Chemie 2011
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Deckert Management Report
Erfolgreiche Chemieunternehmen 10 Jahre Kompetenz in Chemie
Editorial ___________________________________________________________________________ 3 Dr. Carsten Deckert · Prof. Dr. Klaus Deckert · Stephanie Saul · Dr. Karl-Heinz Heinrich Strategische Marktentwicklung _______________________________________________________ 4 Wertsteigerung durch Wachstum Andreas Bonhoff und Stefan Steinberg Serviceorientiertes Geschäftsmodell __________________________________________________ 7 Wertsteigerung durch Chemikalienleasing Dr. Reinhard Joas und Dr. Karl-Heinz Heinrich Reduzierung der Energiekosten _______________________________________________________ 10 Wertsteigerung durch Energiemanagement Dr. Dieter Hesterwerth und Dr. Karl-Heinz Heinrich Optimierung der Instandhaltung ______________________________________________________ 13 Wertsteigerung durch Reengineering Dr. Volker Damrath und Dr. Karl-Heinz Heinrich MBO sichert Arbeitsplätze ___________________________________________________________ 16 Wertsteigerung durch (Re)vitalisierung Dr. Peter Schmitt-Freise und Dr. Volker Wittberg Claude Monet ______________________________________________________________________ 19
Impressum Deckert Management Report · Ausgabe Chemie 2011 Herausgeber:
Deckert Management Consultants GmbH Steinstraße 16–18, 40212 Düsseldorf, Germany Telefon: +49 (0)211-87 63 82-0, Telefax: +49 (0)211-87 63 82-22 E-Mail: info@deckert-mc.com
Redaktion, Layout und Illustrationen:
Judy Schmedes
Titelblatt:
„Camille im japanischen Kleide“, Claude Monet, 1876
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung der Redaktion verbreitet werden. Bilddaten von Claude Monet wurden Zeno.Org Meine Bibliothek 40.000 Meisterwerke entnommen.
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Deckert Management Report Chemie 2011
Editorial Liebe Leserin, lieber Leser,
Chemie
die chemische Industrie ist mit ihren innovativen Produkten ein wichtiger Impulsgeber auch für andere Wirtschaftszweige. So sind z.B. die Elektromobilität, Fortschritte in der Behandlung von Erkrankungen, die Sicherung der Ernährung oder eine effiziente Energieversorgung nicht ohne die Chemie möglich. Die Unternehmen sehen sich neben diesen positiven Erfolgsfaktoren aber auch der Dynamik der Märkte in der globalisierten Wirtschaft mit veränder ten Waren- und Finanzströmen gegenüber. Hinzu kommt der Wettbewerb um knapper werdende Rohstoffe und Energieträger. Moderne Unternehmen stellen sich diesen Herausforderungen frühzeitig. In diesem Sonderdruck zum zehnjährigen Jubiläum von Deckert Management Consultants GmbH zeigen Ihnen Manager und Berater, wie sie durch strategische Marktentwicklung, ein serviceorientiertes Geschäftsmodell, Reduzierung der Energiekosten, Optimierung der Instandhaltung und ein MBO die Grundlagen für eine erfolgreiche Zukunft geschaffen haben. Gleichzeitig hoffen wir, Sie mit den Werken von Claude Monet zusätzlich inspirieren zu können. Wir von Deckert Management Consultants wünschen Ihnen wieder eine anregende Lektüre und freuen uns auf den Dialog mit Ihnen. Ihre
Dr. Carsten Deckert · Prof. Dr. Klaus Deckert · Stephanie Saul · Dr. Karl-Heinz Heinrich
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Wachstum
Strategische Marktentwicklung Wertsteigerung durch Wachstum
Andreas Bonhoff und Stefan Steinberg Die Stockhausen GmbH in Krefeld, eine Tochtergesellschaft der Degussa AG, erzielte 2003 mit rund 1.050 Mitarbeitern einen Umsatz von 664 Mio. €. Stockhausen fertigt eine große Palette von Produkten für die Hygieneindustrie (Superabsorber), Landwirtschaft, Verpackungs- und Kabelindustrie, Wasser-, Abwasser- und Schlammbehandlung, Papier-, Mining-, Erdöl-, Zucker- und chemisch-technische Industrie, Hautreinigung, Hautpflege und den Hautschutz. Die Produkte helfen den Menschen im täglichen Leben und gelangen zum Teil in die Umwelt. Daher ist eine besondere Produktverantwortung und die effiziente Sicherstellung der Nachhaltigkeit der Produkte und Anwendungen erforderlich (Product Stewardship, Responsible Care). Das Laboratorium für Toxikologie und Ökologie (LTÖ) der Stockhausen GmbH unterstützt die produzierenden Geschäftsbereiche, diese Anforderungen zu Product Stewardship und Nachhaltigkeit zu erfüllen. Die Nachfrage nach den Leistungen des LTÖs schwankt stark und ist in einigen Bereichen rückläufig. Um eine Sicherung des LTÖs zu gewährleisten, soll eine Vorwärtsstrategie zur weiteren Markterschließung des LTÖs erarbeitet und umgesetzt werden. Ausgangssituation Das Laboratorium für Toxikologie und Ökologie (LTÖ), das zum Servicebereich der Degussa AG in Krefeld gehört, bietet toxikologische und ökotoxikologische GLP-Prüfungen (GLP = Gute Laborpraxis gemäß Chemikaliengesetz), Product Stewardship, 4
Entwicklungsarbeiten und mikrobiologische Qualitätsprüfungen an. Hauptkunde dieser Dienstleistungen sind die Geschäftsbereiche der Stockhausen GmbH am Standort Krefeld. Das LTÖ führt aber auch Dienstleistungen für weitere Standorte und Gesellschaften des Degussa Konzerns durch. Auch konnten bereits einige konzernexterne Kunden über persönliche Kontakte gewonnen werden Die Nachfrage nach den einzelnen toxikologischen und ökotoxikologischen Prüfungen des LTÖs unterliegt aufgrund der wechselnden Anforderungen der Märkte und des Gesetzgebers an die LTÖ-Kunden starken Schwankungen und ist in Summe rückläufig, so dass es in einzelnen Bereichen zu deutlichen Unterauslastungen gekommen ist. Die Situation des LTÖs steht auf dem Prüfstand. Um die Auslastung des LTÖs zu stabilisieren, sind verstärkt zusätzliche Kunden aus dem Degussa Konzern und externe Kunden zu akquirieren und dauerhaft an das LTÖ zu binden. Das LTÖ ist mit seinem Leistungsspektrum einzigartig im Konzern. Keine andere Prüfeinrichtung der Degussa ist in der Lage, die vom LTÖ angebotenen GLP-Prüfungen durchzuführen. Das LTÖ kann somit als toxikologisches und ökotoxikologisches Kompetenzzentrum der Degussa AG bezeichnet werden. Um als ganzheitlicher Anbieter auftreten zu können, fehlt dem LTÖ allerdings die prüfungsbegleitende Analytik. Diese wird eigenständig von einem weiteren Degussa-Tochterunternehmen, der AQura GmbH, angeboten. Eine stärkere Zusammenarbeit zwischen dem LTÖ und AQura bietet positive
Frühjahr 2005 Auslastungspotenziale für beide. Das LTÖ ist mit seinen gut ausgebildeten, erfahrenen Mitarbeitern und seiner hervorragenden Laboreinrichtung in der Lage, höchste Qualitätsanforderungen der Kunden zu erfüllen. Diese Qualitätsorientierung wird durch das GLP-Zertifikat, das das LTÖ seit über 20 Jahren besitzt, dokumentiert. Der Anfrage-/Auftragsbearbeitungsprozess verläuft im LTÖ effizient und stabil. Aufgrund der aktuellen Marktlage ist allerdings der Teilprozess “Pre-Sales”, der bisher nicht sehr ausgeprägt ist, zu optimieren, um den Auftragseingang zu erhöhen. Deutliche Entlastung erfährt das LTÖ dadurch, dass die Faktura der Leistungen von der Degussa Buchhaltung eigenständig übernommen wird, so dass hier keinerlei bürokratischer Aufwand für das LTÖ entsteht. Handlungsbedarf besteht auf Seiten der IT-Systeme sowohl hinsichtlich der Nachverfolgbarkeit der Abrechnung im SAP-System als auch hinsichtlich einer stärkeren ITUnterstützung des Berichtswesens des LTÖs. Die Kosten des LTÖs sind fast vollständig Fix-Kosten. Zur Senkung der Kosten wurde im vergangenen Jahr Personal reduziert. Marktstellung Das LTÖ verfügt über weitere zusätzliche Marktpotenziale sowohl bei externen Kunden als auch im Degussa Konzern. Marktanalysen zeigen, dass die LTÖ-Zielbranchen Medizinprodukte und chemische Produkte ein hohes Marktvolumen für experimentelle Prüfungen aufweisen. Innerhalb des Degussa-Konzerns liegen die größten Potenziale in der Division
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Wachstum
Fine & Industrial Chemicals. Neben den experimentellen Untersuchungen müssen auch verstärkt Entwicklungsprojekte im Degussa Konzern vom LTÖ akquiriert werden. Die zukünftigen Aussichten der vom LTÖ angebotenen GLP-Prüfungen sind als gut zu erachten. Hauptgrund hierfür ist die geplante Neuregelung der EU-Chemikalienpolitik, deren zentraler Bestandteil das REACH-System ist, welches die Registration, Evaluation, Authorisation und Restriction von Chemikalien erfasst. Die Schätzungen der Europäischen Union über das durch REACH entfachte zusätzliche Testaufkommen zeigen große Potenziale für die vom LTÖ angebotenen Prüfungen. Zusätzlich zu REACH verspricht die Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Kosmetikverordnung, die Ersatz- und Ergänzungsmethoden für Tierversuche forciert, steigende Nachfrage nach den vom LTÖ entwickelten in-vitro-Tests. Das LTÖ ist im Vergleich zu anderen GLP-Prüfeinrichtungen sowohl hinsichtlich Umsatz als auch hinsichtlich Mitarbeiterzahl als relativ kleine Prüfeinrichtung einzustufen. Unabhängige international tätige Wettbewerber sind um ein Vielfaches größer. Trotzdem ist das LTÖ bisher in der Lage gewesen, seine qualitativ sehr hochwertigen und umfangreichen Leistungen den internen und externen Kunden zu wettbewerbsfähigen
„Das Seinebecken bei Argenteuil“, 1874
Preisen anzubieten. Die Wettbewerbsbetrachtung macht aber deutlich, dass das LTÖ auf keinen Fall weiter schrumpfen darf, um mit den anfallenden Overhead-Kosten und Konzernumlagen im Markt weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Demgegenüber ist das LTÖ mit seiner Qualitätsorientierung gut positioniert. Die Qualität der Dienstleistungen ist für alle Kunden ein bedeutendes Entscheidungskriterium. Daneben erwarten die Kunden eine umfangreiche persönliche Beratung. Dies ist bei der Optimierung des PreSales-Prozesses im LTÖ zu berücksichtigen.
