EXECUTIVE BRIEFING – I / 2015
EXECUTIVE BRIEFING – INDUSTRIE 4.0
Industrie 4.0 im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft und Politik
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04 Wer gestaltet die Industrie 4.0?
05 Inhalt
Executive Summary
EXECUTIVE BRIEFING Industrie 4.0 im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft und Politik
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1 Was kann die Politik tun?
2 Wirtschaftliche Ausgestaltung
3 Wo liegt das gemeinsame Ziel?
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4 Fazit
5 Szenario
6 Weiterführende Informationen
Wer gestaltet
Executive Summary digitale Transformation erfordert das Handeln 1 Die im Rahmen von Plattformen und das sektorenübergreifende Denken in neuen Bezügen. Hierbei bedarf es verbindlicher gemeinsam definierter und standardisierter Zielgrößen.
In der Praxis stellen die zunehmende Geschwindigkeit und Reichweite der unterschiedlichen digitalen Transformationsprozesse der Industrie 4.0 Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik jedoch anhaltend vor große Herausforderungen. Industrie 4.0 versetzt Märkte in Bewegung und überführt sie durch Plattformen in neue Formen. Marktgrenzen brechen auf. Marktregeln und Wertschöpfungsketten verändern sich, und werden von einzelnen Unternehmen neu gesetzt. Der digitale Wandel kann etablierte Unternehmen von heute unter Druck setzen und zugleich solche beflügeln, die bislang kaum oder gar nicht im Fokus standen.
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Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik mögen darin übereinstimmen, dass die deutsche Wirtschaft aus der digitalen Transformation gestärkt hervorgehen und im Ergebnis im internationalen Wettbewerb optimal positioniert werden müsse. Doch wann ist in ordnungspolitischer Beziehung die zielführende Balance gefunden, in der sich Unternehmen Möglichkeiten zum innovationsorientierten Wirtschaften und zur Erschließung europäischer und internationaler Märkte eröffnen, und in der der rechtliche Rahmen Vertrauen, Orientierung und Sicherheit gewährt? Wie gestaltet sich die Implementierung von Industrie 4.0 im Spannungsfeld zwischen fortschreitender Digitalisierung und politischer Regulierung? Im Rahmen des IT-Gipfels der Bundesregierung stellen sich diese Fragen erneut. CAUSA hat daher Entscheidungsträger aus dem öffentlichen Sektor sowie dem Dienstleistungs- und Industriesektor zu Industrie 4.0 im Spannungsfeld von Wirtschaft und Politik in Interviews und einem Onlinesurvey befragt, um auf Grundlage der Momentaufnahme der Befragungsergebnisse mögliche Handlungsempfehlungen für die weitere gemeinsame Ausgestaltung der Industrie 4.0 durch Wirtschaft und Politik zu definieren.
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Das vorliegende Executive Briefing wendet sich an Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik und ist als Impulspapier gedacht, um einen Eindruck davon zu vermitteln, wo die befragten Entscheidungsträger aktuell Gestaltungsnotwendigkeiten erkennen. Berücksichtigung gefunden haben dabei auch die Perspektiven unserer internationalen Partner und Mandanten. Wiesbaden / Berlin November 2015
Dr. Martin Schössler
Alexander E. Streitparth
die Industrie 4.0?
Koordinierung und Dialog zwischen 2 Kooperation, Wirtschaft und Politik sind bei Industrie 4.0 mehr
denn je gefragt – national, europaweit und international. Über den regionalen und nationalen Fokus hinaus müssen die Anstrengungen zur Setzung europäischer und internationaler Standards verstärkt werden.
politisch zielführend auf die strukturellen 3 Um Marktveränderungen reagieren zu können und Unternehmen im Digitalisierungsprozess größere Gestaltungsspielräume zu eröffnen, erscheint eine stärker innovationsorientierte Regulierungspolitik angemessen.
Cyber Security-Fähigkeiten in der 4 Ausgeprägte Risikoanalyse werden in Wirtschaft und Verwal-
tung immer stärker gefordert sein, da das Schadenspotenzial im Kontext von Cyberangriffen im öffentlichen und privaten Sektor exponentiell zunimmt.
aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen bie5 Die ten in der Wahrnehmung von Unternehmen noch keine ausreichende Sicherheit, um das Vertrauen in digitale Technologien und Marktstrukturen zu gewährleisten.
