Betriebsübergang

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BETRIEBSÜBERGANG

Darf der Arbeitgeber in Zusammenhang mit einem Betriebsübergang kündigen?

IHR RECHT, WENN DIE FIRMA VERKAUFT, VERPACHTET, ETC. WIRD

Kündigungen, die wegen eines Betriebsüberganges ausgesprochen werden, sind rechtsunwirksam. Ein absolutes Kündigungsverbot im Zuge eines Betriebsüberganges besteht jedoch nicht. So kann sowohl der alte als auch der neue Arbeitgeber eine Kündigung z. B. aus organisatorischen oder wirtschaftlichen Gründen aussprechen. TIPP:

Die Internetberaterin im Arbeitsrecht

Werden Sie in zeitlichem Naheverhältnis zu einem Betriebsübergang gekündigt und möchten Sie das Arbeitsverhältnis fortsetzen, weisen Sie Ihren Arbeitgeber schriftlich (eingeschrieben) darauf hin, dass die Kündigung rechtsunwirksam ist. Wird dies vom Arbeitgeber bestritten, haben Sie die Möglichkeit, eine Klage auf Feststellung eines aufrechten Dienstverhältnisses beim Arbeits- und Sozialgericht einzubringen. ACHTUNG! Sowohl das Schreiben an den Arbeitgeber als auch die Feststellungsklage haben ohne unnötigen Aufschub zu erfolgen – Sie müssen daher rasch handeln! Selbst wenn eine Kündigung nicht betriebsübergangsbedingt erfolgt und damit wirksam ist, besteht die Möglichkeit diese, wie jede reguläre Kündigung, beim Arbeits- und Sozialgericht anzufechten (z. B. wegen Sozialwidrigkeit – Anfechtungsfrist: eine Woche).

Diese Broschüre erhalten Sie unter (01) 310 00 10 404 Alle aktuellen AK Broschüren finden Sie im Internet zum Bestellen und Download ■ http://wien.arbeiterkammer.at/publikationen Weitere Bestellmöglichkeiten: ■ E-Mail: bestellservice@akwien.at Artikelnummer 404 / 4 Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien Prinz-Eugen-Straße 20-22, A-1040 Wien Telefon (01) 501 65 0 Stand Jänner 2010 Zulassungsnummer: 02Z34648 M

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BETRIEBSÜBERGANG Bis 1993 verloren ArbeitnehmerInnen häufig Ihren Arbeitsplatz, wenn der Arbeitgeber sein Unternehmen verkaufte, umstrukturierte usw. Dieser Praxis setzt das Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz (AVRAG vom 1. 7. 1993) mit seinen Schutzbestimmungen bei Betriebsübergang ein Ende.

Was ist ein Betriebsübergang? Gibt es einen Inhaberwechsel (z. B. durch Verkauf, Verpachtung,...), spricht man von einem Betriebsübergang. Der Wechsel muss eine wirtschaftliche Einheit - ein Unternehmen, einen Betrieb oder einen Betriebsteil - betreffen. Verpachtet z. B. Herr A sein Gasthaus an Herrn B, liegt ein Betriebsübergang vor. Oder wenn die Bank A von der Bank B aufgekauft und mit dieser zusammengelegt wird, sodass es die Bank A als selbständiges Unternehmen nicht mehr gibt. Kein Betriebsübergang liegt hingegen vor, wenn es bei einer juristischen Person (z. B. GmbH, AG) einen Wechsel von Personen im Vorstand oder in der Geschäftsführung gibt oder wenn Geschäftsanteile/Aktien verkauft werden. Wenn also z. B. an Stelle von Herrn A, Frau B als Geschäftsführerin eingesetzt wird und es somit eine neue „Chefin“ gibt. Auch wenn von einem Firmeninhaber ausschließlich der Name einer Firma geändert wird, ist dies kein Betriebsübergang. Derartige Änderungen haben keine unmittelbaren arbeitsrechtlichen Auswirkungen.

Was passiert mit Ihrem Arbeitsverhältnis bei Betriebsübergang? Wechselt Ihr Arbeitgeber aufgrund eines Betriebsüberganges, wird Ihr Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten vom neuen Arbeitgeber übernommen. Das bedeutet, dass ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis vorliegt. Beendigungsansprüche wie z. B. Abfertigung und Urlaubsersatzleistung entstehen daher nicht.

