Diagramm #168 / SPEZIAL

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SPEZIAL / Round Table

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#168 / SPEZIAL

das Bühler Magazin

Oktober 2014

Schneller Service NEUE SERVICE STATION FÜR GETREIDE- UND FUTTERMITTELHERSTELLER IN NORDSPANIEN

Neue Struktur – neues Denken NÄHER BEI DEN KUNDEN

Eine Frage des Geschmacks INNOVATIVE LÖSUNGEN FÜR KAFFEE, MEHL UND VERPACKUNGEN diagramm

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SPEZIAL / Round Table

Inhalt

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Lösungen

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Vorwort Zahlen & Fakten

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Diskussion Nach einem erfolgreichen Jahrzehnt hat Bühler seine interne Struktur verändert, um näher beim Kunden zu sein. Stefan Scheiber, CEO von Grains & Food, Samuel Schär, CEO von Advanced Materials, und Ian Roberts, CTO, diskutieren, wie das Unternehmen weiter wachsen kann, indem es das Richtige tut.

InfinityRoast™: Heisse Innovation

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PESA Mill™: Innovation einer jahrhundertealten Tradition

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LEYBOLD OPTICS PAK 2100T: Transparenz für einen neuen Markt

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14 Organisation Interview: Der neue Leiter Grain Milling, Johannes Wick, spricht über die Herausforderung, die Spitzenposition im Markt zu halten – und wie Automatisierung und Prozessoptimierung dabei helfen können. 14 News: Der Präsident von Bühler Asia Pacific nun Teil der Geschäftsleitung 15 News: Neuer Leiter für Manufacturing & Logistics

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16 Kundenservice Bühlers Kundenservice ist weltweit mit über 80 Standorten vor Ort präsent – und es werden laufend mehr. Eine neue Service Station in Lérida betreut nun die Kunden in Spaniens Kornkammer.

Impressum #168 / SPEZIAL Herausgegeben von Bühler AG, Corporate Communications, CH-9240 Uzwil, Schweiz, Frank Nehlig, Head of External Communications, T +41 71 955 26 89, frank.nehlig@buhlergroup.com Konzept, Redaktion und Produktion: Primafila AG, Zürich Druckerei: galledia AG, Flawil Ausgabe: 2/2014 diagramm

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SPEZIAL / Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser D

ie vergangenen Jahre waren aufregend für Bühler – wir blicken zurück auf ein erfolgreiches Jahrzehnt, in dem die Firma stetig gewachsen ist: Wir haben die Zahl unserer Mitarbeitenden verdoppelt und unsere Präsenz auf über 140 Länder rund um den Globus ausgeweitet. Unsere neuen Anwendungs- und Entwicklungszentren in den USA, in Indien und China sind Ausdruck unserer Entschlossenheit, marktrelevante Lösungen in unmittelbarer Kundennähe zu entwickeln. Und dennoch haben wir beschlossen, unsere Organisationsstruktur zu ändern. Warum? In den vergangenen Monaten habe ich viele Kunden besucht und dabei festgestellt, dass nicht alle von ihnen völlig zufrieden damit waren, wie wir auf ihre Bedürfnisse eingegangen sind. Wie sie mir mitteilten, hatten sie mit zu vielen internen administrativen Strukturen und Abläufen zu tun. HERAUSFORDERUNGEN GLOBALER MÄRKTE Dieses Kundenfeedback wäre bereits Anlass genug, die Aufstellung unserer Organisation zu optimieren; es gibt aber noch einen weiteren Grund: Die Zeit ist gekommen, um den nächsten Schritt in unserer Geschäftsentwicklung zu tun und Bühler auf die Veränderungen und Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte vorzubereiten. In Zukunft werden unsere Kunden für mehr als neun Milliarden Menschen sichere, schmackhafte und nahrhafte Lebensmittel (oder Mobilitätslösungen oder Kommunikationsmittel) bereitstellen müssen, und zwar unter dynamischen Marktbedingungen, die von Ressourcenknappheit und steigenden Energiekosten geprägt sein werden. Für diese Herausforderungen kann Bühler als Schlüsselpartner unseren Kunden Lösungen in den Bereichen Grains & Food und Advanced Materials liefern. Aber in Anbetracht dieser Herausforderungen müssen wir

auch all unsere Kraft einsetzen, um die möglichen Synergien in der Technologie, der Produktion und in der Kundenansprache zu nutzen. MIT NEUER AUFSTELLUNG IN DIE ZUKUNFT Wie wollen wir dies erreichen? Wir werden unser Geschäft in acht wichtige «Business Areas» strukturieren. Innerhalb dieser Struktur werden wir die volle operative Verantwortung an diese Business Areas übergeben; jede von ihnen wird die Markttrends genau verfolgen, die Entwicklung von Technologie und Produkten vorantreiben und für volle Kundenzufriedenheit mit ihrem Angebot einstehen. Indem wir die Unterteilung in die Divisionen Grain und Food Processing aufheben, werden wir auch besser in der Lage sein, integrierte Lösungen für Nahrungsmittel entlang der gesamten Wertschöpfungskette und über alle Geschäftsbereiche hinweg anzubieten. Darüber hinaus werden wir den Bereich Corporate Technology stärken, indem wir unsere Innovationstätigkeit bündeln und die Forschung und Entwicklung näher an den entsprechenden Geschäftsbereichen ansiedeln. Vor dem Hintergrund dieser organisatorischen Anpassungen gibt es ebenfalls einige personelle Veränderungen: Bruno Mendler wird nach über zehn Jahren als Divisionsleiter Grain Processing eine neue Herausforderung als Chief Strategy Officer in unserem Unternehmen annehmen. Martin Schlauri übernimmt nach über 15 Jahren an der Spitze des Geschäftsbereichs Grain Milling die Leitung der Müllereifachschule in Kenia. Und zu guter Letzt wünsche ich Martin Menrath nach sechs Jahren als Leiter Manufacturing & Logistics für seine Pensionierung beste Gesundheit und alles Gute. Allen drei Kollegen möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich für ihren ausserordentlichen Einsatz und ihre ausgezeichneten Dienste bei Bühler danken.

