Musikfest Berlin 2019 – Abendprogramm IPPNW-Benefizkonzert am 22.9.

Page 1

Berliner Festspiele

# musikfestberlin

MUSIK FEST BERLIN

In Zusammen­ arbeit mit der Stiftung Berliner Philharmoniker

22.9. 2019 IPPNW-Benefizkonzert

Wu Wei Trio



MUSIK FEST BERLIN

30.8.– 19.9. 2019

In Zusammen­­arbeit mit der Stiftung Berliner Philharmoniker


Bildnachweise S. 8 S. 10 S. 12 S. 13 S. 14 S. 15 S. 16 S. 17

S heng, 1889, Crosley Brown Collection of Musical Instruments, Metropolitan Museum of Art K inder und Jugendliche aus den Projekten von Mit  Mach  Musik e.V. © Alaa Abboud, Christophe Gateau, Tanya Vasylenko C laudio Monteverdi, Foto: Wikimedia Commons G eorg Philipp Telemann, ca. 1745, Kupferstich, Foto: Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel J ohann Sebastian Bach, Foto: Wikimedia Commons Ò rlando Gibbons, Kupferstich, Foto: National Portrait Gallery London A ntonio Vivaldi; Foto: Bildarchiv Austria W u Wei Trio © Louise Li


MUSIKFEST BERLIN 2019

Sonntag 22. September 16:00 Uhr

Konzertprogramm

S. 5

Linus Bickmann Trios in neuem Klanggewand

S. 6

35 Jahre IPPNW-Concerts

S. 11

Komponisten

S. 12

Interpreten

S. 17

Musikfest Berlin 2019 im Radio und online

S. 21

Musikfest Berlin 2019 Programmübersicht

S. 22

Impressum

S. 24

3


Bitte schalten Sie Ihr Mobiltelefon vor Beginn des Konzerts aus. Bitte beachten Sie, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind.

Das Konzert wird von Deutschlandfunk Kultur am 24. September 2019 ab 20:03 Uhr übertragen. Deutschlandfunk Kultur ist in Berlin über 89,6 MHz, Kabel 97,50, bundesweit über Satellit, DAB+ und über Livestream auf www.deutschlandfunkkultur.de zu empfangen. 4


PROGRAMM

IPPNW-Benefizkonzert

Zugunsten des Vereins „MitMachMusik – Ein Weg zur Integration von Flüchtlingskindern e. V.” Begrüßung: Dr. Peter Hauber (IPPNW) „35 Jahre IPPNW-Concerts: der Versuch, mit Kultur Politik zu machen.”

Claudio Monteverdi  (1567 – 1643) Arie  Pur ti miro, pur ti godo aus  L‘incoronazione di Poppea (1642)

Georg Philipp Telemann  (1681 – 1767) Triosonate c-Moll  TWV 42:c5 Adagio – Vivace – Affettuoso – Allegro Improvisation

Johann Sebastian Bach  (1685 – 1750) So,   22.9.

Triosonate Es-Dur  BWV  525  (1727 – 1732) Adagio – Allegro

16:00

Pause

Kammermusiksaal

Orlando Gibbons  (1583– 1625) Fantasies in Three Parts  (1621/1648) Teil I und Teil II

Johann Sebastian Bach

Goldberg-Variationen  BWV 988 (1741) Improvisation

Antonio Vivaldi  (1678 – 1741) Triosonate d-Moll  RV 63 (1705)

„La Follia“

Wu Wei Trio: Wu Wei Sheng Martin Stegner Viola, Moderation Matthew McDonald Kontrabass

Eine gemeinsame Veranstaltung von IPPNW-Concerts, der Stiftung Berliner Philharmoniker und der Berliner Festspiele   /   Musikfest Berlin

5


ESSAY

Trios im neuen Klanggewand

D

er musikalische Horizont des Barock war weit und nicht durch Instrumentenmaße zu begrenzen. Komponisten waren vorrangig Musiker, nicht selten Multiinstrumentalisten. Johann Sebastian Bach beherrschte die Orgel so meisterhaft wie die Geige. Und Georg Philipp Telemann schrieb in seiner Lebensskizze von 1740, ein „hefftiges Feuer“ habe ihn angetrieben, „ausser Clavier, Violine und Flöte, mich annoch mit dem Hoboe, der Traverse, dem Schalümo, der Gambe etc. biß auf den Contrebaß und die Quint-Posaune, bekannt zu machen.“ So verwundert es kaum, dass Bearbeitungen eigener und fremder Werke für andere instrumentale Besetzungen gang und gäbe waren. Dies galt nicht nur aus rein aufführungspraktischen Gründen, man versuchte auch, neue Ausdrucksmöglichkeiten durch Transkriptionen zu er­ schließen. Die italienische Triosonate war hierfür ein ideales Spielfeld. Sie hatte sich rasch zu einer angesehenen und beliebten Gattung der Zeit entwickelt und bildete die Urzelle der kleinbesetzten Ensemblemusik im Barock. Für Komponisten war die Beschäftigung mit ihr immer auch ein Prüfstein der eigenen künstlerischen Reife. So fertigte Bach zum Beispiel Orgeltranskriptionen 6

italienischer Triosonaten an. Einzelne Sätze aus seinen Orgeltrios sollte Wolfgang Amadeus Mozart später für ein Trio aus Geige, Bratsche und Kontrabass bearbeiten. Mutet eine heutige Triobesetzung mit der chinesischen Mundorgel Sheng auf den ersten Blick ausgefallen an, so wirkt sie beim ersten Hören erstaunlich vertraut. Die enormen spiel­ technischen Möglichkeiten, ihre metallenen Zungen zum Klingen zu bringen, reichen von sanften Tönen bis hin zu gleißenden Glissandi und eruptiven Akkordclustern, wie die atonalen Improvisationen eindringlich zeigen, die als Hörinseln zwischen den Werken des Programms erklingen. Dessen Beginn führt nach Venedig, in die Heimatstadt Marco Polos, der womöglich die Kenntnis des 3000 Jahre alten Instruments mit nach Europa brachte.


