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Helden des Alltags
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Grosses Maul und nichts dahinter!
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Heldenhafte Vorbilder
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Ein Tag im Kloster
Nr. 3 | 2017
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Juli | August | September
Es grüsst...
Helden des Alltags Helden sind etwas Tolles! Sie haben keine Angst, kämpfen gegen das Böse, sind unbesiegbar und erobern jedes Herz. Helden sind keine Erfindung der Filmwelt. In den Legenden und Mythen der Völker sind sie immer präsent. In der Phantasie der Menschen werden sie gerne zu Übermenschen erhoben. Andere bleiben normal und führen ein durchschnittliches Leben und treten nur dann in Aktion, wenn sie gebraucht werden. So haben in der Schweiz in 2016 2,7 Millionen Menschen rund 665 Millionen Stunden Freiwilligenarbeit in verschiedenen Bereichen geleistet. Sie haben sich für die Allgemeinheit eingesetzt und sind sozusagen der „Kitt“ der menschlichen Gesellschaft. Auch in der Bibel finden wir Helden. Zu ihnen gehört Mose. Er ist die Hauptfigur im Alten Testament, ein Mann mit Charisma. Mose hätte sich selbst niemals freiwillig gemeldet. Hirte zu sein, ist doch auch ganz angenehm; denn er hütete die Schafe seines Schwiegervaters Jitro, bis Gott in sein
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Leben trat und ihn beauftragte, das Volk Israel in die Freiheit zu führen – quer durch die Wüste. Männer, Frauen und Kinder waren ihm anvertraut, die Ägypter im Nacken und viele Gefahren am Wege. Da war kein Stein, hinter dem er sich verstecken, keine Höhle, in die er sich verkriechen konnte. Ausreden zählten auch nicht. Hätte sich Gott für Mose entschieden, wenn es auch ein anderer hätte tun können? Die Sache ist klar: „Mose, und sonst keiner!“ So will es Gott. Es ist verständlich, dass Mose zuerst nicht will. Gott nimmt ihm das nicht übel. Er beauftragt gewöhnliche Menschen, die an sich selbst die grössten Zweifel hegen. Supermänner und Superfrauen sucht er nicht. Gott verlangt keine Referenzen, sondern sagt einfach: „Ich will mit dir sein.“ Das reicht aus, um tätig zu werden. Ich mag Helden, liebe Leserinnen und Leser. Aber in Wirklichkeit gibt es sie gar nicht, sondern „nur“ den Hirten, dem Gott in der Wüste erscheint. Später ist es der Zimmermann, in dem uns Gott begegnet. H e l d e n ? Nein. Es sind Menschen so wie du und ich. Aus dem Diakonissen-Mutterhaus St. Chrischona grüsst herzlich Ihre Schwester Ursula Seebach, Oberin
| Diakonisch Missionarisch Handeln
THEMA Lea Schweyer, Heimseelsorgerin Pflegeheim St. Chrischona
„Grosses Maul und nichts dahinter!“
Kennen Sie das? Jemand, der gross redet und wichtig daherkommt? Jesus Christus ist gerade das Gegenteil von einem „Grossmaul“. Ja, er hat auch geredet, sogar viel gepredigt, aber auch gehandelt – er hat vorgelebt, was er gepredigt hat. Er hat den Menschen mit seinem ganzen Sein, mit seinem ganzen Leben gedient – so sehr und so stark, dass Er sogar sein Leben für uns Menschen dahingegeben hat. Seinen Nachfolgern, den Christen, hat er dies weitergegeben: „Predigt nicht nur, sondern handelt auch dementsprechend!“ Gott braucht keine Grossmäuler, sondern Nachfolger, die verkündigen und handeln, wie auch er es gemacht hat. „Ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen und ihr seid zu mir gekommen“ (Matthäus 25,35-36).
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THEMA
An der Galluspforte des Basler Münsters sind diese sechs Werke der Barmherzigkeit seit rund 1000 Jahren in Sandstein eingemeisselt und erinnern jeden Kirchgänger daran, nicht nur die Worte Gottes in der Kirche zu hören, sondern sie im Alltag auch zu tun.
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1. 5000 Männer, dazu viele Frauen und Kinder, haben Hunger. Die Jünger bringen die wenigen Brote und Fische, die sie haben, Jesus betet, alle werden satt.
a Diakonie im Alltag: Das, was man hat, ob viel oder wenig, mit andern teilen.