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Fazit der Analyse Die Analyse kann wie folgt zusammengefasst werden: Der Markt für toxikologische und ökotoxikologische Prüfungen wird attraktiver und wächst. Ersatzmethoden für Tier versuche erlangen weitere Bedeutung. Das LTÖ hat sich als kompetenter, innovativer und wirtschaftlicher Dienstleister profiliert. Durch eine fokussierte Marktdurchdringung kann das LTÖ die sich bietenden Marktchancen nutzen. Es empfiehlt sich, eine wachstumsorientierte Vorwärtsstrategie zu verfolgen. Die Alternative, die Leistungen des LTÖs zu reduzieren und zukünftig von externen GLP Prüfeinrichtungen einzukaufen, ist für Degussa zu verwerfen.
Strategie zur weiteren Markterschließung
Toxikologie
Ökotoxikologie
Gesamt
2002
Toxikologie
Ökotoxikologie
Gesamt
Toxikologie
2003
Gesamt
HR 2004 Externe Kunden Degussa-Konzern
Entwicklung des Prüfungswerts
Ökotoxikologie
LTÖ Eigenprüfungen Standort Kunden
Auf Basis der Ergebnisse der Analyse hat das LTÖ seine Markterschließungsstrategie, eine wachstumsorientierte Vorwärtsstrategie formuliert. Im Kern strebt das LTÖ eine Qualitäts- und Innovationsführerschaft an. Kunden sollen durch kompetente Beratung und intelligente Lösung der
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Wachstum
Kundenprobleme langfristig und partnerschaftlich gebunden werden. Die Strategie zur weiteren Markterschließung des LTÖs dient in erster Linie dem Zweck, die Bedürfnisse der Standortkunden im DegussaWerk noch besser befriedigen zu können. Durch eine bessere Auslastung der LTÖ-Kapazitäten durch weitere externe Aufträge wird zum einen die kostengünstige Erbringung der Leistungen gesichert. Anderseits hat das LTÖ ein Ohr am Markt und kann so zum Wohle der Standortkunden Markttrends frühzeitig beobachten und mitentwickeln. Um weitere Aufträge innerhalb des Degussa-Konzerns als auch bei externen Unternehmen zu gewinnen, wurden geeignete Strategien und konkrete Maßnahmen definiert. Nachdem Degussa eine grundsätzliche Entscheidung für eine Vorwärtsstrategie für das LTÖ getroffen und formuliert hat, ist diese nun umzusetzen. Hierzu besteht Handlungsbedarf sowohl hinsichtlich der Organisation als auch hinsichtlich der Marktbearbeitung. Realisierung Organisation Da die Akquisition neuer Kunden für das LTÖ bisher ein nachrangiges Thema war, war die Organisation zur weiteren Markterschließung zu befähigen. So waren die Prozesse und Zuständigkeiten des LTÖs um die Akquisition neuer Kunden und die gezielte Betreuung vorhandener Kunden zu erweitern und ein akquisitionsorientiertes Berichtswesen, das einen Überblick über Kontakte, Potenziale, Angebote und Aufträge schafft, einzurichten. Das Berichtswesen wird mit Hilfe eines auf MS-ACCESS basierten DMC-Tools erzeugt. Besonderes Augenmerk lag auf der Schulung ausgewählter Mitarbeiter im Bereich Vertrieb. Nur wenn es ihnen gelingt, diese bisher ungewohnte Aufgabe erfolgreich umzusetzen, hat die Strategie zur weiteren Markterschließung eine Erfolgschance. Die getroffene Kooperationsvereinbarung mit der AQura GmbH ermöglicht dem LTÖ, nun seinen Kunden auch analytische Leistungen an-
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Produktspektrum GLPPrüfungen
Product Stewardship
Entwicklungsarbeit
Mikrobiologische Qualitätsprüfung
Zielauftragsmenge
Standort X%
LTÖAufträge
Y%
DegussaKonzern
Z%
Extern
Produkt-/Kunden-Kombinationen
zubieten, die im Rahmen der experimentellen GLP-Prüfungen anfallen. Diese werden an die AQura GmbH weitergegeben. Im Gegenzug lässt die AQura experimentelle Prüfungen im LTÖ durchführen.
de ebenfalls zu Gunsten der Kunden überarbeitet. Abschließend wurde ein detaillierter Markterschließungsplan verabschiedet, der die Marktaktionen für das kommende Jahr darstellt.
Realisierung Markt
Ergebnis
Zur Realisierung der Marktbearbeitung wurden konkrete potenzielle Kunden und konkrete Botschaften, mit denen diese angesprochen werden können, erarbeitet. Da die Absatzchancen im Degussa-Konzern und im persönlichen Netzwerk des LTÖs am höchsten sind, wurden zunächst die Kontakte hier strukturiert aufgenommen. Des Weiteren wurde in geeigneten Unternehmensdatenbanken eine übersichtliche Anzahl attraktiver potenzieller Kunden recherchiert. Anschließend wurde für alle Kundengruppen ein Set von Botschaften formuliert, mit denen das LTÖ die potenziellen Kunden ansprechen kann, um einen Bedarf für seine Dienstleistungen zu wecken bzw. auszunutzen. Um die Botschaften in geeigneter Form zu transportieren, wurde ein Portfolio an Marketinginstrumenten abgestimmt, die nun je nach Bedarf genutzt werden können. Zur grundsätzlichen Unterstützung wurden Kundenbroschüren und ein InternetAuftritt entwickelt. Die Preisliste wur-
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass mit der Strategie zur weiteren Markterschließung vom Projektteam aus Degussa-Verantwortlichen und DMC-Beratern eine positive und zukunftsträchtige Lösung für das LTÖ gefunden wurde. Die begonnene Realisierung zeigt erste Erfolge, so dass das LTÖ auf gutem Wege ist, seine interne und externe Marktposition zu stabilisieren und weiter auszubauen.
