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EDITORIAL
EDIT O RIA L S Magazin, Ausgabe
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Wenn einem persönlich eine große Ehre zuteilwird, bedeutet dies meistens zweierlei. Erstens, dass man die damit einhergehende Herausforderung, das Niveau nicht nur zu halten, sondern stets um weitere Verbesserung bemüht zu sein, mit Freuden annimmt, und zweitens, dass man etwas richtigstellt. Sie gebührt nämlich nicht allein einer Person, sondern zum großen Teil einem Team. Jenen Menschen, die das Herz und die Seele unseres Hauses sind und durch deren Engagement und Einsatz über Jahre hinweg diese Leistung überhaupt erst möglich wurde. Ein gastronomischer Ort ist immer eine enorme Verdichtung von mehreren Elementen. Und doch wird primär der fertige Teller gesehen, der Weg bis zum Teller häufig gar nicht erfasst. Dabei ist das Wichtigste in der Gastronomie, die richtigen Menschen zusammenzubringen. Von der Auswahl der Mitarbeiter – unsere wunderbare Gastgeberin Viktoria Schott stellen wir Ihnen ab Seite 76 vor – über das Glück, außergewöhnliche Lieferanten zu treffen, bis hin zu unseren Gästen. Einer dieser Gäste, die wir immer wieder gerne begrüßen, ist der Kabarettist Andreas Vitasek. Der erzählt auf Seite 126 von seiner kulinarischen Vergangenheit, von ausgezuzelten Mayonnaisetuben und Château Mouton Rothschild im Plastikbecher. Das, was all diese Menschen ausmacht, ist das Hochhalten von Werten wie Vertrauen, Leidenschaft und Respekt. Und um eine stete Veränderung in unserer Küche und auf unseren Tellern – und letztendlich auch bei unseren Ernährungsgewohnheiten – zu erreichen, braucht es dieses Zusammenspiel. In der Gemeinschaft, im Austausch von Wissen und in der Kraft der gegenseitigen Inspiration liegt für uns das größte kreative Potenzial. Daher haben wir gemeinsam mit Gleichgesinnten den Koch Campus ins Leben gerufen. Die Weiterentwicklung von Küche und Landwirtschaft sowie eine größtmögliche Vernetzung, um Ressourcen noch besser nützen zu können, sind unsere zentralsten Anliegen. Denn diese Weiterentwicklung wird ein wesentliches Zukunftsthema für unser Land und unseren Tourismus sein. Auf unserem Weg gibt es viele Begleiter. Den Schnapsbrenner Hans Reisetbauer etwa. Von seiner ganz besonderen Beziehung zu unserem Haus erzählt die Geschichte ab Seite 34. Zu den vorhin erwähnten außergewöhnlichen Lieferanten zählt auch Leopold Sallmanshofer. Ihn und seine Pekingenten besuchen wir ab Seite 44 im Piestingtal. Ein ganzes Stück weiter – nach Kuba nämlich – sind wir für eine andere Geschichte gereist. Dort kamen wir in den Genuss, auf einer Finca das Lechon Asado kosten zu dürfen – eine nicht alltägliche Schweinerei (Seite 118). Und dass 2014 für den österreichischen Wein zwar kein einfacher Jahrgang war, aber einer mit teils herausragenden Roten, verrät unser Sommelier René Antrag ab Seite 104. So laden wir Sie mit diesem Magazin nun schon zum sechsten Mal ein, uns ebenfalls zu begleiten. Gemeinsam nähert es sich Zielen immer noch am schönsten.
BIRGIT UND HEINZ REITBAUER
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I N H A LT
IN HA LT 10 KEINE KLEINEN BISSEN Ein Künstler, der nicht kostet. Und auch nicht kosten lässt. Von Werner Schneyder 1 2 F U N D - S T Ü C K E Edles, Schönes, Schmackhaftes – Tipps für ein genussvolles Sein.
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Wer & warum
S A U T E U E R – A B E R SIE SCHMECKT Was Sie schon immer über Trüffel wissen wollten. Von A bis Z. Von Katharina Seiser
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74 DAS ERSTE MAL Wie man sich dem Unterfangen Trüffel nähert. Ein Essay.
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Von Katharina Seiser
Wie & für wen
3 4 D I E
24 STUNDEN VON LE HANS Brandmeister Hans Reisetbauer – der Hochprozentige im Porträt.
Von Achim Schneyder
44 PEKING AN DER PIESTING Erlesenes Geflügel: die Enten, die auf dem Grieshof hausen.
Von Achim Schneyder
52 I M A N FA N G WA R D I E F E I G E Älter als der Ackerbau – einem Maulbeergewächs auf der Spur.
Von Ute Woltron 62
I E Ö L M Ü H L’ U N D D DAS ÖLMEHL Zu Besuch im Hause Fandler – es staubt und läuft wie geschmiert. Von Achim Schneyder
7 6 D I E
KU N ST, EIN GASTGEBER ZU SEIN In den allerbesten Händen – Viktoria Schott bittet zu Tisch.
Von Achim Schneyder
8 4 F R U C H T F O L G E Heinz Reitbauer und die Liebe. Zu Qualität und zur Familie. Ein Essay. Von Karl Hohenlohe
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I N H A LT/ I M P R E S SU M
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Herbst und Winter auf dem Tisch.
1 0 4 J E T Z T
SCHL ÄGT’S 14 Es war ein schwieriger Jahrgang, der 2014er. Aber er brachte auch große heimische Rote hervor.
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Von Achim Schneyder
Wovon & wie viel
Impressum MEDIENINHABER: ALBA Communications GmbH GESCHÄFTSFÜHRENDE GESELLSCHAFTER: Mag. Alexandra Seyer, Reinhold Gmeinbauer Wipplingerstraße 20, 1010 Wien, www.albacommunications.at
V O L L E N D E T . V E R E D E LT. Vanille - man nennt sie auch die Königin unter den Gewürzen. Und so krönt sie süß wie sauer.
HERAUSGEBER: Birgit und Heinz Reitbauer
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AUTOREN: Karl Hohenlohe, Alexander Rinnerhofer, Achim Schneyder, Werner Schneyder, Katharina Seiser, Mirco Taliercio, Ute Woltron
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Wohin & zurück
1 1 8 K U B A S L E G E N D E A M S P I E S S Zu Gast auf der Karibikinsel, zu Gast auf einer Finca. Von einem kulinarischen Freudenfest.
Von Mirco Taliercio
CHEFREDAKTION: Achim Schneyder – ALBA Communications TEXTCHEF: Achim Schneyder
FOTOGRAFEN: Klaus Fritsch, Philipp Horak, Thomas Schauer, Mirco Taliercio FOODSTYLING: Sammy Zayed / Tatendrang DESIGN: brand unit – network for branding, design and content, brand-unit.com KREATIV- UND ARTDIREKTION: Albert Handler GRAFIK DESIGN: Ula Krzyżak ANZEIGEN: Reinhold Gmeinbauer – ALBA Communications PRODUKTION: Alexandra Seyer und Karolina Staufer – ALBA Communications LEKTORAT: Romana Gillesberger
A N D R E A S V I T A S E K S GESCHMACKSERINNERUNGEN Der großartige Kabarettist über sein kulinarisch bewegtes Leben. 126
Von Achim Schneyder
A N D E R S W O R E S E R V I E R T Birgit und Heinz Reitbauer verraten, wo es ihnen besonders schmeckt.
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LITHOGRAFIE: Mario Rott DRUCK: Grasl FairPrint VERTRIEB: Morawa
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STA N D - P U N K T
KEINE KLEINEN BISSEN TEXT: WERNER SCHNEYDER
Ich koste nicht. Und ich lasse auch nicht kosten. Oder bestenfalls widerwillig. Kosten erachte ich als territoriale Grenzüberschreitung. Die Gründe dafür liegen nicht zuletzt in meiner frühen Jugend. Auch möchte ich einen neuen Geschmack in mir ruhen lassen und nicht durch die flüchtige Bekanntschaft mit einem anderen irritieren.
W E R N E R S C H N E Y D E R , Jahrgang 1937, ist Kabarettist, Autor, Schauspieler und Regisseur. Anlässlich seines 80. Geburtstags erschien im Herbst 2016 im Amalthea-Verlag sein jüngstes Buch „Gespräch unter zwei Augen“.
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Es gibt zwei Sätze, die mir die Freude am Essen vermiesen können. Wobei das Ausmaß der Verstimmung von der Unbelehrbarkeit der diese Sätze aussprechenden Personen abhängt. Die Sätze lauten: „Magst du kosten?“ und „Lässt du mich kosten?“ Ich mag nicht und ich lasse nicht. Soll heißen, ich lasse natürlich, aber ungern. „Warum?“, fragt der Psychologe in mir. Beginnen wir mit der primitivsten der Erklärungen. Das Kriegsende und die Nachkriegszeit, in der das Kind, der Volksschüler, froh und stolz war, einen vollen Teller vor sich zu haben und gelernt hat, das Verzehrtempo von kulinarischem Zentrum und der Beilage, oder den Beilagen, so zu regeln, dass das Ende – der Abschied – gleichzeitig erreicht wurde. Ich war also froh, Herr meines Tellers zu sein und spürte ein unendliches Wohlgefühl, als vorletzten Bissen noch eine Gabel mit Erdäpfelsalat einzuschieben und dann das letzte Stück vom Wiener Schnitzel aufzuspießen. So muss man verstehen, dass ich heute jedes außenstehende Interesse an meinem Teller als territoriale Grenzüberschreitung betrachte. Das ist ganz sicher die Basis meiner Haltung. Meine Reizbarkeit steigt, wenn ich etwas esse, das keinerlei Grund zum Verlangen nach einem Probierbissen rechtfertigt, da sicher ist, dass der Fragende dieses Gericht, etwa ein Paprikahuhn, schon oft in seinem Leben verzehrt hat. Will er also wissen, wie es in diesem speziellen Fall schmeckt, soll er mich fragen. Ich würde die Frage mit „sehr gut“ oder „naja…“ hinreichend informativ beantworten können. Hier eine kleine Anmerkung: Es soll auch Menschen geben, die bereits während der Frage „Lässt du mich kosten?“ in einen fremden Teller hineinfahren, weil sie die Erlaubnis voraussetzen. Mit denen sitze ich nur gezwungenermaßen an einem Tisch – wenn überhaupt. Nun gibt es den nicht alltäglichen Fall, dass man in einem erstklassigen Restaurant etwas isst, was ganz und gar nicht alltäglich, sondern von die Neugierde geradezu provozierender Originalität ist. Jetzt gibt es – bei einem Essen zu zweit – zwei Möglichkeiten. Beide essen etwas Ungewohntes oder eine oder einer von beiden. Esse ich das Ungewohnte und das Gegenüber das Traditionelle und das Gegenüber fragt „Darf ich kosten?“, lehne ich das ab, weil ich nicht einsehe, dass er – oder sie – mein Gericht nicht bestellt hat, wenn es so interessiert. Esse ich das Traditionelle und werde gefragt, ob ich das Originelle kosten möchte, verneine ich mit der Begründung, ich hätte es mir bestellt, wenn. Essen beide etwas, von dem man annehmen muss, es wäre für sie jeweils neu, ist mir diese Kosterei doppelt unangenehm, weil ich den einen neuen Geschmack in mir ruhen lassen und nicht durch die flüchtige Bekanntschaft mit einem anderen irritieren möchte. Auch an dieser Stelle dämmert dem Psychologen in mir, dass eine Kindheitsprägung der Urgrund sein könnte. Und das ist in der Tat ein Satz meines Vaters, der da lautete: „I vertrag’ kan klanen Biss’n.“ Ich eben auch nicht.
Damit klar wird, warum ich ein Freund des dreioder des viergängigen Menüs bin und keiner des zwölfbis vierzehngängigen: Ich habe zwar kein Problem damit, anzuerkennen, dass die Aneinanderreihung von Genussproben für Gourmets etwas Faszinierendes haben kann. Mich aber macht sie nur nervös. Und immer wieder einmal traurig, wenn ein Genuss mit nur einer Kostprobe vorbeirauscht. Jetzt gibt es natürlich viele Veranstaltungen, die nur über pausenlose Variation von Fingerfood lösbar sind. Ich erwähne an dieser Stelle – naheliegenderweise – die weltmeisterliche Abwicklung des jährlichen Festes der „Kleinen Zeitung“ im Wirtshaus Steirereck am Pogusch. Was da nacheinander gereicht wird, ist an Delikatesse nicht überbietbar. Da will man auch kaum etwas auslassen, und doch: Am späteren Nachmittag gibt’s auf einmal ein gebratenes Karpfenfilet, und ich armer, mich bedauernder Teufel, habe nicht mehr die Kapazität, zehn dieser kleinen Portionen zu genießen. Gegen die dadurch entstehende Desperation hilft nur ein abermaliger Schluck von jenem Wein, den ich auch schon seit einiger Zeit nicht mehr variiere… Einmal hat mich jemand nach dem größten kulinarischen Höhepunkt meines verfressenen Lebens gefragt. Da ist mir sofort ein Abendessen eingefallen, dessen Vorgeschichte diese war: Nach einem ausgiebigen Frühstück mit dem Rad ins Klagenfurter Strandbad. Mit zwölf. Den ganzen heißen Tag lang Schwimmen, Kicken, Tischtennis. Kein Geld für ein Kracherl, keines für eine Wurstsemmel. Mit Einbruch der Dunkelheit wieder mit dem Rad nach Hause. Da wartete die Großmutter auf mich – die Meisterköchin, der ich in meinem neuen Buch „Gespräch unter zwei Augen“ ein Denkmal gesetzt habe – und brachte dem Lechzenden auf dem kleinen Tisch auf dem Küchenbalkon eine Salatschüssel voll mit duftenden, in Schweinefett gebratenen Erdäpfeln mit viel glaciertem Zwiebel und dazu einen Liter in der eigenen Speisekammer sauer gewordener Milch. Ich habe nicht geschlungen, ich habe mit Andacht gegessen. Sonst hätte ich die Portion für vier Erwachsene wohl auch nicht überlebt. Ich habe ganz sorgsam in mich hineingeschaufelt, immer wieder einen Schluck der geliebten sauren Milch hineinrinnen lassen, auf die Lichter der Stadt hinuntergeschaut und gewusst, so sehr kann mir bis zu meinem Ende nichts mehr schmecken. Wenn Sie mich jetzt fragen, ob ich damals jemanden hätte kosten lassen wollen, sage ich: Nein! Das hätte mir die Erinnerung an jenen unvergesslichen Genuss im Hochsommer vor 68 Jahren verdorben.
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EIN MÄRCHEN AUF DES MESSERS SCHNEIDE W E I L E S DA S P E R F E K T E M E S SE R N I C H T GA B, H AT TO P- KO C H M I C H A E L S C H WA R Z M A N N E B E N H A N D A N G E L EGT. U N D DA S IST S E I N E M E S SE R S C H A R F E E R F O LG S- G E S C H I C H T E.
Es war einmal ein Koch, der jeden Tag bei der Arbeit fluchen musste. Grund dafür war tagein tagaus sein Arbeitsgerät. Das Messer. Egal mit welchem er zu seiner liebsten Schnitttechnik – dem Fly Wheel Cut – ansetzte, er bekam stets hinderliche Schwielen an seinen Fingern. Doch während andere dabei bloß wütend wurden, hatte er eine Idee. „Wenn es schon kein wirklich geeignetes Messer gibt, dann erfinde ich eben selbst eines“, sagte Michael Schwarzmann zu sich selbst. Und so hatte der schneidige Küchenchef bald sein eigenes Messer in Händen und das Problem gelöst. Welch große Freude, täglich brachte ihn seine individuelle Klinge nun zum Singen. Bis
ihm Kollegen auf die Finger schauten. „Das wollen wir auch haben“, hörte Schwarzmann immer wieder. Immer lauter. Bis er schließlich nachgab und seine Schwarzmann-Messer gleich als eigenes Produkt auf den Markt brachte. Ein wahrer Segen für seine Kollegen. Schließlich sind diese Messer weit mehr als irgendwelche Schneideräte: Die spezialbeschichtete Klinge aus Böhler Edelstahl, der Griff einzigartig auf die Bedürfnisse von Kochprofis zugeschnitten. Und jede Klinge ein Einzelstück – mit Seriennummer versehen – mit der Gabe, jeden Koch zum Strahlen zu bringen. Und die Moral von dieser G’schicht: Ohne Schwarzmann-Messer geht es nicht.
Weitere Informationen: www.schwarzmann-messer.at
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EIN GAR EDLES GEBRÄU DA S ST E I R E R EC K- B I E R IST I N D E R F L A S C H E. DA S SE L B STG E B R AU T E E RÖ F F N E T D E N G O U R M E TS N E U E G E S C H M AC KS- D I M E NSI O N E N.
Da braut sich was zusammen. Das Bier hat es Zitrusfrucht. Der Geschmack ist endlos. Eine feine endlich in die Spitzen der Gastronomie geschafft. Würze macht sich am Gaumen breit. Das SteirerDas Steirereck hat sein eigenes Bier gebraut. Und eck-Bier, erschaffen im Ottakringer Brauwerk, ist eines weiß man: Nur das Beste vom Besten kommt ein galanter Speisenbegleiter, der mit seinen Ecken hier auf den Tisch oder in die Flasche. Feinste Ge- und Kanten ein charmantes Ganzes zaubert. Die würze und bestes Wasser. Eine Idee von Kamille, Auflage ist limitiert: 700 Flaschen zu je 0,7 Liter. erlesene Koriandersaat, Späne einer gehobelten
Was mit einem Funken begann ... entwickelte sich zur Ikone.
Der Unterschied heißt Gaggenau. 30 Jahre lang haben wir diesen einen Backofen perfektioniert. Unser jüngstes Werk betont sein unverwechselbares Design mit einer Tür aus einem einzigen Stück Edelstahl: beeindruckende 90 cm breit und 3 mm stark. Sie eröffnet Ihnen eine ungeahnte Welt kulinarischer Möglichkeiten. Dieses neu gestaltete, in Handarbeit geschaffene Kunstwerk ist Ausdruck unserer Werte, unseres Könnens und unseres Charakters. Wir haben ihm den Namen EB 333 gegeben – eine Hommage an 333 Jahre, in denen wir Metall verarbeiten. Und schon immer ging es um mehr als um einen Backofen: ein Versprechen, Meisterwerke zu erschaffen. www.gaggenau.at www.gaggenau-showroom.at
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DER SCHWARZE MAGIER K N O B L AU C H – DA S K R A F T VO L L E W U N D E RG E WÄC HS, DA S D I E G E S C H M AC K S SI N N E B E TÖ RT. I M ST E I R E R EC K DA R F E R RU H E N. B IS E R S C H WA R Z W I R D.
Er liebt Wärme. Einen feuchten Boden. Nur zu nass darf es nicht sein. So einfach macht es einem der Knoblauch nicht. Aber kein Wunder, bei dem, was das Gewächs schon alles vollbracht hat: Die alten Ägypter verabreichten die Zehen ihren PyramidenArbeitern als Aufputschmittel. Die Römer und Griechen setzten diese als Nahrungs- und Heilmittel ein. Und dann gab’s noch jene, die sich das Lauchwunder um den Hals drapierten, um böse Geister zu verjagen. Der Knoblauch ist eben ein Alleskönner. Einer mit Power. Im Steirereck erhält das edle Lauchge-
wächs den Ritterschlag. 50 Tage darf sich der Knoblauch, den Gemüse-Papst Erich Stekovics zuvor auf seinen Feldern großgezogen hat, bei wohligen 50 Grad Celsius in Feuchtebalance ausruhen. Der Fermentierungsprozess verwandelt die elfenbeinfarbenen Zehen ganz langsam in kleine schwarze Gewürzvulkane. Es entfaltet sich eine einzigartige karamellige Süße, die sich hervorragend als Saucenoder Gemüsebegleiter eignet. Eine Art des Würzens, die ihresgleichen sucht. Stolz. Kostbar. Extravagant.
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GEWÜRZ DER ENGEL W I L D, H A N D G E P F LÜ C K T U N D SE L E K T I E RT. F E N C H E L P O L L E N E X P LO D I E R E N I M M U N D U N D E R Z E U G E N FA R B E N F RO H E G E S C H M AC K S PA L E T T E N. E I N H I N G U C K E R M I T K N A L L E F F E K T.
Sie rieseln langsam auf feinste Speisen. Erzeugen eine malerische Optik. Laden ein, neue Geschmacksspitzen zu erklimmen. Fenchelpollen: die Raffinesse des Fenchels. Nuancen von Koriander, ein Hauch Curry, etwas Marille, Anis, Zitrone und dann der elegante Bogen hin zu einer pinienartigen Note. Der pannonische Safrankönig Johannes Pinterits widmet sein Schaffen den ganz besonderen Dingen der Genusswelt. Er war der Erste, der die Fenchelpollen der kulinarischen Welt vorstellte.
Und hat Heinz Reitbauer mit dem „Gewürz der Engel“ infiziert. Jetzt übernahm Wildpflanzensammler Toni Fickert das Sammeln. Er weiß, wo bester Wilder Fenchel wächst. Mühsam und behutsam werden die Köpfchen der Staude abgezupft. Getrocknet und schlussendlich gerüttelt. Nur die kleinen, feinen Pollen bleiben übrig und veredeln Fisch, Fleisch, Saucen und sogar süße Versuchungen wie das lustvolle Fenchelpollen-Eis. Eine Offenbarung vom Gewürz der Engel.
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DIE BEZAUBERNDE GINNIE UND IHR GINIALER BEGLEITER GINN WA S C H R IST I N E B RU G G E R K R E D E N Z T, B R AU C H T I M G EG E NS AT Z ZU D E N M E IST E N A N D E R E N G I NS K E I N TO N I C WAT E R. AU F M A N N U N D F R AU E XT R A ZU G E S C H N I T T E N, IST D I E S E S T R I N K- PA A R P U R IST IS C H ZU M G I N I E S SE N DA .