CALVIN GRIEDER, CEO diagramm

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SPEZIAL / Diskussion

Noch näher am Kunden IN DEN VERGANGENEN ZEHN JAHREN IST BÜHLER UMS DOPPELTE GEWACHSEN. JETZT HAT DAS UNTERNEHMEN SEINE INTERNE STRUKTUR ANGEPASST.

von Marc Engelhardt (Interview) und Justin Hession (Fotos)

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tefan Scheiber, neuer CEO von Grains & Food, Samuel Schär, CEO von Advanced Materials, und CTO Ian Roberts haben am Stammsitz von Bühler in Uzwil darüber gesprochen, wie die Kunden von der neuen Struktur profitieren – und warum Kundennähe entscheidend ist.

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diagramm: Die Welt verändert sich in enormem Tempo, damit wird das Umfeld für Unternehmen immer komplexer. Wie hilft Bühler seinen Kunden, die damit verbundenen Herausforderungen zu meistern? Stefan Scheiber: Die Kernfrage im Grains & Food Business lautet, wie wir bis 2050 die dann neun Milliarden Erdbewohner ernähren können. Eine enorme Anzahl Menschen, die unterschiedliche Bedürfnisse und Konsumgewohnheiten haben. Aber es gibt Lösungen – mit Beiträgen von uns. Ein Beispiel: Ein Drittel des geernteten Getreides, eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel, wird heute vergeudet, während ein Siebtel der Weltbevölkerung hungrig zu Bett geht. Dazu kommen noch einmal bis zu 30 Prozent verzehrfertiger Nahrungsmittel, die in der Abfalltonne landen. Diese Verschwendung hat nicht zuletzt wirtschaftliche Verluste entlang der gesamten Wertschöpfungskette zur Folge. Wir verfügen über Technologien, mit denen diese Probleme bewältigt werden können, zum Beispiel unser GetreidelogistikPortfolio für die Verarbeitung nach der Ernte oder neue Anwendungen für die Konsumgüterproduktion. Ian Roberts: Wir nutzen unsere Präsenz in mehr als 140 Ländern, um unsere globale Technologiekompetenz

an die Begebenheiten vor Ort, an das lokale Wissen und Verständnis anzupassen – vom Rohprodukt bis zum fertigen Konsumgut. Jeder auf der Welt muss essen, aber Geschmack, Esskultur, Feldfrüchte und andere Rohstoffe sind überall anders. Wir haben entscheidenden Anteil an der Industrialisierung regionaler Produkte und unterstützen den Wandel von der handwerklichen Herstellung zu einer sicheren, effizienten und nachhaltigen Produktion in industrieller Grössenordnung. Was die Technologie angeht, so verfügen wir über eine einzigartige Abdeckung der Wertschöpfungskette im Nahrungsmittelsektor und gleichzeitig über spannende Fortschrittstechnologien. Samuel Schär: Im Bereich Advanced Materials ist die Innovation entscheidend. Nehmen wir das Bedürfnis der Autohersteller, den CO2-Ausstoss ihrer Flotte zu senken. Das kann man erreichen, indem man Autos aus neuen, leichteren Materialien baut – etwa aus Aluminium. Dank unserer Expertise bei Druckgussverfahren spielen wir dabei in der Autoindustrie eine weltweit führende Rolle. Wir haben mehreren Autoherstellern und Zulieferern dabei geholfen, Motorblocks aus Aluminium anstatt aus Eisen zu giessen, was eine immense Gewichtseinsparung bedeutet. Das Gleiche

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SPEZIAL / Diskussion machen wir jetzt bei tragenden Teilen des Chassis. Es gibt Schätzungen, nach denen sich der Aluminiumanteil in Autos bis 2030 verdoppeln wird. Eine interessante Entwicklung, bei der wir unsere Kunden unterstützen werden. diagramm: Der globale Wettbewerb wird immer härter. Wie können Sie dazu beitragen, dass Ihre Kunden vorne liegen? Stefan Scheiber: Bei der Nahrungsmittelverarbeitung ist Produktivität entscheidend. Es spielt wirtschaftlich eine grosse Rolle, ob eine Mühle mehr oder weniger Erträge produziert – und wir wissen, dass unsere Anlagen mehr Ertrag schaffen. Wir haben uns gezielt zum globalen Lösungsanbieter entwickelt. Dazu gehören neue Applikationen, intelligente Prozesse und ein globales Servicenetzwerk. Wir verstehen selbst kleine Details, etwa die biochemischen Aspekte der Verarbeitung von Rohprodukten zu Zwischen- oder Konsumprodukten. Mit diesem Know-how können wir unseren Kunden helfen, neue, sicherere, wohlschmeckendere und gesündere

«Wir haben uns gezielt zum globalen Lösungsanbieter entwickelt. Dazu gehören neue Applikationen, intelligente Prozesse und ein globales Servicenetzwerk.» Stefan Scheiber

Nahrungsmittel herzustellen, die eine höhere Wertschöpfung ermöglichen. Dazu kommt, dass Service immer wichtiger geworden ist: Denken Sie nur an die ganzen gesetzlichen Vorgaben! Auch dafür bieten wir Lösungen an. Ian Roberts: Die Vielfalt der Bühler Technologien und die der Märkte, auf denen wir aktiv sind, tragen zu schnelleren Innovationen bei Bühler bei. Um Probleme beim Kunden zu lösen, können wir auf eine breite technische Expertise zurückgreifen, die im Bereich Mischvorrichtungen beispielsweise von Advanced Materials bis zur Schokolade reicht. Wir mussten in dem Fall keine komplett neue Maschine erfinden, sondern haben nur das in einem anderen Bereich der Firma vorhandene Wissen angewandt. Und darum geht es: Man muss über einen erstklassigen Wissenstransfer im Haus verfügen. Dass wir den haben, bedeutet einen riesigen Vorteil für uns und unsere Kunden, wenn es um beschleunigte Neuentwicklungen geht. Samuel Schär: Und das funktioniert in die eine wie in die andere Richtung. Ein