Bundesebene wird noch vor der EU-Ebene als 6 Die die am besten positionierte Förderebene für den
digitalen Wandel gesehen. Der Förderung auf Länder- und Kommunalebene wird von Unternehmen verhältnismäßig geringe Bedeutung beigemessen.
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Die Aus- und Weiterbildung von Beschäftigen als Qualifizierungsaufgabe von Human Resources ist wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Implementierung von Industrie 4.0.
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Industrie 4.0 ist in Wirtschaft und Politik inzwischen zu einer festen Ziel- größe geworden. Für die Wirtschaft ist die digitale Transformation dabei bereits seit fast einem Jahrzehnt Realität. Inzwischen verläuft die Debatte um Industrie 4.0 zunehmend auch sektoren- und branchenübergreifend.
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1 Was kann die Politik tun? Eine Antwort auf die Frage, wie weit der Staat und öffentliche Institutio- nen digitale Transformationsprozesse aktiv mitgestalten sollen, fällt nicht leicht. Daher wurden Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik danach gefragt, wie sie die aktuellen politischen Maßnahmen der Bundesregierung zur Unterstützung des digitalen Wandels in Hinsicht auf das Ziel bewerten, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken. 1.1 Deutliche Mehrheit befürwortet Ausweitung politischer Maßnahmen Die befragten Entscheidungsträger zeigen große Aufgeschlossenheit für eine Politik, die den digitalen Wandel in ihrer Rolle nicht nur begleitet, sondern vielmehr auch aktiv gestaltet. Maßnahmen der Bundesregierung sind dabei grundsätzlich willkommen. Rund 69 Prozent der Befragten begrüßen das bisherige politische Engagement auf Bundesebene und befürworten eine Ausweitung bestehender Maßnahmen. Rund neun Prozent der Befragten halten die politischen Maßnahmen bereits in der jetzigen Form für ausreichend und nur 23 Prozent bewerten das bisherige Engagement der Bundesregierung als unzureichend.
sierungsgremien bewerten Handlungsoptionen aus politischer und unternehmerischer Perspektive. Der Bekanntheitsgrad der Plattform ist unter den Befragten verhältnismäßig hoch: Immerhin gab rund die Hälfte der Befragten an, von der Plattform gehört zu haben, während rund ein Drittel darüber hinaus auch die konkreten Arbeitsergebnisse der Plattform beobachtet. Auf die Frage, ob die Plattform Industrie 4.0 ein wirksames Instrument für einen zielführenden Dialog zwischen Wirtschaft und Politik bilde, äußerte allerdings rund die Hälfte der Befragten, dass noch zu viele Möglichkeiten ungenutzt blieben und die Plattform insofern in der bestehenden Form noch kein hinreichend wirksames Instrument für einen zielführenden Dialog begründe. Nur rund 13 Prozent der Befragten sind demgegenüber der Meinung, dass die Plattform bereits in der bestehenden Form ein zielführendes Mittel darstelle. Rund 41 Prozent der Befragten konnten oder wollten sich zu dieser Frage nicht positionieren.
Halten Sie die Plattform Industrie 4.0 für ein wirksames Instrument, um einen zielführenden Dialog zwischen Wirtschaft und Politik zu führen?
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» Es gibt zu wenig Förderungsprogramme oder diese sind zu wenig bekannt .«
6
46 %
41 %
13 %
Es bleiben noch zu viele Chancen ungenutzt.
Das kann ich nicht bewerten.
Die Plattform ist in der bestehenden Form ein zielführendes Mittel.
1.2 Wunsch nach Ausbau der Plattform Industrie 4.0 und internationaler Skalierung Eine prominente Maßnahme der Bundesregierung, die Unternehmen bei der Umsetzung des digitalen Wandels auf vorwettbewerblicher Stufe begleiten und den intersektoralen Austausch zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auf Bundesebene fördern soll, bildet die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Plattform Industrie 4.0. Ziel der im Rahmen der Hannover Messe im April gestarteten Plattform ist zunächst die Unterstützung der Bildung von Netzwerken. Der in Arbeitsgruppen vertiefte Fachaustausch dient der Entwicklung von allgemein gültigen Handlungsempfehlungen. Unternehmen können sich dabei zu Fokusthemen wie der Sicherheit vernetzter Systeme, Forschung und Innovation sowie rechtlichen Rahmenbedingungen einbringen. Ergänzend eingerichtete Standardi-
Aus der Gesamtschau der gegebenen Antworten lässt sich ableiten, dass die von den befragten Entscheidungsträgern mit der Plattform verbundenen Erwartungen zwar verhalten, aber in der unterstützenden Funk- tion grundsätzlich positiv sind. Das Ergebnis zeigt auch, dass der Austausch
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Erwartet wird also grundsätzlich, dass die Bundesregierung beim digitalen Wandel eine aktivere Rolle einnimmt und dass sie politische Prozesse stärker definiert, implementiert und koordiniert.