Es liegt nicht nur am arabisch anmutenden Etikett. Es liegt auch an den vielen beigefügten orientalischen Gewürzen. Auf jeden Fall aber denkt man beim Anblick der edlen Fläschchen sofort an Aladdin, den Flaschengeist. Tatsache jedoch ist: Christine Brugger brennt ihre beiden Essenzen nicht etwa im Morgenland, sondern vielmehr am Bodensee. Aber be-geistert kann man ob des Ergebnisses auf jeden Fall sein. Denn während die meisten Dry Gins der aktuellen Ginwelle von diversen Tonic Waters überspült werden, setzt Brugger mit ihren Elixieren Ginn und Ginnie voll und ganz auf den puristischen Genuss. „Es ist ein wenig wie ein gut komponiertes Parfüm. Niemand würde auf die
Idee kommen, bei einem anziehenden Duft noch ein weiteres Parfüm drüberzusprayen, um die Wirkung zu verbessern“, sagt sie bestimmt. Dafür hat die Sensorik-Wissenschaftlerin aber auch ganz schön in die Geschmacks-Trickkiste gegriffen: Die auf 3000 (Apotheker-)Flaschen limitierten Gins sind eigens auf maskuline und feminine Wahrnehmungen zugeschnitten. Ginn stellt seinen Mann mittels herber, holziger Noten sowie Zitrus-Assoziationen. Ginnie hingegen besticht durch floral-würzige Akzente wie Lavendel, Jasmin oder Kardamom. Miteinander geben sie jedenfalls ein Pärchen ab, von dem Mann wie Frau nicht genug kriegen können.
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ZEITREISE ZUM ALPINEN LUXUS A L P I N E N O STA LG I E. Z E I TG E N Ö S SIS C H E R C H I C. I N D E R „V I L L A A N TO I N E T T E“ T R I F F T D E R C H A R M E D E S L Ä N G ST V E RG A N G E N E N AU F G L A N Z & G L A M O U R VO N H E U T E.
Da, wo sich Nostalgie und Luxus treffen. Jugendstil und Neuzeit. Chic und Ästhetik. Die „Villa Antoinette“ öffnet am Semmering das Tor zu einer Welt. Diesseits von Gemütlichkeit und Luxus und jenseits der Zeit des 20. Jahrhunderts. Als die Schönen, Reichen und Adeligen von der Stadt in die Sommerfrische Richtung Berge flüchteten, kamen sie hier durch. 1912 mit dem Charme des Jugendstils erbaut, diente das schmucke Haus erst einmal als Jausenstation. Vor einem Jahr holten Andreas Wessely und Michael Niederer das Anwesen in die Neuzeit. Mit viel Liebe zum Detail entstand ein Ort, der in alpinem Glanz und Glamour strahlt. Die exquisite Ausstattung der Villa begeistert die Gäste. Farben, Stoffe und Tapeten sind handverlesen. Die nostalgischen
Fliesen, Möbel und Accessoires lassen längst vergangene Zeiten im Hier und Jetzt auferstehen. Belebend sind das beheizte Außenschwimmbecken, ein Freiluft-Sprudelbecken, das Badehaus mit Sauna, Dampfbad und Tauchbecken. Dann ist da noch Herr Edi. Die gute Seele des Hauses. Er sorgt als patenter Gastgeber für reibungslose Abläufe in der Traum-Villa. Ein Gesamtkunstwerk ist am Semmering entstanden. Ein Platz zwischen Raum und Zeit, der bis zu 13 Personen beherbergen kann. Luxus in den Bergen darf genossen werden. Auf Zeit. Voll und ganz.
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VERFÜHRERISCHER BLENDER D E R P E R F E K T E B E I KO C H F Ü R A M B I T I O N I E RT E H O B BY KÖ C H / I N N E N – E R H AC K T, C RUS H T, P Ü R I E RT, M I XT, K N E T E T, M A H LT U N D E R H I T Z T. D E R „V I TA M I X P RO F E S SI O N A L SE R I E S 75 0“ I N E D E L STA H L- O P T I K.
Er ist ein Alleskönner und zerlegt, was das Herz begehrt, in seine Einzelteile. Die tägliche SmoothieProduktion erfährt neue, ungeahnte Dimensionen. Der 2,2 PS-Motor des „Vitamix Professional Series 750“ powert die Klingen auf eine Drehgeschwindigkeit von unglaublichen 434 km/h. Das atomisiert einen Apfel im Ganzen oder eine Orange mit Schale. Er pulverisiert jede Nuss und lässt Eiswürfel dahinschmelzen. Innerhalb von Sekunden. Das gesunde Frühstück mit wenigen Handgriffen ist kein Thema mehr. Zu Mittag knetet der Pro schnell einmal einen Pizzateig, püriert Tomaten, Basilikum und Knob-
lauch zum perfekten Belag. Dann wäscht er sich selbst mit einem Tropfen Geschirrspülmittel. Der ideale Küchen-Buddy serviert zum Nachtisch Orangen-Sorbetto – Eiswürfel mit Orangen einfüllen, aufdrehen und fertig. Fünf voreingestellte Programme, Hammermühlen und Schneidemesser aus lasergefertigtem Edelstahl garantieren einheitliche MixErgebnisse. Abends serviert der Küchenhelfer dann noch eine leichte Gemüsecremesuppe, die frisch gemixt und warm aus dem Blender kommt. Gesünder geht nicht. Einfach blendend!
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Wenn zwei kulinarische Institutionen gemeinsame Sache machen, entzündet sich ein GeschmacksFeuerwerk. Feinste österreichische Hühnerleber erfreut sich an einem köstlichen Schluck Süßwein aus dem Hause Kracher. Beide gehen eine Liaison mit cremiger heimischer Landbutter ein und verschmel-
zen zu einem unwiderstehlichen Parfait. Genuss aus dem Glas, produziert von Hink, verwöhnt von Kracher. Geschmackserlebnis pur: Hühnerleber-Parfait, gestrichen auf ein knuspriges Baguette. Dazu ein Gläschen Wein vom Weinlaubenhof Kracher. So lässt es sich genießen!
Das Hühnerleber-Parfait Kracher ist erhältlich im Weinlaubenhof Kracher im Burgenland und unter www.hink.wien
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W E LT L I N E R E I N R E S C H E R L A N G E N LO ISE R G I BT D E N H AUSW E I N I M ST E I R E R EC K. G RÜ N E R V E LT L I N E R VO M ST E I N I N G E R, D E R W E LT K L A S SE IST.
Würzig, trocken, feines Säurespiel, rauchiges, tabakiges Bouquet, ausgewogene Frucht, gute Länge. Wovon Sommelier Adi Schmid da so schwärmt? Vom Hauswein. Dem „Steirereck Weltliner“. Das Weingut Steininger hatte Heinz Reitbauer als Paten für den einzigartigen Grünen Veltliner auserkoren. Doch
nicht nur deswegen hat es der Wein auch bis ins Steirereck geschafft. Man war auf der Suche nach einem frischen, typisch österreichischen Veltliner, der fast überall dazu passt, also immer geht. Der feine Weiße überzeugte mit seinem Kamptaler Charme. Aber wie!
Preis: € 15,„Steirereck Weltliner“, Grüner Veltliner 2015, Weingut Steininger, erhältlich im Steirereck-Shop.
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KO ST BA R E S T I S C H G E D EC K DA R AU F KO M M E N D I E B E ST E N SP E ISE N ZU VO L L E N D E T E R G E LT U N G. E I N AU G E NS C H M AUS AUS P O R Z E L L A N: DA S R E I T B AU E R- G E S C H I R R A L S V E R K AU FS S C H L AG E R.
Geschirr ist Chefsache. Zumindest im Steirereck. Wenn’s um Tassen, Untertassen, Suppenteller, flache Teller oder sonstige Porzellan-Schätze geht, macht Heinz Reitbauer keine Kompromisse. Über die Art des Geschirrs definiert sich eine gewisse Stilistik, so sein Motto. Also fliegt der Chef höchstpersönlich zu den wichtigsten Geschirrmessen nach Paris oder Frankfurt, um die optimalen Träger für erlesenste Speisen ausfindig zu machen. Meierei im Stadtpark und Steirereck am Pogusch standen auf
der Vorgabenliste: Romantisch, naturbezogen, erdig, beseelt von Normalität und einem Hauch von Vintage. Der Patron wurde fündig und nun wird es in grün und blau exklusiv für Reitbauers produziert. Und dann geschah das Unbeabsichtigte: Teller, Tassen, Schüsseln und Konsorten avancierten zur Takeaway-Sensation. Mitarbeiter, Freunde und Gäste des Hauses haben bereits ordentlich zugeschlagen. Und die Nachfrage ist nach wie vor groß.
Preise: von € 2,20 bis € 17,Das Geschirr ist am Pogusch und im Steirereck-Shop erhältlich.
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DER BESTE SEKT IM L AND W I L L I B RÜ N D L M AY E R AUS L A N G E N LO IS H AT E I N E M W U NS C H SE I N E R F R AU E N TSP RO C H E N. DA S M Ü N D E T E I N E I N E E I N Z I GA RT I G E E R F O LG S G E S C H I C H T E.
Das feinperlige und anhaltende Mousseux ist nur ein Kriterium für die Qualität nobler Sekte – aber ein wichtiges. Wer die Regeln der traditionellen Schaumweinbereitung beachtet, der betritt eine Welt jenseits blubbernder Kurzlebigkeiten. Flaschengärung mit langer Lagerung auf der Hefe vor dem Abrütteln ist dafür ebenso unabdingbar. „Ich liebe unsere stillen Weine, aber ein Schluck Brut am Ende eines angespannten Tages löst in mir eine Welle der Lebensfreude aus. Ich höre das Prickeln im Glas, sehe die feine Gischt des Mousseux an der spiegeln-
den Oberfläche verebben und denke: wie schön das Leben sein kann.“ Der Mann, der so spricht, hat die Geschichte der österreichischen Winzersekte mitgeschrieben wie kein Zweiter – Willi Bründlmayer, der Winzer aus Langenlois. Und warum machte und macht er überhaupt Sekt? Weil seine Frau Edwige, eine Pariserin, es sich wünschte. Das ist nun über 25 Jahre her. Und im Hugh Johnson Wine Guide heißt es ganz lapidar: „Österreichs bester Schaumwein.“ Und damit ist auch schon alles gesagt. Entkorken, einschenken, genießen.
Mehr über das Weingut Bründlmayer unter: www.bruendlmayer.at
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Wer & warum
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DIE 24 STUNDEN VON LE HANS S . 6 2
D I E Ö L M Ü H L’ UND DAS ÖLMEHL
LIEFERANTEN & PRODUZENTEN
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Während ein Hochprozenter der heimischen Schnapskultur nun schon seit 1994 das ewig gleiche Wasser predigt, um schließlich edlen oberösterreichischen Brand zu trinken, watscheln Pekingenten Seite an Seite mit Gänsen durchs niederösterreichische Piestingtal. Willkommen auf einer kleinen Rundreise durch das kulinarisch so große Österreich, die – angereichert mit Feige und Trüffel – schließlich auch noch ins steirische Pöllau führt. Dorthin, wo die Ölquellen nicht versiegen und das Mehl der etwas anderen Art nur so staubt.
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PEKING AN DER PIESTING
I M A N FA N G WA R DIE FEIGE
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SAUTEUER – ABER SIE SCHMECKT
DAS ERSTE MAL
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DIE 24 STUNDEN VON Le Hans
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P E R M A N E N T AU F AC H S E, STÄ N D I G U N T E R ST RO M U N D VO M L E B E N ST R AU M B E S E E LT, E I N M A L B E I D E R R A L LY E DA K A R O D E R B E I D E N 24 ST U N D E N VO N L E M A N S A N D E N STA RT ZU G E H E N – DA S I ST H A N S R E I S E T BAU E R, D E R 50 JA H R E A LT E E D E L B R E N N E R. DA S – U N D E I N I G E S M E H R… TEXT: ACHIM SCHNEYDER, FOTOS: PHILIPP HORAK
Es gibt Momente und BegegBetrieb kaufen zu dürfen, der da 01–02 nungen, die könnten glücklicher Wo einst die Erdäpfel lagerten, mals noch in der Rasomofskygasse kaum verlaufen. Man schrieb das angesiedelt war. Also nicht nur lagern nun Fässer. Mit Whisky Jahr 1995, Jänner war’s und eisig beste Birne, dazu auch noch das drin und mit Tresterbrand. kalt, da reiste ein 28-jähriger OberSteirereck als erste Referenz auf österreicher ins kärntnerische Bad der noch druckfrischen VisitenKleinkirchheim, um bei der Schnapsmesse Destillata karte. Was für ein Entrée in die Welt der Gastronoein paar Flaschen seines Birnenbrandes unter das mie für einen „Nachwuchskünstler“ wie Hans Reisetverkostende Volk der Freunde und Kenner des Hoch- bauer, der die kulinarische Top-Adresse im dritten prozentigen zu bringen. Es war übrigens sein Premie- Wiener Gemeindebezirk in Wahrheit nur vom Hörenrenbrand, denn das Unternehmen hatte der damals sagen kannte. noch vergleichsweise unbedarfte junge Mann erst Knapp 22 Jahre später führt Hans Reisetbauer am 16. September des Vorjahres gegründet, die ersten Birnbäume im Jahr 1991 gepflanzt. Dann der durch seine Brennerei in Axberg nahe Linz, die als Moment, in dem der Schnaps des Jahres in der Ka- modernste Europas gilt. Er selbst zählt wiederum tegorie Birnenbrand gekürt wurde. Es war seiner, nicht nur zu den besten Brennern Europas, er zählt sein Williams. Und kurz darauf, wir befinden uns zu den besten Brennern der Welt, wenn nicht gar immer noch auf der Messe, kam es schließlich zur als deren ungekrönter König. „Glück g’habt“, sagt schicksalshaften Begegnung: Ein Mann trat auf den er, schaut kurz ins Nichts, lächelt, nickt und wiedervor Glück ganz Hin- und Hergerissenen zu, streck- holt ganz leise und mehr für sich selbst: „Ja, Glück te diesem die Hand entgegen und sagte: „Heinz g’habt…“ Mag sein, doch wäre der seit vergangeReitbauer.“ „Nein“, erwiderte der Angesprochene, nem Oktober 50-jährige 1,90-Meter-Hüne in seinen „Hans Reisetbauer“. Da lachte der damalige Chef des Anfängen nicht auch so arbeitswütig, kreativ, innoalten Steirerecks, klärte das kleine Missverständ- vativ und nicht zuletzt auch mutig gewesen, man nis auf und bat darum, zwölf Flaschen für seinen tränke seine Destillate heute nicht in mehr als 3.000
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Mit Birnen fing alles an, und Ende ist keines abzusehen. Hans Reisetbauer steht für Innovation.
„Ich soll der weltbeste Brenner sein? Wer sagt das? Ah, Experten. Na, die reden viel...“ Gastronomiebetrieben dieser Welt, Erdäpfel ins Rohr schieben, grüdie nahezu ausnahmslos zur gehonen Salat marinieren und dazu benen Kategorie zählen. Und nein, eine erstklassige Flasche österreida ist jetzt keine Null zu viel hineinchischen Veltliner öffnen. Noch gerutscht. Und ja, darauf ist der später noch eine zweite. Vorher gelernte Agrarwirt und Maschinenaber gilt es, einen Lieferanten in bauer, der eigentlich den elterliEmpfang zu nehmen. „Der bringt chen Bauernhof hätte übernehdas Wasser, das ich seit meinem men sollen, durchaus stolz. „Das allerersten Schnaps verwende“, 05 mir persönlich wichtigste Lokal Axberg bei Linz. Obstgärten, sagt Reisetbauer. „Irx heißt es, ist dabei immer noch das Steirereine Naturquelle aus dem MühlWiesen, Felder. Und König Hans I. eck, das exotischste das Lotus of viertel. Wenn’s Wasser nicht passt, Siam, ein fantastischer Vietnamese in Las Vegas. kann auch der Schnaps nichts werden. Bei uns werAber ich gebe natürlich zu, nicht alle der mehr als den der Vor- und Nachlauf jedenfalls großzügig abge3.000 zu kennen. Insgesamt liefern wir in 30 Länder, trennt und das Herz des Destillates, der Mittellauf gut die Hälfte des Exports geht nach Deutschland. mit rund 84 Prozent Alkohol, wird dann mit diesem In die USA schicken wir über 6.000 Flaschen, am sehr milden, kalk- und natriumarmen Wasser auf Anfang waren es 36.“ Trinkstärke herabgesetzt.“ Weit mehr als 50.000 Liter Wasser benötigt der Hans pro Jahr, der von Hans Reisetbauer, deutlich schlanker gewor- Jänner bis Dezember rund 80.000 Liter Edelbrand, den in der jüngeren Vergangenheit und das nicht Wodka, Whisky und Gin produziert. Dann aber ist zuletzt aus Gründen der Vernunft und des Selbst- es so weit. Der Lieferant ist wieder weg, die Sonne schutzes, nachdem ihn 2015 ein leichter Herzin- im Untergehen begriffen und der Brenner steht am farkt ereilt hatte, hat Hunger. Später wird er am Grill. In der einen Hand die Grillzange, in der andeGrill stehen, Dry Aged Beef und feinstes Schwein ren die Zigarette. „Das Rauchen hab ich nicht lassen, zur kulinarischen Vollendung bringen, ein paar Infarkt hin oder her. Aber reduziert hab ich’s.“
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Eben noch im Brennkessel, schon auf der Zunge. Hans Reisetbauers strengster Kontrollor ist Hans Reisetbauer.
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Hans Reisetbauers Gut rund um den prachtvollen Vierkanthof ist über 100 Hektar groß, gut 20 davon sind mit Obstbäumen bepflanzt. Und da und dort wächst auch eine Skulptur aus dem Boden…
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„Mein Leben für den Beruf ist mein Hobby. Für andere Hobbys hätt’ ich gar keine Zeit...“
Wir essen. Das Fleisch ist unsagKürbisfeldern, wobei die Kerne in bar gut, was übrigens auch für den der steirischen Ölmühle Fandler Wein gilt. „Fass 4“ von seinem Winzu Reisetbauers oberösterreichi 09–10 zerfreund Bernhard Ott. Und wir schem Kernöl gepresst werden. Er Grillmeister Reisetbauer. reden. Reisetbauer erzählt vom verberichtet vom täglichen Kochen Zu Mittag wird gekocht, dann sitzen heerenden Frost Ende April 2016, für die Mitarbeiter, die dann zu Familie und Mitarbeiter gemeinsam der später schuld war an der letztMittag gemeinsam mit ihm und bei Tisch. lich bei so mancher Obstsorte geraseiner Familie rund um den grodezu lächerlichen Ernte. Normal ßen Tisch sitzen, und er spricht wären insgesamt knapp 700 Tonnen Obst pro Jahr von der Umstellung auf biologischen Anbau. „Unser für bis zu 25 Sorten Schnaps. „Wirtschaftlich na- Obst wird ausschließlich händisch abgezwickt, und türlich ein ziemlicher Schaden, aber wenn’s nicht was vorher schon runterfällt, das bleibt einfach liegleich im Folgejahr wieder passiert, kann man es gen. Grüne Ernte nennt man das, und die 2017erhalbwegs verschmerzen.“ Er erzählt von seiner Zeit Ernte wird endlich unsere erste offiziell biozertifials begeisterter Harley Davidson-Fahrer, dem ein zierte sein.“ Allein rund um den mächtigen VierkantBandscheibenvorfall den Spaß am Motorrad vermies- hof sind es stolze 20 Hektar Obstbäume, darunter te und von seinem großen Lebenstraum. Er, der mehr als 13.000 Birn- und mehr als 7.000 ApfelFreund schneller Autos – sein momentanes Lieb- bäume. Dazu kommen zwei Hektar Vogelbeere im lingsspielzeug ist ein Geschoss aus Bayern und wie Mühlviertel, vier Hektar Marille von Vertragsbaujedes seiner Autos ist es mit einem Alkomaten im ern in der Slowakei sowie 2,4 Hektar Marille, die Handschuhfach ausgestattet – würde so gerne ein- sein Freund Bernhard Ott in Feuersbrunn an ihn mal beim Tourenwagenklassiker 24 Stunden von abgetreten hat. Le Mans an den Start gehen. „Oder bei der Rallye Dakar, wobei Le Mans vermutlich eher realistisch sein dürfte. Wenn auch immer noch unrealistisch 11-12 genug…“ Warum es ihm die schnellen Autos derart Da braut sich was angetan haben, kann er nicht wirklich benennen. zusammen in einer der Vielleicht liegt’s daran, dass er im Jahr im Schnitt modernsten Brennereien mehr als 80.000 Kilometer am Steuer abspult. Nicht Europas. Und Dampf zuletzt, um auf irgendwelche Flughäfen zu gelangen, wird abgelassen... denn Flüge sind es auch über 50 pro Jahr, die ihn beruflich in nahezu alle Gegenden dieser Welt befördern. Dann schwärmt er von der Jägerei, von den Wildsauen, die er im November und Jänner schießt und selbst verarbeitet, von seinen 18 Hektar großen
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Da kann die Sonne noch so lachen – unten im Keller, bei Weinen, Whisky und Tresterbrand, da fühlt der Hans sich wohl.
