BMW Group Werk San Luis Potosi

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BMW Group Werk San Luis Potosi Mit der Eröffnung des neuen Werks in Mexiko erweitert die BMW Group ihr globales Produktionsnetzwerk um ein weiteres zentrales Element und hebt die Präsenz des Unternehmens in Lateinamerika auf ein neues Niveau. Gleichzeitig ist das Werk in San Luis Potosi eine State-of-the-Art-Produktionsstätte und setzt Maßstäbe in Bezug auf innovative Produktionstechnologie und Effizienz. Dieses Buch erzählt die Geschichte des Werksaufbaus, blickt hinter die Kulissen und zeigt die vielen persönlichen Geschichten dahinter.

BMW Group Werk San Luis Potosi Alexander Gutzmer

Produktion der Zukunft



BMW Group Werk San Luis Potosi

Alexander Gutzmer

Callwey


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Editorial von Hermann Bohrer

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Big Picture

Key Steps

Project Drivers

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Intro

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Intro

148 Intro

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„Wir fahren weiter an der Spitze des Wettbewerbs“ Interview mit Harald Krüger

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Struktur eines Großprojekts Das Werk im Überblick

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Fünf Jahre Aufbruch Zeitstrahl: die Werksentwicklung im Kontext

150 „Ich packe gerne mit an“ Porträt: Raymond Wittmann, erster Leiter des Projekts Werksaufbau

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„Meilenstein für die Produktion der Zukunft“ Interview mit Oliver Zipse

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„In Mexiko herrscht Aufbruchstimmung“ Interview mit Milagros Caiña Carreiro-Andree

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Der Weg zur Mexican Excellence Interview mit Hermann Bohrer

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Unternehmen als kultureller Schmierstoff Interview mit Armin Nassehi

156 Mit Präzision und Leichtigkeit Porträt: Mayela Rivera, Ingenieurin beim BMW Partnerunternehmen Copachisa

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Transformation: Wie Großes wächst Luftaufnahmen aus den letzten Jahren

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Produktion der Zukunft – heute Wie in San Luis Potosi neue Technologien eingesetzt werden

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Spinne im Netz – und wieder raus Für die Umwelt nimmt die BMW Group einige Umstände in Kauf

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Kulturaustausch auf vier Rädern Der in Mexiko produzierte BMW 3er ist auch ein Stück Kultur

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„Wir sind eine Wissensgesellschaft“ Der Präsident des mexikanischen Autoverbands AMIA im Interview

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Den Partner immer im Blick Eine der größten Herausforderungen eines neuen Werks: das Management der Zulieferer

168 Perspektivwechsel Zwei Fotografen und ihr Blick auf das Werk

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Die Kunst im Autobau Gemeinsam mit mexikanischen Hochschulen startete die BMW Group ein anspruchsvolles Kunstprogramm

170 „Dieses Werk beeindruckt schon durch seine schiere Größe“ Matthias Haslauer

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Wer wird der nächste Erfinder? CSR: Wie man junge Mexikaner für einen Technologiekonzern begeistert

202 „Das Werk wirkt auf mich majestätisch“ Bruno Sánchez

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Ein Erfolgsmodell wird exportiert Das Duale System in Mexiko

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Ein Land entdeckt sich selbst (wieder) Wirtschaftsjournalist Stephan Lina über die lokale Wahrnehmung der BMW Group

160 Ein Nachmittag im Land der Goldgräber Porträt: Edith Michel, Qualitätsmanagerin

Kapitel 4

Moving Images

222 Bildnachweis 224 Impressum


von Hermann Bohrer

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

Sie halten ein besonderes Buch in Ihren Händen. Sie fragen sich nun sicher: Was macht dieses Buch so besonders? Die Antwort ist recht einfach: sein Anlass. Das Buch ist dem erfolgreichen Bau des BMW Group Werks in San Luis Potosi, Mexiko, gewidmet. Auch für einen Automobilkonzern mit einem globalen Produktionsnetzwerk in zahlreichen Ländern ist die Eröffnung eines neuen Werks ein besonderes Ereignis. Ein guter Moment, um innezuhalten und zurückzuschauen – aber auch, um den Blick in die Zukunft zu richten. Ein solches Projekt beginnt lange, bevor der erste Spatenstich erfolgt. Ein Rückblick auf die Standortsuche: Mitte 2014 machte sich eine kleine Gruppe aus Managern der BMW Group auf nach San Luis Potosi. Im Kleinbus ging es für die Entscheider durch die mexikanische Hochwüste. Teilnehmer dieser Reise waren unter anderem Harald Krüger, der damalige Produktionsvorstand und heutige Vorstandsvorsitzende, sowie Oliver Zipse, der aktuelle Produktionsvorstand, der damals noch Konzernplanung und Produktstrategie verantwortete. Die kleine Delegation wollte sich selbst jenen Standort anschauen, der am Ende

