colore 30 - PERLMUTTWEISS

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Farbbetrachtungen und Farbräume COLOUR FOLLOWS EFFECT –welche Wirkung haben Farben auf die Raumwahrnehmung und die Architektur?

FARBRÄUME colore

Soziales Bauen Moderner sozialer Wohnungsbau –neue Chancen einer zukunftsweisenden Wohnarchitektur für alle

Breakout of the Box Bradbury Works zeigt, wie eine kreative Sanierung bestehender Arbeitsräume einen Mehrwert für die Stadt und die Gemeinschaft werden kann.

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FARBRÄUME colore

„… Nimm den Tropfen meines Haares. Künftig nur der Unschuld Schmuck. Und der Tropfen ward zur Perle, in der Muschel, die sie trug. Ewig jetzt ein Schmuck der Unschuld, stiller Anmuth selbst ein Bild, ohne Gaukelprunk der Farben, nur in eignen Reiz gehüllt …“

Liebe Leserinnen, liebe Leser, der Auszug aus dem Gedicht „Die Perle“ (1787) von Johann Gottfried Herder ist eine Hommage an die Schönheit der Natürlichkeit, an die Reinheit der Natur. Dabei benutzt der weltberühmte Schriftsteller die Perle als Metapher für wahre Schönheit, die ohne Prunk auskommt und strahlend und schimmernd ihren ganz eigenen Reiz hat.

Passend für unsere Titelfarbe und das gleich in doppelter Hinsicht. Wir möchten Ihnen echte Perlen der Architektur zeigen – schön, natürlich, wahrhaftig –und zugleich ein vielfältiges, strahlendes Themenspektrum bieten: von einem Forschungszentrum über eine Manufaktur bis zu architektonischen und künstlerischen Installationen. Was dabei alle Projekte eint, ist ein wertschätzender Umgang mit Materialien und der Natur. Und die feste Überzeugung, dass sich mit Begeisterung und Leidenschaft aus einer vermeintlich kleinen Sache ein strahlendes Ergebnis entwickeln kann.

Das verbindet auch unsere ausgewählten Referenzen, sei es ein Neubau in Portugal oder die Sanierung einer historischen Stadtvilla in Nordrhein-Westfalen. Höchste architektonische Qualität, die langlebig und nachhaltig das Wohlbefinden der Nutzer/-innen unterstützt und mit der natürlichen Umgebung verantwortungsvoll interagiert, steht hier an oberster Stelle. Die Natur ist unsere Lebensgrundlage und schützenswert, wie auch der Zoo in Münster mit seinen Patenschaften für bedrohte Tier- und Pflanzenarten zeigt.

Unsere Titelarchitektur in London passt ebenfalls perfekt zum Farbthema. Sie glänzt mit ihrer changierenden Fassade auch inhaltlich mit Integrität und gemeinschaftlichem Handeln und verbindet Alt und Neu auf kreative Art und Weise.

Zudem haben wir einige Perlen für Sie entdeckt, die unserer Meinung nach über ihre Besonderheit hinaus zur Natürlichkeit werden sollten, wie sehr überzeugende Konzepte für den sozialen Wohnungsbau in Österreich, Frankreich und Spanien.

Wir hoffen, dass für Sie einige Perlen dabei sind und wünschen Ihnen mit der Ausgabe strahlende Momente – in allen Facetten und mit neuen faszinierenden Perspektiven.

Ihr colore Team

Breakout of the Box

Eine kreative Sanierung bestehender Arbeitsräume fördert das städtische Miteinander und stärkt die Gemeinschaft

Perlmutt

Ein Naturmaterial voller Facettenreichtum in Sachen Farbe und Verwendung

Harte Schale, weicher Kern Forschen, bestaunen und die Natur schützen –ein Zentrum innerhalb einer außergewöhnlichen Landschaft

Perspektivwechsel

Wie aus einem alltäglichen Gegenstand gebaute Architektur wird

Eine Perle an Handwerkskunst

Eine österreichische Manufaktur mit 113 Jahren Familientradition

(K)Eine echte Perle?

Künstlerische Kombinationen aus Realität und Fantasie

Perlmuttweiß

MEHR ALS FARBE

FOKUS

Farbbetrachtung und Farbräume

„Colour follows Effect“

Welche Wirkung haben Farben auf die Raumwahrnehmung und die Architektur?

Soziales Bauen

Moderner sozialer Wohnungsbau –neue Chancen einer zukunftsweisenden Wohnarchitektur für alle

Das Weiße Haus von Minden Stadtvilla, Minden

Step by Step

RUHR Tower, Essen

Vom Modehaus zum Campus

Spenglerpark, Basel, CH

Neue Organik des Arbeitens

Hauptverwaltung Schüco, Bielefeld

Mit Ausstrahlung

Colina dos Cedros, Odivelas, PT

Dialog in Farbe

Architektenfragen an das Beraterteam von Brillux

Neues Wissen für die berufliche Zukunft Weiterbildungsangebote für die Wohnimmobilienverwaltung

Mensch, Tier und Natur

Riesenotter und Meranti-Holz – bedrohte Arten brauchen mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung

Breakout of the Box

Menschen dazu befähigen, ihre Vielfalt zu leben, kreativ zu sein, sich zu vernetzen, die Gemeinschaft zu stärken – das hat sich die gemeinwohlorientierte Agentur Hackney Co-operative Developments (HCD) zur Aufgabe gemacht. Seit vielen Jahren agieren sie bereits im Herzen von Dalston, nordöstlich des Londoner Stadtzentrums. Hier haben die Architekt/-innen von [Y / N] Studio für die gemeinnützige Gesellschaft nun unter dem Projekttitel Bradbury Works bestehende Arbeitsräume saniert, renoviert und mit neuen Räumen ergänzt. Getreu ihrem Planungsansatz, pragmatische Problemlösung und idealistischen Einfallsreichtum zu vereinen, kann das Ergebnis nicht nur die Bauherrschaft überzeugen, sondern stellt für das gesamte Viertel einen echten, inspirierenden Mehrwert dar.

Dass das neue soziale Zentrum am Gillett Square ehemals ein Parkplatz war, ist nur schwer vorstellbar. Offen und lebendig hat das erweiterte und neu umhüllte Backstein-Terrassengebäude den Platz bereits für sich erobert und ihm zusätzliche Dynamik verliehen. Seit der Errichtung des Platzes vor über 20 Jahren hat sich viel verändert. Doch die einzigartige und vielfältige Gemeinschaft, die sich hier in Dalston entwickelt hat, ist geblieben. Das ist vor allem das Ergebnis der Arbeit von Hackney Co-operative Developments (HCD), die hier mit erschwinglichen Arbeitsräumen, mit Kultur- und Gemeinschaftsveranstaltungen sowie mit kooperativen Werten und Zielen die lokale Sozialwirtschaft im Bezirk ausbauen und fördern. Daher war es für die verantwortlichen Architekt/-innen von [Y / N] Studio auch eine der Prioritäten, im Rahmen der Sanierung von 600 m2 Bestandsfläche und einer Erweiterung mit zusätzlichen 500 m2 an neuen, flexibel nutzbaren Räumen mit der vorhandenen Mieterschaft zusammenzuarbeiten. So konnten sie gemeinsam herausfinden, was an dem Bestandsgebäude hinsichtlich der Bedürfnisse verbessert werden musste, ohne dass es seine Einzigartigkeit verliert.

Der Raum dazwischen

Das Team von [Y / N] Studio entschied sich, die ursprüngliche viktorianische Mauerwerksstruktur beizubehalten, teilweise abzutragen und mit einem zusätzlichen Geschoss, einem speziellen Dach sowie mit einer spannenden Gebäudehülle zu versehen. In ihrer Kombination verbinden sie neue und alte Außen- und Innenräume auf originelle Weise miteinander. Schlüsselstelle ist dabei das dritte Geschoss mitsamt seiner Außenterrasse. Neben 40 – 65 m 2 großen, neuen Arbeitsbereichen inklusive privater Zwischengeschosse wurden hier die vorherigen Verkehrsflächen in nutzbare Terrassen und Räume mit hoher Aufenthaltsqualität umgewandelt. Durch die Überdachung, können die Mieter/-innen so an Tischen für Pausen oder Besprechungen zu jeder Jahreszeit zusammenkommen. Es entsteht ein Eindruck eines „Drinnen-im-DraußenSeins“, der von immergrünen Farnen und Kletterpflanzen verstärkt wird.

Die Kombination aus Bestand und Neubau wird zu einem Mehrwert für die Stadt und die Nutzer/-innen.

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Die Möglichkeit, einzelne Fassadenelemente zu öffnen, lässt diesen kreativen Zwischenraum zwischen innen und außen noch mehr ineinanderfließen und sorgt zugleich für eine große Interaktion mit dem angrenzenden Platz.

Besondere Schräglage

Auch das neue Schrägdach ist außergewöhnlich. Es wurde von den Architekt/-innen so konzipiert, dass es die Verschattung auf den Platz minimiert und zugleich Einblicke von der Straßenseite verhindert. Die nördliche Dachschräge enthält in einer schachbrettartigen Anordnung Oberlichter, die in Kombination mit einer nach Süden ausgerichteten Zugangsplattform hinter der aus dem Bestand erhaltenen Ziegelbrüstung eine Querbelüftung der neuen Arbeitsräume ermöglicht. Dies verbindet individuell steuerbares Raumklima mit einer natürlichen Belichtung und einem faszinierenden Panoramablick über die Stadt. Die südliche Dachschräge wurde für Photovoltaikanlagen ausgelegt. Die Dämmung wurde im Dach oberhalb der Primärkonstruktion angebracht, sodass die Holzbalken im Inneren sichtbar bleiben und den darunter liegenden Räumen Rhythmus, aber vor allen Dingen auch Charakter verleihen. „Wir wollten einen einzigartigen, neuen Arbeitsplatz schaffen“, erklärt Alex Smith, Architekt und Direktor von [Y / N] Studio. „Dabei sollen die Räume den Bedürfnissen und Persönlichkeiten der Nutzer/-innen entsprechen, weshalb wir uns mit vielen der bestehenden Mieterinnen und Mieter beraten haben.“ Aus diesem Grund hat sich das Team von [Y / N] Studio im dritten und vierten Obergeschoss auch für nicht tragende Trennwände entschieden, damit die Räume bei Bedarf geöffnet werden können. „Von dieser Flexibilität hat bereits einer der Mieter profitiert, der zwei benachbarte Einheiten gemietet und zu einer zusammengefasst hat“, freut sich der Architekt. Zusätzlich zu den neuen Arbeitsbereichen gibt es im Dachbereich noch einen großen, ebenfalls flexibel nutzbaren Besprechungs- und Veranstaltungsraum, der sowohl von den Mieter/-innen als auch von der Öffentlichkeit genutzt werden kann.

Gerade die flexiblen Fassadenelemente im Erdgeschoss unterstützen die hohe Interaktivität des Gebäudes mitsamt seinen Mieter/-innen und dem angrenzenden Platz sowie den kollektiven Aspekt mit der städtischen Gemeinschaft.

Neue Orientierung

Neben einem neuen, voll verglasten Eingang verbessern Rampen einen stufenlosen Zugang zu allen Einheiten. Dabei wurden der Eingang und das bestehende Treppenhaus in auffälligen Farbtönen gestrichen, die zur Orientierung dienen sollen. Darüber hinaus sollen die verschiedenen Farben die Vielfalt an Kulturen und Disziplinen repräsentieren, die in Bradbury Works zusammenkommen und hier gemeinschaftlich agieren. In allen weiteren Bereichen des Gebäudes zeigen sich hingegen eher reduzierte Farben. „Das Gebäude besteht überwiegend aus einer Reihe weißer Räume, aber in Wirklichkeit sind sie eine Reihe leerer Leinwände, die sich im Laufe der Zeit verändern werden“, verdeutlicht Alex Smith. „Wir sehen es nicht als unsere Aufgabe an, uns hier einzumischen. Das Gebäude bildet die Kulisse für einen belebten öffentlichen Platz, und die Mieter/-innen haben bereits begonnen, den Räumen ihren eigenen Stempel aufzudrücken, was wir wirklich gerne sehen.“

„ Wir setzen Farbe dort ein, wo wir das Gefühl haben, dass sie das Design aufwertet und ein bestimmtes Element hervorhebt oder ein funktionales Element darstellt.“

Das Treppenhaus in auffälligen Farbtönen dient der Orientierung und setzt zugleich ein Statement für kulturelle Vielfalt und unbegrenzte Möglichkeiten.

Leise statt laut

Es ist stets ein schmaler Grat, Altes mit Neuem zu einem harmonischen Ganzen zu verbinden. Das Fingerspitzengefühl der Architekt/-innen zeigt sich hier sowohl in raffinierten Konstruktionsdetails als auch in durchdachten Materialien. Wo es möglich war, wurden die bestehenden Ziegelsteine und ihre Struktur erhalten und repariert. Ergänzende Materialien wurden in Anlehnung an Vorgänger- und Nachbarbauten gewählt, die sich neben gestrichenen Ziegeln durch Industrieprofile aus Metall und Polycarbonat auszeichnen. So wurde der neue Anbau aus einem vorgefertigten Stahlrahmen konstruiert, der sich an die bestehenden Wände anpasst und von neuen Pfahlfundamenten getragen wird, ohne das bestehende Gebäude zu überlasten. „Die Fassade besteht aus einer Kombination aus leichtem, isolierendem, mehrwandigem Polycarbonat und profilierten, gewalzten Aluminiumblechen an der Basis“, erklärt Alex Smith. „Das gewählte Material nimmt Bezug auf die blaugrüne Verkleidung des nahe gelegenen Kulturhauses, ist jedoch farblos und lichtdurchlässiger. Dadurch fällt viel Licht in die Arbeitsräume und auf die dahinter liegende Terrasse, wodurch die Verbindung zwischen dem Gebäude und dem Platz erhalten bleibt und verstärkt wird.“

Zwischengeschosse und Lufträume erzeugen spannende Blickbeziehungen und Begegnungsräume, fördern das Miteinander und lösen Grenzen zwischen innen und außen auf.

Jede Etage überzeugt mit architektonischen Besonderheiten – so kann im Dachgeschoss ein Raum von den Mieter/-innen und der Öffentlichkeit als freier Besprechungs- und Veranstaltungsraum genutzt werden.

„ Das Projekt ist bei den Nutzern des Gebäudes bereits sehr beliebt. Es ist wirklich schön zu sehen, wie die Menschen unser Gebäude als Plattform nutzen.“

Schicht für Schicht

Die Überlagerung einzelner Schichten macht Bradbury Works so besonders und gleichzeitig so flexibel. So verfügen die neuen, zum Platz hin gelegenen 10 m 2 großen Einzelhandelsflächen über vollständig zu öffnende Glasfronten, die durch profilierte Metalltore geschützt sind. In geschlossenem Zustand bieten sie Sicherheit und Privatsphäre, während sie in geöffnetem Zustand mit einer reversiblen Beschilderung versehen werden können. An den oberen Geschossen erweckt die leichte und reflektierende Polycarbonat-Fassade den Anschein einer neuen Form, doch bei näherer Betrachtung lässt der transluzente Charakter des Materials die ursprünglichen Strukturen durchscheinen. Zudem spiegelt die Fassade tagsüber die Farben des Himmels und der Umgebung, während sie nachts faszinierend leuchtet –das macht das Gebäude gerade bei Veranstaltungen zu einem echten Blickfang. Auf diese Weise entsteht nicht nur für die Gemeinschaft eine inspirierende Möglichkeit, Vielfalt zu vereinen, sondern auch eine feine Verbindung zwischen innen und außen, zwischen Leichtigkeit und Beständigkeit sowie zwischen vergangener Baukultur und dem aktuellen Zeitgeist.

OBJEKT STANDORT

Bradbury Works, London

ARCHITEKTEN

[Y / N] Studio, Alex Smith

FOTOGRAFIE

French and Tye

Perlmutt ist ein edles Naturmaterial, das von Menschen bereits seit Jahrhunderten verwendet wird – aufgrund seiner irisierenden, optischen Eigenschaft hauptsächlich für Schmuck, zur Verzierung von Möbeln oder für hochwertige Musikinstrumente. Dabei ist es ein Material, das sehr konträre Assoziationen hervorruft – ähnlich wie Perlen, die von einem Teil der Menschen als edel, elegant und kostbar empfunden, aber von einer anderen Personengruppe als kitschig und übertrieben wahrgenommen werden. Damit birgt das Material bereits eine Vielfältigkeit in sich, die sich auch in seinem Aufbau und der Farbigkeit zeigt.

Perlmutt besteht aus über 90 Prozent Calciumcarbonat. Es ist die innerste Schicht, die von bestimmten Muscheln und Schnecken in mehreren Phasen zwischen dem äußeren Mantelgewebe und dem organischen, lebenden Material gebildet wird. Hier zeigt sich bereits der erste Grund für die unterschiedlich auftretenden Farben des Perlmutts. Sie sind abhängig von der Muschel- bzw. Schneckenart, dem Mantelgewebe und den organischen Pigmenten. Eine der bekanntesten Muscheln, die Perlmutt produzieren, ist die im Salzwasser heimische Pinctada. Die häufigste Grundfarbe ist dabei Weiß oder auch Cremefarben, doch die Farbnuancen können über Rosa und Blau bis ins grau-schwarze hineinreichen. Eine weitere Ursache für die changierende Optik liegt in dem fein geschichteten Aufbau: einer Abfolge und dem Ineinandergreifen hauchdünner Schichten aus dem mineralischen Aragonit und dem organischen Conchyn. Trifft Licht auf diesen Aufbau, wird es teilweise reflektiert, prismenähnlich gebrochen, gebeugt und erneut überlagert, was den schillernden, irisierenden Effekt hervorruft.

