Jahrgang 22 ∙ Ausgabe 4/2019
Stift Wilten Aktuell Für Mitbrüder & Freunde des Prämonstratenser-Chorherrenstiftes Wilten
Weihnachten 2019
LEITWORT
Liebe Freunde unseres Stiftes! Ein herzliches Grüß Gott! Es war kurz vor Weihnachten 1945. Der Autor zählte zu den tausenden hinter engmaschigem Stacheldraht Gefangenen in der Nähe von Salzburg und war mangels ausreichender Ernährung erkrankt in eine Lazarett-Baracke gebracht worden. Dort in dieser düsteren Stimmung Abt Raimund Schreier kam ihm die Idee zu der WeiOPraem se und den Worten: „Das ist die stillste Zeit im Jahr, immer wenn es Weihnacht wird“. Heute sind Advent und Weihnacht inzwischen die lautesten Zeiten geworden. Weihnachten lädt uns ein zur Stille. Schluss machen mit allem, was laut, was Lärm ist, was uns betäubt. Das Wort Lärm kommt von Alarm. Das ist das italienische Wort allarme und heißt wörtlich zu den Waffen. Es ist der Kampfruf, das schmetternde Signal, die heulende Sirene. Im Gegensatz zum Lärm gibt es eben die Stille. Stille heißt schon im Althochdeutschen ruhiggestellt, geborgen. Darum spricht man ja auch vom Stillen des Kindes. Der Lärm wird heute immer größer. Einem Teppich gleich breitet er sich über die Siedlungsgebiete aus, belastet Mensch und Tier und gefährdet unsere Gesundheit. Körper und Seele reagieren auf den Stress durch zu viel Lärm: erhöhter Blutdruck, Herzinfarkt, Magengeschwüre, Schlafstörungen und Depressionen sind nur einige der möglichen Folgen. Technische Maßnahmen wie Lärmschutzwände und Flüsterbeläge hinken um Jahre hinter den Vorgaben der Lärmschutzverordnungen her. Und immer öfter sehen wir auch in unseren gesellschaftlichen Einrichtungen den Hinweis auf die Stille: ein Handy mit dem Rotstift durchgestrichen oder
ein geschlossener Mund mit einem warnenden Zeigefinger davor, oder ein kurzes Wort mit Ausrufezeichen: Psst! In der Sakristei einer großen Abtei in der französischen Schweiz hängt beim Eingang ein großes in Holz geschnitztes Schild: Silence – Stillschweigen! Wir alle brauchen eine KULTUR DER STILLE. Nicht wenige Menschen gönnen sich immer öfters eine Auszeit, zumindest einen sogenannten Wüstentag. Es ist ein Tag, um mit sich allein in der Stille zu sein. An diesem Tag muss ich mich mir selbst stellen. An einem solchen Tag kann so etwas wie eine Hochrechnung gemacht werden. Wie geht es mit mir weiter? Erst dann kann ich wirklich dem Mitmenschen begegnen; und erst dann kann ich Gott begegnen. Dort, wo Stille ist, also Bereitschaft zum Hören, zum Horchen, dort kann auch Gott mit seinem Wort den Menschen erreichen. „Als tiefes Schweigen das All umfing und die Nacht in ihrem Lauf bis zur Mitte gelangt war, da sprang dein mächtiges Wort vom Himmel herab …“ (Weish 18, 14.15), so steht es im Buch der Weisheit im Ersten Testament. Gott kommt im Schweigen, in der Stille. Alle Meister des geistlichen Lebens haben das Schweigen gesucht: in Wüsten und auf heiligen Bergen, an stillen Seen und in der Einsamkeit der Wälder, in Felsenklöstern und unter den Bögen der Kreuzgangsgewölbe. Auch Jesus von Nazareth, dessen Geburt wir zu Weihnachten feiern, hat sich oft in die Stille der Berge zurückgezogen. Und als Auferstandener hat er zur Begegnung mit seinen Jüngern die leise Morgenstunde gewählt. Leise und fast unbemerkt ist er auf der Bühne der Weltgeschichte erschienen. Er, der Retter der Welt, der Allherrscher, er kam nicht in Rom zur Welt, in der Mitte der Machtzentrale des damaligen Erdkreises, auch nicht in der heiligen Stadt Jerusalem, sondern in Bethlehem, an einem total unbedeutenden Ort. „Das ist die stillste Zeit im Jahr, immer wenn es Weihnacht wird“. Gönnen wir uns Zeiten und Orte der Stille, die uns erfüllen wird, und aus der wir dann Kraft schöpfen für unseren Alltag mitten auf dem lärmenden Marktplatz unseres Lebens. Die Zeit der Menschwerdung Gottes, Weihnachten, lädt uns dazu im Besonderen ein: Hinzuschauen, hinzuhören auf das Wesentliche unseres Menschseins. Das sehen oder hören wir aber nur in der Stille.
INHALT INHALTSVERZEICHNIS LEITWORT 2 Liebe Freunde unseres Stiftes
CARITAS 21 Singen für einen guten Zweck
Impressum Herausgeber PrämonstratenserChorherrenstift Wilten
ACTIO 4 Dient dem Herrn mit Freude
COMMUNIO 22 „Frische-Impuls“ für die Kirche
Klostergasse 7 6020 Innsbruck Tel. 0512/58 30 48
5 Erneuerung des Christentums
23 In vestigiis Wollek
www.stift-wilten.at
6 Zusammenwachsen
24 Zeichen der Hoffnung
Redaktion Reinhold Sigl
7 #einfach dankbar
26 Entdecke das Heilige in dir
Erscheinungshinweis 4 x im Jahr
8 Gute Aufgabenteilung
27 Leistbarer Wohnraum
8 Ordensvikar Steidl verabschiedet
27 Jugendvesper
9 Der Zugang zum Himmel
28 In neuen Händen
Titelbild Reinhold Sigl Fotos AVG Produktion, Bistum Essen - Oliver
10 Et ecce terrae motus
28 Bester Film
10 Die Hoffnung auf das ewige Leben
29 Olivenöl aus Palästina
11 Der Herr aller Herren
29 Dank des Landes an die Orden
Müller, Diözese Innsbruck, Fröhlich - Steingaden, Land Tirol, Miteinander für Europa, Ordensgemein-
12 1. Adventsonntag
30 Ein Vierteljahrhundert
schaften - Magdalena Schauer,
12 Rorate der Stiftsmitarbeiter
31 Klosterladen
Reinhold Sigl, Stift Wilten,
13 Das Wort Gottes meditieren und verkünden
31 Winterwanderweg für Heiligwasser
Wiltener Sängerknaben
32 Gottesdienste und Termine
Datenschutzerklärung Mit unserer Zeitschrift „Stift Wilten Aktuell“
CONTEMPLATIO 14 Zur Geschichte des Stiftes Wilten
informieren wir Sie über uns, unsere Arbeit, Angebote und Veran-
20 Stabat Mater
staltungen. Sie können den Erhalt der Zeitschriften jederzeit ablehnen, indem Sie uns dies telefonisch unter der Telefonnummer:
Weitere Berichte, Predigten, Termine und Bilder finden Sie auf der Stift-Wilten-Homepage: www.stift-wilten.at
+43 512 583048 oder per E-Mail unter: pforte@stift-wilten.at mitteilen. Stift Wilten Aktuell
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ACTIO
Dient dem Herrn mit Freude Welfenmünster Steingaden, Kirche des ehemaligen Prämonstratenserordens Wiedereröffnung und Altarweihe
Feierliche Altarweihe: Pater Petrus-Adrian Lerchenmüller OPraem, der jetzige Pfarrer aus der Prämonstratenserabtei Windberg (li.), und Weihbischof Anton Losinger entzündeten den Weihrauch auf dem Altar. Hinter dem Altar (v. l.) Diakon Armin Eder, Monsignore Gottfried Fellner, der ehemalige Wiespfarrer Georg Kirchmeir, Kreis-Dekan Georg Fetsch und Diakon Christoph Schwarzer.
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Stift Wilten Aktuell
32 Monate lang mussten die Gläubigen aus Steingaden an der Grenze vom Allgäu zu Oberbayern auf ihr Gotteshaus verzichten. Am 20. Oktober 2019 wurde ihre Pfarrkirche, die einstige Prämonstratenserkirche, das Welfenmünster, nach umfangreicher Renovierung wiedereröffnet. Kenner nennen die einstige Prämonstratenserkirche ein „aufgeschlagenes Buch der Kunstgeschichte“. Umso schöner, dass die Kirche nun so aufwendig, stilecht und feinfühlig restauriert wurde. Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten rund um die Wiedereröffnung stand die Altarweihe mit der Beisetzung der Reliquien. Den Höhepunkt bildete die Weihe des neuen Altars. Weihbischof Anton Losinger aus Augsburg konnte mit den Priestern in das vollbesetzte Gotteshaus einziehen. Er zelebrierte die feierliche Altarweihe mit Wasser und Feuer. Ein eindrucksvolles Erlebnis für alle, die dabei waren. Der Altar oder auch „Tisch des Herrn“ ist das Herzstück jeder Kirche. Am Altar feiert der Priester mit der Gemeinde die Eucharistie, also die Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi. „Dieser Altar sei die festliche Tafel, um die sich die Genossen Christi versammeln, ein Ort des Vertrauens, eine Quelle der Einheit der Kirche und der Eintracht der Gemeinde. Die Mitte unseres Lobens und Dankens, die Kraft und Zuver-
sicht gibt“, sagte Losinger, bevor er zum althergebrachten Zeremoniell der Altarweihe schritt. Im Anschluss an den Gottesdienst bedankte sich D. Petrus-Adrian bei allen, die sich für die Gestaltung der Kirche eingesetzt hatten. Aber auch die Leistung von D. Petrus-Adrian, der eine gehörige Portion Herzblut in die Renovierung des Welfenmünsters gesteckt hat, blieb nicht unerwähnt. Am Nachmittag bei der Dankandacht im Welfenmünster wünschte sich Abt Raimund Schreier bei seiner Predigt, dass „möglichst viele Menschen beim Besuch dieses Heiligtums Christus begegnen und angesteckt werden von der himmlischen Freude. Mögen viele Menschen dieses göttliche Geschenk hier entgegennehmen und einstimmen in den eingangs erwähnten Psalm: ‚Dient dem Herrn mit Freude! Kommt vor sein Angesicht mit Jubel‘ (Ps 100,2).“ Die Capella Wilthinensis unter der Leitung von Stiftskapellmeister Norbert Matsch sang das Te Deum H. 146 von Marc-Antoine Charpentier. Das Gotteshaus, welches 30 Jahre nach der Gründung des Prämonstratenserklosters Steingaden durch Herzog Welf VI. 1176 als romanische Kirche geweiht worden war, erfuhr Mitte des 18. Jahrhunderts zur 600-Jahr-Feier die Ausgestaltung im Rokoko-Stil. Der bauliche Zustand und vor allem die Ausstattung des 55 Meter langen Gotteshauses machten ein Handeln erforderlich. Dringlich war eine neue Elektrik. Zudem wurden Staub und Schmutz entfernt; Fresken, Stuck, Figuren und Altaraufbauten wurden gesichert, ausgefüllt und retuschiert. In den Sockel des Altares setzte der Augsburger Weihbischof Reliquien des heiligen Norbert von Xanten, sowie der weiteren Prämonstratenserheiligen Adrian, Jakob und des seligen Hroznata ein.
