Der BUND
JAHRESBERICHT
2011
Jahresbericht 2011
Vorwort
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Biodiversit채t. Vielfalt erhalten
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Klimaschutz. Zukunft sichern
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Aktiv. Vor Ort und weltweit
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Unabh채ngig. Politisch und finanziell
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Prof. Dr. Hubert Weiger | BUND-Vorsitzender
Liebe Leserin, lieber Leser, das wohl gravierendste umweltpolitische Ereignis 2011 war die Katastrophe von Fukushima. Erst angesichts dieses schrecklichen Ereignisses nahm die Bundesregierung Abschied von ihrem unverantwortlichen Atomkurs. Spät, aber konsequenter als viele andere Regierungen in Europa. Der BUND ist mit der Abschaltung von acht Atomkraftwerken nicht zufrieden. Erst 2022 soll der letzte Meiler vom Netz gehen. Das ist zu spät und zu gefährlich. Deshalb werden wir weiter Druck machen, damit die Energiewende vorankommt – und das heißt: erneuerbare Energien zügig natur- und sozialverträglich ausbauen, Energie sparen und Energieeffizienz konsequent fördern. Der BUND ist seit 2011 Zentralstelle für den Bundesfreiwilligendienst. Die Nachfrage nach Einsatzstellen ist groß. Junge Menschen, aber auch ältere, möchten sich für den Schutz der Natur und der Umwelt engagieren. Beim BUND sind sie in guter Gesellschaft: In den zweitausend BUND-Gruppen werden artenreiche Wiesen gepflegt, Bäche renaturiert, Amphibien gerettet, Moore geschützt, unsinnige Verkehrsprojekte oder klimaschädliche Kohlekraftwerke und amoralische Tierfabriken verhindert. Fast drei Millionen Stunden im Jahr sind Mitglieder und Freunde des BUND ehrenamtlich für die gute Sache aktiv. Diese großartige Arbeit vor Ort geht Hand in Hand mit dem Engagement der sechzehn Landesverbände und dem BUND-Bundesverband. Mit Erfolg. Ich führe nur wenige Beispiele an: 1. Ein wichtiger Klimaschutz-Erfolg war die Verhinderung des Gesetzes zur unterirdischen Verpressung von CO2: Die CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) ist eine gefährliche Scheinlösung zur Konservierung der Kohlekraft; ein Bremsklotz auf dem Weg zur Energiewende.
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Jahresbericht 2011
2. Im Naturschutz ist es gelungen, wertvolle Biotope für gefährdete Arten am ehemaligen innerdeutschen Grenzstreifen, dem „Grünen Band“, zu sichern. Die Entscheidung der UNESCO, fünf deutsche Buchenwälder als Weltnaturerbe auszuweisen, ist ein großer Erfolg im „UN-Jahr der Wälder 2011“. 3. Der BUND hatte großen Anteil am EU-weiten Verbot des hormonellen Schadstoffs Bisphenol A in Babyflaschen. 4. Wir haben unser Engagement zur Rettung der Wildkatze enorm vergrößert: Der Bundesverband arbeitet inzwischen mit zehn Landesverbänden zusammen, um mit grünen Korridoren Wälder zu verbinden – und so das Überleben der Wildkatze zu sichern. 5. Rechtsgeschichte wurde 2011 unter fachlicher Mitwirkung des BUND vom Bundesverfassungsgericht geschrieben. Das Gericht wies eine Klage des Landes Sachsen-Anhalt gegen das Gentechnikgesetz ab. Begründung: Gentechnik greift in elementare Strukturen des Lebens ein. Schutzmaßnahmen gegen Verunreinigungen von Lebensmitteln mit gentechnischen Bestandteilen seien somit zulässig.
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Vorwort
6. Der BUND hat maßgeblich dazu beigetragen, dass eine breite Bewegung für eine andere Landwirtschaft entstanden ist. Über zwanzigtausend Menschen bekundeten im Januar 2011 auf einer Demonstration in Berlin „Wir haben es satt“ und forderten eine ökologische bäuerliche Landwirtschaft (und im Januar 2012 waren es noch mehr Menschen). Für unsere Arbeit, in die unser Jahresbericht einen exemplarischen Einblick gibt, brauchen wir Ihre Unterstützung. Wir verdanken es Ihnen, unseren Spenderinnen und Spendern, unseren Mitgliedern und Förderinnen und Förderern, dass wir uns erfolgreich für den Schutz der Natur und der Umwelt, für die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher einsetzen können. Dafür danke ich Ihnen im Namen des Bundesvorstandes und ganz persönlich. Damit wir diese Arbeit weiterführen können, bitte ich Sie herzlich: Bleiben Sie dem BUND verbunden. Wir freuen uns, wenn Sie Vorschläge für unsere Arbeit machen oder uns auf Facebook folgen. Wir setzen auch weiterhin auf Ihre Unterstützung! Ihr
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Jahresbericht 2011 · Biodiversität
Vielfalt erhalten
Tiere, Pflanzen und Lebensräume schützen
Schleiereulen
Es ist eine gute Adresse für Wissbegierige: www.bund.net/publikationen Wer sie eingibt, wird belohnt mit einer bunten Vielfalt an Publikationen über die vielen Facetten des BUND-Engagements für den Schutz der Natur. Das Gute daran ist nicht nur das Gute darin, sondern auch die Tatsache, dass die Faltblätter und Broschüren bestellt werden können. Kostenlos.
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Naturschutz
Weltnaturerbe Buchenwald Die UNO erklärte 2011 zum Internationalen Jahr der Wälder, um auf die Bedeutung des Waldes für Mensch und Tier hinzuweisen. Im gleichen Jahr wurden endlich einige wertvolle Buchenwälder Deutschlands als „Weltnaturerbe“ anerkannt. So gut ist der Wald bei der zuständigen Ministerin in unserem Lande nicht aufgehoben: Die Waldstrategie des Landwirtschaftsministeriums sollte den Wald zum Holzlieferanten degradieren. Der BUND intervenierte. Nicht zuletzt dieser Druck führte dazu, dass wichtige Naturschutzziele doch noch in die nationale Waldstrategie integriert wurden. Das ist nur ein Beispiel für die Mühen der Naturschutzpolitik. In vielen für die Natur wichtigen Ressorts wird an Wachstum gedacht; Naturschutz ist dort auf der Leitungsebene ein Fremdwort. Ein Beispiel: Auch 2011 musste um die Verabschiedung des Bundesprogramms Wiedervernetzung zur Schaffung von über hundert Grünbrücken an bestehenden Verkehrstrassen politisch gerungen werden. Alle fachlichen Vorarbeiten waren längst abgeschlossen. Da blockierte Minister Ramsauer das fertige Programm. Lobbybriefe und Pressearbeit des BUND im Bündnis mit anderen Verbänden bewirkte noch kein Umdenken beim Minister.
