. Zubin Mehta war Music Director des Orchestre symphonique de Montréal (1961 – 1967) und des Los Angeles Philharmonic (1962 – 1978). 1969 wurde er musikalischer Berater des Israel Philharmonic Orchestra, das ihn 1977 zum Chefdirigenten und 1981 zum Music Director auf Lebenszeit ernannte. Mit diesem hat Zubin Mehta mehr als 3000 Konzerte auf fünf Kontinenten gegeben. Zubin Mehta wird im Oktober 2019, 50 Jahre nach seinem Debüt, seine Amtszeit beim Israel Philharmonic Orchestra beenden. 1978 wurde er Music Director des New York Philharmonic; seine Ära dort dauerte dreizehn Jahre und war damit die längste in der Geschichte dieses Orchesters. Seit 1985 ist er Chefdirigent des Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino in Florenz. 16

Seit seinem Debüt als Operndirigent 1963 in Montreal mit  Tosca  stand Zubin Mehta am Pult vieler großer Opernhäuser. 1998 – 2006 war er Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper in München. 2006 hat Zubin Mehta den Palau de les Arts Reina Sofia in Valencia eröffnet und war dem Ensemble als Präsident des Festival del Mediterrani bis 2014 verbunden. Dort hat er auch den gefeierten  Ring -Zyklus mit der Fura del Baus in Koproduktion mit dem Opernhaus Florenz dirigiert. Die Liste von Zubin Mehtas Ehrungen und Auszeichnungen ist lang; sie reicht von Ehren­ bürgerschaften (der Städte Florenz und Tel Aviv) und dem Titel des Ehrendirigenten (der ihm gleich von mehreren namhaften Orchestern verliehen wurde) bis zu Auszeichnungen – unter anderem mit dem Nikisch-Ring, einem Stern auf dem Hollywood Boulevard (2011), dem deutschen Verdienstorden (2012) und dem Tagore Award for Cultural Harmony durch die indische Regierung (2013). Die Förderung junger Talente liegt Zubin Mehta sehr am Herzen. Gemeinsam mit seinem Bruder Zarin hat er in Bombay die Mehli Mehta Music Foundation gegründet und unterstützt fortwährend deren Arbeit, Kinder an die klassische westliche Musik heranzuführen. Die BuchmannMehta School of Music in Tel Aviv unterrichtet junge israelische Musiker*innen und ist eng mit dem Israel Philharmonic Orchestra verbunden. Gleiches gilt auch für ein neues Projekt, in dem junge arabische Israelis in Shwaram und Nazareth sowohl von dortigen Lehrer*innen als auch von Mitgliedern des Israel Philharmonic Orchestras unterrichtet werden.


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Das Musikfest Berlin 2019 im Radio und online Deutschlandfunk Kultur – Die Sendetermine

3.9. 5.9. 7.9. 8.9. 13.9. 15.9. 15.9. 17.9. 21.9. 24.9. 26.9.

Di 20:03

Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam

Aufzeichnung vom 2.9.

Do 20:03

BBC Symphony Orchestra

Live-Übertragung

Sa 19:05

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin

Aufzeichnung vom 1.9.

So 20:03

Berliner Philharmoniker

Live-Übertragung

Fr 20:03

Münchner Philharmoniker

Aufzeichnung vom 10.9.

So 15:05

„Quartett der Kritiker“

Aufzeichnung vom 31.8.

So 20:03

Junge Deutsche Philharmonie

Aufzeichnung vom 15.9.

Di 20:03

Israel Philharmonic Orchestra

Aufzeichnung vom 16.9.

Sa 22:00

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin  La Roue

wird als Studioproduktion in Ausschnitten gesendet

Di 20:03

IPPNW–Benefizkonzert

Aufzeichnung vom 22.9.

Do 20:03

Ensemble Musikfabrik

Aufzeichnung vom 8.9.

Deutschlandfunk Kultur ist in Berlin über 89,6 MHz, Kabel 97,50, bundesweit über Satellit, DAB+ und über Livestream auf deutschlandfunkkultur.de zu empfangen.

rbbKultur – Die Sendetermine

6.9. 21.9. 6.10.

Fr 20:04

Konzerthausorchester Berlin

Live-Übertragung

Sa 20:04

Berliner Philharmoniker

Aufzeichnung vom  12. /  13. /  14.9.

So 20:04

Les Siècles

Aufzeichnung vom  15.9.

rbbKultur ist in Berlin über 92,4 MHz, Kabel 95,35, digital und über Livestream auf rbbkultur.de zu empfangen.

Digital Concert Hall – Die Sendetermine

8.9. 14.9.

So 20:00

Berliner Philharmoniker

Live-Übertragung

Sa 19:00

Berliner Philharmoniker

Live-Übertragung

digitalconcerthall.com

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Programmübersicht

Fr

Sa

So

Mo

Di

Mi

Do

Fr

Sa

So

30.8. 31.8. 1.9. 2.9. 3.9. 4.9. 5.9. 6.9. 7.9. 8.9.