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Wie bewerten Sie die Rolle des Staates als Akteur und Gestalter der Rahmenbedingungen von Industrie 4.0?
im Rahmen der Plattform Industrie 4.0 nach Auffassung der Befragten stringenter gestaltet werden sollte, indem Arbeitsergebnisse verstärkt in politische Maßnahmen umgesetzt werden. Dies gilt nach Ansicht der Befragten über den nationalen Kontext hinaus auch im Zusammenhang mit der Setzung europäisch und international einheitlicher Standards. Zwar besteht auch im Rahmen der Plattform Industrie 4.0 ein Gremium zur Befassung mit internationaler Standardisierung, erweiterter politischer Handlungsbedarf wird von den Befragten aber darüber hinaus gesehen.
Der Staat sollte...
» Eine deutsche Plattform ist nur der Anfang: Industrie 4.0 Standards müssen weltweit angewandt werden.« 59 %
26 %
15 %
stärker auf eine innovationsorientiere Regulierung setzen.
seine derzeitige Rolle beibehalten.
mehr Zurückhaltung zeigen und auf die Selbstregulierung der Märkte vertrauen.
1.3 Über die Hälfte der Befragten für stärker innovationsorientierte Regulierung
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Die Reduktion von Investitions-und Interaktionsrisiken für Unternehmen ist Voraussetzung für die Erschließung neuer Geschäftsfelder.
Die nationale Plattform Industrie 4.0 sollte um eine europäische oder internationale Plattform ergänzt werden.
Das Meinungsbild der Befragten zeigt den Bedarf nach einem vom Staat flexibler zu gestaltenden Ordnungsrahmen auf. Entscheidungsträger erwarten demnach einen Politikansatz, der die Handlungsspielräume von Unternehmen im Kontext der Industrie 4.0 erweitert. Unter innovationsorientierten politischen Regulierungsmaßnahmen ver- steht die Mehrheit der Befragten demnach Maßnahmen, durch die sich Unternehmen Perspektiven für die Erschließung neuer Geschäftsfelder eröffnen. Eine moderne Regulierungspolitik umfasst insbesondere Maßnahmen, die der Standardisierung geänderter und neuer Regeln auf den Märkten, dem Abbau von Investitionshemmnissen und der Herstellung von mehr Sicherheit dienen – und in ihrer Gesamtheit einen überschaubaren und berechenbaren Ordnungsrahmen begründen.
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Der mit der digitalen Transformation einhergehende Strukturwandel auf den Märkten bedeutet auch in rechtlicher Beziehung eine Herausforderung. Auf die Frage, wie die politische Gestaltung der Rahmenbedingungen für den digitalen Wandel der Industrie zu bewerten ist, sprechen sich über die Hälfte der Befragten (59 Prozent) für eine stärker innovationsorientierte Regulierungspolitik und damit grundsätzlich liberalere Rolle des Staates aus. Demgegenüber sind nur 15 Prozent der Befragten der Meinung, dass der Staat auf die Selbstregulierung der Märkte vertrauen und sich daher stärker als bisher zurücknehmen solle. Nur 26 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die gegenwärtige Rolle des Staates angemessen sei. Demnach geht es den Befragten offenbar weniger um die Frage, ob der Staat seine derzeitige regulierende Rolle als Akteur und Gestalter der Industrie 4.0 ändern sollte – dies wird von rund Dreiviertel eindeutig bejaht. Vielmehr erscheint die Frage entscheidend, wie er dies tun sollte. Hierbei wird besonders ein innovationsorientierter Politikstil favorisiert.
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€
Sind die beschlossenen politischen Maßnahmen ausreichend, um das notwendige Maß an Sicherheit im Kontext von Cyber Security zu gewährleisten?