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«Wir fragen uns immer: Wie können wir die Bedürfnisse unserer Kunden mit unserer technologischen Leistungsfähigkeit erfüllen und Anwendungen schaffen, die unseren Kunden nutzen?» Samuel Schär

vereinfachtes Beispiel: Wir haben eine Getreidemühle mit Doppelwalze um eine weitere Walze ergänzt und können jetzt das gleiche Gerät zum Mahlen von Farbpigmenten für Toner oder für Hightechapplikationen verwenden, etwa für das Silber, mit dem die Frontkontakte auf Solarzellen gedruckt werden. Baut man nochmals zwei zusätzliche Walzen ein, kann man das gleiche Gerät in der Schokoladenproduktion verwenden. Ein anderes Beispiel: Wir haben eine Doppelschneckenpresse genommen, wie sie bei der Herstellung von Frühstücksflocken verwendet wird, und sie so umgebaut, dass sie Teil des Herstellungsprozesses von Lithium-Ionen-Batterien wird. Das ist der Geist von Bühler: Wir fragen uns immer wieder, wie wir die Bedürfnisse unserer Kunden mit unserer technologischen Leistungsfähigkeit erfüllen können und wie wir die Nachfrage auf dem Markt mit dem Angebot neuer Technologien zusammenbringen können, um Anwendungen zu schaffen, die unseren Kunden nutzen. diagramm: Offensichtlich finden Sie Verbesserungspotential selbst in scheinbar kleinen Details langer Wertschöpfungsketten. Wie machen Sie das? Stefan Scheiber: Indem wir eine enge Beziehung zu unseren Kunden pflegen. Wir wissen, was sie – übrigens je nach Land verschieden – brauchen. Unsere Spezialität sind Abläufe aller Art. Ein Beispiel: In Nordamerika gab es eine Reihe von Skandalen im Bereich Lebensmittelsicherheit. Danach war die gesamte Industrie verunsichert und wusste nicht, was sie tun sollte. Bühler hat mehrere runde Tische organisiert, an denen hochrangige Vertreter selbst direkter Konkurrenten teilgenommen haben. Aus diesem Ideenaustausch haben wir ein Whitepaper entwickelt und daraus dann neue Produkte, die die Probleme lösen sollen: etwa den «Ceres»-Trockner, der die Industrieanforderungen in Sachen Lebensmittelsicherheit voll erfüllt. Wir bringen ihn jetzt auf den Markt, und ich rechne fest mit einem Erfolg. diagramm: Sie haben mehrmals betont, wie wichtig Ihnen die Nähe zu den Kunden und zum Markt ist. Ist das auch das Motiv für die Veränderung der Organisation von Bühler? Samuel Schär: So ist es. Wir wollen, dass die Kunden es künftig noch

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DIE TEILNEHMER

IAN ROBERTS ist ausgebildeter Chemieingenieur und promovierte an der University of Wales in Verfahrenstechnik. Zwischen 1997 und 2009 arbeitete er in leitenden Positionen bei Nestlé, darunter als Director of Innovation bei Nestlé Mexico und als Direktor des «Chocolate Centre of Excellence» in der Schweiz. Seit 2010 arbeitet er als Chief Technology Officer bei Bühler.

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SAMUEL SCHÄR schloss an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) als Physiker ab. Nach drei Jahren bei der Beraterfirma McKinsey kam er 2002 zu Bühler, wo er ab 2005 für den Geschäftsbereich Nanotechnology und 2009 für den Bereich Grinding & Dispersion zuständig war. Seit 2013 leitet er den Bereich Advanced Materials, nun auch als CEO.

STEFAN SCHEIBER studierte BWL an der FHS St. Gallen und dem IMD Lausanne. Seit 1986 ist er in leitender Funktion für Bühler tätig. Über 15 Jahre lang hatte er Führungsaufgaben in Übersee inne. 2005 leitete er die Abteilung Sales & Services; 2009 war er für die Division Food Processing zuständig. Er ist CEO des Bereichs Grains & Food.


SPEZIAL / Diskussion

«Die Kernfrage lautet, wie wir bis 2050 neun Milliarden Erdbewohner ernähren können. Es gibt Lösungen – mit Beiträgen von uns.»

«Man muss über einen erstklassigen Wissenstransfer im Haus verfügen.» Ian Roberts

«Wir wollen, dass die Kunden es künftig noch leichter haben, mit uns ins Geschäft zu kommen.» Samuel Schär

Stefan Scheiber

8 leichter haben, mit uns ins Geschäft zu kommen. Einige haben uns berichtet, dass sie mit unterschiedlichen Abteilungen verhandeln oder mehrere Verträge abschliessen mussten, wenn sie eine umfassende Anlage wollten. Das lag natürlich auch daran, dass wir im letzten Jahrzehnt ums Doppelte gewachsen sind, ohne unsere Struktur daran anzupassen. Jetzt stehen die Regionen und die Business Areas im Mittelpunkt; übergeordnete Strukturen fallen weg. Damit werden unsere Business Areas in die Lage versetzt, ihre Geschäfte voranzutreiben. Stefan Scheiber: Ein Beispiel: Die Leitung vieler Getreidemühlen denkt darüber nach, ihr Geschäftsfeld entlang ihrer Wertschöpfungskette zu erweitern. Aus Weizen Mehl zu machen, ist eine Sache, aber vielleicht wollen sie einen Schritt ergänzen, etwa Pasta aus dem Hartweizengriess herstellen, den sie ohnehin schon produzieren. Umgekehrt ist es so, dass Hersteller von Konsumprodukten im Gespräch immer wieder ihre Sorge äussern, wie sie die Qualität ihrer Rohmaterialien hoch halten können – ein Geschäftsfeld, das wir am anderen Ende der Lieferkette

bedienen. In beiden Fällen hätten Kunden früher zwei unserer Abteilungen ansprechen müssen, die für Getreide und die für Nahrungsmittel. Aber weil die Kunden sich dort immer mehr überlappt haben, ebenso wie unsere Technologien, haben wir uns entschieden, die Struktur transparenter zu machen, indem wir die zwei Divisionen in einen Bereich Grains & Food zusammengeführt haben. Ian Roberts: Zusätzlich wollten wir durch die Übertragung von mehr Verantwortung das unternehmerische Denken bei Bühler stärken. Wir wollen sicherstellen, dass die Personen mit den entscheidenden Fähigkeiten und mit den entscheidenden Ressourcen auch in die Lage versetzt werden, schnell Entscheidungen treffen zu können. Die Dynamik gerade in den stark wachsenden Schwellenmärkten ist eine andere als in Europa. China etwa bewegt sich in einem viel höheren Tempo. diagramm: Was bedeutet die neue Struktur denn für die Innovation? Ian Roberts: Unsere Business Areas werden sich sehr stark darauf konzentrieren, die Innovationen auf die

