Weihnachten Feiern | ein Bildband von Bianka Bleier

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ISBN 978-3-7893-9330-3

9 783789 393303

… Oder durch ein schönes Buch. Lassen Sie Weihnachten einziehen in Ihr Haus, in Ihr Herz. Stimmungsvolle Fotos und eine von Miriam Gamper liebevoll komponierte Gestaltung begleiten Texte, die Bianka Bleier für Sie geschrieben und zusammengestellt hat. Texte zum Innehalten, zum Stillwerden, zum Bereitmachen – und zum Feiern.

Bianka Bleier

Weihnachten kommt durch die Hintertür. Durch den Blick eines Kindes. Durch ein Wort, das eine Kindheitserinnerung auslöst. Durch ein Gebet im Gottesdienst. Durch eine helfende Hand.

Weihnachten feiern

Schon wieder Weihnachten!?

Weihnachten feiern Bianka Bleier


Für meine Mutter, die mir die Liebe zu Weihnachten ins Herz gelegt hat.

© 2008 SCM Collection Verlag im SCM-Verlag GmbH & Co. KG, Witten Gesamtgestaltung: Miriam Gamper | Essen | www.dko-design Druck: Theiss, Österreich ISBN 978-3-7893-9330-3 Bestell-Nr. 692.330


Weihnachten feiern Bianka Bleier



Schon wieder

Weihnachten Schon wieder Weihnachten!? – Man möchte es ausfallen lassen. Alle zwei Jahre wieder würde doch auch genügen als würdige Gedenkveranstaltung.

Aber dann kommt Weihnachten durch die Hintertür. Durch den Blick eines Kindes. Durch ein Wort, das eine Kindheitserinnerung auslöst. Durch ein Gebet im Gottesdienst. Durch eine helfende Hand. Durch ein Lied, das etwas in mir zum Klingen bringt.

Advent

Offenbarungsmomente. Eine Erkenntnis berührt mein Herz. Dankbarkeit breitet sich in mir aus für das alle Jahre wiederkehrende Geburtstagsfest, das neu in mir fest macht Glaube, Hoffnung, Liebe. Ich will zur Ruhe kommen, in der Dunkelheit die Sehnsucht nach dem Licht spüren. Behutsam von Neuem den Weg suchen, auch in diesem Jahr, wach und achtsam für die Chance, die sich darin birgt. Ich kenne keine Abkürzung. Vorsichtig taste ich mich heran an das Unbegreifliche. Ich sehe und höre, singe und lese, warte und gehe. Ich will schenken und mich beschenken lassen.

– der Weg zur Weihnacht.


Alle Jahre wieder „Alle Jahre wieder kommt das Christuskind“, sang ich als Kind und lebte voll Spannung auf Heiligabend zu, verzaubert vom Geheimnis der Adventszeit. Seitdem sind viele Weihnachten vergangen. Heute scheint ein ganzes Jahr schneller zu vergehen als ein unendlich langer Advent meiner Kindheit. Aber noch immer fordert mich das Kind in der Krippe heraus. Jahr für Jahr im Advent fragt es mich, wo ich stehe. Wieder bin ich ein­ geladen zu der Geburtstagsfeier des Gottessohnes. Der Aufbruch fällt mir nicht leicht, das Ziel scheint so fern und ungreifbar. Aber ich weiß, dass sich der Weg lohnt. Der Weg zum Weihnachtsfest, zu dem Kind, das meine Sehnsucht nach Frieden, nach heiler Welt kennt. Der Weg Jesus entgegen, der sich genau aus diesem Grund vor zweitausend Jahren auf den Weg zu uns Menschen gemacht hat. Es liegt an mir, ob ich die alljährliche Wiederkehr der Adventszeit als lästiges, bloß nostalgisches Ereignis werte oder als zunehmendes Offenbarwerden eines himmlischen Geheimnisses. Es liegt an mir, ob ich die Wochen vor Weihnachten nur als Hinweis auf mein vorrückendes Lebensalter verstehe oder ob ich mich mit kindlicher Spannung und erweitertem Erfahrungshorizont heran­ taste an das kaum Fassbare. An mir liegt es, ob ich den Advent reduziere auf Sitten und Familien­ tradition, Geschenkstress und zusätzliche Arbeit, oder ob ich ihn als jährlich wiederkehrende Gelegenheit erkenne, mich dem zu nähern, der sich uns genähert hat.

An mir liegt es, mich zu entscheiden zwischen Betriebsamkeit und Behaglichkeit – oder ob ich den Advent begrüße als Zeit der inneren Einstimmung, um in der Stille nach Antworten auf meine Fragen zu suchen. Ich will meinen Blick richten auf das, was dahintersteckt, auf den eigentlichen Grund unserer Freude in diesen dunklen ­Tagen. Ich hoffe, dass ich wieder erlebe, wie sich dieser ­Hinter-Grund von Weihnachten „nach vorne drängelt“. Ich erwarte neu, dass mich das froh macht. Ich wünsche mir eine Weihnachtszeit, in der ich nicht nur ­Berge von Pflichten abtrage, sondern in der ich neu im Glauben gestärkt werde, berührt von Gott. Ich wünsche mir, dass sich meine Seele verwurzelt in dem Wunder, das vor zwei Jahrtausenden geschehen ist, und dass ich neu ausgerichtet in das kommende Jahr hineinwachse. Weihnachten nicht gestalten müssen, sondern geschehen lassen. Zur Ruhe statt in Stimmung kommen, entlasten statt planen, alte Zöpfe und lästige Pflichten abschneiden, um frei zu werden, frei von unnötigen Erwartungen und falschen Vorstellungen, frei für die Reise zu dem Kind in der Krippe.


