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Feinster Farbnebel

„Ob Pinsel oder Spritze: Die Qualität des Farbauftrags liegt immer im Können des Malers.“

Michael Sommersell, Experte für Malergeschichte

TEIL 7 HISTORISCHES HANDWERKSZEUG

DIE FARBSPRITZE

Feinster Farbnebel

Beim Zerstäuber entsteht durch das Zusammenpressen des Pumpballs mit der Hand ein Überdruck, so wird die Farbe über die Düse fein zerstäubt

Farbe sprühen statt streichen – diese Idee hatten schon Steinzeitkünstler. Auf der indonesischen Insel Sulawesi zum Beispiel finden sich in Höhlen aufgesprühte Handabdrücke. Wissenschaftler gehen davon aus, dass Menschen schon vor über 40.000 Jahren die Farbe mit kleinen Röhrchen aus Knochen auf die Felsen gepustet haben.

Pump-Zerstäuber und Pistolen Für größere Flächen war diese Methode jedoch nie eine Option, da reichte auch ein langer Atem nicht. Aber Handwerker waren schon immer findig, die Entwicklung von Farbspritzsystemen kennt deshalb viele Etappen. Ein wichtiger Schritt war der Pump-Zerstäuber, der noch heute zum Auftragen von Parfüm verwendet wird. Auch im Malerhandwerk fand diese Technik Anwendung: „Wenn der Farbfilm den Eindruck einer Spritzlackierung erwecken sollte, haben Maler die Farbe mit dem feinen Sprühnebel des PumpZerstäubers aufgetragen. Die Technik wurde vor etwa hundert Jahren genutzt, etwa für Bilderrahmen, kleine Tische oder Kommoden“, erklärt Michael Sommersell vom Hamburger Malermuseum. In den 1940er-Jahren wurde ein neues Kapitel in Sachen Farbspritzsysteme aufgeschlagen. So begann man 1945 in Baden-Württemberg mit der Entwicklung von Farbspritzpistolen, auch Chiron genannt. Bei dem Verfahren stand der Staubsauger Pate. Die Idee: Auf der einen Seite wird mit einem Rohr Luft angesaugt, sie sammelt sich in der Pistole und pustet dann auf der anderen Öffnung die Farbe aus einem Becher: „Genutzt wurde die Spritzpistole zum Beispiel für Rippenheizkörper. Um Ecken und Kanten zu erreichen, mussten Maler dann keine Verrenkungen mit dem Pinsel vollführen, das klappt mit dem Sprühnebel viel leichter“, sagt Michael Sommersell. Diese Spritzpistole hat zudem den Vorteil, dass der Maler damit außerhalb der Werkstatt arbeiten konnte und mobiler wurde. Vor allem in den 1950er- und 1960er-Jahren waren Maler mit dem praktischen Koffer unterwegs.

Technik für Profis Auch heute wird noch Farbe mit Luft verspritzt – zum Beispiel bei der AirbrushKunst, beim Modellbau oder Bodypainting. Im Malerhandwerk kommt die Farbe hingegen häufig ohne Luft auf die Wand. Moderne Airless-Spritzgeräte verdichten die Farbe und pressen sie dann zur Pistole. Ob Röhrchenknochen, PumpZerstäuber oder modernes Sprühsystem: die Handhabung von Farbspritzen erfordert Know-how und Erfahrung. Ungeübte Hobby-Handwerker produzieren schnell eine Farbschlacht. Wer sich also nicht über Schlieren, Nasen, Kleckse oder sichtbare Übergänge ärgern will, fragt am besten einen Profi. Unser Experte

Michael Sommersell, 61, ist Maler und (ö. b. u. v.) Sachverständiger in Hamburg und bewahrt im Deutschen Maler- und Lackierermuseum die Geschichte des Handwerks malermuseum.de

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