ACTIO
Erneuerung des Christentums Die Abtei Hamborn feierte am Sonntag, 27. Oktober, das 60-jährige Wiedererstehen des Prämonstratenserklosters. Äbte und Prioren der PrämonstratenserKlöster des deutschsprachigen Raums und Bischof Franz-Josef Overbeck feierten mit den Duisburger Chorherren.
Den 60sten Jahrestag der Wiedererstehung ihres Klosters haben die PrämonstratenserChorherren der Abtei Hamborn am 27. Oktober mit einem Orgelkonzert und einem Festgottesdienst gefeiert. Zu Gast waren der Essener Bischof FranzJosef Overbeck sowie die Äbte und Prioren der Prämonstratenser-Klöster des deutschsprachigen Raums. Das Kloster in DuisburgHamborn verweist auf eine fast 900-jährige Geschichte, war aber zur Zeit der Säkularisation im Jahr 1806 geschlossen und erst 1959 kurz nach der Gründung des Bistums Essen neu installiert worden. Dieses Jubiläum wurde nun in Hamborn gefeiert. In seiner Predigt verwies Bischof Overbeck darauf, dass durch alle Jahrhunderte hindurch die Sehnsucht nach einem lebendigen, ursprünglichen Christsein sich mit Zeiten ernüchternder Realität abwechselte. Das sei zur Gründung der Hamborner Abtei im Jahr 1136 so gewesen, der HochZeit großer Ordensgründungen der Franziskaner, Dominikaner und Prämonstratenser, die sich jeweils zum Ziel gesetzt hatten, die Kirche zu erneuern. Das gelte ebenso für die Wiedererrichtung des Hamborner
Prämonstratenser-Klosters vor 60 Jahren, als das neue Bistum Essen in Aufbruchsstimmung war. Ein neuer Anfang sei ebenfalls heute der „Synodale Weg“ der deutschen Kirche: „Erneuerung bedarf des Mutes, sich dem Gewesenen zu stellen, es auf seine Grundintentionen hin zu reinigen und nach vorn zu gehen. Darum braucht es in neuen Zeiten andere und der Zeit gemäße Antworten auf die immer wieder gleichen Fragen der Menschen und Glaubenden“, sagte Overbeck. Nachdem der erste Bischof von Essen, Franz Hengsbach, die sieben Prämonstratenser aus der Allgäuer Abtei Rot an der Rot nach Hamborn gebeten hatte, nahm der junge Konvent 1959 die alten Traditionen unter den völlig neuen Gegebenheiten der industriegeprägten Stadtkultur wieder auf. Von diesen sieben Chorherren lebt heute noch einer. Derzeit steht den 21 Mitbrüdern des Konvents Abt Albert Dölken vor, jedoch sind nicht alle Mitbrüder in Duisburg-Hamborn eingesetzt. Das Ziel der Abteigründung im 12. Jahrhundert und ihrer Wiedererrichtung 1959 bleibt unverändert: Das Christentum zu erneuern.
Im Vorfeld der Feierlichkeiten in Hamborn fand auch das Zirkarietreffen der deutschprachigen Zirkarie des Prämonstratenserordens statt. Stift Wilten Aktuell
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ACTIO
Zusammenwachsen Die Männer- und Frauenorden in Österreich wachsen weiter zusammen.
Der designierte Vorstand bis zur offiziellen Approbation (vlnr): Provinzoberin Sr. Sonja Dolesch, Provinzial Bernhard Bürgler, Generaloberin Sr. Franziska Bruckner, Erzabt Korbinian Birnbacher, Priorin Sr. Franziska Madl, Abt Reinhold Dessl.
Vom 25. bis 28. November 2019 fand die Herbsttagung der Ordensgemeinschaften Österreichs im Kardinal-König-Haus in Wien statt. Gleich am ersten Tag wurden in der gemeinsamen Konferenz der Frauen- und Männerorden wegweisende Schritte für die Zukunft gesetzt: Die Statuten für die zukünftige Ordenskonferenz Österreich, dem Zusammenschluss von Männer- und Frauenorden, wurden angenommen. Zum designierten Vorsitzenden der Ordenskonferenz wurde der Salzburger Erzabt Korbinian Birnbacher gewählt, zur Stellvertreterin Sr. Franziska Bruckner. Der Zusammenschluss und alle damit verbundenen personellen Weichenstellungen werden allerdings erst dann schlagend, wenn die Statuten von Rom approbiert sind, wie die heimischen Ordensgemeinschaften mitteilten. Bis dahin bleibt der jetzige Vorstand mit Sr. Beatrix Mayrhofer und Abt em. Christian Haidinger an der Spitze im Amt. In den kommenden Vorstand wurden für die Frauenorden zudem Sr. Sonja Dolesch 6
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und Sr. Franziska Madl gewählt; Ersatzmitglied ist Sr. Hemma Jaschke. Für die Männerorden wurden P. Bernhard Bürgler und Abt Reinhold Dessl bzw. P. Thomas Vanek als Ersatzmitglied in den Vorstand berufen. „Ich danke für das Vertrauen und freue mich auf den herausfordernden Dienst, erstmals gemeinsam mit Sr. Franziska Bruckner die Frauen- und Männerorden in der Ordenskonferenz Österreich vertreten zu dürfen“, so Erzabt Korbinian Birnbacher in einer ersten Stellungnahme. Birnbacher, Taufname Georg, trat 1987 in die Erzabtei St. Peter in Salzburg ein. Nach der Feierlichen Profess 1991 wurde er 1994 im Salzburger Dom von Erzbischof Eder zum Priester geweiht. Seine Studien absolvierte er an der Universität Salzburg und an der Ordenshochschule S. Anselmo in Rom. P. Korbinian übte Funktionen in der Erzabtei als Novizenmeister, Stiftsarchivar, Hochschulpfarrer, Kooperator in Abtenau, Custos der Kunstsammlungen und seit 2009 als Prior aus. Im Jänner 2013 wurde er für zwölf Jahre zum 88. Abt des ältesten Klosters Österreichs und zum 6. Erzabt von St. Peter gewählt. Sr. Franziska Bruckner wurde 1960 in Kirchbach im niederösterreichischen Waldviertel geboren. 1975 trat sie in die Gemeinschaft der Franziskanerinnen Amstetten ein. 1981 legte sie ihre ersten Gelübde ab. Von 1981 bis 1983 absolvierte sie die Ausbildung zur Hauswirtschaftslehrerin. 1986 legte sie die Ewige Profess ab. Ihre erste Aufgabe war der Einsatz in den Schulen der Franziskanerinnen in Amstetten und Ybbs bis 2002 und als Erzieherin im Internat in Amstetten bis 1996. In der Ordensleitung hatte sie von 1992 bis 1998 die Aufgabe als Generalvikarin und von 1998 bis 2004 als Generalrätin inne. Seit 2004 ist Sr. Franziska Bruckner Generaloberin ihrer Gemeinschaft. Sr. Franziska Bruckner war von 2008 bis 2017 Vertreterin aus dem deutschen Sprachraum in der UISG, der Vereinigung der Generaloberinnen weltweit.
ACTIO
#einfach dankbar Der Österreichische Ordenstag am 26. Oktober stand unter dem Motto: „Das [gar nicht so] einfache Leben“. Rund 500 Ordensoberinnen, Ordensobere und leitende Verantwortliche bei den Orden waren ins Kardinal-König-Haus in Wien gekommen, um einen historischen Moment mitzuerleben: Das Zusammenwachsen der Frauen- und Männerorden zur „Ordenskonferenz Österreich“. Den Reigen der Vorträge eröffnete Sr. Jordana Schmidt, Mitglied der Ordensgemeinschaft der Dominikanerinnen von Bethanien. Das Thema ihres Vortrages lautete „#einfach da sein“. Sie erzählte, dass sie beim Eintritt in ihr erstes Kloster mit der Thematik Machtmissbrauch persönlich konfrontiert war und sich seither damit auseinandersetzt. Heute, in ihrem zweiten Kloster, hat sie ihre Berufung als Kinderheimmutter gefunden. Den zweiten Vortrag des Vormittags hielt P. Jakob Deibl aus dem Stift Melk. Der Ordensmann ist Theologe, Philosoph und 2018 Professore Invitato in Pontifico Ateneo Sant’Anselmo in Rom. Er sprach davon, dass jede Ordensgemeinschaft ihre eigene Spiritualität besitze; die der benediktinischen Klöster zeige eine starke Tendenz zur Verwendung architektonischer Metaphern. Gerade deshalb müssten sie eine geeignete Form der Offenheit finden und „nicht den Charakter der Selbstgenügsamkeit“ haben. Und weiter: „Ihre Armut läge dann nicht in einer Besitzlosigkeit der Gemeinschaft, sondern in der Bereitschaft, was sie haben, mit den Gästen zu teilen.“ Am Nachmittag des Ordenstags 2019 setzte sich der berühmte Benediktiner Br. David Steindl-Rast mit dem Thema „#einfach dankbar“ auseinander. Dankbarkeit habe sehr viel mit Lebensvertrauen zu tun. Doch: „Wir leben in einer Gesellschaft, die von Furcht getrieben ist.“ Dies werde vor allem von jenen gefördert, die ganz oben an der Spitze der Machtpyramide sitzen und die ihre Macht durch Furcht gewinnen. Dabei fürchten sie sich
„Ordensgründer waren Revolutionäre“ - Br. David Steindl-Rast am #otag19.
selbst am meisten, denn jeder könnte sie von dieser Pyramide herabstürzen. Deshalb halten sie sich dort oben, indem sie Gewalt anwenden. Doch die Geschichte habe gezeigt: Die großen Tonbilder der Furchtlosigkeit sind die Revolutionäre; und oft waren das Ordensgründer wie Franziskus oder Benedikt. Sie wollten eine andere Gesellschaft als diese von einer Machtpyramide geprägte. „Setzt der Macht der Gewalttätigkeit die Liebe entgegen“, so das Fazit von Br. David Steindl-Rast. Der Ordenstag 2019 endete traditionell mit einer Eucharistiefeier, in der Frauenorden-Präsidentin Sr. Beatrix Mayrhofer und Männerorden-Vorsitzender Abt em. Christian Haidinger eine Dialogpredigt hielten. In dieser Eucharistiefeier wollte man Dank sagen. Man habe eine neue Struktur gefunden - aber natürlich gehe es um mehr und um Größeres als um strukturelle Veränderungen: Es gehe um Berufung und Sendung als Ordensleute für die Kirche in der Welt von heute.
Die Ordenskonferenz Österreich als „große Herausforderung für die Zukunft“ - FrauenordenPräsidentin Sr. Beatrix Mayrhofer und Männerorden-Vorsitzender Abt em. Christian Haidinger beim #otag19.
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ACTIO
Gute Aufgabenteilung In der Pfarre Ellbögen teilen sich seit September 2019 H. Gerhard Choquet und Dekan Augustinus Kühne OPraem die Aufgaben. Der Pfarrer in Ruhe oder wie Dekan Augustinus mit einem dankbaren Schmunzeln sagt „Pfarrer in Reichweite“, Gerhard Choquet, lebt als Seelsorger in der Pfarre. Mit der Gemeinde feiert er die Gottesdienste und spendet die Sakramente.
Die kirchenrechtliche Leitung der Pfarre als Pfarrprovisor liegt in den Händen von D. Augustinus. Miteinander werden sie in den kommenden Monaten daran arbeiten, die bestmögliche Struktur für die Menschen in der Pfarre zu schaffen.
Ordensvikar Steidl verabschiedet Nach seinem langjährigen Dienst als Bischofsvikar für die Ordensgemeinschaften in der Diözese Innsbruck wurde Prälat Hermann Steidl verabschiedet. Bischof Hermann Glettler, Sr. Pauline Thorer, Prälat Hermann Steidl und Abt Raimund Schreier. (v. li.)