2. In der grossen Mittagshitze stillt die Samariterin den physischen Durst von Jesus – und Jesus ihren inneren. Wo Durst gestillt wird, entsteht Beziehung.
a Diakonie im Alltag: Den Nachbarn auf einen Kaffee einladen – und sich von ihm einladen lassen.
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3. Jesus muss als Säugling nach Ägypten flüchten und wird dort als Fremdling aufgenommen.
a Diakonie im Alltag: Gastfreundschaft pflegen – einen Platz am Tisch frei lassen für den Fremden, der immer herzlich willkommen ist.
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4. Der nackte und von Dämonen geplagte Gerasener wird durch Jesus befreit. Dann sitzt er bekleidet zu Jesu Füssen. Irgendjemand hat ihm Kleider gegeben.
a Diakonie im Alltag: Gut erhaltene Klei-
der weitergeben für Menschen, die es brauchen können.
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5. Die Schwiegermutter des Petrus liegt mit Fieber im Bett. Jesus besucht sie.
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Diakonie im Alltag: Einen kranken Mitmenschen besuchen und so Licht, Liebe und Freude ins Krankenzimmer bringen. 6. Johannes der Täufer sitzt im Gefängnis – und an ihm nagt der Zweifel. Jesus beantwortet seine Fragen und gibt ihm so Trost.
a Diakonie im Alltag: Briefkontakt mit einem Gefangenen pflegen und für ihn beten.
Lassen wir uns von Jesus in seinen grossen Auftrag hineinnehmen: Nicht zu denen gehören, die ein grosses Maul haben, bei denen aber nichts dahinter steckt, sondern die die Werke der Barmherzigkeit leben, so wie er es uns vorgemacht hat
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THEMA Pfr. Friedhelm Geiß, Theologischer Leiter des DMH
Gesellschaft hinein sehr hoch. Diakonisch-missionarisch-handeln bedeutet heute für uns: Seit der Gründung des DiakonissenM u t t e rh a u s e s war „diakonischmissionarischhandeln“ Motivation und Kernauftrag. Dieser Auftrag verwirklichte sich bei den Diakonissen in vielfältigen Arbeitsfeldern. Während der aktiven Zeit waren ca. 95% der Schwestern in Krankenhäusern, Altenheimen, GemeindeDiakonie oder anderen diakonischen Einrichtungen tätig. Ca. 5% waren im Einsatz in Chrischona-Gemeinschaften und ChrischonaGemeinden, vor allem im Bereich Seelsorge, Kinderund Frauenarbeit. Von Anfang an war die Wirkung der Schwestern in die
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Diakonisch…..
Markus 10, 42-45; Lukas 10,36-37; Johannes 13,15 Das griechische Wort diakonein bedeutet „dienen“. Jesus selbst wird beschrieben als Diener der Menschen. Mit einem offenen Blick und einem sensiblen Herzen begegnete er Menschen. Seinen Nachfolgern gibt er auf den Weg: Wahre Grösse hat der, der bereit ist, anderen zu dienen. Diakonische Arbeit hat deshalb bei uns immer mit Jesus zu tun. Unsere Arbeit ist eine konkrete Verknüpfung von christlichen Werten mit sozialem Handeln. Sie ist ein Dienst an Menschen aus der erfahrenen Liebe Gottes heraus.
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Theologische Grundlage unseres Auftrags
Diakonische Arbeit sieht in jedem Menschen ein von Gott geliebtes Geschöpf. Gott verleiht jedem Menschen Würde und Wert. Und das unabhängig davon, was ein Mensch kann oder leistet, was er glaubt oder wie er lebt. Der diakonische Auftrag gilt deshalb allen Menschen.
Missionarisch….
Johannes 20,21; 2. Korinther 5,20; Apostelgeschichte 4,12 Missionarisch bedeutet für uns: Bezeugen der Güte und Freundlichkeit des dreieinigen Gottes durch unser Sein, kein argumentatives Überzeugen von Menschen zu christlichen Werten. Wir möchten, dass Menschen durch unser Sein die Freundlichkeit Gottes spüren. Gottes Initiative zum Heil für diese Welt – in der Sendung seines Sohnes Jesus Christus – ist für uns Motivation und Auftrag, durch Wort und Tat Menschen in eine heilvolle Beziehung mit Gott einzuladen.