ESSAY

Claudio Monteverdi – Pur ti miro, pur ti godo

instrumentaler Besetzungen wie die für Oboe, Viola und Basso continuo in seiner c-Moll-Sonate, einem Schmuckstück der Gattung. Bemerkenswert, welche Leichtigkeit und Kunstfertigkeit hier Claudio Monteverdis letztes Bühnenwerk   waltet, so etwa im letzten Satz, wenn das rhythL’incoronazione di Poppea  war zugleich auch die erste Oper überhaupt, der statt antiker Mythen eine misch federnde Thema in den Oberstimmen historische Begebenheit zu Grunde lag – und noch raffiniert nachgeahmt wird und dabei unablässig barocken Swing versprüht. dazu eine sehr verrufene, handelte es sich dabei doch um eine veritable Sex-and-Crime-Story aus der römischen Geschichte: Aus Machtgier ging  Johann Sebastian Bach – Kaiser Nero bekanntlich über Leichen, ließ seine Mutter und seine Gattin Octavia ermorden, um Triosonate Es-Dur BWV 525 sich freie Bahn für die Heirat mit Poppea, seiner Mätresse, zu verschaffen. Die von Telemann beabsichtigte volle GleichIm Schluss-Duett der Oper erheben und berechtigung der Stimmen war auch für Johann umschlingen sich die Stimmen der Liebenden über Sebastian Bach oberste Maxime. Der für jeden einem absteigenden Bass. In kurzen Einwürfen Organisten herausfordernde Pedalpart seiner drängen sie leidenschaftlich aufeinander zu. Eine Orgelsonaten ist aber auch ein untrügliches unwiderstehliche Erotik liegt darin, die auch Zeichen dafür, dass diese Stimme ursprünglich wohl einem anderen Instrument zugedacht war. ohne gesungenen Text ohrenfällig wird und in die sich der Klang der Sheng anmutig einfügt. Da Tatsächlich lassen sich für die Orgelsonaten vielfach instrumentale Vorbilder in früheren wird zur Nebensache, dass die neuere Forschung Zweifel geweckt hat, ob die berühmteste Nummer Werken Bachs finden. So fußt die Triosonate in Es-Dur auf einem Trio für Blockflöte, Oboe und der Oper überhaupt von Monteverdi stamme. Basso continuo. Die Orgel vermag das ursprüngliche Klanggewand des Trios jedoch durch Georg Philipp Telemann – Wahl von Flöten- und Zungenstimmen gleichsam nachzuahmen. Aber auch die klanglich reizvolle Triosonate c-Moll TWV 42:c5 Mischform aus Orgel- und Streicherklang durch Für die Sheng hätte sicher auch Georg Philipp das Trio aus Sheng, Viola und Kontrabass bringt die Kontraste des Werks wirkungsvoll zur Geltung. Telemann reizvolle Kompositionen geschrieben. Der gebürtige Magdeburger war zu seinen Leb­ Im schroffen Gegensatz zum spielfreudigen ersten zeiten eine europäische Berühmtheit und ein Satz steht das schwermütige Thema des zweiten höchst neugieriger, umtriebiger Komponist, dessen Satzes, das an den klagenden Duktus des EinHumor und Erfindungsreichtum in seinen Werken gangschors aus der Matthäus-Passion erinnert, bis heute staunen lassen. In Telemanns wahrlich aber auch würdig wäre, als Fundament einer großem Kosmos an Werken – er komponierte mehr großen Orgel-Passacaglia zu dienen. Der dritte als Bach und Händel zusammen – kommt der Satz findet zurück zu einer nun geradezu ins Gattung der Triosonate eine besondere Stellung Übermütige gesteigerten tänzerischen Fröhlichzu, wie er selbst in seiner Autobiographie resükeit. mierte: „Aufs Triomachen legte ich mich hier insonderheit, und richtete es so ein, daß die zwote Partie die erste zu seyn schien, und der Baß in Orlando Gibbons – natürlicher Melodie, und in einer zu jenen nahe Fantasies  in Three Parts tretenden Harmonie, deren jeder Ton also, und nicht anders seyn konnte, einhergieng. Man wollte Noch vor der Entwicklung der italienischen mir auch schmeicheln, daß ich hierin meine Triosonate entstanden um 1620 Orlando Gibbons beste Krafft gezeiget hätte.“ Telemann überrascht dreistimmige Fantasien, die in der englischen Musiktradition der „Fancy“ stehen. Die Gamben­ immer wieder, wie er den „italiänschen Rock, mit abgewechselten Adagi und Allegri, eingekleidet“ fantasie war aber entgegen ihrem Namen keine hat: Oft bereits durch die Wahl ausgefallener ungebundene Form, sondern eine Gattung des 7


ESSAY

8


ESSAY strengen Kontrapunkts. Motettenartig gebaut, sind ihre einzelnen Abschnitte geprägt durch ein enges Geflecht von Motiven und ein gleichberechtigtes, inniges Spiel der Stimmen, das immer wieder mit Dissonanzen gewürzt ist. In diesen Werken zeigt Gibbons, ein begnadeter Organist und seiner Zeit als „the best finger of that age“ gerühmt, warum er nicht nur als Komponist sakraler Werke neben William Byrd und John Bull zu den bedeutendsten Tonschöpfern seiner Zeit gehörte.

Johann Sebastian Bach – Goldberg-Variationen Bach schuf mit den  G oldberg-Variationen  ein faszinierendes Kompendium barocker Satz­ techniken. Die Nähe zum Triosatz zeigt bereits das für das Werk geforderte Instrument, ein zwei­manualiges „Clavicimbal“. Eine reich verzierte instrumentale Aria bildet den Anfangs- und Endpunkt des Werks. Doch nicht deren Melodie, sondern deren 32 Basstöne und die von ihnen bestimmte Harmoniefolge bilden das Thema der folgenden Variationen. Für diese hat Bach sich ein strenges Formschema erdacht. Dass anstelle des letzten erwarteten Kanons ein Quodlibet, d.h. eine Verschränkung von zwei volkstümlichen Liedern, erklingt, ist Ausdruck von Bachs kreativer Freiheit, mit der er die Metamorphosen des Themas zu einem phantasievollen Abschluss führt. Auch die satztechnisch kompliziert-kunstvolle Gestaltung des Werks ist keineswegs eine Demonstration trockener Gelehrtheit, sondern besticht durch Spielfreude und Abwechslungsreichtum. 1883 hatte Joseph Rheinberger seine „pietätvolle Bearbeitung für zwei Klaviere“ noch geschrieben, um das Werk für eine Zeit wiederzugewinnen, in der man das Cembalo längst nicht mehr allgemein kannte. Heutige Musiker*innen lockt dagegen der Reiz, durch eine Trio-Fassung den kammer­musikalischen Dialog, der den Stimmen innewohnt, mit neuen Klangfarben plastisch hervor­treten zu lassen.

