2018 KOMMENTARE ANREGUNGEN FRAGEN IMPULSE
Impressum Herausgeber: Matthias Büchle, Generalsekretär CVJM-Westbund e. V. Dr. Michael Diener, Präses Evangelischer Gnadauer Gemeinschaftsverband e. V. Karsten Hüttmann, 1. Vorsitzender Christival e. V. Hansjörg Kopp, Generalsekretär CVJM Deutschland e. V. Wieland Müller, 1. Vorsitzender Chrischona Gemeinschaftswerk Deutschland Dr. Christoph Rösel, Generalsekretär Deutsche Bibelgesellschaft Redaktion: Klaus Jürgen Diehl (NT-Texte), Uwe Bertelmann (AT-Texte) Quellennachweis: 4. Januar: Michael Theobald, Das Evangelium nach Johannes, Kapitel 1–12 (Regensburger Neues Testament), Regensburg: Friedrich Pustet 2009, S. 185. Erstellung des Bibelleseplans: Ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen Ev. Werk für Diakonie und Entwicklung Caroline-Michaelis-Str. 1 10115 Berlin Bibeltexte folgen, wenn nicht anders vermerkt, der Lutherbibel, revidierter Text 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. Weitere verwendete Übersetzungen s. S. 394.
© 2017 Brunnen Verlag Gießen und CVJM Gesamtverband in Deutschland e. V. Umschlagfoto: Mauritius Umschlaggestaltung: Jonathan Maul Satz: Uhl + Massopust, Aalen Druck: GGP Media GmbH, Pößneck ISBN Buch 978-3-7655-0648-2 ISBN E-Book 978-3-7655-7487-0 www.brunnen-verlag.de
Inhalt Vorwort (Klaus Jürgen Diehl) ............................................... 5 Einführungen (Friedhardt Gutsche) Das Evangelium nach Johannes ............................................. 8 Das fünfte Buch Mose (Deuteronomium) .............................. 18 Der Brief des Paulus an die Epheser ....................................... 108 Der Brief an die Hebräer ....................................................... 130 Der Prophet Amos ................................................................. 170 Der Prophet Hosea ................................................................ 185 Der erste, zweite und dritte Brief des Johannes ...................... 242 Die Propheten Zefanja und Habakuk .................................... 262 Der Prediger Salomo (Kohelet) .............................................. 271 Der Brief des Paulus an die Galater ....................................... 284 Die Offenbarung des Johannes .............................................. 302 Der Prophet Jesaja (Kap. 1–39) ............................................. 343 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 2018 ................................ 388 Bibelstellen-Verzeichnis 2010–2018 ...................................... 393
Vorwort Liebe Leserinnen und Leser von Bibel für heute, die biblische Jahreslosung für 2018 ist ein einziges, großes Versprechen: „Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst“ (Offenbarung 21,6b). Wenn in der Bibel vom „lebendigen Wasser“ die Rede ist, dann ist damit oft das Wort Gottes gemeint, das unsern Durst nach einem erfüllten Leben stillt. Dieses Wort gleicht taufrischem Quellwasser, das uns stets neu erfrischt, unsern Alltag erhellt und uns verlässliche Orientierung gibt. Wir wünschen Ihnen, dass Gottes Wort mithilfe von Bibel für heute auch 2018 für Sie zu einem nachhaltigen Durststiller wird. Dass uns dieses Wasser „umsonst“ angeboten wird, unterstreicht, dass es das Entscheidende bei Gott eben nur gratis, d. h. aus bedingungsloser Gnade heraus gibt. – Auf drei Dinge möchten wir Sie gerne aufmerksam machen: ➜➜Immer wieder enthalten die Auslegungen zum jeweiligen Tagestext Querverweise auf andere Bibelstellen. Unterziehen Sie sich der Mühe, diese Bibelstellen nachzuschlagen. Sie helfen Ihnen, den Gesamtzusammenhang des Handelns Gottes in der Geschichte