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Mit der Genossenschaft wird das WIR in den Vordergrund gerückt

Interview Jonathan Schneidemesser

Damit das Gemeinschaftliche noch stärker in den Vordergrund rückt, organisiert sich der FitnessFranchisegeber M.A.N.D.U. als Genossenschaft. Über diesen innovativen Schritt sprachen wir mit Gründungsvorstand Philipp Kaufmann. Außerdem gibt er uns Einblicke in das nachhaltige Arbeiten des Unternehmens sowie weitere spannende Projekte.

BODYMEDIA: M.A.N.D.U. ist in Österreich mit seinen Stores Marktführer im Bereich des EMS-Franchisings. In Deutschland gibt es derzeit drei Filialen. Vielleicht können Sie für unsere Leser noch mal einen groben Überblick über die Entwicklung und die Werte des Unternehmens geben. Philipp Kaufmann: Wir sind 2012 in Österreich gestartet und wurden dann recht schnell zum Marktführer. Unsere Wurzeln liegen eigentlich in der Immobilienbranche und im Marketing. Wir haben uns die Fitnessbranche also von außen angeschaut und uns intensiv mit ihr auseinandergesetzt. Daraus haben wir unser konsumentenfreundliches und partnerschaftliches Angebot mit EMS-Training und persönlichem 2:1-Coaching in der Wohlfühlatmosphäre eines Wohnzimmers aufgebaut. M.A.N.D.U. steht für Moments, Alive, Natural, Dimension, Ultimate – und all das leben wir in unseren Stores.

Schickes Design und funktionelle Möbel sind genauso Bestandteile des Konzepts wie wöchentliche InBodyMessungen und das Thema Ernährung. In den letzten Jahren konnten wir das Konzept weiter verfeinern und verbessern. Was von Anfang an aber schon immer im Fokus stand, war der Kunde. Wir liegen bei einem Beitrag von 120–150 € pro Monat und das bei einmal 15 Minuten Training pro Woche. Daher steht Qualität bei uns voll im Vordergrund. Deswegen haben wir z. B. auch eine Hotline eingerichtet, bei der Mitglieder von 7-21 Uhr anrufen können, wenn sie Trainingstermine buchen wollen. Die Hotline, vorrangig für die Terminisierung gedacht, soll dem Coach im Store den Rücken für das Training freihalten. Die persönliche, individuelle Beratung findet aber selbstverständlich im Store vor Ort durch den Coach statt. Nun haben wir mit der Umstrukturierung in eine Genossenschaft den nächsten Schritt gesetzt.

BODYMEDIA: Was hat Sie zu diesem Schritt bewegt – weg vom Franchisegeber, hin zur Genossenschaft?