Antonio Vivaldi – La Follia

Folge begegnet uns im beschließenden Werk der Sammlung wie in Arcangelo Corellis berühmtem op. 5 ein groß angelegter Variations­satz über die Follia: einem ursprünglich lärmenden, ja verrückten iberischen Volkstanz, dem auch der Ruch des Schamlosen und Wilden anhaftete. Die FolliaMode ereilte auch Italien, wo eine langsamere Form des Tanzes Furor und Vitalität in stilisierter Form bannte. Vivaldi machte daraus einen munteren Schlagabtausch zweier Geigen samt Bass über 19 Runden. Die aufgebotenen virtuosen Figurationen erinnern daran, dass die Aufführung von Barockmusik immer auch der Improvisation nahestand. Konsequent werden Vivaldis Variationen fortgesponnen mit den vielfältigen spieltechnischen und klanglichen Möglichkeiten der Sheng. Einmal mehr tritt die Sheng hier in einen lebendigen Dialog mit dem musikalischen Erbe und erweitert mit ihrem betörenden Spiel leichterhand das Klangspektrum des europäischen Barock. Sie macht den Hörer*innen von heute erneut bewusst, welch freier, universaler Atem die Musik jener Zeit durchströmte. Linus Bickmann

Linus Bickmann,

Eine Sammlung von Triosonaten bildete das op. 1 im Schaffen Antonio Vivaldis, das er 1705 veröffentlichte. Statt einer typischen mehrsätzigen 9

Berlin, ist Musikdramaturg bei der Akademie für Alte Musik Berlin. Nach dem Studium der Musik- und Theaterwissen­ schaft in Bayreuth, Berlin und Venedig war er unter anderem für die Lautten Compagney als Dramaturg tätig. Barockmusik und insbesondere die Barockoper bilden einen Schwerpunkt seines Interesses.


ESSAY

10


IPPNW- CONCERTS 35 JAHRE IPPNW- CONCERTS Die Organisation International Physicians for the Prevention of Nuclear War – Ärzte für die ­Ver­hütung des Atomkrieges (IPPNW), der 1984 der Friedenspreis der UNESCO und 1985 der ­Friedensnobelpreis zuerkannt wurde, erhielt 1982 eine deutsche Sektion. 1984 gründet der in Berlin ansässige Kinderarzt Peter Hauber zusammen mit seiner Frau Ingrid IPPNW-Concerts, mit dem Ziel, die Botschaft der IPPNW im Rahmen von Benefizkonzerten einer breiten Öffentlichkeit ­nahe­zubringen. Bald schon fanden IPPNW-Konzerte in ganz Deutschland und anderen Ländern statt, unter anderem auch in den USA und in der UdSSR. 1987 begann ein Kommentator des Senders RIAS eine Kultursendung mit den Worten: „Seit gerau­ mer Zeit wird das gerade auch sonst nicht so ärmli­che Konzertleben Berlins mit einem erle­­senen Tupfer versehen – mit den Konzerten, die die IPPNW gibt.“ Seit 1988 werden zahlreiche Konzerte regelmäßig auch im Rundfunk übertragen und auf CD veröffentlicht. Schon drei Jahre nach Grün­­dung des Labels IPPNW-Concerts wurde diese CD-Reihe in der Süddeutschen Zeitung unter der Rubrik „Die Schallplatte“ mit dem Hinweis „höchst achtenswerte Platteneinspielungen“ geehrt. Zwei Konzerte mit einem von der IPPNW zusammengestellten Weltorchester wurden vom Fern­ sehen weltweit übertragen. Der Erlös der Konzerte und aus dem Verkauf der CDs kommt den infolge von Kriegen, Industrie- und Naturkatastrophen Not leidenden Menschen, den Spätopfern atomarer Explosionen von Hiroshima bis Fukushima und der Arbeit verschiedener Friedensorganisationen und der IPPNW zugute. Viele Musiker der Berliner Philharmoniker und zahlreiche berühmte Solist*­ innen und Ensembles des internationalen Musiklebens – von der Alten bis zur Neuen Musik, vom Jazz bis zur Klassik – wirken seit der Gründung von IPPNW-Concerts vor 35 Jahren bei den Konzerten mit und stellen durch ihr Engagement dem Wettrüsten und der Zer­störung der Erde immer wieder ein Stück Kultur entgegen. Seit 1991 haben die IPPNW-Konzerte immer wieder einen Platz im Rahmen des  Musikfest Berlin. ippnw-concerts.de

MUSIK ALS MEDIZIN Was Musik bewirken kann, zeigt die Ini­tia­tive „MitMachMusik – Ein Weg zur Integration von Flüchtlingskindern e.  V.“, die vor mehr als drei Jahren von Berliner Kinderärzten, Musikpä­dagogen und freiwil­ligen Helfer*innen ins Leben gerufen wurde. Seit 2015 kamen mehr als 300.000 Kinder und Jugendliche als Flüchtlinge zu uns nach Deutschland. Traumatisiert durch Kriegs- und Fluchterlebnisse leben diese Kinder auf engstem Raum in ghettogleichen Unterkünften, eingebettet im Spannungsfeld unterschiedlicher Kulturen, Religionen und politischer Überzeugungen. Folgt man dem Slogan „Unsere Kinder sind unsere Zukunft“, dann sollten wir folgerichtig ergänzen: „Diese Kinder sind auch unsere Zukunft“, denn wenn es uns nicht gelingt, sie emo­tio­nal, sprachlich, kulturell und intellektuell in unser soziales System zu integrieren, droht ihnen nach dem Beispiel südamerikanischer Straßenkinder eine Zukunft in Gewalt und Kriminalität und uns die Entstehung neuer sozialer Brennpunkte. Dies gilt es zu verhindern. In mittlerweile elf Flüchtlingsunterkünften und Treffpunkten fördern von professionellen Musiker*innen und Pädagog*innen geleitete Musikgruppen das Selbstbewusstsein und die Integration dieser Kinder durch gemein­sames Musizieren und Singen. „Die Kinder kommen hier an und sind sprachlos. Wir geben ihnen eine Stimme durch ihr eigenes Tun“, sagt Pamela Rosenberg, ehe­malige Intendantin der Berliner Philharmoniker und Mit-Initiatorin des Projekts. Die Kinder tragen das täglich neu Erlernte in ihre Familien. Die Musik ist somit auch ein Bindeglied zwischen ihnen und uns. Seit 2018 treffen sie sich regelmäßig auch mit Berliner Kindern zum gemeinsamen Musizieren und wagen sogar erste Berührungen mit Musiker*innen der Philharmoniker im Rahmen des philhar­monischen Education Programms. Für viele der Profis, die die Kinder unterrichten, sind frei nach dem Wort von Yehudi Menuhin – „Das Leben ist ein ständiger Austausch“ – die Begegnungen mit ihnen ein größeres Geschenk als der Applaus des Publikums nach einem Konzert. Das Konzert am 22. September wird hoffentlich dazu beitragen, zahlreiche neue Spender*innen zu gewin­nen, damit diese so erfolgreiche Initiative nicht nur ­fortbestehen, sondern sich auch über die Grenzen von Berlin und Potsdam weiter ausbreiten kann. mit-mach-musik.de