2 Wirtschaftliche Ausgestaltung
Die Maßnahmen sind... Unternehmen wie Verbraucher können vom digitalen Wandel am Hochtechnologiestandort Deutschland nur dann nachhaltig und vorbehaltlos profitieren, wenn das Vertrauen in die Informationssicherheit und den Schutz der eigenen Daten gewährleistet ist. Die mit der zunehmenden Verwendung digitaler Technologien und vernetzter Produktion verbundenen Risiken und Abhängigkeiten müssen für Unternehmen und Verbraucher beherrschbar sein und in der Komplexität reduziert werden. Die künftige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und der Europäischen Union als Wirtschaftsstandort wird auch davon abhängen, ob die rechtlichen und politischen Voraussetzungen für ein Höchstmaß an Datensicherheit geschaffen werden können. Letztlich bleibt die Förderung von Vertrauen in die Industrie 4.0 auch eine kommunikative Herausforderung für Politik und Wirtschaft. 2.1 Deutliche Mehrheit erwartet erhöhte Anstrengungen für mehr Datensicherheit
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Eine Voraussetzung für die Entwicklung eines wissens- und datenbasierten digitalen europäischen Binnenmarktes ist die Angleichung nationalen Rechts im Bereich der Datensicherheit.
47 %
25 %
ausbaufähig.
ausreichend.
28 %
unzureichend.
Die Gesamtschau des Antwortverhaltens lässt erkennen, dass der derzei- tige politische und rechtliche Gestaltungswille von Staat und öffentlichen Institutionen für verbesserte Datensicherheit kritisch und als nicht hinreichend bewertet werden. Dies mag auch für das IT-Sicherheitsgesetz gelten, da es mit Blick auf die spezifischen Anforderungen der Industrie 4.0 bisher kein angemessenes Schutzniveau erkennen lässt. Nach Ver- abschiedung und Umsetzung der EU-Cyber-Security-Richtlinie mag sich diese Bewertung möglicherweise in Teilen ändern, da die Richtlinie neben Meldepflichten unter anderem auch einen mitgliedsstaatlichen Kooperationsmechanismus vorsieht, durch den das von Angriffen auf kritische Infrastrukturen ausgehende Schadenspotenzial grenzüberschreitend minimiert werden soll. Die Bedeutung der Datensicherheit für die Entwicklung eines europäischen, wissens- und datenbasierten digitalen Binnenmarkts und damit auch für Industrie 4.0 spricht jedenfalls für eine weitergehende Angleichung nationaler Regeln im Bereich der Datensicherheit.
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Auf die Frage, ob die bisher eingeleiteten politischen Maßnahmen als ausreichend gesehen werden, um das notwendige Maß an Datensicherheit vor Cyberangriffen zu gewährleisten, bewertete annähernd die Hälfte der Befragten diese zwar grundsätzlich positiv, hält sie aber für ausbaufähig. Weitere 28 Prozent der Befragten bewerten die bisherigen politischen Anstrengungen dagegen als insgesamt unzureichend. Nur ein Viertel aller Befragten hält die bisher abgeschlossenen und eingeleiteten politischen Maßnahmen zur Gewährleistung von Datenschutz für angemessen und damit ausreichend.
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2.2 Mehrheitlich wird eine signifikante Zunahme des Schadenspotenzials erwartet In dem Maße wie die digitale Vernetzung und Komplexität der Digitalisierung von Produkten und Produktionsprozessen zunehmen, erweitern sich auch Ausmaß und Komplexität kritischer Bedrohungsszenarien für Cyberangriffe mit dem damit einhergehenden Schadenspotenzial. Entsprechend gehen 31 Prozent der befragten Entscheidungsträger davon aus, dass das Schadenspotenzial von Cyberangriffen proportional zur fortschreitenden Digitalisierung steigen wird. Mit rund 66 Prozent geht jedoch der überwiegende Teil der Befragten davon aus, dass mit dem zunehmenden Einsatz digitaler Technologien und softwaregestützter Plattformen das Schadenspotenzial überproportional stark ansteigen wird. Dass sich das Schadenspotenzial in der Bedrohungslage durch Cyberangriffe künftig eher entspannen werde, glauben dagegen nur drei Prozent der Befragten.
Das Schadenspotenzial wird...