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Auch für Hans Reisetbauer hat ein Tag nur 24 ändern.“ Klar ist nur eines: Genuss möchte er produStunden. Brauchen könnte er mitunter durchaus ei- zieren, nicht einfach bloß scharfen Schnaps. Und um nige mehr. Der Vater von Thronfolger Hans, 26 und die Aromakraft ideal gereifter Früchte bestmöglich mit der eigenen Linie „Brandstatt“ ebenfalls schon zu erhalten, erfolgt das Maischen und temperaturim Schnaps-Business, Franziska, 21, und Sophia, 17, kontrollierte Vergären auch stets unmittelbar nach ist ein Arbeitstier, das am liebsten alles selbst in die der Ernte. Gebrannt wird doppelt, die Brände sind Hand nehmen würde. Und so sagt er auch Sätze wie völlig rein, die Zugabe von Zucker oder Aromastofdiesen: „Mein Leben für den Beruf ist mein Hob- fen ist ein Tabu. Wie selbstverständlich auch jegliby. Weil für andere Hobbys hätte ich gar keine Zeit.“ ches Beimengen von Fremdalkohol. Fragt man Reisetbauer nach seinen positivsten Charaktereigenschaften, kommt’s wie aus der Pistole Verbringt man einen Tag mit Hans Reisetbauer, geschossen: „Offen und ehrlich, bekommt man im Idealfall nicht ein Typ mit Handschlagqualität nur hervorragendes Gegrilltes serund extrem kreativ.“ Bei den neviert, man hört auch interessante gativen fällt ihm auf Anhieb nur Sätze. Etwa den: „Im Wein liegt „nachtragend“ ein. „Wart’, ich frag die Wahrheit, der Schnaps lebt von meinen Buben.“ Dann brüllt er Ehrlichkeit.“ Oder den: „Schnaps lautstark „Hans“ und dann noch braucht eigentlich keiner. Schnaps einmal und noch lauter „Haaans“, ist teuer und nicht wirklich gesund. und als der Junior endlich angeAber schmecken tut er schon nicht trabt kommt, gibt der Senior die schlecht…“ Und dann erzählt er Frage weiter. „Ungeduldig“, sagt ganz en passant von einer Sache, die er aber nicht an die große Gloder Sohn. „Genau“, sagt der Vater. Und grinst. Sehr wohl geduldig cke hängen will. Ergo in Geschichwar Hans Reisetbauer allerdings ten wie dieser auch nicht unbemit seinem Whisky. Für seinen dingt lesen. Also hängen wir sie nur Single Malt hat er heute über acht an die kleine Glocke, denn gänzHektar Sommerbraugerste, wobei lich verschweigen kann man folgendieses Getreide im Juli 1995 erstde Begebenheit nicht. Hans Reimals geerntet und gemälzt wurde. setbauer hat aus seiner privaten Destilliert wurde die vergorene Schatulle weit mehr als 300.000 Maische schließlich im Rau- und Euro investiert und im Herbst Feinbrandverfahren in Kupferkes2015 auf seinem Grund und Boden seln, die Besonderheit jedoch ist drei Häuser mit insgesamt zwölf die Fasslagerung. „Ich hab diesen Wohnungen samt Zufahrt, Wasser-, Whisky in Barriquefässern reifen Kanal- und Stromanschluss bauen lassen, in denen einst Chardonlassen. Und zwar für Flüchtlinge. nay und Trockenbeerenauslesen Respekt, Hans Reisetbauer! der Weingüter Velich und Kracher 14–15 reiften.“ Reisetbauer hat den österreichischen Gin, den Blue Gin,
Reisetbauer war aber nicht nur erfunden. Diesen und weitere der erste Hersteller Österreichs, Destillate gibt's in über 3000 Lokalen. der einen zwölf Jahre alten Whisky Weltweit. im Sortiment hatte, auch der erste Gin Österreichs geht auf die Kappe des – nicht despektierlich gemeint – Getriebenen. Blue Gin nennt sich das edle Destillat aus Wacholderbeeren und feierte 2016 seinen zehnten Geburtstag. Der Blue Gin hat das Land längst erobert, der Sloeberry Blue Gin, quasi der kleine, vom Aussehen her rote und vom Alkoholgehalt mit 28 Prozent vergleichsweise leichte Bruder, ist auf dem besten Weg. „Und was mir noch so alles einfallen wird, kann ich im Moment nicht sagen. Oder will ich noch nicht…“, sagt der Herr über das seit 1956 im Besitz der Familie befindliche Kirchdorfergut, der auch für Raritäten wie Karottenbrand und Brände aus frisch gepressten Orangen, Paradeisern oder Ingwer verantwortlich ist. 1999 hat Reisetbauer auch noch 300 Elsbeerbäume gepflanzt, wobei die erste Ernte im Jahr 2015 gerade einmal ein Kilo abwarf. „Doch das wird sich
16 Wer wird dereinst aus Hans’ Schatten treten? Hans junior wohl, der auch schon eine eigene Brennlinie hat.
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01–02 Ente zufrieden, Bauer im Glück. Und in weiterer Folge der Gourmet im Lokal.
TEXT: ACHIM SCHNEYDER FOTOS: MIRCO TALIERCIO
Im Piestingtal im Schneebergland züchtet Leopold Sallmanshofer nebst Almochsen und Weidegänsen seit den mittleren 1990er-Jahren auch qualitativ hochwertige Pekingenten. Die freilich galten damals noch als ziemliche Exotinnen.
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Fährt man, egal ob aus Gloggnitz kommend oder aus Wöllersdorf, durch das niederösterreichische Piestingtal und wähnt sich im Gemeindegebiet von Rohr im Gebirge und nach unzähligen Serpentinen plötzlich schon mehr im Nirgendwo als im Irgendwo, erscheint irgendwann ein stolzes und ziemlich allein stehendes Anwesen namens Grieshof am Straßenrand. Dass man sein Ziel nun erreicht hat, ist jedenfalls nicht zu überhören, denn von Frühsommer an bis hinein in den November schnattern hier die Gänse, dass es eine geräuschvolle Freud’ ist. So lange eben, bis der Heilige Martin zu Tisch und zur nach ihm benannten Gans, ergo zur Schlachtung bittet. Die Enten, Pekingenten um genau zu sein und der Rasse ihren korrekten Namen zu geben, denn es handelt sich hierbei nicht bloß um das gleichnamige Gericht im China-Restaurant, sind wiederum das ganze Jahr über auf dem biozertifizierten Betrieb zu Hause. Und machen weit weniger Lärm. Und wegfliegen können sie auch nicht, denn diese Gattung, eine domestizierte Form der Stockente, könnte selbst dann nicht fliegen, wenn sie gänzlich ausgewachsen wäre. Das erleichtert die teilweise Freilandhaltung natürlich ungemein, denn nach ihrer Zeit im gut geheizten Kükenstall übersiedeln die Tiere in ihre neue, regelrecht komfortable Bleibe und diese bietet zusätzlich die Möglichkeit, nach Lust und Laune Ausflüge ins Grüne zu unternehmen. Die Adresse des Grieshofes lautet Zellenbach 1. Und dieser je nach Jahreszeit mal gemächlich und dann wieder reißend vor sich hin rauschende Zellenbach ist gewissermaßen auch schuld an diesem schmackhaften Geflügel. Als nämlich Leopold Sallmanshofer den Betrieb von seinem Vater Heinrich, einem Milchbauern, übernommen hatte, erkannte er den wahren Wert der für das Milchvieh zu feuchten Wiesen am idyllischen Flusslauf und sah in ihnen ein Paradies für Wasservögel. Begonnen hat es schließlich in den frühen 1990ern mit den Gänsen, ab Mitte der 1990er kamen die Enten dazu, von denen er inzwischen jährlich um die 6000 schlachtet, wobei das Schlachtgewicht zwischen 2,3 und 2,4 Kilo liegt. Gänse sind es 600, die mindestens 3,5 und maximal fünf Kilo auf die vorweihnachtliche Waage bringen und den hauseigenen Teich als ihr nächtliches Quartier auserkoren haben.
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Nicht nur ausreichend, sondern Auslauf quasi ohne Ende. Das ist mit ein Grund für Qualität.
Eine ganze Ente auf dem Esstisch? Das hatte noch vor wenigen Jahren in privaten Haushalten Seltenheitswert.
„Als ich mit den Enten angefangen habe, waren die für viele Endverbraucher noch etwas regelrecht Exotisches“, erzählt der Landwirt. „Unter Geflügel verstand man in erster Linie Huhn und eventuell noch Pute, im November und Dezember kam saisonbedingt die Gans dazu. Aber Ente? Ja, Entenbrust vielleicht, das Filet also, aber gleich ein ganzes Tier? Das hatte zu dieser Zeit in den meisten Haushalten
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05–06 Rund 6000 Enten schlachtet Leopold Sallmanshofer pro Jahr. Dazu um die 600 Gänse. Alles im eigenen Schlachtbetrieb, um den Tieren Transportstress zu ersparen.
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Gruppenbild mit Hund und Katz in einer heilen Welt aus Stroh.
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noch Seltenheitswert.“ Aus dieser Not machte der Bauer eine Tugend und produzierte aus dem Fleisch der Keulen vortreffliche Pasteten. Das tut er freilich auch heute noch, wobei er das Fleisch vom Knochen ablöst, es mit Schweinespeck, Karotten, Sellerie, gelben Rüben und Liebstöckel kocht, ehe nach dem Abkühlen noch frische Entenleber und weiterer Speck beigemengt werden. Die Masse wird schließlich mit Meersalz, Majoran, Thymian, Rosmarin und Lorbeer gewürzt und in Gläser abgefüllt. Und nicht zuletzt im eigenen Hofladen verkauft. „Aber inzwischen bleiben – in Relation zu damals – viel weniger Keulen übrig, weil die Ente im Ganzen inzwischen ziemlich weit verbreitet ist und sehr geschätzt wird. Nicht nur in der Gastronomie, sehr wohl auch von normalen Hausfrauen und Hausmännern.“ Geliefert wurden die Enten bis zum Frühjahr 2015 im Alter von nur einem Tag von einer Brüterei in der Steiermark, inzwischen allerdings werden die Eier direkt auf dem Grieshof befruchtet, gelegt und ausgebrütet. Die Aufzucht im Kükenstall dauert vier Wochen, ehe es schließlich nach einer Mastdauer von rund zehn Wochen in die hauseigene Schlachterei geht. „Das war meiner Frau und mir ein besonderes Anliegen – ein eigener Schlachtbetrieb. Erstens erspart ein solcher den Tieren den Stress des Lebendtransports und zweitens garantieren die schonende Schlachtung, die rasche Kühlung, Zerlegung und Verpackung beste Qualität und Frische.“ Für beste Qualität ist selbstverständlich auch das ausgesucht gute Futter verantwortlich, wobei dieses allerdings nicht am Hof erzeugt werden kann, sondern geliefert werden muss. „Es handelt sich sowohl bei den Enten als auch bei den Gänsen um ein rein biologisches Misch- 0 7 – 0 8 Bis 2015 wurden die Enten im futter, das die Tiere während der Alter von einem Tag geliefert, inzwischen Aufzuchtphase verabreicht bekom- wird direkt auf dem Hof ausgebrütet. men“, erklärt Sallmanshofer. „Und bei den Enten dient es nach diesen ersten Wochen bis zur Schlachtung als Ergänzung zum Biogetreide, das sie dann bekommen. In diesen biologischen Getreideschroten sind ganz andere Fette drin als in herkömmlichem Futter und diesen Unterschied schmeckt man einfach.“ Verpönt sind selbstverständlich jedwede Medikamente, die zwecks vorbeugender Maßnahmen beigemengt werden könnten. „Unsere Tiere“, sagt der Bauer, „sind von Natur aus gesund.“ Nicht zuletzt, weil auf diesem Hof auch niemals chemische Spritz- oder Düngemittel zum Einsatz kommen.
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Wie früher die Enten, werden die Gänse bis heute im Alter von einem Tag geliefert. Die Aufzuchtphase beläuft sich allerdings auf acht Wochen. Während dieser Zeit leben die Tiere in einem Stall mit geschütztem Auslauf, danach geht es auf die angrenzende Weide samt dazugehörigem Teich. „Die Weidezeit ist es schließlich, die die Qualität des Fleisches ausmacht“, erklärt Sallmanshofer, dessen Weidegänse besonders wegen des reifen, geschmacklich sehr intensiven Fleisches geschätzt werden. „Und auch das optimale Fett-Fleisch-Verhältnis ist vor allem der Zeit auf der Weide geschuldet.“ Wenn man nun schon vom Betrieb der Familie Sallmanshofer erzählt, darf man die Almochsen nicht gänzlich außer Acht lassen, denn auch die genießen unter Gourmets ihren wohlverdienten Ruf. Die werden im Alter von rund zwölf Wochen von Bio-Betrieben aus der Region zugekauft und in einem Laufstall gehalten. Mit anderen Worten: Sie werden niemals angebunden, können sich also auch im geschlossenen Raum stets frei bewegen. Im Sommer sind sie allerdings ohnehin ausschließlich auf der Weide, im Winter dann, wenn ihnen der Sinn danach steht. „Das ist das eine Geheimnis“, erläutert der Landwirt, „das andere ist auch bei den Ochsen das Futter. Heu und Grassilage im Winter, im Sommer das, was sie auf der Weide finden und dazu ausreichend Heu. Und bis zum ersten Lebensjahr ein wenig Biogetreide.“ Die Unterschiede der Ochsenmast auf diesem Betrieb zur Stiermast auf einem konventionellen Hof sind nicht nur die freie Haltungsform und die extensive Fütterung, sondern überdies die Einkreuzung von fleischbetonten Rinderrassen. Die Haltungsdauer von 26 Monaten, das langsamere Wachstum und das kräuterreiche, sehr würzige Futter – all das sorgt für die herausragende Qualität.
Ob man vor dem richtigen Hof steht, verraten einem die Gänse mit ihrem Geschnatter. Zumindest bis November, ehe der Heilige Martin sie zu sich holt und uns auf den Teller legt.
Steirereck-Patron Heinz Reitbauer kam mehr oder weniger durch Zufall auf Sallmanshofers Federvieh und schließlich auf den guten Geschmack der Enten. „Er besuchte uns mit Peter Brauchl, dem Erfinder des Schneebergland-Eismeersaiblings, weil Brauchl Heinz Reitbauer unsere Schlachterei zeigen wollte“, erinnert sich Sallmanshofer. „So kamen wir ins Gespräch.“ Der Rest ist Geschichte. Nachzuschmecken im Stadtpark in Wien.
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TEXT: UTE WOLTRON
Im Moment der perfekten Reife zeigt die Feige mit einem winzig kleinen Nektartropfen an: Nimm mich! Süßer werde ich nicht mehr. Das Maulbeergewächs mit den duftenden Blättern war die erste kultivierte Frucht der Menschheit, und die Geschichte seiner Nutzung ist älter als der Ackerbau selbst.
PARADIESISCHE FÜLLE Von den zahllosen FeigenSorten, die im Laufe der Geschichte in den verschiedensten Regionen durch Selektion und gezielte Züchtung entstanden, sind vier besonders hervorzuheben: die unverwüstliche, sehr frostbeständige Brown Turkey mit der charakteristisch kräftig lila gefärbten Schale; die zierlichere, gelbgrüne und süß-beerig schmeckende Dalmatie, die in guten Jahren zweimal fruchtet; die bis zu sensationelle 15 Zentimeter große Bananenfeige; die besonders aromatische, ebenfalls dunkellila und nur im Herbst spendable Pastiliere.
Im Anfang war die Feige FOTOS: KLAUS FRITSCH
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Wenn es um eine derart sagenumwobene, uralte Frucht wie die Feige geht, darf, ja muss man tief in die Historie und in die Mythengeschichte hinabsteigen, um sie in all ihren Dimensionen entsprechend zu würdigen. Der Superlativ, es gäbe keine andere botanische Delikatesse, um die sich annähernd so viele Legenden, Volks- und Aberglauben ranken, scheint ausnahmsweise angemessen. Feigen sind unvergleichlich. Sie sind echte Solitäre im Reich der Früchte: diese Form, diese Farbe, diese Süße, dieses Aroma! Es erstaunt also nicht, dass die Feige weithin als sagenhafte Frucht verehrt wird, sie spielt sowohl kulturhistorisch wie kulinarisch als auch botanisch eine Sonderrolle.
und Bibelexperten streiten heute noch herum, ob Eva nun tatsächlich einen Apfel oder doch viel eher eine köstliche, frische, aber natürlich verbotene Feige naschte und die Menschheit mit diesem Akt des Ungehorsams aus dem Paradies und in die Sterblichkeit trieb. Zumindest das charakteristisch geformte Feigenblatt als Schurz gegen die Nacktheit der beiden ersten Menschen ist unbestritten. Die Antike feierte den Feigenbaum nachgerade exzessiv und in vielerlei Hinsicht, von der Pflanze bis zur Frucht selbst. Den Griechen galt die Feige als Symbol des Überflusses und des Reichtums, aber auch als Sinnbild der Fruchtbarkeit und der Sinnenfreude bis hin zum Symbol deftiger, erotischer Exzesse dionysischen Ausmaßes. Die Römer sahen im Feigenbaum jegliche Symbole des Männlichen wie auch des Weiblichen verkörpert und zudem jene heilige Pflanze, der man sogar die Gabe zusprach, den von Göttervater Zeus geschleuderten Blitz abhalten zu können.
Doch beginnen wir mit der Historie. Funde getrockneter Feigen in Vorratskammern bei Jericho belegen, dass Feigenbäume bereits vor 11.400 Jahren domestiziert und zu verschiedenen Sorten veredelt wurden. Der Beginn der Landwirtschaft setzt also nicht mit dem Getreideanbau ein, denn der entwickelte sich erst ein paar Jahrhunderte später, was die Feige zur wahrscheinlich ältesten NutzFRISCH ODER VERARBEITET pflanze der Menschheit macht. Wer das Glück hat, ernteIn der Bibel ist der Feigenbaum nicht nur die erste Pflanze, die überhaupt namentlich erwähnt wird (Genesis 3,7), die Feige taucht im Buch der Bücher gleich prominent an 38 Stellen auf. Der Apfel als Frucht der Erkenntnis ist dagegen nur magere viermal angeführt,
frische Feigen zwischen die Finger zu bekommen, wird sie vorzugsweise unbehandelt sofort verspeisen, doch aus Feigen lassen sich auch allerlei sensationelle Marmeladen und – natürlich – der berühmte, süß-scharfe Feigensenf zubereiten. Es bedarf des Fingerspitzengefühls, um Geschmack und Süße mit begleitenden und passenden Aromen hervorzuheben, etwa mit Duftkräutern und anderen Delikatessen.
Im Buddhismus ist die Feige der Baum der Erkenntnis, denn Buddha saß unter einem solchen, als er die Erleuchtung erfuhr. Im Hinduismus bewohnen wiederum gleich mehrere Gottheiten das heilige Holz des Baumes. Dante Alighieri sah im Feigenbaum eine Metapher der menschlichen Entwicklung zum Guten hin, was sich übrigens mit der viel älteren Geschichte des Odysseus deckt.
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Der hielt sich ausgerechnet am rettenden Ast eines Feigenbaumes fest, als ihn die Wasserstrudel der Charybdis samt Floß zu verschlingen drohten. Hätten die Autoren der Vergangenheit nicht das Besondere in der Feige gesehen, so hätten sie den Baum wohl nicht wiederholt so prominent über die Jahrtausende in Szene gesetzt.
raum heimisch gemacht, wo er bis heute jenes Klima vorfindet, das ihm so behagt: Wärme, viel Sonne, milde Winter, tiefgründige, nie zu nasse, eher karge Böden. Ein gut gewachsener Feigenbaum kann unter optimalen Bedingungen bis zu zehn Meter hoch und ein Jahrhundert alt werden und trägt in seinen besten Jahren bis zu 100 Kilogramm Früchte pro Saison – ein wahrlich paradiesisch-spendables Gewächs.
Auch die kulinarischen Qualitäten der süßen Frucht sind bereits seit der Antike gut dokumentiert. Als ein im Süden verwurzelter Geselle verlangt So überlieferte beispielsweise Plinius der Ältere in der Feigenbaum in den hierzulande deutlich kühleder „Naturalis historia“ die Geschichte des römi- ren Gefilden freilich besondere Zuwendung, um zu schen Kochs Apicius, der, wie der Autor süffisant an- gedeihen und zu fruchten. Die etwas aufwendigere merkte, „für alle Arten des Luxus ein merkwürdiges Pflege, vor allem der Schutz vor starken Frösten im Genie besaß“ und „der größte aller Schwelger“ Roms Winter, macht sich aus folgendem Grund unbedingt war. Apicius erfand laut Plinius die Schweinemast bezahlt: Nur eine wirklich reife Feige, punktgenau mit getrockneten Feigen. Diese, so meinte der Römer, im Moment perfekter Genussreife vom Baum geder übrigens als Autor eines der ältesten Kochbücher holt und so gut wie nicht zwischengelagert, kann der Menschheitsgeschichte genannt wird, würden den Ansprüchen eines echten Feigenconnaisseurs insbesondere der Leber der Sauen einen besonders entsprechen. Ein solcher ist Harald Thiesz aus Wien. köstlichen Geschmack verleihen. Der lateinische Wenn er durch seinen gewaltigen, vor den Augen der Name für die Feigenleber lautete denn auch Ficatum, Welt verborgenen Feigenhain in Wien-Simmering abgeleitet von Ficus für Feige, woschreitet, scheint er jeder einzelraus sich das jedem Feinspitz heunen Feige nicht nur anzusehen, ob te bekannte italienische Wort für sie gerade die rechte Genussreife FEIGEN IM GARTEN Leber, Fegato, entwickelte. erreicht hat – irgendwie erweckt Moderne Feigensorten sind er den Anschein, das sogar zu spüselbstfruchtbar und brauchen keine Bestäuberinsekten. Botanisch betrachtet gehört ren. „Diese hier“, sagt er dann im Sie sind zudem auf relative der Feigenbaum der Familie der Vorübergehen beispielsweise, „ist Winterhärte selektiert und Maulbeergewächse an. Er stammt heute noch nicht soweit. Aber bald. gedeihen auch hierzulande ursprünglich wohl aus den GefilVielleicht morgen Nachmittag.“ im Freien gut, wenn sie mögden rund um das Kaspische Meer, lichst sonnig und warm, am wurde jedoch spätestens in der besten mit einer schützenden Wand im Rücken in südlicher Antike im gesamten MittelmeerRichtung gepflanzt werden. Nur in den ersten Wintern bekommt sie zur Sicherheit ein wärmendes Häubchen aus Laub oder Reisig aufgesetzt.