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Editorial

von Hermann Bohrer

eines langen Vorauswahlprozesses stand. Die Reise endete auf der Dachterrasse eines geschichtsträchtigen Hotels im Herzen von San Luis Potosi. Vielleicht hat die Atmosphäre der malerischen Altstadt ihr Übriges dafür getan, dass es schließlich hieß: San Luis Potosi wird’s. Fünf Jahre liegen zwischen der Standortentscheidung und der offiziellen Werkseröffnung. In der Aufbauphase arbeiteten bis zu 4.400 Menschen auf der Baustelle. Sie alle waren mit Engagement und Weitsicht bei der Sache. Dieses Buch ist der gesamten internationalen Werksmannschaft gewidmet, ohne die wir heute nicht stolz verkünden könnten, dass wir gleich zum Produktionsstart eines der volumenstärksten Fahrzeuge der BMW Group für den Weltmarkt bauen: den BMW 3er. Für uns ist dies Ehre und Verpflichtung zugleich. Unser Anspruch ist klar: Wir werden die Erwartungen nicht nur erfüllen, sondern auch übertreffen – und das mit jedem einzelnen Fahrzeug. Das Buch zeigt einige der Menschen, die zum Erfolg des Werksaufbaus beigetragen haben. Sie stehen repräsentativ für die vielen Kolleginnen und Kollegen der Werksmannschaft, das interne BMW Group Netzwerk sowie zahlreiche externe Stakeholder. In Bildern, Geschichten und Interviews bildet es den Entstehungsprozess und die vielen Initiativen ab, die zum Erfolg eines solchen Großprojekts gehören. Die Freude und das Engagement, mit der unsere interkulturellen Teams an diesem Projekt arbeiten, sind beeindruckend. Das ist nicht selbstverständlich – genauso wenig wie die Offenheit und Gastfreundschaft, die wir in San Luis Potosi erfahren haben. Uns ist es wichtig, dass wir

auch etwas zurückgeben: als Arbeitgeber und Teil der Gesellschaft in San Luis Potosi und Mexiko. Und wir sehen schon jetzt, welch positiven Einfluss wir als Arbeitgeber auf die Entwicklung der Region haben. Dies gilt nicht nur in Sachen Bildung, Aus- und Weiterbildung sowie Arbeitsplätze, sondern auch ganz allgemein für die Weiterentwicklung der sozialen und technischen Infrastruktur. Liebe Leserinnen und Leser, ich wünsche mir, dass Sie bei der Lektüre selbst ein wenig spüren können, mit welcher Hingabe wir unterwegs waren, wie viel Spaß und Freude das Projekt mit all seinen Herausforderungen gemacht hat – und mit wie viel Stolz und Dankbarkeit uns der erfolgreiche Abschluss des Werksaufbaus erfüllt. Herzlichst, Ihr Hermann Bohrer San Luis Potosi, Frühjahr 2019

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Picture

Big

Kapitel 1


Intro

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Es braucht schon ein wenig visionären Geist, um aus dem Nichts in der mexikanischen Hochwüste eine Produktion von Weltklasse aufzubauen. Oder vielmehr, es braucht verschiedene visionäre Geister. Diese interviewen wir zu Beginn dieses Buchs: Harald Krüger, den Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens, Oliver Zipse, den Produktionsvorstand, Milagros Caiña Carreiro-Andree, die Personalvorständin, und Hermann Bohrer, den Chef vor Ort. Zusätzlich ordnet der renommierte Sozio loge Armin Nassehi das Projekt für uns globalgesellschaftlich ein. 12

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Big Picture

Harald Krüger

„Wir fahren weiter an der Spitze des Wettbewerbs“

Mit dem Werk in San Luis Potosi erweitert die BMW Group ihr globales Produktionsnetzwerk. In diesem Interview spricht Vorstandschef Harald Krüger über den weltweiten Wettbewerb, die Bedeutung von kultureller Offenheit, die Herausforderungen der Branche und die Zukunft der BMW Group. 14


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Harald Krüger

Herr Krüger, Sie waren in Ihrer damaligen Rolle als Produktionsvorstand sowohl bei der Standortsuche als auch bei der Verkündung des neuen Werks in Mexiko involviert. Wie kam es zu der Entscheidung?

Harald Krüger: Ich erinnere mich noch genau daran, wie wir im Hotel Palacio de San Agustín mit Blick von der Dachterrasse auf die schöne Altstadt von San Luis Potosi im Jahr 2014 die ersten Verträge unterschrieben haben. Und dann die Pressekonferenz mit Präsident Peña Nieto in Mexiko-Stadt, wo wir verkündet haben, welcher Standort es wird. Das waren sehr emotionale Momente.

„Unser Unternehmen steht für weltweiten Freihandel.“

Und Ihre mexikanischen Kunden haben sich gefreut …

Natürlich. Und nicht nur unsere Kunden. Die Mexikaner lieben unsere Fahrzeuge ebenso wie die Marke BMW. Die passioniertesten BMW Car Club Mitglieder kommen aus Mexiko. Was uns sehr freut. Die lateinamerikanische Region entwickelt sich sehr gut. Und um den ersten BMW 3er „Made in Mexico“ haben sich lange, bevor das Werk stand, zahlreiche mexikanische BMW Fans bemüht. Der ist natürlich auch längst verkauft (lacht).

Dennoch hat man den Eindruck, Unternehmen wären heute stärker als früher von politischen oder gesellschaftlichen Entwicklungen abhängig. Jede öffentliche Äußerung eines Politikers, jede politische Unruhe wirkt sich direkt auf die Umsetzung formulierter Strategien aus. Macht Ihnen die Globalisierung eigentlich noch Spaß?