Handeln
Matthäus 9, 35-38; Matthäus 25,40; 1. Johannes 3,18 Der Glaube an Jesus Christus muss „Hände und Füsse“ bekommen. Dies geschieht bei uns im DMH in den drei Schwerpunkten
Heimat, Bildung und Begleitung. Dazu gehören die Altenpflegeschule Manoah und das Belchen-Institut in Lörrach, das Pflegeheim und Mutterhaus auf St. Chrischona und die Feierabendhäuser in Lörrach. In unserem Handeln sind wir dabei hohen qualitativen Standards verpflichtet. Dazu gehören die Sicherstellung einer hohen Fachlichkeit und der sorgfältige Einsatz der vorhandenen Mittel. Ebenso achten wir auf eine gute Kultur der Zusammenarbeit von Mitarbeitenden in unserem Werk. Für die Qualität diakonischer Arbeit ist die Identifikation der Mitarbeitenden und Führungskräfte mit unserem diakonischmissionarischen Auftrag eine wichtige Voraussetzung. Darüber hinaus entwickeln, fördern und unterstützen wir diakonisch-missionarische Initiativen und Projekte in Deutschland und in der Schweiz.
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SCHWESTERNSCHAFT Christa Geiß, Seelsorgerin, Lörrach
Heldenhafte Vorbilder
So könnte man Menschen bezeichnen, die „über sich hinauswachsen“, „im rechten Moment das Richtige tun“, „beherzt eingreifen“. Durch manche Gespräche und Begegnungen habe ich mitbekommen, wie oft unsere FeierabendSchwestern in ihrem Leben „im rechten Moment das Richtige taten“, aber auch, wie andere Menschen für sie „beherzt eingegriffen haben“ oder „über sich selbst hinausgewachsen sind“.
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So erzählt Schwester Marlies Neumann: „Meine Mutter war eine Heldin! 1945 war sie mit uns fünf Kindern (ich als jüngstes mit 14 Monaten!) ein halbes Jahr lang auf der Flucht von Hinterpommern nach Berlin. Und sie hat uns alle lebend durchgebracht!“
Schwester Christa Petersohn hat es schriftlich festgehalten: „… Wie im Schock, starr und steif, stand ich da, mitten auf dem Zebrastreifen einer viel befahrenen Strasse! Das Auto hatte direkt vor mir eine Vollbremsung gemacht. Kein Gedanke, keine Bewegung ging mehr. Wie angenagelt stand ich da und wartete auf Hilfe. Der Bäcker in seinem Laden auf der anderen Strassenseite – dahin wollte ich ja – hatte es beobachtet und lief aus dem Laden direkt zu mir auf die Strasse. Er hielt beherzt die Autos an. Er sorgte dafür, dass ich gestützt wurde und ganz vorsichtig den Rest der Strasse bewältigen konnte. Erst jetzt merkte ich, dass ich noch lebte, ich sah mich dem Tode nahe. Der Held des Tages war der Bäcker!“ Und Schwester Elvira Ruschas war selbst diejenige, die im rechten Moment das Richtige tat: „Es war in Kastanienbaum, am hauseigenen Strand des Vierwaldstätter Sees. Ich wollte mit Gerda, einer guten Freundin, baden gehen. Ich schwamm schon los, wäh-
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n e h c s n e M t u rend Gerda sich noch in Strandnähe aufhielt. Ich hatte sie schon gesehen, die Schwanen-Eltern mit ihren Jungen. Doch plötzlich nahm ich wahr, dass Gerda anfing, auf die Schwäne zu zu schwimmen – und ich wusste: Das geht nicht gut! So rief ich: ‚Gerda, raus, schnell!‘ Gerda wusste nicht so recht, warum sie das tun sollte, aber sie folgte meiner Aufforderung. Der Schwan allerdings hielt nun mich für angriffswürdig und zwickte mich kräftig in dem Arm. Ich wusste um die ungeheure Kraft von Schwänen – ein Flügelschlag, und ich wäre verloren gewesen! So packte ich, ohne lange zu überlegen, den Schwan an seinem Hals und drückte diesen auf seine Flügel. Mit dieser ‚Fracht‘ ging ich bis ans Ufer zur Ausstiegsleiter und