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Der ideale Moment ist dann gekommen, wenn die Frucht einen kleinen, süßen Tropfen am unteren Ende, also an der Spitze des Blütenstandes, absondert und damit sozusagen signalisiert: Nimm mich! Süßer werde ich nicht mehr! Diese winzige Öffnung, Ostiolum genannt, dient bei nicht selbstfruchtbaren, älteren Feigensorten ebenso winzigen Feigenwespen als Eingangsportal zu einer der interessantesten Blütenkonstruktionen der gesamten Botanik, denn sie setzt sich aus zahllosen, nach innen gewandten Einzelblütchen zusammen wie ein dreidimensionales Mosaik. Wer also eine Feige auseinanderbricht, dringt damit in das Herz eines bis dahin verborgenen und gut geschützten Blütenreigens ein. Moderne Feigensorten benötigen jedoch keine Feigenwespen mehr zur Bestäubung, und nur deshalb kann man heute überhaupt Feigen fernab der Reviere der Feigenwespen ernten. Also auch bei uns.
einen sind außen fast schwarz, die anderen violett, gelb oder grün. Manche sind winzig klein, andere bis zu fünfzehn Zentimeter groß. Auch das Fruchtfleisch variiert je nach Sorte von goldgelb, sattrot bis violett. Eine gute Feige ist zimmer- oder besser noch sonnenwarm, sie duftet und sie schmeckt honigsüß. Zumindest vier Jahre ab der Pflanzung eines neuen Feigen-Steckholzes müssen sich die Feigenprofis Harald Thiesz und Ursula Kujal in Geduld üben, bis die ersten Früchte eines jungen Baumes verkostet werden können. Der Moment der Reife ist dabei, wie bereits erwähnt, ausschlaggebend. Als Beispiel nimmt Thiesz die Sorte Violette Sepor, die eher kleine, eigentlich gar nicht sonderlich ansehnliche, doch supersüße und schwer aromatische Früchte liefert. Vollreif, so meint er, schmecke sie fast ein wenig nach Zwetschke, doch schon einen halben Tag später sei der Geschmack bereits wieder verändert. Immer noch köstlich, doch eben anders.
Der Bio-Feigenhof in Simmering zelebriert diese seltsame Frucht bereits seit zehn Jahren und ist Eine weitere Besonderheit der Pflanze: Feigen nicht nur Insidern mittlerweile wohlbekannt. Mehr als 50 Feigensorten wachsen hier können von Juli bis Oktober bis zu in unüberschaubaren Mengen in drei Fruchtfolgen pro Jahr ausbilprachtvollen Reihen und teils bis den und – um die Sache noch komDES FEIGENBAUERS TRICK zu stattliche vier, fünf Meter hoch. plizierter zu machen – auch die Um schöne, große Früchte Ausladende, sattgrüne und duftenunterscheiden sich, von ein und und einen gut gewachsenen, verzweigten Baum zu bekomdemselben Baum stammend, arode Bäume sind das, strotzend vor men, können Feigenbäume im Gesundheit, kein gelbes Blatt in matisch deutlich voneinander. Die Frühjahr beschnitten werden. Sicht. Die Sorten stammen aus alallerbesten von ihnen sollen die Jungen Bäumen knipst man ler Welt, werden ständig ergänzt sogenannten Sommerfeigen, mitjeweils nur ein kleines Stück unter auch poetisch-bildhaft Blüund sind erstaunlich unterschiedder Triebe ab, sodass die tenfeigen genannt, sein. Das sind lich in Form, Farbe, Größe, Reiganze Kraft der Pflanze nicht in die Blätter, sondern in fezeit und auch Geschmack. Die jene großen Früchte, die bereits die Früchte wandert. Ältere Bäume können notfalls auch kräftiger in Form gebracht werden, doch Vorsicht: Feigen tragen am zweijährigen Holz.
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im Vorjahr von der Pflanze angelegt wurden, am Holz überwintern und mit der Kraft des Frühlings bis Juni, Juli heranreifen.
ne unverarbeitet, immer aber nur in eben dieser höchsten Qualität frisch auf den Tisch bringen. Sie können jedoch noch allerlei weitere Talente aus der Feige hervorkitzeln. So verleihen sie zum Beispiel in feine Spalten geschnittenen Feigen durch sanftes Andörren eine fein-ledrige Textur, die natürlich gerade einmal so zart zu sein hat wie das Bauchfellleder einer jungen Ziege, um damit den Feigengeschmack noch einmal zu intensivieren. Sie verwenden sie in kleine Würfel geschnitten für die Veredelung ohnehin schon delikater Saucen und Marinaden, aber auch diverser Gemüsegerichte, die einen Hauch Süße gut vertragen können. Oder sie verheiraten sie mit den Aromen ausgesuchter Zitrusfrüchte und seltener Kräuter als Dessert zum Abschluss eines Mahles. So markiert die Feige agrarhistorisch nicht nur den Anfang, sondern kulinarisch auch ein beglückenderweise immer wiederkehrendes Ende.
Die meisten Feigenbäume des Feigenhofs befinden sich denn auch aus genau diesem Grund in ungeheizten Glashaushallen. Hier sind sie vor strengen Winterfrösten recht gut geschützt, die kleinen Feigenkinder des Herbstes können hier unverdrossen als vorerst nur winzige Früchtchen am Holz abwarten, bis es wieder wärmer wird und sie in Saft und Süße gehen können. Noch während sie sich das rechte Aroma aneignen, wächst bereits mit den Herbstfeigen die nächste Fruchtgeneration heran. Je nach Sorte und Witterung reifen die im Vergleich zu den Sommerfeigen etwas kleinformatigeren Früchte ab August bis in den Oktober hinein. In ihren angestammten, warmen Heimatgefilden tragen Feigenbäume schließlich gerne noch einmal Winterfeigen von Dezember bis März – in unserem Klima leider eine Unmöglichkeit. Auch wenn moderne, gut eingewurzelte Feigensorten mittlerweile recht gut winterhart sind, so bringen sie es hierzulande im Freien meist nur auf eine Herbstfeigen-Ernte pro GRÜNER BLATTDUFT Saison. Nicht nur die ParfümindusDer Feigenkenner freut sich dann auf eben diesen Moment perfekter Reife. Dann braucht die Frucht wenig anderes, um zur Geltung zu kommen. Die spricht für sich. Das meinen auch die Künstler unter den Köchen, die sie ger-
trie schätzt traditionell den Duft der Feigenblätter. Er gilt als Inbegriff des olfaktorisch Frischen, Grünen, doch auch leicht Herben. Die großen, unverwechselbar geformten Blätter dienen, selten aber doch, auch als Grundlage für Sirupe und Essenzen, die im Vergleich zur Frucht herber sind, doch, behutsam beigefügt, das süße Aroma der Frucht nochmals zu heben imstande sind.
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Die Ölmühl’ und das Ölmehl TEXT: ACHIM SCHNEYDER, FOTOS: MIRCO TALIERCIO
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Chefin in vierter Generation: Julia Fandler, die unermüdliche Forscherin.
I M ST E I R I S C H E N P Ö L L AU G I BT’ S E I N E Ö L M Ü H L E. D I E Ö L M Ü H L E FA N D L E R. D I E L ÄU F T W I E G E S C H M I E RT U N D ST E H T F Ü R I N N OVAT I O N, WA S N I C H T ZU L E T Z T A N D E N B I SW E I L E N AU C H „ F E I N G E M A H L E N E N“ I D E E N VO N C H E F I N J U L I A FA N D L E R U N D I H R E M T E A M L I EGT.
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Glück muss man haben und den richtigen Zeitpunkt erwischen. Denn wenn man Glück hat und den richtigen Zeitpunkt erwischt, öffnet man die große gläserne Türe zur Ölmühle Fandler im steirischen Naturpark Pöllauer Tal ausgerechnet in jenem Moment, in dem die soeben frisch zubereiteten Haselnuss-Biskuitrouladen von einer lächelnden Mitarbeiterin in mundgerechte Happen geschnitten werden und man sich quasi zur Begrüßung gleich einmal ein Stück dieser unvorhergesehenen Köstlichkeit auf der Zunge zergehen lassen darf. Hierzu muss man wissen: Betritt man die Ölmühle Fandler, so steht man gleich einmal mitten in einer offenen Küche, die fließend in einen Verkostungsund Verkaufsraum übergeht. Und sympathischer könnte sich das Entrée einer Genusswelt einem Genießer wohl kaum präsentieren.
Die Spitze der Mühle – ein Dreieck aus Körper, Geist und Seele.
Jetzt fragen Sie vielleicht, was eine Biskuitroulade mit Öl zu tun hat. Eine durchaus berechtigte Frage, denn im Grunde hat eine Biskuitroulade – jedenfalls laut Grundrezept – mit Öl rein gar nichts zu tun. Bloß hier ist das ein wenig anders, hier in der Ölmühle Fandler, denn das hier verwendete Mehl wurde und wird aus den sogenannten Presskuchen der unterschiedlichen Öle gewonnen. Im Falle der Biskuitroulade aus dem HaselnussölpressIdeen, die dann, statt wieder verworfen, einfach in die Tat umkuchenmehl, wobei man alternativ jederzeit auch gerne das Mangesetzt werden und schlussenddelölpresskuchenmehl verwenden lich – wenn sie sich als gute Ideen könnte. „Reine Geschmackssache“, entpuppen – Namen wie diesen sagt Julia Fandler, die das 1926 getragen: „Öl-Cuvée NEUN“. Die gründete Familienunternehmen zehnte übrigens, denn die erste seit 2006 in vierter Generation erCuvée – Mandel und Sesam – trägt folgreich leitet. Erstklassige Qualihinten die NULL. „In diesem Fall tät macht sich eben bezahlt. Über haben wir den Versuch unternomJahrzehnte. Gegründet von Urgroßmen, unser Bio-Traubenkernöl vater Martin, übernommen von und unser Bio-Macadamianussöl Oma Juliana und ihrem Mann zu mischen. Wohl wissend, dass Josef und weitergeführt von Papa diese beiden Öle unterschiedliRobert, dem Bio-Pionier aus den cher kaum sein könnten. Und raus 02-04 1980er-Jahren, verwaltet Julia das Ganz oben der Verkostraum, gekommen ist – jedenfalls unseErbe heute allerdings nicht nur, sie rer Meinung nach – ein Meisterin der Mitte gemahlene Mandeln, setzt weiter und weiter auf Innowerk. Am Anfang im Geschmack die auf die Wärmepfanne warten. vation. „Mit dem Sortenreichtum noch leicht säuerlich, im Abgang Und was unten so grün grünt, ist das beim Öl sind wir schon immer geschließlich fein buttrig und mit Kürbiskernöl. gen den Strom geschwommen“, erzarter Süße. Ich lieb’s…“ Es ist freizählt die Chefin von über 40 Mitarbeitern. „Aber lich nicht nur die Liebe zum Produkt, es ist auch die auch wenn es heute mehr als 40 ausschließlich kalt- Liebe zur Arbeit an sich, die Julia Fandler und ihre gepresste Öle und Bio-Öle sind – denn nur durch Co-Geschäftsführer, Pressmeister Peter Schloffer diese Art der Pressung bleiben die Fettsäuren und und Betriebswirt Josef Spindler, antreiben. „Keiner Vitamine, der sortentypische Duft, der unverfälschte von uns kommt nicht gern in den Betrieb“, sagt die Geschmack und die natürliche Farbe erhalten –, wir quirlige Steirerin, die sich in diesem von ihr so gesind unentwegt auf der Suche nach neuen Rohstof- tauften „Dreieck aus Körper, Geist und Seele“ als fen. Und nach neuen Ideen.“ Seele bezeichnet. „Peter ist der Körper, der sich um
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Ein vergnügter Pressmeister Markus Lembäcker und ein schwebender Bottich voll mit geschrotetem Leinsamen.
das Handwerk kümmert, Josef der Geist, der sich mit den Zahlen auskennt.“ Die Zahl Drei scheint es Julia überhaupt ein wenig angetan zu haben, denn auch „die schöpferische Kraft der Dreieinigkeit“ spielt in ihrem beruflichen Leben eine wesentliche Rolle. „Aus dem perfekten Rohstoff, der richtigen Technik und den Menschen mit der passenden Erfahrung und dem nötigen Feingefühl ein Werk zu vollenden, darum geht es.“ Apropos Zahlen: Pro Jahr werden rund 600.000 Kilo Kerne zu mehr als 260.000 Litern Öl verarbeitet – die Großindustrie schafft das an einem Tag –, die in über 20 Ländern ihre Abnehmer finden. Nicht zuletzt in der Spitzengastronomie. Was wiederum insofern nicht verwunderlich ist, als man im Hause Fandler nicht nur auf Klassiker wie Kürbiskern, Sonnenblumen- und Traubenkern sowie Mandel oder Sesam setzt – der Urgroßvater begann mit Leinsamen, Walnuss und Raps –, sondern auch auf den
innovativen Chiasamen und beinahe vergessene Raritäten wie Camelina oder Hanf. Was die Chiasamen, diese Kraftkerne aus Lateinamerika betrifft, so ist dieser oststeirische Betrieb Europas erste Ölmühle, die sie als Lebensmittel presst. Und zwei Sätze an dieser Stelle auch noch zum Kürbiskernöl: Julias Großeltern waren es, die in den 1970er-Jahren nach Wien zur Wirtschaftskammer gefahren sind, um durchzusetzen, dass Kürbiskerne ohne Schale weiterverarbeitet werden dürfen. Weil das so schlicht und einfach besser schmeckt. „Schlechten Geschmack konnten und wollten sich die Fandlers nie leisten. Auch wenn wir mit billigeren Rohstoffen, einfacheren Maschinen und weniger Mitarbeitern ebenso viel Öl herstellen und wohl auch verkaufen könnten. Aber das widerspricht unserer Philosophie.“ Zurück nun noch einmal zu den Ideen. Zu den guten. Zu einer Idee, die akribisch verfolgt wurde und schließlich im Jahr 2016 als Produkt in den
EIN URGESTEIN DER ÖLMÜHLE 07 Peter Schieder hält dem Betrieb seit nunmehr über 30 Jahren die Treue. Er überwacht die Zerkleinerung der Ölkuchen in wertvolles Mehl.
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Zwei fandlersche Mühlen auf einen Blick: Links eine Steinmühle, rechts eine Schrotmühle.
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Leinöl – kein anderes liefert mehr Omega-3-Fettsäuren als dieses.
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Wir kosten wieder, und wie bei der Ankunft ist Handel kam: dem Mehl. „Wir haben uns ewig lange die Frage gestellt, was wir aus den Presskuchen das Geschmackserlebnis ein ganz außergewöhnlimachen könnten, die ja die wertvollen Eigenschaf- ches. Und als wir uns verabschieden, möchte Julia ten der Nüsse, der Kerne und der Saaten in sich tra- Fandler noch etwas loswerden. „Wissen Sie, was für gen“, sagt Ölmüllerin Julia. Die – letztlich vielleicht mich ein gutes, ein gesundes Unternehmen ausmacht? sogar naheliegende – Antwort war, die Kuchen fein zu Wenn es das Unternehmen schafft, mit erstens hoher Mehl zu mahlen. Sechs an der Zahl sind es, mit denen Menschlichkeit zweitens gute Dinge zu produzieren man nun also ein weiteres Kapitel der so erfolgrei- und drittens wirtschaftlich erfolgreich zu sein.“ chen Produktgeschichte schreibt. Hanf-, Haselnuss-, Kürbiskern-, Tja, die Drei hat es ihr eben Leinsamen-, Mandel- und Chiaangetan… mehl. „Wir haben in die Tat umgesetzt, was gemeinhin als ,Nose to Tail‘-Philosophie bekannt wurde: Nichts zu vergeuden, was dem Menschen Mittel zum Leben sein könnte. Einen steirischen Ausdruck dafür gibt’s leider nicht, aber gelebte Ganzheitlichkeit trifft’s auch“, so die Pionierin. Ein zusätzlicher Nutzen dieser Produkte, abgesehen von jenem, dass sie neue, andere Geschmacksakzente setzen: Sie eignen sich ganz exzellent für die vegetarische und vegane Küche sowie für Genießer mit einer Gluten-Unverträglichkeit. Der Rundgang durch die mo 10 derne, einem Großbetrieb ähnelnNes Lemäcker ist Teamleiterin. de Ölmühle ist zu Ende, durch den Leiterin jenes Teams, das die Abfüllung architektonisch überaus gelunge- des Öls in die Flaschen zur Aufgabe hat. nen Eingangsbereich strömt nun Bisweilen wird händisch nachgeholfen. ein anderer Duft als bei der Ankunft. Brot? „Leinsamenweckerl“, präzisiert die Chefin, „frisch aus dem Ofen.“ Und dann hebt sie zu einer letzten Erklärung an: „Das Kürbiskernmehl schmeckt leicht salzig, ist daher ideal für Quiches oder als würziges Paniermehl. Nuss und Mandel sind für die süße Abteilung von Keks bis Kuchen, das Hanfmehl mit der feinherben Note eignet sich sowohl für Kuchen und Brot wie auch als Paniermehl, und das Leinsamenmehl passt ins Müsli und eben – wie jetzt gerade – in Brot und Gebäck.“
Die Idee mit dem Mehl liegt der „Nose to Tail“Philosophie zugrunde: Nichts vergeuden, was dem Menschen Mittel zum Leben sein könnte.
FEINES AUS DER BACKSTUBE
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Sandra Rossmann ist Köchin aus Leidenschaft. Sie verköstigt Mitarbeiter und überrascht bisweilen auch Besucher mit schmackhaften Kostproben.
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GUSTO-STÜCK
SAUTEUER– aber sie schmeckt
TEXT: KATHARINA SEISER, FOTOS: KLAUS FRITSCH
Biologie oder Mythos, Hund oder Hamster, schwarz oder weiß, Öl oder Butter, Piemont oder Périgord, Kochkunst oder Cucina Povera, Dekadenz oder Wonne: Trüffel faszinieren die Menschen seit Jahrtausenden. 26 Gründe von A bis Z.
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A
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Alba
Butter
Wer Alba sagt, muss auch Périgord sagen. Die Stadt im Piemont und das französische Gebiet haben den zwei wertvollsten Trüffelarten – der weißen Alba-Trüffel (Tuber magnatum) und der schwarzen PérigordTrüffel (Tuber melanosporum, oft unpräzise Wintertrüffel) ihre Beinamen gegeben. Das Aroma der ersten ist roh besonders intensiv, deshalb wird sie nie gegart, zweitere spielt ihre komplexen Aromen in der Verarbeitung aus und ist Basis für zahlreiche legendäre Gerichte der französischen Küche.
ist die wichtigste Verbündete der Trüffel, darüber herrscht sogar zwischen Franzosen und Italienern Einigkeit. Wie so viele Aromen in Lebensmitteln sind auch die in der Trüffel fettlöslich. Unter B müssen aber zumindest auch der Barbera d’Alba und die Brûlée genannt werden, die ausnahmsweise keine Crème meint, sondern kahle Stellen unter Trüffelbäumen.
C
D
China
Dimethylsulfid
hat große Trüffelvorkommen an der Trüffelart Tuber indicum, die aber nicht zu den begehrten Arten gehört. Da sie Périgord-Trüffeln zum Verwechseln ähnlich sehen, werden sie gern zum Tarnen und Täuschen verwendet. In China galten sie, bevor die Nachfrage wegen rückgängiger Ernten in Europa stieg, als Viehfutter.
oder noch unsinnlicher DMS heißt der Stoff, aus dem die Trüffelträume sind. Das ist die für den Geschmack (eigentlich Geruch) hauptverantwortliche Komponente. Schweine, Hunde und womöglich auch Hamster können sie riechen – bei letzteren ist noch nicht klar, wie man ihnen ein Halsband oder Geschirr anlegt, um sie am Fressen des Fundes zu hindern.
E
F
Eier
Fonduta
gehören neben Butter zu den wichtigsten Partnern in Crime der Trüffelküche. Ein Trüffelomelett mit schwarzen Trüffeln oder eine saftig-weiche, gerade einmal gestockte Eierspeise mit frisch darübergehobelten weißen Trüffeln – mehr braucht es nicht zum Glück.
schmeckt schon ohne Trüffel gut, ist aber nichts anderes als geschmolzener Käse, der mit reichlich frisch darübergehobelten weißen Trüffelscheibchen zum perfekten Sinnbild eines italienischen Trüffelgerichtes wird: simpel, fett, cremig, überirdisch köstlich. Käse ist – ob Parmesan oder Weichkäse, in Frankreich gern mit Trüffel affiniert – überhaupt ein guter Freund der Knollen.
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G
H
Geruch
Hunde,
ist das, worum sich bei Trüffeln alles dreht, und zwar egal ob vordergründig in der Nase (wie bei Tuber magnatum) oder erst später beim Essen (wie bei Tuber melanosporum). Verantwortlich sind zig verschiedene Duftmoleküle, darunter >Dimethylsulfid. Die Trüffel verbreitet ihre Sporen über den Kot der Tiere, die sie aufgrund ihres Duftes ausgraben und fressen.
I
genau genommen Hündinnen, sind die wichtigsten Partner bei der Suche nach den unter der Erde wachsenden Fruchtkörpern. Das Schwein hat längst ausgedient, weil viel zu unpraktisch in Transport, Handling und Fressgier. Die Hündinnen werden wie Drogensuchhunde von Welpe an auf den Trüffelgeruch geeicht. Es gibt dafür sogar eine eigene Universität.
J
K
Istrien
Jus
Kauf
hat reiche Trüffelvorkommen, die aber von Trüffelprofis nach wie vor als minderwertig belächelt werden. Dabei sind sie immer noch besser als Betrug oder Imitate, womit sich selbst in der Trüffelhochburg Italien viele Produzenten von Ölen durchschummeln.
aus schwarzen Trüffeln kann man kaufen. In Dosen (immer auf den Zusatz „Tuber melanosporum“ achten). Und das ist nicht die blödeste Idee. Denn beim Konservieren von echten Périgord-Trüffeln fällt Trüffeljus an. Dieser verleiht Saucen oder Suppen echtes Aroma – ohne dass einen der Preis aus den Socken wirft.
L
Trüffelkauf ist Vertrauenssache. Je größer und professioneller der Händler, desto weniger geht er selbst Täuschungen auf den Leim und desto eher ist er gewillt, Anfänger/innen in das Erkennen genau richtig reifer Trüffel einzuweihen. Bei Konserven gilt: Immer das Etikett genau lesen. „Trüffel“ ohne lateinische Bezeichnung sagt gar nichts. „Tuber melanosporum“ (schwarze Trüffel) samt Herkunftsbezeichnung sind der Code zum echten Stoff.