Im Rahmen der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Tirols bedankte sich Diözesanbischof Hermann Glettler bei Prälat Steidl für seinen treuen und kompetenten Dienst, seine Beständigkeit, sein geistvolles Dasein und sein Mitbeten. Steidl wird in den kommenden zwei Jahren weiterhin drei weibliche kontemplative Ordensgemeinschaften begleiten. Abt Raimund Schreier bedankte sich als Vorsitzender der Superiorenkonferenz und betonte die gute Zusammenarbeit und den intensiven Austausch. „Das Schönste und Erfüllendste in meinem Priesterleben war diese Aufga8
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be, doch die gesundheitlichen Grenzen mahnen zum Loslassen“, so Steidl. Das bejahende Lebenszeugnis der Ordensleute und Mitglieder der Säkularinstitute seien ein großes Geschenk und eine Bereicherung gewesen. Auch die befruchtende und konstruktive Zusammenarbeit mit Abt Raimund und Bischof Hermann in all den Jahren hätten den Abschied nicht leicht gemacht. Er freue sich allerdings über das Vertrauen von Bischof Hermann, neben seiner Aufgabe als Firmspender, auch weiterhin als Wegbegleiter für drei kontemplative Gemeinschaften zuständig zu sein.
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Der Zugang zum Himmel Kirchweihsonntag im Stift Wilten
Pontifikalamt in der Stiftskirche Wilten
„Wir sind als Ortskirche versammelt, als Wiltener Kirche, zu der alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unserer Abtei, viele Freunde des Stiftes wie auch unsere Sängerknaben gehören. Nach einer alten und schönen Tradition feiern wir gemeinsam Kirchweihsonntag.“ Mit diesen Worten begrüßte Abt Raimund Schreier die Gläubigen am 20. Oktober in der Stiftskirche.
In seiner Predigt wünschte er allen Anwesenden, dass „wir in jeder Kirche durch die Feier der Eucharistie Kraft finden, um solidarische Menschen zu werden, Christen, die ein Stück Himmel auf Erden schaffen. Mögen unsere Kirchen und Kapellen besonders auch mit ihren Türmen nach oben zeigen, hinauf zum Himmel. “ Die Wiltener Sängerknaben sangen Motetten zum Kirchweihsonntag
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ACTIO
Et ecce terrae motus Pontifikalamt zu Allerheiligen in der Stiftskirche Wilten
Capella Wilthinensis
„Et ecce terrae motus factus est magnus…“ - „Plötzlich entstand ein gewaltiges Erdbeben; denn ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat an das Grab, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf …“, so lesen wir im Matthäus-Evangelium Kapitel 28, Vers 2. Das war der Tag nach dem Sabbat, also unser Ostersonntag in aller Früh. Abt Raimund in seiner Predigt: „Lassen wir uns heute wieder aufrütteln! Lassen wir
uns berühren von dieser unbegreiflichen Botschaft von Ostern und stimmen wir ein in einen Dankeshymnus, stimmen wir ein in die himmlische Musik ‚Et ecce terrae motus factus est magnus‘ – ‚und siehe, es entstand ein gewaltiges Erdbeben‘. Möge die Botschaft von der Auferstehung Christi ein gewaltiges Erdbeben in uns auslösen, uns verwandeln zu dankbaren und hoffenden Menschen. Amen.“
Abt Raimund bei der Predigt
D. Nikolaus Albrecht OPraem liest das Evangelium
Die Hoffnung auf das ewige Leben In seiner Begrüßung am Allerseelentag erinnerte Abt Raimund die Gläubigen an die Bedeutung des Festes. „Alle Menschen müssen sterben. Daran erinnert uns das Fest Allerseelen. Aber für diese Tatsache allein bräuchte es kein Fest. Es heißt in der dritten Strophe des gleichnamigen Chorals: Jesus ist für mich gestorben, und sein Tod ist mein Gewinn; Er hat mir das Heil erworben, drum fahr‘ ich in Freuden hin. Hin aus diesem Weltgetümmel in den schönen Gotteshimmel. Da ich werde allezeit 10
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schauen die Dreieinigkeit. Eine wunderbare Zusammenfassung unseres Auferstehungsglaubens, unserer Hoffnung auf das ewige Leben. Deshalb feiern wir Allerseelen. Allerseelen ist das Gedächtnis aller Verstorbenen, aller, die schon im ewigen Vaterland angekommen sind. So gedenken wir heute aller Verstorbenen, besonders unserer Mitbrüder, unserer Eltern und Verwandten, unserer Freunde und Wohltäter.“
ACTIO
Der Herr aller Herren Das Kirchenjahr wurde am 24. November mit einem Pontifikalamt in der Stiftskirche Wilten beendet. ECCE PLUS QUAM SALOMO HIC Hier ist mehr als Salomon
Diakon Justinus Nguyen OCist bei der Gabenbereitung
An den letzten Sonntagen im Jahreskreis haben die Lesungen hingewiesen auf das Ende der Welt; haben uns das Wesentliche des Lebens sowie das Leben in der Ewigkeit verkündet. Am Christkönigssonntag steht der erhöhte Christus vor uns, wie wir ihn bei unserem Hochaltar in der Stiftskirche ganz oben sehen können. Er hat alles Leid und alle Mühsal dieser Welt in seinem Erlösungswerk überwunden.
Ursprung und Entwicklung des Christkönigsfestes - Im Jahr 1925 führte Papst Pius XI. aus Anlass der 1600-Jahr-Feier des Konzils von Nizäa (325 n. Chr.) das Christkönigsfest offiziell ein. Es wurde ursprünglich am letzten Sonntag im Oktober gefeiert. Im Zuge der Kalenderneuordnung durch das Zweite Vatikanische Konzil wurde es jedoch auf den letzten Sonntag im Jahreskreis gelegt und beschließt seither das Kirchenjahr.
D. Sigmund Hepperger OPraem beim Hochgebet
Die Capella Wilthinensis sang die Missa Cellensis in C von Joseph Haydn.
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Seid wachsam 1. Adventsonntag in der Stiftskirche Wilten.
Die Prämonstratenserkrippe in der Stiftskirche
Abt Raimund sprach in seiner Predigt über die Wachsamkeit: „Advent ist eine Zeit der Erwartung, des Sich-neu-Ausrichtens auf Gott, der uns entgegenkommt. Der erste Adventsonntag erinnert uns an eine ganz wesentliche Haltung, um uns für das Weihnachtsfest besser vorzubereiten: an die Haltung der wachsamen Erwartung: ‚Seid also wachsam!‘ ruft uns heute Jesus zu. Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt‘.
Die WACHSAMKEIT, zu der Jesus auffordert, hat drei Aspekte: - Da ist zum einen die Wachsamkeit im Augenblick. - Der zweite Aspekt der Wachsamkeit ist das Wachen gegenüber dem Bösen. - Und Jesus ruft uns zur Wachsamkeit, weil der Herr des Hauses zu jeder Stunde kommen könnte. Maranatha! Komm Herr und schenke uns diese Wachsamkeit. Amen.“
Rorate der Stiftsmitarbeiter Am 10. Dezember versammelten sich die Mitarbeiter des Stiftes zur traditionellen Rorate in der Stiftskirche Wilten. Rorate in der Stiftskirche
Nach dem Gottesdienst stärkten sich die Mitarbeiter und die Gläubigen gemein-
Stubaiklang von der Landesmusikschule Stubaital, darunter auch unser Mitarbeiter Otto Permoser (3. v. l.) spielten adventliche Weisen. 12
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sam mit dem Konvent im Speisesaal des Stiftes für den beginnenden Arbeitstag.
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Das Wort Gottes meditieren und verkünden Pontifikalamt am Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau Maria und Patrozinium der Basilika Wilten. Abt Raimund lud die Gläubigen ein, die Bibel wieder mehr zur Hand zu nehmen.
„Die Schrift nicht kennen, heißt Christus nicht kennen“. So schreibt der Kirchenvater Hieronymus, der Verfasser der lateinischen Bibelübersetzung, der Vulgata. Anlässlich dessen 1600. Todestages hat Papst Franziskus einen Sonntag des Wortes Gottes eingeführt. Es ist immer der dritte Sonntag im Jahreskreis. Es geht darum, das Wort Gottes, die Bibel, wieder mehr in das Zentrum unseres Christseins zu stellen. Der Bibelsonntag – und eigentlich ist jeder Sonntag ein Bibelsonntag – soll die Kirche wieder erfahren lassen, wie Christus uns den Schatz des Wortes erschließt. Deshalb lud auch Abt Raimund alle Anwesenden ein, die Bibel wieder öfters zur Hand zu nehmen – als Einzelne, als Familie, als eine Gruppe zu Hause oder in der Pfarre – und darin zu lesen: „Nur so können wir Christus kennenlernen, nur so wissen wir, wie wir als Christen leben sollen. Setzen wir das Wort Gottes in die Tat um. ‚Hört das Wort nicht nur an, sondern handelt danach‘ – so Jakobus in seinem Brief (Jak 1,22). Maria meditiert das Wort Gottes. In dieser Kontemplation hat sie sich so intensiv für das Wort Gottes geöffnet, dass es in ihr Fleisch angenommen hat. Sie schenkt das Wort Gottes, Jesus, den Logos, uns
Menschen. So wird sie zur ersten Verkünderin von Jesus, von seinem Evangelium. Wir Getaufte sind aufgefordert, wie Maria den Menschen Jesus zu schenken, ihn zu verkünden – allen Menschen und zu jeder Zeit. Papst Franziskus hat bei seinem Besuch in Thailand die Christen ermuntert, das Evangelium durch ‚Anziehung‘, durch ein vorgelebtes Christentum zu verkünden. Einer der schlimmsten Feinde der Evangelisierung sei ein Mangel an Leidenschaft – so Franziskus. Verkünden auch wir – ob gelegen oder ungelegen. Schenken wir der Welt Christus. Sie braucht ihn. Amen.“
Capella Wilthinensis
Martin Felhofer OPraem, emeritierter Abt des Stiftes Schlägl, beim Hochgebet
CONTEMPLATIO
Zur Geschichte des Stiftes Wilten 26. Kapitel Der angebliche Ritualmord am Kind Andreas von Rinn. Text: Prior Klemens Halder OPraem
Am Palmsonntag, 24. März 1619, sitzt Hippolyt Guarinoni, Stadtarzt in Hall in Tirol und Arzt am dortigen Adeligen Damenstift mit seiner Familie beim Essen. An diesem Tag wird das Fest des seligen Kindes Simon von Trient gefeiert. In Trient war Guarinoni ge-
Hippolyt Guarinoni (1571-1654), Stift Wilten