noch besser zu erkennen. ➜➜Viele Auslegungen enthalten eine kleine Aufgabe bzw. einen Impuls zum weiteren Nachdenken. Damit wollen die Autorinnen und Autoren eine Brücke vom Bibeltext zu Ihrem persönlichen Glauben bzw. zum Leben in der Gemeinde schlagen. ➜➜Langjährigen Bibel für heute-Lesern wird auffallen, dass sich das Schriftbild unserer Bibellese geändert hat. Der Verlag hat sich um der besseren Lesbarkeit willen für einen anderen Schrifttyp entschieden. Wir hoffen, dass das neue Layout bei Ihnen auf positive Resonanz stößt. Uwe Bertelmann (Redaktion der Auslegungen des AT) Klaus Jürgen Diehl (Redaktion der Auslegungen des NT) 5
Neujahr, 1. Januar
Psalm 97
●●„Es wird regiert!“ – So antwortete der Theologe Karl Barth kurz vor seinem Tod auf die Frage, die ihm ein Freund am Telefon stellte, der ratlos und verzweifelt war angesichts der damaligen politischen Weltlage und dem alles bedrohlich und ausweglos schien. Ähnlich prägnant beginnt Ps 97, den wir nun zu Beginn eines neuen Jahres lesen: „Jahwe ist König“. Mit dieser Formel wurde ursprünglich einem neuen König gehuldigt. Hier richtet sich der Blick auf das Offenbarwerden und Kommen Jahwes als König am Ende aller Tage. Dieser Gedanke ist im Christentum lebendig geworden: „Maranatha“ – unser Herr kommt. Darüber soll sich die ganze Welt freuen, denn ihr ist eine Zukunftsperspektive verheißen.
✎✎„Gott ist König“ – nehmen Sie diesen Satz als Ihr ganz persönliches Motto für das neue Jahr. Formulieren Sie, was das ganz konkret für Sie und Ihr Leben bedeutet. ●●Hoffnung für alle Menschen: V 1b öffnet sofort den Blick, den Gott uns schenken will: Freude und Hoffnung sollen nicht nur die Glaubenden alleine haben. Gott will, „dass alle Menschen gerettet werden“. Die „Inseln“ stehen für die vielen Völker und Erdteile, in denen Gott nicht als „Herr“ erkannt wird. Sie sollen in die Freude mit einbezogen und zum Glauben eingeladen werden. ●●Das Ziel dieser Welt – Schalom: In bildlicher Sprache spricht der Psalmist von der Theophanie, dem Offenbarwerden Gottes (V 3-6). Seiner Heiligkeit kann diese Welt nicht standhalten. Sie wird geläutert, damit das Böse vergeht und Gott das vollendete Reich seiner Liebe und Gerechtigkeit, seinen „Schalom“ aufrichten kann. Der Glaubende sieht dieser Zukunft entgegen, sie prägt sein Leben in zweifacher Hinsicht: Er lädt Menschen ein, diesen „König“ der Welt zu erkennen, und gründet sich selbst im immerwährenden Gebet tiefer Gottesgemeinschaft.
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Das Evangelium nach Johannes Das vierte Evangelium benennt deutlich sein Ziel: „Noch viele andere Zeichen tat Jesus vor seinen Jüngern, die nicht geschrieben sind in diesem Buch. Diese aber sind geschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen“ (20,31f). Mit dieser Auswahl der Taten und Reden Jesu wird alles auf die Christuserkenntnis konzentriert, auf die Einheit von Vater und Sohn „Ich und der Vater sind eins“ (10,30), auf den Sohn als das „Leben“ (1,4; 14,6; 6,63.68) und auf den „Glauben“ als den Weg und die Art und Weise der Teilhabe an seiner „Herrlichkeit … voller Gnade und Wahrheit“ (1,14). Die Zahl sieben symbolisiert in der Bibel die Fülle. Dass in der Auswahl die ganze „Fülle“ gegeben ist, wird veranschaulicht durch sieben „Ich-bin-Worte“: „Ich bin das Brot des Lebens“, „das Licht der Welt“, „der gute Hirte“, „die Tür“, „die Auferstehung und das Leben“, „Weg, Wahrheit und Leben“, „der rechte Weinstock“ und durch sieben Wunder, die das vierte Evangelium als „Zeichen“ Jesu kennzeichnet. Sie weisen alle über sich hinaus auf Jesus als die eigentliche Gabe Gottes für uns. Anders