Ein Grund mehr für die BMW Group, sich für den Produktionsstandort San Luis Potosi zu entscheiden?

Harald Krüger Vorstandsvorsitzender BMW AG Den Vorstandsvorsitz der BMW AG übernahm Harald Krüger auf der Hauptversammlung am 13. Mai 2015. Im Vorstand hatte er bereits für den Bereich Produktion (ab 2013) sowie für MINI, Motorrad, Rolls-Royce und Aftersales (ab 2012) verantwortlich gezeichnet. Zuvor leitete er das Ressort Personal- und Sozialwesen (ab 2008). Im Jahr 1992 begann Krüger bei der BMW Group als Trainee im Bereich Technische Planung/ Produktion.

und dann weitere Modelle für den Weltmarkt bauen. Bei uns gilt der Grundsatz: Die Produktion folgt dem Markt. Derzeit produzieren wir Fahrzeuge und Fahrzeugkomponenten in 30 Werken in 14 Ländern. Gerade erst haben wir ein neues Werk in Ungarn entschieden. Eine ausgewogene weltweite Absatzverteilung und ein flexibles globales Produktionsnetzwerk sind aus unserer Sicht die beste Strategie gegen Handelshemmnisse.

Der Standortwahl lag eine komplexe Entscheidungsmatrix zugrunde. Wir haben in Mexiko ein solides Einkaufs- und Lieferantennetzwerk und pflegen von hier aus seit vielen Jahren enge Beziehungen zu Zulieferern in Nord- und Zentralamerika. Darüber hinaus waren die qualifizierten Arbeitskräfte vor Ort sowie die gute technische und soziale Infrastruktur ausschlaggebend. Mexiko ist als Standort für die BMW Group auch durch die Vielzahl der Freihandelsabkommen attraktiv.

Mehr denn je. Unser Unternehmen steht für weltweiten Freihandel. Der freie Marktzugang ist ein entscheidender Faktor für Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung in der gesamten globalen Wirtschaft. Harald Krüger, CEO der BMW AG (damals noch Produktionsvorstand), und der damalige Präsident Mexikos, Enrique Peña Nieto, bei der Verkündigung des Werksstandorts. Ort des historischen Events im Jahr 2014 war die Präsidentenresidenz „Los Pinos“. Zweiter von links Helder Boavida (damals CEO von BMW Mexiko), vierter von links Gaston Streiger (zu dem Zeitpunkt CFO von BMW Mexiko).

Der freie Handel wird durch den Brexit und den Zollkonflikt bedroht. Müssen Sie umplanen?

Nein. Wir treffen Investitionsentscheidungen langfristig. Wir werden hier zuerst BMW 3er Limousinen

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Sehen Sie kulturelle Offenheit als einen Wettbewerbsvorteil?

Nicht nur das. Kulturelle Offenheit und Vielfalt sind eine Grundvoraussetzung, um auf der ganzen Welt erfolgreich zu sein. Das vertreten wir auch konsequent und beweisen es täglich, indem allein in Deutschland Menschen aus 120 Nationen Hand

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Big Picture

Harald Krüger Harald Krüger auf einem seiner ersten Besuche in San Luis Potosi (linkes Bild, links, auf der Plaza de Aranzazu in der Altstadt). Krüger war damals noch nicht Vorstandschef, sondern Produktionsvorstand – und in dieser Funktion für den Aufbau des neuen Werks verantwortlich. Vorne mit grünem Pullover: Dr. Bernhard Eich, Leiter Gesamtfahrzeug und Qualitätsmanagement BMW Group Werk San Luis Potosi.

in Hand erfolgreich zusammenarbeiten. Gerade in der Aufbauphase des Werks in Mexiko arbeiten hier viele unterschiedliche Nationalitäten und Kulturen zusammen, um das Know-how und die Erfahrungen aus unserem globalen Produktionsnetzwerk in das neue Werk einfließen zu lassen. Wir haben eine starke Unternehmenskultur und sind gleichzeitig in der Lage, von Entwicklungen überall auf der Welt kontinuierlich zu lernen. Müssen Unternehmenslenker in Zeiten von sozialen Netzwerken und digitalen Medien heute mehr Haltung zeigen als früher und sich auch politisch äußern?

Klar ist: Unternehmen müssen Verantwortung wahrnehmen. Hier ist natürlich wichtig, eine klare Haltung zu haben. Das heißt aber nicht, dass man sich zu jeder aktuellen politischen Entwicklung äußern muss. Wichtig ist, dass Mitarbeiter und Stakeholder wissen, für welche Werte das Unternehmen steht. Die ökonomischen Herausforderungen sind ja auch groß genug. Elektromobilität und Digitalisierung stellen für Ihre Branche eine Zeitenwende dar. Muss sich die Autoindustrie neu erfinden?