Philharmonie 21:00

Pierre-Laurent Aimard I

Ausstellungsfoyer Kammermusiksaal 17:00

„Quartett der Kritiker“

Philharmonie 19:00

Eröffnungskonzert Orchestre Révolutionnaire et Romantique Monteverdi Choir Sir John Eliot Gardiner

Kammermusiksaal 11:00

Alexander Melnikov

Philharmonie 18:00

Kinderchor der Staatsoper Unter den Linden Rundfunkchor Berlin Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin Vladimir Jurowski

Philharmonie 20:00

Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam Tugan Sokhiev

Philharmonie 19:00

Japanisches Nō-Theater Ensemble der Umewaka Kennōkai Foundation

Philharmonie 20:00

Ensemble Modern Brad Lubman

Philharmonie 20:00

BBC Symphony Orchestra Sakari Oramo

Kammermusiksaal 20:00

Pierre-Laurent Aimard II

Konzerthaus Berlin 20:00

Konzerthausorchester Berlin Juraj Valčuha

Philharmonie 19:00

Berliner Philharmoniker Peter Eötvös

Kammermusiksaal 17:00

Ensemble Musikfabrik Peter Eötvös

(wie 7.9.) Philharmonie 20:00

Berliner Philharmoniker Peter Eötvös

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Mo

Di

Mi

Do

Fr

Sa

So

Mo

Di

Mi

Do

So

9.9. 10.9. 11.9. 12.9.

Kammermusiksaal 20:00

Georg Nigl & Olga Pashchenko

Philharmonie 20:00

Münchner Philharmoniker Valery Gergiev

Philharmonie 20:00

London Symphony Orchestra Sir Simon Rattle

Kammermusiksaal 20:00

Pierre-Laurent Aimard III & Yuko Kakuta

Philharmonie 20:00

Rundfunkchor Berlin Berliner Philharmoniker Daniel Harding

13.9.

(wie 12./   14.9.) Philharmonie 20:00

Rundfunkchor Berlin Berliner Philharmoniker Daniel Harding

14.9.

Konzerthaus Berlin 14:00 – 23:00

Film & Live Musik:  La Roue  Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin Frank Strobel

(wie 12./   13.9.) Philharmonie 19:00

Rundfunkchor Berlin Berliner Philharmoniker Daniel Harding

Philharmonie 11:00

Jack Quartet Junge Deutsche Philharmonie Jonathan Nott

Philharmonie 20:00

Orchestre Les Siècles François-Xavier Roth

Philharmonie 20:00

Israel Philharmonic Orchestra Zubin Mehta

Philharmonie 20:00

Orchester der Deutschen Oper Berlin Donald Runnicles

Kammermusiksaal 20:00

Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker Susanna Mälkki

Philharmonie 20:00

Rundfunkchor Berlin Deutsches Symphonie-Orchester Berlin Robin Ticciati

Kammermusiksaal 16:00

IPPNW-Benefizkonzert WuWei Trio

15.9. 16.9. 17.9. 18.9. 19.9. 22.9.

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IMPRESSUM

Musikfest Berlin

Berliner Festspiele

Künstlerische Leitung

Ein Geschäftsbereich der

Dr. Winrich Hopp

Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH

Studentische Mitarbeit K ­ ommunikation

Josip Jolić, Leonard Pelz

Organisation

Anke Buckentin (Leitung), Anna Crespo Palomar, Ina Steffan

Intendant

Dr. Thomas Oberender Kaufmännische Geschäftsführung

Abendprogramm

Charlotte Sieben

Ticket Office

Ingo Franke (Leitung), Maike D ­ ietrich, Simone Erlein, Frano Ivić, Torsten S ­ ommer, Sibylle Steffen, Alexa Stümpke, Marc Völz Vertrieb

Redaktion

Dr. Barbara Barthelmes

Leitung Kommunikation

Uwe Krey

Claudia Nola Gebäudemanagement

Lektorat

Anke Buckentin Anna Crespo Palomar Thalia Hertel Gestaltung Cover

Christine Berkenhoff und Anna Busdiecker Gestaltung Innenseiten

Christine Berkenhoff nach einem Entwurf von Eps51 Herstellung

medialis Offsetdruck GmbH, Berlin Stand: 31. Juli 2019 Programm- und Besetzungsänderungen vorbehalten

Christine Berkenhoff, Anna Busdiecker, Felix Ewers

Ulrike Johnson (Leitung), Frank Choschzick, Olaf Jüngling, Georg Mikulla, Sven Reinisch

Internetredaktion

Hotelbüro

Grafik

Frank Giesker, Jan Köhler Marketing

Anna-Maria Eigel, Gerlind Fichte, Jan Heberlein, Michaela Mainberger

Logistik

Presse

Technische Leitung

Anna Lina Hinz, Patricia Hofmann, Svenja Kauer, Jasmin Takim, Jennifer Wilkens

Matthias Schäfer Adresse

Protokoll

Schaperstraße 24, 10719 Berlin

Gerhild Heyder Redaktion

Dr. Barbara Barthelmes, Andrea Berger, Anne Phillips-Krug, Paul Rabe

Gefördert durch / Funded by

Caroline Döring, Selina Kahle, Frauke Nissen I-Chin Liu (Leitung), Sven Altmann

Berliner Festspiele

+ 49 30 254 89 0 info@berlinerfestspiele.de berlinerfestspiele.de

Berliner Festspiele / Musikfest Berlin in Zusammenarbeit mit / in cooperation with Stiftung Berliner Philharmoniker

Medienpartner / Media Partners

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