Haben Sie ein Recht auf eine schriftliche Bestätigung des Betriebsüberganges? Gemäß § 2 Absatz 6 Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz ist der Betriebsübernehmer (= neuer Arbeitgeber) verpflichtet, Sie innerhalb eines Monats ab Betriebsübergang schriftlich zu informieren.

Darf Ihr Entgelt in Zusammenhang mit einem Betriebsübergang gekürzt werden? Nein. Erhalten Sie beim alten Arbeitgeber das kollektivvertragliche Mindestentgelt und sieht der Kollektivvertrag des neuen Arbeitgebers (=Betriebserwerber) für die Normalarbeitszeit ein geringeres Mindestentgelt vor als der bisher geltende Kollektivvertrag, darf das bisherige Mindestentgelt für die Normalarbeitszeit nicht gekürzt werden. Eine einzelvertragliche Reduzierung dieses Entgelts ist frühestens ein Jahr nach dem Betriebsübergang möglich. Werden Sie über Kollektivvertrag entlohnt, ist der Übernehmer an diese einzelvertragliche Vereinbarung gebunden. Eine Lohn- oder Gehaltskürzung ist ohne Ihre Zustimmung nicht möglich.

Welcher Kollektivvertrag gilt nach einem Betriebsübergang? Ist mit dem Betriebsübergang ein Kollektivvertragswechsel verbunden, gelten im Allgemeinen die Regelungen des neuen Kollektivvertrages, auch wenn dieser in bestimmten Bereichen schlechtere Regelungen enthält als der bisherige. Enthält der neue Kollektivvertrag in gewissen Bereichen keine Regelungen oder kommt nach dem Betriebsübergang kein Kollektivvertrag zur Anwendung, gelten die Bestimmungen des alten Kollektivvertrages weiter.

Welche Betriebsvereinbarungen gelten nach einem Betriebsübergang? Werden im übernehmenden Betrieb die gleichen Angelegenheiten durch Betriebsvereinbarung geregelt wie im übernommenen Betrieb, gelten die Betriebsvereinbarungen des übernehmenden Betriebes. Auch, wenn

sie ungünstiger sind. Gibt es im neuen Betrieb in einer bestimmten Angelegenheit keine Betriebsvereinbarung, gelten für die übernommenen ArbeitnehmerInnen die bestehenden Betriebsvereinbarungen weiter. Wird eine Betriebsvereinbarung aufgekündigt, darf die betreffende Angelegenheit erst nach einem Jahr ab Übertritt durch Einzelarbeitsvertrag zum Nachteil des Arbeitnehmers, geregelt werden. Das Arbeitsverfassungsgesetz regelt, in welchen Angelegenheiten eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden kann. Der Inhalt von „Freien Betriebsvereinbarungen“, das sind solche, die außerhalb dieser gesetzlichen Vorgaben abgeschlossen wurden (z. B. Zulagenordnungen), ist Bestandteil des Einzelarbeitsvertrages, und der Betriebsübernehmer ist daran gebunden.

Können Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang kündigen? Auch bei Betriebsübergang können Sie Ihr Arbeitsverhältnis unter Einhaltung von Kündigungsfrist und -termin und ohne Angabe von Gründen kündigen. In diesem Fall haben Sie jedoch - wie auch sonst bei Arbeitnehmerkündigung - keinen Anspruch auf Auszahlung einer Abfertigung. Eine besondere Lösungsmöglichkeit, bei der Sie so gestellt werden als ob der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt hätte, ist jedoch nur in Ausnahmefällen vorgesehen. Zum Beispiel dann, wenn es durch die Anwendung eines neuen Kollektivvertrages/einer neuen Betriebsvereinbarung zu einer wesentlichen Verschlechterung Ihrer Arbeitsbedingungen kommen würde; in diesem Fall gibt es binnen einem Monat ab Kenntnis der Verschlechterung ein besonderes Lösungsrecht des Arbeitnehmers. TIPP: Da es schwierig ist zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für ein besonderes Lösungsrecht gegeben sind, sollten Sie unbedingt eine Rechtsberatung einholen, bevor Sie das Dienstverhältnis lösen!

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