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Andreas Bonhoff ist Geschäftsführer der Stockhausen GmbH in Krefeld
Stefan Steinberg ist Gesellschafter der Deckert Management Consultants GmbH in Düsseldorf
Chemikalienleasing
Serviceorientiertes Geschäftsmodell Wertsteigerung durch Chemikalienleasing
Sommer 2008
Dr. Reinhard Joas und Dr. Karl-Heinz Heinrich Konzept des Chemikalienleasings
wird im neuen Geschäftsmodell zum Dienstleistungsunternehmen, das sein Know-how über die Eigenschaften und die Anwendung einer Chemikalie zu seinem Geschäft macht. Er vertreibt nicht nur sein Produkt, sondern optimiert den Wertschöpfungsprozess des Kunden. Der Anwender profitiert von insgesamt geringeren Kosten. Dabei wird das Bestreben des Lieferanten nach höherem Chemikalienverbrauch in das Gegenteil umgedreht. Die Chemikalie wird nicht mehr nach der verkauften Menge, sondern nach der Höhe ihres Vorteils für den Nutzer bezahlt. So orientiert sich z. B. der Preis einer OberflächenEntfettung nicht mehr an der Menge verkauften Lösemittels, sondern an der Anzahl gereinigter Teile. Der Preis steigt mit der Effizienz des Chemikalieneinsatzes. Damit wandelt sich beim Chemikalienhersteller
Standardmäßig werden Chemikalien vom Hersteller verkauft. Die Kunden nutzen und/oder verbrauchen diese, um damit bestimmte Funktionen zu erfüllen bzw. sie in andere Chemikalien oder Materialien umzuwandeln. Der Hersteller oder Händler hat ein ökonomisches Interesse daran, seinen Umsatz mit dem Kunden zu erhöhen. Da dieses Ziel aufgrund der Wettbewerbssituation über Preiserhöhungen nicht oder nur eingeschränkt zu erreichen ist, liegt das Hauptaugenmerk auf einem höheren Verkaufsvolumen – nach dem Motto: „The more you sell, the more you earn.“ Chemikalienleasing (ChL) ist ein innovatives dienstleistungsorientiertes Geschäftsmodell (vgl. Abbildung S. 7). Der Hersteller von Chemikalien
Wertsteigerung
In vielen Unternehmen konzentrierten sich Effizienzsteigerungen in den letzten Jahren überwiegend auf Personalmaßnahmen. Der Kostenfaktor Material wurde oftmals nicht oder nur ansatzweise betrachtet. Dabei erreicht der Materialeinsatz in vielen Industriezweigen einen Anteil von bis zu 50 % der Produktionskosten. Nicht zuletzt die Turbulenzen an den Rohstoffmärkten mit teilweise sprunghaftem Anstieg der Preise haben aber den Blick für einen effizienten Materialeinsatz geschärft. Bei weltweit hoher Nachfrage ist mit einer Verknappung von Rohstoffen und Preisanstiegen innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette zu rechnen. Daneben führen immer weiter verschärfte Umwelt- und Verbraucherschutzbestimmungen zu weiteren Aufwendungen der Unternehmen bei Herstellung und Anwendung von Chemikalien und anderen Stoffen. Beispiele sind die Errichtung und der Betrieb von Abluftreinigungssystemen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass ein optimierter Materialeinsatz eine wesentliche Voraussetzung für einen nachhaltigen Unternehmenserfolg ist. Nur die Unternehmen, die kontinuierlich ihre Materialeffizienz steigern, können im globalen Wettbewerb bestehen. Der vorliegende Beitrag betrachtet, wie durch „Chemikalienleasing“ der Materialeinsatz verringert und dabei gleichzeitig Wertsteigerungen sowohl für den Nutzer als auch für den Hersteller generiert werden können.
Der Hersteller verkauft die Funktion der Chemikalie bringt Know-how über die Eigenschaften ein optimiert die Anwendung beim Kunden bietet zusätzliche Serviceleistungen an profitiert von der Wertsteigerung des Kunden
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Der Anwender verringert den Chemikalienverbrauch zahlt für Nutzen und Vorteile der Chemikalie konzentriert sich auf seine Kernkompetenzen verlagert F&E-Aufwand an Lieferanten reduziert Materialkosten
Wertsteigerung Geschäftsmodell
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Chemikalienleasing
der Verbrauch vom Erlösfaktor zum Kostenfaktor. Betriebswirtschaftlich ergibt sich damit ein hohes Interesse für ihn, bei der Reinigungsaufgabe eine möglichst geringe Chemikalienmenge einzusetzen. Er nutzt sein Wissen über die Eigenschaften seiner Chemikalie mit dem Ziel, den Verbrauch zu senken.
Variante 1
Chemikalienhersteller
Variante 2
Anwender
Systemlösung
Anwender
Systemlösung
Anwender
Anlagenhersteller
Variante 3 Chemikalienhersteller
Wertsteigerung bei allen Vertragspartnern Um Anreize für alle Vertragsparteien zu schaffen und letztlich die durch die Reduzierung des Materialeinsatzes erzielte Wertsteigerung angemessen zwischen allen Partnern aufzuteilen (Win-win-Situation), kommen der Vertragsgestaltung und dabei insbesondere der Auswahl einer geeigneten Verrechnungseinheit und der Bildung der Preisformel besondere Bedeutung zu. Im Gegensatz zu traditionellen Geschäftsmodellen ist die Preisbasis nicht die verbrauchte Chemikalienmenge, z. B. „€ pro t“. Vielmehr werden funktionale Einheiten gewählt, wie „€ pro m² beschichtete Oberfläche“.
Chemikalienhersteller
Anlagenhersteller
Joint Venture
weitere Partner
Varianten des Chemikalienleasings
Unterschiedliche Varianten In der einfachsten Variante 1 (vgl. Abbildung S. 8) stellt der Hersteller dem Kunden die Chemikalie zur Verfügung. Er optimiert dabei die Anwendung und nimmt ggf. die gebrauchte Chemikalie zur Aufarbeitung wieder zurück. Ein Beispiel ist der Einsatz von Aktivkohle zur adsorptiven Entfernung von Verunreinigungen oder Schadstoffen. In vielen Fällen ist zur Optimierung des Gesamtsystems die Zusammenarbeit von drei Partnern
erforderlich (Variante 2). Der Chemikalienhersteller ist Treiber der Prozessoptimierung. Er arbeitet eng mit dem Hersteller der Anlage, mit der die Chemikalie verarbeitet wird, zusammen. Dieser hilft, indem er eine möglichst verbrauchsarme Maschine zur Verfügung stellt. Beide Kompetenzträger liefern dem Anwender eine integrierte Systemlösung an. Diese Variante wird beispielsweise im Bereich Lackierung angewendet. In der Variante 3 sind weitere Partner erforderlich, weil nicht alle Kompetenzen abgedeckt werden können, oder weil erst durch die Installation von zusätzlichen Maschinen oder verfahrenstechnischen Operationen ein Gesamtoptimum erreicht werden kann. In diesem komplexeren Fall bietet sich die Bildung eines Joint Ventures an, das eine Lösung für den Anwender entwickelt. Bei der industriellen Reinigung mit Lösemitteln ist diese Variante realisiert. Zusätzliche Vorteile
„Blühende Apfelbäume“, 1879
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ChL-Partnerschaften bieten dem Chemikaliennutzer die Konzentration auf sein Kerngeschäft. Forschungs- und Entwicklungsaufwand kann auf Lieferanten verDeckert Management Report Chemie 2011
Chemikalienleasing
lagert werden. Durch die Anwendung von ChL verringern sich aufgrund der Verbrauchssenkung auch die Aufwendungen für Umweltschutzmaßnahmen. So können z. B. Abluft- und Abwasserreinigungsanlagen kleiner dimensioniert werden. Dies wiederum führt zu dauerhaft niedrigeren Betriebskosten. Das Abfallmanagement kann komplett an den Lieferanten übertragen werden. Auf jeden Fall reduzieren sich die Kosten für die Abfallbeseitigung. Nicht zu vernachlässigen sind oftmals die gesenkten Kosten für Energie und Frischwasser. Die durch ChL-Partnerschaften erreichbare Verringerung der Umweltauswirkungen kann die Erlangung von Betriebsgenehmigungen bei z. B. Erweiterungsmaßnahmen vereinfachen, oder gar erst ermöglichen. Für den Chemikalienhersteller besteht neben der Beteiligung am Kostenvorteil der wesentliche Antrieb zum Abschluss einer ChL-Partnerschaft in einer längerfristigen Absicherung des Verkaufsvolumens durch Kundenbindung. Daneben kann die Mitwirkung am ChL insbesondere im Falle von Chemikalien, die als umweltrelevant eingestuft sind, öffentlichkeitswirksam zur Verbesserung des Unternehmensimages genutzt werden. Hürden auf dem Weg zum erfolgreichen Chemikalienleasing ChL-Projekte sind keine Selbstläufer. Viele Stolpersteine und Hürden befinden sich auf dem Weg bis zum erfolgreichen Abschluss. Folgende Aufgaben sind zu erledigen: Suche nach und Auswahl von geeigneten Partnern Herstellung und Erhalt von Vertrauen zwischen den Partnern Auswahl geeigneter Preisformeln und Verrechnungseinheiten Bildung von Joint Ventures Formulierung fairer Verträge
Interdisziplinäre Verfahrensoptimierung Sicherstellung hoher Qualität und Qualitätsüberwachung Monitoring des Ergebnisses Die dabei auftretende hohe Komplexität erfordert eine zielgerichtete Projektorganisation und eine unternehmensübergreifende Projektarbeit.