Öffentlicher Druck hilft Deshalb startete der BUND eine breit angelegte Online-Kampagne und bat die Bevölkerung, Herrn Ramsauer eine Protestmail zu schicken. Ergebnis: Der Verkehrsminister gab die Blockadehaltung auf. Zum Jahreswechsel wurde das Programm auf den Weg gebracht. Das Beispiel steht leider nicht allein. So mussten 2011 Angriffe auf das Naturschutzrecht abgewehrt werden: Der Ausgleich für die Zerstörung von Natur durch Baumaßnahmen sollte ausgehebelt werden. Durch intensive Lobbyarbeit konnte dies verhindert werden. Ein entsprechender Vorschlag im Baugesetz wurde zurückgezogen. Blamiert hat sich der Bauernverband: Er deklarierte Ausgleichsflächen für den Naturschutz als „Flächenfraß“. Bislang ist auf diese dumme Parole niemand hereingefallen. Naturschutzpolitik ist nicht immer leicht. Aber sie lohnt.
Ulrike Mehl, stellvertretende BUND-Vorsitzende, verantwortet den Bereich Biodiversität.
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Jahresbericht 2011
Murnauer Moos
Naturschutz konkret
Falter, Libellen, Moore schützen Lebensräume vernetzen. Die biologische Vielfalt geht weltweit stark zurück. In Deutschland ist es nicht anders. Die Aussterbe-Rate übertrifft die vermutete natürliche Rate um das 100- bis 1000-fache. Der Grund: Die Natur wird zugebaut, wertvolle Wälder in Nutzholzforste, Äcker in Monokulturen verwandelt und mit Pestiziden belastet. Dem setzt der BUND neben politischer Intervention (siehe Seite 7) auch Bildungs- und konkrete Naturschutzmaßnahmen entgegen. 2011 war dabei von Neuem und Bewährtem geprägt. So ging das „Abenteuer Faltertage“ bereits in die siebte Runde. Tausende von SchmetterlingsfreundInnen beteiligten sich erneut an der Schmetterlingszählaktion oder informierten sich über schmetterlings- und umweltfreundliche Gärten. Der BUND hat passend dazu seine Kampagne „Torffreies Gärtnern“ weitergeführt und seinen Torf-Einkaufsführer aktualisiert, der moorschonende Alternativen aufzeigt. Ein studentisches Kooperationsprojekt zum Konsumentenbewusstsein hatte ergeben, dass fast zwei Drittel der Befragten den Zusammenhang zwischen Blumenerde und Moorschutz noch nicht kennen.
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Vielfalt erhalten
Kraniche
Ein gutes Stiftungsjahr · Die Selbstheilungskräfte der Natur fördern und Wildnis ermöglichen – das will die BUNDstiftung. Auch 2011 war sie der Goitzsche-Wildnis ein verlässlicher Partner. In dem ehemaligen KohletagebauGebiet bei Bitterfeld besitzt die Stiftung 1.300 ha Fläche und fördert dort Schutzmaßnahmen. Im Oktober, der Zeit, in der das Seeadlerpaar am Großen Goitzsche-See auf Störungen am unempfindlichsten reagiert, gab es mit Genehmigung der BUNDstiftung eine UnterwasserExkursion – mit vielen spannenden Entdeckungen. So fotografierten die Taucher SüßwasserMedusen und Süßwasserschwämme. Weitere Ergebnisse 2011: Der Kapitalstock der Stiftung ist gewachsen, und es wurden Zustiftungen und Stifterfonds errichtet.
Wildkatze: Online und offline Eine Premiere war die Kür der Feuerlibelle zur ersten „Libelle des Jahres“. Der BUND macht damit auf die Bedrohung dieser beeindruckenden Insektengruppe aufmerksam. Fast die Hälfte der deutschen Libellen steht auf der Roten Liste und leidet unter dem Verlust ihrer Lebensräume. Deshalb gibt der BUND in der neuen Broschüre „Wie helfe ich einer Libelle?“ Tipps, was die und der Einzelne für Libellen tun können. Und er gibt einen Überblick, was BUNDGruppen zum Schutz der Libellen unternehmen. Eine weitere Premiere fand im Klassenzimmer statt: Der BUND veröffentlichte das „Bildungspaket rund um Wildkatze und Waldverbund“, das altersgerecht und am Beispiel der Wildkatze vermittelt, welche Rolle die Wiedervernetzung von isolierten Lebensräumen für die biologische Vielfalt hat. Das Bildungspaket besteht unter anderem aus Unterrichtsmaterialien und einer Mitmachaktion, die Kinder und Jugendliche zu Nachwuchs-Wildkatzenforschern macht.
Moosjungfer
Lockstock-Untersuchungen sind eine der drei Säulen eines neuen BUND-Projektes, das den Wildkatzenschutz auf die nächste Ebene heben wird: das Projekt „Wildkatzensprung“. Zusammen mit zehn Landesverbänden wird der BUND-Bundesverband mit grünen Korridoren Wälder verbinden, eine bundesweite Wildkatzen-Gendatenbank aufbauen sowie Öffentlichkeit und EntscheidungsträgerInnen weiter für die Belange der Wildkatze und anderer Waldbewohner sensibilisieren. Auch auf Facebook. Dort ist der BUND seit 2011 mit der Wildkatze vertreten: www.facebook.com/wildkatze.bund
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Jahresbericht 2011
Landwirtschaft
BUND engagiert sich für gesunde Lebensmittel Mit massiver Werbung pusht die Geflügelindustrie den Konsum von Huhn und Pute in Deutschland in die Höhe. 2011 mästete sie fast 70 Millionen Turbohähnchen fett. Rund neunzig Prozent der Tiere erhalten Antibiotika. Die häufig unsachgemäße Anwendung der Medikamente und die Enge im Stall – 24 Hähnchen je Quadratmeter (!) – haben Konsequenzen: Massentierhaltung züchtet geradezu resistente Keime.