Der Söldnerführer Ludwig Klingkhammer, 1487 im Krieg gegen Venedig bei Rovereto südlich von Trient verwundet, ruft Maria und das Kind Simon von Trient um ihre Fürsprache an. Votivbild von Ludwig Konraiter, Stift Wilten
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Stift Wilten Aktuell
boren worden und hatte dort in seinen frühen Kinderjahren gelebt. Als Guarinoni seinen Angehörigen vom Ritualmord durch Juden an Simon von Trient erzählte, bemerkte Guarinonis zweite Frau Helena, geborene Spieß, sie habe von ihrer frommen Mutter gehört, eine ähnliche Untat durch Juden habe sich vor langer Zeit ganz in der Nähe beim Dorf Rinn ereignet. Guarinoni erzählt weiter in seiner Schrift „Begrü(n)dte Historj der Marter, deß Haillig–Unschuldigen Khindtß Andree Von Rinn …“, er sei deshalb „voll Begier, dieses Wunder in Erfahrung zu bringen, bei noch eisigen Wegen zum nahen Ort Rinn geeilt.“ Dort habe er die Gebeine des „heiligen Martyrers“ ganz verwahrlost „mit dickem Staub überzogen“ in der Kirche von Rinn vorgefunden. Der Mesner habe ihm den kleinen
Sarg in einer Nische der Kirchenwand gezeigt. Als Guarinoni in der folgenden Zeit nachzufragen beginnt, was die Menschen vom Geschehen an Andreas von Rinn wissen, erhält er zunächst kaum Auskunft. Der Bericht Guarinonis darüber erweckt den Eindruck, als habe er den Befragten seine Vermutungen eingeredet. In neuer Zeit wurden als Geschichtsquellen die Berichte der Pfarrvisitatoren des Bischofs von Brixen entdeckt. Darin wird deutlich, dass gerade in jenem Gebiet um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert die Dorfbevölkerung grundsätzlich skeptisch gegenüber den Obrigkeiten und den Maßnahmen der katholischen Erneuerung eingestellt war. Das dürfte bei der Befragung durch Guarinoni mitgespielt haben. 1612 wurde die Urpfarre Ampass, die von Prämonstratensern des Stiftes Wilten seelsorglich betreut wurde, und zu der die Filialgemeinde Rinn gehörte, von Visitatoren aufgesucht. Damals - also noch vor den Nachforschungen Guarinonis – wurde ihnen von den Gebeinen eines seligen, von Juden ermordeten Kindes, in der Rinner Kirche erzählt. 1616 waren die Visitatoren persönlich in Rinn und fanden vieles am Friedhof und in der Kirche vernachlässigt. Auch an der sehr einfachen Verwahrung der Gebeine des angeblichen Märtyrerkindes hatte sich offensichtlich nichts geändert. Guarinoni wird erst nach 1619 mitgeteilt, dass es in der Rinner Kirche Fresken über das Geschehen am Kind Andreas gegeben habe, die aber später beim Einbau einer Holzempore übermalt und teilweise zerstört wurden. Im Beisein des damaligen Pfarrers von Ampass, Andreas Mayr, und des Juristen Wernle wird die Empore abgetragen und werden die Reste der Bilder freigelegt. Dabei kommen Satzreste zum Vorschein, in denen von Juden berichtet wird, die auf der „Hochstraße“, dem dortigen Durchzugsweg nach Süden, unter-
CONTEMPLATIO
Anderl von Rinn, Deckengemälde im Altarraum, Kirche Judenstein
wegs sind. Weiters ist darin die Rede von einem Bauern, der aufgrund der Abmachung mit den Durchreisenden Geld bekommt, und vom Geschrei des Kindes. Aus diesen bruchstückhaften Texten und dem, was Guarinoni sonst noch in Erfahrung bringen konnte, gestaltete er eine ausführliche Erzählung. Darin ist vom Patenonkel die Rede, der das Kind Juden verkauft, während dessen Mutter, eine Witwe, beim Kornschnitt auf den Feldern von Amras bei Innsbruck tätig ist. Auf dem Felsblock, der später Judenstein genannt wurde, vollziehen laut Guarinoni die Juden den Ritualmord, um das Blut des Kindes zu gewinnen. Als Tag der Ermordung legte Guarinoni aufgrund von eigenen Überlegungen den 12. Juli fest. Als Jahr gab er in Folge eines Traumes 1462 an. Im Spätmittelalter (zirka 1250-1500) waren Ritualmordbeschuldigungen in weiten Teilen Europas verbreitet und lösten schlimme Judenverfolgungen aus. Es wurde die unsinnige Behauptung aufgestellt, Juden würden aus Hass gegen Jesus Christus und die Christen unschuldige Kinder töten, um dadurch ihr Blut für Heilzwecke oder ihre österlichen Riten zu erhalten. Juden war es nicht erlaubt, Boden für die Ausübung von Landwirtschaft zu erwerben, auch ein Handwerk und der
Soldatendienst waren ihnen verboten. Es blieben für sie nur Warenhandel und der Geldverleih als Erwerbsquellen. Geldverleih kam für Christen lange Zeit wegen des kirchlichen Verbots, Zinsen zu verlangen nicht in Frage. Bei den verbleibenden Tätigkeiten machten die Juden sich oft unbeliebt. Päpste hatten sich schon ab dem frühen 12. Jahrhundert in offiziellen Schreiben eindeutig gegen Ritualmordbeschuldigungen und die Verfolgung von Juden ausgesprochen. Auch Herrscher taten das. Sie fanden aber wenig Gehör. Oft genug wurden getötete Kinder gefunden und die Schuld daran Juden unterstellt. Ab dem Spätmittelalter verbreitete sich übrigens auch der Hexenwahn. Missliebigen Menschen wurde die Schuld an Naturkatastrophen oder Seuchen, die sie in Zusammenarbeit mit dem Teufel verursachen würden, angedichtet. Genauso wie bei Ritualmordprozessen wurden dann Geständnisse mithilfe von schlimmen Foltern erpresst. Durch Gerichtsprozesse und die an mehreren Orten behaupteten Vorkommnisse erlangten Hexen- und Judenverfolgungen einen Anstrich von Legalität. Es ist tragisch, dass auch hochgebildete Personen in abergläubischer Weise das Auftreten von Hexen oder Ritualmorde für Wirklichkeit hielten. Hippolyt Guarinoni war ja ein Mann mit vielen Fähigkeiten. Mit großem Einsatz ließ er zum Beispiel als Architekt und Baumeister die Karlskirche in Volders und das BorgiasKirchlein in Volderwald erbauen. In seinem Beruf als Arzt ging er von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen aus. Er stammte aus einem angesehenen Ärztegeschlecht, sein Vater war Leibarzt Kaiser Maximilians II. in Wien und Kaiser Rudolfs II. in Prag. Guarinoni fühlte sich sehr der katholischen Erneuerung verpflichtet. Er wollte
Quellen: St.A.W. 38 A 01 Georg R. Schroubek, Zur Frage der Historizität des Andreas von Rinn. In: Das Fenster 38. Tiroler Kulturzeitschrift 1985, 3768f. Heinz Noflatscher, Jüdisches Leben in Tirol im 16. und 17. Jahrhundert. In: Thomas Albrich (Hrsg.) Jüdisches Leben im historischen Tirol. Bd 1: Vom Mittelalter bis 1805. Innsbruck-Wien 2013, 222-235. Schroubek, 3772f.
Marc Chagall, Weiße Kreuzigung, 1938, Art Institute of Chicago. Jesus am Kreuz als Jude dargestellt mit Kopftuch und Gebetsschal. In seinem Namen zerstörten Christen Synagogen, töteten und vertrieben Juden.
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CONTEMPLATIO Quellen: Rainer Erb, Ritualmordbeschuldigung. In: LMA, Bd VII 1995, 879f.; Gerd Mentgen, Ritualmord. In: LThK Bd 8 1999, 1209f. Joop van Banning SJ, Der Vatikan und der Ritualmord. In: Susanna Buttaroni u. Stanislaw Musial (Hg.), Ritualmord. Legenden in der
sie auch dadurch fördern, dass er dem Volk Heilige als Vorbilder vor Augen stellte. So in der Karlskirche den großen Mailänder Reformbischof Karl Borromäus und im Borgias-Kirchlein den dritten Generaloberen der Jesuiten, Franz Borgias. Neben diesen neuen Heiligen stellte Guarinoni dem Tiroler Volk auch die Heilige Notburga vor Augen. Er hatte bezüglich Notburga die geringen geschichtlichen Quellen über sie erforscht und daraus dann die volle Legende geschaffen, die uns vertraut ist.
worden. Die Schuld wurde sofort den Juden zugeschoben, die dort in drei Häusern lebten. Der Trienter Bischof Hinderbach ließ sich auch von Interventionen Herzog Sigmunds und den besonderen Bemühungen des Papstes nicht davon abhalten, einen langen Prozess gegen jene Juden durchzuführen, bei dem von ihnen unter schlimmsten Foltern Geständnisse erpresst wurden. Insgesamt wurden daraufhin vierzehn jüdische Männer, darunter auch zufällig anwesende jüdische Gäste hingerichtet. Bi-
Kirche von Judenstein, Außenansicht
Judenstein, Gemeinde Rinn, Blick nach Norden
Die Verehrung des Andreas von Rinn dürfte vor Guarinoni örtlich sehr beschränkt gewesen sein, zumal es genügend andere Wallfahrtsstätten in der näheren und weiteren Umgebung gab, die beliebter waren. Auch Guarinoni konnte daran ab 1621 nicht viel ändern. 1642 erschien sein vielstrophiges Lied über Andreas von Rinn unter dem Titel „Triumph Cron. Marter … des … Andreae von Rinn …“, das zudem reich bebildert war und dem Abt von Wilten gewidmet war. Dieses Büchlein brachte schließlich die Andreas-Legende dem Volk näher. Es diente als Vorlage für die bald einsetzenden Volksschauspiele. Die Verehrung eines Kindes als angebliches Ritualmordopfer war man im damaligen großen Tirol, zu dem Trient gehörte, wegen der Geschehnisse um Simon von Trient gewöhnt. 1475 war dort zu Ostern jenes dreijährige Kind tot aufgefunden
schof Hinderbach förderte die Verehrung Simons und machte sie auch weitum bekannt mittels der ganz neuen Druckkunst. Guarinoni war im Laufe seiner Nachforschungen und den Bemühungen für den Aufbau des Andreas-Kultes mit den zuständigen Pfarrern von Ampass in Kontakt. Zu jener Zeit waren das schon gut ausgebildete Personen, unter ihnen auch die bedeutenden späteren Äbte von Wilten Andreas Mayr (ab 1621) und Dominikus Loer (ab 1650). Aufgrund der Bemühungen Guarinonis wurde die Verehrung des Andreas zunächst in der Pfarrkirche Rinn intensiver gepflegt. Schließlich wurde einige Zeit nach dem Tod Guarinonis im Jahr 1654 die Kirche in Judenstein dafür erbaut. Der Bischof von Brixen weihte sie 1678 zu Ehren der Unschuldigen Kinder von Bethlehem (Fest 28. Dezember) und des Andreas von Rinn.