Weiß und doch nicht weiß Gemeinsamkeiten zwischen Weiß und Perlmutt zeigen sich auf vielfältige Weise – und das nicht nur aufgrund ihrer gleichen Farbfamilie. Ähnlich wie die Farbe Weiß, die zugleich auch völlig konträr als Nichtfarbe gilt, ist dabei genau dieser Aspekt der Gegensätzlichkeit entscheidend.

Perlmutt

Facettenreich wie das Leben

Ob als Teil einer Leuchte oder Gitarre, eines Akkordeons, als Mosaikfliese, Knopf, oder als echte Perle – Perlmutt verleiht Charakter.

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Hervé Marcilloux MaciejBledowski Fitry

ZUBI CREATIONS triocean (von links oben nach rechts unten, alle stock.adobe.com)

Weiß beinhaltet alle Farben und doch keine, je nachdem ob man die additive oder die subtraktive Farbmischung betrachtet. Weiß steht für Vollkommenheit und zugleich für Distanz. In manchen Kulturen gilt Weiß als Trauerfarbe und in manchen steht sie für Frieden, Heiligtum und Auferstehung.

Die Farbpsychologin Eva Heller hat herausgefunden, dass nur ein sehr geringer Prozentsatz von Menschen Weiß wirklich als Lieblingsfarbe bezeichnen würde, aber zugleich auch wenig Negatives mit der Farbe assoziiert oder sie selten als unbeliebt bezeichnet wird. Auf ganz ähnliche Weise zeigt sich diese Divergenz bei Perlmutt: Meist erscheint es als „einfaches“ Weiß und zeigt sich dann doch in allen Regenbogenfarben schimmernd. Das Material besteht aus vielen hauchdünnen, brüchigen Schichten und kann in seiner Komplexität dennoch einen Wert von Vier auf der Mohs-Härteskala und eine gute Bruchfestigkeit sowie Korrosionsbeständigkeit erzielen. Das macht das Material gerade für Gegenstände wie Knöpfe oder Musikinstrumente interessant – fein und filigran, aber hochwertig und stabil zugleich. Es ist ein Naturmaterial und wird dennoch vielfach gezüchtet. Und nicht zuletzt: Viele Menschen mögen Perlmutt, empfinden es als elegant und besonders, während es für andere der Inbegriff von Kitsch und Extravaganz ist.

Nach außen mit inneren Werten Während die Perlmuttschicht lamellenartig angeordnet ist, bildet sie als Perle eine sphärische Form um einen in die Muschel eingedrungenen Fremdkörper. Perlen gelten als seltene Kostbarkeit und beinhalten zugleich die Symbolik geweinter Tränen. Eine Perle gilt als glänzend und glatt, und dennoch ist das Kennzeichen einer echten Perle eine gewisse Rauheit bzw. Unebenheit der Oberfläche. Perlen symbolisieren Perfektion und Vollkommenheit, dabei ist die Perle als ein Naturprodukt stets unperfekt und unvollkommen. Der Perle wird ein inneres Leuchten – Lüster – zugeschrieben, doch physikalisch betrachtet ist es eine Lichtreflexion nach allen Seiten. Das Material ist kühl auf der Haut, nimmt aber auch die Körpertemperatur an, was einen angenehmen Tragekomfort mit sich bringt.

Die Gegensätzlichkeit rund um Perlmutt in all seinen Formen lässt sich vielfältig weiterführen. Letztlich kommt es auf den Blickwinkel, die Perspektive an, mit der man das Material betrachtet und welche Facetten es einem somit offenbart. Doch im Inneren zeigt sich buchstäblich ein entscheidender Kern: die Muschel, die dieses feine schimmernde Material hervorbringt, ist ein sensibles Wesen, das sauberes Wasser einer bestimmten Temperatur und mit einem gewissen Sauerstoffgehalt benötigt. Dies gilt es zu erhalten, wenn wir weiterhin im Perlmuttweiß das facettenreiche Farbenspektrum entdecken wollen.

Das Weiße Haus von Minden

Sanierung einer historischen Stadtvilla

OBJEKT | STANDORT

Stadtvilla, Minden

BAUHERR | NUTZER

NGA Nadia Galletti

Architettura, Minden

ARCHITEKT

NGA Nadia Galletti

Architettura, Minden

TECHNISCHER BERATER

Frank Förster, Brillux Herford

VERKAUFSBERATER

Stephan Götte, Brillux Bielefeld

AUSFÜHRENDER MALERBETRIEB

Kühn Maler+Boden GmbH, Hille

FOTOS
Roland Borgmann, Münster

„ Diese wunderbaren Bauwerke haben jede Anstrengung um den Erhalt ihrer Würde verdient – sie waren einmal Avantgarde, dann wurden sie Klassiker, und nun geben wir ihnen Zeitlosigkeit.“

Die unterschiedliche Wirkung von Weiß stand bei diesem Mindener Bauprojekt im Fokus. Nördlich der Innenstadt und eingebettet zwischen dem Mittellandkanal und der Weser hat Architektin Nadia Galletti mit ihrem Büro die Sanierung und den Umbauprozess dieser großbürgerlichen Stadtvilla von der Planung bis zur Fertigstellung verantwortet und durchgeführt. Wie das Team von Nadia Galletti Architettura dabei die Farbsprache und das Potenzial der „Farbe“ Weiß beleuchtet und hinterfragt hat, um der Außenwirkung der historischen Fassade gerecht zu werden, erklärt die Architektin im Interview.

NADIA

Frau Galletti – was hat Ihr Interesse geweckt, die Sanierung dieser städtischen Villa zu übernehmen?

Die Fassade ist das Gesicht eines Gebäudes – insbesondere an exponierten Standorten spielt sie eine wichtige Rolle für Stadtbild und Stadtgesellschaft und kann einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Daher zählt die Sanierung historischer Fassaden für mich zu den verantwortungsvollsten und anspruchsvollsten Aufgaben der Architektur. Fassaden sind Ausdruck und Zeugnis ihrer Epoche und spiegeln Zeitgeist und Baukunst ihrer Entstehungszeit wider. Mich fasziniert die Herausforderung des Erhalts vergangener Werte bei gleichzeitiger Nutzung gegenwärtiger Möglichkeiten. Im besten Fall gelingt eine perfekte Balance zwischen Tradition und Innovation. Das war auch hier eines unserer Anliegen: die architekturhistorische Ästhetik des Gebäudes wiederherzustellen und mit zeitgemäßer Technologie zur Sicherstellung von Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit zu kombinieren.

Bedurfte es dabei eines besonderen Vorgehens?

Altbausanierungen erfordern neben dem bauhistorischen Fachwissen ein starkes Bewusstsein für die Abwägung zwischen ästhetischer Sensibilität und gestalterischer Ambition. Gerade die Sanierung einer historischen Fassade ist immer eine Gratwanderung zwischen Erhalt und Erneuerung. Das war auch bei diesem Projekt die größte Herausforderung. Dabei haben wir eng mit den Denkmalbehörden zusammengearbeitet. Zudem stellten hochspezialisierte und detailverliebte Handwerker mit optimaler Materialwahl sicher, dass die historische Bautechnik respektiert und zugleich die historische Bausubstanz revitalisiert wurden. Die Zusammenarbeit bei der Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes erfordert generell ein hohes Maß an Koordination und Kommunikation zwischen allen beteiligten Parteien. Auch die Offenheit für Herausforderungen und die Verlässlichkeit bei der Ausführung sind bei der Wahl der beteiligten Bauunternehmen und Handwerksbetriebe für derartige Projekte entscheidend.

Handwerker/-innen mit Erfahrung für traditionelle Techniken und Materialien sind unverzichtbar. Bei diesem Projekt hatte die erfreuliche und erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem langjährigen Geschäftspartner Brillux bei der Entwicklung des Farbkonzepts einen hohen Stellenwert.

Gutes Stichwort: Farbkonzept. Bei diesem Projekt steht das eigentlich als „Nichtfarbe“ geltende Weiß im Vordergrund. Gerade Weiß ist aber nicht gleich Weiß und hat viele Nuancen und Wirkungsweisen – wie haben Sie sich dieser Thematik genähert?

Der Farbsprache kommt eine herausragende Bedeutung für die Ausstrahlung eines Gebäudes und das Lebensgefühl seiner Nutzer/-innen zu. Wir haben uns hier intensiv mit dem Wirkungsspektrum der Farbe Weiß beschäftigt. Weiß ist eine Farbe mit Potenzial in beide Wirkungsrichtungen – abwertender Beliebigkeit und aufwertender Bedeutsamkeit. Weiß kann hart wirken oder zart, begrenzend oder verbindend, kontrastreich oder verschwimmend, warm oder kalt. Weiß ist trotz oder wegen der Abwesenheit alles Bunten die vielseitigste aller Farben und hat die vielfältigste Aufladung an symbolischer Bedeutung. Das Bewusstsein für die unterschiedlichen Wirkungen der Farbe Weiß, die Erkenntnisse bei der Suche nach dem idealen Weiß und die Wahl der passenden Nuancen waren daher wichtige Schritte auf dem Weg zu einer gelungenen Restaurierung der Fassade des „Weißen Hauses von Minden“.

Wird die Farbwahl Ihrer Meinung nach vielleicht auch häufig unterschätzt?

Farbe kommt in der Architektur eine wichtige Aufgabe zu und sie sollte von der Planung bis zur Umsetzung eines Vorhabens immer eine hohe Bedeutung erhalten. Farbe beeinflusst nicht nur die Ausstrahlung von Bauwerken, sondern auch die Wahrnehmung und das Wohlbefinden der Menschen, die es sehen oder nutzen. Bei denkmalgeschützten Gebäuden kann der bewusste, gezielte und gekonnte Einsatz von Farbe dazu beitragen, historische Elemente zu betonen, moderne Akzente zu setzen und dem Gebäude eine zeitlose Gültigkeit zu geben. Ebenso wie Licht wird Farbe in der Architektur gelegentlich unterschätzt und ohne ästhetisches Konzept behandelt, beispielsweise durch einfallslose Reduktion auf

wenige traditionelle Töne. Mit Farbe kann Raumgefühl gestaltet, Stimmung erzeugt und eine Funktion unterstützt werden. Farbe hat auch emotionale und psychologische Wirkung, die gezielt genutzt werden kann. Sie kann beruhigend oder anregend wirken, Konzentration fördern oder Entspannung unterstützen. Ich bin vom Sinn und Wert bewusster und durchdachter Farbgestaltung nicht nur zur visuellen Aufwertung von Gebäuden, sondern zur Verbesserung ihrer Zweckerfüllung und Erhöhung ihrer Nutzungsqualität überzeugt.

Farblich haben Sie hier nach dem Konzept Ton-in-Ton gearbeitet, die Form stellt hingegen einen starken Kontrast dar. Haben Sie bewusst mit diesem Gegensatz gespielt?

Dieser Kontrast ist ein bauhistorisches Erbe. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erhielten viele Gebäude reich verzierte Fassaden an der Vorderseite, um den gesellschaftlichen Status der Bewohner anzudeuten. Das Leben im Haus fand bis zur Verbreitung des Automobils auch mehr als heute nach vorn heraus statt, man zeigte sich und was man hat, beispielsweise mit und auf einer großen Terrasse zur Straßenseite. Die Rückseiten wurden schmucklos und funktional gestaltet. Wir haben die rückwärtige Ansicht baustilwahrend aufgewertet, nur wenige Stuckprofile und eine Außentreppe mit schmiedeeisernem Geländer ergänzt und die Fenster symmetrisch angepasst. Auch die Denkmalschutzbehörde legte Wert auf den Erhalt der rückwärtigen Fassade in ihrer schlichten Ornamentik. Das Ton-in-Ton-Farbschema schafft dabei eine ruhige, elegante und zeitlose Atmosphäre, lässt die architektonische Form und Textur im Vordergrund stehen und respektiert den historischen Kontext sowie das Gesamtbild des Gebäudes. In meiner Arbeit versuche ich immer die Balance zu finden. Es ist wichtig, die spezifischen Gegebenheiten des Gebäudes und die Bedürfnisse seiner Nutzer zu berücksichtigen. Und ich finde, in diesem Fall ist das Ergebnis – der eindrucksvolle Anblick einer der schönsten Fassaden des Mindener Großbürgertums des 19. Jahrhunderts – von unschätzbarem architekturhistorischem Wert.

„ Die Herstellung des Status quo stellte sich als äußerst anspruchsvoll heraus. Besonders die Untergrundaufbereitung, vor allem durch Strahlarbeiten, war eine große Herausforderung. Nach vielen Spachtelarbeiten war es zusätzlich notwendig, noch weitere egalisierende Ausgleichsarbeiten mit quarzgefüllten Streichfüllern vorzunehmen.“

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BRILLUX PRODUKTE

Ein Forschungszentrum zeigt neue Perspektiven im Naturschutzgebiet

Harte Schale, weicher Kern

An der östlichen Küste der Vereinigten Arabischen Emirate und damit unmittelbar am Golf von Oman befindet sich das bedeutsame Kalba-Naturschutzgebiet, das vor allen Dingen aufgrund seines vielfältigen Ökosystems und der außergewöhnlichen Landschaft bekannt ist. Genau hier haben die Architekt/-innen des Architekturbüros Hopkins Architects ein Forschungszentrum für das Khor-Kalba-Schildkröten- und Wildtierreservat kreiert, das es erlaubt, dieses besondere Reservat zu schützen, zu lehren oder einfach nur zu bestaunen und zu erleben.

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Mark Goodwin

Vom Ozean über Mangrovenwälder bis hin zur angrenzenden Berglandschaft bietet das Kalba-Naturschutzgebiet Arten wie Schildkröten, Stachelrochen, Gazellen und dem seltenen Arabischen Eisvogel facettenreiche Nistplätze und Lebensräume. Damit beherbergt der Ort eine der artenreichsten Konzentrationen in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Zugleich dient er auch vielen Zugvögeln als Zwischenstopp auf ihrem Flug nach Asien und Afrika. Im Auftrag der hiesigen Behörde für Umweltschutz (Environmental Protected Areas Authority – EPAA) hat das Team von Hopkins Architects hier eine Einrichtung entwickelt, die unterschiedlichste Aufgaben erfüllen sollte: die Rehabilitation und Erforschung von Wildtieren, die Überwachung von Umweltverschmutzung, ein Angebot für Bildung und Beteiligung sowie einen Zugang für die Öffentlichkeit. Doch die größte Herausforderung bestand vor allem in der „Minimierung der Auswirkungen des Projekts auf diesen ökologisch sensiblen Standort“, erklärt Lily Maggs von Hopkins Architects.

Fragmentierte Formen

Das Zentrum selbst besteht aus sieben einzelnen Gebäuden, sognannten Pods, die miteinander verbunden sind. Sie beinhalten Ausstellungsflächen, Klassenzimmer, Büro- und Sanitärräume und ein Café. Das gesamte Areal umfasst dabei knapp 3.000 m2 – keine kleine Fläche. „Deshalb haben wir die Gebäude bewusst auf der Fläche eines verlassenen Spielplatzes errichtet, um eine weitere Verwahrlosung des Geländes zu verhindern und zugleich einige der nicht heimischen Pflanzenarten zu entfernen und die ursprüngliche Artenvielfalt des Geländes wiederherzustellen“, erklärt Lily Maggs. Darüber hinaus haben die Architekt/-innen die Gebäude selbst so konstruiert, dass die damit entstehenden Eingriffe in das Gelände so gering wie möglich ausfallen. So bestehen lediglich die Fundamente auf dem sandigen Boden aus Ortbeton, die auf der Grundlage von Gezeitenkarten und historischen Sturmflutdaten auf ein bestimmtes Niveau angehoben wurden. Die Pods selbst bestehen aus modularen Betonfertigteilen.

Spannende Spannkonstruktion

Ihre weiße gewellte Form nimmt dabei in doppelter Hinsicht Bezug zum Standort. Zum einen ist sie an die hiesigen Muschelvorkommen angelehnt. Diese Assoziation verhalf dem äußeren Erscheinungsbild zur weißen abgerundeten Form. Zum anderen wurde die Geometrie von den Exoskeletten der Seeigel inspiriert. Auf dieser Basis konnte die notwendige Tragstruktur der Gebäude entwickelt werden. „Eine Reihe von Stahlrippen akzentuiert dabei die skulpturalen, freitragenden Formen“, so die Architektin. Im Inneren bilden skulpturale Formen aus Holz ein Pendant zu dieser Struktur. Die Kombination aus Stahl und den Fassadenelementen, die neben Beton aus der Nähe gewonnene Zuschlagstoffe und Muschelschalenreste enthalten, macht die Gebäude darüber hinaus robust gegenüber den salzigen, feuchten und windigen Küstenbedingungen. Die Komposition aus Form und Material erzeugt zudem ein interessantes Spiel aus Licht und Schatten, das Besucher/-innen fasziniert und zugleich dazu führt, dass sich die Gebäude auf eine organische und natürliche Art und Weise harmonisch in die Umgebung einfügen.

Natürliche

Integrität des Standorts

Für das Architekturbüro ein wichtiger Punkt: „Wir waren uns der Tatsache bewusst, dass jede Art von architektonischem Eingriff an einem solchen Ort die Gefahr birgt, die natürliche Schönheit zu beeinträchtigen, aber das Projekt ist so wichtig für die Aufwertung und Erhaltung der Umgebung und für die Aufklärung künftiger Generationen über die Bedeutung des Naturschutzes.“ Daher wurden auch passive Konstruktionsprinzipien während des gesamten Baus priorisiert. Auch der Umfang der neuen Zufahrtsstraßen wurde durch die Sanierung einer bestehenden Brücke und die Verwendung von verdichtetem Schotter anstelle von Asphalt und Pflasterung verringert. Hinter den Gebäuden führt diese Straße in einen zwei Kilometer langen Naturpfad mit Volieren und Aussichtsplattformen, an denen Vögel, Gazellen und Mangroven bestaunt und erlebt werden können.