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liess dort den Schwan plumpsen! Der breitete seine Flügel aus und zeigte mir noch einmal majestätisch, wozu er fähig gewesen wäre …“ Und Gerda? Sie hatte natürlich mit bangem Herzen das Geschehen mitverfolgt. Und ganz bestimmt war ihr klar, dass sie ihre „Rettung“ dem „beherzten Zupacken“ ihrer Freundin zu verdanken hatte …
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Ein Abschied in Liebe und Wertschätzung Lasset uns aufsehen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens. Hebräer 12, 2a Dieses Wort war der Einsegnungsspruch unserer Schwester Lydia Schindler, der sie durch die Zeit in unserer Schwesternschaft begleitete. Er bedeutete ihr viel. Schwester Lydia ist am 02.09.1950 in unsere Schwesternschaft eingetreten. Nach dem biblisch-diakonischen Kurs war sie zu verschiedenen Aushilfsdiensten im Bürgerheim (einem Altersheim) in Thalwil, im Nähzimmer unseres Mutterhauses und in unserem Pflegeheim auf St. Chrischona eingesetzt. 1956 trat sie in die Krankenpflegeausbildung am Kreiskrankenhaus in Dillenburg/Deutschland ein. Nach dem bestandenen Examen folgte der Einsatz im Nähzimmer unseres Mutterhauses von 1958 bis 1991. Mit grosser Sorgfalt und viel Liebe nähte sie die Kleidung unserer Schwestern. Ihr Einsatz wurde immer wieder durch kurze Aushilfsdienste in unseren Pflegeheimen auf St. Chrischona und in Zürich sowie im Chrischo naheim in Basel unterbrochen. 1991 trat sie in den Feierabend ein und übernahm für fünfzehn Jahre die Begleitung einer Verwandten in Hergiswil bei Horw. Es folgten Spitalaufenthalte in Utznach und Riehen. Danach kam sie zur Rekonvaleszenz ins Mutterhaus zurück und zog in unser Pflegeheim auf St. Chrischona ein, um dort ihren Feierabend zu verbringen. Schwester Lydia pflegte einen innigen Umgang mit unserem Herrn Jesus Christus im Bibellesen und im Gebet. Ausserdem stand sie in einer feinen Art und Weise für andere Menschen in der Fürbitte ein. Nun ist sie bei ihrem Herrn, der sie im 96. Lebensjahr am Freitag, 12.05.2017, zu sich in die ewige Heimat abgerufen hat. Am Freitag, 19.05.2017, fanden der Abschiedsgottesdienst in der Friedhofskapelle und die Bestattung auf dem Gottesacker in Riehen statt, wo sich eine grosse Trauergemeinde versammelte, um ihr die letzte Ehre zu erweisen. Während der sich anschliessenden Trauerfeier in unserem Mutterhaus auf St. Chrischona kam durch die mündlichen Beiträge der Schwestern und der Angehörigen zum Ausdruck, wie sehr Schwester Lydia in der Familie und in der Schwesternschaft seelsorgerlich unterwegs war. Worte der Wertschätzung und Zuneigung wurden ausgesprochen. Schwester Ursula Seebach Oberin
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THEMA Schwester Ursula Zimmermann, Lörrach, mit Ingetraud Timm-Mohr
Gott hat geholfen
Ich wurde getragen – ich habe getrauert – ich hatte ein Ziel – ich habe die Arbeit angepackt.
