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Anderer Meinung
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Die Chefs der beiden größten deutschen Bioverbände antworten mit einem Nein und einer Gegenfrage. Der auf Landwirtschaft und Nachhaltigkeit spezialisierte Berater sagt: »Ja, natürlich«, die Foodtrendforscherin sieht in Cultured Meat eine Chance für Bio.
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»Wie weit wollen wir uns als Menschen noch von den natürlichen Kreisläufen entfernen? Schon mit der industriellen Tierhaltung haben wir uns vollkommen entkoppelt von einer für uns, unsere Mitgeschöpfe und den Planeten gesunden Tier- »Wie viel Fleisch verträgt die Welt? Keihaltung und Ernährung. In dieser Sackgasse von ne Frage: sehr viel weniger, als wir derzeit Klimakatastrophe und Tierleid angekommen, als Gesellschaft konsumieren. Die Gründe meinen wir, die Lösung liege in Gentechnik sind bekannt: Klima, Grundwasser, Tierund Laborfleisch. Dieser Ansatz löst keines wohl, Welternährung, um nur die wichtigsunserer komplexen Probleme – zumal Wech- ten zu nennen. Die Antwort des Öko-Landselwirkungen dabei völlig ausgeblendet wer- baus heißt flächengebundene und artgeden. Wiederkäuer auf der Weide haben ein rechte Tierhaltung. Hinter diesem sperrigen artgerechtes Leben und artenreiches Grün- Begriff verbirgt sich die doppelte Einsicht: Zu land ist elementar für den Klimaschutz und viel ist ungesund – zu wenig aber im Zweidie Biodiversität. Statt Laborfleisch brau- fel auch. Denn ganz ohne Tiere kommt eine chen wir den ökologischen Umbau von Landwirtschaft, die in ökologischen KreisläuLandwirtschaft und Ernährung; weniger, fen denkt und handelt, eben auch nicht aus. dafür artgerechte Tierhaltung und weni- Es geht also, wie so oft, um das vernünftige Maß. ger, dafür gute tierische Produkte auf un- Das gilt auch im Privaten: Wer weniger Fleisch serem Speiseplan. So hat es schließlich isst und das in Bio, tut der Umwelt etwas Guauch die EU-Kommission mit dem Green tes und sich selbst. Man muss sich also umstelDeal und der Farm-to-Fork-Strategie len. Wer das partout nicht tun mag und unbedingt beschlossen: bis 2030 mindestens Laborfleisch essen will: bitte 25 Prozent Bio auf dem Acker schön. Ein Biosiegel braucht es und dem Teller.« dafür aber sicher nicht.«
– Jan Plagge,
Präsident des Verbands Bioland e. V. – Steffen Reese, Geschäftsführer Naturland – Verband für ökologischen Landbau e. V
Meat bio sein?
»Diese Frage wird noch zu früh gestellt. Derzeit ist Cultured Meat nicht mit dem Biogedanken kompatibel, weil Gentechnik im Spiel ist. So, wie es in Singapur zugelassen ist und sich in den usa entwickelt, ist das bei uns schwer denkbar. Vermutlich wird der europäische Weg einer ganz ohne Gentechnik sein – da skaliert die Produktion aber noch nicht weit genug. Ich würde mich nicht wundern, wenn sich In-vitro-Fleisch in Asien und den usa sehr schnell etabliert. Wenn China einsteigt, erschüttert das den exportorientierten Fleischmarkt. Für Bio könnte das auch Chancen bieten – aber in der Biobranche stempelt man neue technische Entwicklungen gerne pauschal als böse ab. Punkto Nachhaltigkeit wird Cultured Meat einige Trümpfe in der Hand haben. Das kann man nicht einfach ignorieren. Auch die konventionelle Produktionsweise wird schrittweise »Ja, natürlich und auf jeden Fall: Es wird besser. Bio muss sich fragen: Wohin will ich mich Cultured Meat in Zukunft auch in Bio geben. entwickeln? Bio ohne Tier ist im Grunde nicht Wir werden es mit einer weiteren Interpre- denkbar. Die Komplexität dieses Kreislaufgedantation von Bio zu tun haben – aus dem Labor, kens kommt in der Bevölkerung noch nicht an. aber mit biozertifizierten Ausgangsstoffen. Den meisten ist nicht einmal klar, dass es Milch Den Claim Bio werden sich die ProduzentIn- nicht ohne Fleischproduktion gibt. Bio könnte nen nicht nehmen lassen. Und die Argumenta- aber mit Qualitätsoffensiven, neuer Fleischtion für Cultured Meat kommt jetzt schon stark qualität und Kreislaufwirtschaft punkten aus der Nachhaltigkeit.« und muss sich fragen, wo es seine Zukunft sieht.«
– Carsten Gerhardt, bei AT Kearney zuständig für
Landwirtschaft und Nachhaltigkeit – Hanni Rützler, Ernährungswissenschaftlerin und Foodtrendforscherin; Gründerin des Futurefoodstudios
Die studie »How will
Cultured meat and meat Alternatives disrupt the Agricultural and food
industry?« wurde 2019 vom beratungsunternehmen at kearney und nX Food der Metro ag erstellt.