Philipp Kaufmann: Der Genossenschaftsgedanke begleitet mich und uns schon sehr lange. Ich habe bereits während meiner Matura (in D. Abitur) eine Facharbeit zu diesem Thema geschrieben. Nun wirkt das Image der Genossenschaft im Vergleich zu einer Personen- oder Kapitalgesellschaft etwas angestaubt, was ich persönlich jedoch nicht ganz nachvollziehen kann. Mit einer Genossenschaft kann man Dinge gemeinsam einfach besser gestalten. Und sie macht vieles einfacher. Mitglieder können jederzeit aus- und eintreten, die Streitereien über die Anteile entfallen also komplett und die Integration von Personen ist viel unkomplizierter. Zudem findet man eine deutlich günstigere Kostenstruktur vor: Mit 1.000 € Genossenschaftsbeitrag kann jeder vollwertiges Mitglied mit einer Stimme M.A.N.D.U. bietet ein konsumentenfreundliches und partnerschaftliches werden – fertig. Man braucht keinen Angebot mit EMS-Training und persönlichem 2:1-Coaching Notar und nicht viel Zeit. In der Folge zahlt jeder Franchisenehmer auch deutlich weniger Gebühren als in der alten Struktur, nämlich nur noch 3 % entscheidet. Es gab immer Reibungs- Philipp Kaufmann: Wirklich hervorravom Umsatz. Das Genossenschafts- punkte mit den Franchisenehmern, weil gend – anders kann man es nicht samodell ist ein explizites Angebot von diese alle von uns global getroffenen gen. Durch die Genossenschaft haben uns an die Franchisenehmer. Ich will Entscheidungen lokal umsetzen muss- die Franchisenehmer das Gefühl, den aber betonen: Gezwungen wird keiner. ten. Mit der Genossenschaft schaffen Erfolg gemeinsam zu gestalten. Wir seNatürlich arbeiten wir aber daran, dass wir ein Miteinander; jeder, der möchte, hen, dass es von den Beteiligten poalle wechseln, zumal es für uns auch darf mitdiskutieren und sich an den Ent- sitiv wahrgenommen wird und ein Wir keine Gründe mehr gibt, in der alten scheidungen beteiligen. entsteht. Und genau das möchten wir Struktur zu bleiben. Die meisten Fran- auch, denn M.A.N.D.U. ist eine Familie. chisenehmer sind diesem Ruf auch be- Was mir beim Genossenschaftsgedan- Das war vor der Umstrukturierung auch reits gefolgt. Alle neuen Franchiseneh- ken jedoch das Wichtigste ist, ist der schon so, aber durch das Verhältnis mer kommen dann bereits automatisch Gedanke der Transparenz. Alle Verträ- Franchisegeber-Franchisenehmer hatin die Genossenschaft. Wir sehen es ge z. B. mit Maskenlieferanten werden ten beide Seiten immer Erwartungen, somit als ein doppeltes Angebot: Es ist in der Genossenschaft beraten und die nicht ganz erfüllt werden konnten. Jetzt haben wir den Spieß umgedreht: Wir legen z. B. fest, welche Dienstleis„Mit einer Genossenschaft kann man Dinge gemeinsam einfach besser gestalten“ tungen wir gemeinsam einkaufen, und damit ermöglichen wir den Erfolg im Tagesgeschäft. Denn letztlich geht es darum, dass jeder Einzelne mit seinem Store erfolgreich ist. eine Offerte an die bestehenden Fran- offengelegt. Im Geschäftsbericht muss chisenehmer, aber natürlich auch an dann alles dargestellt werden und so BODYMEDIA: Neben der Innovation alle neuen respektive potentiellen Fran- weiß jeder über alle Entwicklungen der Firmenstruktur gehen Sie auch in chisenehmer, die sich für ein sicheres, Bescheid. Das System wird also fairer anderen Bereichen neue Wege. In Ihkooperatives Fitness-Modell für ihre und transparenter für alle. Der Sinn ei- rem Flagship-Store wurde nun ein Café berufliche Karriere entscheiden wollen. ner Genossenschaft ist es, dass sich integriert. Welche Synergieeffekte erAußerdem haben alle Mitglieder einen Menschen mit denselben Interessen hoffen Sie sich davon? Anspruch darauf, was die Genossen- zusammenschließen, um ein gemein- Philipp Kaufmann: Für mich gab es schaft erwirtschaftet, aber – und das ist sames Ziel zu verfolgen. Und genau hier in Linz kein passendes Kaffeehaus, ganz wichtig: Keiner hat Anspruch auf das machen wir hier mit M.A.N.D.U. das die Qualitätsansprüche hinsichtdie Substanz des Unternehmens. Die lich Essen und Kaffee erfüllen konnte. bleibt immer erhalten und geschützt. BODYMEDIA: Recht schnell nach der Dann gab es die Möglichkeit, eines Und die Entscheidungen werden von Umstrukturierung kam dann der erste zu übernehmen: Wir haben gehandelt allen getroffen und nicht nur von dem ei- Genossenschaftstag. Wie war hier die und nach einer kompletten Umwälzung nen Franchisegeber, der von oben herab Stimmung? neu eröffnet. Darin stehen die Themen