Fallbeispiele Dem Einfallsreichtum für die Anwendung des Prinzips des Chemikalienleasings sind nahezu keine Grenzen gesetzt und beschränkt sich nicht auf Chemikalien im engeren Sinne. Eine große Anzahl von Projekten ist bereits realisiert bzw. ist gerade in der Entwicklung. Beispielhaft können hier genannt werden: Pulverbeschichtung von Komponenten für elektrische Einrichtungen Lösemitteleinsatz beim Lackieren von Automobilen Klebemitteleinsatz bei Flaschenetiketten Schmiermitteleinsatz bei der Zuckerherstellung Hilfsmitteleinsatz bei der Abwasserreinigung Oberflächenreinigung bei der Metall-Halbzeugherstellung Einsatz von Katalysatoren Einsatz von Schleifmitteln in der Stahl-Halbzeugherstellung Dabei werden Verbrauchsreduzierungen von 5 bis 40 % je nach Anwendungsfall erreicht. So konnten z. B. die Kosten für den Lösemitteleinsatz bei der Oberflächenreinigung von Halbzeugen von rund 1 Mio. € auf 800.000 € pro Jahr reduziert werden. Für den Anwender resultiert daraus ein Mehrwert von 200.000 €. Aber auch der Hersteller profitiert trotz eines geringeren Verkaufsvolumens aufgrund der gewählten funktionalen Verrechnungsbasis (€ pro gereinigtes Teil) von einer um 120.000 € höheren Marge.
Fazit Ein effizienter Materialeinsatz gewinnt aufgrund zunehmender Verknappung von Rohstoffen und der damit einhergehenden Verteuerung in der gesamten Wertschöpfungskette eine immer größere Bedeutung bei der Verbesserung der Kostensituation und der Erhaltung oder Erreichung einer guten Wettbewerbsposition. Das innovative Modell des Chemikalienleasings bietet aufgrund der Bündelung der Kompetenzen von Herstellern, Anwendern und weiteren Partnern die Grundlage für eine nachhaltige Verbrauchs- und Kostensenkung. Dabei werden alle Partner fair an der dabei erzielten Wertsteigerung beteiligt. Die ChLModelle lassen sich auf eine Vielzahl von Prozessen anwenden. Um eine für alle Seiten erfolgreiche Realisierung sicherzustellen, sind großes Knowhow und viel Erfahrung erforderlich. Dies wird durch ein Projektteam erreicht, das sich in einem ausgewogenen Verhältnis aus internen und externen Experten zusammensetzt. Der externe Berater kann dabei zusätzlich zum Einbringen von Knowhow und Erfahrung für die nötige unternehmensneutrale Betrachtung sorgen und die Vertrauensbildung zwischen den Partnern fördern.
Dr. Reinhard Joas ist Geschäftsführer der BIPRO GmbH - Beratungsgesellschaft für integrierte Problemlösungen in München
Dr. Karl-Heinz Heinrich ist Mitglied der Geschäftsleitung der Deckert Management Consultants GmbH in Düsseldorf
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Energiemanagement
Reduzierung der Energiekosten Wertsteigerung durch Energiemanagement
Dr. Dieter Hesterwerth und Dr. Karl-Heinz Heinrich Die Energiepreise sind in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Trotz eines kurzfristigen Rückganges infolge der Wirtschaftskrise notieren die Preise für Heizöl, Erdgas und Importkohle immer noch um den Faktor 2,2 bis 2,5 höher als 1999. Der durchschnittliche Strompreis für Industriekunden ist 2009 um fast 20 % gegenüber dem Vorjahr angestiegen. Experten rechnen mittel- und langfristig mit einem weiteren Anstieg und verweisen dabei auf die Verknappung der fossilen Energiereserven bei steigendem Bedarf. Hinzu kommen die Anstrengungen zur Verbesserung des Klimaschutzes. So zahlt der Verbraucher heute schon z. B. Abgaben für die Förderung erneuerbarer Energien. Preissteigernd wird sich auch der Erwerb von CO 2 Emissionsrechten auswirken. Im verarbeitenden Gewerbe liegt der Energiekostenanteil bei durchschnittlich 5 % des Umsatzes. Abhängig von den eingesetzten Produktionsverfahren kann dieser Anteil deutlich höher liegen. In vielen Unternehmen belasten die Energiekosten mittlerweile stark das Betriebsergebnis. Eine Kompensation durch Umsatzsteigerung ist in der heutigen Marktsituation nur schwerlich zu erreichen. Vorausschauende Unternehmen entwickeln deshalb Strategien zur nachhaltigen Reduzierung der Energiekosten.
Frühjahr 2010
Strategische Aufgabe Heute reicht es nicht mehr aus, einen einzelnen Mitarbeiter mit dem Thema Energien zu betrauen. Aufgrund der hohen Relevanz für die Entwicklung des Unternehmens muss diese Aufgabe Bestandteil der Unternehmensstrategie werden und ein unternehmensweites Energiemanagement aufgebaut werden. Die gesamte Organisation ist auf das Ziel der Energiekostensenkung auszurichten. Nur durch klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten lassen sich Potenziale systematisch unternehmensweit aufdecken, gezielt Maßnahmen ableiten und schnell zur Realisierung bringen. Die relevanten Geschäftsprozesse müssen beschleunigt und die Kommunikation horizontal und vertikal durchlässig gestaltet werden. Die Wirksamkeit
der eingeleiteten Maßnahmen wird regelmäßig, u. a. durch die Verfolgung der Entwicklung definierter Energiekennzahlen überwacht.
Ganzheitliche Betrachtung Die Strategie zur Energiekostensenkung ist aus einer ganzheitlichen Betrachtung heraus entwickelt worden (vgl. Abbildung S. 10). Potenziale zur Energiekosteneinsparung sind in den Bereichen Beschaffung/Erzeugung, Nutzung und Verwertung vorhanden. Dabei sind alle Energieträger, z. B. Strom, Dampf, Kälte und Druckluft einzubeziehen. Aufgrund der komplexen Zusammenhänge ist eine detaillierte Aufnahme und Analyse der IstSituation unumgänglich. Dabei wird das komplette Mengengerüst
Nutzung
Beschaffung
Strom Gas
Öl Kohle
Strom
Energieerzeugung
Strom Dampf Warmwasser Kälte Druckluft
Dampf
Produktion
Kälte Druckluft
Verbrauch reduzieren
Konditionen verbessern
Organisation ausrichten
Ganzheitliches Energiemanagement
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Verwertung
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Überschuss vermarkten
Energiemanagement
x Mio. € -25 %
Quick Wins
Investitionen KVP Zeit
Ist
Ziel
Energiekostensenkung in drei Stufen
der Bedarfe (Rechenwerte), Verbräuche/Verluste (Messwerte) und der Struktur (Zeitverlauf) aufgenommen. Betrachtet werden auch die Verteilnetze und die eingesetzten Technologien. Weiterhin werden die Beschaffungsverträge ausgewertet und die Steuer- und Abgabenseite beleuchtet.
Energiebeschaffung und - erzeugung Basis für eine optimale Ausgestaltung des Beschaffungsvertrages ist eine Bedarfsanalyse, die die maximal erforderliche Leistung als auch die im Zeitverlauf nötigen Energiemengen darstellt. Sehr oft wird eine zu hohe Leistung vereinbart und die Vorteile des zeitlich strukturierten Einkaufes nicht ausgeschöpft. Darauf aufbauend lassen sich durch Schaffung von Wettbewerb über eine Ausschreibung erhebliche Kostenvorteile erzielen. Insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen bietet sich auch die Bildung von Einkaufsgemeinschaften an. Bei der Energie-Eigenerzeugung liefern der Wirkungsgrad und der technische Zustand die Entscheidungsgrundlage für notwendige
Investitionen. In vielen Fällen ist ein Vergleich mit einem ContractingModell empfehlenswert. Dabei kann ein Dritter – der Contractor – alle Leistungen von der Planung, Finanzierung, der Errichtung und dem Betrieb von Erzeugungsanlagen bis hin zur Energielieferung übernehmen. Die Finanzressourcen können somit auf die Modernisierung bzw. Erweiterung des Kerngeschäftes konzentriert werden. Zu prüfen ist auch der Einsatz staatlich geförderter Anlagen, wie Photovoltaik oder Solarthermie.