Die grundlegende Einschätzung einer mehrheitlich erwarteten Zunahme des künftigen Schadenspotenzials verdeutlicht nicht nur die herausragende Bedeutung der Datensicherheit, sondern erklärt auch eine teilweise vorherrschende skeptische Grundhaltung gegenüber der stärkeren Nutzung digitaler Technologien. Datensicherheit und der zuverlässige Schutz kritischer Infrastrukturen sind demnach entscheidungskritische Voraussetzungen für die weitere Implementierung der Industrie 4.0. Die Erwartungshaltung zur Einleitung weiterreichender Maßnahmen, die die bisherigen Sicherheitsbedenken abbauen können, richtet sich dabei in erster Linie an politische Entscheidungsträger. Sollen deutsche Unternehmen gestärkt aus dem digitalen Wandel hervorgehen, müssen zuvor valide und vertrauensfördernde rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die glaubwürdig darauf ausgerichtet sind, das künftige Schadenspotenzial gering zu halten und den Befragten ihre bisherigen Befürchtungen zu nehmen.
» Das neue IT-Sicherheitsgesetz beinhaltet leider nicht die notwendigen Security- und Privacy-Regularien im Bereich Industrie 4.0. «
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66 %
31 %
3%
stark ansteigen.
in der Tendenz gleich bleiben.
sinken.
Die Digitalisierung von Produktionsprozessen hat bereits in der Vergangenheit zu deutlichen Effizienzsteigerungen geführt. Im Zeichen der Industrie 4.0 tritt kontinuierlich neues Optimierungspotenzial zur flexibilisierten Vernetzung und Steuerung von Produktionsprozessen hinzu. In Zukunft wird die maßgeschneiderte Produktion gemäß individueller Bedürfnisse des Bedarfsträgers selbst zu geringer Stückzahl in Kleinserien bei gleichzeitig hoher Kosteneffizienz realisierbar sein. Industrie 4.0 bedeutet für deutsche Unternehmen insofern einen klaren Wettbewerbsvorteil. Sich dieses Vorteils als Unternehmen auch tatsächlich bedienen zu können, um international konkurrenzfähig zu bleiben und die volkswirtschaftliche Stärke der Bundesrepublik insgesamt zu erhalten oder sogar auszubauen, sollte das gemeinsame Ziel von Wirtschaft und Politik sein.
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3 Wo liegt das gemeinsame Ziel?
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3.1 Innerbetriebliches Optimierungspotenzial vor allem für Forschung & Entwicklung
Ob es gelingt, Unternehmen durch nachhaltige politische Maßnahmen bei diesem strukturellen Wandel zu unterstützen, wird in arbeitsmarktpolitischer Beziehung auch davon abhängen, inwiefern der in zunehmendem Maße projektbezogenen Arbeitsweise von Unternehmen flexibel Rechnung getragen wird. Auch davon, in welchem Umfang Förderung und Infrastruktur für Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen im IT-Kontext der Industrie 4.0 bereitgestellt werden, was gleichermaßen das Ausbildungs- und Hochschulwesen einschließt.
Bei der Frage nach innerbetrieblichen Bereichen, in denen die Digitalisierung nach Einschätzung der Befragten besonderes Optimierungspotenzial bietet, verorteten über 80 Prozent der Entscheidungsträger dieses bei Forschung & Entwicklung. Mehr als die Hälfte der Befragten gab im Rahmen der zulässigen Mehrfachantworten zudem an, dass überdurchschnittlich viele Optimierungsmöglichkeiten auch im Bereich der Produktion erkannt werden. Weitere 46 Prozent der Befragten sehen Vorteile durch digitale Optimierungen auch im Bildungs- und Ausbildungsbereich, während Transport und Logistik jeweils für 27 Prozent der Befragten Optimierungspotenzial bieten.
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Besonders großes Optimierungspotenzial haben die Bereiche...
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81 %
Forschung & Entwicklung
54 %
Produktion
46 %
Bildung & Ausbildung
27 %
Logistik
27 %
Transport
23 %
Vertrieb
8 %
Energie
Zur innerbetrieblichen Freisetzung bestehender Optimierungspotenziale für gesteigerte Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit müssen digitale Prozesse zum richtigen Zeitpunkt implementiert und in Plattformen umgesetzt werden. Hierauf muss sich vor allem die Aufmerksamkeit in Unternehmensvorständen richten. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass ganze Unternehmen oder Branchen durch eine verschleppte oder unterlassene Digitalisierung in ihrer Wertschöpfung limitiert werden. Von besonderer Bedeutung sind daher auch das vorausschauende Recruiting oder Pooling von Spezialisten wie IT-Ingenieuren über Unternehmenscluster.