Aufbau neuer Möglichkeiten

Der ganzheitliche Ansatz zeigt die Erfahrung der Architekt/-innen mit herausfordernden Bedingungen an entlegenen Orten. Und tatsächlich hat das Büro ein ganz ähnliches Projekt mitten in der Wüste ca. 50 km von Sharjah entfernt umgesetzt. Dass Architektur selbst an entlegenen Orten wie diesen sinnvoll ist, zeigt die Tatsache, dass das neue Khor-Kalba-Schildkröten- und Wildtierreservat eine verbesserte logistische und unterstützende Infrastruktur für die Untersuchungen kranker und gestrandeter Schildkröten bietet. Diese können nun direkt an der Ostküste rehabilitiert werden, anstatt über weite Strecken zu den Einrichtungen an der Westküste transportiert werden zu müssen.

Prof. Dr. Axel Buether ist Professor für „Visuelle Kommunikation“ und Leiter des Instituts für Farbpsychologie an der Bergischen Universität Wuppertal.

In seinem neuen Beitrag „Colour follows Effect“ hinterfragt er die Verortung von Farben und die damit einhergehende Wirkung auf die Raumwahrnehmung.

Colour follows Effect

Über die Wirkungen von Farbe in der Architektur

Wo befinden sich die Farben unserer Lebenswelt?

Die Wirkungen von Farben auf den Menschen lassen sich nur dann verstehen, wenn wir das Phänomen ganzheitlich wahrnehmen und neben physikalischen und chemischen auch die biologischen und psychischen Aspekte einbeziehen. In diesem Zusammenhang existieren jedoch einige Missverständnisse, die noch heute für viele Probleme innerhalb der Theorie und Praxis der Farbe verantwortlich sind.

Auf den ersten Blick erscheint die Antwort auf die Frage, wo sich die Farben der menschlichen Lebenswelt befinden, trivial. Die meisten Menschen antworten: „Die Farben befinden sich im Außen, im Licht oder auf der Oberfläche von Dingen und Räumen, also dort, wo wir sie sehen.“ Vereinfacht gesagt bedeutet das, die Sonne ist gelb, das Meer ist blau und der Kaffee schwarz. Doch durch diese Sichtweise werden Farben als eine Art Eigenschaft der Dinge wahrgenommen, die wir durch den Kontrast der Objektfarbe zur Farbe des Hintergrunds sehen. Schon im frühen Kindesalter erfassen wir dieses Prinzip, wenn wir mit Malstiften auf ein weißes Blatt zeichnen und Flächen mit ihrer entsprechenden Symbolfarbe ausmalen. Doch so einfach ist es nicht. Der Augenschein täuscht. Hier lässt sich die Relativitätstheorie von Einstein heranziehen, die sich mit der Relation von Raum und Zeit beschäftigt und Objekte im Verhältnis zueinander betrachtet. Denn auch unsere Beobachtungen sind immer vom Standpunkt abhängig. Doch was im Moment der Farbwahrnehmung in unserem Gehirn passiert, entzieht sich der Beobachtung.1

Dr. Axel Buether ist Forscher, Praktiker, Autor und Professor. Er erforscht anwendungsorientiert und empirisch die Wirkungen der Farben auf das menschliche Erleben und Verhalten. Farbforschung erfolgt bei ihm häufig an praktischen Projekten in Handwerk, Design und Architektur, von denen er innerhalb dieser Reihe einige spannende Arbeiten vorstellen wird. Damit will er nicht nur Lust auf Farbe machen, sondern Interesse an den Erkenntnissen der modernen Farbpsychologie wecken.

Bei näherer Betrachtung löst sich die Gewissheit auf, dass die Farben Bestandteil der Außenwelt sind. Schon Isaac Newton hat 1704 in seinem Werk „Opticks“ festgestellt: „For the Rays, to speak properly, are not coloured. In them there is nothing else than a certain Power and Disposition to stir up a Sensation of this or that Colour.“ Farbe ist kein Bestandteil der Außenwelt, auch wenn es uns so erscheint. Außerhalb von uns gibt es keine Farben, nur Materie und Energie. Es ist immer wieder erstaunlich, wie lange ein Fehlurteil lebt, wenn es unserer direkten Wahrnehmung widerspricht. Die Physik muss auf Begriffe wie „Licht“ und „Farbe“ zurückgreifen, um physikalischen Parametern wie Materie (Teilchen) und Energie (Wellenlängen) eine Bedeutung zu verleihen, die ausschließlich durch unsere Wahrnehmung erfasst und nur im Rückgriff auf diese Erfahrung

Existieren Farben nur in unserem Kopf, als Projektionen unseres Gehirns? Konstruktivistische Theorien legen nah, dass Farbe gar nicht wirklich existiert.

FOTO: Leo – stock.adobe.com

verstanden werden können. Denn was nicht von unseren Sinnen erfassbar ist, reduziert sich auf ein mathematischabstraktes Gedankenspiel.2

Meine Erfahrungen legen nah, dass die meisten Menschen wissen oder zumindest erahnen, dass Farben nicht wirklich dort sind, wo man sie sieht. Die zweithäufigste Antwort, die ich auf die Frage nach dem Ort der Farbe erhalte, führt direkt zur Netzhaut der Augen, dem komplexesten Sinnesorgan, das sich im Verlauf der Evolution entwickelt hat. Zur Zeit von Hermann von Helmholtz (1821–1894), der die Dreifarbentheorie (trichromatische Theorie der Farbwahrnehmung durch die Rot-, Grün- und Blau-Zapfen) weiterentwickelte und bestätigte sowie wichtige Beiträge zum Verständnis des Unterschieds zwischen Licht- und Körperfarben leistete, ging die Wissenschaft davon aus, dass der Ort der Farbwahrnehmung in der Netzhaut liegt. Heute weiß man, dass Farben ein Phänomen der Wahrnehmung sind, das durch komplexe Wechselwirkungen zwischen Umweltreizen, Augen und Gehirn entsteht. Die Netzhaut spielt dabei eine entscheidende Rolle, doch die endgültige Farbwahrnehmung wird im Gehirn verarbeitet und interpretiert. Konstruktivistische Theorien legen daher nah, dass Farbe gar nicht wirklich existiert. Nach dieser Ansicht gibt es Farben nur in unserem Kopf, als Projektionen unseres Gehirns. 3 Doch nur weil ich die Augen schließe, verschwindet die Far-

be nicht. Die Farbigkeit der Umwelt bleibt trotzdem von anderen Menschen und den meisten Tieren weiterhin wahrnehmbar, auch wenn ich sie in diesem Moment nicht mehr sehen kann.

Auch Blütenpflanzen verdanken ihre Existenz den Farbstoffen, die für ihre Bestäubung und die Verbreitung ihrer Samen notwendig sind. Sie nutzen wirksame Farbcodes, um mit ihrer Umwelt zu interagieren. Die Farben der Blätter, Blüten und Früchte sind kein nutzloses Dekor, denn sie haben die Funktion, das Verhalten unzähliger Lebewesen präzise und erfolgreich zu steuern. Und dennoch befindet sich die Farbe nicht dort, wo sie erscheint – weder auf den Oberflächen der Umwelt noch in der Lichtquelle selbst. Noch hat die Farbe ihren Ort auf der Netzhaut oder in einem der vielen Areale des Gehirns, die an ihrer Verarbeitung beteiligt sind. Farben sind das Ergebnis der Interaktion von Licht mit den Objekten. Damit werden Farben zu einem nicht greifbaren Medium, das quasi nur in einer Art Zwischenraum existiert. Das macht die Farbe so real und imaginär, wie das Leben selbst. Farbe ist ein Beziehungsinstrument wie unsere Lautsprache – eine auf Wirkung ausgerichtete Verbindung zwischen Lebewesen und ihrer Lebenswelt.

Wenn es ein Farbkonzept zu entwickeln gilt, sollte daher immer bedacht werden, dass die Entscheidung für oder gegen eine Farbe stets der beabsichtigten Wirkung folgen sollte. Ich kenne kein anderes Gestaltungsmittel, das Menschen so stark emotionalisiert. Farben beeinflussen unser Erleben und Verhalten, unser Wohlbefinden, unsere Gesundheit und Handlungsmotivation im gebauten Raum.

Farbe ist ein Medium, ein Beziehungsinstrument und existiert als Verbindung zwischen Lebewesen und ihrer Lebenswelt.

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Farbe als Entwurfswerkzeug – Weiterbildung für Architekten im BRILLUX Seminar Eine professionelle Farbgestaltung vereint eine geschulte Umweltwahrnehmung, künstlerische Praktiken und angewandte Wissenschaft.

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Die Macht dieser Assoziationen entscheidet über die Art und Qualität der Beziehungen zwischen dem Menschen und seiner Lebenswelt. Die farbliche Gestaltung des Lebensraums bringt daher eine große Verantwortung mit sich, da es kein anderes Gestaltungsmittel in der Architektur gibt, das vergleichbare Wirkungen auf die Lebensqualität des Menschen hat.

Faktoren, die unsere Raumwahrnehmung beeinflussen:

• Die farbliche Gestaltung der Umgebung, die den Kontext eines Gebäudes bildet und über Öffnungen im Innenraum erscheint.

• Die Anordnung und Größe des Fensters, das die Belichtung und Grundfärbung des Raums wie auch den Ausschnitt der Umweltwahrnehmung bestimmt.

• Die Farbe des Fußbodens, die den unteren Teil des Gesichtsfeldes ausfüllt und damit die Raumwahrnehmung fast ebenso stark wie die Summe der Wandflächen dominiert.

• Die Farbe der Wände, die den oberen Teil des Gesichtsfeldes ausfüllen und damit die Raumwahrnehmung gemeinsam mit der Fußbodenfläche dominieren.

• Die Farbe der Decke, die einen merklichen Einfluss auf die Raumwahrnehmung hat und die Perspektive eines liegenden Betrachters dominiert.

• Die Farbe der Einrichtung, deren Anteil ein wichtiger Faktor der Raumwahrnehmung ist und bei höherem proportionalem Anteil die Raumwahrnehmung dominieren kann.

• Die Qualität der Beleuchtung, die proportional zur Abnahme des Tageslichts an Einfluss gewinnt und zu einem dominanten Faktor der Raumwahrnehmung wird.

Die Gestaltung aller Oberflächenfarben im Raum, inklusive der Lichtgestaltung, wird damit ebenso bedeutsam für die Aufenthaltsqualität wie der Grundriss und der Schnitt. Während die Grundfläche und Höhe der meisten Räume heute bereits im Vorfeld des Entwurfs durch Normen und Gebäudekennzahlen festgelegt sind, bieten sich bei der Ausgestaltung der atmosphärischen Wirkungen von Licht und Farben größere Gestaltungsfreiräume an. Dafür brauchen Architekt/-innen – selten zugleich auch professionelle Farbgestalter/-innen –qualifizierte fachliche Unterstützung. Es ist daher zwingend erforderlich, dass die Farbgestaltung, die gleichermaßen auf Erfahrung und Wissen basiert, im Architekturstudium und in der Weiterbildung von Architekt/-innen einen angemessenen Stellenwert erhält. Eine professionelle Farbgestaltung vereint eine geschulte Umweltwahrnehmung, künstlerische Praktiken und angewandte Wissenschaft.

Wenn formale Strukturen zum prägenden Element von Architektur und Städtebau werden, während die Farbgestaltung vernachlässigt wird, dominieren Tristesse und Monotonie.

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Farben verbinden Menschen mit ihrer Lebenswelt

Wie ist es dazu kommen, dass die farbliche Gestaltung der Umwelt zu einem sekundären Aspekt geworden ist, den man unter dem Gesichtspunkt der Subjektivität relativieren kann? Die Trennung zwischen primären und sekundären Qualitäten der Umwelt geht auf John Locke (1632 – 1704) zurück, der ähnlich wie René Descartes (1596 – 1650) grundsätzlich skeptisch gegenüber jeglicher Sinneserfahrung war. Während Descartes mit „Cogito, ergo sum“ – „Ich denke, also bin ich“ die menschliche Vernunft über die Sinneswahrnehmung erhebt, erklärt Locke Farbe zu einer sekundären Qualität und zu einem Produkt der Einbildung. Real waren für ihn nur noch die physikalischen Eigenschaften der Materie, wie Ausdehnung, Festigkeit, Gestalt, Bewegung oder Ruhe und Zahl.4 Schaut man sich einflussreiche, zeitgenössische Bauentwurfslehren wie von Ernst Neufert an, in dessen Buch die Farbe lediglich eine von sechshundertachtundvierzig Seiten einnimmt, bestätigt sich, dass Farbe auch in der gegenwärtigen Entwurfslehre ebenfalls nur von sekundärer Bedeutung ist.5

Die Tatsache, dass Farbe neben den zuvor genannten Argumenten auch als eine Sinnestäuschung empfunden wird, verleiht ihr zugleich etwas Beliebiges, Austauschbares und Subjektives. Dies macht sie dann wiederum bestenfalls zu einem schönen Schein, während das Material als einziger wahrer Gegenstand der Baukonstruktion gesehen wird.Für unsere Wahrnehmung ist die Architekturfarbigkeit jedoch eine primäre Erfahrungsqualität – genauso real und bedeutsam wie Sprache und Musik. In der Architektur ist Farbe ein Entwurfswerkzeug, das den geometrisch gezeichneten Raum mit dem sinnlich erfahrbaren Raum unserer Lebenswirklichkeit verbindet.

Viele Probleme, die mit dem Gebrauch von Farbe im Entwurfsprozess und ihrer Anwendung in der Architektur einhergehen, lassen sich auf die willkürliche Trennung von der Erscheinungsform und ihrer inhaltlichen Bedeutung zurückführen. Die Qualität und Wirkung einer Oberflächenfarbe lassen sich durch Parameter wie Buntton, Farbsättigung, Helligkeit, Materialstruktur, Glanzgrad, Transparenz, Leuchtkraft, Farbtiefe, Textur, Reflektivität, Absorptionsvermögen, Oberflächenbeschaffenheit und Schichtdicke bestimmen. Die Qualität und Wirkung des Lichts werden hingegen durch Parameter wie Farbtemperatur, Farbspektrum, Lichtintensität, Farbtreue (CRI), Homogenität, Blendungsgrad und Abstrahlwinkel festgelegt. Die Wechselwirkungen von Licht- und Oberflächenfarben werden wiederum durch Parameter wie Metamerie, Reflexion, Absorption, Transmission, Lichtstreuung, Farbkontrast, Nachleuchten, Interferenz und Schattenbildung bestimmt. Doch wer mit den äußerlichen Eigenschaften einer Farbe plant, ohne zugleich auch die inhaltlichen Wirkungen dieser Parameter auf das Erleben und Verhalten der Nutzer/-innen in den Blick zu nehmen, betreibt reinen Formalismus.

Formale Parameter der Farbe wie u. a. die Angabe von Buntton, Helligkeit und Sättigung bilden keine Basis für ein Farbkonzept.

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Farbtonverschiebungen durch unterschiedliche Lichtquellen

Die wahrgenommene Farbe einer Oberfläche wird von der Lichtfarbe und ihrer spektraler Zusammensetzung beeinflusst. Trifft farbiges Licht auf farbige Oberflächen, entstehen Farbtonverschiebungen. Dabei kommt es zu einer subtraktiven Farbmischung, bei der die resultierende Farbe durch die Wechselwirkung des Lichts mit der Oberfläche verändert wird.

neutral weißes Licht

blaues Licht

Eine weitere Herausforderung bei der Anwendung von Farbe als Entwurfswerkzeug entsteht durch die isolierte Betrachtung von Farbe und Licht. Auch wenn diese Trennung zur Erfassung physikalischer Phänomene sinnvoll ist, führt sie in Bezug auf unsere Umweltwahrnehmung oft zu falschen Schlüssen. Für unsere Wahrnehmung sind Licht und Farbe zwei Seiten des gleichen Phänomens, da die Beschreibung einer Oberflächenfarbe unter anderem die Bestimmung ihrer Helligkeit einschließt, während die Farbtemperatur ein maßgeblicher Faktor bei der Beschreibung einer Lichtfarbe ist. Darüber hinaus sind selbstverständlich auch die Lichtmenge und ihre Verteilung entscheidend. Ändert sich die Qualität des Lichts, was beim tageszeitlichen Verlauf der Sonne gut zu beobachten ist, transformiert sich auch die Farbe aller Oberflächen im Raum. Beim Kunstlicht zeigt sich ein vergleichbarer Effekt. Hier tragen neben vielen weiteren Faktoren sowohl die Farbtemperatur (CCT – Correlated Colour Temperature) als auch der Farbwiedergabeindex (CRI – Colour Rendering Index) entscheidend zur Qualität der Oberflächenfarben bei. Daher ist die genaue Analyse der Tages- und Kunstlichtverhältnisse im Raum die Grundlage eines erfolgreichen Farbkonzepts. Wer die Atmosphäre eines Raums gezielt gestalten möchte, muss dabei nicht nur die Lichtverhältnisse und die Farben der Oberflächen im Raum berücksichtigen, sondern auch deren wechselseitige Einflüsse. Diese Betrachtung ist unabhängig von weiteren entscheidenden Faktoren wie der Raumgeometrie.