europäischen Geschichte. Wien-Köln-Weimar 2003, 61-84. Schroubek, 3767. St.A.W. 38 A 03a, Triumph Cron …, Innsbruck 1642. Noflatscher, 234-240. Klaus Brandstätter, Jüdisches Leben in Tirol im Mittelalter. In: Jüdisches Leben im historischen Tirol, 109-129. St.A.W. 38 D 01a. Ignatius Zach, Ausführliche Beschreibung der Marter … Andreae von Rinn … Augsburg 1724; Adrian Kembter, Acta pro veritate martyrii et cultus publici … B. Andreae Rinnensis … Innsbruck 1745. Cherubini, Laerzio / Cherubini, Angelo Maria / Auda, Angelo, Magnum Bullarium Romanum A Beato Leone Magno Usque Ad S.D.N. Benedictum XIV., Luxemburgi 1758. St.A.W. 37 X 01, Einladungsprospekt von 1935. Werner Kunzenmann, Das Ende einer Legende. In: Judenstein. Das Ende einer Legende. Dokumentation, Innsbruck 1995, 67-72, 107. 16
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CONTEMPLATIO Im 18. Jahrhundert schrieben die hochstudierten und wissenschaftlich tätigen Wiltener Konventualen Ignatius Zach und Adrian Kembter sogar umfangreiche Bücher mit bildlichen Darstellungen über das Geschehen um Andreas und seine Verehrung. Unter Abt Norbert Bußjäger (17471765) suchte das Stift Wilten beim Papst an, Andreas von Rinn als Seligen – sozusagen offiziell – verehren zu dürfen. Diese schon lang bestehende Verehrung wurde von Papst Benedikt XIV. am 22. Februar 1755 für die Diözese Brixen gestattet. Durch die Erbauung der Judensteiner Kirche und die Kulterlaubnis von Seiten Roms nahmen die Wallfahrten zum „Anderl von Rinn“ zu. Es wurden auch immer wieder Andachtsschriften mit Informationen und Gebeten herausgegeben. Auch Volksspiele zur Judensteiner Legende wurden aufgeführt. Im Wesentlichen blieb aber die Verehrung des Andreas regional beschränkt. Leider wurde die Verehrung des Andreas bis ins 20. Jahrhundert kaum hinterfragt. Der Wiltener Chorherr Gottfried Schöpf, der auch weltliche tirolbezogene Dramen verfasste, schrieb als Kooperator von Tulfes-Rinn (1934-1937) das „Tiroler Volksstück Gesamtansicht Kirche Judenstein, innen
‚Das Judenstein-Anderle‘ “, welches ab 1935 durch die Rinner Bevölkerung in ihrem Ort aufgeführt wurde. Der Text des Schauspiels ist nirgendwo erhalten geblieben. Das Stück verfolgte laut des Einladungsprospektes unabhängig von der Darstellung von Juden eine religiös-erzieherische Absicht. Sogar nach 1945 – trotz der schrecklichen Taten der Nationalsozialisten – gab es noch bis zirka 1949 Aufführungen. Von Seiten der Kirchenleitung wurden jedoch andere Maßnahmen gesetzt. Bischof Paulus Rusch (1938-1981) verbot nach 1945 die Anderle-Prozession, 1955 erreichte er von Rom das Verbot der Brevier- und Messtexte zum Anderle-Fest. Abt Alois Stöger von Wilten (1957-1992) setzte 1961 – unterstützt vom Generalabt der Prämonstratenser in Rom – die Entfernung der Legendentafel aus der Kirche durch, ebenfalls der Votivbilder und der Judengruppe, durch die der Ritualmord dargestellt wurde. Am Stein blieb weiterhin die Figur des „Anderle“. Nach dem furchtbaren Holocaust des Naziregimes an den Juden, dem zirka 6 Millionen zum Opfer fielen, erfolgte in weiten Kreisen ein Umdenken über die Beziehung zu den Juden. In der „Erklärung über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen – Nostra aetate“ legte die katholische Kirche 1965 im 4. Abschnitt ihre neugewonnene Überzeugung über die Beziehung zum Volk der Juden ausführlich dar. Darin heißt es unter anderem: „So anerkennt die Kirche Christi, dass nach dem Heilsgeheimnis Gottes die Anfänge ihres Glaubens und ihrer Erwählung sich schon bei den Patriarchen, bei Moses und den Propheten finden. … Im Bewusstsein des Erbes, das sie mit den Juden gemeinsam hat, beklagt die Kirche, die alle Verfolgungen gegen irgendwelche Menschen verwirft, nicht aus politischen Gründen, sondern auf Antrieb der religiösen Liebe des Evangeliums alle Hassausbrüche, Verfolgungen und Manifestationen des Antisemitismus, die sich zu irgendeiner Zeit und von irgendjemandem gegen die Juden gerichtet haben.“
Abt Alois Stöger
Quellen: Kunzenmann, 64-66. St.A.W. 37 W 01. Kunzenmann, 81. Kunzenmann, 78. Bernhard Fresacher, Anderl von Rinn. Ritualmordkult und Neuorientierung in Judenstein 1945-1995. InnsbruckWien 1998, 23-25. St.A.W. 37 W 03. St.A.W. 37 W 09. St.A.W. V 56 02 55. Kunzenmann, 105-107. Kunzenmann, 88-96. Stift Wilten Aktuell
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CONTEMPLATIO
Bischof Reinhold Stecher
Tafel beim Stein, Kirche Judenstein
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Schon am 28. November 1965, dem Tag der Annahme jener Konzilserklärung, konnte der Erzbischof von Trient in Abstimmung mit der vatikanischen Ritenkongregation die Aufhebung der Kulterlaubnis in Bezug auf Simon von Trient verkünden. Intensive Bemühungen zur völligen Abschaffung des Anderle-Kultes begannen, als Reinhold Stecher Bischof von Innsbruck (1981-1997) wurde. Er hatte bei seinem Aufwachsen in Innsbruck jüdische Mitschüler und erlebte sehr deutlich die Verfolgungen der jüdischen Familien in Innsbruck in der Reichskristallnacht (9. November 1938), in der drei jüdische Mitbürger getötet wurden. Das Naziregime hatte in seiner Propagandazeitschrift „Der Stürmer“ auch durch Berichte über Judenstein den Judenhass geschürt. Vor allem ab 1981 drängten „Die Aktion gegen den Antisemitismus in Österreich“ und „Die Solidaritätsgruppe engagierter Christen in Österreich“ (in ihrer Zeitschrift vom Februar 1981 und April 1985) auf endgültige Maßnahmen gegen den Kult in Rinn. Sie forderten eine gründliche Umgestaltung der Kirche in Judenstein wegen des noch immer spürbaren RitualmordHintergrundes. Nach gründlichen Überlegungen von Seiten der Diözese und des Stiftes Wilten, intensiver Überzeugungsarbeit Bischof Stechers im Land Tirol, in Rinn und durch die Medien wurden die Anderle-Figur vom Stein entfernt, und die Gebeine im hinteren Teil der Kirche am 2. Juli 1985 eingemauert. Auf dem Stein wurde eine barocke Figurengruppe „Jesus und die drei Apostel am Ölberg“ aufgestellt. Neben dem Stein und bei den eingemauerten Gebeinen wurden Marmortafeln mit deutenden und mahnenden Texten von Bischof Stecher angebracht. Es erfolgten dagegen intensive Protestaktionen vor allem von Seiten gewisser Rinner Bürger.
Tafel bei den eingemauerten Gebeinen, Kirche Judenstein
In der Folgezeit wurde eine Generalrenovierung der Kirche vorbereitet, bei der weitere Spuren der Ritualmordlegende beseitigt werden sollten, und ein neues Patrozinium eine andere Sinngebung bringen sollte. Statuen am Stein, Jesus in seiner Todesangst mit drei Aposteln, Kirche Judenstein
CONTEMPLATIO In jenen Jahren der endgültigen Umgestaltung, die allerhand Kritik von Seiten der Anderle-Befürworter auslöste, berichteten die Medien intensiv darüber. Viele Befürworter wandten sich vor allem brieflich an Abt Stöger und noch mehr an Bischof Stecher. Auch gegenüber dem damaligen Pfarrer von Tulfes-Rinn, Wernher Seifert (1984-1988), gab es heftige verbale Attacken. Ab April 1987 wurde zunächst eine grundlegende Außenrestaurierung der Judensteiner Kirche vorgenommen. 1988 konnte die Innenrenovierung begonnen werden. Dabei wurde das mittlere Deckenfresko, das drastisch den behaupteten Ritualmord darstellte, zugedeckt. Der Innsbrucker Künstler Wolfram Köberl malte ein neues Fresko „Jesus und die Kinder“. Er schuf auch ein Hochaltarbild. Die darauf dargestellten schwangeren Frauen – Maria mit Jesus, Elisabeth mit Johannes dem Täufer –, die einander begegnen, drücken die neue Sinngebung der Kirche aus. Kinder in ihrem tiefen Wert und zugleich in ihrer Gefährdetheit sollen in den Blickpunkt gerückt werden. Die Generalsanierung im Kircheninneren samt Restaurierung aller dortigen Kunstgegenstände unter der kundigen Leitung des Stiftsverwalters Lukas Hammerle OPraem konnte Ende Juni 1989 abgeschlossen werden. Die Gesamtkosten der Renovierung und Änderungsmaßnahmen betrugen 6,045.375,42 österreichische Schilling. An Subventionen von Seiten des Bundesministeriums für Wissenschaft und Kunst und des Denkmalamtes Tirol gingen öS 700.000 ein, als Spenden und Habenzinsen öS 81.251,56. Den Rest der Kosten, öS 5,263.000, brachten zu gleichen Teilen das Stift Wilten und die Diözese Innsbruck auf. Am 2. Juli 1989, Fest Mariä Heimsuchung, dem neuen Patrozinium der Kirche, konnte Bischof Reinhold Stecher in Konzelebration mit Abt Alois Stöger, Verwalter Hammerle und den Ortsseelsorgern die Eröffnung und Segnung des neugestalteten Gotteshauses vornehmen. Um alle rechtlichen Maßnahmen zu setzen, erließ Bischof Stecher im Verordnungs-
blatt der Diözese Innsbruck am 15. Juli 1994 noch das „Dekret zur Beendigung des Kultes des ‚Seligen Anderle von Rinn‘“. Leider gibt es eine nicht allzu große Gruppe sehr konservativer Christen, die grundsätzlich gegen die Erneuerungsschritte in der katholischen Kirche seit dem 2. Vatikanischen Konzil (19621965) eingestellt sind und die Abschaffung des Kultes nicht akzeptieren wollen. Am Sonntag um den 12. Juli, dem früheren Anderle-Fest, ziehen sie zur Judensteiner Kirche und halten an der Außenmauer der Kirche – dort wo die Gebeine eingemauert sind – ihre Andacht. Jene „Anderle-Verehrer“ kommen zum Großteil von weither, auch aus dem Ausland. Die Teilnehmerzahl ist aber seit 1985 schon deutlich kleiner geworden. Außer in der näheren Umgebung wurde der Generation der ab 1945 Geborenen nichts mehr über das Kind Andreas von Rinn vermittelt, es blieb unbekannt. In diesem Sinn schrieb Bischof Stecher im Juni 1985 in seiner ausführlichen Information an die Seelsorger „Die Frage Judenstein“: „… ich hoffe, dass eine junge Generation, wie ich sie nun viele Jahre in unserer Heimat kennenlernen durfte, der Grundhaltung der Toleranz, dem kritischen und selbstkritischen Denken in der Kirche und dem Erfassen des Wesentlichen im religiösen Bereich aufgeschlossen gegenüberstehen wird, und sich nicht mit Traditionen zufriedengeben wird, hinter denen von Anfang an so schwerwiegende Fragezeichen stehen.“
Die Kinder kommen zu Jesus, mittleres Deckenfresko, Kirche Judenstein, Wolfram Köberl (1989)
Maria kommt zu Elisabeth, Hochaltarbild, Kirche Judenstein, Wolfram Köberl (1989)
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CONTEMPLATIO
Stabat Mater Innsbrucker Festwochen der Alten Musik präsentierten Programm für 2020. Am 26. November haben die Verantwortlichen der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik (Intendant Alessandro De Marchi, Geschäftsführer Markus Lutz, Betriebsdirektorin Eva-Maria Sens) das Festival-Programm für die Saison 2020 veröffentlicht.
maux im Wechsel die bewegten wie bittersüßen Arien und gemeinsam die sphärischen Duette singen. Den von Pergolesi schlicht für Streicher und Basso continuo gesetzten Orchesterpart wird das Consort des Freiburger Barockorchesters übernehmen.