Berlin, Januar 2011: Über zwanzigtausend Menschen demonstrieren für eine Reform der Landwirtschaftspolitik
Der BUND wollte wissen, ob die gefährlichen Keime bis in die Küchen der Verbraucherinnen und Verbraucher gelangen: Wir kauften 2011 bundesweit Hühnerfleisch bei Discountern und Supermärkten, um sie daraufhin untersuchen zu lassen. Das Ergebnis: Über die Hälfte des frischen Fleisches war mit den gefährlichen Keimen kontaminiert. „Wir haben es satt“ Die Bundesregierung kennt das Problem schon lange; sie kümmerte sich jedoch bislang nicht darum. Die Interessen der Fleischindustrie sind der Agrarministerin wichtiger. Diesmal reagierte sie prompt auf die BUND-Ergebnisse. Aber nur unzulänglich: Sie legte ein neues Arzneimittelgesetz vor, mit dem lediglich die Vorschriften für Tierärzte ein wenig verändert werden sollten. Das war ein Grund, dass im Januar weit über zwanzigtausend Menschen dem Aufruf des BUND und anderer Organisationen nach Berlin folgten und Bauernhöfe statt Agrarfabriken forderten sowie einen Stopp der Tierfabriken und eine grundlegende Änderung der Agrarpolitik. Unterdessen lud die EU-Kommission den BUND nach Brüssel ein, um über ihre 12-PunkteStrategie zu beraten, mit der sie die gefährlich zunehmenden Resistenzen gegen Antibiotika eindämmen will. Von klaren Reduktionszielen für den Einsatz von Antibiotika, wie etwa die Regierungen von Dänemark und Holland sie festgelegt haben, ist das auf Fleischexporte fixierte Aigner-Ministerium noch weit entfernt. Ohne Antibiotika wäre Massentierhaltung nicht möglich. Und ohne Massentierhaltung keine Billigfleisch-Exporte auf den Weltmarkt. Wir bleiben dran – und für Tierquäler unbequem.
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Vielfalt erhalten
Patenkind Wildkatze · Am Anfang des Rettungsnetzes für die Wildkatze stand eine Vision: Der BUND verbindet isolierte Waldflächen durch ein Netz von 20.000 grünen Kilometern. Und rettet so die Wildkatze. Inzwischen wird das Rettungsnetz Masche für Masche Realität. Dank der Unterstützung vieler Menschen, die eine Wildkatzen-Patenschaft übernommen haben. Ihre regelmäßigen Beiträge ermöglichen es dem BUND, Flächen zu kaufen und Korridoren zwischen Wäldern mit Büschen und Bäumen zu bepflanzen – und so der Wildkatze die Bewegungsfreiheit zu schaffen, die sie fürs Überleben braucht. Mehr: www.bund.net/wildkatze
Spenden und Geldauflagen
Die Natur gewinnt Der BUND bat im vergangenen Jahr unter anderem um Unterstützung für Flächenkäufe auf der Insel Rügen. Vorläufiges Fazit der großzügigen Spenden: Nach zwölf Jahren Kampf gegen einen übermächtigen Baustoffkonzern um die Natur an Rügens Boddenküste ist auch 2011 viel gelungen. Unweit der berühmten Kreidefelsen, mitten im Naturschutzgebiet „Neuendorfer Wiek“ mit der Seevogelinsel Beuchel, wollte ein Baustoffkonzern tonnenweise Kies abbauen. Eine Fläche von mehr als 40 Fußballfeldern wäre dann zu einer lärmenden Industrielandschaft geworden. Die Konsequenzen für das sensible Ökosystem: eine Katastrophe. Unzählige Pflanzen und Tiere wie Kranich, Seeadler und Fischotter verlören ihren Lebensraum. Mit Flächenkäufen hat der BUND auch 2011 den Abbau und den Abtransport des Kieses immer schwieriger und kostspieliger gemacht. Mittlerweile hat das Unternehmen seine Abbaupläne aufgegeben und stimmt dem Verkauf aller Flächen im Abbaubereich zu. Dank der Flächenkäufe werden diese Gebiete langfristig unter Naturschutz gestellt.
Weißdorn für die Wildkatze Ein anderes Projekt, für das der BUND um Unterstützung bat, waren Flächenkäufe im Landkreis Holzminden. Dieses Gebiet ist ein Knotenpunkt der Wildkatzenwanderwege. Dank zahlreicher Spenden konnten Flächen erworben und bepflanzt werden, zum Beispiel mit Büschen wie Weißdorn. So finden die Wildkatzen und viele andere Arten Unterschlupf und können durch diesen natürlichen Schutz besser wandern. Solche Überlebensrouten will der BUND nach und nach schaffen und schließlich 20.000 Kilometer zu einem Netzwerk verknüpfen. Wertvolle Unterstützung sind auch Geldauflagen, die Richterinnen und Richter oder Staatsanwaltschaften dem BUND zusprachen. So kann ein Urteil lauten: Der Beklagte erhält die Auflage, einen Geldbetrag an eine gemeinnützige Organisation zu überweisen. Diese zweckfreien Spenden helfen dem BUND, auf aktuelle Entwicklungen reagieren zu können. Er sagt deshalb: Danke.
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Zukunft sichern Überall dort, wo Atomkraftwerke vom Netz genommen wurden, gingen die Lichter nicht aus. Es geht auch ohne. Zugegeben: Wenige büßen dadurch große Gewinne ein. Viele gewinnen dadurch mehr Sicherheit. Was zählt? Das ist eine Kernfrage nicht der Klimaund Energiepolitik. Der BUND setzt auf erneuerbare Energien, auf Energieeffizienz und Energiesparen. Auf eine sichere Zukunft. 12
Atom – Energie
Ausstieg und Wende Der BUND stand 2011 mit an der Spitze der Anti-Atomkraft-Bewegung. Er hat nach der Entscheidung von 2010, die Laufzeiten der Atomkraftwerke in Deutschland zu verlängern, nicht nachgelassen. Zu Beginn des Jahres 2011 sollte eine große Menschenkette zwischen dem AKW Neckarwestheim und Stuttgart den ungebrochenen Protest gegen diese Politik zeigen. Es kam ganz anders: Einen Tag vorher, am 11. März, ereignete sich die Reaktorkatastrophe von Fukushima. Damit erlangte die Menschenkette ungeahnte Aktualität und lieferte für Tage das Bild zu den Reaktionen in Deutschland. Auf 45 km standen geschlossen über 60.000 Menschen. Der BUND spielte bei der Vorbereitung und Mobilisierung eine zentrale Rolle. In der Folge gelang es BUND und Anti-Atomkraftbewegung, die große gesellschaftliche Ablehnung der Atomenergie sichtbar auf die Straße zu bringen: In den Wochen und Monaten nach Fukushima organisierten wir die größten Demonstrationen in der Geschichte der Anti-AKW-Bewegung. 250.000, 120.000 und 160.000 Menschen gingen im März, April und Mai auf die Straße.
stieg vorgelegt. Zusammen sorgten wir damit für den nötigen Druck, der die Stilllegung von acht Atomkraftwerken erst ermöglichte. Ein großer Erfolg. Dennoch: Der Beschluss bleibt weit hinter dem zurück, was notwendig und möglich gewesen wäre. In den nächsten zehn Jahren passiert wenig beim Ausstieg. Sechs Reaktoren sollen erst 2021 und 2022 abgeschaltet werden. Darunter der in einem Erdbebengebiet gelegene Meiler Neckarwestheim II und der Reaktor Gundremmingen C, der fast baugleich mit den Reaktoren in Fukushima ist. Atomkraft ist unbeherrschbar und unverantwortlich, es bleibt dabei: Abschalten – sofort!