Form follows function – colour follows effect

rotes Licht

grünes Licht

Der bekannte Satz „Form follows function“ des Architekten Louis Sullivan stammt aus seinem Essay von 1896 zu den formgebenden Prinzipien von Hochhäusern, die in den Metropolen der Wirtschaftsweltmacht USA zum Himmel emporstrebten. 6 Hier, wo die Optik der neuen Baustoffe Glas, Beton und Stahl dominierte, erschien die Farbe wie ein überflüssiges Ornament aus einer Vergangenheit, die möglichst schnell und radikal zu überwinden war. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde dieser Satz weltweit zum Leitspruch der Moderne, insbesondere im Bauhaus und der Internationalen Stilbewegung. Die hieraus entstandenen Leitprinzipien der Einfachheit, Klarheit, Effizienz, Standardisierung und der Modularität wurden zu den prägenden Entwurfsprinzipien in Städtebau und Architektur. Sie führten zu ikonischen Bauwerken wie dem Bauhaus-Gebäude von Walter Gropius in Dessau (D), der Villa Savoye von Le Corbusier in Poissy (F) und dem Seagram Building von Ludwig Mies van der Rohe in New York (USA). Aber auch zu ausgedehnten monotonen Vorstadtquartieren und Slums der Welt, die von Armut, Tristesse und Verwahrlosung geprägt sind.

Für den Einsatz von Farbe als Entwurfswerkzeug ist daher ein anderes Prinzip sinnvoller, das ich als „colour follows effect“ bezeichnen will. So folgt die Farbe zwar auch ihrer Funktion, aber viel mehr noch der Wirkung, die sie auf das Erleben und Verhalten des Menschen hat. Die Erarbeitung eines Farbkonzepts ist weder Kunst noch Dienstleistung,

denn Farbe ist ein Beziehungsinstrument, das eine Verbindung zwischen dem Menschen und seiner Lebenswelt schafft. Diese Beziehung des Menschen zu einem gebauten Raum dient dessen Wohlbefinden und muss nachhaltig sein. Daher kommt es darauf an, wie man Wohlbefinden in konkreten Arbeits- und Lebenssituationen definiert. Wenn uns kalt ist, fühlen wir uns in einer warmen, geborgenen Atmosphäre wohl. Ein Beispiel dafür wäre der skandinavische Wohnstil, der auf vielen erdigen Farbtönen basiert. Ist uns hingegen warm, dürfte die Wohlfühlatmosphäre auch etwas kühler sein. Der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung gilt auch für das Licht. In von Hitze und Trockenheit geprägten Weltregionen präferieren Menschen helles kaltweißes Licht. In den von langen kalten Wintern geprägten Weltregionen sorgt hingegen gedämpftes warmweißes Licht für Geborgenheit.

Es gibt keinen Weg, sich der Verantwortung für die Farbgestaltung zu entziehen – weder über den flächendeckenden Einsatz monochromer Farben wie Weiß oder Grau, noch über den willkürlichen Einsatz von Buntheit. Theoretisch sind wir völlig frei, Farben komplett unabhängig von ihren Bedeutungen und Wirkungen einzusetzen, doch praktisch ist das nahezu unmöglich, da unser Farbgebrauch von Konventionen bestimmt wird. Farben sind Symbole, ähnlich der Worte unserer Sprache, die auch nicht willkürlich ausgetauscht oder verändert werden können, ohne massive Verständnisprobleme zu erzeugen. In unserem Alltag müssen wir uns in jeder Situation auf den erlernten Zu-

sammenhang von Farbe, Inhalt und Wirkung verlassen. Das gilt nicht nur für die Farbcodes von Ampeln, Verkehrszeichen und Leitsystemen, sondern auch für viele andere farbliche Kennzeichnungen unseres Lebensraums.

Die Moderne hat durch die Tendenz zur Monochromie dafür gesorgt, dass die semantische Beziehung zwischen Zeichen und Bezeichnetem – zwischen Farbe und Inhalt an vielen wichtigen Stellen nicht mehr vorhanden ist. Ein Beispiel ist der Verlust der Lokalfarbigkeit. Lokalfarben entstanden durch die Verwendung lokaler Baumaterialien und tradierter Anstrichfarben in den meisten vormodernen Siedlungen. Mit dem Verlust der Lokalfarbigkeit und der semantischen Verbindung zwischen Farbe und Inhalt hat die Moderne einen wichtigen Aspekt der architektonischen Identität aufgegeben. Doch gerade in einer zunehmend globalisierten und uniformen Welt ist es entscheidend, diese Verbindungen wieder zu stärken. Farbe hat das Potenzial, weit mehr zu sein als nur ein ästhetisches Mittel; sie kann Orientierung bieten, Identität stiften und emotionale Bindungen schaffen. Die bewusste und durchdachte Anwendung von Farbe in der Architektur kann somit nicht nur Räume gestalten, sondern auch Gemeinschaften formen und das Erleben von Orten nachhaltig prägen. Es ist an der Zeit, Farbe wieder als einen wesentlichen Bestandteil der architektonischen Wirkung zu begreifen – ein Werkzeug, das über die ästhetische Gestaltung hinaus die Lebensqualität in unseren gebauten Umgebungen enorm bereichern kann.

Die Lokalfarbigkeit der „Hakka“-Architektur im Südosten Chinas zeigt, wie die Verwendung lokaler Baumaterialien und tradierter Anstrichfarben bei den Bewohnenden für eine starke regionale Identität sorgte.

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1 Einstein, A. (1916). Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie. Annalen der Physik

2 Kant, Immanuel. Kritik der reinen Vernunft. 2015 (1. Auflage, 1781)

3 Paul Watzlawick; Das Auge des Betrachters. Beiträge zum Konstruktivismus. Carl-Auer Verlag 2008

4 John Locke: An Essay Concerning Human Understanding. Reclam Ditzingen 2020 [1690]

5 Johannes Kister (Hrsg.), Ernst Neufert: Bauentwurfslehre. Grundlagen, Normen, Vorschriften, Springer Vieweg, Wiesbaden 2018.

6 Sullivan, Louis H. „The Tall Office Building Artistically Considered.“ Lippincott’s Magazine, März 1896, S. 403–409.7 Anders V. Munch: Der stillose Stil: Adolf Loos. Brill, Leiden 2005

Step by Step

Für mehr als 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter galt es, neue Büround Arbeitsräume zu gestalten, die ganz unterschiedlichen Bedürfnissen und Arbeitsabläufen gerecht werden mussten. Dabei sollten klassische Strukturen mit unkonventionellen und ausgefallenen Elementen kombiniert werden. Einerseits bedurfte es ruhiger Arbeitsplätze für konzentriertes Arbeiten und den Austausch mit Kund/-innen. Andererseits steht innerhalb des Teams der lockere Austausch an oberster Stelle, was inspirierende Sozialbereiche erforderlich machte. Umgesetzt hat das Team von raumkontor diese Anforderungen in einem offenen Workspace mit ergänzenden Besprechungsräumen und eingestellten Phoneboxen. So erhält jeder Aufgabenbereich seine individuell erforderliche Arbeitsumgebung.

Starke Corporate Identity für eine Personalberatung für IT-Professionals

Andere Menschen auf ihrem Karriereweg zu begleiten erfordert ein hohes Maß an Flexibilität und Dynamik. engaged & Company bietet eine professionelle Personalberatung mit Spezialisierung auf den IT-Bereich. Im 22-stöckigen RUHR Tower im Zentrum von Essen hat das transdisziplinäre Team von raumkontor die inhaltlichen Schwerpunkte des Unternehmens mit seinem CI-Auftritt kombiniert und auf neue Arbeitsräume übertragen. Entstanden ist ein ausdrucksstarkes Farb- und Raumkonzept.

OBJEKT | STANDORT

RUHR Tower, Essen

BAUHERR NUTZER engaged & company, Essen

INNENARCHITEKT raumkontor Innenarchitektur, Düsseldorf

TECHNISCHER BERATER

Tobias Bydolek, Düsseldorf

VERKAUFSBERATER

Peter Berlemann, Bottrop

AUSFÜHRENDER MALERBETRIEB

Heinrich Schmid GmbH & Co. KG, Recklinghausen

Erol Ergün (verantwortlicher Teamleiter)

FOTOS

Hans Jürgen Landes Fotografie

Schwarz-Weiß und mehr

Dabei wurde mit zwei Gestaltungsansätzen gearbeitet, erklärt der verantwortliche Innenarchitekt, Ingenieur und Mitgründer von raumkontor Jens Wendland: „Die Wandflächen in den Laufzonen wurden in dunklen Farbtönen ausgeführt und die Aufenthaltszonen in hellen Farbtönen. So wurde die Ton-in-Ton-Gestaltung für die Zonierungen angewendet und gleichzeitig ein Kontrast gesetzt.“ Darüber hinaus haben die verantwortlichen Innenarchitekt/-innen und Architekt/-innen aus Düsseldorf der Arbeitsfläche einen Bar- und einen Bistrobereich vorgelagert, der zudem Raum für eine lockere Sitzgruppe inklusive eines Billardtischs und einer Tischtennisplatte bietet. Hier soll das gemeinsame Erleben und eine familiäre Atmosphäre im Vordergrund stehen. „Für das junge Unternehmen war es wichtig, sich von anderen Unternehmen aus der gleichen Branche abzusetzen und in der Gestaltung einen Wiedererkennungswert und eine Einzigartigkeit mit ‚Wow-Effekt‘ zu schaffen“, so der Innenarchitekt.

„ Wir finden es spannend, eigentlich vertrauten Materialien in einem ganzheitlichen Raumzusammenhang neue Perspektiven abzugewinnen.“

JENS WENDLAND

Stark in Farbe und Dynamik

Da zudem der Sport für alle Mitarbeitenden im Unternehmen einen hohen Stellenwert einnimmt, hat sich das Gestaltungsteam dazu entschieden, erfolgreiche Sportler/-innen als übergeordnete Inspirationsquelle in die Gestaltung einzubeziehen. Aus diesem Grund finden sich auf vielen Tischen und Wänden Zitate von weltbekannten Sportlegenden wie Tiger Woods und Bo Jackson wieder. Auch die Besprechungsräume haben entsprechende Namen und Bezeichnungen erhalten. Diese feine omnipräsente Motivation wird durch das ausdrucksstarke Farbkonzept ergänzt.

Feuer und Flamme

Reduziert auf die drei Unternehmensfarben setzen orangefarbene Elemente innerhalb einer schwarz-weiß gehaltenen Raumgestaltung expressive Akzente – mal als Leuchte, als Schriftzug oder als beschreibbare Magnetwand. Dies verleiht den Räumen eine gewisse Dynamik und Lebendigkeit, die durch das vorherrschende Motiv des Kreises komplettiert wird. „Für die engaged & Company steht die Flamme in ihrem Firmenlogo für Spirit und Dynamik. Daher war von Anfang an klar, dass das Motiv der Flamme ein wichtiges Gestaltungselement sein wird“, erklärt Jens Wendland. „Deshalb haben wir die Flamme neu interpretiert und in Form von Punkten grafisch übersetzt.“ So lässt sich auf nahezu jedem Möbelstück die geometrische Form wiederfinden: auf Stühlen und Fronten als Ausstanzungen und durch die Verwendung von Lochblech-Materialien sowie an Wänden und Glaselementen in der Form einer progressiven Grafik. Dank der Kombination aus kreisrunder Form und orange leuchtender Farbe assoziiert man das flammende „e“ aus dem Firmenlogo bereits beim Austritt aus dem Aufzug, das teilweise sogar einen ‚tänzelnden‘ Eindruck suggeriert.

Motivation für Arbeit und Engagement

Ganz nach dem Leitspruch des Unternehmens „Ehe die Flamme erlischt, liefern wir Ihnen das passende Personal“ hat das Team von raumkontor den knapp 600 m2 Arbeitsfläche so ein sehr energetisierendes Gestaltungskonzept verliehen. „Das ist immer die erste große Herausforderung zu Beginn eines Projektes“, erklärt Jens Wendland. „Herauszudestillieren, was die Kernthemen eines Unternehmens sind und was den Spirit ausmacht. Gute Arbeitsorte sind viel mehr als eine Ansammlung von Tischen und Stühlen. Wir brauchen innovative Arbeitsstrukturen und ein entsprechendes Arbeitsumfeld, mit dem man sich identifizieren kann und dadurch auch Lust hat, sich für eine gemeinsame Sache zu engagieren.“

„ Ein gutes Gestaltungskonzept beinhaltet immer ein Leitmotiv in der Umsetzung der Räumlichkeiten, in der Möbelauswahl und in der Ausführung der Innenausbauten.“
WENDLAND

JENS

BRILLUX PRODUKTE

Lacryl Tiefgrund 595

Dolomit 900

WDVS Alu-Eckschutzschiene 3787

Acryl-Dichtungsmasse 395

Evocryl 200 TSR

MP-Dickschicht 229

Lightvlies 130

Vlieskleber 375

Impredur Seidenmattlack 880

Sedagloss 993

Briplast Planofill 1875

Briplast Silafill 1886

2K-Aqua Epoxi-Primer 2373 / 2K-Aqua Epoxi-Härter 2374

Superlux 3000

WDVS Gewebe-Eckschutzschiene 3763

BRILLUX SCALA FARBTÖNE

99.00.18

99.00.48

RAL 9010

RAL 9004

RAL 7035

RAL 9016

RAL 7023

RAL 7016

Perspektivwechsel

Eine Architektur

aus Plastik stimmt nachdenklich

Funktional! Das ist wohl die erste Assoziation, die einem bei der Betrachtung einer handelsüblichen Obst- und Gemüsekiste in den Sinn kommt. Doch Hyunje Joo geht noch einen Schritt weiter. Der Architekt und Designer experimentiert in seinen Projekten mit Alltagsgegenständen und gängigen Materialien und arbeitet mit seinem Büro dabei an den Grenzen der Architektur.

Sein Recycling-Pavillon in Südkorea bringt dabei buchstäblich eine ganz neue Perspektive ans Licht.

Zwischen Material und Form

Die etymologische Herkunft von Plastik geht auf das griechische Wort „plastiko“ zurück, was so viel wie „formen“ bedeutet. Ursprünglich bezogen auf den Herstellungsprozess des Materials, interpretiert Hyunje Joo mit seinem Team dieses Wort und das Material völlig neu und ‚formt‘ aus einfachen Transportkisten eine architektonische Struktur. Dabei geht es dem Architekten, der in Aachen und Düsseldorf studiert hat, nicht um eine Wertung von richtigem oder falschem Einsatz, sondern vielmehr um die Möglichkeiten, die mit gewissen Materialien einhergehen.

Zwischen Kunst und Bau

Die Idee des modularen Pavillons für einen Wettbewerb im Rahmen des Lichtkunstfestivals im südkoreanischen Suseong-gu entstand mit der Frage, welches Potenzial für die Architektur in einer funktionalen Struktur stecken kann, wenn diese aus einer völlig neuen Perspektive betrachtet wird. „Dabei fand ich es vor allem interessant, mit dem Bau und der Bildenden Kunst zu experimentieren“, so Hyunje Joo. „Was denken wir über den Bau und die Skulptur? Ist die angedachte Verwendung immer die richtige? Ich versuche zu zeigen, dass man durch meine Arbeiten vielfältige Aspekte im täglichen Leben finden kann.“

Zwischen innen und außen

Der zehn Meter lange und sechs Meter breite Pavillon, der problemlos an nahezu jedem Ort aufgestellt werden könnte, besteht aus 1.300 Kisten. Von außen als Sitzgelegenheit nutzbar, offenbart das Innere einen Raum mit offener Vorder- und Rückseite, den man damit durchschreiten kann. Durch die perforierte Beschaffenheit der Kisten entsteht dabei eine Art Fassade, die lediglich eine feine, halbtransparente Grenze von Innen- und Außenraum schafft und mit unterschiedlichen Lichtverhältnissen spielt. „Der Besucher reagiert von innen heraus auf Licht- und Schattensilhouetten und erlebt den Raum mit seinen eigenen Sinnen“, erklärt Hyunje Joo. „Durch das Licht und die Reflexion ist die Oberfläche der Kisten in ständiger Bewegung – die Farbe Weiß bietet dafür als eine Leinwand die perfekte Kulisse.“

Zwischen Licht und Schatten

Was am Tag die Farben und Lichtverhältnisse aus der Umwelt schaffen, die sich je nach Zeit und Wetter ändern, erzeugen der Architekt und sein Team mit Lichtfarben, die den Pavillon in der Dämmerung und bei Nacht von innen heraus erstrahlen lassen. „Farbe ist in meiner Arbeit. Aber ich bevorzuge es, nicht nur mit einer Farbe die Sachen zu definieren“, so der Architekt und Designer. „Bei diesem Werk fixieren die verschiedenen Lichtfarben das Werk nicht, sondern schaffen eine sich ständig verändernde Fassade und eine farbenfrohe Atmosphäre.“

Zwischen Heute und Morgen

Aus diesem Grund wechseln die ausgewählten Lichtfarben kontinuierlich und erzeugen eine Art Bewegung. Bewegung, die über die Farbe und Fassade hinausgeht und für Hyunje Joo selbst sehr wichtig ist. So zog er mit seinem in Düsseldorf gegründeten Büro 2021 nach Seoul und arbeitet derzeit sowohl als praktizierender Architekt als auch als Professor an der Kangwon National University. Auch in Bezug auf die Ansichten von Plastik bedarf es seiner Meinung nach Bewegung. „Heutzutage ist die Umweltfrage ein großes Thema in der Welt und in jedem Land gibt es negative Ansichten über Plastik, wobei viele Menschen Plastik nur zum einmaligen Gebrauch oder als Verpackungsmaterial betrachten.