11


BIOGRAFIEN – KOMPONISTEN

C

Claudio Monteverdi

laudio Monteverdi (1567 – 1643) ist einer der großen Revolutionäre der Musikgeschichte, der mit seinem tief in der Tradition wur­ zelnden, aber allem Neuen aufgeschlossenen Schaffen wie kein zweiter für die Umbrüche an der Epochenschwelle des Jahres 1600 steht. Obwohl ­Monteverdi ein universaler Musiker war, verbindet sich sein Name für uns vor allem mit zwei Gattungen, der Oper und dem Madrigal. Mit einigem Recht kann die Uraufführung von Monteverdis   Orfeo  am 24. Februar 1607 am Hof von Mantua als echte Geburtsstunde der Oper angesehen werden, weil es erst seiner Gestaltungskraft und seines dramatischen Instinkts bedurfte, um aus den etwa zehn Jahre älteren Ansätzen seiner Vorgänger eine lebensfähige Kunstform zu machen. Umgekehrt hat Monteverdi auf dem Gebiet des Madrigals eine ungemein reiche und verzweigte Gattung mit seinem Schaffen zu einem Abschluss gebracht. Beide Gattungen verbinden sich in einer seiner ausdrucksstärksten Kompositionen, dem schon zu seinen Lebzeiten berühmten  Lamento d’Arianna,  das aus einer verlorengegangenen Oper stammt, aber in mehreren eigenhändigen Madrigalbearbeitungen überliefert ist. Der am 15. Mai 1567 getaufte Monteverdi wuchs in den behüteten Verhältnissen einer wohlsituierten Ärztefamilie in Cremona auf und erhielt eine ausgezeichnete musikalische Aus­ bildung. Bereits mit 15 Jahren konnte er erste Kom­positionen veröffentlichen. Seine erste Anstellung erhielt Monteverdi 1590 oder 1591 am Hofe der Fürsten Gonzaga in Mantua, wo er sich vom Violaspieler stetig emporarbeitete, bis er 1603 zum Leiter der Hofkapelle ernannt wurde. Er hatte nun zahlreiche musikalische und administrative Aufgaben zu erfüllen, die von der musikalischen 12

Ausgestaltung von Festen und Turnieren bis zur Aufsicht über die Kirchenmusik reichten, und musste überdies dem Fürsten auch auf Reisen zur Verfügung stehen. Bis zur Erschöpfung arbeitend war Monteverdi, der inzwischen Familienvater war, mit seinen Lebensumständen bald nicht mehr zufrieden. Gegen jede Konvention entfernte er sich eigenmächtig längere Zeit vom Hof und sprach Missstände offen an. Bei allen offenbaren Miss­ helligkeiten blieb Monteverdi der Familie Gonzaga aber lebenslang verbunden, auch nachdem er im Juli 1612 aus ungeklärten Gründen aus dem Dienst entlassen wurde. Bereits im folgenden Jahr wurde Monteverdi mit einer der repräsentativsten Aufgaben des italienischen Musiklebens betraut und von der Stadt Venedig zum Kapellmeister am Markusdom ernannt. Hier war der Komponist am Ziel seiner Wünsche angekommen und so versah er seinen Dienst am Markusdom bis zu seinem Tod am 29. November 1643. Von den geistlichen Kompositionen, die in diesen 30 Jahren entstanden, ist wohl nur ein sehr kleiner Teil erhalten. Besser ist aber die letzte bedeutsame Wandlung seines Schaffens dokumentiert: Mit  I l ritorno d’Ulisse in patria  und  L’incoronazione di Poppea  reagierte der greise Komponist auf die neuen künstlerischen Möglichkeiten, die sich in Venedig von 1637 an aus der Eröffnung der ersten kommerziellen Opernhäuser ergaben.


BIOGRAFIEN – KOMPONISTEN

G

Georg  Philipp Telemann

eorg Philipp Telemann (1681 – 1767) ist einer der produktivsten und vielseitigsten Komponisten der Musikgeschichte. Kantaten, Passionen, Oratorien, Arbeiten für die Oper von der Einlagearie bis zum vollständigen Bühnenwerk, Konzerte, Suiten, Triosonaten, Sinfonien – die Liste allein der Gattungen, die von ihm mit zahlreichen Werken bedacht wurden, ließe sich noch lange fortsetzen. Nur die Musik für Tasteninstrumente hat Telemann beiseitegelassen. In unserer Zeit würde man Telemann, der ganz auf den Selbstverlag setzte und neue Publikations­ formen und Vertriebswege erschloss, zudem als organisatorisches und unternehmerisches Genie feiern. Erstaunlicherweise ist vom Leben und Schaffen dieser faszinierenden Musikerpersönlich­ keit vieles unbekannt oder unsicher. Schon der reine Werkbestand ist weit davon entfernt, geklärt zu sein, noch weniger Chronologie und stilistische Entwicklung seines Schaffens. Auch die Frage, ob und wie Telemann die Hilfe von Mitarbeitern oder Schülern in Anspruch genommen haben mag – eine angesichts seines Arbeitspensums mehr als naheliegende Hypothese – konnte bisher nicht schlüssig beantwortet werden. Diese missliche Situation ist ein Ergebnis der Rezeptions­ geschichte des Komponisten. Zu Lebzeiten einer der berühmtesten Musiker schlechthin, verblasste sein Ruhm nach seinem Tod rasch. Vom 19. Jahrhundert an konzentrierte sich das Interesse der Musikwelt ganz auf Bach und Händel, mit denen 13