als in den ersten drei Evangelien kommt im Johannesevangelium Jesus nicht erst am Ende seines Lebens nach Jerusalem, sondern er zieht mindestens viermal in die Heilige Stadt, und zwar immer zu den zentralen jüdischen Festen (2,13; 5,1; 7,10; 12,12). Es wird jeweils deutlich, dass der jüdische Kult in Jesus zu seinem Ziel und damit auch zu seinem Ende kommt. Jesus wirft nicht nur die Händler aus dem Tempel, sondern er treibt auch die Opfertiere hinaus (2,15), denn er allein ist jetzt das „Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt“ (1,29). Dieser mehrfache Aufenthalt Jesu in Jerusalem führt auch zu einem anderen Aufbau des Evangeliums als sonst: Auf die Eröffnung mit dem großartigen Christushymnus (Prolog: 1,1-18) folgt das Christuszeugnis Johannes’ des Täufers und die Berufung der ersten Jünger. 8
Kap. 2–12 zeigen das Wirken Jesu in der Öffentlichkeit, wobei die Begegnungen Jesu mit unterschiedlichsten Menschen häufig Anlass zu ausführlichen Reden sind. Fast gewinnt man den Eindruck, dass die Worte Jesu wichtiger sind als die dabei von ihm vollbrachten Taten bzw. Wunder. Kap. 13–17 enthalten die nicht öffentliche Unterweisung der Jünger im Blick auf die Zeit nach Jesu Tod. Die sog. „Abschiedsreden und das hohepriesterliche Gebet“ sind gleichsam das Testament Jesu. Vierfach verheißt hier Jesus den „Parakleten“, den Tröster und Beistand, den Heiligen Geist, in dem er selbst in anderer Weise wieder bei seiner Gemeinde präsent sein wird (14,18; s. 14,15-18; 14,25f; 16,7-15). Der Passionsbericht (Kap. 18+19) zeigt Jesus nicht als das Opfer der Machthaber, sondern als den souverän selbst Handelnden, der bewusst den Weg ans Kreuz geht und der besonders im ausführlichen Gespräch mit Pilatus zeigt, wer eigentlich der König und Herr ist. Im Auferstehungsbericht (Kap. 20+21) finden wir mehr Begegnungsgeschichten des Auferstandenen als in den anderen Evangelien. Der Sendungsaspekt spielt dabei eine besondere Rolle. „Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“ (20,21). Gegenüber den synoptischen Evangelien vermisst man Jesu Streitgespräche mit den Pharisäern über das Gesetz, die Gleichnisse (dafür viele Bildworte) und das Zentralwort „Reich Gottes“ (dafür „ewiges Leben“, wobei dieses ewige Leben nicht erst in der Zukunft beginnt, sondern für den Glaubenden schon in der Gegenwart angebrochen ist) u. a. m. Auffallend ist die meist meditative Sprache des Johannesevangeliums. Sie will uns in die Tiefe führen. Wir sollen nicht bei den vordergründigen Geschehnissen stehen bleiben, sondern die Leben schenkende Wahrheit sehen lernen, die in der Geschichte Jesu Christi offengelegt wird.
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Dienstag, 2. Januar
Johannes 1,19-28
Das Wirken des Täufers hat eine breite Resonanz hervorgerufen. Das oberste Gremium des damaligen palästinischen Judentums, der sog. Sanhedrin, hatte die Aufgabe, über die Lehre zu wachen. Nach dem Tode Herodes des Großen konnte er aber nur in Judäa eine Befehlsgewalt ausüben. Da sich der Täufer wohl außerhalb dieses Gebietes aufhielt, erhielt eine Delegation den Auftrag, den Täufer aufzusuchen, um zu prüfen, ob sein Wirken mit der richtigen Lehre übereinstimmt oder nicht. ●●Ein Teil dieser Delegation bestand aus Priestern und Leviten (V 19-23). Diese fragten vor allem danach, ob er sich als Messias oder zumindest als Elia bzw. als Prophet verstand. Sie knüpften an Vorstellungen der damaligen Zeit an. Einige erwarteten einen Messias, der die politische Situation ändern sollte, andere hingegen hofften auf einen Messias, der vor allem das gottesdienstliche Leben wiederherstellen würde.