Bei der Frage, wer für mich eine Heldin des Alltags sei, bin ich auf meine Freundin Ingetraud gestossen. Sie hat 1987 mit ihrem Mann und ihren 2 Kindern einen schweren Autounfall gehabt. Mit den Fol-gen des Unfalls ist sie immer noch täglich konfrontiert. Ihr Mann Raymond ist blind und braucht ihre Hilfe. Mit Ingetraut kann ich lachen, sie kocht hervorragend, es gibt kein Thema, über das wir nicht reden könnten. Wie sie ihr Leben mit dieser positiven Ausstrahlung lebt, ist für mich „heldenhaft“, obwohl sie mir da heftig widersprochen hat. Ich fühle mich wirklich nicht als Heldin! Es war die Massarbeit Gottes durch mein Leben, das mich vorbereitet hat auf meinen jetzigen Alltag. Durch meine behinderte Grossmutter hatte ich als Kleinkind den Wunsch, Menschen helfen zu wollen. Mit 16 Jahren hatte ich die Möglichkeit, eine Banklehre zu machen. Mein Ziel, das ich auch erreicht habe, war aber, Krankenschwester zu werden. Das war Vorbereitung, um nur einiges zu nennen. Bei unserem Gespräch hast du mir verraten, dass du Gott in der Unfallsituation
ganz real erlebt hast? Ja, als Krankenschwester auf der Intensivstation habe ich oft so viel Leid gesehen, dass ich mir immer wieder mal die Frage stellte: „Warum geht es mir so gut?“ Und als wir den Unfall hatten und von der Feuerwehr geborgen wurden, war mein Gedanke: „Jetzt sind wir dran.“ Im Krankenbett hatte ich den Eindruck, als ob mein Bettlaken vom Himmel getragen würde, auf Adlers Flügeln. Eine Krankenschwesterschülerin hatte ein Sensorium für mein Bedürfnis nach „Stille“. Sie hat mich täglich für 30 Min. im Rollstuhl ins Badezimmer ausserhalb des Mehrbettzimmers gefahren. Da konnte ich jeden Tag Bibel lesen, weinen, beten. Du musstest später aber noch mal hart durch. Eine Heldin zeichnet sich meines Erachtens auch dadurch aus, dass sie selber aktiv wird. Wie war das bei dir? Ja, wieder zu Hause, habe ich mir jeden Abend eine „Todo-Liste“ erstellt, ich bin öfters ins Warenhaus gegangen, ich brauchte eine andere Welt. Nach 15 Jahren haben wir nicht den Unfall, sondern geschenktes Leben gefeiert, ich durfte die Wunde meiner Verluste überwinden.
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THEMA Kinder einer 5. Klasse
Helden des Alltags Eine Umfrage bei Kindern in einer 5. Klasse ergab, dass Ihre Eltern oder Freunde ihre Helden des Alltags sind. Aber auch andere Personen haben es in die Hitliste geschafft. Wie folgt haben die Kinder das schriftlich verfasst: Mein bester Freund – er ist immer nett zu mir und hilft mir, wenn ich nicht weiter weiss. Er geht mit mir zu einigen coolen Orten, was andere nicht tun würden. Er ist mega stark im Glauben, im Hirn und wenn es um Muskeln geht … (Jeremy) Meine Freunde sind für mich Helden des Alltags, weil sie mir helfen, wenn ich in einem Fach nicht weiterkomme oder wenn ich niemanden habe, der mir bei den Hausaufgaben hilft, sind sie immer für mich da. (Larissa) Meine Mutter. Sie ist meine Heldin, weil sie zu Hause ist, wenn ich heimkomme. Sie macht mir Essen und hilft mir bei den Hausaufgaben. Sie beantwortet meine Fragen über die Welt. Sie erklärt mir etwas, wenn ich etwas nicht verstehe, und ist immer für mich da. Mein Vater. Er ist mein Held, weil er jeden Abend nach Hause kommt, weil er mit mir Spiele spielt … weil er nicht sauer wird, wenn er mal verliert, und weil er für mich da ist.
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Helden für immer und ewig sind Gott und Jesus. Jesus ist Held für immer und ewig, weil er für uns am Kreuz gestorben ist und Gott ist Held für immer und ewig, weil er die Welt und die Tiere und die Pflanzen geschaffen hat. (Finia) Meine Eltern sind für mich Helden des Alltags, weil sie mir immer helfen, wenn ich Hilfe brauche, weil sie mir so viel Kleidung, Essen, Spielsachen kaufen. (Larissa) Meine Eltern – weil sie sich um mich kümmern und das Haus dabei noch sauber halten. Sie machen mir mein Pausenbrot und mein Bett. Sie schenken mir etwas an Weihnachten, Ostern und an meinem Geburtstag. (Und ganz oft dazwischen einfach so.) Wenn ich mir wehtue, dann lassen sie alles stehen und liegen und helfen mir. (Jeremy) Meine Lehrer: Sie bringen mir viele verschiedenen Sachen bei. Dank ihnen kann ich schreiben, lesen, rechnen und vieles mehr. Wenn ich im Schullandheim Heimweh bekomme, trösten sie mich. Wir unternehmen viele tolle Sachen. Bei Problemen in der Schule kann ich mich vertrauensvoll an sie wenden. Jede Unterrichtsstunde ist ein Erlebnis … Auch wenn sie manchmal streng sind, hab ich sie gern und ich weiss, sie machen das nur, damit wir leise und brav sind. Traurig find ich immer, wenn ein Lehrer geht oder wir eine Klasse weiterkommen und einen neuen Klassenlehrer bekommen. Schrecklich sind immer Tage, an denen ich fehle und den Unterricht verpasse. (Luise) Sanitäter: Ich habe viele Helden des Alltags … Aber für diesen Text habe ich mir etwas Besonderes ausgesucht. Meine Helden sind die Sanitäter, die meinen Papa an Weihnachten 2015 ins Krankenhaus gebracht haben. Es war ein trauriges Weihnachten. Aber trotzdem waren die Sanitäter für mich Helden