Im Juli und August 2020 darf sich das Konzertpublikum auf Künstlerinnen und Künstler mit Können, Rang und Namen freuen. Festwochen-Premiere feiert unter anderem der Star-Countertenor Franco Fagioli, ein Wiedersehen gibt es mit dem Cembalisten Christophe Rousset, dem Consort des Freiburger Barockorchesters und der Accademia Bizantina. Stabat Mater - So traurig und gleichzeitig tröstend hat kein anderer die mittelalterliche Sequenz über den Schmerz der Mutter Jesu um ihren gekreuzigten Sohn komponiert wie Giovanni Battista Pergolesi. Der 26-jährige Komponist, selbst schon sterbenskrank, schuf wenige Wochen vor seinem Tod in der Abgeschiedenheit eines Franziskanerklosters nahe Neapel einen sakralmusikalischen ‚Dolce stile nuovo‘. In der Stiftskirche Wilten werden am 27. August 2020 die norwegische Mezzosopranistin Marianne Beate Kielland und der französische Countertenor Christophe Du-
Lobende Worte zum neuen Programm gibt es von Landesrätin Beate Palfrader: „Mit einem ambitionierten Programm wollen die Festwochen auch 2020 dem Publikum wieder die vielen Facetten der Alten Musik näher bringen und sorgen als ein kulturelles Aushängeschild dafür, dass sich der Ruf Innsbrucks und Tirols als Zentrum der Alten Musik weiter festigt.“ Ebenso wertvoll schätzt Bürgermeister Georg Willi den Stellenwert des Festivals ein: „Mit den Festwochen der Alten Musik verfügt Innsbruck über ein musikalisches Juwel, das in der obersten Liga europäischer Musikfestivals mitspielt. Die Fan-Gemeinde der Festwochen wird immer größer.“ Insgesamt stehen über 50 Veranstaltungen mit mehr als 500 Künstlerinnen und Künstlern auf dem Programm der 44. Innsbrucker Festwochen der Alten Musik. Sie finden von 14. Juli bis 30. August 2020 statt. Programm und Infos unter: www.altemusik.at
Präsentierten das Programm der Innsbrucker Festwochen 2020 (v. l.): Betriebsdirektorin Eva-Maria Sens, Bürgermeister Georg Willi, Intendant Alessandro De Marchi, Landesrätin Beate Palfrader, Geschäftsführer Markus Lutz
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CARITAS
Singen für einen guten Zweck Zu Beginn der besinnlichen Zeit luden die Tiroler Vinzenzgemeinschaften kürzlich zum traditionellen Benefiz-Konzert: Die Gäste ließen sich von der besonderen Darbietung der Wiltener Sängerknaben in der Tiroler Sparkasse verzaubern. Johannes Stecher konnte mit zwei Sängerknaben einen Scheck an Karoline Knitel und Christoph Wötzer übergeben.
Die Wiltener Sängerknaben begeisterten mit einem abwechslungsreichen Programm, das von traditionellen Weisen über den „Gefangenenchor“ aus Aida bis hin zu „Rosen aus Tirol“ als virtuosen Schlusspunkt reichte. Exakt 16.000 Euro konnten an Sponsorund Spendengeldern gesammelt werden. Die gesamte Summe kommt der Einzelhilfe für Menschen in Not zugute. Mit den Geldern kann die Vinzenzgemeinschaft schnell und unbürokratisch dort helfen, wo es nottut – zum Beispiel Delogierungen und Stromabschaltungen verhindern oder Lebensmittelgutscheine vergeben. „Wir freuen uns, dass wir die Wiltener Sängerknaben für unseren Charity-Abend gewinnen konnten. Dieser renommierte Chor hat Zugkraft und jahrzehntelange Tradition“, so Karoline Knitel, Präsidentin der Vinzenzgemeinschaft Tirol und Christoph Wötzer, Ehrenpräsident derselben. „Ein herzliches Dankeschön gilt auch unseren Sponsoren, die uns schon seit vielen Jahren in unseren Bemühungen unterstützen – hier möchten wir vor allem die Privatstiftung der Tiroler Sparkasse, Tiroler Versicherung, Swarovski und die Hypo Tirol
Bank hervorheben.“ Auch der Chorleiter der Wiltener Sängerknaben Johannes Stecher stellte sich gerne in den Dienst der guten Sache: „Für mich zählen nicht nur der kulturelle Auftrag und die musikalischen Leistungen meiner Schützlinge. Ich betrachte das soziale Engagement auch als ganz wichtigen Bestandteil jeder ganzheitlichen Erziehung. Und den Kindern macht es Freude, anderen eine Freude bereiten zu können.“ Bestes Foto - Riesenerfolg bei der Tirolissimo Gala: die Wiltener Sängerknaben haben mit ihren Bildern den ersten Platz beim Tiroler Werbepreis in der Kategorie „Bestes Foto“ gewonnen! Würdig vertreten durch Chorleiter Johannes Stecher und drei schneidige Burschen haben sie mit ihrem Fotografen Gerhard Berger die Trophäe erhalten - und die Bühne gerockt ... sie singen nicht nur gut, sondern schauen auch gut aus! Ausblick 2020 - Nach einem ereignisreichen Jahr 2019 mit vielen erfolgreichen Auftritten geht es voller Energie in das Neue Jahr. Aktuelle Termine sind unter www.saengerknaben.com zu finden. Stift Wilten Aktuell
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COMMUNIO
„Frische-Impuls“ für die Kirche In einem Festgottesdienst am 20. Oktober sendete Bischof Hermann Glettler 35 Frauen und Männer in ihren zukünftigen Dienst.
Sendungsfeier für die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Diözese Innsbruck.
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Mut und Zuversicht für ihre Aufgaben hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler den neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Diözese Innsbruck mitgegeben, die er am Sonntag in das kirchliche Berufsleben entsendet hat. „Wagt Neues in der Verbundenheit mit der Kirche, mischt euch in das Leben der Leute ein, ergreift Partei für jene, die keine Lobby haben, nehmt den Namen Jesus in den Mund und bezeugt seine Barmherzigkeit“, wandte sich Glettler an die 35 Frauen und Männer, die künftig in verschiedenen pastoralen Berufsfeldern tätig sein werden. Für ihn als Bischof sei es ein Hoffnungszeichen, wenn sich junge Menschen für die Kirche engagieren und so einen „Frische-Impuls“ brächten, meinte der Bischof weiter und rief sie dazu auf, in Beziehung zu Jesus zu bleiben. Eine „offene, leidenschaftlich ringende Beziehung mit Gott“ sei das „Um und Auf im pastoralen Dienst“, erinnerte Glettler: „Ohne Gebet verkümmert unser Glaube.“ Und, so der Bischof abschließend in seiner Predigt
unter Verweis auf das Tagesevangelium und dessen Frage, ob der Menschensohn auf der Erde noch Glauben vorfinden werde: „Wenn Christus heute wiederkommen würde, wird er hoffentlich nicht nur Büros, pastorale Konzepte und Protokolle von Sitzungen vorfinden. Er wird hoffentlich lebendige und vertrauensvolle Menschen vorfinden, die sich in den Dienst nehmen ließen. Das ist eure Destination!“ Die 35 Frauen und Männer werden in den verschiedenen pastoralen Berufsfeldern der Pfarre, der Schule und der kategorialen Bereiche als Pastoralassistenten, Religionslehrer, Krankenhausseelsorger, Referenten, Dekanatsjugendleiter und Jugendleiter tätig sein. Mit Martin Niederfriniger, Seelsorgeraum Wilten/Wilten-West, Brigitte Luftensteiner, Seelsorgeraum Wilten/WiltenWest, und Mathias Märk, Seelsorgeraum Pradl/St. Norbert/Neu-Pradl, sind drei der Gesandten zukünftig auch in Stiftspfarren eingesetzt.
COMMUNIO
In vestigiis Wollek Alt-Landeshauptmann Herwig van Staa wurde am 26. Oktober die höchste Auszeichnung des Österreichischen Cartellverbandes verliehen. Alt-Landeshauptmann Herwig van Staa bedankt sich für die Verleihung des Ehrenbandes „in vestigiis Wollek“.
Eucharistiefeier in der Jesuitenkirche Innsbruck vor dem Festkommers
Das Ehrenband „in vestigiis Wollek“ ist die höchste Auszeichnung des ÖCV. Namensgeber ist Richard Wollek, ein christlich-sozialer Politiker und bedeutendes Mitglied des Cartellverbands. Van Staa ist derzeit der einzige lebende Träger des Bandes „in vestigiis Wollek“. Er erhielt die Ehrung für seine herausragenden Verdienste und sein unermüdliches Engagement für die Republik Österreich und den Österreichischen Cartellverband. „Als Mitglied von über 30 Verbindungen hat Herwig van Staa das katholische Couleurstudententum entscheidend geprägt. In unzähligen Funktionen hat er Mitglieder des Verbands unterstützt und sich auch auf europäischer Ebene durch sein Engagement um Tirol und Österreich verdient gemacht“, würdigte ÖCV-Präsident Michael Bayrhammer das Wirken des Tiroler Alt-Landeshauptmannes. In seinem politischen Leben machte er nie einen Hehl aus seinen Mitgliedschaften bei katholischen Studentenverbindungen. Im Gegenteil: Kaum eine Rede von Herwig van Staa, egal ob als Landeshauptmann, Landtagspräsident oder Bürgermeister
kam ohne Anspielung oder Bezug auf das Couleurstudententum aus. Er begegnete Kritikern dabei immer mit schlagfertigen Argumenten. Bis heute ist er als Präsident der Landesgedächtnisstiftung des Landes Tirol maßgeblich für den Erhalt der katholischen Kulturgüter, sowie die Förderung von Schülern und Studenten verantwortlich. Herwig van Staa war bereits von 1977 bis 1981 Amtsträger für Gesellschaftspolitik des Österreichischen Cartellverbandes. Während seiner damaligen Amtsperiode entstand das erste ÖCV-Grundsatzprogramm. Im besonderen Ausmaß machte er sich um das ÖCV-Haus verdient. Gerade noch rechtzeitig gelang es ihm, dass die K.Ö.H.V. Leopoldina die Aktienmehrheit an der Gasta AG (Grünes Tor) erwarb. In weiterer Folge hat er zusammen mit seiner Verbindung ohne jegliche finanzielle Abgeltung die Sanierung des ÖCV-Hauses kombiniert mit der Sicherung eines ausreichenden Ertrages eingeleitet. Mit der Auflösung der Gasta und der Übernahme des ÖCVHauses durch die ÖCV-Altherrenschaft ist van Staa ein Werk gelungen, das in Bezug auf Risikoübernahme und persönlichen Einsatz ÖCV-Geschichte gemacht hat.