Wenn es aber recycelt wird und auf Pflanzen basiert, wäre aus einer anderen Perspektive ein nachhaltigerer Einsatz möglich.“ Um diesen Ansatz zu unterstreichen, wurden nach dem Abbau des Pavillons die Kisten an Menschen verteilt, die sie haben wollten und für verschiedenste andere Verwendungszwecke gut gebrauchen konnten – für buchstäblich recycelte Architektur im Alltag.

Vom Modehaus zum Campus

Es dauert bis zu 80 Jahre, bis ein Bauwerk durch seinen effizienten Betrieb möglicherweise die Auswirkungen seines eigenen Bauprozesses kompensiert hat. Daher besteht die gegenwärtige Herausforderung nicht unbedingt darin, Neubauten energieeffizienter zu gestalten, sondern uns mit der Leistungsfähigkeit bestehender Gebäude zu befassen. Angesichts zunehmender Urbanisierung sowie des Drucks zur Nachverdichtung kommen wir dabei um eine Verlängerung der Nutzungsdauer von Gebäuden nicht umhin. Diese äußerst nachhaltige Strategie bildete den Rahmen für ein neues Kapitel, welches in der Geschichte des Spenglerparks – einem Zeitzeugnis des damaligen Schweizer Modekonzerns Spengler AG – nun geschrieben wurde.

Während einer über zweijährigen Bauzeit wurde die in den Jahren 1971 und 1991 in verschiedenen Bauabschnitten entstandene Liegenschaft Spenglerpark in Münchenstein (Schweiz) einer Totalsanierung unterzogen. Dabei wurden unter anderem Altlasten entfernt, das Tragwerk erdbebenertüchtigt, die Gebäude- und Anlagentechnik erneuert sowie die Gebäudehülle in Teilen komplett ersetzt. Parallel dazu erfolgten eine Reihe von Eingriffen in die Bausubstanz, um die Geschossflächen mit deutlich mehr Tageslicht zu versorgen und die drei Gebäudetrakte unmittelbarer miteinander zu verbinden. Die Gebäudestruktur mit ihren tiefen Raumschichten stellte Planer und Nutzer vor die Aufgabe, für ihre Adaption und Nutzung ungewöhnliche Lösungen zu finden, um die Liegenschaft zum Campus mehrerer Schulen für Gesundheitsberufe zu transformieren.

In den Baukörper von Haus A wurden auf der Gebäudesüdseite zwei je 10 Meter breite mehrgeschossige loggienartige Einschnitte eingesägt. Sie führen das Licht in die dahinterliegenden Aufenthaltsbereiche der Etage und in die Mittelzone der dreibündigen Struktur und verbessern die Belichtung der Geschosse und damit die Nutzungs- und Aufenthaltsqualität wesentlich. Als sogenannte „Grüne Lungen“ nehmen diese Lufträume zugleich die Begrünung mit Rankpflanzen auf. In den neu ausgebildeten Volumina des 5. und 6. Obergeschosses wurden in der Achse der zentralen Korridorerschliessung je zwei Lichthöfe eingeschnitten, die zusätzliches Tageslicht ins Gebäudeinnere einbringen. Gleichermaßen wurde ein der Nutzung als Schulgebäude entsprechendes Treppenhaus in den Baukörper eingefügt. Geschossweise versetzte Treppenläufe formieren sich zu einer eleganten skulpturalen Erschließungsfigur. Der energetisch und bauphysikalisch unzulängliche Zustand der bestehenden Gebäudehülle von Haus A aus dem Erstellungsjahr 1971 machte einen Totalersatz der Fassade erforderlich, wozu die Betonfertigteilfassade rückgebaut wurde. Die neue Fassade ist gegliedert in einen repräsentativen Sockel aus geschliffenen schwarz pigmentierten Betonelementen mit Flusskies als Zuschlagstoff. Der Ausdruck der

Einbindung des Spenglerparks in die angrenzenden Grünräume

darüberliegenden Metallfassade wird nicht über das gewählte Material bestimmt, vielmehr erhält die Fassade ihre Tiefe und ihren Ausdruck über die Struktur und Proportionen. Die grüne Farbe gibt dem Gebäude eine freundliche Ausstrahlung und nimmt Bezug auf die tradierte Farbgebung eines Schulhauses. Die Farbgebung des außenliegenden Sonnenschutzes im Erdgeschoss, in Form von textilen Vertikal- und Ausstellmarkisen in leuchtendem orange, kokettiert als Komplementärfarbe mit dem matten Grünton der neuen Vorhangfassade und betont damit die markante Sockelausbildung. Durch die Haus A und B verbindende sogenannte Passerelle wird die Verbindung der Bauten untereinander nunmehr als Raumkontinuum wahrgenommen, das der inneren Funktionsweise des Campus Bildung Gesundheit entspricht.

„ Das grünste Gebäude ist das, das bereits gebaut ist.“

CARL ELEFANTE Architekt und Nachhaltigkeitsforscher

OBJEKT STANDORT

Passerelle

Grüne Lungen

Spenglerpark, Münchenstein (CH)

BAUHERR | NUTZER

CSA Real Estate Switzerland

Eine Anlagegruppe der Credit Suisse Anlagestiftung

BAUHERRENVERTRETUNG

Stokar + Partner AG, Basel (CH) Fontius Partner, Basel (CH)

TECHNISCHER BERATER

Peter Schweizer, Muttenz (CH)

VERKAUFSBERATER

Roberto Catania, Muttenz (CH)

AUSFÜHRENDE MALERBETRIEBE z. B. Marcel Fischer AG, Basel (CH)

FARB- UND MATERIALKONZEPT

Lorenz Architekten GmbH, Basel (CH)

Blaser Architekten AG, Basel (CH)

FOTOS

Tina Barth, Basel (CH)

LUFTBILDER

Aluarts, Basel (CH)

TEXT

Christian Fontius

Lichthöfe „Grüne Oase“
Lichthöfe
HAUS C
HAUS B
HAUS A
© Blaser Architekten AG
Treppenhaus

„ Die Layouts und Atmosphären sind das Ergebnis einer engen und intensiven Zusammenarbeit zwischen Architekten, Nutzern und Bauherrschaft. So gelang es, die künftige Funktionsweise des Campus Bildung Gesundheit in Form zu giessen und dem Gebäude eine neue Identität in einem weiteren Lebenszyklus zu verleihen.“

Lernlandschaften Campus Bildung Gesundheit

Begrünte Lichthöfe „Grüne Oase“

Im Haus B wurden in die Tragstruktur der ehemals vierzig Meter tiefen gewerblich genutzten Geschossflächen vom 1. bis zum 4. Obergeschoss zwei große längsrechteckige Lichthöfe eingeschnitten. Diese als über dimensionierte Laternen funktionierenden Bereiche wurden jeweils mit einem vom Baukörper abgelösten Glasdach überdeckelt, sodass darin stets Außenklima herrscht. Die Atrien wurden durch Pflanzen in Hochbeeten begrünt. Vom Glasdach abgependelte, mit Filz ummantelte Zylinder spenden abends und in den Wintermonaten Licht und ermöglichen in den Atrien eine den Unterrichtszwecken der Schulen angemessene Akustik. Als sogenannte „Grüne Oase“ sind die begrünten Lichthöfe Teil des pädagogischen Konzeptes des Campus Bildung Gesundheit.

Ein von den beiden beteiligten Architekturbüros zusammen mit den Nutzern entwickeltes Farb- und Materialkonzept verbindet die verschiedenen Gebäudetrakte und unterstreicht das Raumkontinuum. Decken und Wände der Schulzimmer sind generell in einem Weißton gehalten, während die in den Verkehrszonen eingestellten Volumina und ausgewählte Wandflächen in Pastell tönen besondere Funktionen bzw. übergeordnete Zonen akzentuieren. Im 6. Obergeschoss, das als Open-Space-Geschoss die Verwaltung der verschiedenen Schulorganisationen des Campus beherbergt, kontrastieren in warmen Rot-Tönen gehaltene Wandflächen mit einem unifarbenen petrolblauen Linoleum-Bodenbelag.

„ Öffentliches Leben, Fröhlichkeit und Lebendigkeit haben in den Spenglerpark Einzug gehalten. Mit viel Licht, räumlicher Prägnanz und einer bewussten Farbgebung gelingt die Transformation des mächtigen Industriebaus zu einem Schulhaus, das eine ‚beschwingte Leichtigkeit‘ versprüht.“

Neue Erschließung Haus A

Die durch die neuen Lichthöfe und Einschnitte in die Baukörper entstandenen vielfältigen Tageslichtsituationen verleihen den Räumlichkeiten im Zusammenspiel mit der Farbgebung unterschiedlichste Atmosphären, die zum Lernen aber auch zum Verweilen anregen. Energetisch betrachtet zeitigt die Totalsanierung eine Energieersparnis von siebzig Prozent gegenüber dem Verbrauch für Heizen, Lüften und Kühlen vor der Sanierung, zugleich wird durch Photovoltaik auf der Dachfläche der Jahresstrombedarf von 54 Einfamilienhäusern erzeugt. Der Umbau des Gebäudekomplexes Spenglerpark darf als Beispiel dafür gelten, die Leistungsfähigkeit einer Bestandsliegenschaft in ihrer Gänze erfasst und durch gezielte Eingriffe für einen weiteren Lebenszyklus und eine neue Nutzung wertschöpfend und nachhaltig ertüchtigt zu haben.

oben links: Ansicht Aula, mit Gebäudeeinschnitt Grüne Lunge oben rechts: Adressbildung durch das weit auskragende Hauptdach

BRILLUX PRODUKTE

Sedashine 991

Sedagloss 993

CreaGlas 2K-PU-Finish 3471

2K-Aqua Epoxi-Primer 2373

2K-Aqua Whiteboard 2384

Hydro-PU-Spray Seidenmattlack 2188

Metalic-Effektlack 670

Malerweiß 956

Dolomit 900

Vitasense 9005

FARBTÖNE

CH 1017

CH 1018

CH 1019

CH 1020

CH 1021

CH 1022

CH 1023

Kernzone Campus Haus A
Lorenz Architekten

Wohnungsneubau, Rue de Charenton, Paris Pantin©SchneppRenou

Wohnanlage, „Wientalterrassen“, Wien

Daniel Hawelka

Seniorenwohnungsbau, „Allan & Geraldine Rosenberg Residences“, Long Island

Inessa Binenbaum

Sozialwohnungsbau Salvador Espriu, Palma, Mallorca

Jose Hevia

FOTOS

Schönes Wohnen für alle

Auf die Frage nach der Art des Wohnens finden sich weltweit vielversprechende Antworten. Baugruppen, Mehrgenerationenhaushalte, Clusterwohnen und genossenschaftlicher Wohnungsbau bilden Alternativmodelle und Experimentierfelder, die auf den sozialen Wohnungsbau ausstrahlen. Im Fokus stehen dabei der Mensch, die Gemeinschaft und die Umwelt. Projekte in Paris, Wien, New York und auf Mallorca zeigen neue Chancen einer zukunftsweisenden Wohnarchitektur. Mit dem Versprechen für ein schönes und besseres Wohnen für alle.

Nachhaltig in jeder Hinsicht: eine klimagerechte Energieeffizienz, ökologische Bauweise, langlebige und lokale Baustoffe sowie eine starke Gemeinschaft prägen den sozialen Wohnungsbau in der Salvador Espriu in Palma.

Sozialer Anspruch

Es ist bald 20 Jahre her, dass Jugendliche in der Pariser Banlieue Mülleimer, Autos und öffentliche Einrichtungen angezündet haben. Mit den Krawallen im November 2005 brannte am Stadtrand der französischen Hauptstadt nicht nur das Symbol einer gescheiterten Politik, sondern auch das einer misslungenen Architektur. Maßstabslosigkeit, Uniformität, sterile Raumdefinitionen sowie die soziale Entmischung der Großsiedlungen (Grands Ensembles, sogenannte HLM Habitation à loyer modéré), die zwischen 1950 und 1974 unter Anwendung der Prinzipien der Charta von Athen (Einfachheit, Wirtschaftlichkeit, Grünflächen, Besonnung) entstanden sind, hatten die Gesellschaft untergraben. Probleme, die allzu lange ignoriert wurden. Bis es knallte.

Zurück zum Idealismus

Im sozialen Wohnungsbau gab es schon viele Versprechen, und er kennt verschiedenste Gesichter. Allzu präsent sind leider immer noch die stigmatisierenden Beispiele schnell gebauter, minderwertiger Hochhaussiedlungen, gleichförmiger Plattenbauten und beliebiger Trabantensiedlungen außerhalb der Städte und damit auch außerhalb des gesellschaftlichen Lebens. Wohnen als ein menschliches Grundrecht beinhaltet aber auch den Anspruch auf ein gutes Wohnen mit Schönheit und Lebensqualität. Mit viel Grün, Licht, Luft und Leben – ein Wohnraum, der mehr bietet als einfach nur einen Schlafplatz. Politik und Gesellschaft haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. In Paris und im Großraum um die Metropole sind in den letzten zwei Jahrzehnten eine Reihe von neuen und anspruchsvollen sozialen Wohnungsbauten realisiert worden, die es besser machen wollen als die Planungen der Nachkriegsmoderne und der 1970er-Jahre. Diesen ist es gelungen, sozial geförderten Wohnbau neu zu denken.

Wohnungsneubau, Rue de Charenton, Paris Pantin©SchneppRenou

Ein herausragendes Beispiel befindet sich im 12. Arrondissement von Paris, wo das Team von Avenier Cornejo Architectes 2019 in der Rue de Charenton einen nachhaltigen Wohnungsneubau nach sozialen

Wohnanlage, „Wientalterrassen“, Wien

Daniel Hawelka

Seniorenwohnungsbau, „Allan & Geraldine Rosenberg Residences“, Long Island Inessa Binenbaum

Sozialwohnungsbau Salvador Espriu, Palma, Mallorca

Jose Hevia

Kriterien geschaffen hat. Die Rue de Charenton zählt zu einer der ältesten und längsten Straßen von Paris. Der zweigeschossige Bestandsbau, der hier zuvor gestanden hat, war in äußerst schlechtem Zustand. Es sei eine Art Hostel, eine günstige Schlafstätte gewesen, erinnert sich die für den neuen Wohnungsbau verantwortliche Architektin Christelle Avenir. 2017 organisierte die Vermietungsgesellschaft Habitat Social Français einen Wettbewerb für einen siebengeschossigen Neubau mit 22 Sozialwohnungen an gleicher Stelle, den das junge Pariser Studio Avenier Cornejo Architectes für sich entscheiden konnte. Ihr Entwurf ist eine Architektur mit Identität. Die zeitgenössische Ziegelfassade korrespondiert in ihrer Kleinteiligkeit mit den wunderschönen Nachbargebäuden aus der Haussmann-Epoche. Jede Wohnung orientiert sich dabei nach Norden und Süden, wodurch eine gute Querlüftung ermöglicht wird.

Vorbild Paris

Doch was sind die äußeren und inneren Werte eines solchen Sozialwohnungsbaus? „Wichtig ist, dass die Architektur Bestand hat und lange schön bleibt, denn das zahlt sich für die Stadt und die Nachbarschaft aus“, antwortet die Architektin. „Wir möchten, dass die Menschen, die in unseren Gebäuden leben, stolz auf ihr Zuhause sind und spüren, dass wir ihnen Qualität bieten wollen. Deshalb achten wir immer darauf, gute Materialien für die Fassade zu verwenden.“

Gleichzeitig bietet der Neubau in der Rue de Charenton neben einer hohen Qualität in der Ausführung, bspw. mit Echtholzböden, für die Mietparteien den Vorteil stabil bleibender, geringer Nebenkosten durch eine natürliche Energieeffizienz. Denn das Haus produziert mehr Energie, als es verbraucht.

Die Architektin Christelle Avenier betont aber auch die Differenzierung zwischen Projekten dieser Art in der französischen Hauptstadt und den größeren Städten des Landes mit denen in den kleineren Gemeinden. Avenier Cornejo Architectes realisieren sowohl sozialen als auch privaten Wohnungsbau und kennen

Gerade in kleinen Apartments wie in Paris ist hohe Qualität essenziell. Avenier Cornejo Architectes setzt sowohl im privaten (oben: „88 Wohneinheiten in Pantin“) als auch im sozialen Wohnungsbau (unten: „Rue de Charenton“) auf hochwertige Materialien und Details.

die Unterschiede. Im sozialen Wohnungsbau in Paris werden mit finanzieller Förderung der Regierung hochwertige Materialien und Baustoffe verwendet, damit Haltbarkeit und Langlebigkeit so lange wie möglich garantiert werden. Der private Wohnungsbau wird hingegen kaum mit mehr als zehn Jahren angesetzt, damit er sich für Investoren amortisiert. Dies wirkt sich auf die Qualität aus und Architekturbüros müssen hier in der Ausführung um jedes Detail kämpfen. So wie in Paris-Pantin am Canal L’Ourcq, wo die französische Architektin mit ihrem Büropartner Miguel Cornejo ein Neubau-Ensemble für einen privaten Wohnungsbau am Wasser geschaffen hat. Die Ziegelfassaden des Pantin-Projekts erinnern an die Fassaden in der Rue de Charenton, zeigen aber einen ganz eigenen Charakter. Wichtiger Unterschied: Die Apartments im sozialen Wohnungsbau sind ein bisschen größer, betont die Architektin. Es klingt paradox, aber der moderne soziale Wohnungsbau in Paris wird nicht nur besser gebaut, sondern sieht auch mehr Quadratmeter pro Person vor.