Energienutzung Bei der Nutzung von Energien lassen sich Einsparungen bereits ohne Kosten durch den bewussten Umgang erzielen. Die Bandbreite reicht vom Ausschalten des Lichtes in nicht genutzten Räumen bis zur Änderung der Vorgehensweise beim An- und Abfahren von Maschinen und Anlagen. Die Absenkung der Raumtemperatur um 1o C in den Fertigungshallen führt zu einer Einsparung von 6 % der Heizkosten. Durch Änderung der Betriebsweise von Maschinen und verfahrenstechnischen Einrichtungen lassen sich
Lastspitzen, die teuer bezahlt werden müssen, vermeiden. Keinen großen Aufwand bei großem Nutzen wird auch durch eine regelmäßige Kontrolle von Energie- und Medienleitungen und die Beseitigung von Undichtigkeiten erzielt. In Druckluftnetzen sind z. B. durchschnittlich 30 % Leckageverlust üblich. Überwiegend sind dies Kleinleckagen, die in Summe Kosten von einigen Tausend Euro pro Jahr verursachen. Weitere Einsparungen lassen sich aber oftmals nur durch Effizienzsteigerungen der Anlagen über technische Änderungen erzielen. Zunächst ist zu prüfen, ob der richtige Energieträger eingesetzt wird. Durch energetische Verschaltung in Anlagen werden energieerzeugende und energieverbrauchende Stufen miteinander gekoppelt und damit der Gesamtenergiebedarf gesenkt. Aufwendiger ist in vielen Fällen die Optimierung des verfahrenstechnischen Prozesses. Als Beispiel kann der Einsatz effektiverer Katalysatoren in der chemischen Industrie genannt werden. Die dadurch mögliche Absenkung der Reaktionstemperatur führt zu deutlich geringerem Energieeinsatz. Aber auch ein Blick auf den Maschinenpark in kleineren Unternehmen kann lohnen. Hier kann insbesondere der Fortschritt im Bereich der Antriebstechnik genutzt werden. So entfallen bei einem Standardmotor mit einer jährlichen Nutzungsdauer von 3.000 Betriebsstunden weniger als 3 % der Gesamtkosten – bezogen auf den Lebenszyklus – auf die Anschaffung, aber über 95 % auf den Energieverbrauch. Kostenvorteile bringt die Investition in besonders energieeffiziente Antriebstechnik, bei wechselnder Last auch in drehzahlgeregelte Motoren. Nicht vergessen werden darf die regelmäßige Messung der wesentlichen Energieströme. Denn optimiert werden kann nur, was vorher sicher und eindeutig erfasst wurde.
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Energiemanagement
Die Kosten für den Einsatz von Energiedatenmanagementsystemen (EDM) mit automatischer Datenerfassung und -auswertung können durch die Eliminierung der aufgedeckten Verbrauchsspitzen oder Unregelmäßigkeiten schnell amortisiert werden. Das Auftreten von Leistungsspitzen ist prozesstechnisch aber oftmals nicht zu vermeiden, so z. B. beim An- und Abfahren. Bereits durch einfache organisatorische Maßnahmen lässt sich aber erreichen, dass nicht mehrere Leistungsspitzen gleichzeitig auftreten. Bei technisch bedingter Vielzahl hoher Verbrauchsspitzen sollte geprüft werden, ob durch ein automatisch arbeitendes Lastmanagementbzw. Lastabwurfsystem nicht eine Vergleichmäßigung erzielt werden kann.
Energieverwertung Die Verwertung verfahrensbedingt erzeugter Energie ist ein weiterer Stellhebel zur Optimierung der Energiekosten. Hierzu zählen z. B. Dampf, Verbrennungswärme in Rauchgasen, Abwärme aus Prozessen und raumlufttechnischen Anlagen und warme Abwässer. Energierückgewinnung ist hier das Stichwort. So kann die an Kompressions-Kältemaschinen erzeugte Abwärme zur Prozess- und Brauchwassererwärmung genutzt werden. Zur Wärmerückgewinnung können Wärmetauscher, Speichersysteme oder Wärmepumpen zum Einsatz kommen. Darüber hinaus kann überschüssige Energie ggf. an andere Verbraucher abgegeben werden. Je nach örtlicher Lage kann Dampf auch in kommunale Fernwärmenetze eingespeist werden. Einen Sonderfall stellt die gezielte Vermarktung überschüssiger Stromerzeugungskapazität oder abschaltbarer elektrischer Leistung im Regelenergiemarkt dar. 12
„Seerosenteich“, 1903
Steuern, Abgaben und Emissionszertifikate Die Energienutzung ist in Deutschland mit hohen Steuern und Abgaben belegt. Für Industriekunden liegt aktuell der Anteil der Steuern und Abgaben am Strompreis bei rund 35 %. Preissteigernd wirken sich zudem Kosten für den Erwerb von CO2 Zertifikaten aus. Dies wird sich durch den Entfall der bisher kostenlos zugeteilten Emissionsberechtigungen noch verstärken. Durch Ausnutzung aller gesetzlichen Ermäßigungsund Rückvergütungsregelungen lässt sich die Abgabenlast deutlich reduzieren. Bei Unternehmen mit Energieeigenerzeugung sollte ein Zertifikatemanagement zum Bestandteil einer Kostensenkungsstrategie werden.
Fahrplan der Kostensenkung Deckert Management Consultants hat eine dreistufige Vorgehensweise zur Energiekostensenkung entwickelt (vgl. Abbildung Seite 11). In der ersten Optimierungsphase werden Quick Wins auf Basis der Ergebnisse einer schnellen Analyse gehoben. Dies betrifft insbesondere
organisatorische Verbesserungen und Maßnahmen, die weitgehend ohne finanziellen Aufwand zu realisieren sind. Danach werden technische Änderungen geprüft und nach einer Kosten-Nutzen-Betrachtung schnell zur Realisierung gebracht. Die Sicherstellung einer nachhaltigen Kostensenkungsstrategie wird durch die Einbindung des Mitarbeiterwissens im Rahmen eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) gewährleistet. Durch die Umsetzung dieses ganzheitlichen Konzeptes lassen sich die Energiekosten um durchschnittlich 25 % senken.
Dr. Dieter Hesterwerth ist Geschäftsführer für die Bereiche Produktion, Engineering, F&E, Personal der PolymerLatex GmbH in Marl
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Dr. Karl-Heinz Heinrich ist Mitglied der Geschäftsleitung der Deckert Management Consultants GmbH in Düsseldorf
Reengineering
Optimierung der Instandhaltung Wertsteigerung durch Reengineering
Dr. Volker Damrath und Dr. Karl-Heinz Heinrich Die Chemiewerk Bad Köstritz GmbH (CWK) ist ein mittelständisches Unternehmen in Thüringen mit einer mehr als 170-jährigen Tradition. Das Unternehmen hat sich auf die Entwicklung und Herstellung innovativer Spezialitäten in den Bereichen Kieselsäureerzeugnisse, Molekularsiebe und Schwefelverbindungen fokussiert. Kieselsäuren sind synthetisch hergestellte amorphe Partikel aus Siliziumdioxid. Sie werden in zwei Produktgruppen unterschieden: wässriges Kieselsol wird z. B. als Bindemittel für keramische Massen, zur Tränkung von feuerfesten Bauteilen, beim Polieren von Wafern und Chips und bei der Klärung von Wein und Fruchtsaft eingesetzt. Fein gemahlenes Kieselgel findet u. a. Anwendung als funktioneller Füllstoff, als Proteinadsorbens bei der Bierstabilisierung, als Mattierungsmittel in Lacken und Additiv in Kunststoffen. Molekularsiebe auf Basis von kristallinen Zeolith-Strukturen sind poröse Substanzen mit einem dreidimensionalen Kanalporensystem. Im Zusammenwirken mit ihrer Oberflächenchemie sowie einer Verteilung von Kationen im Festkörper haben sie die Fähigkeit, zwischen Molekülen unterschiedlicher Größe und Beschaffenheit zu unterscheiden, und sind damit geeignet zur hochselektiven Stofftrennung und/oder Beschleunigung chemischer Prozesse. Zur Gruppe der Schwefelverbindungen gehören Thiosulfate und
Sulfite, wie z. B. Natrium- und Ammoniumthiosulfat sowie Kalium- und Ammoniumsulfit. Anwendung finden sie in der Fotochemie, der Lebensmittel-, Holz- und Zelluloseindustrie sowie als Schwefelträger in Düngemitteln. Das Unternehmen investiert permanent in Forschung und Entwicklung sowie in die Optimierung und Erweiterung der Produktionsanlagen. Rund 230 Mitarbeiter erwirtschaften einen Umsatz von ca. 45 Mio. €.