✎✎Schlagen Sie bitte 2Kön 2,1-18 nach. Wie könnte das Ende des Elia die Vorstellungen beflügelt haben, am Ende der Zeiten würde er wiederkommen (vgl. auch Mal 3,1.23)? ●●Johannes weist alle diese Titel zurück; er versteht sich vor allem als Wegbereiter des Messias. ●●Die Pharisäer bildeten einen weiteren Teil der Delegation. Sie waren in erster Linie nicht an einem Würdetitel des Täufers interessiert, sie fragten nach seiner Legitimation und seiner Autorität, mit der er auftrat. Ihnen gab Johannes eine dreiteilige Antwort (V 26f). ➜➜Er tauft mit Wasser; das AT erwartete aber einen Messias, der mit dem Heiligen Geist taufen wird (Joel 3). ➜➜Eigentlich müssten die Pharisäer den Retter erkennen, da er bereits unter ihnen aufgetreten ist, aber Jesus ist ihnen fremd. ➜➜Trotz der großen Aufmerksamkeit, die Johannes genoss, war er doch nicht mit dem zu vergleichen, um den es wirklich geht.
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Mittwoch, 3. Januar
Johannes 1,29-34
Mit dem Beginn „am folgenden Tag“ hebt sich die Begebenheit, die nun geschildert wird, deutlich von dem Abschnitt vorher (V 19-28) ab. Der Zusammenhang macht zugleich deutlich, dass die Zeitangaben bis zur Hochzeit in Kana (2,1ff) genau eine Woche ergeben. ➜➜1. Tag: 1,19-28: Die Delegation aus Jerusalem befragt den Täufer zu seinem Wirken. ➜➜2. Tag: 1,29-34: Jesus hält sich beim Täufer in Betanien auf. ➜➜3. Tag: 1,35-39: Jesus beruft die ersten Jünger bei Betanien. ➜➜4. Tag: 1,40-42: Jesus beruft Andreas und Petrus. ➜➜5. Tag: 1,43-51: Jesus bricht nach Galiläa auf und beruft Philippus und Nathanael. ➜➜6. Tag: Sabbat. ➜➜7. Tag: 2,1: Die Hochzeit zu Kana findet statt („am dritten Tag“: gerechnet vom fünften Tag). ●●Wie an anderen Stellen auch, so setzt der Evangelist bei seinen Lesern die Umstände von bestimmten Ereignissen voraus. So wird die Wirksamkeit des Täufers und die Taufe Jesu selbst nicht beschrieben, die Leser wissen offenbar durch andere Zeugnisse Bescheid. Dadurch setzt der Evangelist noch einmal einen anderen Akzent als die übrigen Evangelisten. ●●Von Anfang an beschreibt Johannes das Wirken Jesu so, dass in ihm Menschen die Rettung erfahren. Er ist „das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt“ (V 29). Mit diesem Begriff klingen alttestamentliche Vorstellungen an (z. B. Jes 53). Vielleicht ist auch an das Passalamm zu denken. ●●Johannes berichtet über die Taufe Jesu aus der Sicht des Täufers. Dabei wird besonders betont, dass der Heilige Geist auf Jesus herabkam und auf ihm blieb. Mit dem „bleiben“, das zum bevorzugten Wortschatz des Evangelisten gehört (vgl. auch die Auslegung am 3. August), wird herausgestellt, dass alles, was Jesus sagte und tat, in der Kraft und unter der Leitung des Geistes geschah. Er, der in der Taufe den Geist empfing, teilt diesen nun selbst aus. Damit erfüllen sich die Verheißungen der Propheten (z. B. Joel 3). 11
Donnerstag, 4. Januar
Johannes 1,35-51
●●Hatte der Täufer zunächst darauf verwiesen, dass er der Vorbereiter des Messias sei, so zeigt sich dieses jetzt im Wechsel e iniger seiner Schüler zu Jesus. Einer wird mit Namen genannt (Andreas); der andere bleibt merkwürdigerweise im Dunkeln. Ob es sich um „den Jünger, den Jesus liebte“ handelt (so z. B. 13,23), der in der Tradition mit Johannes, dem Sohn des Zebedäus identifiziert wird, kann nur vermutet werden. Wichtiger ist die Erkenntnis, dass Menschen anfangen, an Jesus zu glauben, wenn andere auf ihn aufmerksam machen. ●●Wir können in seine Nähe kommen (V 39.46), ihn sehen (V 39.46), auf ihn blicken (V 36) und in seiner Nähe bleiben (V 39). Der Glaube ist von der persönlichen Beziehung zu Jesus geprägt. ●●In Nathanael begegnet uns ein Mensch, der sich nicht gleich begeistern und überzeugen lässt, sondern zunächst kritische Rückfragen stellt: „Was kann aus Nazareth Gutes kommen!