Zukunftsorientierung hat für uns absolute Priorität. Wir haben mehr als hundert Jahre Erfahrung im Umgang mit Transformation und Volatilität. Natürlich müssen wir bereit sein, überkommene Denkweisen stets von Neuem kritisch zu überprüfen. Zukunftsweisende Technologien wie Elektromobilität stehen bei uns im Fokus. Kein etablierter Wettbewerber hat so viele elektrifizierte Fahrzeuge auf der Straße wie wir. Und wir gehen unseren Weg konsequent weiter: Bis 2025 werden wir insgesamt 25 elektrifizierte Fahrzeuge in unserem Portfolio haben. Ich bin davon überzeugt: In der elektrischen Mobilitätsgesellschaft, auf die wir zusteuern, wird BMW zu den Gewinnern gehören. Ihre Branche sieht sich dabei auch mit neuen Akteuren und Wettbewerbern konfrontiert.

i-Visionen Ein Jahr nach der Vorstellung seiner Autovisionen „NEXT 100“ präsentierte die BMW Group auf der IAA 2017 den „BMW i Vision Dynamics“. Das viertürige Gran Coupé erreicht eine Reichweite von 600 Kilometern und eine Spitzengeschwindigkeit von über 200 km/h. Das Visionsfahrzeug wird Realität: Es wird in Zukunft als BMW i4 im Stammwerk in München gebaut.

Dynamik passieren: Zölle, Handelskonflikte, Digitalisierung, immer strengere CO2-Vorgaben und vieles mehr. Dabei hat jedes Thema für sich eine enorme Tragweite. Mit Gegenwind umzugehen und trotzdem Kurs zu halten, ist Teil der Erfolgsgeschichte der BMW Group.

Und das ist gut so. Momentan drängen viele Player auf den Mobilitätsmarkt. Wettbewerb belebt das Geschäft und zeigt, dass unsere Branche eine große Zukunft vor sich hat. Wir wollen den technologischen Wandel langfristig anführen, um den hohen Ansprüchen unserer Kunden gerecht zu werden. Dafür stellen wir strategische Weichen. Durch die Stärkung unserer Marken und Innovationen – allen voran autonomes Fahren und E-Mobilität – bleiben wir zukunftsfähig. Die Arbeit auf unserem Campus für autonomes Fahren bei München läuft auf vollen Touren. Als erster internationaler Automobilhersteller können wir autonomes Fahren in der Stadt Shanghai testen. Wir bündeln unsere Technologiekompetenz zur Entwicklung und Produktion der Batteriezelle in einem Kompetenzzentrum in München. Und unser Technologieträger „iNEXT“ verbindet autonomes Fahren, Vernetzung, Elektrifizierung und Services zu einem innovativen Gesamtkonzept.

Welche Prioritäten setzen Sie in den kommenden Jahren, und wie sieht das Fahrzeug der Zukunft aus?

Mit der Strategie NUMBER ONE > NEXT haben wir die Weichen für unseren zukünftigen Erfolg gestellt. Wesentliche Schwerpunkte sind dabei die strategische Erweiterung unseres globalen Produktionsnetzwerks, die konsequente Elektrifizierung aller Marken und Baureihen, die Entwicklung des autonomen Fahrens sowie der Ausbau der Mobilitätsdienstleistungen. Unser BMW iNEXT – der 2021 auf die Straße kommt – zeigt, wie wir zukunftsweisendes Design mit autonomem Fahren, Connectivity, Elektromobilität und Services in einem Fahrzeug realisieren. Bei diesem Fahrzeug wachsen technische Innovationen mit futuristischem Exterieur- und Interieur-Design zusammen. All dies zeigt: Wir werden unsere Kunden auch in Zukunft mit innovativen und emotionalen Fahrzeugen begeistern und weiter an der Spitze des Wettbewerbs fahren.

Sie meinen, in den letzten Jahren hätten sich die Rahmenbedingungen für die Automobilindustrie deutlich verschärft.

Richtig. Die Welt wird immer schneller und volatiler. Neu ist, dass viele Ereignisse gleichzeitig mit hoher

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FUN FACT 1

Mit einer Fläche von 300 Hektar (ca. 1,5 × 2 km) könnte das Werksgelände rund 420 Fußballfelder beherbergen.

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Oliver Zipse

„Meilenstein für die Produktion der Zukunft“

Das neue Werk in Mexiko ist ein wichtiger Baustein im globalen Produktionsnetzwerk der BMW Group. In diesem Interview erläutert Produktionsvorstand Oliver Zipse die Strategie hinter dem Netzwerk – und warum er vor der Herausforderung der Modelloffensive der nächsten Jahre keine Angst, aber Respekt hat. 20


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Oliver Zipse

„Technologie darf nie zum Selbstzweck werden. Sie muss dem Menschen dienen. Wir betreiben keine digitalen Spielereien, sondern stellen die Wirksamkeit in den Mittelpunkt.“

Herr Zipse, in einem Interview haben Sie erklärt, das Buch „Homo Deus“ des Historikers Yuval Noah Harari gelesen zu haben. Dieser beschreibt darin, wie der Mensch in einem Akt wachsender Selbstermächtigung zum „Homo Deus“ avanciert. Die heutige Fokussierung auf Daten bedroht für den Autor humanistische Werte wie Individualismus oder den freien Willen. Ein technologiekritisches Buch also – überraschende Lektüre für einen Entscheider in einem so technologiegetriebenen Unternehmen wie BMW …

Oliver Zipse: Das mag sein. Aber das Buch hat mich beeindruckt. Yuval Noah Harari beleuchtet die Entwicklung des Menschen im Kontext der zunehmenden Technologisierung unserer Welt. Das ist auch für uns als Konzern ein ganz wichtiges Thema. Hat der Autor denn recht mit seiner Technologieskepsis?