Märkte zu bringen, die für die Kunden kurzfristig und in den nächsten zwei bis drei Jahren relevant sind. So können Marktbedürfnisse effizienter und schneller befriedigt werden. Gleichzeitig stehen unsere Kunden aber vor neuen Herausforderungen, was die Innovationsfähigkeit angeht. Es gibt Durchbrüche im Bereich Personalized Nutrition und einen regelrechten Sprung bei den Möglichkeiten, die Lebensmittelsicherheit zu erhöhen. Das Gleiche gilt für Energieeffizienz, Vernetzung über das Internet oder Dünnschichten, die für intelligente Gebäudetechnik bedeutend sind. All das und noch mehr ist für unsere Kunden bedeutend. Im Bereich Corporate Technology wollen wir deshalb sicherstellen, dass solche Technologien entwickelt und geprüft und dann so schnell wie möglich marktreif an die Kunden ausgeliefert werden können. diagramm: Bleibt das «Lokalisieren» des Geschäfts auch für die Zukunft ein wichtiger Trend? Stefan Scheiber: Unbedingt. Es sind vor allem die lokalen Bühler Standorte, die unser Wachstum vorantreiben. Das diagramm

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hängt unmittelbar mit der zunehmenden Vielfalt der Ansprüche zusammen, die an uns herangetragen werden. Es gibt keine universellen Lösungen mehr. Der Schlüssel zum Erfolg lautet, das Geschäft auf den Märkten für die Märkte voranzutreiben. Denn nichts ist lokaler als Ernährung. Mit unseren 80 neuen, dezentralisierten Service Stations werden wir unsere Kunden künftig noch schneller bedienen. Samuel Schär: Diese Philosophie spiegelt sich auch in unserer neuen Struktur wider. Der RegiIan Roberts onalleiter Asien ist jetzt Mitglied der Konzernleitung, was die interne Kommunikation deutlich erleichtert. Das ist besonders wichtig, weil der nächste Exportschlager aus Asien nicht Produktion, sondern Innovation sein wird. Dafür die Voraussetzungen zu schaffen – von einfachen zu komplexen Maschinen bis hin zu integrierten Lösungen –, steht für

uns derzeit im Mittelpunkt, nicht nur in Asien. Wir haben eine Mühle entwickelt, die speziell auf den afrikanischen Markt zugeschnitten ist. Das Design kommt aus Südafrika, wo die Mühle auch gebaut wird. In Indien haben wir eine Mühle entwickelt, die das traditionell mit Mühlsteinen gemahlene Attamehl in industrieller Grössenordnung herstellen kann. Stefan Scheiber: Oder nehmen wir den neuen Schokotrend in China. Früher wurde Schokolade vor allem in den Industrieländern verzehrt. Inzwischen haben chinesische Konsumenten einen Geschmack für Süsswaren entwickelt, und als Reaktion darauf hat unser Team aus mehr als 30 Experten in China neue Maschinen für den lokalen Markt entwickelt. Das Gleiche ist in Indien geschehen, wo wir ein Anwendungszentrum für lokale Nahrungsmittel aufgebaut haben, das ausschliesslich von indischen Ingenieu-

«Wir werden ein Unternehmen sein, das das Richtige getan hat und damit weiter gewachsen ist.»

ren und Technikern geführt wird. Für Bühler ist das ein riesiger Schritt nach vorne. diagramm: Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft: Wo sehen Sie Bühler im Jahr 2050? Ian Roberts: Wir werden ein Unternehmen sein, das das Richtige getan hat und damit weiter gewachsen ist. Zum Beispiel, indem wir – gemeinsam mit unseren Kunden – einen grossen Einfluss darauf genommen haben, dass neun Milliarden Menschen gut und nachhaltig leben werden können.

MARC ENGELHARDT berichtet aus Genf über die UN und internationale Organisationen, unter anderem für die «Berliner Zeitung» und den deutschen Hörfunk.

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SPEZIAL / Lösungen

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DIE INNOVATIONSPIPELINE STETIGE VERBESSERUNGEN DER ENERGIEEFFIZIENZ UND DER LEBENSMITTELSICHERHEIT – DAS SIND DIE GRUNDLAGEN FÜR NEUE BÜHLER PRODUKTE. EBENSO WICHTIG SIND JEDOCH AUCH LÖSUNGEN, DIE AUF SPEZIFISCHE GESCHMACKSVORLIEBEN DER KONSUMENTEN EINGEHEN.

ber 30 neue Anlagen-, Maschinen- und Prozesslösungen stehen derzeit für die Kunden von Bühler bereit – viele davon wurden bereits an der diesjährigen Interpack in Düsseldorf oder an der Technical Sales Conference bei Bühler in Uzwil vorgestellt. Alle diese Innovationen profitieren von umfassenden Marktkenntnissen. Denn bei Konsumgütern wie bei Lebensmitteln bestehen grosse regionale Geschmacksunterschiede, die eine besondere Herausforderung darstellen. Auf den folgenden Seiten werden drei neue Lösungen vorgestellt. Jede von ihnen ermöglicht es auf

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eigene Weise, spezifische Geschmacksvorlieben der Verbraucher zu berücksichtigen: Der InfinityRoast™ nutzt intelligente Technologie für reproduzierbare, spezialisierte Kaffeeröstrezepte der Kaffeekapselgeneration. Der Walzenstuhl PESA Mill™ bietet eine Industrielösung für ein beliebtes indisches Grundnahrungsmittel. Und der Vakuumbeschichter LEYBOLD OPTICS PAK 2100T senkt die Produktionskosten für die bei Konsumenten gefragten transparenten Verpackungen. Alles eine Sache des Geschmacks – und die Geschmäcker sind so vielseitig und regional ausgeprägt wie die Märkte der Bühler Kunden. diagramm