“ (V 46) und „Woher kennst du mich?“ (V 48). Überwunden wird seine Skepsis durch die Erfahrung, dass Jesus ihn kennt und durchschaut (V 48b). ●●Das Bild von der Himmelsleiter greift den Traum auf, den Jakob auf der Flucht vor Esau hatte (1Mose 28,12). Jesus will damit sagen: Mit mir, dem Menschensohn, ist der Himmel auf die Erde gekommen! ●●Es geht in diesen Versen nur vordergründig um die Berufung von Jüngern. Vielmehr steht Jesus selbst im Zentrum der Darstellung. Wie in kaum einem anderen Abschnitt des Evangeliums finden wir hier eine Fülle von Titeln, mit denen Jesus „Wir finden zu bezeichnet wird. Er ist das „Lamm Gottes“ Jesus, indem (V 36) und „Rabbi“ (V 38), er wird „Mesandere uns von sias“ (V 41) genannt und er ist der, „von ihm erzählen.“ dem die Propheten reden“ (V 45). Zudem Michael Theobald ist er „Sohn Gottes“, der „König Israels“ (V 49), und der „Menschensohn“ (V 51).
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Freitag, 5. Januar
Johannes 2,1-12
Das Weinwunder zu Kana hat zu allen Zeiten Fragen aufgeworfen und Unverständnis hervorgerufen. Welchen Sinn soll es machen, wenn Jesus etwa 600 Liter Wasser (ein sog. „Maß“ entspricht knapp 40 Litern) in Wein verwandelt? Es spricht viel dafür, diese Begebenheit auf dem Hintergrund des AT und zeitgenössischen jüdischen Vorstellungen zu lesen. Folgende Hinweise machen zudem deutlich, dass es gar nicht um die Fülle an gutem Wein an sich geht, sondern dass Jesus selbst im Zentrum steht: ●●Das Wasser befindet sich in Krügen, die für die Reinigung bestimmt waren. Jeder, der sich Gott zuwandte, musste sich zuerst waschen, um vor Gott rein zu sein. Es deutet sich an, dass diese Waschungen überboten werden und durch Jesus nicht mehr notwendig sind. ●●Die Krüge aus Stein waren für die Waschungen besonders geeignet. Behälter aus Ton mussten zerstört werden, wenn sie einmal verunreinigt waren. ●●Der Wein ist eine besondere Gabe Gottes (Jer 31,5; Jes 55,1). Er ist vor allem ein Zeichen der anbrechenden Heilszeit Gottes. ●●Der Hinweis in V 10 auf die besondere Güte des Weines wird auf dem Hintergrund von Jes 25,6 verständlich. Dass dieser „bis zuletzt“ aufgehoben wurde, ist ein weiterer Hinweis auf die Person Jesu. ●●Dieses Ereignis zu Kana wird ausdrücklich als Zeichen verstanden. Es steht als Wunder nicht für sich, sondern will auf Jesus hinweisen und zum Glauben an ihn ermutigen. Hier sind es nur die Jünger, die an ihn glauben; es sollen aber alle zum Glauben eingeladen werden (20,31). ●●Beim Weinwunder geht es um Jesus! In ihm bricht die angekündigte Heilszeit an; er ist der Wendepunkt in der Geschichte. Darauf weist auch der schroff anmutende Satz Jesu an seine Mutter hin (V 4). Es geht nicht um eine Ablehnung, sondern um eine deutliche Distanz zu den menschlichen Bindungen. Damit blitzt seine Messianität zeichenhaft auf. 13
Samstag, 6. Januar
Johannes 2,13-25
In diesem Abschnitt zeigt sich wieder eine Besonderheit des Joh. Als Einziger berichtet er von mehreren Reisen Jesu nach Jerusalem. Auch die Tempelreinigung geschah nach Johannes am Anfang seiner Wirksamkeit und nicht am Ende. Den Vorwurf, dass man aus dem Tempel eine „Räuberhöhle“ gemacht hat (Mt 21,13), ersetzt er durch die Kritik, dass der Tempel zum „Kaufhaus“ gemacht wurde (V 16). ●●Besonders zu den drei Wallfahrtsfesten (Passa-, Wochen- und Laubhüttenfest) waren Tausende von Pilgern aus vielen Ländern in Jerusalem. Um die vorgeschriebenen Opfer darbringen zu können, wurden im Tempelbezirk Tiere zum Kauf angeboten, und es konnte Geld gewechselt werden, um die Tempelsteuer zu bezahlen. ●●V 15 müsste (anders als bei Luther) eher so übersetzt werden: „Er trieb alle aus dem Tempel aus, sowohl die Schafe als auch die Rinder.“ Es sollen vor allem die Tiere aus dem heiligen Bezirk getrieben und so dem schwunghaften Handel ein Ende bereitet werden.