Wovon möchte ich frei sein – und wofür? Was erwarte ich

dieses Jahr vom Advent?



Abenteuer Das Wort „Advent“ stammt aus dem Lateinischen. Adventus heißt Ankunft. Advenit heißt „er kommt an“. Eng dazu gehört ad-venire ­(ankommen, herankommen, sich ­ereignen). Und unmittelbar zu „advenire“ gehört das Lehnwort Abenteuer! Und darin besteht das Abenteuer Advent: Gott hat die himmlische Heimat verlassen, um zu uns Menschen zu kommen. Aus reiner ­Liebe. Von nun an steht uns der Himmel offen! Es liegt an uns, durch die Tür zu gehen. Im Weihnachtsrummel wird das Ungeheuerliche dieses Abenteuers leicht verschüttet. Aber Gottes Ankommen wird zu einem persönlichen Abenteuer für jeden Menschen, der sich dafür öffnet. Wie eine Mutter die Zeit der Schwangerschaft braucht, um sich auf ihr Kind vorzubereiten, brauchen wir die Zeit im Advent, um uns auf das Geheimnis von Weihnachten einzulassen. Wochen, Tage, Stunden, in denen wir eingeladen sind, neu das Abenteuer Leben zu erlernen. Berta hat mir eine Geschichte erzählt, die für mich zu einem wunderschönen Bild für den Advent geworden ist: Bertas Mutter ist hochschwanger. Die Niederkunft wird täglich er­ wartet. Als die Wehen losgehen, muss ihr Mann zur Arbeit. Urlaub gibt es deswegen noch nicht. Telefon auch nicht. Er arbeitet als

­ ollzugsbeamter in einem Gefängnis, das neben dem Krankenhaus V liegt. Er bittet seinen Freund, seine Frau ins Krankenhaus zu fahren. Bertas Vater hat Wachdienst auf der Mauer des Gefängnisses und kann die Straße sehen, die daran vorbeiführt. Es ist Nacht. Sie vereinbaren, dass der Freund zweimal mit den Scheinwerfern aufblenden wird, wenn sie am Gefängnis vorbeikommen. So geht Bertas Vater nachts im Regen auf der Mauer auf und ab und wartet auf ein Licht, das aufleuchtet, damit er weiß, dass sein lang ersehntes Kind ankommt. Wie die Hirten bei Nacht ... Abenteuer Advent – das heißt warten und lauschen, ob sich irgendwas tut. Das heißt suchen und sich auf den Weg machen. Das heißt mitten im Dunkel den Stern sehen und ihm trauen. Das heißt träumen und wünschen, hoffen und ersehnen. Das bedeutet sich nicht zufriedenzugeben mit dem, was ist. Das heißt sich ausstrecken nach dem, was noch nicht ist, aber was sein könnte. Das heißt sehnsüchtig sein nach mehr Leben und Lebendigkeit, das heißt Ausschau halten nach Gott in meinem Leben. Das heißt staunen können, wach sein, hellwach – und hinausschauen, hinschauen auf mein Leben, auf diese Welt. Und damit fängt das Abenteuer schon an: das Unsagbare hören, dem Unglaublichen trauen, sich aufmachen, sich auf den Weg machen. Wer sich dem Geheimnis der Weihnacht nähert, der lässt sich ein auf das Abenteuer, auf das Abenteuer Advent.


Vom Novemberdunkel

zum Weihnachtslicht Sag deiner Seele, sie soll ihr schönstes Kleid tragen heute Abend. Sag ihr, es ist soweit: Die Sterne haben ihren Segen gegeben. Was nun geschieht, führt näher ans Licht. Hans Kruppa

Der November ist eine einzige Herausforderung für mich. Den Monat des zunehmenden Dunkels muss ich durchkämpfen, erdulden, über mich ergehen lassen. Immer schon suchte ich Wege, der Traurigkeit zu begegnen, die mich überfallen will. Ich mag den November nicht. Aber ich verdanke ihm viel. Ich brauche den November, der seinen dunklen Mantel auf mich legt, weil er mich bereit macht für das allmählich zunehmende Adventslicht, das Hoffnung in mir wachsen lässt. Ich brauche den Advent, um mir neu schenken zu lassen, was Gott für mich bereithält.

Ich brauche die vorweihnachtliche Zeit, um mich von Neuem anrühren zu lassen von dem Geheimnis, dass Gott mir begegnen möchte. Ich brauche diese Wochen, um mich wieder neu in einer empfangenden Haltung einzuüben, um zu erleben, dass ich Weihnachten nicht machen, sondern nur geschehen lassen kann. Ich brauche den November, um Weihnachten zu verstehen. Vor dem Licht ist das Dunkel. Vor der Befreiung kommt der Schmerz. Die Erkenntnis, dass wir Rettung brauchen. Alles Licht kommt von Gott. Sein erstes Wort lautete: Es werde Licht. Die Nacht wird nicht ewig dauern. Es wird nicht finster bleiben. Die Tage, von denen wir sagen, sie gefallen uns nicht, werden nicht die letzten Tage sein. Wir schauen durch sie hindurch vorwärts auf ein Licht, zu dem wir schon jetzt gehören und das uns nicht loslassen wird. Helmut Gollwitzer


Advent und Weihnachten ist wie ein Schl체sselloch, durch das auf unseren dunklen Erdenweg ein Schein aus der Heimat f채llt. Friedrich Bodelschwingh


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