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SPEZIAL / Lösungen

INFINITYROAST™

Heisse Innovation WORIN liegt der Schlüssel zum erfolgreichen Kaffeerösten? Bei jeder Kaffeebohnenmischung wird die Aromabildung durch den Energieeintrag in die Röstkammer, das Luft-zu-Bohnen-Verhältnis sowie die Dauer des Prozesses bestimmt. Für die Produktion grosser Mengen kommen noch weitere Anforderungen hinzu: Es braucht einheitliche, homogene, qualitativ hochstehende Produktionschargen ebenso wie höchst flexible Produktionsprozesse. Um diesen Marktbedürfnissen gerecht zu werden, führt Bühler jetzt die InfinityRoast™-Serie ein. Mit der Profilröstung kann der Bediener komplexe Programme einrichten, welche eine genaue Zeit-Temperatur-Kurve für den gesamten Röstzyklus vorgeben. Dadurch werden die Bohnen unterschiedlich hohen Temperaturen ausgesetzt. «Der Bediener legt für den ganzen Röstprozess die gewünschten Temperaturwerte sekundengenau fest», erklärt Marco Keller, Leiter R&D Coffee Processing bei Bühler. Das entsprechende Masterprofil lässt sich massschneidern, um das beste Aroma aus der Bohne herauszuholen. Beispielsweise führt eine langsame Aufheizrate zu Beginn, kombiniert mit einer schnellen Rate am Schluss, zu besonderen Geschmacksmerkmalen, die sich vom Standard abheben. So lässt sich sicherstellen, dass das Endprodukt ganz bestimmte Kriterien erfüllt. «Ist das optimale Röstprofil einmal gefunden, besteht die nächste Herausforderung darin, es einheitlich zu reproduzieren – Charge für Charge. Der Produzent muss ein homogenes Ergebnis garantieren – das erwartet der Kunde», ergänzt Keller. Diese Anforderung ist mit der zunehmenden Beliebtheit von Portionskaffeemaschinen mit Kapselsystemen wichtiger geworden. Jede Kapsel einer bestimmten Sorte muss im Aroma identisch sein mit allen anderen Kapseln derselben Varietät. Verschiedene externe Faktoren wirken sich auf die genaue Nachbildung der gewünschten Masterprofilkurve aus: Feuchtigkeitsschwankungen bei den grünen Bohnen, diagramm

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Der InfinityRoast™ ermöglicht präzises, massgeschneidertes Rösten, um aus den verschiedensten Kaffeebohnen das beste Aroma zu gewinnen.

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Abhängig von der Aufheizrate der Kaffeebohnen zu verschiedenen Zeitpunkten im Röstprozess, verändert sich das Aroma des Endprodukts.

Wetterbedingungen, Kaltstart des Rösters usw. Mit herkömmlichen Röstanlagen lässt sich dies nur schwer bewältigen. Im Gegensatz dazu wurde der InfinityRoast™ so konzipiert, dass der Energieeintrag in die Röstkammer automatisch geregelt und die Masterkurve präzise nachgebildet wird. Der InfinityRoast™ ist sehr bedienerfreundlich, auch das Programmieren neuer Profile ist einfach. Keller meint dazu: «Alles, was es an Intelligenz braucht, ist im System integriert. Das Einzige, was die Maschine nicht macht: Sie sagt uns nicht, wie das Endprodukt schmecken wird.»


SPEZIAL / Lösungen

PESA MILL™

Innovation einer jahrhundertealten Tradition

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Der PESA Mill™ Walzenstuhl, der bei Parakh Agro Industries in Betrieb genommen wurde (unten), produziert hochwertiges Attamehl, das für die traditionellen indischen Fladenbrote Chapatti, Naan und Roti verwendet wird.

BROT ist auf der ganzen Welt ein Grundnahrungsmittel. Oft steht es auch für Nahrung an sich – etwa in der Redewendung «Brot auf den Tisch bringen». Lokale Brotsorten sind nicht nur wichtig für die Ernährung. Oft sind sie auch Schlüsselelemente der lokalen oder persönlichen Identität all jener, die mit einer bestimmten Art von Brot aufgewachsen sind. Ein Beispiel dafür sind die indischen Fladenbrote: Chapatti, Naan, Roti. Sie werden aus Attamehl auf der Basis von Hartweizen gebacken, der traditionell mit Chakki-Steinmühlen gemahlen wird. Diese Chakki-Mühlen erfordern jedoch viel Unterhalt, müssen sie doch alle zwei bis drei Wochen neu gerichtet

ZAHLEN UND FAKTEN: PESA MILL™ Ein einziger Walzenstuhl des Typs PESA Mill™ ersetzt bis zu 20 herkömmliche Chakki-Mühlen Kapazität: 130 Tonnen pro Tag Hochdruck-Mahltechnologie, die perfekt auf die Attamehlproduktion abgestimmt ist Weniger Reinigung und Unterhalt als bei herkömmlichen Mahlsteinen Ca. 10% weniger Energieverbrauch Ca. 1% mehr Ertrag als traditionelle Chakki-Mühlen

werden. Für die Grossproduktion sind sie daher weniger gut geeignet und erschweren dazu noch die Einhaltung von Lebensmittelsicherheitsstandards. Bühler hat nun ein innovatives Verfahren zur Herstellung von hochwertigem Attamehl entwickelt. Es garantiert den herkömmlichen Geschmack und die gewünschte Konsistenz – aber mit industrieller Kapazität und einer hygienischen Mahltechnik, die auf Walzen statt auf Mahlsteinen basiert. Der Walzenstuhl PESA Mill™ kann Mehl mit spezifischen Werten hinsichtlich Granulation, Wasseraufnahme und Stärkebeschädigung produzieren und so lokale Marktpräferenzen berücksichtigen. Der PESA Mill™ ist bereits beim langjährigen Bühler Kunden Parakh Agro Industries in Betrieb. Der Firmeninhaber Prakash Parakh ist mit den Ergebnissen zufrieden – noch wichtiger ist jedoch, dass seine Kunden es auch sind: «Chakki-Attamehl wird in Indien seit Urzeiten gegessen. Vor der Einführung dieser neuen Methode gab es jahrhundertelang keine Innovation. Das neue Produkt kommt gut an.» Er geht davon aus, dass die herkömmlichen Chakki-Steinmühlen in den nächsten 15 Jahren ausrangiert werden. Die Konsumenten werden wohl nichts dagegen haben – solange ihr Brot so schmeckt, wie sie es sich gewohnt sind.

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SPEZIAL / Lösungen

LEYBOLD OPTICS PAK 2100T

Transparenz für einen neuen Markt

Der Vakuumbeschichter LEYBOLD OPTICS PAK 2100T produziert transparente Folien mit AlOx-Beschichtung - und senkt so die Produktionskosten für Lebensmittelverpackungen.

Besonders die Kunden im asiatischen Raum bevorzugen hochwertige Klarsichtverpackungen.