Energiewende
Worte und Taten liegen bei der Energiewende weit auseinander, noch ist viel Druck von unten nötig, damit die Energiewende-Ankündigung auch real wird. Der BUND hat mit einer Kampagne 2011 erreicht, dass das gefährliche Verpressen von CO2 im Untergrund (CCS) im Bundesrat scheiterte. Mit einer Online-Aktion machten wir Druck für die Umsetzung des deutschen Stromsparziels. Auf Druck des BUND startete die Bundesregierung eine Initiative für einen europäischen Top-Runner zur Förderung von stromsparenden Geräten.
Der BUND hat in dieser Zeit ein Maßnahmenpaket für einen sofortigen Atomaus-
Wir bleiben dran. Damit die Energiewende jetzt beginnt – nicht irgendwann.
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Klaus Brunsmeier, stellvertretender BUND-Vorsitzender, verantwortet den Arbeitsbereich Klimaschutz.
Solidarität und Protest 2011 war, wie das Jahr zuvor, ein Jahr des Engagements gegen Atomkraft und für erneuerbare Energien. 2010 stand die von der Bundesregierung beschlossene Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken im Mittelpunkt des Protests. Nach der Katastrophe vom 11. März nahm 2011 die Solidarität mit den Opfern von Fukushima breiten Raum ein.
Unmittelbar nach der Katastrophe in Fukushima fanden in ganz Deutschland Mahnwachen statt. Unser Bild: Mahnwache vor dem Kanzleramt am 14. März. Am Mikrofon Thorben Becker, Atomexperte des BUND.
Am 26. März demonstrierten in Berlin, Hamburg, Köln und München rund 250.000 Menschen für einen sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie. In Berlin (unser Foto) forderten 120.000 BürgerInnen Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, den Atomausstieg nicht auf die lange Bank zu schieben. In Köln gingen 40.000 Menschen auf die Straße, in München waren es 40.000 und in Hamburg schlossen sich 50.000 Menschen den Protesten an – der bisher größte Anti-AKW-Protest in Deutschland.
Rund 120.000 Menschen folgten am Ostermontag dem Aufruf des BUND und anderer Organisationen und gedachten an zwölf Standorten von Atomkraftwerken des 25. Jahrestags der Katastrophe von Tschernobyl. Ihre Forderung: alle AKWs abschalten. Unser Foto zeigt die Demonstration in Neckarwestheim.
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Am 28. Mai forderten in über zwanzig Städten rund 160.000 Menschen: „Schluss mit Atomkraft“ Unser Foto zeigt die Demonstration in Berlin.
Demonstration in Tokio. Mit dabei: Akiko Yoshida, die Energieexpertin von Friends of the Earth Japan (links). Mit der Fahne aus Baden-Württemberg: Mika, eine ehemalige Praktikantin der BUND-Ökostation in Freiburg.
Über die Folgen der Reaktorkatastrophe berichtete auf der BUNDDelegiertenversammlung Masako Hashimoto (rechts), deren Familie unmittelbar betroffen war. Gemeinsam mit Akiko Yoshida von FoE Japan war sie im November nach Deutschland gekommen. Der BUNDVorsitzende versicherte Akiko Yoshida die Solidarität des BUND. Die Delegiertenversammlung beschloss, die Arbeit des Partnerverbandes mit 10.000 Euro zu unterstützen.
Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger übermittelte im September der wachsenden japanischen Anti-Atomkraftbewegung die Solidarität der deutschen Atomkraftgegner. Mehr über die Arbeit von Friends of the Earth Japan: www.foejapan.org/en
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Jahresbericht 2011
BUNDjugend
MORGEN LANDE
So entstanden viele Projektideen zu Ernährung, ökofairer Mode, sozialem Unternehmertum, für eine konsumfreie Shoppingtour oder eine Online-Plattform zur besseren Vernetzung von Nachhaltigkeitsakteuren. Kochtüte und Clubmob
Ideen für die Zukunft entwickeln
Heute Probleme für morgen lösen. Für junge Menschen eine besondere Herausforderung. Die BUNDjugend hat sie angenommen – mit der Ideenschmiede MORGEN LANDE, die Jugendlichen Raum für Inspiration, Dialog und Vernetzung bietet, um Projekte für ein zukunftsfähiges Morgen zu initiieren. Ausgangspunkt sind die MORGEN LANDE-FutureLabs: Ideen junger, engagierter Köpfe und das Know-how sozialökologischer Unternehmen werden einen Tag in einem kreativen Prozess zusammengeführt. Die Fragen: Was bedeutet nachhaltiges Wirtschaften? Auf welche Weise können verantwortungsbewusste Konsumund Lebensstile gefördert werden? Welche Angebote gibt es oder sollte es geben, um selbst aktiv zu werden? Seit 2011 reist MORGEN LANDE quer durch Deutschland und veranstaltet FutureLabs, um gemeinsam mit jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren und nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen Antworten auf diese Fragen zu finden.
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Nach dem FutureLab Ernährung traf sich das Kochtüten-Team zum gemeinsamen Kochen in der Schulküche. Das Ergebnis: mit Kokos-Curry-Couscous gefüllte Paprika. Auf dem Bio-Hoffest zum Weltkindertag wurde die neue Kreation vorgestellt und begeisterte viele Menschen für eine gesunde und klimafreundliche Ernährung. Dazu gestalteten Kinder eigene Kochtüten und konnten die leckeren Biozutaten gemeinsam mit ihren Eltern zu Hause zubereiten. Der Erlös aus dem Kochtütenverkauf wurde an die Kinderküche des Familienschutzwerks in Berlin gespendet. Der Energiebedarf in Clubs ist riesig. Die Kosten für Maßnahmen, um Energie zu sparen, sind hoch. Die Hilfe: der erste Clubmob in der Geschichte Berlins. Das Clubmob-Team lud alle ein, die gerne tanzen, das SO36 bis in die frühen Morgenstunden zu befeiern. 100 Prozent des Veranstaltungsgewinns flossen in die Verbesserung der Energiebilanz des Clubs. 2.110 Euro wurden ertanzt. Weitere Clubmobs sind geplant.