M
Leberpastete,
Mykorrhiza
und zwar getrüffelte, galt als Inbegriff des gutbürgerlichen Sonntagsfrühstücks, bis die Franzosen 1990 verboten, dafür Trüffel zu färben. Bis dahin wurden nämlich schwarz gefärbte Sommertrüffel verwendet, um die Stückchen auch zu erkennen. Seither kommt ein dem Surimi ähnliches, komplett trüffelfreies Ersatzprodukt in die Leberwurst.
ist so etwas wie der heilige Gral der Trüffelkultivateure. So heißt jene symbiotische Verbindung aus Trüffelmyzel und Baum, die am erfolgversprechendsten für das spätere Gedeihen von Trüffeln ist. Üblicherweise werden Setzlinge (meist Eiche oder Haselnuss) in speziellem Substrat, das mit Trüffelmyzel geimpft wurde, gezogen.
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N Neuseeland
gilt neben Australien als die große Trüffelhoffnung der Zukunft. Mykorrhizierte Bäumchen werden in speziell aufbereiteter Erde in riesigen Plantagen kultiviert. Da in Australien und Neuseeland in unserem Sommer Winter ist, kommt die Ware zu dieser (nur für vergleichsweise uninteressante Sommertrüffel bekannten) Zeit zu uns. Wer Trüffel als echtes Saisonprodukt wahrnimmt, braucht diese (gute) Ware trotzdem nicht.
O
P
Q
Öl
Pasta
Quail
Obwohl es in den letzten Jahren die eine oder andere Meldung gab, dass es nun gelungen sei, Trüffeln ihren Duft zu entlocken und dauerhaft und intensiv an Öl zu binden, gilt natürliches Trüffelöl ohne Aromen bis dato als Marketingschmäh. Warum so viel Trüffelöl, das mit einem aus Flüssiggas gewonnenen Aroma versetzt wird, in Umlauf ist und in Restaurants das ganze Jahr über Speisen verhunzt, ist wohl nur mit dem rollenden Rubel zu erklären.
Eiergerichten in ihrer den Trüffeln die Bühne überlassenden Schlichtheit ebenbürtig sind jene mit Pasta. Es müssen ja nicht die legendären Tajarin sein, Eierteigwaren mit bis zu 20 Dottern auf ein Kilo Mehl. Auch Tagliatelle sind eine gute Unterlage für Trüffel. Es braucht nicht viel mehr als Butter, eventuell ein wenig feinsten, in Obers aufgelösten Parmesan und Salzflocken. Pasta darin schwenken, bei Tisch großzügig mit Trüffel behobeln.
Weil das W schon besetzt war, steht die Wachtel auf Englisch symbolisch für das Federvieh in diesem ABC. Denn Halbtrauer tragende Poularden oder Perlhühner (unter der Haut mit schwarzen Trüffelscheiben und ordentlich Butter gefüllt) gehören zum Feinsten, was die Trüffelküche zu bieten hat. Auch Heinz Reitbauer nennt Geflügel als liebsten Begleiter zu der von ihm bevorzugten, weil der Küche mehr Möglichkeiten bietenden schwarzen Périgord-Trüffel.
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R Reis
hat in der sagenumwobenen Trüffelwelt eine wichtige Rolle. In ein Stück Küchenpapier gewickelt kann eine weiße Trüffel ein, zwei Tage, eine schwarze eine Woche, in Risottoreis (aber viel besser mit rohen Eiern) in einem Glasgefäß im Kühlschrank aufbewahrt werden. Ideal ist das aber nicht, weil der Reis dem Pilz zu viel Feuchtigkeit entzieht. Besser ist Risotto mit frischen Trüffeln.
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Saison
Trüffelmarkt
ist ein erster Indikator für die Trüffelart. AlbaTrüffel gibt es ab Mitte Oktober. Anfang Jänner beginnt die Saison für Périgord-Trüffel, deren Höhepunkt im Februar erreicht wird. Trüffel außerhalb dieser Saison wie Sommer-, Burgunderoder Herbsttrüffel sind sehr viel weniger aromatisch. Das muss nicht schlecht sein, jedoch wird oft Täuschung damit betrieben.
Jener in Richerenches (Provence) und der in Alba (Piemont) sind weltberühmt. Es gibt aber auch einen kleinen, feinen Trüffelmarkt in Wien, der seit knapp einem Jahrzehnt an mehreren Wochenenden im November stattfindet. Seriöse Händler bieten dort zu fairen Preisen frische Trüffel, verarbeitete Produkte und Zubehör wie Trüffelhobel an. Für viele die Initialzündung in Sachen Trüffelsucht.
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Universität für Trüffelhunde
Volbracht
Kein Scherz, heißt kurz „Barot“ (nach dem piemontesischen Wort für den Stock der Trüffelsucher) und ist in Roddi im Piemont zu finden. Die Ausbildung für vielversprechende Hunde dauert mehrere Jahre. Das Institut ist seit 1880 unter der Leitung der Familie Monchiero.
(mit einem l) heißt mit Vornamen Christian und hat das interessanteste deutschsprachige Trüffelbuch geschrieben. Wer sich für die Historie der Trüffelmania in Frankreich, Italien und auch in Deutschland bis zum Status Quo interessiert, wird mit „Trüffeln – Mythos und Wirklichkeit“ eine schlaflose Nacht verbringen.
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Waage
Xerophil,
Während im 19. Jahrhundert Trüffelmengen in französischen Kochbüchern noch im dreistelligen Gramm-Bereich angegeben wurden, sprechen wir heute immer von Gramm. Auch wenn der Blick auf die Waage beim Händler schmerzt: wenn Trüffel, dann großzügig. Das Aroma braucht Menge, um seinen Reiz voll zu entfalten. Als Faustregel für den Einkauf gilt: fünf bis zehn Gramm pro Person bei weißer Trüffel, bei schwarzer circa das Doppelte.
also trockene Lebensräume bevorzugend, sind Trüffel wie die meisten anderen Pilze nicht. Das heißt aber nicht, dass man sie im Umkehrschluss waschen soll. Im Gegenteil, erdige Trüffel lieber abbürsten und eventuell schälen (Schalen für Saucen verwenden) als waschen, denn das Wasser würde den Geschmack stark verdünnen.
Yoann Hue
ist Koch und war Küchenchef von seinem Onkel Jean-Marie Dumaine in dessen Restaurant „Vieux Sinzig“ in der Nähe von Bonn. Dumaine, um den es hier eigentlich geht, ist nicht nur der deutschsprachige Wildpflanzenexperte und –kochbuchautor, sondern maßgeblich am TrüffelRevival in Deutschland (Burgundertrüffel, Ahrtrüffel) beteiligt.
Z Zucht
Seit Jahrhunderten wird versucht, den edelsten aller Pilze zu züchten. Bis dato ohne Erfolg. Es werden zwar weit über bekannte Trüffelregionen hinaus Truffièren (Trüffelplantagen) aus mykorrhizierten Bäumen angelegt, die in Frankreich, Spanien und Australien auch erfolgreich sind. Erntegarantie gibt es bei diesen Trüffelkulturen aber keine.
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KENNEN-LERNEN
DA S ER STE MAL Wer eine Trüffel kaufen möchte, muss das Unterfangen generalstabsmäßig angehen. TEXT: KATHARINA SEISER
Hoffentlich ist die Briefwaage geeicht. Ist es wirklich echte Alba-Trüffel, die der Kellner mit großer Geste und weißen Handschuhen über den Tisch (und nicht nur über den Teller) hobelt? Wird der Aufpreis so hemmungslos kalkuliert wie ein italienischer Akzent vorgetäuscht? Früher oder später kommt die Erkenntnis: Es kann doch nicht so schwierig sein, selbst eine gute Trüffel aufzutreiben und sie in ein kleines Festmahl zu verwandeln. Ist der Entschluss zur Tat erst einmal gefasst, muss deren Umsetzung im Detail geplant werden: 1. Trüffel kaufen: wo? wann? welche? 2. Trüffelhobel: welcher? woher? 3. Gericht: Pasta? Risotto? Polenta? 4. Wein: welcher? 5. Gäste? (zu teuer) In Wien kann es auf die erste Frage nur eine Antwort geben: Der jährlich an mehreren November-Wochenenden stattfindende Trüffelmarkt, initiiert von Thomas Edlinger. Heißt im Umkehrschluss wegen des Datums: weiße Alba-Trüffel. Und: Wo Trüffel verkauft werden, wird man wohl auch das richtige Werkzeug feilbieten. Kümmern wir uns also zuerst um die Unterlage: hausgemachte Pasta mit Fonduta, buttriger Crème aus geschmolzenem Käse? Schlichter Risotto aus Carnaroli-Reis mit selbst gekochtem Hühnerfond? Cremige Polenta aus weißem, nicht zu fein vermahlenem Mais? Wenn wir bei der Pasta bleiben: Tajarin, die Piemonteser Nudeln mit bis zu 20 Dottern pro Kilo Mehl? Oder darf’s ein einfacher Pastateig sein? Welcher Käse für die Crème? Wie viel Butter? Die Diskussion verschieben wir aufs nächste Jahr. Risotto geht immer. Polenta ist ohnehin im Haus. Aber der Wein. Man möchte der Trüffel ja eine vertraute Umgebung bieten. Der Weinhändler empfiehlt einen gescheiten, nicht zu jungen Barbera d’Alba. Der Preis stimmt schon einmal auf die bevorstehende Trüffeljagd ein, der Wein darf sich liegend entspannen.
Von Entspannung ist bei uns in der Nacht auf den großen Samstag nichts zu spüren. Müssen wir noch zum Bankomaten? Wie viel setzen wir? Und wird man uns nicht doch übers Ohr hauen? Der Duft beim Betreten des Zeltes im Garten des Restaurants Pan e Wien ist so überwältigend, dass die Sinne und die Pläne schwinden. Immerhin reicht es noch für ein strenges Abchecken der anwesenden Händler. Der junge Italiener wirkt so, als würden er und seine Ware zum Wein und zur geplanten Tat passen. Erfahrene Trüffelhändler wie Luca Miliffi erkennen Grünschnäbel wie uns natürlich schon am zögerlichen Schritt. Und er nimmt uns unter seine Fittiche. Wir erzählen, dass es unsere erste Trüffel sei. Dass wir keine Ahnung hätten, wie wir sie auswählen sollten, worauf zu achten sei und wie viel wir für uns zwei brauchen würden. Er hebt den Glassturz, öffnet das karierte Tuch und hält uns nacheinander zwei, drei kleinere, nicht gerade ansprechend aussehende Knöllchen unter die Nase. Grinst ob unserer erstaunten Blicke, weil die eine süßlicher, die andere intensiver-knoblauchig riecht. Erklärt, dass eine größere Oberfläche besser sei. Fragt uns, wie wir sie essen wollen. Legt sie auf die Waage. 20 Gramm, das wäre reichlich für zwei inklusive eines Frühstücks. Es war ein gutes Trüffeljahr, 70 Euro zeigt uns Lucas Taschenrechner an. Wir hatten mit mehr gerechnet. Den Trüffelhobel gibt’s wie erwartet vor Ort. Auch wenn wir jetzt, ein paar Trüffel später, wissen: Einer mit glatter Klinge wäre besser gewesen. Bis nach Hause schaffen wir’s nicht. Wir lassen uns vor Ort Pasta zubereiten, mit „unserer“ Trüffel zum Selberdrüberhobeln, ein Glas Barbera von Hilberg aus der Jeroboam dazu. Die restlichen acht Gramm kommen, in Papier gewickelt, zu Hause in ein Bormioli-Glas (italienische Trüffel, italienische Unterkunft) mit frischen Bio-Eiern. Am nächsten Tag hobeln wir sie über die Eierspeise und freuen uns wie die Schneekönige, dass der Plan mit der ersten eigenen Trüffel so gut aufgegangen ist. Der Wein liegt noch immer im Keller. Irgendwann wird sein Einsatz kommen.
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W ie & für wen
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GEBEN & NEHMEN
Der römische Dichter Horaz, zur Welt gekommen im Jahre 65 vor Christus, widmete sich in seinen Satiren, die er selbst Sermones, also Gespräche nannte, gerne auch Themen rund um die Kulinarik. In diesem Zusammenhang schrieb er nicht zuletzt folgenden Satz: Ein Gastgeber ist wie ein Feldherr – erst wenn etwas schiefgeht, zeigt sich sein Talent. Viktoria aus Tirol lässt es im Idealfall erst gar nicht so weit kommen. Es wäre ja auch, befindet René aus Deutschland, allzu schade, beste österreichische Rotweine Jahrgang 2014 zu verschütten.
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FRUCHTFOLGE
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DIE KUNST, EIN GASTGEBER ZU SEIN
TEXT: ACHIM SCHNEYDER, FOTOS: PHILIPP HORAK
Chef de Rang im Steirereck – klingt nach Traumjob, ist auch einer. Zumindest für Viktoria Schott, die perfekte Gastgeberin aus Tirol.
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AU F D I E B EG L E I T U N G KO M M T E S A N Wer steht im Rampenlicht? Wirtsleute. Köche und Köchinnen. Dann und wann auch Sommeliers. Aber das war’s dann meist. Aber war’s das wirklich? Nein, war es nicht. Damit ein Essen in einem Lokal wie dem Steirereck nämlich nicht ausschließlich zum kulinarischen Vergnügen gerät, bedarf es einer angenehmen Gesellschaft. Und zu einer solchen zählen nicht nur Begleiter, zu einer solchen zählen auch jene, mit denen man als Gast oft über Stunden immer wieder zu tun hat – die Gastgeber. Das aber sind nicht allein Chefin und/oder Chef, das sind auch Mitarbeiter wie Viktoria Schott. Mitarbeiter an vorderster Front, sprich am Tisch. Mitarbeiter, die man allzu oft als selbstverständlich – und somit zu wenig – wahrnimmt. Obwohl sie eine Kunst beherrschen, die wahrlich nicht jeder beherrscht: die Kunst des Umgangs mit dem Gast. Erfrischende 25 Jahre ist Viktoria jung, witzig, charmant und wortgewandt. Politikwissenschaft
wollte die Kitzbühelerin studieren, nachdem sie die Tourismusschule mit Matura abgeschlossen hatte. Es kam aber anders. Sie begann im schwesterlichen Berggasthof oberhalb von Kitzbühel mitzuarbeiten, schupfte das Service mit der ihr eigenen Leichtigkeit und kam endgültig auf ihren persönlichen beruflichen Geschmack. Später verschlug es sie zu Johann Lafer auf die Stromburg nahe Frankfurt, wo sie erstmals mit der Welt der sehr gehobenen Gastronomie in Berührung kam. Ja, das war ihres! Und dennoch nicht der Weisheit allerletzter Schluss, denn in ihrem Hinterkopf geisterte stets ein Lokal herum, das sie zwar nicht kannte, von dem sie aber immer wieder und stets Gutes hörte – das Steirereck, in dem sie vor gut vier Jahren „debütierte“.
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N AT Ü R L I C H K E I T, F E I N G E F Ü H L U N D H U M O R „Ja, ich verstehe mich als Gastgeberin“, sagt lichkeit stellvertretend für eine Handvoll MitarbeiViktoria, die neben Deutsch, kernigem Tirolerisch ter, die unseren Gästen eine schöne Zeit bereiten.“ und perfektem Englisch auch gut Italienisch und Der – selbst auferlegte – Druck wäre dabei Tag Französisch spricht. Gut genug jedenfalls, um Konversation zu betreiben. An ihrem Spanisch übt sie für Tag aufs Neue ein großer. „Ich habe eine enorme noch. Und auf die Frage, wie man diese ihre Rolle Erwartungshaltung an mich selbst“, sagt die 25-Jäham besten ausfüllen würde, kommt’s wie aus der rige. Dass sie dieser gerecht wird, darüber urteilen Pistole geschossen: „Mit Natürlichkeit, Feingefühl, nicht zuletzt jene Personen, die in ihrem ZuständigHumor und der Gabe, zuhören zu können und nicht keitsbereich „gastieren“. „Wenn die sich verabschienur so zu tun und gegebenenfalls Verständnis zu zei- den und sich dabei offen heraus für einen rundum gen. Wenn ich etwa merke, dass ein Gast schon zum gelungenen Besuch bedanken, dann hab’ ich – wie’s dritten Mal mit dem Babysitter telefoniert, erkun- scheint – das meiste richtig gemacht.“ Nachsatz: dige ich mich diskret, ob es gewünscht wäre, den „Und wenn die Chefin nichts zu bekritteln hat…“ Ablauf der Menüfolge ein wenig zu beschleunigen.“ Im Steirereck gibt es etliche Stammgäste, die Patronin Birgit Reitbauer ist voll des Lobes. bei der telefonischen Tischreservierung ausdrück„Natürlich kommen die Menschen wegen der guten lich darauf hinweisen, bei Viktoria sitzen zu wollen. Küche. Aber eben nicht nur, sondern auch wegen „Die sagen Sätze wie ,Aber bitte bei der lustigen Tiroder guten Betreuung. Vicky steht mit ihrer gewin- lerin‘ oder einfach nur ,Bitte bei der Vicky‘. Mich nenden Persönlichkeit, Herzlichkeit und Mensch- freut und ehrt das.“
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DA S MITEINANDER BESTIMMT DER GA ST Es ist kurz vor halb zehn. Dienstbeginn. So richtig los geht’s für Viktoria zwar erst kurz nach halb zwölf, wenn die ersten Gäste eintrudeln, doch auch jetzt wird nicht Daumen gedreht. „Sonst bräuchte ich ja nicht hier zu sein“, sagt sie und steckt das Bügeleisen an. Ob ihrer Position als Chef de Rang reichte es theoretisch, wenn sie nur kontrollierte, ob die Tischtücher glatt und die Tische perfekt eingedeckt wären. Praktisch aber hilft sie gerne mit, damit dem auch wirklich so ist. „Zu Hause mache ich das ja auch selbst, warum also sollte ich mich hier nicht ebenfalls einbringen? Außerdem sind wir ein Team.“ Schließlich widmet sie sich auch noch dem Schnapswagen, poliert die Flaschen mit dem weißen Handschuh und drapiert das wertvolle Gut so, dass die Etiketten streng geradeaus schauen. In der klassischen Sternegastronomie ist es so, dass der Chef de Rang dem Maître d’hôtel und dessen Stellvertreter unterstellt ist. Im Steirereck ist das insofern ein klein wenig anders, als es keinen auf den
ersten Blick als solchen erkennbaren Maître gibt. Ergo auch keinen Stellvertreter. Im so wunderbar unaufgeregt geführten Steirereck füllt – wenn man so will – Hausherrin Birgit Reitbauer diese Funktionen in Personalunion aus. Was wiederum nicht anders ist im Steirereck: Der Chef de Rang ist ein Stationschef, zuständig für einen bestimmten Bereich des Lokals. Er nimmt die Gäste in Empfang, begleitet sie zum Tisch, berät sie und schlüpft bisweilen auch in die Rolle des Sommeliers. Wie sich dieses Miteinander in weiterer Folge gestalten würde, hinge vom Gast ab. „Es gibt welche“, sagt Viktoria, „die suchen zwischenzeitlich das Gespräch. Wieder andere wollen ihre Ruhe.“
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D E R TÄ G L I C H E H E R R U N D D I E R E I S E F Ü H R E R Einige Gäste sind mit Viktoria per du. Und auch was über sein früheres Berufsleben bekannt. Und sie ist es mit manchen Gästen. Mit dem Herrn Mün- trotzdem ist er uns inzwischen ungemein vertraut.“ del allerdings nicht. Obwohl der ältere Herr seit Wenn Ferry Mündel zu Ohren kommt, welcher nunmehr über zweieinhalb Jahren von Montag bis Freitag jeden Tag – fast könnte man die Uhr danach Service-Mitarbeiter wann und wohin auf Urlaub stellen – um 13 Uhr mit dem Taxi vorfährt, an stets fährt, dann dauert es meist nur wenige Tage, und er demselben Tisch am Fenster Platz nimmt – selbstver- bringt dem jeweiligen Reisenden in spe ein passenständlich in Viktorias Revier – und sein viergängiges des Geschenk – einen Reiseführer nämlich. Viktoria Menü genießt. Dieses braucht er übrigens nicht extra überreichte er in diesem Herbst einen Reiseführer aus der Karte auszusuchen, es wird von Viktoria und über Bali. der Küche für ihn zusammengestellt. Vor dem Essen Es gibt freilich auch andere Gäste. Leicht mürtrinkt der Herr Mündel einen Aperitif, zum Essen ein Glas Weiß- und ein Glas Rotwein, zum Abschluss rische, schwierigere und bisweilen solche, die von gönnt er sich hie und da einen Digestif. Und das Was- Haus aus negativ eingestellt sind. Aber auch mit solserglas, so wünscht es der Herr Mündel, darf immer chen versteht es die Tirolerin umzugehen. nur bis zur Hälfte eingeschenkt sein. „Wir wissen kaum etwas über ihn“, erzählt Viktoria. „Außer, dass er mit Vornamen Ferry heißt. Aber weder kennen wir sein Alter, noch ist uns et-
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SCHNITZERL AN HÖLZERNEN KLUPPEN „Hin und wieder, zum Glück aber sehr selten, raschen. So erkundigte er sich, ob es die kleinen hölkommt es vor, dass Gäste regelrecht nach Dingen zernen Gestelle mit der gespannten Schnur, quasi suchen, die sie bekritteln können“, erzählt Viktoria. Wäscheleinen im Miniformat, die es im Wirtshaus Dadurch dürfe man sich aber keinesfalls aus der Fas- Steirereck am Pogusch gibt, auch hier im Stadtpark sung bringen lassen, im Gegenteil. „Nichts gegen geben würde. Und wenn ja, ob man eine solche an den einen komplizierten Gast, so lange er freundlich ist. Tisch bringen könne. „Ich hab’ dann eine WäscheleiWenn er das aber nicht ist, muss man selber eines ne serviert, an der kleine Wiener Schnitzel an hölimmer bleiben, nämlich freundlich und ganz, ganz zernen Kluppen hingen – und Hirschs Gäste waren ruhig. Mit Freundlichkeit und einem herzlichen so richtig vergnügt.“ Lächeln kann man im Idealfall auch einen Nörgler entwaffnen.“ Ebenfalls zu den – in diesem Fall jedoch nicht negativ gemeint – komplizierten Gästen zählen jene, die freundlich ihre Sonderwünsche kundtun. „Derlei Wünsche erfüllen wir natürlich gerne, sofern sie im Bereich des Machbaren liegen“, sagt Viktoria. Als etwa eines Tages der Langenloiser Winzer Johannes Hirsch mit ausländischen Gästen im Haus war, wollte er seine Begleiter mit etwas Originellem über-
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K E I N E W E S E N AUS A N D E R E N W E LT E N Man dürfe, sagt Viktoria, keine Unterschiede tauscht, und es geht abermals los wie um kurz nach machen. „Wenn etwa, auch das war schon der Fall, halb zwölf. Und doch sind die Abende anders. „Zu die Ehefrau von Robbie Williams vor mir sitzt, muss Mittag“, sagt Viktoria, „kommen Touristen, die nach ich mich – egal, wie’s in mir drinnen aussieht – nach dem Essen noch etwas vorhaben, also nicht ewig bleiaußen hin genauso verhalten, wie wenn jemand bei ben. Oder Geschäftsleute zwischen ihren Terminen. mir ist, der lange gespart hat, um sich ein Menü im Am Abend isst man länger. Also auch anders.“ Steirereck leisten zu können. Alle Gäste sind gleich – und keiner darf gleicher sein.“ Wobei sich prominente Immer gleich bleibt hingegen die „lustige TirolePersönlichkeiten – zumindest im Steirereck – ohne- rin“, die perfekte Tischdame im etwas anderen Sinn, hin meist überaus normal, ja regelrecht pflegeleicht die Vicky. Die, die mit ihrem gewinnenden Wesen und verhielten. „Insofern bin ich auch nicht besonders dem Tiroler Charme so erstklassig in dieses Lokal nervös, weil ich merke, dass ich es mit einem Men- passt. Der das Lachen auch nicht vergeht, wenn es schen zu tun habe und nicht mit einem Wesen aus spät am Abend ist und die Beine etwas schwer wereiner anderen Welt. Auch wenn die Welt oft eine den. Die sich selbst in Momenten wie diesen freut, andere ist…“ auch am nächsten Tag wieder eines sein zu dürfen: Gastgeberin im Steirereck. Wenn’s Nachmittag wird im Steirereck, ist irgendwann auch für Viktoria eine Pause in Sicht. Geht diese dann wieder zu Ende, zieht sie sich um. Das graue Mittagskleid wird gegen das abendlich schwarze ge-
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LIEBES-GESCHICHTE
F RU C H T F O LG E TEXT: KARL HOHENLOHE
Heinz Reitbauer junior, nunmehr „Gault&Millau-Koch des Jahrzehnts“, ist einer der Stillsten in diesem lauten Gewerbe. Der Nationaltrainer der heimischen Geschmacksnuancen punktet im In- und Ausland. Die Erfolgsgeschichte hat zwei Namen: die Liebe zur Qualität und zu seiner Familie.
geboren 1960 in Wien, ist Autor, Regisseur, Moderator und Herausgeber des „Gault&Millau“.