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VERBRAUCHERMÄRKTE für Lebensmittel haben in den letzten Jahren stetig expandiert – vor allem in den aufstrebenden Ländern. Begleitet wird dieses Wachstum von einem zunehmenden Bedürfnis nach Transparenz – oft ganz wörtlich zu verstehen: Viele Konsumenten wollen die Waren in den Verpackungen sehen und bevorzugen deshalb transparente Barrierefolien als Verpackungsmaterial für frische wie trockene Lebensmittel. Herkömmliche Verpackungen sind luft- und lichtundurchlässig, damit der Inhalt geschützt bleibt. Aber eine undurchsichtige Verpackung hindert den Käufer daran, das Produkt vor dem Kauf anzuschauen. Andererseits waren transparente Barriereverpackungen bisher oft zu teuer – ausser für gehobene Produktsegmente. Die neue Vakuumbeschichtungsanlage LEYBOLD OPTICS PAK 2100T von Bühler verwendet einen neuen Ansatz im Depositionsprozess für transparente, mit AlOx beschichtete Barrierefolien. Dank den dadurch gesenkten Produktionskosten können Hersteller auch Nahrungsmittel mit kleineren Gewinnmargen in transparente Verpackungen hüllen. Die Maschine trägt die AlOx-Schichten gleichmässig auf flexible Kunststofffolien aus BOPP und PET auf, die nur so dick wie nötig sind – ohne den sonst oft anzutreffenden Vergilbungseffekt. Das Ergebnis: eine hochleistungsfähige, funktionale Barriereverpackung, die Frische garantiert und anspruchsvolle Kunden anspricht. «Die Maschine ist ein Beispiel für eine Innovation, die genau auf die Marktbedürfnisse zugeschnitten wurde – zu Kosten, die es ermöglichen, ein neues Marktsegment zu entwickeln», sagt Heiko Hagemann, Produktmanager Bühler Alzenau. LEYBOLD OPTICS PAK 2100T wurde nach zweijähriger Entwicklung an einem Tag der offenen Tür im Frühling 2014 in Alzenau lanciert. Die ersten Maschinen werden derzeit ausgeliefert.

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SPEZIAL / Organisation

Der nächste Schritt in der Getreidemüllerei JOHANNES WICK IST DER NEUE LEITER DER BUSINESS AREA GRAIN MILLING. ALS MASCHINENINGENIEUR MIT MBA WAR ER 20 JAHRE LANG IM ENERGIE- UND INFRASTRUKTURSEKTOR BEI ABB UND ALSTOM TÄTIG. «DIAGRAMM» SPRACH MIT IHM DARÜBER, WIE ER MIT DER GETREIDEMÜLLEREI VON BÜHLER DEN NÄCHSTEN ENTWICKLUNGSSCHRITT VOLLZIEHEN WILL.

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von Eric Johnson (Interview) und Cindy Gamper (Foto)

diagramm: Wie würden Sie die Reorganisation bei Bühler beschreiben? Johannes Wick: Wir wollen es unseren Kunden leichter machen, mit uns ins Geschäft zu kommen – indem wir schneller und besser reagieren, aber auch integrierter und einheitlicher auftreten. Da jetzt alle Getreide- und Nahrungsmittelaktivitäten in einem gemeinsamen Bereich zusammengefasst sind, agieren wir als ein integrierter Geschäftspartner und werden von unseren Kunden auch als solcher wahrgenommen. diagramm: Was ist die grösste Herausforderung in Ihrer neuen Position als Leiter Grain Milling? Johannes Wick: Unser Geschäft ist bereits sehr erfolgreich: Wir sind die Nummer eins im industriellen Müllereimarkt. Die erste Herausforderung besteht nun darin, dieses Niveau zu halten. Ich will mich aber nicht zurücklehnen: Wir wollen wachsen und das heisst verkaufen und neue Aufträge hereinholen. Natürlich steht für uns das industrielle Müllereigeschäft im Mittelpunkt. Aber wir werden uns auch kleineren Segmenten widmen: Spezialmüllereien, Bäckereien, Premix-Anlagen für Vormischungen und Brauereien. diagramm: Liegt für Sie der Schwerpunkt eher auf dem Verkauf einzelner Maschinen oder integrierter Lösungen? Johannes Wick: In der Integration haben wir das grösste Know-how und den grössten Kundennutzen anzubieten. Die Kunden erhalten von uns ein Paket, das weit mehr umfasst als die Summe seiner Einzelteile. Das ist unser grosser Vorteil gegenüber der Konkurrenz. diagramm: Was finden Sie als relativer Neuling in der Müllerei am interessantesten an diesem Geschäft und seiner Technologie? diagramm

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LEITER VON BÜHLER ASIA PACIFIC TRITT DER KONZERNLEITUNG BEI

NEUER LEITER MANUFACTURING & LOGISTICS

Johannes Wick: Im Vergleich zu vielen anderen Bereichen der verarbeitenden Industrie liegt die Kernkompetenz hier nicht in den Maschinen, sondern in der Verfahrenstechnik. Dank erstklassigem Know-how sowie ständiger Forschung und Entwicklung gelingt es Bühler, sich auf die Dauer von den Mitbewerbern abzuheben. diagramm: Was denken Sie, wo wird das Müllereigeschäft in fünf Jahren stehen? Johannes Wick: Manche Trends sind offensichtlich: Die Kunden achten heute mehr auf Lebensmittelsicherheit, Energieeinsparungen, Automatisierung und Ausbeutesteigerung – das ist und bleibt wichtig. Weniger offensichtlich, aber ebenso wichtig ist der Trend zur intelligenten Prozessoptimierung: die automatische Verbesserung ganzer Anlagenprozesse, was die Zuverlässigkeit der Ausrüstung erhöht. Auch werden Durchlaufzeiten für die Realisierung des Gesamtprojektes immer kürzer werden müssen. Damit bieten wir unseren Kunden längere Betriebszeiten und niedrigere Gesamtbetriebskosten. Ich will, dass Bühler diesbezüglich führend ist. diagramm: Sie sind gerade von einer Geschäftsreise nach China zurückgekehrt. Wie wichtig ist China für das Müllereigeschäft von Bühler? Johannes Wick: In meinen ersten sechs Monaten bei Bühler war ich schon zweimal in China. Gemessen an der Zahl der Maschinen ist dies unser grösster Einzelmarkt. Ausserdem haben wir dort die Produktion sowie den Bereich Forschung und Entwicklung für unser Anlagensortiment Performance Line, das wir weltweit exportieren.