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… Mein Papa hatte eine Lungenentzündung und war in Ohnmacht gefallen. Die Sanitäter haben Papa in den Krankenwagen gebracht. Ein anderer hat mich und meinen kleinen Bruder beruhigt. Es war sehr schlimm für mich … Aber jetzt ist alles wieder ganz normal … (Rebecca) Oma ist meine Heldin des Alltags: Meine Oma heisst Else und ist die beste Oma, die ich mir vorstellen kann. Sie wohnt 300 km weg von mir, aber sie besucht uns und wir besuchen sie. Obwohl sie in Rente ist, hat sie immer viel zu tun. Sie kümmert sich einfach um alles. Um das Haus, um den Opa, um den Garten, um die Küche und sie näht Kleider, wenn sie kaputt sind. Sie hilft auch meiner Tante beim Betreuen ihrer kleinen Tochter. Wenn Nachbarn oder Bekannte Hilfe brauchen, geht sie zum Beispiel mit ihnen Einkaufen. Oder sie hilft der alten Tante im Haushalt. Aber wenn ich da bin, dann nimmt sie sich immer Zeit und wir machen was Schönes zusammen. (Christopher) Ärzte sind Helden des Alltags, weil sie einem helfen, wenn man krank ist, irgendwelche Schmerzen hat
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oder sich etwas verstaucht oder sogar gebrochen hat … Es fing schon am Mittwochabend an. Die Nacht war nicht besonders gut. Ich träumte die ganze Zeit ganz komisch und schlecht. Warum, das weiss ich selber nicht. Als ich dann am Morgen aufwachte, hatte ich ein bisschen Halsschmerzen … Die Halsschmerzen vergass ich bis zu BK (bildende Kunst) … Am Freitag waren die Halsschmerzen schlimmer als am Donnerstag. Mama sagte, ich sollte heute nicht in die Schule gehen. Ausgerechnet heute war der letzte Tag vor den Osterferien. Am Samstag gingen wir ins Krankenhaus und dort stellte sich heraus, dass ich Streptokokken hatte. Der Arzt half mir, indem er mir Penicillin verschrieb. (Emma)
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BERICHT Schwester Annemarie Nutzinger, Lörrach
Ein Tag im Kloster „Schwester Annemarie, hast du auch nachts die Haube auf?“ „Nein, das ginge wohl nicht besonders gut beim Schlafen!“ „Doch, du müsstest einfach auf dem Bauch liegen!“ Wo sie Recht hat, hat sie Recht! Interessiert lauschen die Kinder einer Religionsklasse meinen Worten, als ich ihnen berichte, dass die kleine Hildegard im Alter von 11 Jahren ins Kloster kam. Zusammen überlegen wir, was sich wohl für das kleine Mädchen, das dann später die grosse Ärztin Hildegard von Bingen wurde, mit dem Eintritt ins Klosterdasein geändert hat! Sie hören von geregelten Gebetszeiten, von grossen, aber kalten Schreibstuben, von der Pflege Kranker, von Klostergärten und Klosterapotheken … Auf meine Frage, was ich wohl sei, sehen mich grosse Augen an. Sie hatten schon aufgezählt, was sie alles an mir entdeckt haben: die Haube, die Schürze, das Schwesternkleid, die Brosche … Zaghaft meldet sich ein Stimmchen: „Eine Nonne?“ Das war nun der rechte Einstieg, von meinem Leben als Diakonisse zu berichten. Sie hatten noch nie eine Diakonisse gesehen. Wie sollten sie auch, da ich die Einzige im ganzen Kirchbezirk bin. Ein Pfarrer stellte erstaunt bei einer Sitzung des Bezirkskirchenrates fest „Dass es sie – die Diakonissen – noch gibt?“ „Ja“, antwortete ich ihm lachend. „Es gibt uns noch!“
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Toll, dass die Kinder der verschiedenen Schulen beim Religionsunterricht unter dem Thema: „Ein Tag im Kloster!“ nun auch etwas über das Diakonissenleben erfahren können. Wie kam ich zu dieser neuen, mir sehr lieben Aufgabe? Die zuständige Pfarrerin meinte, in Ermangelung einer Nonne könne ich doch aus meinem Leben berichten. Anschliessend werden in verschiedenen Workshops – ganz der Tradition des Kosterlebens angepasst – Kalligraphie geübt, anhand von Unterlagen die Klosteranlage erkundet, in der „Klosterapotheke“ Kräutermischungen in Mörsern gemischt und die alte Klosterkirche mit ihren Gemälden „erobert“. Grosses Gelächter gibt es, als die Pfarrerin den Kindern erzählt, dass der Ausspruch „Halt die Klappe!“ aus den Klosterkirchen komme, wenn einer Nonne beim stillen Gebet der Klappsitz nach unten gedonnert sei. Mit dem Friedensgruss waren sie in der Klosterkirche empfangen worden und mit Handauflegung und dem Segen werden sie in ihren Schulalltag wieder entlassen.