Politische Förderinstrumente und unternehmerische Initiative müssen bei gleichzeitiger Weiterqualifizierung der Beschäftigten Hand in Hand gehen.
Der Wirtschaftsförderung fällt als Impuls für die erfolgreiche Digitalisierung und Realisierung risikobehafteter Investitionen von Unternehmen große Bedeutung zu. Welche Instrumente der Wirtschaftsförderung von Bund, Ländern und Europäischer Union im Einzelfall unter welchen Voraussetzungen für Unternehmen anwendbar sind und sein sollten, ist wettbewerbsrechtlich und wirtschaftspolitisch umstritten. Auf die Frage, in welchem Umfang die Unternehmen der befragten Entscheidungsträger bereits Fördermittel nutzen, gaben rund drei Prozent der Befragten bei wieder gegebener Möglichkeit zur Mehrfachantwort an, diese nach ihrer Einschätzung in vollem Umfang zu nutzen. Weitere 30 Prozent der Befragten gaben an, Fördermittel für besondere Vorhaben zu nutzen, wohingegen eine überwiegende Mehrheit von 67 Prozent keinerlei Fördermittel in Anspruch nimmt. Von den insgesamt 33 Prozent der Befragten, die Fördermittel in vollem Umfang oder für besondere Vorhaben abrufen, nutzen rund 85 Prozent Fördermöglichkeiten der Europäischen Union und weitere 54 Prozent Fördermittel des Bundes. Nur 15 Prozent rufen außerdem Mittel der Länder ab. Trotz der relativ starken Nutzung von durch die Europäische Union bereitgestellten Fördermitteln, hält eine klare Mehrheit von 70 Prozent aller Befragten grundsätzlich die Bundesebene bei der Förderung der Digitalisierung der deutschen Industrie für am besten positioniert.
Welche politische Ebene ist am besten positioniert, um Ihrem Unternehmen durch Wirtschaftsförderung beim digitalen Wandel beizustehen?
42 %
EU-Ebene
70 %
Bundesebene
28 %
Länderebene
8 %
Kommunalebene
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» Das Spannungsfeld zwischen Industrie und Staat in der Absicherung der Industrie 4.0 ist ungelöst. Staatliche Stellen sind allein aber kaum handlungsfähig. «
3.2 Anreize für Umstrukturierung, Innovation und Investition durch Förderung
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3.3 Exportförderung und vertriebsbezogene Förderinstrumente positiv bewertet Als geeignete Förderinstrumente für die Beschleunigung des digitalen Wandels bewerteten die Befragten insbesondere die Exportförderung und Vergünstigungen wie Steuernachlässe, dicht gefolgt von Krediten über Investitionsbanken, Investitionsfonds sowie ferner Forschungsförderung und Etablierung digitaler Infrastruktur. Für eine jeweils mög- lichst innovationsorientierte Kombination der verschiedenen Förderinstrumente bedarf es branchenspezifischer Feinsteuerung. Wichtige Fördermaßnahmen für den digitalen Wandel bilden darüber hinaus auch solche, die Studium sowie Aus- und Weiterbildung zur Personalentwicklung in qualifizierten Bildungseinrichtungen ermöglichen, die dann durch Unternehmen auch in Anspruch genommen werden müssen. Industrie 4.0 verändert die Arbeitswelt von Entscheidungsträgern und Beschäftigen gleichermaßen, weswegen letztlich insbesondere auch auf individueller Ebene Sachverstand und Verhaltenssicherheit bei der Implementierung digitaler Technologien einen entscheidenden Erfolgsfaktor bilden, wenn die deutsche Wirtschaft aus dem digitalen Wandel gestärkt hervorgehen soll.
» Eine 'Erziehung ' der Nutzer ist notwendig. «
1. das Bedürfnis nach vertrauensfördernden Maßnahmen und nach einer effektiven Risikovorsorge in der Datensicherheit, wodurch die Funktionalität und der Erfolg von Industrie 4.0 auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene gewährleistet werden.