ERIC JOHNSON schreibt über Wirtschafts-, Energie-, Umwelt- und Technologiethemen und lebt in Zürich. diagramm

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Dieter Voegtli leitet seit 2009 das Chinaund Asien-Pazifik-Geschäft der Bühler Gruppe; President Bühler China ist er schon seit 2004. Der studierte Master of Science in Mechanical Engineering (ETH Zürich) und MBA-Absolvent (INSEAD) arbeitete acht Jahre lang als Technischer Direktor für Roche China Ltd. Seine Karriere begann er in der globalen Kraftwerksinbetriebnahme und als Softwareentwicklungsmanager bei ABB. In den letzten paar Jahren hat Voegtli, der sein Büro im chinesischen Wuxi hat, miterlebt, wie sich in Asien eine neue Mittelschicht herausgebildet hat. Dadurch ist eine grosse und anspruchsvolle neue Kundschaft entstanden. «Die Verlegung eines Teils der Lieferkette von Uzwil nach China erfolgte gerade im Hinblick auf diese grosse und weiter wachsende Zahl von Konsumenten, für die unsere Kunden jetzt produzieren», erzählt er. «Wir müssen auf diesen enorm dynamischen Markt schneller reagieren. Aber wir müssen natürlich auch an unseren hohen Qualitätsstandards festhalten, die unsere Kunden gewohnt sind.» Im April 2014 trat Dieter Voegtli der Konzernleitung von Bühler bei. «Der Entscheid, die AsienPazifik-Perspektive auf oberstem Managementniveau anzusiedeln, setzt Zeichen für eine weitere dynamische und kundenorientierte Produktentwicklung», erklärt Voegtli. Ausserdem stärkt es die globale Ausrichtung der Unternehmensstrategie.

Holger Feldhege ist seit 15. Juni 2014 bei Bühler und nun neuer Leiter Manufacturing & Logistics sowie Mitglied der Konzernleitung. Feldhege studierte Betriebswirtschaftslehre und besitzt einen PhD in Produktionsmanagement. Er besitzt umfangreiche Erfahrungen in Produktion, Engineering und Logistik, die er seinen früheren Positionen in Unternehmen wie Mannesmann AG und ThyssenKrupp Elevator AG verdankt. Während der letzten 13 Jahre arbeitete er bei ThyssenKrupp Elevator AG, wo er über sieben Jahre lang verschiedene Führungspositionen in Tochtergesellschaften des Unternehmens in China, Hongkong und Korea innehatte – davon drei Jahre als COO (Manufacturing) Asia Pacific. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland 2010 übernahm Feldhege die Position als CEO Manufacturing für Zentral-, Ost- und Nordeuropa sowie anschliessend als Senior Vice President Manufacturing Elevator für die Gruppe weltweit. «Unsere Fabriken sind das Herz unserer Lieferkette zu den Kunden», erklärt Feldhege. «Wir liefern unsere Produkte in Spitzenqualität, termingerecht, zu fairen Preisen und wir reagieren flexibel auf veränderte Marktbedürfnisse.» Auf dieser Grundlage überprüft und adaptiert Bühler seine Lieferkette laufend. «‹Total Synchro› ist unsere Philosophie und das Herzstück dieser Veränderungsprozesse. Es bestimmt unsere Workflows, unsere Produktion, unseren ganzen Fulfillment-Prozess – und selbstverständlich auch unsere Qualitätssicherung», ergänzt Feldhege.

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SPEZIAL / Kundenservice

JE NÄHER, DESTO BESSER IM AUGUST 2013 ERÖFFNETE BÜHLER IM SPANISCHEN LÉRIDA SEINE SERVICE STATION – EINE WILLKOMMENE ERGÄNZUNG FÜR DEN GETREIDE- UND FUTTERMITTELSEKTOR IN DER REGION. DIE GLEICHNAMIGE PROVINZ GEHÖRT ZU DEN GROSSEN KORNKAMMERN SPANIENS.

von Manuel Meyer ( Text) und Bob Masters (Fotos)

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chon seit Jahrzehnten gehört Spanien zu den grössten Getreide- und Futtermittelproduzenten Europas. Vor allem im wirtschaftsstarken Nordosten des Landes – und speziell in Katalonien – sind die meisten Verarbeitungsunternehmen von Getreide und Futtermittel ansässig. So ist auch Bühler seit langem sehr aktiv in dieser Region Spaniens. Von seinen rund 2000 Kunden in Spanien stammen fast 700 aus den nordöstlichen Regionen Katalonien, Aragonien, Navarra und Valencia. Schnell etablierte sich Bühler hier als Marktführer beim Verkauf von Getreide- und Futtermittelmühlen. Doch Kundenrückmeldungen ergaben, dass ein Bedarf für den Ausbau des Kundenservices mit schnellen Reaktionszeiten in der Region bestand. So nahm Bühler im August vergangenen Jahres eine neue Service Station in der katalanischen Stadt Lérida in Betrieb. Viele Betriebe aus dem Getreide- und Futtermittelsektor sind hier ansässig. «Mit einer Service Station direkt vor Ort zu sein, war absolut notwendig.

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Denn im Kundenservice kann man nur durch lokale Präsenz nachhaltiges Vertrauen bei den Kunden aufbauen», erklärt Manuel Arredondo, Bühler Verantwortlicher für Customer Service und Business Development Manager in Spanien und Portugal. DER PERSÖNLICHE KONTAKT ZÄHLT In den letzten Jahrzehnten hat Bühler seine Kunden auf der Iberischen Halbinsel vom Standort in Madrid aus bedient. Seit November 2012 unterhält Bühler dort auch eine Service Station und hat seine Serviceleistungen intensiviert. «Doch es wäre illusorisch anzunehmen, man könne sich angemessen um einen Kunden kümmern, wenn man 500 Kilometer entfernt stationiert ist», betont Arredondo. Die Kunden sind derselben Meinung. «Mir fiel es früher immer schwer, zum Hörer zu greifen und einem mir unbekannten Servicetechniker in Madrid oder in der Schweiz unser Problem am Telefon erklären zu müssen. Die Service Station in Lérida war für unser Unternehmen eine wichtige Voraussetzung, um auch in diesem Bereich enger mit Bühler zusammenzuarbeiten», versichert Alberto Jofre, zuständig für die Wartung beim spanischen Futtermittelhersteller Esporc SA. Das auf Schweinefuttermittel spezialisierte Unternehmen mit 45 Angestellten verarbeitet in seinen beiden Fabriken in katalanischen Tona und Riudarenes täglich rund 1,2 Millionen Kilogramm Futtermittel mit seinen Pelletpressen Kubex und der neu angeschafften Kubex T12. «Ein längerer Produktionsausfall ist für uns das Schlimmste. Deshalb ist es für uns wichtig, eine Service Station in der Nähe zu haben, die nicht nur schnell Ersatzteile liefern kann, sondern auch einen Servicetechniker hat, mit dem wir vor Ort in engem Kontakt stehen und der unsere Anlage und unsere Probleme gut kennt», stellt Alberto Jofre klar. diagramm