KARL HOHENLOHE,
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Vor nicht allzu langer Zeit sah man den jungen Sohn der Reitbauers, wie er sich bei einer Ehrung seines Vaters im Steirereck unbeobachtet wähnte. Gerade hatte man eine Nachspeise serviert, ein köstliches Zusammenspiel von süß und herb, laut und leise, grellen Farben und gedeckten Currytönen, als Lorenz einen Teller in die Hand nahm und so dem eiligen Verzehr entzog. Er setzte sich ein wenig abseits und begann mit dem Essen. Nein, nicht wie all die anderen, er verschlang das Dessert zuerst einmal mit den Augen. Wobei verschlingen ein viel zu rohes Verbum für sein Vorgehen war, er sondierte vorsichtig, prüfte, wog ab und war sich bald sicher, wo er den ersten Bissen ansetzen sollte.
gefüllt sind und – was weit wichtiger ist – ob da jemand alleine steht, den er mit dem wertvollsten Nahrungsmittel versorgen kann, das es gibt – dem Gespräch. Der Gastronom, wie der Wirt in der Stadt gerufen wird, lebt ja nicht nur davon, dass er Speisen serviert, sondern vor allem davon, wie er es tut. Ob er sie bloß wohlwollend hinstellt oder mit Worten würzt, ob er dem Gast, der in Ruhe gelassen werden will, seine Ruhe lässt oder ob er ihn ins Vertrauen zieht, wie einen Freund, den man schon länger nicht mehr gesehen hat. Und dann die größte Herausforderung: der Abbruch des Gesprächs, ohne dass der Gast verstimmt zurückbleibt.
Heinz Reitbauer junior wurde also in seiner KindAber er ließ sich Zeit. Vielleicht, weil er in seinen heit geprägt und sorgsam auf sein Dasein vorbereitet. jungen Jahren schon die Segnungen der Vorfreude All sein Lernen, all das, was seine Aufmerksamkeit, erfahren hatte und sie viel höher schätzt als die Erfül- seine Geduld und Ausdauer forderte, lässt sich mit lung aller sehnsüchtigster Erwartungen oder mögli- einem Wort zusammenfassen: Qualität. cherweise, weil er schon satt war. Heinz Reitbauer junior hat viel von seinem Sohn Satt? Niemals. und viel von seinem Vater.
Satt, das ist das, was man auch als werdender Koch nicht sein darf, ein satter Koch ist ein vermögender Bettelmönch, ein Tiger, der keinen Geschmack mehr an den feistesten Gladiatoren findet, ein Löwenzahn, dem man durch das Haarkleid geblasen hat. Nein, dieser junge Mann, Sohn von Birgit und Heinz Reitbauer junior, Enkel von Margarete und Heinz Reitbauer senior, ist noch nicht satt. Er taucht den Löffel in die Masse, entnimmt eine Portion, führt sie zum Mund und wartet: zuerst auf den Geruch, dann auf den Geschmack und schließlich, wie beides am Gaumen zueinanderfindet.
Heinz Reitbauer junior, so hat einmal jemand gesagt, sieht nicht wie ein Koch aus, aber wie sieht ein Koch eigentlich aus? Heinz Reitbauer ist in jedem Falle ein untypischer Vertreter seines Standes, nicht von der Statur, nicht von der Physiognomie, sondern von seinem Wesen her, das von wohltuender Zurückhaltung durchdrungen ist. Es gibt kein wirkliches Gegenteil zu dem Begriff „affig“, aber Herr Reitbauer ist es. Das spiegelt sich in seinen Gerichten wider, die ja nichts Marktschreierisches an sich haben, von scheinbarer Einfachheit geprägt sind und durch Schnörkellosigkeit glänzen.
Dort angekommen, werden die Aromen ziseliert – Kaffee, Vanille, Zimt – nein, kein Zimt, eher Zuckerwatte, Passionsfrucht, Mango und plötzlich wieder Kaffee, der sich in einer Spur von Amaretto verloren hat und plötzlich wieder da ist. So hat es sich Lorenz vorgestellt, aber es kommt anders. Irgendeine Geschmacksnuance erstaunt ihn, ganz kurz wirkt dieses Kind überrascht, dann schließt es die Augen und speichert die Erinnerung in seinem Gedächtnis, das noch ein dünnes Kochbuch birgt und sich in den nächsten Jahrzehnten zu einem riesigen Folianten mit den allerbesten Rezepturen auswachsen wird.
Vielerorts vermutet man, Herr Reitbauer hätte sich irgendwann auf die Suche nach den besten heimischen Grundprodukten gemacht und an den spärlichen freien Tagen die einheimischen Jäger, Gärtner, Fischer und Landwirte bei ihrem Tagwerk beobachtet und dann – gegebenenfalls – als Lieferanten auserkoren. Vielleicht war es aber auch umgekehrt, vielleicht wollten Seesaibling, Karotte, Maibock, Hecht und Huchen nicht grundlos langsam wachsen, sondern haben ihre Bestimmung erahnt, dass sie irgendwann nicht irgendwie verkocht, sondern zubereitet werden und waren darüber erfreut, dass sie doch nicht nur aus einzelnen Edelteilen bestehen.
Und während sich das Kind noch in den Aromen verliert, geht gerade der Großvater vorbei, betrachtet den Enkel und vielleicht erinnert er sich in genau diesem Moment, dass er auch einmal so alt war und schon damals mehr wollte, als die Einwohner von Turnau am Fuße des Pogusch in der Steiermark mit Käsekrainern, Sterz und Apfelringen zu versorgen.
Im Spätsommer 2016 hat Gault&Millau Heinz Reitbauer, der ohne Birgit Reitbauer nicht Heinz Reitbauer wäre, zum „Koch des Jahrzehnts“ gekürt. Man hatte das Gefühl, er hat sich über seine Auszeichnung gefreut und – was ihn weit besser beschreibt als diese 5.059 Schriftzeichen – ausnahmslos auch all seine Mitbewerber.
Dann geht der Großvater weiter, schaut auf die Gäste, schaut, ob ihre Teller beladen, ob ihre Gläser
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Ein Blick aus dem Fenster. Auf der Parkbank wartet der HERBST, der WINTER ist noch ein paar Gassen entfernt. Gemeinsam ziehen sie später los, im Schlepptau das Kalt und das Nass. Da loben wir es uns hier. Hier drinnen. Und sitzen da in großer Tafelrunde. REDAKTION: ACHIM SCHNEYDER
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Der Karpfen gibt sich die Ehre, begleitet von Topinambur. Aus dem fernen Nahen Osten ist Falafel angereist, Wildhase und Fasan wiederum hatten’s nicht weit. Die Himbeeren kommen nach an den Tisch. Sie bringen duftende Rosen. Als Frühlingsgruß. FOTOS: THOMAS SCHAUER
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EINE REISE DURCH ÖSTERREICH UND DARÜBER HINAUS 1 Rezept
Karpfenmilchner mit Topinambur Erdäpfelkas mit Leinöl & Schindelbrot 3 Maissterz 4 48 Stunden-Speck (aus Pilzen) mit Senf-Radieschen 5 Naher Osten: Falafel geschlagener Minz-Ayran mit Sumac Paprika und Okra mit Ayran & Olivenkraut Wein Ancestral L15 (St. Laurent), Claus Preisinger/Gols 2
E S S K U LT U R :
Im Laufe von Jahrhunderten hat Österreich eine vielfältige kulinarische Identität entwickelt. Verwurzelt in der K.-u.-k.-Monarchie ist sie, ihrer Entwicklungsgeschichte nach, durch die Einflüsse der Kronländer und Königreiche eine Vielvölkerküche mit eigenständigen, regionalen Spezialitäten, welche sich nicht auf einige wenige Gerichte oder Regionen reduzieren lässt. Viele Geschmäcker, Produkte oder Zubereitungsarten können wir heute geografisch zuordnen. Diese verschiedenen Geschmäcker schaffen aber auch grenzübergreifende Verbindungen zu unseren Familien und zu unserer Geschichte und sind wiederum ein Spiegelbild unserer Lebenskultur. Eine Reise durch Österreich und darüber hinaus. Im Übrigen: Die Wiener Küche ist die einzige weltweit, die einen Städtenamen trägt. Sie entstand vor mehr als 200 Jahren beim Wiener Kongress an den Wiener Herden, wo die verschiedensten Küchen in friedlicher Mission ihre Traditionen und Geschmäcker teilten und somit den Ruhm der Wiener Küche begründeten.
S CHINDELBROT Z U TAT E N
ZUBEREITUNG
- 500 g Vollkorn Roggenmehl - 150 g Leinsamen (geröstet) - 5 ml Leinöl (warm gepresst) - 400 ml Wasser (lauwarm) - 7,5 g Salz
Alle Zutaten im Rührkessel vermengen und mithilfe des Knethakens 1-2 Minuten kneten. Anschließend den Teig ca. 30 Minuten bedeckt rasten lassen und mit einem Nudelholz zwischen zwei Lagen Backpapier so dünn wie möglich ausrollen. Den Teig mit Eiweiß bestreichen und mit Maldon Salz und Kümmel ganz leicht bestreuen. In gewünschter Form ausstechen und auf Backpapier bei 210 °C im Backrohr 7 Minuten backen. Das Blech wenden und für weitere 7 Minuten backen, bis alle Schindeln eine goldgelbe Farbe genommen haben.
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P U N TA R E L L E M I T G Ö T T E R F RU C H T, S A L Z K A P E R N & B O U C H OT- M U S C H E L N 1
ekochte, glacierte Puntarelle G Bachkresse-Puntarellen-Crème 3 Götterfrucht-Staudensellerie-Salat mit Kapernblättern, Cashewkernen & Waldmeister 4 Gedörrte Götterfrucht 5 Bouchot-Muscheln 6 Salzkapern-Muschelsaft 7 Mit Balsamessig marinierte Bachkresse & Puntarellenblätter Wein 2014 Grüner Veltliner „Freier Loiser“, Jurtschitsch/Langenlois 2
Rezept
G Ö T T E R F R U C H T/ K A K I :
Ihr süßes birnen- und marillenartiges Aroma entfaltet die Kaki erst im überreifen Zustand. Dann hat das Fleisch seinen hohen Gerbstoffgehalt verloren. P U N TA R E L L E / R Ö M I S C H E R C H I C O R É E S A L AT :
Das Geschmacks-Spektrum dieser außergewöhnlichen Riesen-Chicorée reicht von Artischocken über Spargel zu Rucola bis Löwenzahn.
G ÖT T E R F RU C H T- STAU D E N S E L L E R I E - S A L AT Z U TAT E N
ZUBEREITUNG
- 30 g Waldmeister - 100 ml Traubenkernöl
Waldmeister-Öl: Waldmeister waschen und mit dem Traubenkernöl vakuumieren. Bei 60 °C im Wasserbad 1 Stunde ziehen lassen, abkühlen und bis zum Gebrauch kühl lagern. Anmerkung: Das Waldmeister-Öl erst vor dem Gebrauch passieren!
- 50 ml Balsamessig (Gölles) - 5 g Salz - 25 g Kristallzucker - 100 ml Apfelsaft
Waldmeister-Marinade: Alle Zutaten im Thermomix vermengen.
- 75 ml Waldmeister-Öl
Mit dem Öl emulgieren.
- 100 g Staudensellerie - 100 g Kaki/Götterfrucht - 30 g Cashewkerne - 5 Kapernblätter - Prise Karpatensalz
Salat: Staudensellerie und Götterfrucht schälen und in 5 mm große Würfel schneiden. Die Cashewkerne im Backrohr bei 160 °C ca. 10 Minuten rösten, abkühlen lassen und anschließend fein hacken. Die Kapernblätter in Julienne schneiden. Den Salat abmengen und mit einem Teil der Waldmeister-Marianade sowie einer Prise Salz abschmecken.
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A RT I S C H O C K E & K A L B S N I E R E M I T R ADICCHIO & STEINKLEE 1
eschmorte Artischocke mit Zitrus G Artischocken-Gemüse mit Radicchio & Leinsamen 3 Im Nierenfett glacierte Kalbsniere mit Steinklee-Salz 4 Mit Artischocke & Zitrus marinierte Trevisano- & Tardivo-Blätter 5 Artischocken-Chips 6 Leinsamen-Knusper 7 Artischocken-Schmorsaft mit Steinklee-Öl Wein La Bota 37 de Amontillado „Navazos“, Equipo Navazos/Andalusien 2
Rezept
STEINKLEE:
Dieser bis zu 90 cm hoch wachsende, zweiährige, gelb blühende Klee ist in ganz Europa heimisch und wird wegen seines ausgezeichneten Nektars gerne von Bienen besucht. Die frischen Blüten duften stark nach Honig und die Blätter schmecken bitter und scharf. Sobald sie welken oder getrocknet sind, verströmen sie, ähnlich wie Waldmeister, einen feinen Heuduft. Deshalb wird Steinklee gerne auch nach der Trocknung zur Aromatisierung von Getränken und Käse verwendet.
LEINSAMEN-CR ACKER Z U TAT E N
ZUBEREITUNG
- 60 g Leinsamen - 90 g Wasser
Die Leinsamen im Wasser einweichen und ca. 1 Stunde quellen lassen. Die eingeweichten Leinsamen dünn auf Backmatten aufstreichen und im Dehydrator bei 57 °C für 2-3 Stunden trocknen.
- Pflanzenöl zum Frittieren
Die trockenen Cracker in ca. 180 °C heißem Pflanzenöl frittieren. Tipp: Die Cracker nur kurz in das heiße Öl eintauchen, damit diese nicht bitter werden.
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FA S A N M I T S A L Z Z I T RO N E N - Z W I E B E L , MANGOLD & ANANASKIRSCHE 1
m Knochen sanft gegarter Fasan A Gedämpfter Mangold mit Balsamessig und Sonnenblumenöl 3 Konfiertes Fasanenhaxerl mit Mangold 4 Geschmorte Salzzitronen-Zwiebeln mit Kümmel 5 Fasan-Saft 6 Erdäpfelsauce mit Pfefferoni, Junglauch & Salzzitrone 7 Erdäpfel-Knusper 8 Ananaskirschen W e i n 2014 Matassa „Romanissa Casot“ (Grenache Gris), Matassa/Roussillon 2
Rezept
A NA NA S K I R S C H E N :
Dieses ursprünglich aus Nordamerika stammende Nachtschattengewächs mit kleinen Früchten, welche von papierenen Lampions umschlossen werden, besitzt knackige, aromatisch süße Früchte mit deutlichem Ananasaroma. Von Michael Bauer/Stetten.
M I T S A L Z Z I T RO N E N G E S C H M O RT E W E I SS E Z W I E B E L N Z U TAT E N
ZUBEREITUNG
- 2 weiße Zwiebeln - Pflanzenöl zum Braten - 120 ml Zitronensaft - 2 TL Salzzitronen-Fruchtfleisch - 2 EL Butter - 2 Prisen Kümmel (geröstet & gemörsert) - 2 Zweige Thymian
Die Zwiebeln schälen und der Länge nach halbieren, die äußeren drei Schichten ablösen. Die Zwiebeln auf der Schnittfläche im Pflanzenöl braun braten, umdrehen, Butter und Thymian zugeben und mit Zitronensaft ablöschen. Nun das Salzzitronen-Fruchtfleisch zugeben und mit Alufolie bedecken. Im Backrohr bei 175 °C 8 Minuten schmoren. Unmittelbar vor dem Servieren die Zwiebelhälften mit dem ausgetretenen Schmorsaft glasieren und mit dem gemörserten Kümmel bestreuen.
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BOHNENGEMÜSE MIT BIRNEN, LAMM-GRAMMELN & AMPFER 1
ohnen-Ragout mit Trockenfleisch-Sud & hausgedörrten Williams-Birnen B In Lammschmalz konfierter junger Sellerie, eingelegt in Buttermilch & Yuzu 3 Mit Reiswein gekochte, gegrillte Birnen 4 Bohnen-Birnen-Salat mit Thymian, Birnenessig & Ampfer 5 Lamm-Grammeln mit Ducca Bier 2013 Waldbier „Lärche“, Kiesbye/Obertrum 2
Rezept
TROCKENFLEISCH-SUD:
Gepökeltes, geräuchertes und getrocknetes Lammfleisch mit Champignons, Zwiebeln, Yuzu, Buttermilch, Molke und Birnensaft gekocht. DUCCA:
Äthiopische Gewürzmischung aus weißem Sesam, Kichererbsen, Koriander, Pfeffer, Kreuzkümmel, Thymian & Minze
LAMM-GRAMMELN MIT DUCCA Z U TAT E N
ZUBEREITUNG
- 500 g Lammfett (ohne Sehnen und Fleisch) Auslassen: Das Lammfett in grobe Würfel schneiden, kurz anfrieren und durch die mittlere Scheibe des Fleischwolfes drehen. Das Lammfett in einem großen Topf unter ständigem Rühren langsam auslassen, bis die Grammeln goldbraun sind. Anschließend durch ein feinmaschiges Spitzsieb abseihen und auf Küchenpapier mindestens 30 Minuten abfetten lassen. Ergibt ca. 300-400 g fertige Grammeln. Tipp: Die Grammeln rechtzeitig aus dem Fett nehmen, denn diese ziehen noch etwas nach. Anmerkung: Das dabei entstandene Lammschmalz zum Konfieren für die jungen Sellerie verwenden. - 50 g Lamm-Grammeln - 7,5 g Ducca - 1,5 g Salz
Vermengen: Grammeln, Ducca und Salz vermengen.
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W I L D H A S E M I T S C H WA R Z W U R Z E L N, DAT T E L N & B RO W N EG G - C H I L I 1
it Tamarinde und Bockshornklee geschmorte Wildhasen-Vorderläufe M Schwarzwurzel-Crème 3 Knusprige Schwarzwurzeln 4 Eingekochte Datteln mit Brown Egg-Chili, Pistazien & grünen Paradeisern 5 In der Schale gebackene Schwarzwurzeln mit eingelegter Zitronat-Zitrone 6 Wildhasen-Schmorsaft 7 Mit Pistazienöl marinierte Endivie 2
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Rezept
asenleber-Pfeffer mit Zitrusaromen H Butternockerl 1 0 In Balsamessig eingelegte rote Datteln Wein 2009 Ribeira Sacra „Carraval“, Algueira/Ribeira Sacra 9
BROWN EGG-CHILI:
Dieser eiförmige, mittelscharfe, saftige sowie fruchtintensive Chili eignet sich sehr gut zum Füllen und Einlegen. Von Erich Stekovics/Frauenkirchen
BUTTERNOCKERL Z U TAT E N
ZUBEREITUNG
- 55 g Mie de pain (Weißbrotbrösel) - 50 g Mehl (griffig) - 100 g Butter (wachsweich) - 2 Dotter - 2 Eiweiß (Schnee) - Prise Salz
Die wachsweiche Butter verrühren (nicht aufschlagen!) und nach und nach die Dotter einrühren. Mehl und Mie de pain zufügen, salzen und glatt rühren. Vorsichtig den Schnee unterheben und anschließend wieder glatt rühren, bis die Masse kompakt ist. Mit zwei Kaffeelöffeln Nockerl drehen und diese dann für 40 Minuten kalt stellen. Die Butternockerl anschließend 5 Minuten in Salzwasser kochen und danach 20 Minuten bei geringer Hitze im Backrohr, mit Backpapier bedeckt, ziehen lassen.