Ausgangssituation Das Unternehmen ist funktional organisiert. Die Instandhaltung der Anlagen der drei operativen Geschäftsfelder wird durch den Zentralbereich Technik übernommen, zu dem weitere Funktionen gehören, wie z. B. die Infrastruktureinrichtungen und technische Planungsbereiche. Den Geschäftsfeldern sind Instandhaltungsmitarbeiter fest zugeordnet, die jeweils von einem Ingenieur geführt werden. Die Industrieelektronik (MSR) ist zentral organisiert. Alle elektrotechnischen Arbeiten werden von einem Partnerunternehmen ausgeführt. Die Instandhaltung reagiert zu einem großen Teil reaktiv (ausfallorientiert). Das Unternehmen hat in den letzten Jahren hohe Investitionen in Anlagenerweiterungen getätigt. Die Planung und Bauausführung wurde überwiegend durch das Technik-Personal ausgeführt. Die Aufgabenstellung ergab sich aus der Zielsetzung, die Instandhaltung auf
Sommer 2010 den zukünftigen Bedarf und eine vorbeugende Strategie auszurichten.
Quick-Check Die Situation der Instandhaltung wurde in einem Quick-Check mit der DMC KOPF© -Methodik erhoben. Der Quick-Check basiert auf einem Satz von rund 250 Fragen, der aus der langjährigen Erfahrung aus operativen und beratenden Tätigkeiten des DMC-Teams entwickelt wurde. Die Instandhaltung wurde systematisch in den Dimensionen Kompetenz, Organisation, Personal und Finanzen überprüft. Damit wurde in kürzester Zeit ein Stärken-/Schwächenprofil erstellt (vgl. Abbildung S. 14).
Organisationsstruktur Auf Basis der Analyse des Personaleinsatzes in den Vorjahren und unter Berücksichtigung der anlagentechnischen Veränderungen wurde der Handwerker-Bedarf für die Instandhaltungsleistungen neu dimensioniert. Die strukturelle Organisation der technischen Aufgaben wurde an die Philosophie ergebnisverantwortlicher Geschäftsfelder angepasst. Die Betriebsingenieure wurden direkt den Geschäftsfeldleitern unterstellt und sind verantwortlich für die Anlagenverfügbarkeit. Sie erledigen mit einer Kernmannschaft das Tagesgeschäft der Instandhaltung. Daneben wurde ein HandwerkerPool im Zentralbereich Technik
Deckert Management Report Chemie 2011
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Reengineering
und eingeführt, der ein striktes Prozedere und eine klare Unterschriftsregelung vorgibt. Weiteres Ergebnis der Analyse war die Erkenntnis, dass Tätigkeiten, die der Vorbereitung von Instandhaltungsaktivitäten dienen, in den einzelnen Bereichen in unterschiedlicher Tiefe und Qualität durchgeführt werden. Die Defizite wurden durch eine Erhebung der aufgabenspezifischen Qualifikation identifiziert. Diese werden durch Schulungsmaßnahmen ausgeglichen.
Kostentransparenz „Boulevard des Capucines“, 1873
geschaffen, der nach Bedarf für größere Instandhaltungsaktivitäten genutzt werden kann und der Personal mit Sonderqualifikationen besitzt. Primäre Aufgabe des Pools wird die Realisierung investiver Maßnahmen sein. Zur Nutzung von Synergieeffekten und zur Einhaltung gemeinsamer Standards bleibt die MSR-Funktion dem Zentralbereich Technik zugeordnet.
Verantwortlichkeiten Begleitend zur strukturellen Veränderung wurden die Aufgaben und Verantwortlichkeiten klar zugeordnet und die Vertretungsregelung festgelegt. Durch neue Stellenbeschreibungen für alle Funktionen der 1. und 2. Ebene wurde die Delegation in der Hierarchie klar und eindeutig gestaltet. Um der besonderen Bedeutung des Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutzes in einem Chemieunternehmen Rechnung zu tragen, wurde das Zusammenspiel von Produktion und Instandhaltung genau analysiert und neu defi niert. Als formales Hilfsmittel zur Identifikation und Eliminierung von Gefährdungen wurde ein neuer Arbeitserlaubnisschein entwickelt 14
Basis für eine transparente Kostenzuordnung und einen periodischen Vergleich der Kostenentwicklung ist die eindeutige Definition der Instandhaltungsaufgaben. Zur Abgrenzung von anderen technischen und betrieblichen Aufgaben wird die Formulierung der DIN 31051 genutzt. Danach wird die Instandhaltung in die Grundmaßnahmen Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Verbesserung (Steigerung der Funktionssicherheit) unterteilt. Aus Sicht des Instandhalters spielt neben der Aggregierung der Kosten auf Ebene der Betriebskostenstellen die Identifikation von Kostentreibern
die herausragende Rolle. Um die Kosten den einzelnen Apparaten zuordnen zu können, wurde zunächst eine für das gesamte Unternehmen gültige Anlagenstruktur (Baumstruktur) erarbeitet, und jedem Apparat wurde ein unverwechselbares Apparatekennzeichen, das aus einem alphanumerischen Code besteht, zugeordnet. Dieser Code wurde so gestaltet, dass bereits vorhandene Nummernkreise integriert werden konnten, um einen erheblichen Aufwand zur Nachpflege der Dokumentation und Beschriftung vor Ort zu vermeiden. Zur Ausrichtung auf eine vorbeugende Instandhaltungsstrategie und eine Kostensenkung werden die Arbeitsaufträge, die Materialentnahmescheine und die Rechnungen von Dienstleistern mit einem Set von Sortiermerkmalen versehen: Apparatekennzeichen Leistungsart: Fremdleistung, Materialkosten, Personalkosten Grundmaßnahme: Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Verbesserung geplant, ungeplant. Alle Kosten werden kombiniert mit den Sortiermerkmalen in einer Datenbank erfasst (s. Instandhaltungsplanungssystem). Aus der Datenbank Notenskala
Kriterium
K1
Kompetenz
K2 K3 K4 O1
Organisation
O2 O3 O4
P1
Personal
P2 P3 P4
F1
Finanzen
F2 F3 F4
Stärken-/Schwächen-Profil
Deckert Management Report Chemie 2011
Reengineering
1 Jan
Feb
Mrz
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
2
3
4
Sonstiges
Summe
Personal
kumuliert
Material
Budget
Fremdleistung
BEREICHE
€
€
GESAMT
Stundenerfassung und der Anwendung des neuen Arbeitserlaubnisscheines geschult.
Fazit Jan
Feb
Mrz
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez 1
kumuliert
Jan
Feb
Mrz
Apr
Budget
Mai
Jun
2 Personal
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
3 Material
4
Sonstiges Fremdleistung
Apparate (Top 10)
Dez
Personal Material Fremdleistung
€
Apparat
KOSTENARTEN
Jan
Feb
Mrz
Apr
Mai Personal
Jun Jul Material
Aug Sep Fremdleistung
Okt
Nov
Dez
€
Personal
Material
Fremdleistung
Strukturierter Kostenbericht
heraus werden periodisch Kostenreports generiert. Für die unterschiedlichen Leitungsfunktionen werden bedarfsgerechte Übersichtsreports erstellt. Diese zeigen übersichtlich angeordnet die wesentlichen Zahlen und Trends (vgl. Abbildung S. 15). Für Abweichungsanalysen kann vom Betriebsingenieur auf den kompletten Datenbestand zurückgegriffen werden.