Steuerungsaufgabe
2. die Erwartung, dass auf Grundlage einer klaren Zuständigkeits- verteilung zusätzliche politische Maßnahmen ergriffen und weitere Dialogformate eingerichtet werden, die dem Ziel der Definition, Strukturierung und Gestaltung der digitalen Transformation auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene dienen.
Koordinationsaufgabe
3. die Notwendigkeit der Schaffung von Studienmöglichkeiten und von Aus- und Weiterbildungsangeboten zur individuellen Mitarbeiter- qualifikation auf der einen Seite und nach Förderung und Beratung für Unternehmen auf der anderen Seite.
Implementierungsaufgabe
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Im Ergebnis ist auf die Frage nach der Rolle der Politik bei der digitalen Transformation im Kontext von Industrie 4.0 zu antworten, dass sie mittels auf Austausch und Dialog gestützten Maßnahmen schnell und vorausschauend veränderten Marktstrukturen und neuen Spielregeln entsprechen muss. Demgemäß kommt öffentlichen Institutionen im Spannungsfeld der Industrie 4.0 zwischen Wirtschaft und Politik in erster Linie eine Ordnungs- und Integrationsfunktion zu. Der Rahmen für den intersektoralen Dialog sollte deshalb so beschaffen sein, dass Arbeitsergebnisse auch in konkrete Politikansätze überführt und in Form effektiver Maßnahmen umgesetzt werden. Die inhaltliche Ausgestaltung der Politikansätze und der Umsetzungsmaßnahmen sollte im Zusammenwirken und unter Bündelung der Expertisen und Bedarfe von Politik, Industrie, Verbänden, Gewerkschaften und Wissenschaft erfolgen. Anhand der Befragungsergebnisse wird deutlich, dass für die Zukunft der Industrie 4.0 in Deutschland drei maßgebliche Aufgabenfelder wesentlich sind. Zu erkennen gibt der Meinungsspiegel der Befragten:
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4 Fazit
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Implementierung Weitergehende Vereinheitlichung nationaler Regularien im Bereich Datensicherheit und Nachbesserungen beim IT-Sicherheitsgesetz
Roadmap Industrie 4.0 – Mögliche Schritte zur weiteren Ausgestaltung der Industrie 4.0
Steuerung
Koordination
Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für Daten
Erweiterung der Plattform Industrie 4.0 und Einrichtung ergänzender Formate zur Intensivierung des Austauschs zwischen Industrie und Politik (z.B. speziell für den Mittelstand oder wie in BadenWürttemberg auch auf Länderebene)
Ausbau digitaler Infrastrukturen, die strukurell durch Unabhängigkeit in sensiblen Bereichen Sicherheit gewährleisten Definition nationaler, europäischer und internationaler Standards
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Einrichtung von Studiengängen, Schaffung von Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung
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Branchenspezifische und bedarfsorientierte Konzipierung beziehungsweise Feinjustierung von Instrumenten zur Förderung der Digitalisierung, Einrichtung von Beratungszentren und Gründung von Kooperationen, die über hinreichende personelle Kompetenz verfügen, die maßgeschneiderte Beratungsformate bieten und diese branchenspezifisch und im Sinne einzelner Unternehmen zuschneiden Breitbandausbau europaweit
Präzisierung der Verantwortlichkeiten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Bereichen von Implementierung und Koordination Einrichtung einer Plattform auf europäischer und internationaler Ebene analog zu der Plattform Industrie 4.0 unter Einbindung von politischen Entscheidungsträgern, Internationalen Organisationen, Unternehmen, Verbänden, Gewerkschaften und Wissenschaft Einrichtung einer ständigen Exper- tengruppe aus öffentlichem und privatem Sektor, die das Ziel der Europäisierung und Internationalisierung der Standards verfolgt und die in den supranationalen Gestaltungsrahmen integriert ist Ausweitung einer wirksamen Clusterpolitik auf EU- und internationaler Ebene