Telemann selbst gut bekannt war. Ein geradezu fatal schiefes Bild entstand, als er zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf einen Komponisten von häuslicher Spielmusik reduziert wurde. Weitgehend im Dunkeln liegen Telemanns kompositorische Anfänge. Vieles scheint sich der 1681 in Magdeburg geborene Telemann selbst angeeignet zu haben. Gänzlich ohne Unterricht kann er die handwerkliche Meisterschaft, ohne die die kaum fassbare Mühelosigkeit seines Produzierens gar nicht gedacht werden kann, aber auch nicht erworben haben. Von 1701 an studierte Telemann Juristerei in Leipzig, tat dies aber offenbar nur pro forma und nutzte seine Zeit vor allem, um eine umfangreiche musikalische Wirksamkeit zu entfalten. Neben seinen für Leipzig geschaffenen Kompositionen rief er hier Institutionen ins Leben, von denen später noch Bach profitieren konnte. 1704 trat Telemann in den Dienst des regierenden Grafen im schlesischen Sorau ein und wechselte vier Jahre später an den Hof des Herzogs von Sachsen-Weißenfels in Eisenach. Seine eigentliche Bestimmung fand Telemann aber nicht bei Hofe, sondern in der städtischen Stellung als Musikdirektor der Stadt Frankfurt, wo er von 1712 an quasi im Alleingang ein verwaistes Musikleben zum Blühen brachte. Gekrönt wurde Telemanns Laufbahn, als er 1721 im Alter von 40 Jahren ohne irgendein Bewerbungsverfahren, bloß kraft seiner Reputation auf die hoch angesehene Position des Musikdirektors der Stadt Hamburg berufen wurde. Hier war Telemann für die Musik an den fünf Hauptkirchen der Stadt zuständig, wozu etwa auch die wöchentliche Produktion einer Kantate gehörte. Er wirkte aber weit über seine Dienstpflichten hinaus und gönnte sich erst in den letzten Lebensjahren etwas mehr Ruhe. Telemann starb am 25. Juni 1767 in Hamburg.


BIOGRAFIEN – KOMPONISTEN

Johann Sebastian Bach Johann Sebastian Bach gehöret zu einem Geschlechte, welchem Liebe und Geschicklichkeit zur Musick, gleichsam als ein allgemeines Geschenck, für alle seine Mitglieder, von der Natur mitgetheilet zu seyn scheinen.

S

o beginnt der biografische Bericht in dem 1754 erschienenen, von einem Sohn Bachs mitverfassten Nekrolog auf Johann Sebastian Bach (1685 – 1750). Für Bach war die Zugehörigkeit zu diesem Geschlecht viel mehr als nur die zu einem lockeren Verbund von gleichartig Begabten, sie bedeutete für ihn Geborgenheit und ein sicheres Netz in der Not. Denn schon mit 10 Jahren war Bach, der Sohn eines Stadtmusikers aus Eisenach, Vollwaise. Er fand Aufnahme bei seinem ältesten Bruder, der Organist in einem kleinen Städtchen in der Nähe war und dem nun bei ihm wohnenden Kind die Grundlagen des Klavierspiels beibrachte. Mit 15 Jahren verließ Bach Thüringen und wurde Chorschüler an der Kirche St. Michaelis in Lüneburg. Seine allgemeine musikalische Aus­ bildung muss dort sehr rasch vorangeschritten sein. Offenbar verfügte Bach auch damals schon über einen gewissen Ruf als Experte für Orgelbau, denn im Juli 1703 wurde er eingeladen, an der 14

Abnahme und Einweihung einer neuen Orgel im thüringischen Arnstadt teilzunehmen. Der junge Musiker muss dabei einigen Eindruck gemacht haben, denn keine vier Wochen später wurde er schon zum Organisten an dieser Kirche bestellt. Von dieser ersten Anstellung an, die dem Ehrgeiz des selbstbewussten jungen Mannes längerfristig keinesfalls genügen konnte, betrieb er umsichtig seinen Aufstieg zu angeseheneren – und auch immer besser bezahlten – Positionen. Bach blieb vier Jahre in Arnstadt, um 1708, nach einer kurzen Zwischenstation als Organist in Mühlhausen, in den Dienst des Herzogs von Weimar zu treten. Hier entstanden bis Ende 1717 die ersten Meisterwerke, die wir bis heute zum Kern seines Schaffens zählen, vor allem Orgel­ musik wie die  P assacaglia  c-Moll BWV 582 und Kantaten. Vom Weimarer Hof, wo er sich lange wohlgefühlt hatte, schied Bach in Unfrieden. Er hatte um Entlassung aus dem Dienst gebeten, um Kapellmeister des Fürsten von Anhalt-Köthen zu werden, bei dem er bessere Möglichkeiten für sich sah. In Weimar wollte man den Musiker aber nicht so ohne Weiteres ziehen lassen, und so musste Bach vier Wochen in Arrest verbringen ehe er seinen neuen Dienst antreten konnte. In Köthen stand Bach in der Hofkapelle ein Ensemble hervorragender Musiker zur Verfügung. Der Schwerpunkt seines Schaffens verlagerte sich nun auf die Instrumentalmusik. Unter anderem sind die  B randenburgischen Konzerte,  der erste Teil des  Wohltemperierten Klaviers  und die sechs   Sonaten und Partiten  für Violine solo Früchte dieser Zeit. Bach hatte in Köthen eine vorzügliche Stellung, und er gründete nun auch eine eigene Familie. Mit Sorge musste er dann zur Kenntnis nehmen, dass die Kosten der Hofhaltung die finanziellen Möglichkeiten der kleinen Residenz überstiegen. Bach streckte deshalb erneut seine Fühler aus, und als 1722 das Amt des Thomas­ kantors in Leipzig, eines der angesehensten musikalischen Ämter Mitteldeutschlands, neu zu besetzen war, bewarb er sich. Das Verfahren war langwierig, und es gab mehrere hochrangige Kandidaten aus ganz Deutschland. Schließlich fiel die Wahl auf Bach, der im Frühjahr 1723 in sein neues Amt eingeführt wurde. In Leipzig hatte Bach endlich seinen Lebensmittelpunkt gefunden, und trotz mancher Zwistig-


BIOGRAFIEN – KOMPONISTEN

O keiten und Misshelligkeiten mit dem Rat der Stadt sollte er aus Leipzig nicht mehr fortziehen. 27 Jahre lang versah Bach das Amt des Kantors und Musikdirektors der Stadt. Anfangs komponierte er vor allem Kirchenmusik, bis er über einen großen Fundus an eigenen Werken verfügte, mit denen er den Gottesdienst an den vier Leipziger Kirchen bestreiten konnte. Von den 1730er Jahren an stand dann wieder die Instrumentalmusik im Zentrum seines Schaffens. Über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren entstand die groß angelegte vierteilige  C lavieruebung,  zu der unter anderem die  6 Partiten,  das  Italienische Konzert  und die  G oldbergvariationen  gehören und die ein Kompendium aller Möglichkeiten der Musik für Tasteninstrumente darstellt. Das Aufzeigen aller kompositorischen Möglichkeiten in beispielhaften Werken wie der  C lavieruebung  war ein Grund­ impuls seines späten Schaffens, das in seiner Einheit von emotionaler Kraft und rationaler Tiefe einen der Höhepunkte der Musikgeschichte bildet. Als allgemein anerkannter Musiker, der freilich manchen Jüngeren als Vertreter eines veralteten, überholten Stils galt, und als berühmter Orgelvirtuose und -experte verlief Bachs Leben in zusehends ruhigen Bahnen. Im Mai 1747 unternahm er auf Einladung Friedrichs II. noch einmal eine Reise nach Potsdam und Berlin. Bachs letztes Lebensjahr stand dann im Zeichen einer schweren gesundheitlichen Krise, von der er sich nicht mehr erholen sollte. Er starb am 28. Juli 1750. 15

