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from Bezirkszeitung Puschtra Nr. 3+4_21 - Vereinte Fraktionen - Eigenverwaltungen gründen Genossenschaft
Sie ist einer der vielen guten Engel, die uns seit einem Jahr durch die Pandemie helfen. Die Krankenpflegerin Claudia Renzler arbeitet auf der Covid-Station im Krankenhaus Bruneck.
Frau Renzler, wie sieht Ihr Alltag auf der Covid-Station aus?
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Vorausschicken möchte ich, dass mein Arbeitsplatz die Abteilung für Rehabilitation ist. Im März 2020 wurde diese aufgrund der akuten Dringlichkeit zuerst als Covid-Verdacht-Station umfunktioniert, und bald darauf als Covid-Normal-Station. Wir arbeiten in kompletter Schutzkleidung, was mir anfangs schwerfiel, da ich es nicht gewohnt war. Ein 8 bis 9-Stunden-Dienst in diesem „Raumanzug“ ist einfach beschwerlich, zumal unsere Arbeit ja teils auch körperlich anstrengend ist. Es war für mich zudem ein neues Betätigungsfeld und eine Umstellung von der rehabilitativ pflegenden Aufgabe, wo eine gewisse Planbarkeit herrschte, nun zur Akut-Station, wo die Behandlung in erster Linie medikamentös erfolgt. Die meisten Patienten erhalten zusätzlich Sauerstoff mittels Nasenbrille oder Maske, oder bei schwerer Erkrankung der Lunge mittels Helm, was für die Betroffenen immer eine riesige Belastung bedeutet. Hatte ich in der Reha-Abteilung den direkten Kontakt zum Patienten, so sollte dieser bei Covid-Erkrankten möglichst reduziert werden - was irgendwo meinem Berufsethos widerspricht. Patientenkontakt ist das Um und Auf im Pflegeberuf. Deswegen ist es widersprüchlich, aber verständlich, wegen der Gefahr der Ansteckung. So bemühe ich mich, wenigstens durch freundlichen Augenkontakt und mit den Möglichkeiten der Sprache und Haltung den Kranken Mut zu geben. Die Patienten brauchen eine gewisse Nähe, vor allem auch, weil keine Besuche zugelassen sind.
Einige Menschen meinen, Corona sei nur eine Art Grippe …
Da kann ich aus eigener Erfahrung sprechen und dies strikt verneinen. Ich bin ein sportlicher Mensch, war völlig gesund, fühlte mich fit und
Claudia Renzler
aus Reischach
“Ich bin sehr froh und dankbar, arbeiten zu dürfen, auch wenn dies auf einer Covid-Station eine tägliche Herausforderung ist.“
nahezu unverwundbar. Ich hatte auch nie Angst, mich bei der Arbeit anzustecken, weil ich vorsichtig war und die Schutzmaßnahmen auch in der Freizeit einhielt. Im vergangenen Herbst erkrankte ich dann selbst an Covid-19. Es begann mit Fieber, dann kamen Geschmacksstörung, Gliederschmerzen und schließlich eine Lungenentzündung hinzu, ich konnte nichts mehr essen und trinken. Mir war so elend wie noch nie im Leben! Ich fühlte mich hilflos, unbeschreiblich schwach und entkam knapp einer stationären Aufnahme. Die Krankheit mit ihren vielfältigen Symptomen war mir unheimlich. Der Vergleich mit einer Grippe ist nicht zutreffend.
… und einige tragen den Mundschutz nur als Kinndekoration …
Ich verstehe sehr gut, dass gerade junge Menschen Schwierigkeiten haben, all die Maßnahmen einzuhalten. Auch ich hätte lieber die unbeschwerte Freiheit, so wie wir alle sie gewohnt sind! Alle Zweifler und Leugner sollten aber einen Tag auf einer Covid-Station verbringen, nur zuschauen, was da abläuft. Und sich überlegen, dass sie selbst Betroffene sein könnten, oder ihre Angehörigen. Es gibt Fälle, wo Erwachsene aus Leichtsinn ihre Eltern oder Großeltern angesteckt haben und diese dann verstorben sind. Diese Verantwortung muss man auch erst einmal verarbeiten – und sein ganzes Leben mittragen. Dagegen ist das richtige Tragen einer Maske ein Klacks. Damit schütze ich mich und meine Mitmenschen.
Gibt es gute wie ungute Erfahrungen?