Seit vielen Jahren ist Herwig van Staa auch ein kraftvoller Unterstützer des Stiftes Wilten. Im Herbst 2019 erklärte er sich zusätzlich dazu bereit, eine ehrenamtliche Tätigkeit im Wirtschaftsrat des Stiftes zu übernehmen. Der Konvent des Stiftes Wilten gratuliert herzlich zur Ehrung! Stift Wilten Aktuell
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Zeichen der Hoffnung Ökumene-Netzwerk „Miteinander für Europa“ feierte Jubiläum Der Saal im Augsburger Rathaus war bis auf den letzten Platz gefüllt – 300 Mitglieder aus 55 christlichen Gemeinschaften und Bewegungen verschiedener Kirchen aus 25 verschiedenen Ländern Europas waren am Samstag, 9. November, beisammen, um gleich mehrere denkwürdige Jubiläen miteinander zu begehen: Vor 30 Jahren
als einer der Zeitzeugen an die vielen ermutigenden Schritte, die in der Ökumene dadurch und seitdem getan wurden. Im aktuellen Klima zunehmender EuropaSkepsis und politischer Polarisierung brauche es gerade die Erfahrung der Bewegungen und geistlichen Gemeinschaften von versöhnter Verschiedenheit.
fiel die Berliner Mauer, und für Europa begann eine neue Ära der Begegnung zwischen Ost und West. Vor 20 Jahren wurde in Augsburg die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigung“ von Vertretern des Lutherischen Weltbundes und der Katholischen Kirche unterzeichnet, und am gleichen Tag kam nachmittags in Ottmaring die erste Gruppe von Verantwortlichen verschiedener katholischer, evangelischer und freikirchlicher Gruppierungen zusammen – die Geburtsstunde des Netzwerkes „Miteinander für Europa“. Die drei Ereignisse waren für die Anwesenden eng miteinander verknüpft und prägen den „Gründergeist“ der Initiative. „Ihr seid Botschafter der Versöhnung“, ermutigte der evangelische Bischof i. R. Christian Krause die Anwesenden. Er hatte 1999 als damaliger Präsident des Lutherischen Weltbundes die „Gemeinsame Erklärung“ mit unterzeichnet und erinnerte
Bertram Meier, derzeitiger Diözesanadministrator in Augsburg, unterstrich im Dialog mit seinem evangelischen Kollegen Regionalbischof Axel Piper die Bedeutung dieser Fähigkeit zur Versöhnung. „Einheit in Verschiedenheit ist auch innerkirchlich eine Herausforderung. Es geht darum, einander verstehen zu lernen und das nicht nur vom Verstand, sondern auch vom Herzen her“. Piper bestätigte, dass genau dieses Bemühen auch die ökumenischen Beziehungen in Augsburg präge: „Aber wir müssen neugierig füreinander bleiben, uns füreinander interessieren, denn wir können viel voneinander lernen!“ In den kurzen bunten Zeugnissen aus verschiedenen europäischen Ländern leuchteten dann die konkreten Ansätze für die Umsetzung dieses Beziehungsnetzwerks auf: In Ungarn bewegt sie Christen verschiedener Konfessionen dazu, sich miteinander Menschen in Not und Isolati-
Empfang im „Goldenen Saal“ Augsburg
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COMMUNIO on zuzuwenden, auch in den Transitlagern für Geflüchtete. In Österreich drängt es Mitglieder verschiedener Gemeinschaften dazu, ihre eigenen Grenzen zu überschreiten, den Kontakt zu Christen in Slowenien und Italien zu suchen und sich miteinander für die aktuellen Bedürfnisse in ihren Regionen einzusetzen. Ein Blick in die Schweiz zeigte, wie regionale Gruppen des Miteinander-Netzwerkes gemeinsam für eine neue Leidenschaft für ein aktives Engagement in Europa werben. Gerhard Proß, Moderator des ÖkumeneNetzwerkes, skizzierte dann Perspektiven für die Zukunft: Es gelte, der Versuchung, neue organisatorische Strukturen zu entwickeln, zu widerstehen und stattdessen das Thema Versöhnung zu vertiefen. Im derzeitigen Klima der Enttäuschung, des Verlusts an Glaubwürdigkeit der Kirchen und der ausbleibenden Aufbruchstimmung liege eine große Chance darin, die positiven Erfahrungen zwischen Amt und Charisma, zwischen Kirchenleitung und charismatisch geprägten Ausdrucksformen von Glaubensleben in den Bewegungen zu bezeugen. „In Zeiten des Auseinanderdriftens und der Tendenzen zur Abgrenzung wollen wir ein prophetisches Zeichen für ein glaubwürdiges Miteinander in Europa sein.“ Einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftspolitischen Dimension von „Miteinander für Europa“ gab am Nachmittag der tschechische Senator Pavel Fischer. Er beschrieb ein aktuelles Bild des Engagements für Freiheit und die Würde des Menschen im Kontext einer stark medial beeinflussten Gesellschaft in Europa. „Wir müssen zu aktiven Bürgerinnen und Bürgern werden, den Mut haben, uns für andere, für die Schwachen einzusetzen, die Stimme für Gerechtigkeit zu erheben“, forderte er die Zuhörer auf. „Christen in Europa können helfen, die Vielfalt an Stimmen hörbar und die vielen unterschiedlichen Facetten eines Themas sichtbar zu machen.“ Breiten Raum hatte auch am Nachmittag das vielfältige Leben der Gemeinschaften im Netzwerk in den einzelnen Ländern und Regionen. Engagierte des
Netzwerks berichteten von Gebetsinitiativen und Pilgerwegen für den Frieden, für mehr Verständigung und Versöhnung. Ein bunter medialer Beitrag zeigte das Engagement in vielen Ländern am 9. Mai: Der jährlich begangene Europatag ist inzwischen zu einer besonderen Gelegenheit für die Präsenz von „Miteinander für Europa“ in der Öffentlichkeit geworden. Berichte von einer Reise einer Gruppe Deutscher in die Ukraine oder einer Initiative von Christen und Muslimen in Frankreich zeigten die Vielfalt und Breite des gesellschaftlichen Engagements. Pater Heinrich Walter von der Schönstatt-Bewegung zog am Ende des Tages Bilanz: „Europa braucht diesen positiven Geist, denn Unheilsboten gibt es schon genug!“ Anschließend machte sich die Gruppe aus dem Rathaus auf den Weg in die evangelische Kirche St. Anna, in der 1999 die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre unterzeichnet worden war. Dort endete der Tag mit einem ökumenischen Gebet und einer Lichterprozession. Auf dem Platz vor der Kirche fand das Jubiläum mit Gesängen und einem Segen seinen feierlichen Abschluss. Die Initiative „Miteinander für Europa“ ist ein internationales Netzwerk von mehr als 300 christlichen Bewegungen und Gemeinschaften aus ganz Europa. Sie entstand 1999 und verbindet evangelische, katholische, anglikanische und orthodoxe Christen ebenso wie Mitglieder von Freikirchen und neuen Gemeinden. 70 Gemeinschaften bilden den Trägerkreis von „Miteinander für Europa“.
Festtag in Augsburg
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Entdecke das Heilige in dir „Nacht der 1000 Lichter“ der Katholischen Jugend Tausende Kerzen brannten in der Pfarrkirche Rinn
Mehr als 160 Orte waren am 31. Oktober Schauplatz für die „Nacht der 1000 Lichter“. Bereits zum 15. Mal lud die Katholische Jugend an diesem Abend ein, Halloween beiseite zu lassen und in lichtdurchfluteten Kirchen am Vorabend von Allerheiligen zur Ruhe zu kommen. Mit Lichtern, Musik, Impulsen, begehbaren Labyrinthen und Lichterwegen konnten Kirchen auf eine ungewohnte Art und Weise erlebt werden. Es war im Jahr 2005, als in der Diözese Innsbruck erstmals die Nacht der 1000 Lichter durchgeführt wurde. Die diözesane Jugendinitiative ist mittlerweile weit über die Grenzen der Diözese hinaus bekannt und wird auch in den Diözesen Salzburg, Linz, St. Pölten und Wien durchgeführt. Das Motto der diesjährigen Aktion lauStimmungsvolle Gesänge erklangen in der BorgiasKapelle in Volderwald
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tete „Entdecke das Heilige in Dir.“ Die Idee dahinter: in jedem Menschen steckt das „Heilige“. Etwas, das das Leben hell macht und bereichert und letztlich den Weg zu Gott weist. Warum in der Nacht vor Allerheiligen? Grundidee der „Nacht der 1000 Lichter“ ist, das „Heilige“ zu entdecken. „Zu Allerheiligen gedenken wir nicht nur der offiziell Heiliggesprochenen, sondern auch aller Menschen, die ein heiliges Leben führen: Alltags-Heilige sozusagen“, erklärt Roman Sillaber, der Leiter der Katholischen Jugend, und weiter: „Der Lichterglanz der Nacht der 1000 Lichter weist darauf hin, dass es das Heilige auch in meinem persönlichen Leben gibt und nur darauf wartet, entdeckt zu werden.“
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Leistbarer Wohnraum Am 24. Oktober konnte Abt Raimund Schreier acht Mietwohnungen in Patsch segnen, welche in positiver Zusammenarbeit der Gemeinde, der Pfarre und der Firma „Wohnungseigentum“ errichtet werden konnten. Abt Raimund Schreier mit dem Patscher Pfarrer Norbert Gapp OPraem bei der Segnung der Wohnanlage.
In sehr schöner Lage am Fraubichl entstanden acht objektgeförderte Mietwohnungen sowie eine Tiefgarage für 15 PKWs. Errichtet wurde die Wohnanlage auf einem Grundstück der dem Stift Wilten inkorporierten Pfarrpfründe Patsch, welches der Firma „Wohnungseigentum“ im Rahmen eines Baurechtsvertrages zur Verfügung gestellt wurde.
Die Wohnungen sind dem Geländeverlauf entsprechend terrassenartig angelegt und bieten in Grundrissfunktion und Ausrichtung höchsten Wohnwert. Entwickelt wurde diese Anlage in enger Zusammenarbeit mit der Gemeinde Patsch und der Pfarre, um attraktiven und leistbaren Wohnraum - speziell für junge Familien aus der Gemeinde - zu schaffen. Herzliche Einladung zu den Jugendvespern der Wiltener Pfarren im Leuthaus des Stiftes
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In neuen Händen Am 24. November übergab Franz Klotz nach mehr als 30 Jahren als Pfarrgemeinderatsobmann von Innsbruck-Hötting sein Amt an Herlinde Keuschnigg. Da Franz Klotz zukünftig das halbe Jahr in der Heimat seiner Frau auf den Philippinen leben wird, sah er sich nicht mehr in der Lage, die Funktion als Pfarrgemeinderatsobmann auszuüben. Mit Herlinde Keuschnigg konnte er aber eine Nachfolgerin vorstellen, die schon viel Erfahrung aus dem Pfarrgemeinderat und anderen Funktionen mitbringt, um diese wichtige Funktion erfolgreich auszuüben. Die Pfarre und zahlreiche Höttinger Vereine waren am Cäciliensonntag angetreten, um Franz herzlich für sein jahrzehntelanges Engagement als Obmann zu danken. Als „einfaches“ Mitglied bleibt er dem Pfarrgemeinderat mit seiner Erfahrung erhalten. Pfarrer Marek Ciesielski (3. v. r.), die Vereine und die Pfarrgemeinde bedanken sich bei Franz Klotz (2. v. r.)