Orlando Gibbons

rlando Gibbons (1583 – 1625) ist einer der bedeutendsten Meister des Elisabethanischen Zeitalters am Übergang zum Barock, das auch in der Musik als besondere Blütezeit in die Kulturgeschichte Englands eingegangen ist. Wie der wesentlich ältere William Byrd hat er dabei Anteil an den zahlreichen Sonderentwicklungen der englischen Musik jener Zeit, die sich in vielem von der Musik auf dem Kontinent unterschied. Gibbons’ überliefertes Schaffen ist verhältnismäßig schmal, aber ungemein vielfältig. Es umfasst alle seinerzeit wichtigen Gattungen von der Musik für repräsentative Gottesdienste und höfische und private Andachten über Madri­ gale bis zu mehrstimmiger Kammermusik und verschiedene Arten der Musik für Tasteninstrumente wie dem Virginal, der englischen Form des Cembalos. Eines seiner bekanntesten Stücke zeigt Gibbons Fantasie und Originalität schon in der Idee. In The Cries of London  bettet er die Verkaufsrufe Londoner Marktschreier in eine kunstvolle mehrstimmige Vokalkomposition ein. Gibbons‘ Weg war früh vorgezeichnet. Aus einer Oxforder Musikerfamilie stammend wurde er mit 13 Jahren in das King’s College in Cambridge aufgenommen, wo er unter der Anleitung seines älteren Bruders Edward eine umfassende Aus­ bildung als Sänger und Organist erhielt. 1603, noch vor seinem 20. Geburtstag, wurde Gibbons in die Chapel Royal aufgenommen, die für die musika­ lische Ausgestaltung der Gottesdienste des englischen Königshauses zuständig war und damit die bedeutendste musikalische Institution des Landes darstellte. Nach einer gewissen Karenzzeit wurde er im März 1605 offiziell vereidigt. Gibbons blieb bis zu seinem Lebensende Mitglied der Chapel Royal und übernahm nach und nach


BIOGRAFIEN – KOMPONISTEN

weitere Ämter, unter anderem als Organist der Westminster Abbey. Neben den Arbeiten für das englische Königshaus entstanden viele Stücke für hohe Adelige und Angehörige des Hofes, aber auch für das gehobene Bürgertum. Herausragend muss Gibbons Spiel auf Tasteninstrumenten gewesen sein. In einer zeitgenössischen Quelle wird er als „best finger of that age“ bezeichnet. Gibbons starb überraschend am 5. Juni 1625, als er sich im Gefolge von König Charles I. in Canterbury aufhielt.

D

Antonio Vivaldi

ass man heutzutage in den Fußgänger­­zonen unserer Städte den  Vier Jahreszeiten  Antonio Vivaldis (1678 – 1741) schier nicht entkommen kann, war lange Zeit überhaupt nicht abzusehen. Bis vor nicht einmal hundert Jahren galt Vivaldi nämlich allenfalls als ein beliebiger Kleinmeister. Erst als es der Nationalbibliothek in Turin 1927 und 1930 gelang, Vivaldis eigen­ händiges Archiv mit den Partituren von etwa 450 Kompositionen von zwei privaten Sammlern zu erwerben, wurden Umfang und Bedeutung seines Schaffens allmählich sichtbar. Heute wissen wir von etwa 800 Kompositionen Vivaldis, unter denen die etwa 500 Instrumentalkonzerte den Mittelpunkt bilden. Als Soloinstrument bevorzugte Vivaldi die Violine, er schrieb aber auch Konzerte für andere Instrumente und für mehrere Solisten in einer bunten Vielzahl von Kombinationen. In jüngerer Zeit haben zudem sein Opernschaffen und seine Geistlichen Werke zunehmendes Interesse gefunden. Vivaldi wurde 1678 in Venedig als Sohn eines geschätzten Violinisten geboren. Sein Vater war nach allem, was wir wissen, der mit Abstand wichtigste Lehrer seines Sohnes, den er sowohl im 16

Violinspiel wie in der Komposition unterrichtete. Parallel dazu durchlief Vivaldi ganz regelgerecht den Ausbildungsweg eines Geistlichen, vermutlich vor allem wegen des höheren Ansehens, das ein Geistlicher genoss. 1703 empfing Vivaldi die Priesterweihe und wurde im selben Jahr vom Ospedale de la Pietà, einer der berühmten musikalischen Ausbildungsstätten Venedigs, als Violin­ lehrer angestellt. In den folgenden Jahrzehnten blieb er mit dem Ospedale, das seine Verträge jahresweise abschloss, zu wechselnden Konditionen verbunden. Immer wieder ließ er sich anstellen, gab die Anstellung dann auf oder musste die Verweigerung der Verlängerung hinnehmen. Anfangs übernahm er neben dem nicht allzu gut bezahlten Unterricht Verpflichtungen als Priester, später dann auch als Komponist für Kirchenmusik. Vor allem aber wuchs sein Ruhm als Violinvirtuose ständig. Besucher kamen von weit her, um ihn zu hören, und Vivaldi selbst machte sich auf aus­gedehnten Reisen durch ganz Europa bekannt. Seine Werke konnte er entweder im Druck veröffentlichen oder die Manuskripte an vermögende adelige Auftraggeber verkaufen. Von 1713 an fand Vivaldi in der Oper ein weiteres Betätigungsfeld. Über etwa zwanzig Jahre hinweg schuf er eine Vielzahl verschiedenartiger Bühnenwerke und war als Impresario tätig, sozusagen als geschäftsführender Intendant. Anders als mit seinen Konzerten blieb ihm auf diesem Feld der große Erfolg aber versagt, sodass er sich auf Arbeiten an kleineren Häusern beschränken musste. Vivaldis letzte Lebensjahre liegen weitgehend im Dunkeln. Als Komponist konnte er sich nicht auf den sich verändernden Zeitgeschmack einlassen, lukrative Aufträge blieben aus und so entschloss sich Vivaldi 1740, Venedig zu verlassen. Mehr oder weniger ver­ geblich bemühte er sich, an alte Kontakte zu den europäischen Herrscherhäusern anzuknüpfen, und starb am 27. oder 28. Juli 1741 in Wien.