Einmal drängte es sich in einem Supermarkt an der Kasse und ich bat eine Dame hinter mir höflich, sie möge bitte den nötigen Abstand einhalten. Daraufhin beschimpfte sie mich böse. Im Gegensatz dazu erfahre ich jeden Tag viel Schönes, z.B. dann, wenn ich die tiefe Dankbarkeit der Patienten und ihrer Angehörigen erfahre. Und wenn anfänglich Schwerkranke nach einer oder mehreren Wochen als Genesene entlassen werden können. Das ist jedes Mal wie ein kleines Geschenk für mich und meine KollegInnen und eine Bestätigung, dass unser Einsatz gut war. Mir geht es Gott sei Dank gut! Für viele im Pflegedienst und für mich ist die Lage aber dennoch angespannt, vor allem, weil so wenig vorhersehbar ist. Das erfordert enorme Flexibilität unsererseits. Viele sind ziemlich erschöpft und „stuff“. Aufgrund des großen Personalbedarfes auf den Covid-Stationen muss stets Pflegepersonal aus anderen Bereichen abgezogen und hier eingesetzt werden. Dort fehlt es dann natürlich. Darunter leiden am Ende ganze Abteilungen und mit ihnen die Patienten, deren Behandlung verschoben werden muss.
Was kann man dagegen tun?
Eine Lösung dafür zu finden fällt nicht in meine Zuständigkeit. Ich bewundere eh unsere Koordinatorin für die Personaleinteilung, sie steht tagtäglich vor riesigen Herausforderungen. Klar ist aber, dass es einer Aufwertung des Pflegeberufes bedarf. Dazu gehört auch und vor allem eine angemessene Anpassung der Löhne.
Wie verkraften Sie die Belastung in Ihrem Job?
Die Berge sind mein bevorzugter Zufluchtsort. Ich habe das Glück, dass ich von daheim aus direkt in die Natur gehen kann, da schalte ich ab. Ruhe, Bewegung und frische Luft sind meine Kraftquelle. Wenn ich mit meinen beiden Kindern klettern gehe, ist das Entspannung pur! Weiters höre ich gern Musik, lese oder wühle in meinem Garten. Ich weiß mich gut zu beschäftigen und habe mit dem Lockdown kein Problem. Klar tut es mir leid, wenn ich nicht wie sonst auf Skitour gehen kann, aber dieser Verzicht ist angesichts all der Opfer, all des Leids und der Wirtschaftskrise das Geringste. Ich sehe die Krise aber auch als Chance. Als Fingerzeig für eine Veränderung in der Welt. Mit diesem unersättlichen Drang nach Mehr konnte es nicht weitergehen. Wir meinten, alles beherrschen und uns untertan machen zu können. Vielleicht hat die Menschheit gerade dieses klare Zeichen gebraucht. Wir sollten die Chance für eine Veränderung hin zum Guten zu nutzen wissen. (IB)
„Es wird ein harter Kampf werden!”
PFALZEN/OBERSTDORF - Der 32-jährige Pfalzner Dietmar Nöckler ist seit Jahren das Aushängeschild des Südtiroler Langlaufs. Nach ein, zwei schwierigeren Jahren samt Rausschmiss aus der Nationalmannschaft hat er sich heuer stark zurückgekämpft und will bei den Nordischen Ski-Weltmeisterschaften in Oberstdorf über die Königsdistanz, den 50 Kilometern im klassischen Stil, aufzeigen.
Dietmar, seit letzter Saison bist du nicht mehr Teil des Nationalteams und hast die Vorbereitung auf diese Saison Großteils alleine, bzw. mit der Sportgruppe der Polizei absolviert. Inwiefern hat das deine Saisonsvorbereitung beeinträchtigt?
“Mit Sicherheit war es eine kleine Umstellung, durch die Aussortierung war ich nicht mehr so oft in Trainingslagern und habe mehr Zeit zu Hause verbracht. Der Vergleich mit dem besten Athleten hat mir etwas gefehlt, in der Polizei-Sportgruppe habe ich vermehrt mit Nachwuchsathleten zusammen trainiert. Beim Training habe ich einige Sachen umgestellt und ausprobiert; habe mehr Umfänge trainiert und die intensiven Einheiten simpel gestaltet. In der ersten Phase der Vorbereitung habe ich viele Kilometer auf dem Rad zurückgelegt, während des ersten Lockdowns war ich ständig auf dem Rollentrainer. Ob sich die Umstellung im Training positiv ausgewirkt hat ist schwer zu sagen, manchmal läuft es im Sport rund und manchmal nicht so wie gewünscht, ohne es sich erklären zu können. Meiner Meinung nach haben die Italiener im letzten Jahrzehnt die Entwicklungen im Training verschlafen und hinken deshalb den führenden Nationen hinterher.”