Das „High-Five“ nach dem Training ist jener M.A.N.D.U.-„Magic Moment“, auf den die Member voller Eifer hintrainieren

Bio-Qualität und Regionalität ganz weit vorne – das schreiben wir bewusst nicht vorne drauf, aber alles, was sich darin abspielt, erfüllt diese Ansprüche. Dann kamen Kunden auf uns zu und fragten, warum sie das leckere Essen nicht unmittelbar nach dem Training direkt vor Ort im Store fertig zubereitet zu sich nehmen können. Um diesen Ansprüchen gerecht werden zu können, haben wir entschieden, in der Lounge des Stores eine neue Form des Lebensmittelhandels zu integrieren.

Wir wollen ganz bewusst etwas hineinbringen, das im Supermarkt fehlt, und das ist die Beratung. Die Essenswünsche werden durch Zöliakie, Allergien etc. immer komplexer und dann sollte es ja auch noch schnell gehen, gesund sein und viel Protein enthalten. Deshalb haben wir ein Warenangebot an schnell verfügbarem Essen in einer hohen Qualität mit einer Haltbarkeit von etwa 30 Tagen. Sie nehmen es, können es warm oder kalt essen, haben aber auch Lebensmittel dort, mit denen man direkt vor Ort z. B. einen Smoothie oder einen Proteinshake machen kann. Und dann stellen wir dort jemanden zur Beratung bereit, der nicht aufdringlich ist,

Bei M.A.N.D.U. schließt man im Erstgespräch keinen Vertrag ab, sondern eine 0-€-Membership. Damit wird man dann Teil der Community von dem man sich aber zu jeder Zeit beraten lassen kann. Mit der Integration in den Store befruchten sich beide Bereiche. So sind bspw. Specials wie Spezial-Salze und Spezial-Öle, die nicht alltäglich sind, und auch Kochschulen sollen zukünftig angeboten werden. Letztlich wollen wir einen Ort schaffen, an den jeder gerne hingeht und sich wohlfühlt.

BODYMEDIA: Das Angebot an digitalen Ausbildungsmöglichkeiten wurde ja ebenfalls ausgebaut. War das eine Reaktion auf die Corona-Entwicklungen? Philipp Kaufmann: Wir hatten schon immer eine Mischung aus digitalen und Vor-Ort-Angeboten. Durch Corona wurde es eben noch ein bisschen schneller digitaler. Ich bin mir aber sicher, dass die Kombination aus beidem die beste Lösung ist. Gerade Grundlagenwissen kann ich hervorragend digital vermitteln. Dann müssen die Ausbilder ihre Vorträge nicht immer und immer wieder halten. Aber wenn es darum geht, seine Mitstreiter kennenzulernen, richtig und nicht nur oberflächlich, dann ist es schon einfacher, wenn man gemeinsam an einem Ort ist und z. B. zusammen Sport machen kann. Auch wenn wir die Präsenzausbildungen etwas runterfahren mussten, ist der feste Plan, dass in der Erstausbildung alle Teilnehmer an einem Ort zusammenkommen und sich kennenlernen können. So stellen wir sicher, dass sich alle als Teil der Familie sehen und ein WIR-Gefühl entsteht.

Hinzu kommt, dass wir in einem praxisorientierten Beruf arbeiten, und die Übertragung des Wissens von der Theorie in die Praxis ist besonders anspruchsvoll. In einer Präsenzausbil-

dung kann ich z. B. kontrollieren, ob

Das digitale Fortbildungsangebot ist für M.A.N.D.U. ein wichtiger Teil bei der Grundlagenausbildung der Trainer