BIOGRAFIEN – INTERPRETEN

Wu Wei Trio

O

ft erscheinen Dinge sehr weit voneinander entfernt – und doch lassen sie sich gut mit einander kombinieren, wie das außer­gewöhnliche Trio, bestehend aus den zwei Mitgliedern der Berliner Philharmoniker Martin Stegner und Matthew McDonald und dem chine­ sischen Musiker Wu Wei beweist. Schon die Besetzung ist außergewöhnlich, da sich hier Viola und Kontrabass aus der westlichen Orchester­ musik mit der chinesischen Mundorgel Sheng zusammen­finden. Für die gemeinsame Arbeit schöpfen die drei Musiker aus der Erfahrung, die sie als Einzel­künstler abseits der klassischen Musik bereits gemacht haben. Martin Stegner probierte sich schon als Jugendlicher neben der klassischen Musik in anderen Musikrichtungen aus, tourte mit deutschen Zigeunermusikern durch Europa, spielte in diversen Formationen (u. a. mit Nils Landgren, Herbie Mann, Diane Reeves und Wynton Marsalis) auf namhaften Jazzfestivals, gründete 1999 die Berlin Philharmonic Jazz Group sowie 2008 das Ensemble Bolero Berlin, welches sich der Südamerikanischen Musik widmet, und kombiniert seit 2011 mit der Berliner Band Cyminology persische Lyrik mit kammermusikalischem Jazz. Dabei ist er eigentlich Bratschist bei den Berliner Philhar­ monikern, wenn er nicht gerade improvisiert, gilt seine Liebe dem Liedschaffen Robert Schumanns, wovon mehrere hochgelobte CDs zeugen. Auch für den Ersten Kontrabassisten der Berliner Philharmoniker Matthew McDonald war schon am Anfang seiner musikalischen Karriere als Instrumentalist immer die Jazz- und Rockmusik ein wichtiger Teil seines Musizierens. Die Flexibilität, zwischen den Musikstilen zu wechseln, kommt dem Australier nicht nur im Orchester zugute: 17

„Die Kontrabassgruppe muss ein unglaublich flexibler Motor sein.“ Seine Offenheit gegenüber neuen Klängen konnte McDonald mit Gastprofessuren an der Royal Academy of Music London, der Essener Folkwang Universität und Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin zudem unter anderem als Solist des Ensemble Modern (2003 – 2006) sowie als Kammermusiker auf internationalen Kammermusikfestivals sowie mit musikalischen Partnern wie Imogen Cooper, Radovan Vlatkovic, Mark Padmore und dem Kuss Quartett ausspielen. Der chinesische Sheng-Virtuose Wu Wei ist ein erfahrener Pendler zwischen den Kulturen. Seine Neugier gegenüber neuen Kompositions­ methoden und Spieltechniken für die 4000 Jahre alte Sheng eröffneten dem ehemaligen Solisten des Shanghai Chinese Orchestra abseits der traditionellen chinesischen Musik zahlreiche Auftritte und Einsatzmöglichkeiten im westlichen Konzertleben. Dafür wird der Wahl-Berliner von Komponist*­innen wie Publikum als AvantgardeKünstler geschätzt, der unablässig das Repertoire für sein Instrument erweitert. Neben eigenen Kompositionen brachte er mehr als 280 Werke für Sheng unter anderem von John Cage, Unsuk Chin, Toshio Hosokawa und Jörg Widmann zur Uraufführung. Als Solist war er bei namhaften Festivals weltweit zu Gast und wurde von den Berliner Philharmonikern (Kent Nagano), dem Los Angeles Philharmonic (Gustavo Dudamel), den Symphonieorchestern von Radio France (Myung-Whu Chung) und der BBC (Ilan Volkov), dem Ensemble intercontemporain und dem Ensemble Modern begleitet. Nun wagen die Musiker als Trio das Experiment, Werke der europäischen Kunstmusik mit den fernöstlichen Klängen der chinesischen Mund­orgel zu kombinieren und eröffnen mit ihrer Überschreitung der Genregrenzen neue Hörwelten. Dafür haben die Musiker Werke ausgewählt, die die westlichen Orchesterinstrumente und die für europäische Ohren ungewöhnlichen Klänge der chinesischen Sheng miteinander verschmelzen lassen. Ob Alte Musik wie Monteverdi-Arien, Bachs Triosonaten und Vivaldis  F ollia,  ein spätromantisches Lied von Gabriel Fauré oder eigene freie Improvisationen wie  x menesis : Die Über­ windung des Schubladendenkens auf allen Ebenen und der Fokus auf die Freude am gemeinsamen Musizieren und Experimentieren zeichnen diese drei Musiker aus und werden hörbar.


18


19


20


Das Musikfest Berlin 2019 im Radio und online Deutschlandfunk Kultur – Die Sendetermine

3.9. 5.9. 7.9. 8.9. 13.9. 15.9. 15.9. 17.9. 21.9. 24.9. 26.9.

Di 20:03

Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam

Aufzeichnung vom 2.9.

Do 20:03

BBC Symphony Orchestra

Live-Übertragung

Sa 19:05

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin

Aufzeichnung vom 1.9.

So 20:03

Berliner Philharmoniker

Live-Übertragung

Fr 20:03

Münchner Philharmoniker

Aufzeichnung vom 10.9.

So 15:05

„Quartett der Kritiker“

Aufzeichnung vom 31.8.

So 20:03

Junge Deutsche Philharmonie

Aufzeichnung vom 15.9.

Di 20:03

Israel Philharmonic Orchestra

Aufzeichnung vom 16.9.

Sa 22:00

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin  La Roue

wird als Studioproduktion in Ausschnitten gesendet

Di 20:03

IPPNW–Benefizkonzert

Aufzeichnung vom 22.9.

Do 20:03

Ensemble Musikfabrik

Aufzeichnung vom 8.9.

Deutschlandfunk Kultur ist in Berlin über 89,6 MHz, Kabel 97,50, bundesweit über Satellit, DAB+ und über Livestream auf deutschlandfunkkultur.de zu empfangen.

rbbKultur – Die Sendetermine

6.9. 21.9. 6.10.