Wiener Modell

Wenn es in Paris eine neue Tradition gibt, schöne Sozialwohnungen auf hohem architektonischem Niveau zu bauen, fällt schnell der Name einer weiteren europäischen Metropole, die als Vorreiter für einen gelungenen sozialen Wohnungsbau gilt: Wien. Die Augen von Christelle Avenier, die selbst seit 2023 eine Gastprofessur an der Technischen Universität hat, leuchten, wenn sie von den Wohnprojekten aus Wien erzählt. Nicht ohne Grund gilt Wien als besonders lebenswerte Stadt. Beim Wiener Modell wird Wien selbst zur Bauherrin. 2024 leben schätzungsweise über 600.000 Einwohnerinnen und Einwohner im sogenannten Gemeindebau. Wohnen ist hier seit 1919 ein Schwerpunkt der Politik.

Wohnungsneubau, Rue de Charenton, Paris Pantin©SchneppRenou

Aktuelles Vorzeigeprojekt für ein zukunftsorientiertes, ökologisch-bewusstes Wohnquartier ist die Wohnanlage „Wientalterrassen“ mit 295 Wohnungen im Wiener Stadtbezirk Penzing. Entworfen und

Wohnanlage, „Wientalterrassen“, Wien

Daniel Hawelka

Seniorenwohnungsbau, „Allan & Geraldine Rosenberg Residences“, Long Island

Inessa Binenbaum

Sozialwohnungsbau Salvador Espriu, Palma, Mallorca

Jose Hevia

geplant wurde das fünfteilige Ensemble im Wiental von dem österreichisch-finnischen Architekturbüro Berger + Parkkinen in einer Arbeitsgemeinschaft mit Architekt Christoph Lechner & Partner , die sich im Bauträgerwettbewerb durchgesetzt hatten. Grüne Höfe, extensiv begrünte Technikdächer und die drei gemeinschaftlichen „Wientalterrassen“, die namensgebend für das Projekt waren, tragen mit der Bepflanzung zu einer Reduzierung der innerstädtischen sommerlichen Wärmeinseln bei und kühlen die Umgebung.

Nachhaltige Energiegewinnung unter anderem durch Sonnenkollektoren, Warmwasseraufbereitung und ergänzende Maßnahmen wie Hochleistungsfenster sowie wassersparende Armaturen in allen Badezimmern treffen auf soziale Vielfalt und neue Wohnmodelle für getrennt lebende oder alleinerziehende Elternteile. Clusterwohnen ist auch in Wien noch kein Standardangebot. Dabei teilen sich Wohneinheiten einen großzügigen Gemeinschaftsraum und die Küche, haben aber separate Privatzimmer mit eigenem Bad. „Die Aufgabe einer Wohnung ist, Menschen einen geschützten Raum zu bieten. Wir glauben, dass ‚mehr‘ Raum wichtig ist und dass Raum nicht monofunktional gedacht werden darf“, sagt Architektin Tiina Parkkinen. „Eine gute Wohnung ist flexibel nutzbar und veränderbar. Menschen können sehr gut selbst entscheiden, auf welche Art sie Räume nutzen möchten. Essenziell ist das Potenzial zur Entfaltung.“

Alle Grundrisse in den „Wientalterrassen“ sind vielfältig modulierbar und flexibel angelegt. Leichtbauwände in den Wohnungen ermöglichen nachträgliche Umbauten, und die Schaffung von sogenannten „Schalträumen“, die ohne allzu großen Aufwand geschlossen oder abgetrennt werden können, eröffnen auch loftartige, offene Raumstrukturen. Tiina Parkkinen: „Die Anforderungen an den Grundriss sollen die Bedürfnisse unserer Gesellschaft widerspiegeln. Leben und Wohnen ist heute anders als in vergangenen Zeiten und wird auch in Zukunft wieder anders sein. Daher ist es so wichtig, dass die Wohnung neue

Clusterwohnen in Wien: Das fünfteilige Ensemble von Berger + Parkkinen bedient unterschiedlichste Wohn- und Lebensformen und bleibt flexibel für zukünftige Anforderungen an das Wohnen.

und unterschiedlichste Wohn- und Lebensformen ermöglicht.“ Die Mietermischung aus allen Generationen bildet eine Gemeinschaft in den „Wientalterrassen“: Wer will, trifft sich auf dem Dach.

New Yorker Stararchitektur

Architektonische Konzepte für soziales Wohnen kommen in Zeiten der Wohnungskrise auch vermehrt von namhaften Architekturbüros, die sich dieser Bauaufgabe mit der gleichen Überzeugung wie für Konzerthäuser, Museen und andere Ikonen verschrieben haben. Eine Stimme ist dabei die des Stararchitekten Daniel Libeskind – weltweit bekannt für seine dekonstruktivistische Museumsikone für das Jüdische Museum Berlin. 2023 hat das Studio Libeskind in New York bezahlbaren Seniorenwohnraum gebaut, womit der Architekt ein echtes Zeichen setzt. In Zusammenarbeit mit der Non-Profit-Organisation Selfhelp Community Services hat Libeskind auf Long Island den ersten Bauabschnitt für die „Allan & Geraldine Rosenberg Residences“ fertiggestellt.

Der fünfgeschossige, weiße Passivhaus-Neubau zeichnet sich durch eine minimalistisch wirkende Anmutung aus. Geometrische Fassadenspiele mit spitzen Winkeln und gegeneinander verlaufenden, vertikalen Kanten verweisen auf die typische Handschrift von Libeskind. Dachfenstergauben unterbrechen in einem unregelmäßigen Rhythmus das schräge Stehfalzdach aus Metall und blicken auf den Horizont. 44 Wohneinheiten sind hier für eine einkommensschwache Bevölkerung im Alter ab 55 Jahren und älter entstanden. Dabei sind 30 Prozent der Wohnungen für körperlich beeinträchtigte und ehemals obdachlose Senioren vorgesehen.

gemeinsamer Erholungsort und hauseigener Freiraum. Die Anordnung von Treppenhausfenstern und die Organisation der Flure sollen aktivierend wirken und die Bewohnerinnen und Bewohner dazu ermutigen, die Treppe zu nehmen, anstatt den Aufzug zu benutzen. Der US-amerikanische Architekt ist davon überzeugt, dass die Schaffung hochwertigerer preisgünstiger Wohnungen eines der dringendsten Probleme ist, mit denen die Welt heute konfrontiert ist. „Viele zeitgenössische Sozialwohnungsprojekte basieren auf dem Kopieren gescheiterter Beispiele aus der Vergangenheit, die den Bedürfnissen der Menschen nicht angemessen gerecht werden“, findet Daniel Libeskind. Mit den „Allan & Geraldine Rosenberg Residences“ zeigt er, wie es auch besser gehen kann.

Spanische Steine

Zurück nach Europa, wo auf der Urlaubsinsel Mallorca das Balearische Institut für sozialen Wohnungsbau (kurz IBAVI) erst kürzlich ein wegweisendes Wohnungsbaumodell realisiert hat. Nicht nur eine klimagerechte Energieeffizienz und die ökologische Bauweise, sondern auch langlebige, lokale Baustoffe prägen den nachhaltigen sozialen Wohnungsbau in der Salvador Espriu in Palma. 19 neue Sozialwohnungen komplettieren hier seit 2023 den zweigeschossigen Wohnungsbau für insgesamt 27 Mieteinheiten. 2021 wurden die ersten acht Einheiten des Sozialwohnungsbaus „Salvador Espriu I“ fertiggestellt. Entworfen haben das zwei phasige Projekt die Architekten Carles Oliver, Antonio Martín, Xim Moyá und Alfonso Reina des IBAVI . Die Planung basiert dabei auf einer Versuchsanordnung. Wie gelingt es, ein mehrgeschossiges Wohngebäude als eigenes, gesundes Ökosystem zu entwickeln?

Wohnungsneubau, Rue de Charenton, Paris Pantin©SchneppRenou

„Bei Seniorenwohnungen geht es darum, ein Zuhause zu schaffen, in dem sich die Bewohner sicher, würdevoll und emotional mit ihren Nachbarn verbunden fühlen. Vor allem aber geht es darum, eine lebendige Gemeinschaft zu schaffen“, betont Libeskind. Für die Bewohnerschaft dient ein begrünter Innenhof als

Wohnanlage, „Wientalterrassen“, Wien Daniel Hawelka

Seniorenwohnungsbau, „Allan & Geraldine Rosenberg Residences“, Long Island Inessa Binenbaum

Sozialwohnungsbau Salvador Espriu, Palma, Mallorca

Jose Hevia

Gestaltung und Grundrisse basieren auf den Ergebnissen jahrelanger Untersuchungen. Zunächst versuchte das Planungsteam den Energiebedarf für die Mieter/-innen so weit wie möglich zu senken, um sicherzustellen, dass es nicht zur Energiearmut kommt. In einem zweiten Schritt sollte der Komfort im Inneren

Die Schaffung hochwertiger und zugleich preisgünstiger Wohnungen ist eine der dringendsten Aufgaben der aktuellen Welt und kein Gegensatz, wie die „Allan & Geraldine Rosenberg Residences“ zeigen.

der Wohnungen baulich umgesetzt werden – möglichst ohne den Einsatz von Technologie, weil solche Elemente schnell veralten können. Die Architekten konzentrierten sich deshalb darauf, rein konstruktive Antworten auf die Anforderungen zu finden.

Beide Bauabschnitte antworten mit einer soliden Bausubstanz aus lokalem Marès-Sandstein, um bestmögliche Orte aus natürlichen Materialien zu schaffen. Um das Innere vor Hitze zu schützen, entschied sich das Planungsteam für eine massive Konstruktion aus Sichtmauerwerk. Der dafür verwendete Sandstein stammt aus lokalen Steinbrüchen der Insel, keine 20 km vom Baugrundstück entfernt. Marès-Sandstein ist ein lokales kohlenstoffarmes Material mit hoher Trägheit und hygroskopischem Regulator, das langlebig und zu 100 % recycelbar ist.

Durch seine poröse Struktur hat der Sandstein eine gute thermische Speichermasse und ist ein ideales Baumaterial, um Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit zu regulieren. Loggien flankieren die Wohnungen im „Salvador Espriu II“ zur Straßen- und Gartenseite, ermöglichen eine Querlüftung und dienen als zusätzlicher Sonnenschutz und Pufferzone zwischen innen und außen. Das Resultat ist mehr als erstaunlich: Um insgesamt 75 % pro Jahr kann der Energiebedarf für Heizung und Kühlung im „Salvador Espriu I“ (7,49 kWh x m2) und um 60 % im „Salvador Espriu II“ reduziert werden. Die jährlichen

CO2-Emissionen liegen laut El Croquis bei 297,05 kg

CO 2 /m 2 im „Salvador Espriu I“ und bei 331,12 kg CO 2 /m 2 im „Salvador Espriu II“. Zum Vergleich: Laut Umweltbundesamt benötigen Deutsche im Schnitt ca. 130 Kilowattstunden Wärme pro Quadratmeter Wohnfläche – durchschnittlich 40 – 50 kWh/m2 im Neubau und 15 kWh/m2 im Passivhaus.

Wohnungsneubau, Rue de Charenton, Paris Pantin©SchneppRenou

Wohnanlage, „Wientalterrassen“, Wien

Daniel Hawelka

Seniorenwohnungsbau, „Allan & Geraldine Rosenberg Residences“, Long Island

Inessa Binenbaum

Sozialwohnungsbau Salvador Espriu, Palma, Mallorca

Jose Hevia

Die öffentliche Einrichtung IBAVI des Balearischen Bauministeriums experimentiert im sozialen Wohnungsbau neben lokalem Sandstein auch mit anderen natürlichen Materialien mit geringem Energiegehalt, wie mit Biomasseziegeln oder Stampflehm. Die Isolierung der Dächer im zweiten Bauabschnitt besteht aus getrockneten, abgestorbenen Blättern der „Posidonia Oceanica“ – eine geschützte Meerespflanze, deren Verwendung vom Umweltministerium nur genehmigt wird, um lokalen Überschuss auszunutzen. Gekühlt und wärmegespeichert wird durch die Materialien selbst und die Bauweise. Das Gebäude funktioniert unabhängig von Technologie, was nebenbei auch noch äußerst ästhetisch aussieht.

Zukunft gesucht

Jeder Quadratmeter Wohnungsbau kostet Budget für den Bau selbst und die jährlichen Nebenkosten. Was die vorgestellten Referenzprojekte in Paris, Wien, New York und Palma besser machen: Sie legen nicht nur besonderen Wert auf Energieeffizienz und ökologische Bauweisen sowie auf hochwertige Qualität und Langlebigkeit der Materialien. Es sind Orte mit sozialer Vielfalt und der Förderung des Miteinanders. Die Herausforderungen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus sind überall gleich. „Zum einen ist der Kostendruck im sozialen Wohnungsbau oft ein Killerargument gegen innovative Wohnkonzepte. Zum anderen ist es die Flut an Regelwerken“, sagt Tiina Parkkinen. „Um zu experimentieren, braucht es auf allen Seiten mehr Offenheit und die Bereitschaft, gemeinsam neue Wege zu gehen, damit trotz engem Kostenrahmen mehr Innovation und Experimente möglich sind.“ Ein Wunsch, der gar nicht unerfüllbar klingt, wenn alle Projektbeteiligten diese Reise zusammen unternehmen.

Innovation mit Erfolg: Die IBAVI experimentiert im sozialen Wohnungsbau mit lokalem Sandstein und anderen natürlichen Materialien mit geringem Energiegehalt wie Biomasseziegeln oder Stampflehm.

Neue Organik des Arbeitens

Eine neue Firmenzentrale steht für Verbindung

OBJEKT | STANDORT

Hauptverwaltung Schüco One, Bielefeld

BAUHERR | NUTZER

Schüco International KG, Bielefeld

ARCHITEKT

3XN Copenhagen A / S

Joachim Oehme & Partner GbR Architekten und Ingenieure

TECHNISCHER BERATER

Claus Hegemann, Brillux Paderborn

VERKAUFSBERATER

Martin Lerner, Brillux Herford

AUSFÜHRENDER MALERBETRIEB

Möller & Sohn GmbH, Herford

1951 von Heinz Schürmann in Ostwestfalen gegründet, hat sich das Unternehmen Schüco, das einst auf Schaufenster, Markisen und Rollgitter aus Aluminium spezialisiert war, stetig weiterentwickelt und ist ebenso gewachsen. So hat sich im Laufe der Zeit die Unternehmenszentrale in Bielefeld zu einem richtigen Campus entwickelt. Hier hat das renommierte Kopenhagener Architekturbüro 3XN Copenhagen A / S gemeinsam mit Joachim Oehme & Partner GbR Architekten und Ingenieure einen Neubau gestaltet, der buchstäblich mehrere Ebenen verbindet.

FOTOS Frank Peterschroeder

Mit Systemlösungen für Fenster, Türen und Fassaden möchte Schüco herausragende Gebäude schaffen. Dafür bedarf es vieler Mitarbeiter/-innen aus ganz unterschiedlichen Bereichen. Für diese haben das internationale Architektenteam von 3XN Copenhagen A / S und Joachim Oehme & Partner GbR Architekten und Ingenieure mit einem Erweiterungsbau auf mehr als 7.200 m 2 vielfältige neue Arbeitsbereiche gestaltet. Zugleich soll der Neubau die bereits bestehenden Gebäude, die im Laufe der Zeit entstanden sind, harmonisch zu einer repräsentativen Einheit verbinden. So bilden fünf der sieben Geschosse des Neubaus auch eine Brücke über die sogenannte „Schücostraße“ zum bereits bestehenden Hauptsitz. Dies war laut Joachim Oehme, Diplom-Ingenieur und Geschäftsführer von Joachim Oehme & Partner GbR, auch eine der größten Herausforderungen bei dem Projekt. „Es waren komplexe und beengte Baustellenverhältnisse. Und es galt hier einen Anschluss an den Bestand mit hohem Anspruch an Ganzheitlichkeit hinsichtlich der Architektur und der Raumgestaltung umzusetzen.“

Neue Wegeführung

Darüber hinaus war laut dem Diplom-Ingenieur die gesamte Baukonstruktion von enormer Bedeutung: „Hier trifft ein anspruchsvolles Tragwerk auf eine neu ent-

wickelte Fassadenkonstruktion.“ Ein entscheidender Aspekt bei dem Entwurf, der auf einem vorgeschalteten Architekturwettbewerb basiert, ist dabei die korridorfreie Gestaltung. Das bedeutet, die Wegeführung beinhaltet die Arbeitsplätze der unterschiedlichen Abteilungen. Auf diese Weise wird der offene und zugleich unmittelbare und abteilungsübergreifende Austausch gefördert. Zusätzlich wurden auch Arbeitsbereiche angedacht, die geschlossener gestaltet wurden und so ergänzend stilles Arbeiten und Rückzug ermöglichen. Damit beide Arbeitsformen nebeneinander funktionieren, hat sich das Planer-Team dafür entschieden, mit einer auskragenden Treppeninstallation zu arbeiten. In Kombination mit einem offenen Atrium bildet sie das Zentrum des neuen Gebäudes und ist Ausgangspunkt des Raumprogramms.