Sagen wir mal so: Technologie darf nie zum Selbstzweck werden. Sie muss dem Menschen dienen. So jedenfalls betrachten wir sie bei BMW. Wir betreiben keine digitalen Spielereien, sondern stellen die Wirksamkeit in den Mittelpunkt. Nur so bekommen wir ein perfektes Endprodukt. Nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch sinnvoll. Das heißt, Ihre Autos werden nicht zu rollenden Computern? Oliver Zipse Produktionsvorstand BMW AG Oliver Zipse ist seit 2015 im Vorstand der BMW AG für das Ressort Produktion verantwortlich. Von 2009 bis 2012 war er Leiter der Technischen Planung, bevor er von 2012 bis Mai 2015 die Bereiche Konzernplanung und Produktstrategie leitete. Zipse studierte von 1983 bis 1985 an der University of Utah in Salt Lake City Informatik und Mathematik. 1985 setzte er sein Studium in Deutschland an der Technischen Universität Darmstadt im Studienfach Allgemeiner Maschinenbau fort und schloss dieses Studium 1991 als Diplom-Ingenieur ab. Oliver Zipse verbrachte sein gesamtes bisheriges Berufsleben bei der BMW Group.

In gewisser Hinsicht sind sie das ja schon. Aber wir sind und bleiben ein Anbieter von Mobilitätslösungen. Und zwar von solchen, die auch emotional und ästhetisch sind und ein hohes Maß an Fahrdynamik mit einem überragenden Fahrerlebnis verbinden. Außerdem bieten wir unseren Kunden maximale Wahlfreiheit. Mit dem Anspruch der Wahlfreiheit sprechen Sie auch eine wichtige Herausforderung für die Produktion an. Diese soll immer flexibler werden. Ein Thema, das auch das neue Werk in San Luis Potosi betrifft.

Richtig. Und in San Luis Potosi setzen wir im Bereich der kundenbezogenen Flexibilität neue Maßstäbe.

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Unsere Kunden können quasi bis kurz vor der Endmontage zum Beispiel die Konfigurierung oder Farbe ihres Fahrzeugs verändern. Entscheidet sich der Wettbewerb künftig im Bereich der flexiblen Produktion?

Auch. Für uns ist Flexibilität in der Produktion ein, wenn nicht sogar der entscheidende Faktor. Das betrifft die Wahlmöglichkeiten des Kunden, aber natürlich auch die Frage, welches Produkt überhaupt wo produziert wird. Gerade weil niemand sagen kann, wie sich zum Beispiel die Nachfrage nach alternativen Antriebsformen in den nächsten Jahren genau entwickelt, muss unser Produktionssystem adaptiv auf sich ändernde Kundenwünsche vorbereitet sein. Sie waren mehrfach persönlich hier in Mexiko vor Ort. Wie haben Sie den Werksaufbau wahrgenommen?

Als eine phänomenale Teamarbeit. Mich haben von Beginn an die hoch motivierten Mitarbeiter beeindruckt und die Art, wie deutsche und mexikanische Kultur auf produktive Weise miteinander verschmelzen. Der Zeitplan war ja überaus ambitioniert. Und doch hatte ich nie den Eindruck, dass hier irgendetwas aus dem Ruder läuft.

Oliver Zipse

„Mit San Luis Potosi realisieren wir einen weiteren Meilenstein für eine effiziente und flexible Produktion der Zukunft.“

dass wir in den meisten Märkten nicht unter Freihandelsbedingungen arbeiten. Das Prinzip des freien Handels gibt es eigentlich nur innerhalb Europas und zwischen Ländern mit Freihandelsabkommen. Darauf haben wir uns mit einer marktnahen Produktion eingestellt, zum Beispiel in den USA. Wie geht es denn weiter in Mexiko?

Bezüglich Mexiko sind wir gut beraten abzuwarten, was die Verhandlungen über die Zukunft des nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA ergeben. Wir produzieren hier die 3er-Limousine, die wir auch in München herstellen, für den Weltmarkt. Falls es zu dramatischen Änderungen im Freihandel mit den USA kommen sollte, könnten wir aus San Luis Potosi Fahrzeuge in andere der 45 Länder exportieren, mit denen Mexiko Freihandelsabkommen hat. Den 3er könnten wir auch aus München in die USA liefern. Für Extremsituationen wie diese haben wir unser Produktionsnetzwerk ja so flexibel ausgerichtet. Wir können immer die richtige Antwort auf neue Situationen liefern.

Und wie gut ist das Werk, so wie es jetzt dasteht?

Mit der Inbetriebnahme 2019 ist das Werk das effizienteste und nachhaltigste in unserem internationalen Produktionsnetzwerk. San Luis Potosi ist zum Beispiel die erste Fabrik, die durch den Einsatz der Digitalisierung eine papierlose Montage hat. Das mexikanische Werk ist ja in einer globalpolitisch herausfordernden Zeit entstanden. Sie produzieren in San Luis Potosi den „3er“, also das wichtigste Volumenmodell im Konzern. Haben Sie zwischendurch mal daran gedacht, San Luis Potosi doch nicht fertig zu bauen?

Überhaupt nicht. Unser Grundprinzip ist: Die Produktion folgt dem Markt. Auch heute ist es schon so,

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Sie sprechen es an – das mexikanische Werk ist ein weiteres Element in einem sehr komplexen Produktionsnetzwerk.