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AKTUELLES
Einweihung der Stadtmission in Prenzlau am 25.03.2017
Hoher Besuch zum 100. Geburtstag von Schwester Ida Roth Am 25.03.2017 konnte Schwester Ida Roth ihren 100. Geburtstag feiern. Prominente Gratulanten waren gekommen: Regierungsrat Christoph Brutschin, Gemeindepräsident Patrick Götsch, Staatsweibel Roland Schaad und Gemeindeverwalterin Katharina Näf Widmer. Schwester Ida wuchs mit zehn Geschwistern auf und war später in der Krankenund Privatpflege an mehreren Stellen in der Schweiz tätig. Im Feierabend im Mutterhaus kümmerte sie sich liebevoll um die schwächeren Schwestern. Ihr tiefer Glaube an Jesus ist Tragkraft ihres Lebens.
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SCHWESTERNSCHAFT
Impressionen vom Jahre Veeh-Harfen-Ensemble mit Flöten: Das neue Veeh-Harfen-Ensemble der Chrischona-Diakonissen setzt musikalische Akzente am DMH-Jahresfest 2017.
Dr. Christoph Morgner: Herausfordernde Verkündigung. DMH soll „Lebensübungsplatz“ sein!
Geschäftsführer Joachim Rastert: „Das DMH soll nicht aufhören zu existieren! Wir haben etwas weiterzugeben, wollen unser Zentrum stärken und uns öffnen für andere Formen von Gemeinschaft.“
Pfarrer Friedhelm Geiß: Verschiedene For men gelebter Gemeinschaft – auch mit unterschiedlichen Verbindlichkeiten, aber immer mit dem Fokus „diakonisch-missionarisch-handeln“ sollen im DHM und im deutschsprachigen Raum entstehen. Das DMH bietet dafür ein gutes Netzwerk.
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sfest und Jubiläumsfeier 920 Dienstjahre der Diakonissen: Lob & Dank für Gottes Treue
So wurde am DMH-Jahresfest 2017 nicht nur deutlich, wie segensreich seine Geschichte ist, sondern auch wie segensreich seine Zukunft werden könnte.
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GEBET Helmut Danneberg, Prediger i.R.
Fürbitte lebendig prakti Diakonie – da gehen die Gedanken schnell zu praktischer Fürsorge. Doch es gibt auch die stille Diakonie der Fürbitte. Beides ergänzt einander, macht das Leben reich, weitet den Horizont und verkleinert eigene Probleme. 1. Fürbitte – gewollt Fürbitte ist von Gott gewollt: So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen … (1.Tim.2,1) Fürbitte wird von Menschen geschätzt. „Ich bete für dich.“ Das wird meist dankbar angenommen und ist mehr als „ich denke an dich“. Um dieses Versprechen zu halten, hilft mir eine Gebetsordnung.
