WERKSTATT
Urlaubsgrüße aus Kulmbach Es gibt schlechtere Ideen, als im Sommerloch auf sich aufmerksam zu machen. Einfach mal »Hallo« sagen und sich vorstellen. Charmant, aufwendig, aber nicht zu teuer sind Urlaubsbilder, die erst Rätsel aufgeben und sie dann auflösen. Text _ Antje Terhaag
Das Unternehmen Aea Foto liefert eine Fototasche mit Bildern. Haben wir Fotos bestellt? Nein, sind nicht unsere. Da wurde wohl wieder mal ein Film vertauscht. Film? Der Packen mit Bildern liegt gut in der Hand und der geübte Fotograf merkt gleich, das war ein 36er Film. Beim nachzählen sind es dann 35, das ändert aber nichts am nostalgischen Schwelgen in dem Gefühl, das man hatte, als das Abholen der entwickelten Bilder noch aufregend war. Denn zum einen konnte man sich manchmal nur noch vage daran erinnern, was man alles aufgenommen hatte, und zum anderen war ja nicht ausgeschlossen, dass man das beste Motiv falsch belichtet hatte. Und was war das für ein Spaß, wenn man einen falschen Film geliefert bekam. Erst mal nachsehen, ob auch wirklich jedes Bild von jemand anderem war – bunte Mischungen kamen ja durchaus vor.
p DIE AUSGANGSLAGE Das macht den ersten Reiz dieses Mailings aus. Fremde Bilder gucken. Was war jemandem so wichtig, dass er es in der Pixelära noch auf Papier bringen ließ? Es ist eine Mischung aus Industriegebäuden und -anlagen, Kindern und Menschen bei der Arbeit oder bei repräsentativen Anlässen – in einer raffinierten Reihenfolge. Die Anlagen sind neu, die Gebäude elegant, die Mienen wahlweise fröhlich oder gewichtig, Karl-Theodor zu Guttenberg fehlt ebenso wenig wie der Bulle und der Bär, und es sieht nicht nach Profibildern aus, sondern mutet tatsächlich an wie eine Kollektion Urlaubsfotos. Die Bilder erzählen keine Geschichte, 24
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vermitteln aber einen Eindruck, und so fragt man sich nach einigem Blättern, was denn da noch kommen möge. In genau diesem Moment werden die Fotos abgelöst von einem roten Bild mit der Frage »Neugierig geworden? Wer steht hinter diesen Bildern?« »Wir, die Ago AG! Wir wollen uns auf diesem Weg bei Ihnen vorstellen.« »Wer ist die Ago AG?« »Ein mittelständischer Globalplayer aus Kulmbach mit innovativen Technologien – weltweit im Einsatz.« »Was macht die Ago AG?« »Wir sind Spezialist im Bereich innovativer und effizienter Energieversorgungsanlagen für Industrieunternehmen und Kommunen.« »Interesse geweckt? Dann besuchen Sie uns unter www.ago.ag/presse, um dort mehr über uns zu erfahren.« Und dann liefert die Ago noch ein paar Erklärungen zu den Bildern: »Unsere aktuellen Projekte«, »Unsere Besonderheiten« und »Soziales Engagement« ersetzen zwar nicht den Blick ins Internet, liefern aber die Bildunterschriften zu den meisten Fotos und erzwingen somit nicht, dass man sich an seinen Rechner setzen muss, um ein wenig Licht ins Bunte zu bringen. Das ist ein netter Zug und führt geradewegs zum zweiten Reiz dieses Mailings: Es verzichtet auf ein Anschreiben. Das würde nämlich allen Spaß am Entdecken der Bilder nehmen. So bleibt alles schlüssig und optisch konsistent, vor allem aber diktiert der Absender, wann im Rezeptionsprozess der Text gelesen wird, was in diesem Fall von Bedeutung für die Wirkung ist. Und damit nicht schon der Umschlag die eigenwerbliche Absicht verrät, kommen die Bilder direkt von Aea Foto – Aea für
DIE EXPERTIN Antje Terhaag, M.A. berät und trainiert Unternehmen rund um das Thema Präsentation und Präsentieren. Schwerpunkte sind dabei Angebots- und Wettbewerbspräsentationen.
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Ago Energie + Anlagen. Und schon sind wir beim dritten Reiz, der dieses Mailing ausmacht: Die verspielte Liebe zum (trügerischen) Detail. Da wäre die Fototasche selbst, die alle klassischen Elemente aufweist: Das Panoramabild, die wesentlichen Pluspunkte – in diesem Fall »schnell. zuverlässig. preiswert« mit dem offengelassenen Schluss auf das Zutreffen dieser Attribute auf das Unternehmen Ago – der Dank für den Auftrag und »Ihr digitaler Bilderdienst wünscht Ihnen viel Freude mit Ihren Bildern.« sind absolut nah am Original. Besonders charmant, weil im Grunde verzichtbar: Die Kontaktbögen. Angefangen beim Aea Foto-Logo über die Auftragsdaten wie Datum, Bestellnummer und Kundennummer oder selbst gebasteltem Barcode bis zu den Miniaturen mit den Dateinamen ist jedes Detail vorhanden und liebevoll umgesetzt. Was sagt das über die Ago AG? Entweder, dass sie gute Partner für Aufgaben außerhalb ihrer www.acquisa.de
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Kernkompetenz wählt, oder aber, dass sie ihre Pläne präzise schmiedet und akribisch realisiert. Beides sind keine schlechten Eigenschaften für einen (Energie-)Anlagenbauer.
p DER EXPERTENRAT 1.Überraschen Sie öfter mal. Es ist keine Kunst, als Fotolabor mit Bildern zu 10/2010
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arbeiten, aber für einen Anlagenbauer ist das wirklich schön. Wenn das Wildern in fremden Revieren dann auch noch gut gemacht ist, unterstreicht das Ihre Kompetenz auch im eigenen Fachgebiet. 2. Detailverliebtheit mag nicht jedem Empfänger auffallen, aber diejenigen, die es bemerken, werden es zu schät-
zen wissen. Relevant werden Eigenschaften wie Sorgfalt, wertige Ausführung oder ungewöhnliche Kreativität für jene, die just diese Qualitäten in ihrem Kerngeschäft brauchen. Sie treten den Beweis an – und müssen gar nicht mehr behaupten, sie besäßen diese Eigenschaften. redaktion@acquisa.de
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