Offenes Miteinander

Im Erdgeschoss – mit einem offenen und einladenden Empfangsbereich – stellt die Treppe in ihrer breiten Ausführung eine Plattform als Treffpunkt für Feste und Ausstellungen dar. Von hier „schlängelt“ sie sich durch das gesamte Gebäude. Während sich auch hier im Erdgeschoss zusätzlich flexibel nutzbare Konferenzräume für Seminare und Meetings befinden, haben die Architekt/-innen in den Obergeschossen

die eher geschlossenen Arbeitsbereiche und Seminarräume entlang der Außenfassade verortet. So bleibt die Mitte des Gebäudes offen und bietet ebenenübergreifend immer wieder Arbeits- und Besprechungsbereiche, die die Kommunikation und Begegnungen fördern. „Wir glauben, dass Architektur einen erheblichen Einfluss auf unser Verhalten hat“, so Jan Ammundsen, Architekt und Senior Partner bei 3XN Copenhagen. „Daher legen wir großen Wert auf ganzheitlich gestaltete Umgebungen, in denen sich die Menschen als Teil eines größeren Ganzen fühlen.“

Organisch und ästhetisch

Die Verwendung der organischen Formen unterstützt den fließenden Charakter, der sich durch alle Ebenen und das gesamte Gebäude zieht, das sich am nordwestlichen Rand des Geländes befindet. Die Mitarbeitenden bewegen sich in einer Art Schleife um das zentrale Atrium. So entsteht ein kontinuierlicher Fluss – eine Wegeführung ohne Sackgassen. Das über dem Atrium befindliche Glasdach erlaubt dabei eine großflächige Belichtung mit Tageslicht – selbst der innenliegenden Arbeitsbereiche. Zudem werden auf diese Weise spannende Blickbeziehungen und Lichtspielsituationen erzeugt. Die Kombination aus großen weißen Flächen auf runden Formen und dem wechselnden Tageslichteinfall erforderte dabei bereits in der Planungsphase ein großes Augenmerk, um ein streifenfreies und überzeugendes Erscheinungsbild umsetzen zu können. „Der optische Anspruch an alle Bauteile und Bauelemente wurde schon sehr früh in der Planung definiert. So wurden die daraus resultierenden hohen Anforderungen bereits in den Ausschreibungen festgelegt und die entsprechenden Firmen beauftragt“, so Joachim Oehme.

Weitsichtig ganzheitlich

Neben der anspruchsvollen Optik wurde die gesamte Bauphysik unter den Aspekten der Nachhaltigkeit und diverser Wohlfühlfaktoren sehr effizient geplant. So stellt eine geothermische Wärmepumpe die primäre Wärmequelle dar, die bei Bedarf von einen Fernwärmeanschluss ergänzt wird. Durch das Zusammenspiel verschiedener Maßnahmen erhielt die gesamte Gebäudestruktur die LEED-, die BREEAM- und die DGNB-Zertifizierung.

„ Die Treppe ist Ausdruck der Innenraumgestaltung und Innenarchitektur im Einklang mit der Gebäudegestaltung und der Architektur.“

BRILLUX PRODUKTE

Vitalux 9000

BRILLUX SCALA-FARBTON

RAL 9016

JOACHIM OEHME

PerlmuttErlebnis

Manufaktur

Eine Perle an Handwerkskunst

Wie das schillernde Material den Weg in den Alltag findet

Mit dem größten Perlmuttknopf der Welt in der kleinsten Stadt Österreichs bedient die einzige und letzte hier heimische Perlmuttmanufaktur nicht nur mehrere Superlative, sondern führt auch eine über 113 Jahre lange Familientradition fort. Am Rande des Nationalparks Thayatal nimmt die Natur damit in mehrfacher Hinsicht einen großen Stellenwert ein, zeigt, was in einer Muschel alles stecken kann, und offenbart eine schimmernde Vielfalt.

Rainer Mattejka führt mit seiner Frau Anita mit Begeisterung den 113 Jahre jungen Familienbetrieb

Erlebnis Perlmutt Manufaktur.

Die March-Thaya-Auen sind bedeutende Flusslandschaften in Österreich. Sie prägen die Landschaft und bieten bis heute einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt Lebensgrundlage. Die Tieflandflüsse March und Thaya sind dabei auch Namensgeber für die von hier stammenden gleichnamigen Flussmuscheln. Und ebendiese wurden zum Auftakt der handwerklichen Familientradition der Perlmuttmanufaktur, die in ihren über 100 Jahren leider nicht immer nur schillernd war.

Von Beginn an langlebig

1911 gründete Rudolf Marchart die Perlmuttmanufaktur und stellte aus Thaya- und Marchmuscheln Schmuck und vor allem die beliebten Knöpfe für Hemden, Trachten und Dirndl her. Da jedoch die heimischen Muschelbestände immer weiter zurückgingen, mussten bereits die nächsten Generationen das edle Rohmaterial importieren, was zu Beginn nicht problemlos möglich war. Doch ähnlich dem Naturmaterial selbst, zeigte das Unternehmen Robustheit und Stärke und konnte die Produktion letztendlich mit Makassar-Muscheln und Trocas-Schnecken aus Indonesien weiterführen. „Bis heute kaufen wir immer noch in denselben Zuchtfarmen wie bereits mein Großvater seit dem Jahre 1954“, erklärt Rainer Mattejka, heutiger Geschäftsführer des Familienunternehmens in der fünften Generation.

Die Qualität der Handwerkskunst

Entdeckt wurden Perlmuttknöpfe als stilvolle Accessoires bereits in der Mitte des 17. Jahrhunderts und wurden lange Zeit dank ihrer schillernden Optik und guten Eigenschaften geschätzt. Doch die Kunststoffindustrie veränderte die Knopfherstellung maßgeblich: Maschinell konnte der Bedarf günstiger und schneller gedeckt werden. Doch die Österreichische Familie vertraute weiterhin auf ihr Material und ihr Handwerk und versuchte mit und nicht gegen den Wandel zu arbeiten – eine Einstellung, die bis heute geblieben ist. „Natürlich hat sich bei der Verarbeitung von Perlmutt auch die Handwerkskunst verändert und setzt auf neue Technologien“, so Mattejka. „Dennoch werden die alten Maschinen auch heute noch für Einzelstücke und Kleinmengen verwendet.“

Manufaktur par excellence

Die Kombination aus traditionellem Handwerk und moderner Fabrik macht den Familienbetrieb zu einer Manufaktur in Perfektion. Denn Manufaktur heißt, dass etwas mit der Hand hergestellt wird, und eine Handarbeit wird es immer bleiben. Selbst wenn neue Technologien wie Laser zum Einsatz kommen, die Arbeitsschritte vereinfachen und Präzision in der Mengenherstellung gewährleisten können. Die Ursache dafür liegt im Ausgangsmaterial, der Schnecke bzw. Muschel selbst. So bestehen ihre Schalen in der Regel aus drei Schichten. Während die innere Perlmuttschicht meist regenbogenartig schillert, ist die äußere Schicht häufig farbig und nicht zu verwenden. Welche Seite während der Verarbeitung oben liegt, muss bei jeder einzelnen Muschel geprüft werden, bevor aus ihr die Rohlinge herausgebohrt werden und schlussendlich bis zu 200 Knöpfe entstehen können.

Moderne Maschinen und der neueste Stand der Technik ergänzen die Tradition der Handwerkskunst und halten diese so auch für die nächste Generation lebendig.

Eine Café-Lounge samt Shop und ein Abenteuerspielplatz machen den Besuch in der Perlmutt Manufaktur zu einem echten Erlebnis.

Traditionen weiterführen

Ein Aspekt, der für Rainer Mattejka sehr bedeutsam ist. „Wir bieten 19 Führungen pro Woche an, da es uns sehr wichtig ist, diese alte Handwerkstradition unseren Besuchenden näherzubringen. Perlmuttprodukte gibt es bereits seit vielen Jahrhunderten und es bedeutet mir persönlich sehr viel, dieses exklusive Material verarbeiten zu dürfen.“ Damit stand für ihn auch immer fest, den Familienbetrieb zu übernehmen und weiterzuführen. Dabei setzt die Familie heute mittlerweile auf mehrere Standbeine. Neben der Knopfproduktion fertigen sie auch Schmuckstücke an und bedienen zugleich das architektonische Luxussegment mit Perlmuttelementen für Holzmöbel und Innenausstattungen in Hotels und Kreuzfahrtsuiten, Luxusyachten und Privatjets. Auch die Perlmuttmanufaktur und ihre Geschichte vor Ort zu erleben, wird zunehmend nachgefragt und von der Familie Mattejka mit einem Shop, Café und Abenteuerspielplatz für Groß und Klein immer weiter ausgebaut.

Individuelle Ketten mit Edelsteinen oder Ohrringe sowie exklusive, elegante Silberschmuckstücke – hier zeigt sich der Facettenreichtum von Perlmutt.

Nachhaltig weiterdenken

Die Visionen der Familie gehen aber über die Vermarktung des Betriebes hinaus, denn auch diese Sparte spürt bereits die Folgen des Klimawandels. „Wir befürchten, dass sich durch die Klima- und Meereserwärmung das Material verändern wird – heißt, die Meereserwärmungen lassen die Tiere der Schnecken früher sterben.“ Dies hätte Auswirkungen auf die Eigenschaften des Materials, aber auch das Vorkommen dieses hochwertigen Naturmaterials. Daher ist Nachhaltigkeit hier ein großes Thema. „In den letzten Jahren haben wir einige Visionen zur Nachhaltigkeit mit anderen Firmen umsetzen können“, erklärt Mattejka. „Unsere gebrochenen Abfälle werden mittlerweile bereits für Platten, die im Luxusbereich bei Yachten und Privatjets eingesetzt werden, produziert. Darüber hinaus werden die Splitter für Terrazzoböden, Fassaden und Dekomaterial verwendet. Eine weitere Vision wäre es, mit unseren gebrochenen Abfällen wieder Knöpfe für die Bekleidungsproduktion herzustellen.“ Bei einer solchen Produktionslinie würde dann gar kein Abfall mehr anfallen – eine wirklich schillernde Vision.

FOTOS

©Kelag / Waschnig

©Waldviertel Tourismus / Robert Herbst

©Isabella Marboe

©Hanna Engelmann Photography

Mit Ausstrahlung

FOTOS
Jorge Pena Fotografia

Neue Apartments in Portugal

Die Strahlkraft dieses Bauprojektes basiert nicht nur auf seiner Lage. Auf der Spitze eines Hügels nördlich der Stadt Lissabon beeindruckt die Residenz Colina dos Cedros neben ihrem unverbaubaren Panoramablick, mit ihrer Größe und ihrer hellen Fassadengestaltung in Weiß und Gold. Gemeinsam mit dem verantwortlichen Architekten Olavo Dias war es dem Unternehmen 3A Composites wichtig, dass sich diese privilegierte Lage auch in einer raffinierten und ausdrucksstarken Architektur widerspiegelt und hat deshalb auf die designorientierte Marke ALUCOBOND® gesetzt.

OBJEKT | STANDORT

Colina dos Cedros Residence, Odivelas, Portugal

ARCHITEKT

Olavo Dias / Atelier – Difusor de Arquitetura

VERARBEITER

MNL – Manuel das Neves Loureiro

„Die Produktidee unserer Fassadenplatte ALUCOBOND® ist auf Nachhaltigkeit ausgelegt: Durch den Schichtaufbau wird nur eine dünne Schicht Aluminium benötigt, um trotzdem maximalen Output bei den Produkteigenschaften zu erzielen.“

In direktem Bezug zu einer neuen Fußgängerzone und der Sanierung eines Straßenzuges sind in dem Stadtgebiet von Colinas do Cruzeiro gleich drei neue Gebäudekomplexe entstanden. In unterschiedlichen Bauabschnitten errichtet, sollen die Eigentumswohnungen ihren Bewohner/-innen originelle Wohnungstypen von unterschiedlicher Größe mit einem direkten Bezug zur angrenzenden Landschaft bieten. Dabei wird der Name zum Programm, denn für Olavo Dias als Architekt war ein Ziel, in allen drei Residenzen Komfort und Ästhetik auf höchstem Niveau zu vereinen. Dadurch soll auch der zunehmenden Nachfrage an Privatwohnungen in der Umgebung begegnet werden.

Asymmetrisches Gleichgewicht

Drei unterschiedliche Wohnungstypen bilden die Grundlage der Gestaltung. Die unregelmäßig geschnittenen Grundrisse werden dabei von den asymmetrischen Formen der Balkone fortgeführt. Auf diese Weise soll eine spannende Interaktion zwischen der Gebäudeform und der angrenzenden Natur entstehen. Zudem kann durch diese Formgebung viel Sonnenlicht bis in das Innere der anspruchsvoll gestalteten Wohnungen geführt werden. Über die privaten Innen- und Außenräume hinaus, ergänzen unterschiedliche Gemeinschaftsräume die drei Apartmenthäuser. Neben Raffinesse spielen dabei auch Funktionalität und Effizienz eine große Rolle.

Langlebige Exklusivität

Trotz oder gerade wegen der Exklusivität waren die Energieeffizienz und die Reduzierung der Umweltbelastung entscheidende Aspekte innerhalb des Planungs- und Bauprozesses. Dies zeigt sich vor allen Dingen in der Fassadengestaltung, die aus einer vorgehängten und hinterlüfteten Fassade aus ALUCOBOND®-Verbundplatten besteht. „Die Produktidee unserer Fassadenplatte ALUCOBOND® ist auf Nachhaltigkeit ausgelegt: Durch den Schichtaufbau wird nur eine dünne Schicht Aluminium benötigt, um trotzdem maximalen Output bei den Produkteigenschaften wie z. B. Steifigkeit und Planheit zu erzielen. Und das bei extrem geringem Gewicht“, erklärt Frank Weigelt, Chief Business Officer Architecture Europe bei 3A Composites.

„Auch nach einer in der EPD bescheinigten Nutzungsdauer von 70 Jahren als Bekleidungsmaterial einer vorgehängten, hinterlüfteten Fassade kann ALUCOBOND® sortenrein rezykliert werden, sodass das Aluminium in gleicher Qualität wieder verwendet werden kann.“ Die mit einem Coil-Coating-Lack gleichmäßig beschichteten Aluminiumplatten eignen sich ideal für die originellen Gebäudeformen und erlauben zugleich eine unkomplizierte Montage. Dank ihrer Witterungsbeständigkeit sind sie optisch und wirtschaftlich besonders effizient, nachhaltig und wartungsfrei – bei einem Gebäudekomplex dieser Größenordnung mit gehobenem Anspruch ein entscheidendes Kriterium.

Geprüfte Ökobilanz

Zudem kann so gewährleistet werden, dass die Residenz auch über Jahre hinweg nicht von ihrer eleganten Strahlkraft verliert, denn Olavo Dias hat hier auf eine Architektur in einem seidenglänzenden Weiß mit goldenen Akzenten gesetzt. Diese Ästhetik soll lange erhalten bleiben. Da die ALUCOBOND®-Verbundplatten zudem die hohen Anforderungen der Brandschutzrichtlinien erfüllen, konnten sie im gesamten Wohnkomplex eingesetzt werden. Höchste architektonische Qualität und Nachhaltigkeit müssen sich demnach nicht ausschließen.

FRANK WEIGELT

Und nicht nur für den nahen Bezug zum umliegenden nationalen ökologischen Reservat, sondern auch für die Bewohner/-innen ist es ein weiterer Pluspunkt, dass die Fassadenplatten über ihren gesamten Lebenszyklus keinerlei umweltgefährdende Stoffe freisetzen. Und selbst nach jahrelangem Gebrauch könnten sie materialgerecht getrennt und recycelt werden. Strahlende Aussichten in wirklich vielerlei Hinsicht.

FARBTÖNE

Verkehrsweiß (360)

Goldmetallic (601)

MATERIAL

ALUCOBOND® PLUS von 3A Composites GmbH

BRILLUX PRODUKTE
Brillux Coil HDP Premium-Lack 5582

Architekten fragen …

Können

Fassaden vor

Hagelschäden

geschützt werden?

In Zeiten von immer häufiger auftretenden Unwetterlagen stellt sich die Frage, wie sich Häuser selbst bei extremen Wetterereignissen zuverlässig schützen lassen. Gerade die äußere Hülle bietet nicht nur den Bewohnenden, sondern auch dem gesamten Trag- und Dämmsystem des Gebäudes langfristigen Schutz. Bilden sich in der Fassade Risse und Einschläge durch beispielsweise große Hagelkörner, können Feuchtigkeit und Wasser in die darunterliegenden Baumaterialien eindringen und diese schädigen. Lässt sich die Widerstandsfähigkeit von Fassaden gegen solche Ereignisse erhöhen?

… das Brillux Beraterteam antwortet:

Ja, mit dem passenden Systemaufbau! »

Dass Hagelkörner wirklich gefährlich sein und Fassaden gravierend beschädigen können, zeigen zunehmende Meldungen über entsprechende Schäden in Millionenhöhe aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Norditalien. Doch durch den Einsatz von präventiven Schutzmaßnahmen und den Einsatz von hagelresistenten Baumaterialien können Schäden an der Fassade minimiert werden.

Geprüfter Schutz

Im Rahmen einer Prüfung am österreichischen Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung (IBS) wurden solche Belastungen mittels einer Hagelschussmaschine simuliert. Hierzu werden genormte Hagelkörner in der Form von Kugeln aus Eis mit einem Durchmesser von bis zu 50 mm abgeschossen, die ungebremst auf die Fassade einschlagen. Die Vorrichtung beschleunigt dabei die Kugeln auf eine Geschwindigkeit von 111 km/h, die dann in einem Winkel von 45 Grad auf die Oberfläche eintreffen. So können Belastungen, denen eine Fassade bei einem echten Hagelschauer ausgesetzt ist, realistisch simuliert werden. Der Kugeldurchmesser, die Masse und die Geschwindigkeit sowie die Klassengrenze definieren dann die jeweilige Hagelwiderstandsklasse, die schlussendlich verdeutlicht, inwieweit das jeweilige Produkt vor Hagelschäden geschützt ist.