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SPEISEN-FOLGE
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HIMBEEREN MIT DUF TROSEN, F E I G E N B L AT T & S E S A M 1
it Rosenessig marinierte Himbeeren M Gestockte Sesammilch 3 Feigenblatt-Schnee 4 In Apfelessig eingelegte Duftrosen 5 Weinviertler Wasserblatt 6 Gebackene Himbeeren mit Sesam & Rosen-Zucker Getränk NV Himbeersaft, Terra Mater 2
Rezept
F E I G E N B L ÄT T E R :
Die Feige gehört zur Familie der Maulbeergewächse und bringt je nach Sorte jedes Jahr bis zu drei Frucht-Generationen hervor. Die Blätter besitzen einen sehr aromatischen Feigenschalen-Geschmack mit einem zart herben, leicht astringierenden Mundgefühl. Unsere Blätter stammen vom Wiener Bio Feigenhof/Simmering
ROSEN-ZUCKER Z U TAT E N
ZUBEREITUNG
Von den Duftrosen die Blütenblätter abzupfen und säubern. Tipp: In Sorten und Farben trennen. - 10 % Duftrosen-Blüten (gesäubert) - 90 % Kristallzucker
Gemeinsam im Thermomix kurz mixen. Tipp: Keine allzu großen Mengen auf einmal mixen. In kleine Becher abfüllen und bis zur weiteren Verarbeitung einfrieren.
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SPEISEN-FOLGE
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MILCH & HEU MIT RHABARBER 1
Rezept
eu-Crème aus getrockneten und frischen Berggräsern (Feld–Thymian, Echter H Kümmel, Schafgarbe, Glatthafer, Gundermann, Wiesenknopf, Rauer Löwenzahn, Rot-Klee, Spitzwegerich, Sumpfblatt-Ampfer, Wiesen-Hornklee, Wilde Karotte) 2 Knuspriges Heu 3 Heumilch-Eis 4 Bergkräutersirup mit Kornblumen 5 Rhabarber-Molke-Kompott mit gedörrten roten Trauben Wein 2011 Riesling „Altenberg“ Auslese, Von Othegraven/Kanzem an der Saar HEU–ROHMILCH:
Durch das Aroma der bis zu 50 Gräser und Kräuter enthält diese Milch viele wertvolle Inhaltsstoffe sowie doppelt so viel Omega-3-Fettsäuren und konjugierte Linolsäuren wie herkömmliche Milch. Gemolken rund um den Pogusch wird diese unpasteurisierte und unbehandelte Milch in der Steirereck-Küche verarbeitet.
HEUMILCH-EIS Z U TAT E N
ZUBEREITUNG
- 600 g Heumilch (Pogusch) - 160 g Obers - 96 g Kristallzucker - 32 g Maizena
Zucker und Maizena in die Milch-Obers-Mischung einrühren und unter ständigem Rühren langsam zum Kochen bringen.
- 40 g Crème fraîche (hausgemacht)
Die Crème fraîche in die überkühlte Milchmasse einrühren. In Pacojet Becher füllen und einfrieren.
5 Minuten bei kleiner Flamme köcheln lassen, beiseitestellen und überkühlen lassen.
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TEST-SIEGER
JETZT SCHLÄGT’S 14 01–02 René Antrag hat sich durchgekostet und zieht Bilanz. Das tut er mit sehr großer Zufriedenheit.
TEXT: ACHIM SCHNEYDER, FOTOS: PHILIPP HORAK
Österreichs Wein-Jahrgang 2014 genießt keinen großartigen Ruf. Zu Unrecht, meint Steirereck-Sommelier René Antrag und schenkt stellvertretend für mehrere Rotweine seine glorreichen Sieben ein.
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TEST-SIEGER
03-04
Eines kann man René Antrag nicht absprechen: den guten Riecher auch für die schwierigen Jahrgänge.
„Perfekte Trinkweine, hoher Spaßfaktor und niedriger Alkohol.“
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Kühl und regnerisch war’s in Österreich im Mit den 2014er Roten verhält es sich nun so, dass Weinjahr 2014. Ein schlechter Jahrgang also? Mit- viele Weine einen sehr dezenten Alkoholgehalt hanichten! „Bestenfalls ein schwieriger. Schwierig für ben. Das heißt aber nicht, dass sie deshalb weniger die Winzer“, befindet René Antrag und postiert die Qualität, Länge und Komplexität hätten, urteilt René. auserwählten Rotweinflaschen auf einem Beistell- „Auch bin ich persönlich dankbar für feingliedrige tisch, ehe er die glorreichen Sieben für den Fotogra- Rotweine, die Finesse und Vitalität ausstrahlen. fen ein zweites Mal verkostet, nachdem er zwecks Das sind erstklassige Speisenbegleiter und perfekte Sichtung und Vorbereitung bereits großflächig vor- Trinkweine mit hohem Spaßfaktor und niedrigem gekostet hat. Zum Teil bei den Winzern persönlich. Alkohol. Natürlich kann man sie auch länger liegen Und während René die Flaschen nun öffnet, plau- lassen, aber wer sagt, dass man das auch muss? Wir dert er aus dem Nähkästchen. Diese Redewendung lieben leichte, frische und knackige Weißweine, wastammt übrigens, das aber nur nebenbei, aus dem rum nicht auch solche Rote? Ein Blaufränkisch darf Roman „Effie Briest“ von Theodor Fontane (1819– durchaus einmal nur zwölf Prozent Alkohol haben, 1898), der seinerseits ein besonders großer Wein- ohne dass es ihm an Ausgewogenheit und Dichte liebhaber war und das Weintrinken einmal wie folgt fehlt.“ Gar nur elf Prozent hat nun der erste der für „rechtfertigte“: „Man muss etwas trinken, was einen diese Geschichte ausgewählten sieben Österreicher, erfrischt und nicht so verschlappert wie Wasser und die wahrlich große Freude machen… Brausepulver…“ Aber zurück zum Thema. „2014 war vom Wetter und den Temperaturen her ein ähnliches Jahr wie 2010 – und aus 2010 haben die Winzer gelernt“, sagt René. „Jene Winzer, die nicht nach Schema F vorgehen, die mit Wetterextremen umzugehen wissen und Lösungen finden, werden auch in so schwierigen Jahren qualitativ hochwertige Weine zustande bringen.“ Gerade in feuchten Jahrgängen müsse man demnach im Weingarten noch mehr auf die Begrünung achten. „Nur so kann man der Wassermassen Herr werden. Weingärten ohne Begrünung verwandeln sich bisweilen in regelrechte Seen.“ Nicht minder von Bedeutung wären die extreme Selektionierung und Aussortierung. „Auch wenn das äußerst arbeitsintensiv ist und für weniger Ertrag sorgt, aber das Endprodukt ist qualitativ umso hochwertiger.“ Bei der Bewertung der Weine läuft aus Sicht des Experten ohnehin so manches nicht ganz richtig. „Wir sollten aufhören, die extrem heißen und extrem trockenen Jahrgänge derart hochzujubeln. Denn gerade die für Winzer so perfekten und vermeintlich einfachen Jahrgänge fördern mitunter auch sehr unbalancierte und mit übermäßig viel Alkohol ausgestattete Weine zutage.“ Von der Fachjournaille werden diese Tropfen gerne als extrem kraftvoll und stoffig bezeichnet und entsprechend hochgepriesen. „Das hat natürlich sehr oft seine absolute Berechtigung, aber manchmal wäre weniger mehr, wenn Weine aus heißeren Jahrgängen auch die nötige Frische und Balance hätten.“
05-06 Ein Blaufränkisch mit nur zwölf Prozent Alkohol? Warum nicht? Das heißt nicht, dass es ihm an Dichte fehlt.
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TEST-SIEGER
B L AU F R Ä N K I S C H „TO C H T E R “ 201 4,
PINOT NOIR „HO CHEGG“ 2014,
ANDRE A S NIT TNAUS, GOL S
K A R L S C H N A B E L , G L E I N STÄT T E N
Ein Wein aus dem ersten Jahrgang von Hans Nittnaus’ Sohn Andreas von einer Lage am Leithaberg direkt am Tannenberg. Und gleich einer mit dem perfekten Rhythmus, um eine Anleihe an Andreas’ zweiter großer Liebe, dem Schlagzeugspielen zu nehmen. Nur elf Prozent Alkohol, sehr puristisch, sehr strukturierte Säure, reich an Grapefruit- und Sauerkirscharomen, eindrucksvolle Länge und salziger Abgang. Wenn dieser Wein ein Versprechen für die Zukunft ist, dürfen wir uns noch auf einiges gefasst machen. MUS CHELK ALK ROT 2014,
Warum ein steirischer Winzer aus dem Sausal hauptsächlich Rotweine produziert, ist zumindest in diesem Fall rasch erklärt: „Weil ich lieber Rotwein trinke“, sagt Karl Schnabel, der Denker und Tüftler und hin und wieder – positiv gemeint – recht sture Kerl. Mit dem Hochegg 2014 ist ihm wieder einmal ein ziemlich großer Wurf gelungen. Gereift in kleinen Burgunder-Eichenfässern und gänzlich ohne Schwefel, begeistert dieser Pinot Noir mit ebenfalls nur zwölf Prozent durch sein ungemein harmonisches Frucht-Tannin-Spiel und einen Hauch von Salzigkeit.
KLOSTER AM SPITZ, T H O M A S S C H WA R Z , P U R B AC H
100 Prozent Blaufränkisch und wie schon im ähnlich schwierigen Jahr 2010 eine Cuvée aus den Toplagen Eisner und Rohrwolf. Auf Einzellagen musste Thomas Schwarz abermals wegen zu geringer Mengen verzichten. Was aber kein Schaden ist, ganz im Gegenteil. Ein ungemein eleganter Wein, sehr stoffig mit animierendem Tannin, fleischiger Würze und sehr lebendigem Säurebogen. Und einmal mehr ein Wein, der Thomas’ Philosophie entspricht: eher unangepasst und kein Kraftpaket oder Schmeichler, also einer, der sich durch klare, frische Frucht und ungeschminkte Mineralität auszeichnet. PINOT NOIR 2014, CL AUS PREISINGER, GOL S
Wie so viele ein wahres Meisterstück des so herrlich eigenwilligen Querdenkers aus dem Burgenland. Der Winzer selbst verliert nicht allzu viele Worte über dieses Produkt, sondern nennt es schlicht „geil“. Und dem ist im Grunde nichts hinzuzufügen. Außer vielleicht, dass dieser in offenen Bottichen und Holzgärständern spontanvergorene Pinot mit zwölf Prozent Alkohol im September 2014 handgelesen wurde, im Holzfass reifte und unfiltriert in die Flasche kam. Für die vielschichtige Aromenausprägung sorgt die Herkunft: Er kommt aus den Weingärten auf der flachen Parndorfer Platte, wo es etwas kühler als in den Hängen ist.
„Wir lieben die leichten, frischen und knackigen Weißweine. Warum lieben wir nicht auch solche Rote…?“
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Der Sommelier nach getaner Arbeit. Die ist freilich nicht ganz so hart, wie dieser Schnappschuss vermuten lässt...
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TEST-SIEGER
B L AU E R P O RT U G I E S E R „ E T S D O R F “ 201 4, M AT T H I A S WA R N U N G, E T S D O R F A M K A M P
Blauer Portugieser – eine Rebsorte, der weniger Aufmerksamkeit zuteilwird, als sie eigentlich verdient. Dieser Portugieser ist dafür ein perfektes Beispiel, denn es handelt sich um einen mit Spannung geladenen Wein. Lebendig, doch ohne einen anzuspringen, ein Spaßmacher im Glas, knackig, rotbeerig, floral, sehr straff und vibrierend im Abgang und – vor allem in gut gekühltem Zustand – ein wunderbarer Begleiter zu Fischgerichten. Matthias Warnung arbeitet am Image des Blauen Portugiesers und möge er das noch möglichst lange auf diesem Niveau tun. B L AU F R Ä N K I S C H „ A LT E R E B E N “ 201 4, WAC H T E R-W I E S L E R , DEUTSCH SCHÜTZEN
Christoph Wachter scheint kein Problem zu haben mit den Fußstapfen seines Vaters Franz, denn in Sachen Qualität hat sich seit 2010, seit der Junior die komplette Verantwortung übernommen hat, nichts geändert. Christoph ist inzwischen eine feste Größe in der Blaufränkisch-Welt und sein „Alte Reben“, früher „Steinweg“, wächst auf bis zu 80 Jahre alten Rebstöcken auf kargem Grünschiefer mit einer teilweise dickeren Lehmschicht, die typisch ist für den Eisenberg. Auch der „Alte Reben“ 2014 steht für Christophs authentischen Stil – ein Wein voller Eleganz, Feingliedrigkeit und Würze, Saftigkeit und Pikanz. Ein Wein mit enormem Potenzial. HIMMEL AUF ERDEN ROT 2014, CHRISTIAN TSCHIDA, ILLMITZ
Der Name kommt nicht von ungefähr. „Geborgt“ hat ihn Christian Tschida vom Künstler Alfred Hrdlicka, in dessen gleichnamiger Radierung aus dem Zyklus „Schubert“ sich Frauen an Wein ergötzen und Engerl Schabernack treiben. Das Etikett zeigt einen Ausschnitt aus dem Werk. Und für genau die darin dargestellten Sinnesfreuden steht auch diese Cuvée aus Cabernet Franc und Zweigelt. Strahlend und verspielt, vital und animierend, leichtfüßig und nicht vom Alkohol getragen. Ein Tageswein der absolut gehobenen Klasse. Auch trotz des Jahrgangs. Oder gerade wegen…
Zusammenfassend lässt sich bei all diesen Weinen, die stellvertretend für einige andere mehr stehen, eines sagen: Sie werden uns noch sehr, sehr viel Freude machen, wenn wir sie in unseren Kellern liegen lassen. Wenn wir sie liegen lassen. Und wenn nicht, dann machen sie uns die Freude eben schon jetzt…
„Es gibt keine schlechten Jahrgänge. Es gibt nur schwierige. Aber die guten Winzer wissen damit umzugehen.“
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SÜSS & SAUER
Wovon & wie viel
S. 112
VO L L E N D E T. V E R E D E LT.
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Pudding, Kipferl, Eis… – es gibt einiges, was man mit Vanille assoziiert. Aber ausgerechnet Orchideen? Wohl eher selten. Jedoch: Die Vanille, so steht’s geschrieben, ist ein Gewürz, das aus den fermentierten Kapselfrüchten verschiedener Arten der Orchideengattung Vanilla gewonnen wird. Der Name der „Königin der Gewürze“, wie sie auch gerne genannt wird, leitet sich übrigens aus dem spanischen Vainilla ab, zu Deutsch kleine Hülse. Und was man mit dieser kleinen Hülse anstellen kann, verraten die kommenden Seiten.
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WUNDER-WÜRZE
V O L L E N D E T. V E R E D E LT. 5-MAL F R E U D E A N VA N I L L E FOTOS: PHILIPP HORAK
Ob knusprig oder cremig, ob salzig oder süß. Doch eines immer wieder: wunderbar vanillig. Eine kleine Schote nur, und doch vermag sie Gerichte zu krönen, gilt sie doch als die Königin unter den Gewürzen. Ob Milchreis, Mais-Crème oder eingelegte Eierschwammerl, wo sie ihre Finger im Spiel hat, wird Gutes gerne besser. Genuss einfach so, und außerdem so einfach. Fünf Beispiele.
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VA N I L L E - Z U C K E R ZUTATEN
ZUBEREITUNG
- 4 Vanilleschoten Bourbon (ausgekratzt)
Die ausgekratzten Vanilleschoten in 1-2 cm große Stücke schneiden.
- 250 g Kristallzucker
Mit dem Kristallzucker im Thermomix für ca. 1 Minute mixen, bis Zucker und Schoten eine feine Konsistenz aufweisen. Anschließend durch ein feines Sieb passieren und in Würfel pressen. Luftdicht, trocken und dunkel bis zum Gebrauch lagern.
VA N I L L E - S A L Z ZUTATEN
ZUBEREITUNG
TIPP
Die halbierten, ausgekratzten Schoten für den VanilleZucker beiseitestellen.
- 4 Vanilleschoten Bourbon
Die Schoten der Länge nach halbieren und das Mark auskratzen. Ergibt ca. 4,5 g reines Vanillemark.
- 120 g Murray River Salzflocken
Im Mörser das Mark mit einem kleinen Teil des Salzes fein mörsern und anschließend das restliche Salz zufügen. Nur mehr kurz zerstoßen, damit die Salzstruktur nicht zu fein wird.
TIPP
Eignet sich besonders gut zum Würzen von rohem Fisch, Kürbis, Rüben, Schwarzwurzeln.
Bis zum Gebrauch luftdicht, trocken und dunkel lagern.
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WUNDER-WÜRZE
MAIS-CRÈME M I T VA N I L L E
ZUTATEN
ZUBEREITUNG
- 4 Maiskolben
Die Kolben entblättern und die Maiskörner mithilfe eines Sägemessers vom Kolben schneiden.
- 1 Bananen-Schalotte
In einer flachen Kasserolle die Schalotten-Würfel in der Butter glasig anschwitzen. Thymian und Maiskörner zufügen und weitere 5 Minuten anschwitzen.
(fein würfelig geschnitten)
- 2 EL Butter - 1 Zweig Zitronenthymian - 200 ml Geflügelfond - 1 Vanilleschote Bourbon (ausgekratzt)
- 250 ml Obers - Wacholder (fein gemörsert)
- Karpatensalz
Mit dem Geflügelfond aufgießen, leicht salzen, Vanillemark und –schote zufügen und ca. 10 Minuten weichkochen lassen. Die Flüssigkeit sollte jetzt fast vollständig verkocht sein. Obers und eine Prise Wacholder zufügen und einmal aufkochen lassen. Vom Feuer ziehen und zugedeckt 15 Minuten stehen lassen. Vanilleschote entfernen und das Maisgemüse anschließend im Thermomix fein pürieren, durch ein feines Sieb passieren und mit dem Karpatensalz abschmecken.
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MILCHREIS (KNUSPRIG) ZUTATEN
- 350 g Kondensmilch - 100 g Butter - 2 g Zimt (gemahlen) - 1/2 Vanilleschote - 40 g Kristallzucker - 150 g Rice Krispies
ZUBEREITUNG
Alle Zutaten (ausgenommen Rice Krispies) aufkochen und unter ständigem Rühren einkochen, bis eine hellbraune, karamellartige Konsistenz entsteht (115 °C).
TIPP
Bei ungesüßter Kondensmilch 150 g Kristallzucker zugeben.
Zügig unterheben und sofort auf ein Backpapier gießen. Mit einem zweiten Blatt Backpapier abdecken und vorsichtig ca. 15 mm dick ausrollen. Auskühlen lassen, in luftdichte Behälter schlichten und trocken lagern.
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WUNDER-WÜRZE
E I E R S C H WA M M E R L ( E I N G E L E G T ) M I T VA N I L L E
ZUTATEN
- 750 ml Portwein weiß - 30 g Bitterorangen Blütenzucker - 1 Vanilleschote Bourbon (ausgekratzt)
ZUBEREITUNG
Einlegefond: Den Portwein auf 350 ml einkochen und anschließend die restlichen Zutaten zufügen und einmal aufkochen lassen.
- 175 ml Reisessig (Mizkan) - 100 Stk. kleine Eierschwammerl (1-2 cm groß)
Die Eierschwammerl perfekt säubern, dabei aber kein Wasser verwenden. Anschließend im Einlegefond einmal ganz kurz aufkochen lassen, in Einkochgläser abfüllen und sofort in Eiswasser TIPP abschrecken. Durch das kurze Erhitzen und das rasche Abschrecken behalten die Schwammerl noch einen leichten Biss. Gekühlt ca. 4 Wochen haltbar.
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Wohin & zurück
S. 118
KUBAS LEGENDE AM SPIESS
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FERNREISE & ZEITREISE
Auf der Karibikinsel Kuba gibt es ein Sprichwort, das wie folgt lautet: Für das Lügen und Fischessen ist viel Vorsicht vonnöten. Worauf sich Teil zwei dieses Zitates bezieht, auf potenziellen Grätenreichtum etwa, ist nicht bekannt. Bekannt ist vielmehr, dass auf Kuba ohnehin hauptsächlich Fleisch gegessen wird. Vor allem Schwein. Legendär ist dabei das Lechon Asado, wobei allein schon Vorbereitung und Zubereitung auf einer Finca einem festlichen Ritual gleichen. Glücklich kann sich schätzen, wer das miterleben darf.