Instandhaltungsplanungssystem (IPS) Bei den komplexen Vorgängen in einem Chemieunternehmen der Größe der CWK ist für die Realisierung einer modernen Instandhaltungsstrategie die Erhebung und Dokumentation größerer Mengen an Daten und Informationen und die elektronische Abwicklung von administrativen Prozessen eine Grundvoraussetzung. Hierfür stehen unterschiedliche Tools zur Verfügung. Eine Ergänzung des vorhandenen ERP-Systems wurde wegen fehlender bzw. nicht geeigneter Ergänzungsbausteine ausgeschlossen. Ebenfalls kamen Eigenlösungen auf Basis von Excel und Access wegen des hohen Erstellungsaufwandes
und der Abhängigkeit der Pflege von Einzelpersonen nicht in Frage, ebenso eine SAP-Lösung aufgrund der Inkompatibilität und der Kosten. Für die Anschaffung einer nicht ERP-gebundenen InstandhaltungsSoftware wurde ein detailliertes Lastenheft erstellt. Die Bewertung der Angebote erfolgte über einen Kriterienkatalog. Dabei spielte neben den Kosten auch die Handhabung eine entscheidende Rolle. Diese wurde für ausgewählte Produkte im Rahmen von Präsentationen getestet. Um die Einführung zu erleichtern, wurden bei der erworbenen Software nur die erforderlichen Anwendungen zur Nutzung frei geschaltet: Störungsmeldung durch den Betrieb Erstellung der Arbeitsaufträge Stundenerfassung Erfassung und strukturierte Zuordnung aller Kosten Anlegen von Lieferantenstammdaten Generierung von Kostenreports Erstellung einer Anlagenhistorie
Die Instandhaltung der CWK wurde in einem Quick-Check, der auf der DMC KOPF© -Methodik basiert und in den die jahrelange operative und beratende Erfahrung des DMC-Teams eingeflossen sind, analysiert. Zur Behebung der identifizierten Schwachpunkte in den Dimensionen Kompetenz, Organisation, Personal und Finanzen wurden umgehend geeignete Maßnahmen ergriffen und pragmatisch realisiert. Der Personalbedarf wurde neu dimensioniert, und die Instandhaltungsorganisation wurde zur Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Geschäftsfelder partiell dezentralisiert. Alle Instandhaltungskosten werden einheitlich erfasst. Durch die Koppelung mit Sortiermerkmalen können sie nun strukturiert dargestellt werden. Begleitend wurde eine Instandhaltungsplanungs-Software implementiert. Die Maßnahmen erzeugen Transparenz, erhöhen das Bewusstsein für die Kosten und die Bedeutung der Instandhaltung für die Anlagenverfügbarkeit und erlauben eine Ausrichtung auf eine vorbeugende Strategie. Nach einer Anlaufzeit von ca. drei Monaten wird bereits eine deutliche Kostenreduzierung erkennbar.
Schulung Die Mitarbeiter wurden in der Handhabung des IPS, der geänderten
Deckert Management Report Chemie 2011
Dr. Volker Damrath ist Geschäftsführer der Chemiewerk Bad Köstritz GmbH in Bad Köstritz (Thüringen)
Dr. Karl-Heinz Heinrich ist Mitglied der Geschäftsleitung der Deckert Management Consultants GmbH in Düsseldorf
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(Re)vitalisierung
MBO sichert Arbeitsplätze Wertsteigerung durch (Re)vitalisierung
Dr. Peter Schmitt-Freise und Dr. Volker Wittberg Nachdem am 31. August 2001 der Vorstand der Akzo Nobel (Arnheim) veröffentlicht hatte, dass die Sub Business Unit Rigids ihrer hundertprozentigen Tochter Akcros Chemicals die Produktion zum Jahresende einstellen und das Geschäft zum 31. März 2002 abwickeln würde, fand sich eine Gruppe des operativen Managements des Standortes Düren zusammen, um das Geschäft als Management-Buyout (MBO) fortzuführen und um mehr als 180 Arbeitsplätze zu retten. Die Sub Business Unit Rigids der Akcros Chemicals stellte KunststoffAdditive für die Hart-PVC-Industrie her und erzielte mit etwa 350 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von rund 70 Mio. €. Das MBO-Unternehmenskonzept, das eine Umsatz-, Kapazitäts-, Stellen- und Ergebnisplanung umfasste, zielte auf die Behebung der Unternehmensschwächen sowie gleichzeitig auf den Ausbau der Unternehmensstärken und mündete schließlich in das neue Unternehmen ALLSTAB Chemicals GmbH.
Sommer 2003
Aus Sicht des Akzo Nobel-Konzerns stellte sich die Entscheidungssituation wie in der Abbildung gezeigt dar. Während die Unternehmensstilllegung mit erheblichen Kosten verbunden gewesen wäre, barg das MBO signifikante Vorteile. Das Unternehmenskonzept, das die Rahmenbedingungen für ein MBO geprüft hatte, kam zusammenfassend zu folgendem Ergebnis: Rigids nimmt bei hochwertigen Stabilisatoren für Fensterprofile eine führende Marktposition in Europa ein. Die Einstellung des Geschäftes würde Kosten in Höhe von etwa 21 Mio. € verursachen. Mit Hilfe eines 10-Punkte-Programms kann Rigids revitalisiert werden, so dass anschließend eine branchenübliche Umsatzrendite von mehr als 5 % erzielt wird.
yes
Die neue Firma Allstab Chemicals GmbH wird rund 200 Arbeitsplätze sichern. Der Finanzbedarf für das MBO bewegt sich im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich für Eigen- und Fremdfinanzierung.
Produkte und Märkte Akcros konzentrierte sich mit seinen Produkten, Stabilisatoren für PVC, auf die Bereiche Profile, Kabel und Rohre. Zusätzlich gehörten u.a. Bleioxyde für die Glasindustrie zum Liefer- und Leistungsprogramm von Akcros. Stabilisatoren haben die Aufgabe, PVC während der thermoplastischen Verarbeitung bei langer Sonneneinstrahlung und Hitze vor Zerstörung zu schützen. Im fertigen Endprodukt sind im PVC etwa 2 bis 5 % Stabilisatoren enthalten.
customer
employee
Akzo Nobel
Akzo € mio.*
sell completely (MBO)
+
+
?
- 1,5
sell assets partly
-
-
-
- 15
+
+
?
?
0
0
-
- 4 p.a.
-
-
-
- 21
Sell revitalise
do nothing
no
no
yes
put into liquidation
continue
no
yes
stop business
*DMC-Schätzung
Entscheidungssituation aus Konzernsicht
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Deckert Management Report Chemie 2011
(Re)vitalisierung
Organisation Wesentlicher Bestandteil des MBOKonzeptes ist die Rückführung von komplexen Konzernstrukturen auf einfache mittelständische Strukturen. Im Konzern wurde mit erheblichem Overhead und mit zahlreichen Schnittstellen an vielen Standorten weltweit gearbeitet. In der neuen MBO-Organisation, die den Namen ALLSTAB trägt, werden die Standorte Eccels (GB), Roermond West (NL) und Greiz aufgegeben und Dienstleistungen der Service Unit von Akzo Nobel nur noch in geringem Umfang zugekauft. Alle mittelbaren Aufgaben werden rationalisiert und in Düren zentralisiert. Insbesondere administrative Funktionalitäten, die an mehreren Standorten vorhanden waren, mussten auf einen Standort konzentriert werden. So existierte die Abteilung Research and Development beispielsweise ehemals an vier Standorten und ist nun mit insgesamt reduzierter Personalstärke in Düren angeordnet. Als wesentliche Produktionsstandorte verbleiben die Werke in Roermond
Konzerntochter Akzo Nobel 2001
Kosten
Die besondere Kompetenz von Akcros lag in kundenspezifischen Lösungen in hoher Qualität bei hoher Rohstoffrückintegrierung. Akcros hatte Wettbewerbsvorteile bei der Herstellung von staubfreien Additiven. Bei den hochwertigen und deckungsbeitragsstarken Stabilisatoren für Fensterprofile hat Akcros mit einem Marktanteil von 27 % in Europa die marktführende Stellung eingenommen. Im Kabel- und Rohrgeschäft gehörte Akcros mit jeweils 17 % Marktanteil zu den bedeutenden Anbietern. Der Wettbewerb erzielte in diesen Märkten eine Umsatzrendite zwischen 5 und 10 %. Akcros hat auf permanente Weiterentwicklung ihres Produktangebots gesetzt.
ALLSTAB Chemicals GmbH 2002
Vorher Break-even
Verlust
Gewinn
Nachher Break-even
Planumsatz
Umsatz
Break-Even vor und nach (Re)vitalisierung
(Vormaterial), in Düren (Zwischenprodukte und Endprodukte), in Greiz (Zwischenprodukte) und in Dahlem (Endprodukte). Das personalstärkste Werk ist in Düren auf dem Gelände von Akzo Nobel. Alle Anlagen sind in das Eigentum der ALLSTAB übergegangen. Die beiden Werke in Roermond und Dahlem befinden sich vollständig im Eigentum der ALLSTAB.