die Armelektroden korrekt angelegt wurden oder nicht. Da hat das Digitale seine Schwierigkeiten. BODYMEDIA: All diese Entwicklungen stehen im Zeichen der Nachhaltigkeit. Welchen Stellenwert nimmt diese bei M.A.N.D.U. ein? Philipp Kaufmann: M.A.N.D.U. basiert auf Nachhaltigkeit genauso wie unser Konzept des Cafés. Unser wichtigstes Thema hierbei sind die Mitarbeiter und unsere Mitglieder. Es ist kein Geheimnis, dass mit Personal in der Fitnessbranche wenig nachhaltig umgegangen wird. Viele arbeiten für wenig Geld, was aus meiner Sicht weder dem Mitarbeiter noch dem Kunden gegenüber wertschätzend ist. Wenn ein Kunde für ein Premiumprodukt viel Geld zahlt, ist es für mich unvorstellbar, dass jemand als Auszubildender, der nicht viel Geld erhält, diese Leistung erbringt. Hinzu kommt, dass viele Mitarbeiter gar keine langfristige Perspektive bekommen. Und das ist eben nicht nachhaltig. Als Gegenbewegung dazu setzen wir auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Damit bieten wir bewusst unterschiedliche Antworten auf die Lebensphasen der Mitarbeiter. Während man in der Ausbildung vielleicht eher zusätzliche Zeit zum Lernen oder für das Anwenden der Theorie in der Praxis braucht, ändern sich die Bedürfnisse z. B., wenn man Kinder bekommt. Für mich ist die größte Freude, mit Menschen zu arbeiten, und das sollen diese auch spüren, indem ich das nicht nur sage, sondern auch im täglichen Arbeiten lebe. Und dann bleiben diese Mitarbeiter auch lange im Unternehmen, können einen Erfahrungsschatz aufbauen und damit ihre Kunden besser betreuen. Ich habe zu Beginn gesagt, dass wir ein konsumentenfreundliches Unternehmen sind, und da ist es für mich klar, dass die Mitarbeiter das leben müssen. Unsere Struktur unterstützt sie dabei. So bekommen unsere Kunden bei uns immer ein Handtuch nach dem Training zum Duschen; ganz ohne Verrechnung – das gehört zum Service einfach dazu. Während andere Anbieter ihre Duschen unattraktiv machen, weil sie nicht möchten, dass ihre Mitglieder bei ihnen duschen, fördern wir das ganz aktiv. Die Member schließen bei uns im Erstgespräch keinen Vertrag ab, sondern eine 0-€-Membership und werden damit Teil der M.A.N.D.U.-Community. Dieser Schritt ist wichtig, damit unsere Kunden, jene Werte, die wir vertreten auch

„Um den Ansprüchen unserer Kunden gerecht werden zu können, planen wir eine neue Form des Lebensmittelhandels in den Stores zu integrieren“

spüren. Beim Probetraining definieren wir dann die Ziele des Kunden und er schließt einen Vertrag mit sich ab, denn ein Trainer kann das Mitglied nur bei seinem Weg zu seinen Zielen begleiten. Er kann nicht für ihn trainieren. Und auch das ist wieder nachhaltig.

BODYMEDIA: Vielen Dank für das in-

teressante Gespräch!

Zur Person

Philipp Kaufmann ist studierter

Betriebswirt, Publizist, Immobilienmanager und Facility-Manager.

Seine beruflichen Lehrjahre verbrachte u. a. er im Marketing bei

Proctor&Gamble. Heute ist er

Gründer und Geschäftsführer der

KaBB (Kaufmann beraten und beteiligen), welche unter anderem den EMS-Fitness-Franchisegeber

M.A.N.D.U. und das Café Beenie. allday in Linz-Urfahr (Österreich) betreibt. Als Unternehmer geht es Kaufmann nicht primär um die kurzfristige Profitmaximierung; die

Balance zwischen erfolgreichem

Wirtschaften und Lebensqualität ist wichtig. Besonders wichtig ist ihm der Fokus auf Nachhaltigkeit, der sich wie ein roter Faden durch seine unternehmerischen Aspirationen zieht.

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