Bester Film „Otto Neururer – Hoffnungsvolle Finsternis“ gewinnt bei „International Catholic Film Festival – Mirabile Dictu“ den Preis als „Bester Film“. 1500 Bewerber, drei Nominierungen, ein Gewinner: Der österreichische Spielfilm „Otto Neururer – Hoffnungsvolle Finsternis“ hat beim „International Catholic Film Festival – Mirabile Dictu“ in Rom die renommierte Auszeichnung „Bester Film“ gewonnen. Für die beiden Filmemacher Hermann Weiskopf und Peter Mair hat die AuszeichGroße Ehrung bei Vatikan-Filmfestival: v. l.: Hermann Weiskopf, Produzent Norbert Blecha, Festival-Präsidentin Laura Marabini, Juryvorsitzende Maria Pia Ruspoli, Peter Mair, Jasmin Mairhofer, Lucas Zolgar Aktuelles finden Sie auf der Webseite: www.otto-neururer.com 28
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nung eine ganz besondere Bedeutung: „Wir sind tief bewegt, dass unser Film gerade hier in Rom auf solch hohem Niveau und im Beisein und unter der Verantwortung hoher katholischer Vertreter ausgezeichnet wurde. Den Preis im Namen des gesamten Film Teams entgegennehmen zu dürfen, ist uns eine große Ehre und ein großes emotionales Ereignis.“
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Olivenöl aus Palästina Unterstützen wir die Christen im Heiligen Land mit dem Kauf von nativem Olivenöl Extra aus Taybeh – Palästina. Die Mitglieder des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem bieten dieses hochwertige Öl zum Preis von € 10, - zum Verkauf an. Mit dem Gewinn unterstützt der Orden Kleinbauern sowie verschiedene Hilfsprojekte in Palästina. Das Olivenöl ist im Klosterladen und bei Herrn Ing. Engelbert Pfurtscheller unter der Telefonnummer 0664/2306726 das ganze Jahr erhältlich. DANKE für die Unterstützung der Christen im Heiligen Land.
Ing. Engelbert Pfurtscheller präsentiert das Ölivenöl aus Palästina
Dank des Landes an die Orden Im Namen des Landes Tirol dankte Landeshauptmann Günther Platter am 4. Dezember im Rahmen eines gemeinsamen Mittagessens im Gasthaus „Riese Haymon“ den Tiroler Ordensgemeinschaften für ihr Wirken. Am 4. Dezember gesellte sich Landeshauptmann Günther Platter zu einem Treffen der Regional- und Superiorenkonferenz der Diözese Innsbruck. Bei dieser Gelegenheit sprach Platter gegenüber der Dachorganisation der Tiroler Ordensgemeinschaften einen Dank des Landes Tirol für das vielfältige Wirken der Orden aus. Der Landeshauptmann ging dabei
auf die Leistungen der Orden im Bildungsbereich, in der Pflege alter oder behinderter Menschen, in der Seelsorge und im gesellschaftlich-kulturellen Bereich ein. Auch Bischof Hermann Glettler nahm an dem gemeinsamen Mittagessen der Ordensvertreter mit dem Landeshauptmann teil.
Das Bild zeigt v. li.: Abt German Erd (Zisterzienserstift Stams), Generaloberin Sr. Pauline Thorer (Barmherzigen Schwestern Innsbruck), Landeshauptmann Günther Platter, Generaloberin M. Gerlinde Kätzler (Barmherzige Schwestern Zams), Bischof Hermann Glettler (Diözese Innsbruck), Friederike Hafner (Ordensreferentin der Diözese Innsbruck , Werk der Frohboschaft Batschuns), Abt Raimund Schreier (Prämonstratenser-Chorherrenstift Wilten). Zum Treffen später hinzugekommen ist Prior-Administrator P. Raphael Gebauer (Benediktinerabtei St. Georgenberg-Fiecht) Stift Wilten Aktuell
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Ein Vierteljahrhundert Bei der 25. Tiroler Schnapsprämierung wurden auch wieder Schnäpse aus der Brennerei des Stiftes ausgezeichnet. Die Prämierung fand am 15. November im Hoadl-Haus in der Axamer Lizum statt. Glückliche Gesichter bei der 25. Tiroler Schnapsprämierung im HoadlHaus (v. l. n. r).: Rudi Mair, Rainer Khälß, Otto Permoser, Verena Permoser, Alban Gritsch
Tiroler Liköre und Schnäpse sind weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Kein Wunder, denn die heimischen Brennereien stellen hochprozentige Erzeugnisse von besonders erlesener Qualität her. Das bestätigen die Ergebnisse der 25. Tiroler Schnapsprämierung. Dieses Jubiläum bot die Gelegenheit, auf die atemberaubenden Entwicklungen rund um das Schnapsbrennen der letzten Jahrzehnte zurückzublicken. Vor noch nicht allzu langer Zeit hatte das Schnapsbrennen in Tirol die Verwertung von ungenießbarem Obst zu hochprozentigem Alkohol zum Ziel. Ganz anders heute: Aus besten, baumreifen Früchten werden sortentypische, fruchtige Schnäpse mit deutlich niedrigerem Alkoholgehalt hergestellt. Einen wesentlichen Anteil an dieser sensationellen Entwicklung der Qualität haben die intensiven Weiterbildungen sowie der Wettbewerb der Brenner untereinander. Die Tiroler Schnapsprämierung hat hier über die Jahre für Tirol eine große Rolle gespielt. „In keiner anderen Sparte der Tiroler Landwirtschaft hat es in den letzten Jahrzehnten einen derartigen Aufschwung gegeben wie bei den obstverarbeiten30
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den Betrieben. Durch kontinuierliche Weiterentwicklung im qualitativen wie im technischen Bereich sowie im Marketing wurden tolle Entwicklungen am Absatzmarkt erreicht, auf die jeder zurecht stolz sein kann. Die Schnapsprämierung ist ein wichtiger Baustein dieser Erfolgsgeschichte und nach einem Vierteljahrhundert sind die Auszeichnungen begehrter denn je“, ist sich Fachbereichsleiter Wendelin Juen sicher. In Summe haben unglaublich viele Schritte auf unterschiedlichen Ebenen zu dieser sehr dynamischen Entwicklung beigetragen, die den Tiroler Schnaps auf das Niveau der Weltelite katapultierte. Unter den ausgezeichneten Schnäpsen sind auch heuer wieder zahlreiche Sorten aus dem Stift Wilten. Die von Otto Permoser mit höchstem Können und Gefühl destillierten Spitzenbrände tragen zu Recht das Prädikat „Prämierter Tiroler Edelbrand 2019“ „Ich gratuliere unseren obstverarbeitenden Betrieben herzlich. Sie schaffen es, durch außerordentliche Professionalität ihre Produkte zu wahren Genussmitteln zu veredeln“, lobte der Präsident der Landwirtschaftskammer Tirol und Nationalrat Josef Hechenberger.
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Winderwanderweg für Heiligwasser Der Wallfahrtsort Heiligwasser und das Alpengasthaus Heiligwasser sind ab sofort für Fußgänger auf einem eigenen Weg das ganze Jahr sicher erreichbar. Eine ausgezeichnete Lösung für Heiligwasser konnte durch gutes Teamwork umgesetzt werden (v. l. n. r).: Rainer Khälß (Stift Wilten), Andreas Hagen und Matthias Schipflinger (Olympiaworld Innsbruck), Matthias Schwaiger und Emilie Koll (Alpengasthaus Heiligwasser), Florian Jäger (Forstamt Innsbruck)
In den vergangenen Jahren war es für Fußgänger im Winter nahezu unmöglich, den beliebten Ort von Igls aus zu Fuß zu erreichen. Durch die ausgezeichnete Zusammenarbeit der Olympiaworld Innsbruck, des Forstamtes Innsbruck und dem Stift Wilten ist es jetzt gelungen, einen sicheren Fußweg zu realisieren.
Ausgehend vom Haupteingang beim OK-Büro der Bob- und Rodelbahn in Igls, können Wanderer jetzt problemlos nach Heiligwasser gehen, ohne eine befahrene Straße benutzen zu müssen. Auch das unerlaubte Queren der Skipiste am Patscherkofel ist damit Geschichte. Eine entsprechende Beschilderung des Weges erfolgt in den kommenden Wochen.
Geschenkideen aus dem Klosterladen Im Klosterladen finden Sie zahlreiche hauseigene Produkte - wie z. B. Wiltener Stiftsschokolade, Wiltener Schnaps, Wiltener Honig ... Gerne stellen wir Ihnen aus unserem reichhaltigen Sortiment auch individuelle Geschenkskörbe in unterschiedlichen Größen zusammen. Auch für besondere Anlässe wie Weihnachten, Ostern, Taufe und Firmung haben wir zahlreiche Geschenksideen zur Auswahl.
Anschrift: Öffnungszeiten:
Pforte und Klosterladen Stift Wilten • Klostergasse 7 • A-6020 Innsbruck Telefon: +43 512 583048 • e-mail: pforte@stift-wilten.at Montag - Freitag 8:00-12:00 Uhr und 14:00-18:00 Uhr, Samstag 8:00-12:00 Uhr
Neuheiten im Sortiment finden Sie auch auf unserer Stiftshomepage: www.stift-wilten.at Stift Wilten Aktuell
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Gottesdienste und Termine 24. Dezember Hochfest der Geburt des Herrn 18.00 Uhr Vesper in der Stiftskirche
29. Dezember Fest der Hl. Familie 18.00 Uhr Vesper in der Stiftskirche
Orgelwerke von Fridolin Sicher
„In dulci jubilo“ aus: Codex St. Gallen
19.00 Uhr
Konventmesse in der Stiftskirche
Werke für Violine und Basso continuo
Katharina Wessiack, Barockvioline
Musik für zwei Orgeln
22.30 Uhr
vor der Mette in der Stiftskirche
Weihnachtliche Chormusik
Wiltener Sängerknaben
23.00 Uhr
Christmette in der Stiftskirche
Michael Haydn
Missa Sti. Nicolai Tolentini MH 109
31. Dezember Jahresabschlussmesse 18.00 Uhr Hochamt in der Stiftskirche
Joseph Ignaz Schnabel
Wolfgang Amadeus Mozart
„Transeamus usque Bethlehem“
Missa brevis in G KV 140
Orgelwerke von Franz Xaver Schnizer OSB
Pastoralsonate VI in G-Dur op. 1,6
Capella Wilthinensis
Musik für zwei Orgeln
Puellae Wilthinenses
25. Dezember Hochfest der Geburt des Herrn 10.30 Uhr Pontifikalamt in der Basilika
Franz Schubert
Messe in G-Dur D 167
Alban Berg
„Es ist ein Reis entsprungen“
Orgelwerke von Josef Gabriel Rheinberger
3. Orgelsonate in G-Dur (Pastoral-Sonate) op. 88
Capella Wilthinensis
18.00 Uhr
Feierliche Vesper in der Stiftskirche
Psalmen und Magnificat
alternatim mit dem Konvent
Musik für zwei Orgeln
Capella Wilthinensis
26. Dezember Hl. Stephanus – Zweites Patrozinium der Stiftskirche 10.30 Uhr Hochamt in der Stiftskirche
Proprium im Gregorianischen Choral
Orgelwerke von Johann C. F. Fischer
Chaconne in G
aus: Musicalisches Blumen-Bueschlein,
Augsburg 1698
Schola Gregoriana Wilthinensis
Gottesdienstordnung Hl. Messe in der Stiftskirche 19.00 Uhr Sonntag 06.30 Uhr Montag, Dienstag, Donnerstag 07.30 Uhr Freitag, Samstag Hl. Messe in der Basilika 10.30 Uhr Sonntag 19.00 Uhr Mittwoch 19.00 Uhr Samstag Chorgebet in der Stiftskirche Laudes 07.30 Uhr Sonntag 07.00 Uhr Montag bis Freitag 07.30 Uhr Samstag (innerhalb der Hl. Messe) Vesper 18.00 Uhr jeden Tag
18.00 Uhr
Vesper in der Stiftskirche
An einzelnen Sonntagen (Hochfesten) findet die Eucharistiefeier um
Orgelwerke von Dietrich Buxtehude
10:30 Uhr in der Stiftskirche Wilten statt. Die Abendmesse um 19:00 Uhr
„Gelobet seist du, Jesu Christ“ BuxWV 189
wird dann in der Basilika gefeiert.