Vor Ort und weltweit
Erster Zivi. Letzter Zivi · Im September 2011 ging in der Bundesgeschäftsstelle des BUND eine Ära zu Ende: Mit Filip Fiebig (rechts) beendete der letzte Zivildienstleistende seine Arbeit. Zum Abschied dankte ihm Hubert Weiger, erster BUND-Zivi und heute BUND-Vorsitzender. Hubert Weiger trat 1971 seinen Ersatzdienst beim BUND-Landesverband Bayern an – als erster Zivildienstleistender im deutschen Umweltschutz.
Ehrenamtliches Engagement
Millionen Stunden im Einsatz für die Natur und Umwelt 2011: Jeden Montag machte sich Egbert Bialk aus der Kreisgruppe Koblenz auf zu einem Spaziergang. Einem besonderen Spaziergang: dem „Montags gegen Atomkraft“-Spaziergang. In Koblenz nehmen daran bis zu 200 Menschen teil. In Koblenz begannen die Anti-Atom-Montags-Spaziergänge ihren Anfang. Und breiteten sich über das Bundesgebiet aus. Egbert Bialk wurde für dieses Engagement von der BUND-Bundesdelegiertenversammlung geehrt und steht damit auch stellvertretend für das vielfältige Engagement aller anderen ehrenamtlich Engagierten im BUND. Ehrenamtlich engagieren sich BUND-Mitglieder in 2.000 Gruppen bundesweit 2,77 Mio. Stunden im Jahr. Dabei ist das, was sie für die Natur und Umwelt tun, so verschieden wie der BUND: vom Amphibienschutz bis zur Demonstration gegen Zwischenlager. Um unsere Re-
publik wäre es schlechter bestellt ohne dieses Engagement. BUND-Zentralstelle für Bundesfreiwilligendienst
Martine Löw
2011 endete der Zivildienst. Er wurde abgelöst vom Bundesfreiwilligendienst. Der BUND wurde vom Bundesfamilienministerium als Zentralstelle für die Durchführung des Bundesfreiwilligendienstes anerkannt. Damit kann der BUND jüngeren und älteren Freiwilligen Einsatzstellen und Qualifizierung im Umwelt- und Naturschutz anbieten. Das Team im Freiwilligenreferat der BUNDBundesgeschäftsstelle (unsere Fotos) unterstützt – online und offline – mit vielen Angeboten das Engagement von BUND-Gruppen und Aktiven. Mehr unter: www.bund-intern.net 17
Stefan Euen
Victoria Muntendorf
Jahresbericht 2011 · Aktiv
Vor Ort und weltweit
Das Grüne Band wird zu einem beeindruckenden Grünen Band Europa. Fukushima hatte in Deutschland Konsequenzen: Die Regierung musste von ihrem Atomkurs abrücken. Landwirtschaftspolitik ist heute internationale Politik. Brüssel entscheidet über Subventionen. Der Anbau von Agrotreibstoffen bedroht die biologische Vielfalt und die Lebensgrundlagen sehr vieler Menschen. Deshalb macht der BUND Natur- und Umweltschutz mit internationaler Perspektive.
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BUND international
Doppelter Geburtstag Am 15. Juni 2011 feierte Friends of the Earth International Geburtstag. Auf 40 Jahre konnte das Netzwerk aus unabhängigen und lokal verankerten Umweltorganisationen zurückblicken. „Der Start war romantisch“, erinnert sich Richard Sandbrook, Aktiver der ersten Stunde, „ziemlich naiv und unbekümmert. Täglich fragten wir uns, woher das Geld für unsere gemeinsame Arbeit kommen sollte, und ob es da draußen irgendjemanden gab, der überhaupt Notiz von uns nahm.” Die Pionierarbeit der vier Gründungsgruppen aus den USA, Frankreich, Schweden und England hat sich gelohnt. Heute zählt das Netzwerk 76 Mitgliedsgruppen auf allen Kontinenten, die das gemeinsame Ziel eint, eine nachhaltige Gesellschaft und das Recht auf eine gesunde Umwelt Wirklichkeit werden zu lassen. Geburtstagsbilder finden Sie hier: www.bund.net/foei Vom Hinterstübchen ins Scheinwerferlicht 25 Jahre jung wurde 2011 das europäische Netzwerk von Friends of the Earth. Als der Koordinationsbedarf im Machtzentrum Brüssel stieg, wurde 1986 die Coordination Européenne Des Amis De La Terre (heute Friends of the Earth Europe) in einem kleinen Hinterstübchen eines belgischen Museums gegründet. 1989 schloss sich der
BUND an und freut sich heute über die tatkräftige Unterstützung auf dem europäischen Parkett. 30 Angestellte koordinieren europaweite Kampagnen für Klimaschutz und Energieeffizienz, gesunde Lebensmittel, biologische Vielfalt, eine nachhaltige Finanzpolitik und mehr Unternehmensverantwortung. Friends of the Earth Europe ist ein gefragter Ansprechpartner von EuropaparlamentarierInnen. 30 Mitgliedsgruppen mit zahlreichen regionalen und lokalen Untergruppierungen von Georgien bis Spanien, von Finnland bis Malta setzen sich in ihren Ländern für eine lebenswerte Zukunft ein. Die erste gemeinsame Forderung des internationalen Netzwerks rückt derzeit in einigen Ländern in greifbare Nähe: Eine atomfreie Zukunft. Das motiviert, weiterzumachen. Die Seiten unseres europäischen Netzwerkes: www.foeeurope.org 19
Jahresbericht 2011
Kindergesundheit
Zukunft ohne Gift Die Gesundheit der Kinder vor gefährlichen Schadstoffen schützen. Diese Aufgabe steht im Mittelpunkt der ChemieArbeit des BUND. 2011 haben wir Kitas und Kindergärten unter die Lupe genommen. Wir wollten wissen: Sind die Orte sicher, an denen Kleinkinder einen großen Teil ihrer Zeit verbringen? Dazu haben wir den Hausstaub der Kitas im Labor untersuchen lassen. Mehr als 200 Einrichtungen aus dem gesamten Bundesgebiet haben sich an der BUND-Aktion beteiligt. Das Ergebnis: Viele Kitas waren sehr hoch mit gesundheitsschädlichen PVC-Weichmachern belastet – im Durchschnitt drei Mal so hoch wie normale Haushalte in Deutschland.