Einrichtung eines integrierten Fach- und Ausbildungszentrums Industrie 4.0 (z.B. analog zum „Haus der Zukunft“), Gründung eines Weiterbildungszentrums für europäische Führungskräfte (adaptive Lernformate, web based und blended learning, CBT, e-learning) Einrichtung eines deutsch-französischen Vertiefungsstudiengangs für vernetztes Industriemanagement (zum Beispiel als MBA), der berufsbegleitend belegt werden kann Schaffung offener Weiterbildungsplattformen mittels MOOC Ausbau von Weiterbildungsangeboten (zum Beispiel zur Weiterbildung zum Fachwirt für Plattformen und vernetzte Betriebssicherheit),die speziell auf die Bedürfnisse des privaten und öffentlichen Sektors zugeschnitten sind Unterstützung der Wissenschaft bei der Umsetzung von Forschungsvorhaben zur Entwicklung erweiterter und geschäftsmodellbasierter digitaler Sicherheitslösungen im europäischen Verbund Steigerung des Wertes der Clusterpolitik für Unternehmen Gründung von PPPs, die im Zusammenhang mit Clustern als Plug-ins fungieren und Unternehmen Mehrwert bringen
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5 Szenario
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Kompendium Industrie 4.0
Zum Herausgeber Als unabhängige und inhabergeführte Strategie- und Managementberatung mit Büros in Wiesbaden und Berlin ist CAUSA auf Positionierungsleistungen für etablierte und kommende Thought und Innovation Leader an der Schnittstelle von privatem und öffentlichem Sektor spezialisiert. Unsere Mandanten profitieren in Strategie, Kommunikation, Portfolio und Führung messbar von der durch CAUSA gebotenen Kombination aus Analyse, Beratung und Umsetzung entlang der Kernfragen öffentlicher Wahrnehmung – bei der Identifizierung von konkreten Handlungsoptionen, speziell angepassten Maßnahmenpaketen und deren Implementierung in der Praxis.
Baums/Schössler/Scott (Hrsg.), Kompendium. Industrie 4.0. Wie digitale Plattformen die Wirtschaft verändern – und wie die Politik gestalten kann, Digitale Standortpolitik, Bd. II, 2015. http://plattform-maerkte.de
Dialogplattformen und Kompetenzzentren Plattform Industrie 4.0 http://www.plattform-i40.de/I40/Navigation/DE/Home/home.html
Allianz Industrie 4.0 Baden-Württemberg http://www.i40-bw.de/
Digitalisierung und digitaler europäischer Binnenmarkt Europäische Kommission http://ec.europa.eu/priorities/digital-single-market/index_de.htm
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Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) https://www.bmbf.de/de/zukunftsprojekt-industrie-4-0-848.html
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Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) http://www.bmwi.de/DE/Themen/Digitale-Welt/Internationale-Dimension/ digitalerbinnenmarkt.html
Wirtschaftsförderung Germany Trade & Invest http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Meta/Ueber-uns/Unternehmen/Zahlen-undFakten/exportfoerderung.html Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle http://www.bafa.de/bafa/de/wirtschaftsfoerderung/ Acceleratoren zur Förderung von Startups im internationalen Kontext http://germanaccelerator.com/ Initiativen zur Förderung von SMEs im internationalen Kontext auf EU-Ebene http://www.eusmecentre.org.cn/it/about-centre
Impressum Herausgeber Dr. Martin Schössler | schoessler@causa-c.de Alexander E. Streitparth | streitparth@causa-c.de Research Team Matthias Hertle | Thomas Blickle Layout & Gestaltung Lena Musmann | www.lenamusmann.com Herausgeber CAUSA Unternehmensberatung GmbH & Co. KG Bierstadter Str. 3, 65189 Wiesbaden T. +49 611 - 450 3740 – 0 F. +49 611 - 450 3740 – 1 wiesbaden@causa-c.de www.causa-c.de Bildquellen Titelbild: Hannover Messe – www.hannovermesse.de ISSN 2366-3782 © 2015 CAUSA Unternehmensberatung GmbH & Co. KG Alle Rechte vorbehalten. Die dieser Publikation zugrunde liegenden Daten und Informationen wurden anonym erhoben und in der Analyse und Darstellung querschnittlich und allgemein im Sinne eines Impulspapiers aufbereitet. Im Wesentlichen spiegelt die Publikation die Aussagen von mehr als 30 Hintergrundgesprächen, Einzelinterviews sowie einer Online-Befragung mit Vertretern aus WIrtschaft und öffentlichem Sektor. Der Herausgeber weist vorsorglich darauf hin, dass die Meinungen der Befragten nicht die Meinungen des Herausgebers wiedergeben müssen.
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Mittelstand 4.0 - Kompetenzzentren http://www.mittelstand-digital.de/DE/mittelstand-digital,did=726302.html
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