Ergebnisverbesserungsprogramm Der zentrale Erfolgsfaktor des gelungenen MBO-Konzeptes sollte eine systematische Revitalisierung der Unternehmung sein. Auf der Grundlage der vorgenommenen schnellen Diagnose musste die konsequente Therapie mit Hilfe konkreter Maßnahmen folgen. Das erarbeitete 10-Punkte-Ergebnisverbesserungsprogramm erzielt eine positive Wirkung von mindestens 8 Mio. € pro Jahr. Mit diesem Effekt dreht ALLSTAB das vormals negative Ergebnis in ein positives Ergebnis, das eine langfristig solide Unternehmensfinanzierung ermöglicht. Im einzelnen stellen sich die Maßnahmen wie folgt dar: Die Intensivierung der Marktbearbeitung mit etablierten
Deckert Management Report Chemie 2011
Vertriebspersönlichkeiten erfolgt einerseits durch eine Fokussierung auf Marktschwerpunkte, andererseits durch Anbindung des benötigten Außendienstes direkt an ALLSTAB. Hiermit verbunden ist auch eine Optimierung des Produktprogramms durch Steigerungen des spezifischen Deckungsbeitrags. Die erfolgreiche Produktivitätssteigerung bei direkter und indirekter Produktion bewirkt eine Effizienzsteigerung von in derartigen Situationen durchaus üblichen 20%. Ein Einmalaufwand für Personalabbau fällt nicht an, da die Mitarbeiter bei Akzo Nobel verbleiben können. Zusätzlich sind Personalentwicklung und Mitarbeitermotivation künftig zur Aktivierung des vorhandenen Mitarbeiterpotenzials bei der Überführung in mittelständische Strukturen zu stärken. Leistungen, die aufgrund hoher Konzernstundensätze teuer zugekauft werden, sind entweder „einzusourcen“ oder an andere, günstigere Unternehmen fremd zu vergeben. Dies betrifft insbesondere die Leistungen der Akzo Nobel Service Unit in 17
(Re)vitalisierung
Düren, sofern die angebotenen Leistungen von Wettbewerbern übertroffen werden. Eine wesentliche Aufgabe kommt künftig dem ALLSTAB-Einkauf zu, der neben abwicklungstechnischen Aufgaben auch strategische Aufgaben neu übernehmen und lösen muss. Eng hiermit verbunden ist die stetige Absicherung des Metall- und Devisenrisikos. Wie bereits beschrieben bewirkt die Einordnung der restlichen mittelbaren Funktionen aus Eccels, Roermond West und Greiz in die ALLSTABOrganisation nach Düren infolge des Wegfalls von Personalkosten und Konzernumlagen den größten Einzeleffekt. Weitere ähnliche Effekte, die sich in den Fixkosten niederschlagen, werden durch die Überführung in mittelständische Strukturen erwartet. Die Erneuerung der unternehmensweiten Software durch ein neues integriertes System erlauben weitere Verbesserungen durch einfachere Arbeitsabläufe und verbesserte Steuerungsmöglichkeiten wie zum Beispiel bei der Senkung der Mittelbindung. Die vorbeschriebenen Einsparmaßnahmen sind mit einem Einmalaufwand im ersten Jahr verbunden, der rund 25% der Einsparungen beträgt.
Ergebnis Nachdem die Übernahmeverhandlungen mit Akzo Nobel abgeschlossen waren und die erforderliche Finanzierung der neuen Gesellschaft Ende März 2002 sichergestellt war, konnte die Übernahme durch ALLSTAB in Form eines Asset-Deals mit rechtlicher Wirkung zum 01. April 2002 vollzogen werden. Mit der Realisierung des MBO und der Überführung von Akcros in mittelständische Strukturen wird der 18
„Monets Garten in Argenteuil“, 1873
Break-even um über 40 % reduziert (vgl. Abbildung S. 17). Selbst wenn man im Wege einer Sensitivitätsanalyse die Umsatzplanung mit mehr als 10 % reduziert und die Fixkosten zum gleichen Zeitpunkt um 10 % erhöht, wird der Break-even-Punkt noch überschritten. Auf konstantem Umsatzniveau bewirkt die Kostenreduktion eine erhebliche Ergebnisverbesserung. Diese ist unerlässlich, um den Geschäftsbetrieb der neuen Firma langfristig zu ermöglichen. Im Kontext der Planungsprozesse wurden auch – basierend auf Umsatzerwartungen für die nächsten drei Jahre – jährliche Gewinn- und Verlustrechnungen ermittelt. Auf der Grundlage der einzelnen Monatsdaten wurde ein detaillierter Liquiditätsplan erstellt, der auch Investitionen berücksichtigt. Aus diesen Berechnungen war der gesamte Finanzierungsbedarf erkennbar. Mit der Kenntnis von den tatsächlich verfügbaren Finanzmitteln wurden abschließend die zugehörigen Planbilanzen erstellt. Der letztlich nach vielen Verhandlungen eingeschlagene Weg beinhaltet entgegen den meisten
anderen in Deutschland realisierten Management-Buy-outs keine Beteiligungsgesellschaft. Akzo Nobel hat sich stark für ALLSTAB engagiert, um ALLSTAB möglichst großen unternehmerischen Freiraum zu gewähren. Mit den erwarteten positiven Jahresüberschüssen wird ALLSTAB seine Eigenkapitalausstattung sukzessive erhöhen und auch im Zeitalter von BASEL 2 eine angemessene Eigenkapitalquote aufweisen. Mit wirkungsvoller Unterstützung des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen sind damit die Weichen auch für eine künftige stabile Unternehmensentwicklung von ALLSTAB gestellt.
Dr. Peter Schmitt-Freise ist geschäftsführender Gesellschafter der ALLSTAB Chemicals GmbH in Düren
Deckert Management Report Chemie 2011
Prof. Dr. Volker Wittberg ist geschäftsführender Gesellschafter der Deckert Management Consultants GmbH in Düsseldorf
Claude Monet
Der Herausgeber und die Redaktion des Deckert Management Reports freuen sich, Ihnen in dieser Ausgabe einige Arbeiten von Claude Monet zeigen zu können.
Claude Monet
1840 Claude-Oscar Monet wird am 14. November in Paris (F) geboren. 1845 seine Kinder- und Jugendzeit verbringt der Junge in Le Havre, an der Nord-WestKüste Frankreichs. 1856 lernt Monet den LeinwandHändler Eugène Boudin kennen, der in dazu auffordert im Freien zu malen und bei ihm die Leidenschaft für die Malerei unter freiem Himmel weckt. Monet liebt die Natur und das Meer. 1859 beginnt er sein Studium an der Académie Suisse in Paris. Dort lernt er Camille Pissaro kennen. 1861 wird er für sieben Jahre zum Militärdienst verpflichtet. Er erkrankt jedoch an Typhus und bricht nach einem Jahr ab. 1867 erlebt Monet eine der düsteren Phasen seines Lebens: Seine finanzielle Situation wird laufend schlechter; es wird gepfändet und er muss mitansehen, wie 200 seiner Gemälde zu je 50 Francs versteigert werden. Völlig verzweifelt unternimmt er einen Selbstmordversuch, doch die treue Freundschaft Bazilles hilft ihm, Schwierigkeiten und Mißerfolge zu überwinden. 1870 heiratet er seine langjährige Partnerin Camille Doncieux, mit der er bereits einen Sohn hat. 1872 zieht Monet nach Argenteuil und malt dort zahlreiche Flusslandschaften von seinem Boot aus, das er zu einem Atelier
„Selbstportrait“, 1917
umgebaut hatte. Diese Bilder zeichnen sich besonders durch das eingefangene natürliche Licht aus. 1874 stellt der Künstler in Paris eines seiner Werke, mit dem Namen „Impression, Sonnenaufgang“, aus. Das Bild wird von den Kritikern als unfertig angesehen. Daraufhin wird es spöttisch „Impressionismus“ genannt. Dieses Ereignis gilt als die Geburtsstunde dieser neuen Kunstrichtung. 1879 verstirbt seine Frau Camille. 1883 bezieht Monet mit seiner neuen Gefährtin Alice Hoschedé und seinen Kindern ein Haus in Giverny, einem weit abgelegenen
Vorort von Paris. 1886 darf er an der Weltausstellung in Paris teilnehmen. 1890 kann Monet das Haus kaufen. In den letzten 30 Jahren seines Lebens bildet der Garten um das Haus in Giverny – mit üppig blühenden Blumen, japanischem Steg und Seerosenteich – das fast ausschließliche Thema seiner Bilder. 1890 verschlimmert sich sein Augenleiden und sein Sehvermögen wird stark beeinträchtigt. Monet lebt im Alter mehr und mehr zurückgezogen, arbeitet aber bis zuletzt an seinen Bildern. 1926 Claude-Oscar Monet stirbt am 06. Dezember in Giverny.
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