Tanja Dückers
„Hart bleiben bei Weichmachern“ Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner stellte sich taub und reagierte nicht auf unsere Forderung, gesundheitsschädliche Weichmacher in allen Produkten zu verbieten, mit denen Kinder in Kontakt kommen. Von anderer Seite erhielt die BUNDAktion jedoch großen Zuspruch: Prominente wie der Komiker Kurt Krömer oder der Arzt und Kabarettist Dr. Eckhart von Hirschhausen forderten: „Hart bleiben bei Weichmachern!“ Kurt Krömer
Neun Oberbürgermeister und 20 Bundestagsabgeordnete haben sich mit uns für eine schadstofffreie Umgebung der Kleinsten eingesetzt. Als Reaktion auf unsere Untersuchungen hat die Stadt Köln neue Kriterien für den Einkauf festgelegt. In städtischen Kindergärten und Schulen soll in Zukunft darauf geachtet werden, dass nur noch PVC-freie Möbel, Spielzeuge und Turngeräte angeschafft werden. Auch Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz unterstützen unsere Forderung nach einem Weichmacher-Verbot und forderten die Kitaträger auf, die Empfehlungen der BUND-Studie zu beachten. Eckart von Hirschhausen
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Vor Ort und weltweit
Bedrohte Artenvielfalt · Rebhühner, Kiebitze, Haubenlerchen und Braunkehlchen und selbst die früher so häufige Feldlerche werden immer seltener. Die Ursache dieser Entwicklung sieht der niederländische Toxikologe Henk Tennekes in einer Gruppe neuer Pestizide, der Neonikotinoide. Der BUND hat seine Studie auf Deutsch herausgebracht – illustriert von Ami-Bernard Zillweger, mit einem Vorwort von Hubert Weiger. „Das Ende der Artenvielfalt – neuartige Pestizide töten Insekten und Vögel“ ist zum Preis von 29,95 Euro im BUND-Onlineshop erhältlich: www.bundladen.de
N & U GmbH
Gemeinsam mehr bewegen 2011 übernahm die Natur & Umwelt Service und Verlags GmbH die Aufgabe, neue Mitglieder für den BUND zu gewinnen. Die GmbH bewältigt diese Aufgabe auf zwei Wegen: Sie beauftragt einen Dienstleister und sie startete in einem Landesverband die Mitgliederwerbung mit eigenen, dafür geschulten Mitgliedern. Im BUNDladen wurde besonders die „Gartenlinie“ ausgebaut. Der Grund: Naturschützer sind häufig auch Gartenfreundinnen. Das Unternehmen MEMO, deren Gründer Jürgen Schmidt 2011 mit dem Deutschen Naturschutzpreis ausgezeichnet wurde, ist ein verlässlicher Partner des BUNDladens, der alle ökologischen Anforderungen erfüllt. Mit dem KinderspielzeugSortiment wird die Arbeit von Wohlfahrtsverbänden und Behindertenwerkstätten unterstützt. Die Verknüpfung des Angebots mit den BUND-Themen zeigt sich beispielhaft beim Sortiment zum „Abenteuer Faltertage“. Besonders schön: Das SchwalbenschwanzT-Shirt; besonders lehrreich: das Set zur Schmetterlingsaufzucht. Beim Versand der
Bestellungen werden stets die Schmetterlingsbroschüren und die Zählbögen des BUND mitgeschickt. Shop und WILDCARD Der BUNDladen wird künftig stärker als Onlineshop ausgerichtet, denn alle Zahlen zeigen: Die Zukunft des Versandhandels liegt im Internet. Aus diesem Grunde haben 2011 die umfangreichen Vorbereitungen für den Relaunch des Onlineshops begonnen. Die Kooperationen der GmbH wurden erfolgreich fortgesetzt. – Nur ein Beispiel: Die WILDCARD, die zusammen mit der GLS-Bank auf den Weg gebracht wurde. Wer mit dieser Kreditkarte bezahlt, unterstützt das Wildkatzenprojekt des BUND. Künftig werden alle Medien des BUND und der Bank genutzt, um für diese gute Sache zu werben. Im Jahr 2011 erwirtschaftete die N & U GmbH einen Jahresüberschuss von rund. 3.600 Euro. Das Ergebnis wurde von der unabhängigen Wirtschaftsprüferin bestätigt.
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Maren Mosig, die Frau, die den BUNDladen voranbringt.
Jahresbericht 2011 · Finanzen
Unabhängig. Politisch und finanziell Viele Menschen unterstützen den BUND. Die Zahl der Mitglieder steigt.
Ehrenamtliche pflanzen im Landkreis Solling Bäume pflanzten.
Hattrick: Zum dritten Mal hintereinander ist der BUND gewachsen – auf nunmehr über 464.000 Mitglieder und Förderinnen und Förderer. Fast 7.000 neue Mitglieder in Bayern, über 2.000 in Baden-Württemberg und fast 2000 in Nordrhein-Westfalen. Alle Landesverbände haben mehr Mitglieder als im Jahr zuvor – mit zum Teil imponierenden Zuwachsraten. Zum Beispiel Berlin mit fast zwanzig Prozent. Die Entwicklung ist ein Grund zur Freude, aber kein Grund zur Selbstzufriedenheit. Der Natur- und Umweltschutz kann gar nicht genug Mitstreiterinnen und Unterstützer haben.
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Finanzgrundsätze
Verantwortungsvoll mit Geld umgehen Die Bundesregierung macht sie. Die Länder machen es ihr nach. Die Städte und Gemeinden häufen sie an: Über Schulden wird nicht nur in ganz Europa diskutiert, sie bringen auch die europäische Politik und ihre Regierungen ins Wanken. Die Verschuldung öffentlicher Haushalte geht zu Lasten kommender Generationen und führt dazu, dass wichtige nationale und internationale Aufgaben der Zukunftssicherung nicht angepackt werden. Das ist im Finanzbereich das Gegenteil dessen, was wir unter zukunftsfähiger Politik verstehen. Der BUND pflegt einen anderen Umgang mit Geld: Er finanziert sich weder auf Kosten künftiger Generationen noch durch Spekulationen, die immer auf Kosten Dritter gehen. Er finanziert sich zu hundert Prozent aus seinen eigenen Einnahmen; er gibt nicht mehr Geld aus, als er einnimmt. Mit der Bildung von Rücklagen sorgt er vor.
Seriosität und Transparenz Sein Vermögen legt der BUND in sicheren Geldanlagen an. Spekulationen sind grundsätzlich ausgeschlossen. Und er hat nichts zu verbergen: Der BUND lässt – über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus – seinen Jahresabschluss von einer unabhängigen Wirtschaftsprüferin unter die Lupe nehmen. Wirtschaftsprüferin Heike Apel kontrollierte im Frühjahr 2012 die Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung und bestätigte sie wie in den Vorjahren uneingeschränkt. Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung finden Sie im Netz: www.bund.net/finanzen Die BUND-Finanzen werden auch vom zuständigen Berliner Finanzamt regelmäßig intensiv überprüft. Stets ohne Beanstandungen.