Richtig. Mit San Luis Potosi realisieren wir einen weiteren Meilenstein für eine effiziente und flexible Produktion der Zukunft. Parallel zu Mexiko erweitern wir ja auch unsere Fertigungsstrukturen an den Standorten Shenyang und Spartanburg, aber auch in den deutschen Werken wie zum Beispiel in Leipzig. Und an Standorten, an denen wir die Kapazität nicht erweitern, flexibilisieren wir die Produktionsstrukturen für die künftigen Herausforderungen, wie im Werk München. Und wann kommt die weltweite E-Revolution?

Schon jetzt produzieren wir an zehn Standorten elektrifizierte Modelle. Die maßgeblichen Komponenten für den E-Antrieb kommen aus den Werken in Dingolfing und Landshut. Darüber hinaus haben wir im Zuge unserer Elektrifizierungsstrategie entschieden, den BMW iNEXT in Dingolfing und den voll elektrischen MINI in Oxford zu fertigen. Sie sehen: Wir machen – andere reden.

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Oliver Zipse

„Wir sind ein global agierender Konzern und wollen bei unseren Mitarbeitern kulturelle Sensibilität ausprägen sowie die Fähigkeit, über den eigenen Tellerrand hinweg zu denken.“

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Sie erwähnten es schon: Nicht zuletzt durch die Elektrifizierung Ihres Produktportfolios planen Sie in den kommenden Jahren ein regelrechtes Feuerwerk an neuen Modellen. Haben Sie manchmal Angst vor dieser Herausforderung?

Angst nicht, Respekt schon. Die Bewältigung der hohen Anlaufdichte in den nächsten Jahren ist bei uns im Unternehmen vor allem eine Gemeinschaftsleistung der Ressorts Entwicklung, Einkauf und Produktion. Entscheidend ist dabei die gesamthafte Systemintegration in den Produktionsprozessen. Nur dann kommt das Auto auch verlässlich beim Kunden an. Diese Kompetenz ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil der BMW Group und verschafft uns einen Vorsprung gegenüber Wettbewerbern, die neu in unsere Industrie eintreten. Da macht uns so schnell keiner etwas vor. Herr Zipse, gerade in der Aufbauphase kommt ein Projekt wie jenes in Mexiko nicht ohne Support aus Deutschland aus. Für die Expats ist der oft mehrjährige Aufenthalt eine prägende Erfahrung. Sehen Sie darin nur ein notwendiges Übel oder auch einen Schritt zum persönlichen Wachstum?

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Über 300 LkwLieferungen werden Tag für Tag auf dem Werksgelände erwartet; bei Fahrzeugen, die das Werk verlassen, liegt das Verhältnis von Schiene zu Straße bei rund 80 zu 20.

Definitiv Letzteres. Wir sind ein global agierender Konzern und wollen bei unseren Mitarbeitern kulturelle Sensibilität ausprägen sowie die Fähigkeit, über den eigenen Tellerrand hinweg zu denken. Während meiner 28-jährigen Karriere bei der BMW Group habe ich selbst verschiedene Führungspositionen im Ausland durchlaufen. Ich habe in Südafrika, Japan, den USA und England gelebt. Die unterschiedlichen Kulturkreise haben mich persönlich und als Führungskraft sehr geprägt. Es ist eine tolle Lebensbereicherung, für die ich sehr dankbar bin und die ich allen Mitarbeitern, gerade auch mit jungen Familien, nur ans Herz legen kann.

Mal grundlegend gefragt: Inwiefern verändern der weitere Ausbau der Elektrifizierung der Modelle und die Modelloffensive, die größte der Unternehmensgeschichte, die Produktion?

Neben der Integration der Elektrifizierung in das Produktionssystem werden wir in Zukunft die Werke entsprechend der Front- oder Heckantriebsarchitektur unserer Fahrzeuge ausrichten. Entscheidend ist, dass wir ein ganzheitliches Produktionssystem haben, um weiter zu wachsen. Das wiederum ist notwendig, um unsere Marktanteile zu halten und sogar noch weiter auszubauen. Wichtig sind die Steigerung der Flexibilität und Agilität, eine hohe Reaktionsfähigkeit, der Einsatz der bestmöglichen Technologien – Stichwort Digitalisierung – sowie effiziente und robuste Prozesse.

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Milagros Caiña Carreiro-Andree

„In Mexiko herrscht Aufbruchstimmung“

Der Erfolg des Projekts „Werk San Luis Potosi“ steht und fällt nicht zuletzt mit den Mitarbeitern. Niemand weiß das besser als Milagros Caiña CarreiroAndree, im Vorstand der BMW AG für das Personalund Sozialwesen verantwortlich. In diesem Interview erläutert sie, weshalb die BMW Group im Kampf um die besten Köpfe auch in Mexiko die Nase vorn hat. 28


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Milagros Caiña Carreiro-Andree

„Es herrscht im Land eine Aufbruchstimmung und eine ausgesprochen hohe Motivation. Gerade die jungen, gut ausgebildeten Mexikanerinnen und Mexikaner wollen etwas erreichen und zeigen großen Einsatz.“

Frau Caiña Carreiro-Andree, mit dem neuen Werk Mexiko stärkt die BMW Group massiv ihre Präsenz in der spanischsprachigen Welt. Ist das für Sie als gebürtige Spanierin besonders wichtig?