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2. Fürbitte – gestaltet Für mein Gebetsleben habe ich neben aller Spontanität eine Struktur gefunden: Ich bete zuerst bibelbezogen als Antwort auf das eben in der Bibel Gelesene, dann ichbezogen und danach umweltbezogen. Bei Letzterem ziehe ich Kreise von innen nach aussen: Familie, Verwandte und Freunde, Gemeinde, Wohnort, Land, Welt ... Meine Gebetskartei im A5-Format ist mir eine bewährte Hilfe. Sie enthält Karteikarten von Personen, Personengruppen, Gebetsinfos, Flyer. Leitkarten, links oben beschriftet, geben die thematische Gebetsordnung vor, teils weiter unterteilt, z.B. bei Gemeinde: meine Gemeinde, Bezirk, Werk, andere Werke …
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zieren IMPRESSUM Nun nehme ich mir aber nicht die Zeit, alle Anliegen täglich zu beten. Weitere Aufgaben füllen den Tag. Deshalb habe ich die Gebetskartei mit einem Wochenrhythmus versehen: Andere Leitkarten sind rechts oben beschriftet mit: Täglich, Sonntag, Montag … Samstag. In die Rubrik „Täglich“ kommen die Karteikarten von meiner Familie, aktuellen Kranken, Lastträgern und Menschen in Entscheidungssituationen, dazu auch Gebetshefte, die in sich eine wöchentliche Aufteilung haben. Natürlich geschieht auch Fürbitte im Tagesverlauf. Bin ich allein mit dem Auto unterwegs, bete ich oft für Bekannte, bei denen ich vorbeifahre. Nach unseren Mahlzeiten pflegen wir für Menschen zu beten, deren Namen wir im Gespräch nannten. Nachrichtensendungen motivieren zu einigen Gebetsminuten für die Welt. 3. Fürbitte – gefährdet a) Gewöhnung: - Erhörung wird kaum noch erwartet und die Gebetskartei nicht aktualisiert. Dagegen hilft, Gebet und Kontaktpflege zu verbinden, z.B. per Telefon. So bringt diakonische Fürbitte beiderseits Freude und Segen. - Eintönig ist es, immer nur zu beten: „Herr, segne die, segne den ...“ Paulus‘ Fürbitte gleicht Akkorden, z.B. Eph.3,1421; Kol.1.9-14. Vielfältig wird auch Gebet den Fingern entlang: Daumen: starke Gottesbeziehung. Zeigefinger: Jesus bezeugen. Mittelfinger: Gesundheit an Leib, Seele und Geist. Ringfinger: liebevolle Beziehungen. Kleiner Finger: Treue im Kleinen. b) Mangel an Zeit: Planen Sie im Tagesverlauf feste Gebetszeit/en, je nach Ihren Möglichkeiten. Schliessen Sie immer mit Danksagung (Phil.4,6).
Die Zeitschrift MIT & FÜR des Diakonissen-Mutterhauses St. Chrischona erscheint viermal jährlich kostenfrei. Auflage: 2750 Exemplare Herausgeber: Diakonissen-Mutterhaus St. Chrischona Chrischonarain 135 CH-4126 Bettingen Tel.: +41 (0)61 606 65 65 Mail: mitundfuer@dmhchrischona.org Redaktionsteam: Friedhelm Geiß (Ltg.; V.i.S.d.P.), Schw. Lydia Höfflin, Schw. Ursula Zimmermann, Larry Leuenberger, Lena Leuenberger, Gianpaolo Di Matteo, Schw. Ursula Seebach Grafik und Layout: Variation Design L. Leuenberger www.variation-design.de Bilder: © DMH ausser; Titelseite: © iStocke.com, Luca_Daviddi; S.2, 16-17 © StefanMeissner; S.3: © photodune.net, AntonioGuillem; S.6-7 © iStock.com, RossHelen; S.9: © Salomé-Winona Eckert; S.12-13: © photodune. net, (1) Rawpixel (2) pixelaway (3) Phovoir (4) Pressmaster (5) Wavebreakmedia Druckerei: Lautertal-Druck Franz Bönsel GmbH D-64686 Lautertal Bankverbindungen: Basler Kantonalbank IBAN: CH55 0077 0016 0503 1447 8 Sparkasse Lörrach-Rheinfelden IBAN: DE69 6835 0048 0001 0084 16 BIC: SKLODE66
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( ) Philemon (6) hat Läuse in den Haaren. Als ich ihn mit Läusemittel einsprühe und erkläre, wozu das ist, meint er: „Hey Mama, das ist Tierquälerei!“ Raphaela Grauer, Gomaringen
www.dmh-chrischona.org www.facebook.com/dmhchrischona
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