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Dr. Andreas Faensen-Thiebes, Schatzmeister
Jahresbericht 2011
Mitgliedsbeiträge und Spenden
Einnahmen deutlich erhöht Der BUND konnte im vergangenen Jahr seine Einnahmen um drei Millionen Euro erhöhen. Die größten Steigerungsraten gab es bei Erbschaften (von 340.000 Euro auf über 1,7 Mio. Euro – das sind über vierhundert Prozent) und Bußgeldern (rund hundert Prozent). Bei den Spendeneinnahmen von gut 6,1 Mio. Euro wurde ein Plus von rund 280.000 Euro erzielt. Der BUND ist ein Mitgliederverband. Viele Mitglieder engagieren sich ehrenamtlich für den Schutz der Natur und Umwelt. Die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen stiegen um mehr als sechs Prozent; sie machen 34,2 Prozent der Gesamteinnahmen aus. Diese Zahlen machen deutlich: • vielen Menschen liegt der Schutz unserer Natur und Umwelt am Herzen, • viele Menschen schätzen die Arbeit des BUND.
Solides Fundament Mitgliedsbeiträge und Spenden, einschließlich Erbschaften und Bußgelder, machen 2011 zusammen über 82 Prozent der BUND-Einnahmen aus. Die über 461.000 Mitglieder, Förderinnen und Förderer garantieren die politische Unabhängigkeit des BUND. Projektzuschüsse erhielt der Bundesverband beispielsweise vom Umweltbundesamt und vom Bundesamt für Naturschutz. Unter „sonstige Einnahmen“ sind unter anderem zusammengefasst: Einnahmen aus Dienstleistungen für Landesverbände des BUND und Zinserträge.
Einnahmen des BUND-Bundesverbandes 2011 sonstige Einnahmen 1.418.248 EUR
insg. 16.916.643 EUR
8,4 % Projektzuschüsse 986.027 EUR
5,8 %
Bußgelder 210.900 EUR
1,2 %
Erbschaften 1.754.161 EUR
10,4 %
Mitgliedsbeiträge 5.781.509 EUR
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34,2 %
Verwendung von Rücklagen 624.274 EUR 3,7 % Spenden 6.141.524 EUR 36,3 %
Unabhängig. Politisch und finanziell
Ausgaben des BUND-Bundesverbandes 2011 insg. 16.916.643 EUR Verwaltung 924.645 EUR Einstellung in Rücklagen 1.981.543 EUR Sonstige FundraisingAusgaben 617.330 EUR
11,7 % 3,6 %
Mitglieder- und Spenderwerbung 1.517.777 EUR
9,0 %
Betreuung Mitglieder, Spender, Förderer 531.882 EUR
3,1 %
Ehrenamtliche Gremien 540.984 EUR
37,2 %
5,5 %
Natur- und Umweltschutzarbeit, Fach- und Lobbyarbeit, Aktionen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit 6.299.568 EUR
3,2 %
23,2 %
Überweisung an Landesverbände für Natur- und Umweltschutzmaßnahmen 3.920.123 EUR
3,4 % Umweltpolitische Unterstützung von Untergliederungen und Dritten 582.791 EUR
Geringe Verwaltungskosten
Mehr für Natur- und Umweltschutz Fast 17 Millionen Euro hat der BUND 2011 ausgegeben. Die Mehreinnahmen von über zwanzig Prozent (siehe Seite 24) kamen direkt dem Schutz der Natur und der Umwelt zugute. Die Ausgaben erhöhten sich von gut 5,5 auf 6,3 Millionen Euro; die Überweisungen an die BUND-Landesverbände von knapp 3,4 auf gut 3,9 Millionen Euro und die Unterstützung für die BUNDjugend, das internationale Netzwerk des BUND und andere von 541.000 auf 583.000 Euro. Dort wird das Geld satzungsgemäß für Umwelt-, Natur- und Artenschutz, für Umweltbildung, Fach- und Informationsarbeit ausgegeben. Das gilt auch für die ehrenamtlichen Gremien des BUND, die einen großen Teil der BUND-Facharbeit leisten. Gesunken ist der Anteil der Verwaltungskosten – von 6,2 auf 5,5 Prozent. Das zeigt: Beim BUND fließt das Geld der Spenderin-
nen und Spender dort hin, wo es gebraucht, in den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Rücklagen Rücklagen sind die Ausgaben für morgen. Rücklagen werden aus zwei Gründen gebildet: Zum einen erfordern Naturschutzmaßnahmen wie Flächenkäufe häufig sehr sorgsame Verhandlungen und aufwendige Planungen. Das kostet Zeit. Für eine Schutzmaßnahme erhaltenes Geld wird daher nicht immer sofort ausgegeben. Zum anderen sorgen Rücklagen dafür, dass der Bundesverband auch dann handlungsfähig bleibt, wenn unvorhergesehene Situationen eintreten, wenn finanziell einmal Engpässe entstehen. Das ist, so meinen wir, ein sorgsamer Umgang mit Geld. Der sich für einen Nachhaltigkeitsverband gehört.
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Jahresbericht 2011
Nachgefragt
Datenschutz. Geld.
Spendertreffen
Spenden sichern neben Mitgliedsbeiträgen die finanzielle und damit inhaltliche Unabhängigkeit des BUND – ein hohes Gut. Wie geht der BUND mit Spendeneinnahmen um? Warum hat er nicht das Spendensiegel? Wie hält er es mit dem Datenschutz? Antworten auf diese und weitere Fragen von Rosemarie Kleindl und Almuth Wenta.
Warum hat der BUND nicht das sogenannte Spendensiegel, das vom Deutschen Institut für soziale Fragen (DZI) vergeben wird? Rosemarie Kleindl: Die großen deutschen Naturschutz- und Umweltverbände sehen bisher von der Beantragung des DZI-Spendensiegels ab. Vor allem aus zwei Gründen: Die Bewertungskriterien sind für föderale Organisationen im Natur- und Umweltschutz ungeeignet. Und die jährlichen Kosten für das Spendensiegel bewegen sich im fünfstelligen Bereich. Der BUND geht deshalb eigene Wege. Wir machen unseren Umgang mit Geld transparent. Und selbstverständlich prüft das zuständige Finanzamt den BUND regelmäßig. Bisher immer ohne Beanstandungen.
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Spenden. Sponsoring
Wie stellt der BUND bei Einnahmen und Ausgaben Transparenz her? Almuth Wenta: Wir legen unsere Zahlen einer unabhängigen Wirtschaftsprüferin vor – freiwillig. Sie prüft jedes Jahr intensiv unsere Einnahmen und Ausgaben und die richtige Verbuchung der Spenden. Zudem prüfen jährlich drei ehrenamtliche Revisoren den BUND-Haushalt. Sie fertigen – wie die Wirtschaftsprüferin – einen Bericht an, der innerhalb des Verbandes veröffentlicht wird. Außerdem enthält natürlich der Jahresbericht genaue Angaben zu den BUND-Finanzen.