Caiña Carreiro-Andree: Natürlich freue ich mich, wenn wir auch in Regionen wie Lateinamerika umfassend aktiv sind. Und wenn ich in Mexiko bin, nutze ich selbstverständlich die Chance, direkt mit unseren Mitarbeitern zu sprechen. Doch noch wichtiger ist: Das Land Mexiko hat sich das BMW Group Investment wirklich erarbeitet, der Standort ist global sehr wettbewerbsfähig. Woran machen Sie diese Wettbewerbsfähigkeit fest?

Viele Menschen in Mexiko sind sehr gut ausgebildet. Das Land glaubt an den Wert der Bildung und fördert seine Hochschulen über nationale wie internationale Programme. Allerdings hängt der Zugang zu hochwertiger Bildung in Mexiko noch oft mit dem sozioökonomischen Status der Familie zusammen. Als Außenstehendem erscheint einem Mexiko heute als ein Land im Umbruch. Zeigt sich das auch auf Arbeitnehmerseite?

Es herrscht im Land eine Aufbruchstimmung und eine ausgesprochen hohe Motivation. Gerade die jungen, gut ausgebildeten Mexikanerinnen und Mexikaner wollen etwas erreichen und zeigen großen Einsatz.

Milagros Caiña Carreiro-Andree Personalvorständin BMW AG Milagros Caiña Carreiro-Andree ist seit Juli 2012 Mitglied des Vorstands der BMW AG und für das Ressort Personal- und Sozialwesen verantwortlich. Zuvor leitete sie die HR des Ressorts Transport und Logistik der DB Mobility und war Personalvorständin der Schenker AG. Von 2006 bis 2011 fungierte die gebürtige Spanierin als Leiterin Konzernführungskräfte, Führungskräfteentwicklung und -betreuung bei der Deutsche Bahn AG/DB Mobility Logistics AG in Berlin.

Richtig. Das Duale System, wie wir es in Deutschland praktizieren, ist seit vielen Jahrzehnten die Basis für hervorragend ausgebildete Mitarbeiter. Das funktioniert auch in Mexiko. Wir haben für das neue Werk den Anspruch, dass es zu den besten Werken in unserem Produktionsnetzwerk gehört. Diesen Anspruch haben wir auch für die Berufsausbildung. Bereits drei Jahre vor der Werkseröffnung haben wir mit der Ausbildung der ersten Azubis begonnen und hier das derzeit modernste Trainingszentrum in unserem weltweiten Produktionsnetz errichtet. Welche Herausforderungen stellen sich für die Ausbildung in Mexiko?

Zunächst einmal stellt sich natürlich die ganz praktische Herausforderung, dass es das Duale System so bisher noch nicht gab. Und damit existierten auch keine eigentlichen Berufsschulen. Deshalb haben wir unsere Bildungspartner selbst gesucht. Wir kooperieren dazu eng mit den technischen Hochschulen. Gemeinsam mit ihnen haben wir die Ausbildungsprogramme erarbeitet und können so erreichen, dass die Mitarbeiter Qualifikationen erlangen, die dem neuesten Stand der Technologien entsprechen. Das ist für beide Seiten ein großer Gewinn. Sie haben die Personalverantwortung für weltweit über 130.000 Mitarbeiter. Das klingt nach einer Mammutaufgabe. Wie kann man sich das Human Resources Management für so einen großen Konzern vorstellen? Wie bringen Sie Kultur, Organisation, Strategie und Prozesse in Übereinstimmung?

Am Standort San Luis Potosi ist die BMW Group nicht der einzige Autokonzern. Stehen Sie in direktem Wettbewerb um die besten Köpfe?

Ja, das ist durchaus komplex. Aber vergessen Sie nicht: Aus HR-Sicht bringen die Mitarbeiter eine sehr begrüßenswerte Gemeinsamkeit mit – ein ausgeprägtes „Wir-Gefühl“ nämlich, eine Begeisterung für die emotionalen Produkte und die Marken des Unternehmens. Die Kraft, die dieses Wir-Gefühl entwickelt, spüren wir gerade auch ganz massiv in Mexiko. Die Marke BMW schafft dort einen starken Zusammenhalt.

Natürlich tun wir das. Aber ich denke, da liegen wir gut im Rennen. Wir bieten den Menschen ja auch einiges. Zum Beispiel umfangreiche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten oder die Chance, sich in unserem Netzwerk auch international weiterzuentwickeln. Stichwort Aus- und Weiterbildung: Sie implementieren ja auch in Mexiko das Duale System, das in Deutschland gut funktioniert.

Und wie managt man so eine „globale Großfamilie“?

Zum Beispiel indem man sicherstellt, dass wir welt-

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Milagros Caiña Carreiro-Andree

weit einheitliche und sehr gut funktionierende Prozesse mit überall gleich hohen Standards haben. Das Gefühl, Teil eines innovativen und erfolgreichen Unternehmens zu sein, sorgt bei unseren Mitarbeitern weltweit für viel Identifikation, gerade auch an neuen Standorten wie San Luis Potosi. Wenn Sie einmal zurückblicken – was war am Start der Produktion in Mexiko für Sie die größte Herausforderung?