✎✎Wo müsste Jesus heute im Blick auf unsern „kirchlichen Betrieb“ kritisch dazwischenfahren? ●●Mit der Reinigung des Tempels überliefert Johannes das sog. Tempelwort, welches den Blick auf den heiligen Eifer um den Tempel richtet (V 17). ●●Dass ein Gebäude wie der Tempel nicht zerstört und in drei Tagen wieder aufgebaut werden konnte, war offensichtlich. Jesus bezieht dieses Wort auf sich und verbindet es mit seiner Passion. Damit wird der Tempel als entscheidender Ort der Begegnung zwischen Gott und Mensch abgelöst. Jesus ist die Überbietung des Tempels. „Nicht mehr im Tempel aus Stein, sondern in Jesus Christus treffen Himmel und Erde aufeinander (1,51), eröffnet sich der Zugang zum Vater“ (Udo Schnelle). ●●Was als Reinigung des Tempels begann, entwickelt sich zum Wort über Jesus selbst; er ist der Ort der Gottesbegegnung.
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Sonntag, 7. Januar
Psalm 96
●●Der Lobpreis – eine innere Standortbestimmung: Ps 96 findet sich fast wörtlich in 1Chr 16,23-33. Damals (1Sam 5) war die Bundeslade als Beutegut in die Hand der Philister gelangt und erst später konnte David sie zurückholen (1Chr 15–16). Dieses Ereignis lässt ihn überströmen vor Freude und diesen Psalm singen. Es geht ihm dabei um viel mehr als eine persönliche Erfolgsgeschichte. David ist im Herzen bewegt von der Gegenwart Gottes, die für das Volk Israel in der Lade wirklich und präsent war. „Gott ist hier“ – diese Wahrheit durchströmt ihn. ●●In nachexilischer Zeit wurde der Psalm vermutlich am ersten Tag des Laubhüttenfestes gesungen – ohne die Bundeslade und ohne den Tempelkult feiert Israel Jahwe als Herrn der Geschichte, der auch in Zukunft treu und verlässlich bleibt. ●●Die Dynamik geistlichen Lebens: Paulus sagt, dass wir „ein Tempel des Heiligen Geistes“ sind (1Kor 6,19); Jesus sagt: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen“ (Mt 18,20). Die Grundmelodie meines Lebens ist das Geheimnis der Gegenwart Gottes in mir! Es tut gut, sich dies immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Der Psalm zeigt uns, wie von Beginn an Christen ihr Glaubensleben festigten: Lobpreis V 1, erzählen von dem, was Gott Gutes im Leben getan hat V 3, andere Menschen zum Glauben ermutigen, mit allem Tun und Denken Gott die Ehre zu geben V 7-8, Gebet V 9. ●●Die Hoffnung christlichen Lebens Christliches Leben steht immer in der Verantwortung für diese Welt, aber es erschöpft sich nicht darin. Christen leben von der Verheißung der Wiederkunft Christi und sie leben auf diese hin. Das Ende der Welt wird der wunderbare Neuanfang sein, eine Vollendung, in der wir schauen dürfen, was wir geglaubt haben.
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