Fr 20:04

Konzerthausorchester Berlin

Live-Übertragung

Sa 20:04

Berliner Philharmoniker

Aufzeichnung vom  12. /  13. /  14.9.

So 20:04

Les Siècles

Aufzeichnung vom  15.9.

rbbKultur ist in Berlin über 92,4 MHz, Kabel 95,35, digital und über Livestream auf rbbkultur.de zu empfangen.

Digital Concert Hall – Die Sendetermine

8.9. 14.9.

So 20:00

Berliner Philharmoniker

Live-Übertragung

Sa 19:00

Berliner Philharmoniker

Live-Übertragung

digitalconcerthall.com

21


Programmübersicht

Fr

Sa

So

Mo

Di

Mi

Do

Fr

Sa

So

30.8. 31.8. 1.9. 2.9. 3.9. 4.9. 5.9. 6.9. 7.9. 8.9.

Philharmonie 21:00

Pierre-Laurent Aimard I

Ausstellungsfoyer Kammermusiksaal 17:00

„Quartett der Kritiker“

Philharmonie 19:00

Eröffnungskonzert Orchestre Révolutionnaire et Romantique Monteverdi Choir Sir John Eliot Gardiner

Kammermusiksaal 11:00

Alexander Melnikov

Philharmonie 18:00

Kinderchor der Staatsoper Unter den Linden Rundfunkchor Berlin Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin Vladimir Jurowski

Philharmonie 20:00

Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam Tugan Sokhiev

Philharmonie 19:00

Japanisches Nō-Theater Ensemble der Umewaka Kennōkai Foundation

Philharmonie 20:00

Ensemble Modern Brad Lubman

Philharmonie 20:00

BBC Symphony Orchestra Sakari Oramo

Kammermusiksaal 20:00

Pierre-Laurent Aimard II

Konzerthaus Berlin 20:00

Konzerthausorchester Berlin Juraj Valčuha

Philharmonie 19:00

Berliner Philharmoniker Peter Eötvös

Kammermusiksaal 17:00

Ensemble Musikfabrik Peter Eötvös

(wie 7.9.) Philharmonie 20:00

Berliner Philharmoniker Peter Eötvös

22


Mo

Di

Mi

Do

Fr

Sa

So

Mo

Di

Mi

Do

So

9.9. 10.9. 11.9. 12.9.

Kammermusiksaal 20:00

Georg Nigl & Olga Pashchenko

Philharmonie 20:00

Münchner Philharmoniker Valery Gergiev

Philharmonie 20:00

London Symphony Orchestra Sir Simon Rattle

Kammermusiksaal 20:00

Pierre-Laurent Aimard III & Yuko Kakuta

Philharmonie 20:00

Rundfunkchor Berlin Berliner Philharmoniker Daniel Harding

13.9.

(wie 12./   14.9.) Philharmonie 20:00

Rundfunkchor Berlin Berliner Philharmoniker Daniel Harding

14.9.

Konzerthaus Berlin 14:00 – 23:00

Film & Live Musik:  La Roue  Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin Frank Strobel

(wie 12./   13.9.) Philharmonie 19:00

Rundfunkchor Berlin Berliner Philharmoniker Daniel Harding

Philharmonie 11:00

Jack Quartet Junge Deutsche Philharmonie Jonathan Nott

Philharmonie 20:00

Orchestre Les Siècles François-Xavier Roth

Philharmonie 20:00

Israel Philharmonic Orchestra Zubin Mehta

Philharmonie 20:00

Orchester der Deutschen Oper Berlin Donald Runnicles

Kammermusiksaal 20:00

Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker Susanna Mälkki

Philharmonie 20:00

Rundfunkchor Berlin Deutsches Symphonie-Orchester Berlin Robin Ticciati

Kammermusiksaal 16:00

IPPNW-Benefizkonzert WuWei Trio

15.9. 16.9. 17.9. 18.9. 19.9. 22.9.

23


IMPRESSUM

Musikfest Berlin

Berliner Festspiele

Künstlerische Leitung

Ein Geschäftsbereich der

Dr. Winrich Hopp

Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH

Studentische Mitarbeit K ­ ommunikation

Josip Jolić, Leonard Pelz

Organisation

Anke Buckentin (Leitung), Anna Crespo Palomar, Ina Steffan

Intendant

Dr. Thomas Oberender Kaufmännische Geschäftsführung

Abendprogramm

Charlotte Sieben

Ticket Office

Ingo Franke (Leitung), Maike D ­ ietrich, Simone Erlein, Frano Ivić, Torsten S ­ ommer, Sibylle Steffen, Alexa Stümpke, Marc Völz Vertrieb

Redaktion

Dr. Barbara Barthelmes

Leitung Kommunikation

Uwe Krey

Claudia Nola Gebäudemanagement

Lektorat

Anke Buckentin Anna Crespo Palomar Thalia Hertel Gestaltung Cover

Christine Berkenhoff und Anna Busdiecker Gestaltung Innenseiten

Christine Berkenhoff nach einem Entwurf von Eps51 Herstellung

medialis Offsetdruck GmbH, Berlin Stand: 31. Juli 2019 Programm- und Besetzungsänderungen vorbehalten

Christine Berkenhoff, Anna Busdiecker, Felix Ewers

Ulrike Johnson (Leitung), Frank Choschzick, Olaf Jüngling, Georg Mikulla, Sven Reinisch

Internetredaktion

Hotelbüro

Grafik

Frank Giesker, Jan Köhler Marketing

Anna-Maria Eigel, Gerlind Fichte, Jan Heberlein, Michaela Mainberger

Logistik

Presse

Technische Leitung

Anna Lina Hinz, Patricia Hofmann, Svenja Kauer, Jasmin Takim, Jennifer Wilkens

Matthias Schäfer Adresse

Protokoll

Schaperstraße 24, 10719 Berlin

Gerhild Heyder Redaktion

Dr. Barbara Barthelmes, Andrea Berger, Anne Phillips-Krug, Paul Rabe

Gefördert durch / Funded by

Caroline Döring, Selina Kahle, Frauke Nissen I-Chin Liu (Leitung), Sven Altmann

Berliner Festspiele

+ 49 30 254 89 0 info@berlinerfestspiele.de berlinerfestspiele.de

Berliner Festspiele / Musikfest Berlin in Zusammenarbeit mit / in cooperation with Stiftung Berliner Philharmoniker

Medienpartner / Media Partners

24



musikfestberlin berlinerfestspiele blnfestspiele blog.berlinerfestspiele.de   # musikfestberlin


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.