Natürlich ist es nicht trivial, klar definierte Prozesse und Standards, die man an den bisherigen Standorten etabliert hat, an einem neuen Standort anzuwenden. Hier ist viel persönlicher Einsatz von Mitarbeitern und vom Management gefordert. Am Anfang war am heutigen Werksstandort ja nur eine kahle Steppe. Jetzt fertigen dort tausende bestens qualifizierte Mitarbeiter unsere Fahrzeuge – in der gleichen hohen Qualität wie zum Beispiel in München. Was dazwischen ablief, war sicher ein gigantischer Kraftakt, nicht nur für die Produktionskollegen und meine Mitarbeiter in der Bauabteilung, sondern auch für die Human Resources. In kürzester Zeit haben wir Strukturen aufgebaut, in großen Mengen die richtigen Mitarbeiter gefunden, sie ausgebildet und qualifiziert. Denn zum Produktionsstart musste jeder Handgriff sitzen.

Und das war so?

Ja – weil wir sehr genau wissen, wie der ideale Produktionsprozess am Ende aussehen soll. Hier arbeiten wir viel mit Blueprints, also mit standardisierten Mustern für Prozesse und Organisationseinheiten, die zeigen, wie unsere Werke rund um die Welt arbeiten. Außerdem schicken wir Mitarbeiter in die Werke unseres weltweiten Produktionsnetzwerks, wo sie die Prozesse und Abläufe lernen. Lässt sich wirklich alles aus, sagen wir, München auf San Luis übertragen?

Natürlich kann man so einen Blueprint nicht einfach eins zu eins jedem Werksaufbau in einem beliebigen Land überstülpen. Hätten wir zum Beispiel in Mexiko gesagt: Alle Bewerbungen nur online, so wie wir das in Deutschland machen, dann hätten wir zum geplanten Produktionsstart wohl eher menschenleere Hallen gesehen. Man muss die landesspezifischen Eigenheiten kennen und die Prozesse entsprechend anpassen. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass unsere Mitarbeiter – vor allem im Personalwesen – über viel interkulturelles Know-how verfügen. Dieses brauchen Sie sicher auch, weil national wie international manche Spitzenkräfte immer rarer werden.

Milagros Caiña Carreiro-Andree mit mexikanischen Auszubildenden im Rahmen der Feierlichkeiten zur Eröffnung des temporären Trainingscenters am 10. September 2015. V. l. n. r.: Carlos Alfredo Shiguetomi, Rektor der Universidad Tecnológica San Luis Potosi, Milagros Caiña Carreiro-Andree, Fernando Toranzo Fernández, Gouverneur von San Luis Potosi (2009–2015), Hermann Bohrer (Werkleiter BMW Group San Luis Potosi), Lourdes Quijas (Leiterin HR BMW Group San Luis Potosi)

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„In dem neuen Werk produzieren unsere Mitarbeiter mit den neuesten Technologien Qualitätsprodukte für die Mobilität von morgen. Dafür qualifizieren wir sie und tragen damit auch zur Entwicklung des Landes insgesamt bei.“

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Absolut, der Wettbewerb um die besten Köpfe ist gerade bei bestimmten Spezialqualifikationen hoch. In Mexiko wie weltweit suchen wir beispielsweise auch IT-Spezialisten und Programmierer. Unser Standort umfasst ja auch ein Innovation Lab im Werk, wo Themen wie Smart Maintenance entwickelt werden. Dem klassischen Bild eines „Werks“ als bloßer Produktionsstätte entspricht das nicht mehr.

Nein. Denn die Digitalisierung verändert nicht nur unsere Produkte und Dienstleistungen, sie verändert auch die Prozesse, mit denen wir sie entwickeln, erproben und fertigen. Das hat natürlich Auswirkungen auf Arbeitsplätze, Arbeitsinhalte und auf die Kompetenzen, die wir im Unternehmen brauchen. Die offensichtlichste Konsequenz daraus ist der steigende Bedarf an IT-Spezialisten und Softwareentwicklern. Und damit meine ich nicht nur klassische Standard-IT, sondern auch Themenfelder wie Künstliche Intelligenz, Machine Learning oder „Big Data“. Hier konkurrieren Sie vermutlich nicht allein mit den bekannten Wettbewerbern um die besten Talente, sondern vielmehr mit der gesamten Tech-Branche.

So ist es. Deshalb gewinnt hier der Aspekt der Arbeitgeberattraktivität eine ganz neue Bedeutung für uns. Wir sind seit Jahrzehnten einer der beliebtesten Arbeitgeber bei Ingenieuren und Betriebswirten. Wir wollen es auch bei den Informatikern werden, und hier sind wir auf einem guten Weg. Eine Tatsache, die uns dabei zugutekommt: Gerade die jüngeren Generationen suchen heute nach einer sinnstiftenden Tätigkeit und streben nach Innovationen. Und ich bin der Überzeugung, dass wir und die Mobilitätsbranche insgesamt im Moment die spannendsten Herausforderungen und Aufgaben bieten – nicht nur für IT-Spezialisten. Und das auch in San Luis Potosi?

Gerade hier. In dem neuen Werk produzieren unsere Mitarbeiter mit den neuesten Technologien Qualitätsprodukte für die Mobilität von morgen. Dafür qualifizieren wir sie und tragen damit auch zur Entwicklung des Landes insgesamt bei.

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