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«Ein längerer Produktionsausfall ist für uns das Schlimmste. Deshalb ist es für uns wichtig, eine Service Station in der Nähe zu haben.» Alberto Jofre, Esporc SA

SCHNELLE REAKTION Zwei Gründe, die auch für den Futtermittel-Kleinbetrieb Agrovilanova SL eine wichtige Rolle spielten, als man sich mit der Inbetriebnahme der Service Station in Lérida für eine Zusammenarbeit mit Bühler entschloss – ohne Bühler Anlagen zu besitzen. «Für mich ist nicht nur der kontinuierliche, persönliche Kontakt mit einem Servicemitarbeiter wichtig, damit ich ihm vertrauen kann, sondern auch die zügige Reaktion, wenn

bei uns schnellstmöglich Pressrollen und Matrizen ausgetauscht werden müssen», meint Luis Sala, zuständig für die Produktion und Produktqualität bei dem Unternehmen aus Vilanova de la Barca. «Bisher hat mich der Bühler Service mit Blick auf Qualität, Preis und Reaktionszeit überzeugt», sagt Sala. Das Unternehmen in der Nähe Léridas stellt Futtermittel für Schweine, Kälber, Geflügel, Kaninchen und Schafe her und betreibt zusätzlich eine eigene Schweinezucht mit 50 000 Tieren pro Jahr. Da Bühler bis vor einem Jahr keine eigene Service Station in der Region unterhielt, arbeitete das Grossunternehmen Grup Alimentari Guissona mit lokalen Anbietern vor Ort, wenn eine seiner insgesamt drei Bühler Mühlen repariert oder Matrizen und Pressrollen ausgetauscht beziehungsweise geschliffen werden mussten. 28 Produktionslinien unterhält das Unternehmen mit 4000 Angestellten. Die Firmengruppe ist nicht nur in der Viehzucht, sondern auch

Wartungs- und Reparaturarbeiten werden nun in Lérida von erfahrenen Bühler Servicetechnikern ausgeführt.

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SPEZIAL / Kundenservice

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Pressrollen zählen zu den Schleissteilen einer Futtermühle und müssen regelmässig gewartet werden.

im Futtermittel- und im Lebensmittelsektor tätig. «Wir arbeiten schon seit vielen Jahren mit drei Bühler Anlagen und schätzen den hohen technologischen Qualitätsstandard. Deshalb haben wir uns entschieden, in Zukunft die Zusammenarbeit mit der Service Station auszubauen, da Bühler auch in diesem Bereich beste Qualität zu guten Preisen anbietet», versichert Jaume Serra, Wartungsverantwortlicher des Unternehmens. Er gibt zu, dass auch viele lokale Unternehmen die Mühlen und Matrizen reparieren können. Aber das umfassendere Know-how eines Bühler-Technikers bei der Reparatur und Wartung hauseigener Anlagen stehe ausser Frage, sagt Jaume Serra. Er ist froh, dass Bühler diese Lücke in der Region jetzt geschlossen hat.

Manuel Arredondo setzt bei der neuen Service Station in Lérida auf hohe Qualität und Schnelligkeit.

MIT DEM SERVICELIEFERWAGEN PRÄSENT Auch Bühler Business Development Manager Manuel Arredondo ist überzeugt, Bühler werde durch die hohen Qualitätsstandards eines technologischen Marktführers und durch schnelle Reaktionszeiten schon bald auch die Nummer eins im Kundenservice in der Region sein. Dafür wird in der knapp 600 Quadratmeter grossen Service Station in Lérida demnächst das Personal auf vier Personen aufgestockt. Bühler zeigt aber auch im mobilen Kundenkontakt seine neue Marktpräsenz: Ein Lieferwagen besucht täglich bis zu fünf Kunden in der weitläufigen Region, um nicht nur Reparaturaufträge anzunehmen oder bestelltes Material zu liefern, sondern auch, um den Kunden zu helfen, ihr Geschäft erfolgreich weiterzuentwickeln.

Die Kunden reagieren sehr positiv auf das neue Kundenserviceangebot vor Ort und auch das erste Etappenziel ist schon erreicht: «Wir hatten uns vorgenommen, die Kunden mit unserem neuen Angebot zu begeistern. Dies scheint uns in einem ersten Schritt gelungen zu sein. Wir werden weiterhin hart daran arbeiten, dies auch in Zukunft sicherzustellen», versichert Manuel Arredondo.

MANUEL MEYER ist Spanien-Korrespondent der Austria Presse Agentur APA in Madrid. diagramm

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SPEZIAL / Round Table

Bühler auf einen Blick DIE NEUE ORGANISATIONSSTRUKTUR

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klar umrissene Bereiche

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klar fokussierte Business Areas mit übergreifenden Synergien, um die Bedürfnisse jedes einzelnen Kunden besser abzudecken

Grains & Food

Advanced Materials

• Grain Logistics

• Die Casting

• Grain Milling

• Grinding & Dispersion

• Sortex & Rice

• Leybold Optics

• Value Nutrition • Consumer Foods

Zahlen & Fakten

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BÜHLER WELTWEIT

NORDAMERIKA

SÜDAMERIKA

EUROPA

MITTLERER OSTEN UND AFRIKA

ASIEN

3

2

11

2

9

Produktionsstandorte

Produktionsstandorte

Produktionsstandorte

Produktionsstandorte

Produktionsstandorte

10

11

43

17

38

Vertriebs- und Servicestandorte

Vertriebs- und Servicestandorte

Vertriebs- und Servicestandorte

Vertriebs- und Servicestandorte

Vertriebs- und Servicestandorte

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BÜHLER AG CH-9240 Uzwil, Schweiz T: +41 71 955 11 11 / F: +41 71 955 39 49 www.buhlergroup.com


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