Wasserdicht …

Die Simulation zeigt, dass bei einem Aufbau in einem mineralischen System das Hagelkorn die Fassade beschädigt und in seiner Form erhalten bleibt. Die Systemaufbauten von Brillux zerstören hingegen das Hagelkorn beim Aufprall in seiner Form, während das Putzsystem in seiner

Funktionalität, also seiner Wasserdichtheit unbeschädigt bleibt. Das Bauteil gilt dabei als wasserdicht, solange kein Riss sichtbar ist. Ist ein Riss (Schwindrisse oder dergleichen ausgenommen) sichtbar, wäre das Bauteil in Bezug auf die Wasserdichtheit und Funktionalität beschädigt. Das gilt auch für Haarrisse mit einer Breite von bis zu 0,2 mm. Die Wasserdichtheit wird anhand von Rissen im Frontlicht mit einer Lupe (6-fache Vergrößerung) kontrolliert.

… und auch das Aussehen bleibt unbeschädigt Neben der Funktionalität wird innerhalb der Simulation selbstverständlich auch das Aussehen beurteilt. In Bezug auf das Aussehen gilt ein Bauteil als nicht beschädigt, solange keine Dellen oder Oberflächenänderungen sichtbar sind. Das Aussehen des Putzsystems auf WDVS wird hierbei visuell unter verschiedenen Lichtverhältnissen und aus unterschiedlichen Winkeln im Abstand von fünf Metern zum Probekörper überprüft.

Höchste Widerstandsklasse

Hagelgeprüfte Produkte mit Hagelwiderstand HW 3 oder höher bieten erfahrungsgemäß bereits einen guten Schutz. HW 3 bedeutet dabei, dass ein Bauteil im Neuzustand keinen Schaden erleidet, wenn es von Hagelkörnern von 3 cm Durchmesser getroffen wird. Mit den innovativen EPSSystemen von Brillux mit der Armierungsmasse Qjusion Hybrid 3718 und 3719 im Aufbau sowie dem Silicon-Putz KR K2 3649, kombiniert mit der Silicon-Fassadenfarbe 918, konnten diese Werte sogar übertroffen werden. Sie bieten mit der HW 5 die höchste Hagelwiderstandsklasse und somit einen optimalen Schutz für die gesamte Fassade –flächendeckend einzigartig auf dem Markt.

Links: Die Bilderserie zeigt den Aufprall eines Hagelkorns auf eine Fassadenfläche, die mit Qjusion Hybrid im Systemaufbau armiert wurde.

Rechts: Die Bilderserie zeigt den Aufprall eines Hagelkorns auf eine Fassadenfläche, die mit einem mineralischen Unterputz armiert wurde.

www.brillux.de/effektiv-vor-hagelschaeden-schuetzen

Neues Wissen für die berufliche Zukunft

Weiterbildungsangebote für die Wohnimmobilienverwaltungen

Seit einer Modifizierung im Bundesgesetzblatt im Mai 2018 sind nun auch Wohnimmobilienverwaltende weiterbildungsverpflichtet. Die Modifizierung der „Zulassungs- und Ausübungsregelung nach §34c Gewerbeordnung und Makler- und Bauträgerverordnung“ fordert die Wohnimmobilienverwaltungen und Immobilienmakler/-innen auf, 20 Zeitstunden innerhalb von drei Jahren für Weiterbildungsmaßnahmen aufzubringen. Ähnlich wie bei Architekt/-innen und Planer/-innen soll diese Weiterbildungspflicht eine kontinuierliche Aktualität an Techniken und Wissen gewährleisten und bietet zugleich die Möglichkeit, individuelle Fähig- und Fertigkeiten auszubauen und zu vertiefen.

Online, live, in der Gruppe oder exklusiv

Ob in Präsenzform oder als Webinar – alle Programme werden von qualifizierten Referent/-innen durchgeführt und bieten die Möglichkeit, individuelle Fragestellungen und Rückmeldungen zu den jeweiligen Schwerpunktthemen zu diskutieren und zu beantworten. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, Seminare im eigenen Unternehmen durchzuführen. Damit lassen sich Zeit, Wege und Kosten sparen und zugleich mehrere Mitarbeitende gleichzeitig in einer Thematik weiterbilden.

Gezielt Wissen aktualisieren und erweitern

Wie für Architekt/-innen und Planer/-innen hat Brillux auch für diesen Berufszweig ein umfangreiches Seminarangebot speziell für die Wohnimmobilienverwaltung zusammengestellt. Dieses umfasst zum einen fachliche Qualifikationen, wie kaufmännische Grundlagen in der Immobilienwirtschaft und im Gestaltungsbereich, wie der Gestaltung von Treppenhäusern.

Gerade im Bereich Softwaresysteme ist es schwer, den Überblick zu behalten und auf dem aktuellen Stand zu bleiben, weshalb das beliebte Seminar „Prozessoptimierung“ auch mehrmals im Jahr angeboten wird (alle Termine und Anmeldeinformationen finden Sie in unserem unten aufgeführten QR-Code).

Zum anderen lassen sich im Rahmen der vielfältigen Seminare auch persönliche Soft Skills erweitern und entwickeln, wie der souveräne Auftritt vor Gruppen, beispielsweise im Rahmen von Versammlungen von Eigentümer/-innen und -gemeinschaften.

Etablierter Service

Der Brillux Objektservice bietet neben Architekt/-innen und Planer/-innen selbstverständlich auch Wohnimmobilienverwaltenden Unterstützung und ganzheitlichen Support. Ansprechpartner/-innen und die Technischen Berater/-innen stehen dafür in vielen Regionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz beratend zur Seite. So lassen sich hohe Anforderungen und große Aufgaben, wie die energetische Sanierung und Modernisierung des Wohnungsbestands sowie die Werterhaltung und Wertsteigerung von Immobilien, erfolgreich bewältigen. Auf diese Weise entsteht auch für die Wohnungswirtschaft ein Rundum-Dienstleistungskonzept, das mit Mehrwert perfekt zugeschnitten ist und hilft, Projekte effizient zu planen und praktisch umzusetzen.

Gleich den QR-Code scannen und alle Informationen, Anmeldungsmöglichkeiten sowie alle aktuellen Termine des Weiterbildungsangebotes für Wohnimmobilienverwaltungen erhalten. www.brillux.de/immobilienverwaltung

Mensch, Tier und Natur

Ein Zoo-Projekt für mehr soziales Bewusstsein und Verantwortung

MEHR ALS FARBE

Meranti-Holz ist in den Tropen heimisch. Die Bäume werden über 100 Jahre alt und gelten mit einer Höhe von über 45 m als die größten in den tropischen Regenwäldern. Doch aufgrund der Beliebtheit des Hartholzes für Möbel hat sich der Bestand in den letzten Jahren deutlich reduziert. Ähnlich verhält es sich mit den Riesenottern – auch sie sind in den tropischen Regenwäldern heimisch, aber auch hier nimmt durch die zunehmenden Eingriffe in ihren Lebensraum ihre Population stetig ab. Daher zählen sie laut der Weltnaturschutzunion (IUCN) seit 2020 zu den stark gefährdeten Arten. In der MerantiHalle im Allwetterzoo in Münster erhalten nun beide Arten Aufmerksamkeit für mehr Bewusstsein und Unterstützung bedrohter Flora und Fauna.

Der Riesenotter macht seinem Namen alle Ehre. Mit bis zu 1,8 m Länge gelten die Riesenotter als Giganten unter den Ottern und zugleich als ausgezeichnete Schwimmer und Taucher. Darüber hinaus sind sie für ihr ausgeprägtes Sozialverhalten bekannt. Sie leben in Gruppen und brauchen einander, um gemeinsam jagen, schlafen und den Nachwuchs großziehen zu können. Die zunehmende Zerstörung ihres natürlichen Lebensraumes und der Rückgang der Population gefährden damit in doppelter Hinsicht den Fortbestand dieser Art. Der Allwetterzoo in Münster möchte den Tieren nicht nur ein schützendes Zuhause schenken und Aufklärungsarbeit leisten, sondern auch aktiv den Erhalt der Artenvielfalt unterstützen. Mit unterschiedlichen, kreativen Aktionen wie dem „Tropenpuzzle“ werden Spenden gesammelt – direkt für die Tiere vor Ort und die Erhaltung der Art. Auch Brillux hat hier eine Patenschaft für zwei Riesenotter übernommen und kommt so für die gesamten Kosten von Pflege, Futter und die Unterhaltung der Tiere auf.

Authentisch und nachhaltig

Viele weitere Tiere in der neu eröffneten Meranti-Halle im Münsteraner Allwetterzoo gehören zu den bedrohten Arten. Durch die inhaltliche Neuausrichtung als Klima- und Artenschutz-Zoo möchte dieser einen Beitrag zur Vielfalt der Lebewesen und zum Schutz der Biodiversität der Erde leisten. Gerade in der Meranti-Halle lässt sich dies auf 2.500 m2 hautnah erleben. Hier wurde unter einem transparenten Kuppeldach der tropische Lebensraum des südamerikanischen Sumpf- und Feuchtgebiets nachgebildet. Ohne Zäune, Gitter und Netze können dabei die exotische Flora und Fauna intensiv erlebt und in diese eingetaucht werden. Für die unterschiedlichen, notwendigen Höhen und die Integration eines Wasserfalls wurden Brücken, Podeste und Aussichtstürme gestaltet. Um hier naturgetreue Nachbildungen und authentische Landschaften zu kreieren, kamen Spezialisten wie die Felsenbauer von KaGo & Hammerschmidt zum Einsatz. Sie bauen langlebige und stabile Kunstfelsen aus einer betonähnlichen Modelliermatrix, die kein Fundament benötigen und von echten Steinen und Felsen kaum zu unterscheiden sind. Auch für die Meranti-Halle haben KaGo & Hammerschmidt gemeinsam mit den beiden ausführenden Gestaltenden Jaroslaw Mierzicki und Frau Pehl die Kunstfelsenlandschaft individuell designt und geformt und so eine faszinierende, naturidentische Dschungel-Atmosphäre ermöglicht.

Einzigartig und partnerschaftlich

Nicht nur aufgrund der überwältigenden Architektur, sondern auch in Bezug auf das nachhaltige Energiekonzept ist die Meranti-Halle einzigartig. Sie ist komplett klimaneutral und damit Europas erste regenerative Tropenhalle. Neben Erdwärme und Sonnenenergie für die Wasseraufbereitung und den notwendigen Strom wird auch auf Betonkernaktivierung gesetzt, um über die Wände Wärme in die Halle und die angrenzenden Kongressbereiche weiterzuleiten. Ein innovatives ETFE-Dach sorgt zudem dafür, dass warme Luft nicht ungehindert nach außen dringen kann. Darüber hinaus wird selbst das Regenwasser genutzt, indem es aufbereitet wieder für die Beregnung der Pflanzen eingesetzt wird. Hier war es Brillux wichtig, sich als regional verwurzeltes Familienunternehmen zu beteiligen: nicht nur aufgrund der lokalen Verbundenheit mit dem Münsterland, sondern auch in Anbetracht des eigenen hohen Anspruches für die Unterstützung des Arten- und Klimaschutzes. Daher wurde Brillux zum finanziellen Sponsor und lieferte zudem eigene Produkte – insbesondere für den Fassadenbereich. Den Bau der Meranti-Halle zu begleiten war eine Herzenssache für Brillux.

(K)Eine echte Perle?

Eine Ausstellung mit neuen Ansichten

Von manchen wird es auch als holländische Mona Lisa bezeichnet: das Mädchen mit dem Perlenohrring von 1665. Es ist eines der bedeutendsten Gemälde des berühmten niederländischen Malers Johannes Vermeer aus dem 17. Jahrhundert und gehört zu den bekanntesten Gemälden der Welt. Und ganz ähnlich wie bei dem weltberühmten Ölgemälde von Leonardo da Vinci ranken sich auch um Vermeers Mädchen mit Perlenohrring Geheimnisse. Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied: Es handelt sich nicht um ein Porträt, sondern um eine sogenannte Tronie.

Tronies zeigen gewisse Charaktere und Typen –die gezeigten Personen bleiben anonym. Sie sind eher figurativ und gleichen Studien, denn Maler hatten so die Möglichkeit, mehr zu experimentieren und bestimmte Aspekte und Maltechniken in ihren Gemälden in den Fokus zu stellen. Bei Vermeer handelt es sich um ein Mädchen mit einer Art orientalischem Turban und einer übergroßen Perle am Ohr. Und genau diese Perle wird titelgebend und erregt große Aufmerksamkeit, wenngleich sie eigentlich gar nicht existiert.

Johannes Vermeer experimentierte viel mit der Darstellung von Licht und Schatten. Und so besteht die Perle in diesem Gemälde beeindruckenderweise eigentlich nur aus zwei Pinselstrichen: einem oberen Lichtakzent und einer unteren leichten Spiegelung. Weitere Details fehlen und

werden von jedem Betrachtenden selbst hinzugefügt bzw. vom Gehirn sinngemäß vervollständigt. Genau das macht es so besonders, denn jeder sieht auf gewisse Weise etwas anderes – eine eigene Perle und aufgrund der Anonymität auch ein ganz eigenes Mädchen mit Perlenohrring.

Diesen Aspekt griff das Mauritshuis-Museum in Den Haag auf, als das Gemälde im Frühjahr 2023 für eine achtwöchige Vermeer-Ausstellung im Rijksmuseum an dieses verliehen wurde. In dieser Zeit hatten kreative Köpfe die Möglichkeit, ihr persönliches Mädchen mit Perlenohrring zu inszenieren. Ausgewählte Beiträge wurden anschließend unter dem Titel „My Girl with a Pearl“ in einem digitalen Rahmen am ursprünglichen Platz des Gemäldes gezeigt und konnten von über 100 Menschen am Tag bestaunt werden. Die Vielzahl und die Vielfalt der teilweise auch sehr skurrilen Ergebnisse zeigen die Faszination, die mit diesem Gemälde einhergeht, und verdeutlichen zugleich, dass das Thema des Gemäldes – das Mädchen – in nahezu allem erkennbar sein kann: in Knöpfen, als Food-Art, in einem Bügeleisen, in Obst und Gemüse, in den eigenen Kindern, als Stickerei oder als Selbstporträt mit modernen Accessoires. Ein dazugehöriger Instagram-Kanal #mygirlwithapearl, der zusätzlich bespielt werden konnte, offenbart selbst nach der Rückkehr des Gemäldes nach Den Haag die Fülle und das Interesse an dieser künstlerischen Kombination aus Realität und Fantasie.

MEHR MOTIVE www.instagram.com/ mygirlwithapearl/ FOTOS von links nach rechts: @tobeamuse @rickrojnic @screw7oose @nanankang @

Natürliche Perfektion

Spiralen in Natur und Wissenschaft

Goldene Spirale in einem Goldenen Rechteck – konstruiert im Goldenen Schnitt.

Nach Albrecht Dürer mit Viertelkreisen in proportional wachsenden Quadraten konstruiert, entspricht die logarithmische Spirale dem Prinzip der Fibonacci-Folge.

Sie ähneln einer Muschel, doch Goldene Spiralen lassen sich überall in der Natur und im gesamten Aufbau organischen Lebens finden. Sie folgen einem gewissen exponentiellen Prinzip, das auch in der Mathematik, Kunst und Musik eine wichtige Grundlage darstellt. Leonardo von Pisa hat diese unendliche Folge in der Form von natürlichen Zahlen entdeckt und beschrieben: die Fibonacci-Folge.

Jede Zahl innerhalb der Fibonacci-Folge ergibt sich dabei aus der Addition des vorangestellten Zahlenpaares und kann unendlich fortgeführt

werden. Ein weiterer entscheidender Aspekt: Je größer die Zahlen, desto stärker nähert sich der Quotient eines Zahlenpaares der Zahl Phi an, die wiederum den Goldenen Schnitt beschreibt.

Größenverhältnisse, die dem Goldenen Schnitt entsprechen, gelten als besonders harmonisch und ästhetisch und sind Grundlage der Gestaltung zahlreicher Alltags- und Kunstgegenstände. Und auch in der Natur, wie in Pflanzen oder eben auch in Muscheln – um hier buchstäblich den Kreis zu schließen – lässt sich der Goldene Schnitt und damit auch die Goldene Spirale wiederfinden.

Brillux Musterservice

Farbtöne und mehr

als Original

Farbtöne kann man im großflächigen Original und in höchster Farbtongenauigkeit am besten beurteilen.

Brillux stellt 1.514 Originalmuster in verschiedenen Varianten als Farbfächer, in DIN A4 und DIN lang zur Verfügung.

Bestellen Sie Ihre Muster per Fax (+49 251 7188-8788) oder per E-Mail bei uns. Erfahren Sie mehr unter:

www.brillux.de/musterservice

IMPRESSUM

Brillux GmbH & Co. KG

Weseler Straße 401 48163 Münster

Telefon: +49 251 7188-8799

E-Mail: kontakt@brillux.de www.brillux.de

Idee, Konzeption, Realisation: gambit marketing & communication GmbH

colore Ausgabe 30, Oktober 2024

60636/16/32/1024 8826.9651.0030

Die aktuelle Ausgabe und auch das Archiv finden Sie in der digitalen Brillux Mediathek: www.brillux.de/colore

Alle in diesem Magazin veröffentlichten Bilder und Texte sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nur mit vorheriger schriftlicher Einwilligung der Brillux GmbH & Co. KG bzw. des jeweiligen Rechteinhabers nachgedruckt oder anderweitig verwendet werden.

Die Darstellungen der Farbtöne in diesem Magazin sind aus drucktechnischen Gründen nicht verbindlich. Für die genaue Farbabstimmung benutzen Sie bitte unseren ScalaMusterservice (www.brillux.de/musterservice).

COLORE 30

Stadtvilla | Minden

RUHR Tower | Essen

Spenglerpark | Münchenstein, CH

Hauptverwaltung Schüco | Bielefeld

Colina dos Cedros | Odivelas, PT

ISSN 2625-7297

DE/AT 12,80 EUR

CH 14.80 CHF

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