4 S. 126
S. 128
BEKENNTNISSE EINES TUBENZUZLERS
ANDERSWO RESERVIERT
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FEST-ESSEN
KUBAS LEGENDE AM SPIESS
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Wenn auf Kuba Fleisch serviert wird, stammt es meist vom Schwein. Doch das legendäre Lechon Asado ist für Kubaner ein Festessen jenseits jeder Alltäglichkeit. Und das ist es auch für jeden Besucher, der das Glück hat, das Ritual der Zubereitung über offenem Feuer als Gast zu erleben. TEXT UND FOTOS: MIRCO TALIERCIO
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FEST-ESSEN
Luis und Genisel haben immer ein Auge auf das Ohr. Aus gutem Grund, denn für die beiden Experten in Sachen Schwein ist das Ohr der Gradmesser für die richtige Temperatur beim Grillen. „Du musst immer auf die Ohren achten“, kommentiert auch der dabeistehende Jorge die augenscheinlich sorgfältige Zubereitung des Tiers. „Wenn es richtig gemacht wird, dann blasen sie sich auf, aber sie platzen nicht. Ihr habt großes Glück, denn in keinem Restaurant Havannas wird ein Schwein so behutsam gegrillt, wie es die beiden hier machen.“ Er muss es wissen. Denn Jorge Luis Méndez Rodríguez-Arencibia ist Autor eines gewichtigen Standardwerks zur kubanischen Küche mit dem schönen Titel „Hablando con
Respekt vor dem Tier – das macht einen guten Schlachter aus.
la boca llena“, was so viel wie „Mit vollem Mund reden“ heißt. Und damit ist er der richtige Gesprächspartner in allen Fragen der Landesküche und ihrer Besonderheiten. Zu besagten Besonderheiten der kubanischen Kulinarik zählt der Spitzenrang des Schweins auf der Skala der einheimischen Lieblingsspeisen, während etwa Fisch als Nahrungsmittel bei den Kubanern aus unerfindlichen Gründen auf vergleichsweise wenig Gegenliebe stößt. Zu verdanken ist diese tierische Karriere zunächst einmal Christoph Kolumbus, der das kreolische Schwein vor fünf Jahrhunderten aus Spanien auf die Karibikinsel gebracht hatte, wo es
Schwein, und nicht Fisch, steht ganz oben auf dem Speisezettel der Kubaner.
sich offensichtlich bis heute prächschen zahlreichen Märkten für vietig entwickelte. So wurden 2013 le Kubaner kaum erschwinglich auf Kuba 16,7 Millionen Schweine sind, ist das Grillen eines ganzen gezählt, die sich zu 65 Prozent in Schweins in großer Runde ein keineswegs alltägliches Ereignis, das Privatbesitz befinden. Eine Grö 01-03 ßenordnung mit verblüffenden NeStressfreie Schlachtung: denn auch von langer Hand gebenwirkungen: Zur Entsorgung plant und in aller Ausführlichkeit Mit Luis und Genisel sind bei der des anfallenden Schweinedungs begangen wird. Von langer Hand sachgerechten Zurichtung des treibt Kuba schon seit Anfang der schon deshalb, weil dieses BorstenBorstenviehs für das große Festmahl auf 1980er-Jahre die Installation von vieh abseits der Gepflogenheiten eiallen Etappen Könner am Werk. häuslichen Biogasanlagen voran – ner hochtechnisierten Turbo-Viehfür das Land hochgerechnet ein jährliches Potenzial zucht in aller Ruhe im Garten von Eduardo aufgewachvon 700 umweltfreundlichen Gigawattstunden und sen ist, etwa 40 Kilometer außerhalb von Havanna, bereits heute Energielieferant in vielen kubanischen mitten auf dem Land. Dort hat man ihm gegeben, was Küchen. Womit wir wieder bei der kulinarischen es in Kuba im Überfluss gibt: Zeit. Und dazu ein FutBestimmung der Schweine angelangt wären. ter, wie es einfacher und wohl auch natürlicher kaum denkbar ist: Neben Essensresten der elfköpfigen FaIn einem Land, in dem der Staat seine Bürger milie Eduardos bekam es reichlich von den Früchten noch per Bezugskarte mit dem Nötigsten an Nah- der kubanischen Königspalme zu fressen. „Muy facil – rungsmitteln versorgt und die Preise auf den inzwi- eben ganz einfach“, meint Eduardo. „Ein Schwein
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04-05
Traditionelle Vorliebe: Das ganze Schwein steht Kubas Köchen meist näher als selbst der prächtigste Fisch.
muss natürlich ernährt werden, braucht Bewegung und soll stressfrei leben. Und sterben.“ Letzteres ist die erste Aufgabe von Luis und Genisel, zweier befreundeter Campesinos aus dem Osten Kubas. Sie verdienen sich ihren Lebensunterhalt als reisende Hausschlachter in Sachen Schwein, die – falls wie diesmal gewünscht – auch für das sachgerechte Zubereiten des guten Stücks auf dem Grill zur Verfügung stehen. Für zwei Künstlerinnen aus Europa, eigens zum anstehenden Festessen geladene Gäste von Eduardo und seiner Familie, sind Hausschlachtungen seit Kindertagen ein gewohnter Anblick. Choreographin Monica, eine Metzgerstochter aus Spanien, und Musikerin Erika, eine Metzgerstochter aus der Schweiz, können der natürlich nicht unblutigen Arbeit der beiden Kubaner dann auch
nur professionelle Anerkennung zollen: Die fast beiläufige Annäherung an das Tier, der so schnelle wie punktgenaue Messerstich ins Herz, ein kurzes Aufbäumen – stress- und angstfreier ist das Ableben kaum zu bewerkstelligen. „Respektvoll“ nennt es Erika. Und das macht einen guten Schlachter wohl aus – Respekt vor dem Tier. Einige Stunden vor dem Aufbruch zur nahegelegenen Finca El Pinon, wo das eigentliche Grillfest stattfindet, hat Eduardo das inzwischen ausgeweidete und von den Borsten befreite Tier noch innen mit einer Marinade aus Öl, Knoblauch, Zwiebeln, Oregano und Limettensaft eingerieben und sodann voll Besitzerstolz verkündet: „Wenn das Schwein nun noch mit der richtigen Temperatur gegrillt wird, ist es das Beste, was Kuba kulinarisch zu bieten hat.“
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06-07
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FEST-ESSEN
Verteilte Rollen: Während Luis in der rund siebenstündigen Garzeit geduldig das Schwein über der Glut wendet, bereiten die versammelten Frauen der Familien die bis auf den Reis im Garten der Finca gezogenen Beilagen zu.
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Offene Türen: Rafael und seine Frau Bianca (links im Bild) sind die Gastgeber auf ihrer Finca.
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„Wenn das Schwein mit der richtigen Temperatur gegrillt wird,
09-12
FEST-ESSEN
ist das das Beste, was Kubas Küche zu bieten hat.“ Eduardo Rodriguez
Finale Zubereitung: Vom improvisierten Grillplatz wandert der umfängliche Braten zur sorgfältigen Zerteilung des perfekt gegarten Fleisches und schließlich samt Beilagen wie Arroz congri auf die randvollen Teller.
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Ein Versprechen, dessen Einlösung er nun wohlweislich anderen überlässt. Denn diese Arbeit beginnt schon beim Aufbau des Grills – eine Demonstration der hohen Kunst der Improvisation mit einfachsten Mitteln: Eine Grube für die Holzkohle, etwas Wellblech an den Seiten zur Zentrierung der Hitze, eine Holzstange, auf die das Schwein genagelt wird und ein über einen Ast geworfenes Seil zur Abstandregulierung – fertig ist der Grill. Die Holzkohle wird noch so verteilt, dass sich unter dem Kopf und unter dem Hinterteil des Schweins jeweils etwas mehr Glut bildet. Und nun ist es an Luis und Genisel, das gewichtige Grillgut für die nächsten sieben Stunden mit Gefühl und Geduld perfekt zu garen.
bekannt – gekocht. Und die säuberlich geviertelten Guayaba-Früchte liefern obendrein mit ihren Blättern, die kurz vor Ende der Garzeit in das Feuer gegeben werden, noch einen würzigen Beitrag zum Geschmack des Schweins. Bis auf den Reis kommen alle Zutaten aus dem Garten der Finca.
Doch was sind sieben Stunden, wenn die inzwischen angewachsene Gästeschar sie zum Feiern nutzen kann, als stünde eine Hochzeit oder eine „Quinze“ – die traditionelle Feier zum 15. Geburtstag einer Tochter – an. Es wird getrunken und geraucht, gesungen und getanzt, sogar spontan gedichtet – vornehmlich zu Ehren von Rafael, dem Besitzer der Finca. Währenddessen sind Lixaida und Bianca, die Ehefrauen von Eduardo und Rafael, samt weiblicher Verwandtschaft mit der Vorbereitung der Beilagen zum garenden Schwein beschäftigt: Über offenem Feuer wird Arroz congri zubereitet, ein in Kuba sehr beliebtes Gericht aus Reis und Bohnen, werden Kochbananen frittiert und wird Yuka – gemeinhin als Maniok
13-15 Kulinarischer Höhepunkt: Für die ausdauernd feiernde Runde wird das lange Warten mit Schweinereien belohnt, die auch für anspruchsvolle Gaumen ein einzigartiger Genuss sind.
Nach reichlich Rum und Zigarren, Gesang und Tanz, folgt schließlich der kulinarische Höhepunkt: Das in der Tat perfekt gegarte Schwein wird sorgsam zerteilt und unter dem Dach des rundum offenen Finca-Gebäudes aufgetischt. Und ja, es ist wahr: Der Gast aus Europa bekennt, dass er noch nie Vergleichbares vom Schwein gekostet hat und ist überzeugt, dass auch ausgewiesene Feinschmecker zu genusssüchtigen Liebhabern einfacher Schweinereien mutieren, wenn sie das hier erleben dürfen. Der Gast aus Europa kann
zudem aus eigenem Augenschein bezeugen, das Camilo Guevara, Sohn der kubanischen Revolutionslegende Che, im Jahr 1999 während einer Vortragsreise im Münchner Hofbräuhaus mit sichtbarem Genuss eine Schweinshaxe verzehrte. Aber vielleicht spielte da ja auch Heimweh eine geschmacksverstärkende Rolle.
Geschmackliche Glücksmomente wie beim Verzehr eines traditionell zubereiteten Lechon Asado als Gast in kubanischer Freundesrunde sind eben nicht so einfach zu haben. „Obama hatte nicht so viel Glück wie ihr“, merkt Jorge an. Denn nach Informationen des Insiders der kubanischen Küchenwelt wurde dem US-Präsidenten bei seinem aufsehenerregenden Havanna-Besuch 2016 importiertes Rindfleisch aus Kanada vorgesetzt.
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TISCH-GESPRÄCH
A N D R E A S V I TA S E K S GESCHMACKSERINNERUNGEN, AUFGEZEICHNET VON ACHIM SCHNEYDER
BEKENNTNISSE EINES TUBENZUZLERS FOTO: PHILIPP HORAK
Ich bin 60 Jahre alt. Und blicke auf ein durchaus parallel zum Billardspielen in mich hineingestopft bewegtes Leben zurück. Auch kulinarisch bewegt. habe. Am Abend haben mein Vater und ich dann hin Begonnen hat es mit Muttermilch. Das ist ja, werden und wieder versucht, Schweinskoteletts abzubraten Sie sagen, nichts Ungewöhnliches, doch ist es in mei- oder Nudeln zu kochen. Das war die Zeit des Expenem Fall insofern sehr wohl erwähnenswert, als ich rimentierens. zu früh abgestillt wurde. Und das wiederum hatte zur Folge, dass ich später zum Tubenzuzler wurde. Da gab’s zum Beispiel diese Nudeln von einer In Anflügen oraler Unbefriedigtheit stand ich also Firma, die ungefähr so geheißen hat wie der Druide vor dem offenen Kühlschrank und zuzelte Tuben aus. Miraculix aus Asterix und die ganz grauslich waren. Und wenn ich bei der Hälfte so einer achtzigprozenti- Alles in einem Packl. Grausliche Nudeln, grausligen Mayonnaisetube gemerkt hab, dass mir eigentlich che Paradeissauce grauslicher Parmesan und wahrschon schlecht ist, hat mich das auch nicht am Weiter- scheinlich ebenfalls grauslicher Oregano zum Drüberzuzeln gehindert. Als mich meine Frau schließlich streuen. Echt widerlich, aber es waren meine ersten mit einem Mayonnaisetubeneinkaufsverbot belegt Spaghetti, insofern waren sie herrlich. Dosenravioli von Inzersdorfer waren auch ein Klassiker. Oder die hat, bin ich kurzfristig auf Senf umgestiegen. g’füllten Paradeiser. Überhaupt bin ich ein begnadeter Vor-dem-KühlParallel dazu kamen Mitte der 1970er noch die schrank-im-Stehen-Esser. Aufmachen, reinschauen, was drinnen ist, irgendwas rausnehmen und nicht Spätauswirkungen der 1968er. Weniger politisch jetzt, mehr aufhören können. Eingelegter Hering in Senf- als vielmehr philosophisch. Müsli ist aufgekommen. sauce ist beispielsweise etwas Herrliches. Und wenn Müsli war etwas Revolutionäres. Und Reis wurde der aufgegessen ist, gleich das nächste Glasl. Egal was, auch viel gegessen, aus Solidarität mit dem VietKapern zum Beispiel. Und der Kühlschrank bleibt cong. Und dann Vollkornnudeln. Auch eine Revoluwährend des Essens die ganze Zeit offen. tion. Aber grauenhaft. Vollkornspaghetti mit Paradeissauce. Aber ich hab sie gegessen. Das waren die Als Kind war ich ein sehr pedantischer Esser. Irrwege meiner kulinarischen Laufbahn, und denDas hatte zur Folge, dass mich meine Eltern im Gast- noch hab ich irgendwann beschlossen, Vegetarier zu haus gerne an den Nebentisch verbannt haben, weil werden. Da war ich ungefähr 22 und bin wenig späsie mir wegen meiner Flachsen- und Fett-Phobie ter an die Theaterschule Jacques Lecoq nach Paris. nicht zuschauen konnten. Oder wollten. Wurde das Allerdings war ich da kein Vegetarier mehr, sondern Schnitzel serviert, hab ich zuerst feinsäuberlich die überhaupt schon Makrobiot. Dass es in Paris zwei Panier runtergekratzt und das Fleisch genauestens makrobiotische Restaurants gegeben hat, hat mich seziert. Und erst, wenn ich sicher war, dass da kein natürlich sehr glücklich gemacht, und Eiweiß hab Fuzel Fett und keine Flachse war, hab ich’s gegessen. ich in erster Linie mittels sehr viel Sesam zu mir geDa war’s dann meist schon kalt… Später dann kam die nommen. Weil die Arbeit an der Schule aber extrem Schnösel-Phase, als ich prinzipiell nur noch Forelle anstrengend war, hat sich dann irgendwann doch blau bestellte, und als ich 15 war und meine Eltern wieder der Hunger auf Fleisch eingeschlichen, den sich scheiden ließen, begann die Selbstfindung. Ich ich erst mit Spaghetti Bolognese gestillt habe, dann lebte beim Vater, der konnte allerdings nicht kochen, hin und wieder mit einem Salamibrot, ehe ich gegen also bekam ich Geld fürs Mittagessen. Das investierte Ende der Schulzeit wieder Pfeffersteak gegessen hab. ich gerne in Schinkenrollen im Café Wortner, die ich Und das nahezu täglich.
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A N D R E A S V I T A S E K , Jahrgang 1956, zählt unter Österreichs Kabarettisten zur allerersten Garnitur. Derzeit steht er mit „Sekundenschlaf “ und einem Otto-Grünmandl-Programm auf der Bühne.
Dass ich eines Tages begonnen habe, Tennis zu Das mit dem Tennis spielte sich wiederum folspielen, hat übrigens ebenfalls mit Essen zu tun. Und gendermaßen ab. Manager Georg Hoanzl hatte den mit einem Theaterstück, wegen dem mein Bühnen- Auftrag, eine Tournee für Camillo und mich zu orgapartner und ich auch einen kulinarischen Städteflug nisieren, die uns nur in Städte führte, in denen es gebucht haben. Haubenlokale gab, in denen wir nach der Vorstellung noch etwas zu essen bekamen. Das tägliche Essen am Das mit dem Flug kam so: Mitte der 1980er spielte späten Abend und die meist ziemlich rauen und auch ich gemeinsam mit Camillo Schmidt das Zwei-Perso- nicht mit wenig Alkohol hinuntergespülten Mengen nen-Stück „Der Büchsenöffner“. Eine Komödie. Und hatten allerdings zur Folge, dass wir binnen kürzester wir beschlossen, dass wir uns, wenn wir in einem ge- Zeit ziemlich blad wurden. Also hat mir Camillo, der wissen Zeitraum eine gewisse Anzahl an Zuschauern das sehr gut konnte, Tennisspielen beigebracht. Wir ins Theater lockten, mit einem Flug nach Paris und sind also jeden Nachmittag mindestens zwei Stunden zwei Flaschen Château Mouton Rothschild belohnen auf dem Platz gestanden, damit wir nicht noch fetter würden. Und so war’s dann. In Paris angekommen, wurden. Das wäre nämlich insofern kontraproduktiv haben wir uns ein billiges Hotel gesucht, die zwei Fla- gewesen, als es im Büchsenöffner darum geht, dass schen gekauft, auf dem Markt dann noch ein bisserl zwei Leute in einem Bunker sitzen und zu verhunGänseleber und Brot, und in der Nacht sind wir in un- gern drohen… serem Hotelzimmer gesessen, haben Gänseleber und Mahlzeit. Brot gegessen und Château Mouton Rothschild getrunken. Und zwar aus Zahnputzbechern aus Plastik.
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S MAGA ZIN
R E STA U R A N T - T I P P S
ANDERSWO RESERVIERT EMPFEHLUNGEN VON BIRGIT UND HEINZ REITBAUER TEIL 6
COSME
New York, USA Die Küche Südamerikas erlebt einen wahren Hype, und wenn man die Möglichkeit hat, über einen der Märkte in Mexico City zu bummeln, wird einem bewusst, wie wenig wir von der Esskultur dieses Kontinents wissen. Eine wunderbare Gelegenheit, kreative und moderne mexikanische Küche zu genießen, gibt es seit kurzer Zeit in New York City. Das Cosme unter der Küchenleitung von Enrique Olvera vereint die Aromen und Texturen Mexikos mit den frischesten Zutaten aus dem Hudson Valley. In lässig-cooler Atmosphäre bietet das Cosme neben einer langen Bar, wo neben traditionellen Margaritas auch weniger bekannte Cocktails genossen werden können, einen – mit viel Holz eingerichteten – Essbereich. Kommen und essen kann man den ganzen Tag und die vielen Happen, die so traditionell für die mexikanische Küche sind, werden einfach in der Mitte des Tisches platziert und geteilt. Wahre Seelennahrung nach einer langen Sightseeing- oder Shopping-Tour.
E L E V E N M A D I S O N PA R K
New York, USA Dienstleistung und Gastfreundschaft sind Schlagworte, die in der heutigen Zeit oft, aber nicht immer, selbstverständlich sind. Vor allem das Maß des – über die Norm hinausgehenden – Betreutwerdens bietet viel Spielraum. Im Eleven Madison Park haben wir einen tatsächlich unvergesslichen Abend verbringen dürfen. Wir wurden umhegt und umsorgt und fühlten uns mehr, als wären wir bei Freunden zu Gast als im Restaurant. Ein wahrlich grandioser Service unter der Leitung von Will Guidara, gepaart mit der exzellenten Küche von Daniel Humm, ließen nichts vermissen. Daniel, gebürtiger Schweizer, kocht eine außergewöhnlich kreative, leichte Küche mit den regionalen Zutaten aus den Valleys in Upstate New York. Der Spargel, in der Blase gegart und vor unseren Augen angerichtet, ist nur eines der Highlights, bei denen die Küche direkt an den Tisch kommt. Und wenn man dann, gut gesättigt und ganz entspannt, in das nahe gelegene Hotel NoMad spaziert, welches ebenfalls unter der Leitung von Daniel und Will steht, erkennt man, dass diese Perfektion und Gastfreundschaft nicht an der Schwelle des Eleven Madison Park endet, sondern in allen ihnen anvertrauten Bereichen lebt.
C H E F ’ S TA B L E AT B RO O K LY N FA R E
New York, USA Zwei Sessel in dem aus nur 18 Barstühlen an der geschwungenen Theke bestehenden Restaurant in Brooklyn zu ergattern, ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Hat man einmal sämtliche Hürden überwunden und sitzt – pünktlich um 18:00 Uhr oder 21:00 Uhr – voller Vorfreude auf seinem Platz, kann man sich sicher sein, ein Feuerwerk an Geschmack und Tiefgang erleben zu dürfen. Was César Ramirez hier auf den Counter bringt, ist wahrhaft gottvoll, und hat man das Glück, ein Gericht mit Seeigel serviert zu bekommen, ist dieser unglaublich frische Geschmack noch am nächsten Tag am Gaumen zu erahnen. Mit den besten Zutaten, die auf dem Markt zu bekommen sind, spannt César einen geschmacksintensiven Bogen von Anfang bis Ende. Beim Wein können Sie sich getrost in die Arme der sympathischen Sommelière begeben, die nicht nur eine spannende Weinbegleitung aus dem Keller zaubert, sondern auch bei „exotischen“ Jura-Weinen sehr sattelfest ist.
BÄRENWIRT
Hermagor, Österreich Es ist leider nicht abzuwenden, immer mehr Orte und Regionen haben kein Wirtshaus mehr vorzuweisen. So verwöhnt wir auch sind in Turnau, am Fuße des Pogusch, wo es immerhin noch fünf Dorfwirtshäuser gibt, im kärntnerischen Hermagor schaute es bis zur Eröffnung von Manuel Ressis Bärenwirt eher trostlos aus. Natürlich gibt es klingende Namen vom Weißen- bis zum Wörthersee, aber in der Bezirkshauptstadt war die Dichte dürftig. Seit gut einem Jahr wird im Bärenwirt nun eine wunderbare Küche auf den Teller gebracht, die aus dem Vollen der Region schöpfen kann. Die Gail ist das Steckenpferd von Manuel und alles, was entlang und rundherum wächst oder hergestellt wird, wird auf den Teller gebracht. Die „Schwammalan“ und „Grantn“ werden selbst gebrockt, der wunderbare Ziegenkäse kommt von Astrid Zerbst, und auch sonst findet auf der kulinarischen Bühne all das Köstliche Platz, was die Umgebung hergibt. Von nah und fern strömen die Gäste herbei – wo’s gut ist, spricht sich eben schnell herum. Ein wahres Kleinod, welches durch den charmanten Service von Wirtin Claudia und ihrem Team harmonisch abgerundet wird.
ADRESSEN COSME 35 E 21st Street, New York, NY 10010, +1 212 913 9659, www.cosmenyc.com
CHEF’S TABLE AT BROOKLYN FARE 200 Schermerhorn Street, Brooklyn, NY 11201, +1 718 243 0050, www.brooklynfare.com
ELEVEN MADISON PARK Metropolitan Life North Building, 11 Madison Avenue, New York, NY 10010, +1 212 889 0905, www.elevenmadisonpark.com
BÄRENWIRT Hauptstraße 17, 9620 Hermagor, +43 664 7511 3935, www.manuelressi.com