Wie steht der BUND zum Sponsoring? Rosemarie Kleindl leitet die Abteilung Marketing des BUND.
Rosemarie Kleindl: Der BUND lehnt Sponsoring durch Wirtschaftsunternehmen grundsätzlich ab. Projektbezogene Kooperationen sind im Einzelfall nach strenger Prüfung und nur nach Zustimmung der BUND-Gremien möglich.
Wie wichtig nimmt der BUND den Datenschutz? Almuth Wenta: Der BUND arbeitet mit einem externen Datenschutzbeauftragten zusammen. Dieser bewertet unsere Datenverarbeitung, gibt wertvolle Tipps und informiert uns auch über aktuelle gesetzliche Veränderungen. Daten von UnterstützerInnen sind ein hohes und schützenswertes Gut, mit dem wir äußerst sorgfältig umgehen.
Kommt meine Spende eigentlich da an, wo ich es will?
Almuth Wenta ist Ansprechpartnerin für Großspender und Menschen, die dem BUND etwas vererben wollen.
Almuth Wenta: Ja. Projektbezogene Spenden werden dort eingesetzt, wo es die Spender bzw. der Spender wünscht. Das ist nicht nur eine gesetzliche Vorgabe, sondern auch unser Selbstverständnis. Wenn ein Spenderwunsch nicht umsetzbar ist, zum Beispiel weil das Projekt nicht gefördert wird, nehmen wir Kontakt auf und überlegen gemeinsam mit dem oder der SpenderIn, was stattdessen möglich ist.
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Herzlichen Dank Zahlreiche Spenderinnen und Spender haben uns im vergangenen Jahr unterstützt. Viele tun dies schon seit langer Zeit, einige haben 2011 den BUND erstmalig mit einer Spende bedacht. Diese Beträge ermöglichen es dem BUND, unabhängig und engagiert für den Natur- und Umweltschutz einzutreten. Dankbar erinnern wir an jene, von denen der BUND 2011 eine Erbschaft oder ein Vermächtnis erhalten hat: Bernhard Blossfeldt Johanna Hasse Renate Koye Kerstin Kuhn Anneliese Pföderl Albert Rebhorn Karola Josephine Reichlin Dr. Elke Roller Eleonore Schulz Ruth Wagener Margarete Barbara Weber Helga Wyss-Paasche Heinz Ziesler Für die hilfreiche Unterstützung und gute Zusammenarbeit danken wir: Burghotel Lenzen BLV Buchverlag Naldo Gruden (grudengrafik) Malte Heynen Ralph Kappes und dem Team der Werbeagentur VSF&P oekom Verlag Publicis, Frankfurt am Main Hans-Michael Schnack Scholz & Volkmer, Wiesbaden Annette Schüller, AB. Mediendesign & Eventservice Ulmer Verlag
Berlin und Cannes. Grüne Allee und rote Libelle
Yesil Çember: Berlin macht Schule Yesil Çember, Grüner Kreis, war eine Initiative des BUND Berlin, angestoßen von Türkinnen (unser Foto: Canan Cömert, seit 2009 aktiv für Yesil Çember). Das Ziel: türkischsprachige Bürgerinnen und Bürger für den Natur- und Umweltschutz zu interessieren. Das (Zwischen-)Ergebnis: große Nachfrage nach Informationen zum Beispiel über Energiesparen und Abfallvermeidung. Besonders erfreulich: 2011 entstanden neue Gruppen in Köln, München und Stuttgart. Mehr: www.yesilcember.de
Doppelte Auszeichnung für BUND-Motive Abgeräumt hat die BUND-Anzeigenserie „5 vor 12“. Nach dem begehrten Publikumspreis des nationalen „Art Directors Club“ gewannen die Motive 2011 auch den bedeutendsten europäischen Kreativpreis, den Goldenen Löwen beim „Cannes Lions Festival“. Mehr über die kreative Kommunikation zum Schutz der biologischen Vielfalt: www.bund.net/wildkatze
Fotowettbewerb Allee des Jahres Alleen sind etwas Wunderschönes. Der BUND engagiert sich für ihren Schutz. Auch mit dem alljährlichen Fotowettbewerb „Allee des Jahres“. Platz 1 belegte 2011 das Foto einer fast hundert Jahre alten Ahorn-Eschen-Allee bei Kremmen im Landkreis Oberhavel von Klaus Michalek. Auf Platz 2 kam eine alte Lindenallee im bayerischen Landkreis Freyung-Grafenau. Mehr: www.bund.net/alleen
Signalrot: BUND kürt Libelle des Jahres Die wärmeliebende Feuerlibelle (Foto: Günter J. Loos) ist grellrot und erst seit den 1980er Jahren in Deutschland anzutreffen. Zunächst nur in Rheinland-Pfalz, heute in ganz Deutschland. Dass sie heute nicht mehr nur in Afrika und rund ums Mittelmeer lebt, ist ein Indiz für die Erderwärmung. Der BUND kürte sie zusammen mit der Gesellschaft deutschsprachiger Libellenforscher zur Libelle des Jahres 2011. Mehr: www.bund.net/feuermelder
IMPRESSUM
Herausgeber: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. Friends of the Earth Germany Am Köllnischen Park 1 10179 Berlin Telefon: (0 30) 2 75 86-40 Fax: (0 30) 2 75 86-440 Redaktion: Dr. Norbert Franck (V.i.S.d.P.) Mitarbeit: Antje von Broock, Thorben Becker, Reinhild Benning, Jenny Blekker, Patricia Cameron, Dr. Heidrun Heidecke, Nehle Hoffer, Rosemarie Kleindl, Martina Löw, Nicola Uhde, Almuth Wenta Gestaltung: Claudia Gunkel Infografiken: Marc Venner Bildautoren: Jörg Farys (Titel, 2, 4, 5, 10, 14, 15), Timo Tschallener (6), blickwinkel/McPhoto (8), Falko Heidecke (9), J. Ott (9), BUND/Thomas Stephan (11), Gettey Images, Kim Westerkov/ Vasata, Entwurf: Schröder Florenz (12), Benjamin Pritzkuleit (16), FoEE (19), Anton Landgraf (20), BUND Niedersachsen (22), Caroline Schrader/Fotolia, pixelio, Hein Gluck/pixelio (29) alle übrigen Bilder BUND Druck: Z.B.!, Köln Gedruckt auf 100% Recyclingpapier, Juli 2012 Natur und Umwelt brauchen Schutz. Deshalb gibt es den BUND. Werden Sie Mitglied.
www.bund.net · info@bund.net · Spendenkonto: Sparkasse KölnBonn · BLZ 370 501 98 · Kontonummer 232