das kleine fahrzeug siamesische betrachtungen
Š bernd kßhl 2011
Ihm war zumute, als h채tte ihm jemand einen fremden Gegenstand in das Geh채use seines Geistes geworfen. Eine aus dem Ebenholz des thail채ndischen Dschungels geschnitzte, kleine Buddha-Figur zum Beispiel.
Kaum angekommen, watet man schon in Sex, Mord, Betrug und Korruption. Hier gibt es die Erotik ohne Umschweife, ohne Schnรถrkel, en gros, den billigen Schacher mit exotischem Schauder.
Die Liebe war das Privileg jener, die, äußerlich von sinnlichem Charme, dabei aber ihrer inneren Unordnung gegenüber ahnungslos, ja jeder Erkenntnisfähigkeit ermangelnd, über die Köpfe anderer hinweg ihre Visionen auszumalen verstanden. Ein wahrhaft rücksichtsloses Privileg. Daß er als Mensch das genaue Gegenteil war, dessen war er sich seit seinen jungen Jahren durchaus bewußt.
Aber dieses Geschlecht: wild wie die Tag und Nacht durch die Großstadt fegenden Stürme. Ein riesiger, düsterer Wxzess. Eine Straße, über die die Flammen der Molotowcocktails züngelten; unterirdischer, dunkler Kanal der Leidenschaften...
Der Abhang war so steil, daß unsere Augen stets gen Himmel gerichtet waren. Das muß der Weg sein, der uns nach dem Tod ins Paradies führt.
Indessen konnte man bis ins einzelne verfolgen, wie er mit der unsichtbaren Bestie Vergeßlichkeit kämpfte. Das eher zahme, aber halsstarrige Tier verschwand bald, bald kam es wieder, drängte sich an ihn heran und wischte ihm mit seinen Trotteln über die Stirn.
Zudem sind sich die Menschen im Land der Granatäpfel, da sie keinerlei Heuchelei kennen, durchaus der Tatsache bewußt, daß Schönheit und sexuelle Anziehungskraft Synonyme darstellen und daß nur der Geschlechtstrieb hin zur Gottheit beziehungsweise zur Schönheit führt.
Um den Gott zu besitzen, muß man ihn durch sexuelle Begierde erwerben, und die sexuelle Inbesitznahme erfolgt im Klimax sexueller Ekstase; da sich jedoch der Augenblick höchster Lust nicht fortsetzen läßt, bedeutet ein solches Besitzen nichts anderes als die Vereinigung dieser Nicht-Dauer mit der Nicht-Dauer der Existenz des Objekts.
Schließlich konnte es ja sein, daß die von einzelnen unter Einsatz ihres Lebens verfolgten Zukunftsträume, die edelsten wie die verruchtesten, die schönsten wiedie schmutzigsten, sämtlich am gleichen Platz angesiedelt oder gar, zum noch größeren Erschrecken, untereinander identisch wären.
Die zeit tobte wie ein Regenschauer, unz채hlige Menschen wurden von den Tropfen getroffen, Einzelschicksale unterschiedslos wie Kiesel benetzt, und es stand nicht in seiner Macht, dem irgendwo Einhalt zu gebieten.
Heute und hier begriff er, was es gewesen war, das hinter dem nie verlöschenden Lächeln, hinter dem melancholischen Augenausdruck der Siamesen gestanden hatte: eine innere Haltung golden schwerer Trägheit, zaudernden Verweilens in der Brise unter den Bäumen, inbrünszig in der Verehrung für Buddha, im Glauben an die Wiedergeburt, und so jeder klaren, logischen Systematisierung aus dem Wege gehend dies alles unter der Gewalt der ermattenden Sonne dieses Landes der gleißenden Tempel, der Blumen und Früchte.
Und keiner, der es begreift: daß aus dem Opfer der Jugend, der Zukunft geweiht, nichts sonst entstand als das Gewürm der Fäulnis. Und keiner, der es begreift: daß auf dem Acker des Schutts, der eine neue Welt verhieß, nichts sonst gedieh als giftiges Dornengesträuch.
„Sollte ich auf die Weise sterben, daß ich im Augenblick des Todes in meinem Herzen am Leben hänge, so werde ich wiedergeboren werden; andernfalls kehre ich nicht zurück.“
„Wir sehen uns wieder. Bestimmt. Unter dem Wasserfall.“
guezrhaf enielk sad negnuthcarteb ehcsisemais
Š bernd kßhl 2011