Mit starken Leistungen im Italienpokal und im Europacup hast du dich für die Weltmeisterschaft empfohlen. Wie sah dein Training in den letzten Wochen im Hinblick auf das Saison-Highlight aus?
“Erst ein paar Tage nach meinem Sieg beim letzten nationalen Rennen in Pragelato habe ich Bescheid bekommen, dass ich fürs WM-Aufgebot nominiert worden bin. In den letzten Wochen habe ich mich spezifisch darauf vorbereitet. Sprich viele lange Einheiten, auch mit höherer Intensität und langen Intervallen absolviert, um dieselbe Belastung zu simulieren. Unter anderem war ich auch in der Höhe und habe anfangs der Woche eine Kohlenhydrat-Diät gemacht. Dabei habe ich drei Tage fast alle Kohlenhydrate vom Speiseplan gestrichen. Um meinen Körper dadurch in ein Defizit zu versetzen und nachher die Glykogen-Speicher wieder aufzufüllen.”
Mit welcher Erwartungshaltung gehst du in den 50 Kilometer Wettkampf?
“Ein konkretes Endresultat habe ich mir keines zum Ziel gesetzt. Um realistisch zu sein muss ich gestehen, dass ich nicht mehr mit den allerbesten mithalten kann, dazu ist das Niveau einfach zu hoch. Ich will einfach meine beste Leistung abrufen, ein gutes Rennen zeigen und meine Chance nützen. Wichtig wird sein gut ins Rennen rein zu starten, je nach Verlauf werde ich dann meine Taktik anpassen.”
Wie gut gefällt dir die Strecke und was sagst du zu den warmen Bedingungen?
“Eigentlich habe ich nur positive Erinnerungen an Oberstdorf, dort habe ich meistens gute Ergebnisse erzielen können. Die Strecke wurde für die Weltmeisterschaften nochmals leicht umgebaut und zusätzlich erschwert. Herzstück der Loipe ist mit dem Burgstall ein brutal langer Anstieg, was mir eigentlich nicht entgegenkommt. Im Klassischen Stil fühle ich mich allerdings wohl und sollte die anspruchsvolle Strecke meistern können. Bei den 50 Kilometern müssen wir über 2.000 Höhenmeter bewältigen. Die Loipe wurde bisher immer gesalzen, damit stellten die Veranstalter trotz der extrem warmen Temperaturen eine recht kompakte Unterlage zur Verfügung. Die nassen Verhältnisse liegen mir ganz gut.”
Du hast ja bereits zwei Weltmeisterschafts-Medaillen zuhause hängen, wie speziell war es auf ein Weltmeisterschaftspodest zu steigen?
“Auf alle Fälle waren die zwei WM-Medaillen im Team-Sprint 2015 und 2017 zwei herausstechende Höhepunkte in meiner bisherigen Karriere! Natürlich wäre es auch einmal schön gewesen eine Einzel-Medaille holen zu können, andererseits war es toll diese Erfolge mit meinem Teamkollegen Federico Pellegrino zu teilen.”
Mittlerweile zählst du zu den Routines im Langlaufzirkus, hast du bereits Pläne für die Zeit nach deiner aktiven Karriere?
“In Italien bin ich mit meinen 32 Jahren der Älteste, nichts desto trotz finde ich, dass ich immer noch auf einem guten Level bin. Wenn ich darf, werde ich auf alle Fälle noch weiter machen. Mir gefällt der Langlaufsport einfach zu gut, das Training ist abwechslungsreich und die Rennen fordern, genau das macht es aus! Vielleicht tun sich in der Zukunft andere Türen auf. Vor wenigen Wochen habe ich die Skilehrerausbildung abgeschlossen und könnte mir gut vorstellen, nach der aktiven Karriere bei der Polizei-Sportgruppe als Trainer weiter zu arbeiten.”
Was hältst du von der Marathon-Szene im Langlauf, würde dich ein Einstieg in die langen Distanzen reizen?
“Ich muss sagen, die Langstrecken-Rennen taugen mir wirklich gut. Das Niveau ist mittlerweile fast auf Augenhöhe mit dem Weltcup. Wenn ich bei den Weltmeisterschaften nicht nominiert worden wäre, hätte ich mich heuer beim Vasalauf in Schweden (90 Kilometer Volkslanglauf) an den Start gestellt. Besonders die Marcialonga möchte ich als aktiver Athlet einmal erleben. Natürlich muss ich dafür die Freigabe von der Sportgruppe bekommen, die Pflichten bei den “normalen” Rennen stehen da an erster Stelle!”